Die unterzeichneten Bevollmächtigten haben bei dem heute vorgenommenen Abschlusse und der Unterzeichnung eines Staatsvertrages zwischen der Schweiz, Österreich‑Ungarn und Bayern über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margrethen sowie von Feldkirch nach Buchs, folgende Erläuterungen und nähere Bestimmungen in gegenwärtiges Schlussprotokoll aufgenommen.
I. ad Artikel 2
Über dem im Artikel 2 erwähnten Anschlusspunkte Oberriet soll überhaupt eine Verbindung in der Nähe von Oberriet verstanden sein, wie sich eine solche infolge technischer Untersuchung als die geeigneteste herausstellt. Bei Erteilung der Konzession für die Bahn von Oberriet an die Linie Feldkirch–Bregenz, beziehungsweise nach Feldkirch, sollen in betreff der Konstruktions‑ und Betriebsverhältnisse keine ungünstigeren Bedingungen als für die Vorarlbergerbahn gestellt werden, wenn solche nicht durch lokale Verhältnisse gerechtfertigt erscheinen.
Bezüglich der Mitbenutzung der Bahnhöfe sollen die im gegenwärtigen Vertrage aufgestellten Grundsätze in Anwendung kommen.
II. ad Artikel 4
Die kaiserlich und königlich österreichische Regierung wird bei Genehmigung der Baupläne darauf Bedacht nehmen, dass die Übelstände einer Kopfstation in Lauterach sowohl für den Verkehr von Lindau nach St. Margrethen als auch in der Richtung von Feldkirch nach St. Margrethen durch Anlage von Verbindungskurven tunlichst vermieden werden.
Es wird als selbstverständlich betrachtet, dass die Vereinbarung über den unmittelbaren Anschluss an der Grenze nicht in der Form eines neuen Vertrages, sondern lediglich durch eine Verständigung der hiebei unmittelbar beteiligten Regierungen in beliebiger Form zu geschehen habe.
Dabei wird bemerkt, dass der Bau der Bahnbrücke über die die Landesgrenze bildende Leiblach von der königlich bayerischen Regierung übernommen wird, welche auch die Hälfte des hiefür sich ergebenden Kostenaufwandes trägt.
Die andere Kostenhälfte fällt mit der Unterhaltung der Brücke den Konzessionären der Voraribergerbahn zu.
III. ad Artikel 5
Sollte der Bau der Vorarlbergerbahn früher als zu dem im Artikel 5 festgesetzten Termine vollendet werden können, so wird auch die königlich bayerische Regierung bedacht sein, die Bahnstrecke auf bayerischem Territorium gleichzeitig mit der Vorarlbergerbahn zur Vollendung zu bringen.
Im Falle durch Krieg oder andere ausserordentliche politische Ereignisse eine wesentliche Behinderung der Vollendung der Bahn innerhalb des vertragsmässigen Termines herbeigeführt werden sollte, werden die kontrahierenden Staaten sich über eine angemessene Verlängerung desselben verständigen.
IV. ad Artikel 7
Die Zustimmung zur eventuellen Anlage von Fahrbahnen für gewöhnliches Fuhrwerk an den beiden im Artikel 7 genannten Rheinbrücken soll in keinem Falle eine Verpflichtung der beteiligten Regierungen zu einer Beitragsleistung begründen.
In betreff der den Konzessionären für die Kosten der Herstellung der Trottoirs zu gewährenden Entschädigung wird weitere Verständigung vorbehalten.
V. ad Artikel 8 und 9
Es wird vorausgesetzt, dass die königlich bayerische Regierung mit den Konzessionären der Bahn sowohl wegen der Mitbenutzung des Bahnhofes Lindau als auch wegen der Überlassung des Betriebes auf der Bahnstrecke von Lindau bis zur Grenze seinerzeit ein Übereinkommen treffe, welches mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages in Übereinstimmung steht.
Was die Höhe der von den Konzessionären für diese Mitbenutzung des Bahnhofes und für die Pacht der Bahnstrecke von da an bis zur Grenze zu entrichtenden Entschädigung betrifft, so wird von Seite der königlich bayerischen Regierung bemerkt, dass sie beabsichtige, bei der Bestimmung dieses Pachtgeldes denjenigen Aufwand zu Grund zu legen, welchen sie selbst für die Aufbringung und Verzinsung der auf die fraglichen Bauobjekte zu verwendenden Summen zu machen verpflichtet ist.
Zugleich bemerken die bayerischen Bevollmächtigten, dass nach Ansicht ihrer Regierung die von den Konzessionären zu leistende Entschädigung auch eine entsprechende Quote für die Mitbenutzung der bereits vorhandenen Objekte und Einrichtungen zu enthalten habe.
Vl. ad Artikel 15
Die Absicht des zweiten Absatzes dieses Artikels ist nur dahin gerichtet, einer allenfallsigen tendenziösen Begünstigung oder Benachteiligung des Verkehrs der Angehörigen des einen oder anderen der kontrahierenden Staaten vorzubeugen. Es sollen daher Minderungen im Tarife oder sonstige Transporterleichterungen weder für gewisse Warenklassen oder Warenmengen noch auch für gewisse Strecken ausgeschlossen werden, sofern solche nur für alle Angehörigen der kontrahierenden Staaten, welche sich in der Lage befinden, davon Gebrauch machen zu können, in gleicher Weise in Anwendung gebracht werden.
Auch wird anerkannt, dass die Bestimmungen über Tarifierung, welche in der österreichischen Konzessionsurkunde vom 17. August 1869 enthalten sind, mit der Bestimmung des Artikels 15 des Staatsvertrages nicht im Widerspruche stehen.
VII. ad Artikel 16
Es besteht Einverständnis darüber, dass im Verkehr der Unternehmung der im Artikel 1 des Staatsvertrages erwähnten Rahmen mit den schweizerischen Eisenbahnen, und umgekehrt die Anwendung der sogenannten Differenzialtarife, soweit solche nach den in jedem Staate bestehenden Bestimmungen als zulässig erscheinen, nicht ausgeschlossen sein sollen.
VIII. ad Artikel 22
Die kontrahierenden Regierungen werden infolge des von den schweizerischen Bevollmächtigten geäusserten Wunsches auf die baldtunlichste Einführung fahrender Postbüros in der Strecke von Lindau nach St. Margrethen Bedacht nehmen.
IX. ad Artikel 23
Die Verpflichtung der Eisenbahnverwaltung zur unentgeltlichen Herstellung und Überlassung von Amtslokalitäten für den Zoll‑, Post‑, Telegrafen‑ und Polizeidienst erstreckt sich nur auf solche Amtslokalitäten, welche aus Anlass der Bahnanschlüsse notwendig werden.
Wenn schon vorhandene Lokalitäten für die bezeichneten Zwecke benutzt werden, so hat die Eisenbahnverwaltung für diese Benutzung eine verhältnismässige Entschädigung, beziehungsweise Rente zu zahlen.
Bezüglich der Ausführung der gemäss dieses Artikels erforderlichen Bauherstellungen in den Bahnhöfen zu Buchs und St. Margrethen haben die Konzessionäre der Vorarlbergerbahn sich mit der Verwaltung der Vereinigten Schweizer Bahnen zu verständigen.
X.
Auf besonderen Wunsch der kaiserlichen und königlich österreichischen Regierung erklärt sich die königlich bayerische Regierung bereit, wenn sie von der königlich württembergischen Regierung hiezu veranlasst werden sollte, mit dieser behufs der Fortsetzung der Bodenseegürtelbahn von Lindau nach Friedrichshafen wiederholt in Verhandlung zu treten, jedoch unter der ausdrücklichen Voraussetzung, dass dieselbe der bayerischen Regierung zur Verbesserung ihrer Bahnverbindung mit dem Bodensee eine Bahnführung auf württembergischem Gebiete von der Landesgrenze bei Memmingen in der Richtung nach Hergatz in der von Bayern gewünschten Trasse gestatte.
Bregenz, den 27. August 1870
(Es folgen die Unterschriften)