Art. 12
Zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Italien soll immerwährende Freundschaft und gegenseitige Niederlassungs- und Handelsfreiheit bestehen. Die Italiener werden in jedem Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinsichtlich ihrer Personen und ihres Eigentums auf dem nämlichen Fusse und auf die gleiche Weise aufgenommen und behandelt wie die Angehörigen der andern Kantone jetzt oder in Zukunft gehalten werden.
Hinwieder werden die Schweizer in Italien hinsichtlich ihrer Personen und ihres Eigentums auf dem nämlichen Fusse und auf die gleiche Weise aufgenommen und behandelt werden wie die Landesangehörigen.
Infolgedessen können die Bürger eines jeden der beiden Staaten sowie ihre Familien, wofern sie den Gesetzen des Landes nachkommen, in jedem Teile des Staatsgebietes frei eintreten, reisen, sich aufhalten und niederlassen, ohne dass sie wegen Pässen, Aufenthaltsbewilligungen und Ermächtigung zur Ausübung ihres Gewerbes irgendeiner Abgabe, Last oder Bedingung unterworfen wären, denen die Landesangehörigen selbst nicht unterworfen sind. Sie können sowohl Grosshandel als Detailhandel treiben, jede Art von Handwerk oder Gewerbe ausüben, die ihnen nötigen Häuser, Magazine, Kaufläden und Etablissements in Miete oder Besitz nehmen, Waren- und Geldsendungen ausführen und sowohl aus dem Innern des Landes als aus fremden Ländern Bestellungen annehmen, ohne dass die gedachten Bürger für alle oder einzelne dieser Verrichtungen Obliegenheiten oder grösseren und beschwerlicheren Lasten unterworfen werden dürfen als solchen, welche den Landesangehörigen auferlegt sind oder auferlegt werden können, vorbehalten die polizeilichen Vorsichtsmassregeln, die gegen Angehörige der meistbegünstigten Nationen angewendet werden. Bei allen ihren Ankäufen wie bei allen ihren Verkäufen sollen die einen wie die andern auf dem Fusse vollständiger Gleichheit gehalten werden; sie dürfen den Preis ihrer Wertpapiere, Waren und Gegenstände jeglicher Art, seien sie ausländische oder inländische, seien sie zum Verkauf nach dem Innern des Landes oder zur Ausfuhr bestimmt, frei bestimmen, wobei sie sich jedoch an die Gesetze und Verordnungen des Landes genau zu halten haben. Sie geniessen ebenfalls die Freiheit, ihre Geschäfte entweder selbst besorgen und beim Zollamte ihre eigenen Deklarationen eingeben zu können oder nach ihrer freien Wahl durch Bevollmächtigte, Faktoren, Sensale, Agenten und Konsignatäre oder Dolmetscher beim Kauf oder Verkauf ihrer Güter, Wertpapiere oder Waren sich vertreten zu lassen. Sie haben ebenso das Recht, alle Geschäfte, die ihnen entweder von ihren eigenen Landsleuten oder von Fremden oder Landesangehörigen anvertraut werden mögen, in der Eigenschaft als Bevollmächtigte, Faktoren, Agenten, Konsignatäre oder Dolmetscher zu besorgen.3
Endlich haben sie für ihren Handel oder ihre Industrie in den Städten oder Ortschaften der beiden Staaten, mögen sie daselbst Niedergelassene oder bloss zeitweilige Aufenthalter sein, keine andern oder höhern Zölle, Gebühren oder Abgaben4, welcher Art sie sein möchten, zu entrichten als diejenigen, welche von den Landesangehörigen oder den Angehörigen der meistbegünstigten Nation erhoben werden.
Ebenso sollen die Vorrechte, Immunitäten und Begünstigungen irgendwelcher Art, welche die Bürger des einen der beiden Staaten hinsichtlich des Handels und der Industrie gegenwärtig geniessen oder in Zukunft geniessen werden, den Bürgern des andern Staates gemeinsam zukommen. Unter den eben erwähnten Vorteilen sind jedoch die Ausübung der politischen Rechte und der Mitgenuss an den Gemeinde-, Korporations- oder Stiftungsgütern nicht inbegriffen, wenn nämlich die Bürger des einen der beiden Länder, die im andern Lande niedergelassen sind, nicht als Mitglieder oder als Mitbesitzer angenommen worden sind.
2 Siehe auch den Notenaustausch vom 27./31. Mai 1926 zwischen der Schweiz und Italien betreffend die gegenseitige Anerkennung gewisser Maurermeisterdiplome (SR 0.142.114.546), die Abrede vom 5. Mai 1934 betreffend die Ausübung des Ingenieur- und Architektenberufes (SR 0.142.114.547), das Abk. vom 10. Aug. 1964 über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz (SR 0.142.114.548), die Übereink. vom 28. Juni 1888 betreffend die gegenseitige Zulassung der an der Grenze wohnenden Medizinalpersonen zur Berufsausübung (SR 0.811.119.454.1) sowie die Erkl. vom 5. Mai 1934 über die Zulassung zum Arzt-, Apotheker- und Tierarztberuf (SR 0.811.119.454.2).
3 Für den Gewerbebetrieb im Umherziehen und den Hausierhandel wurde durch gegenseitige Erklärung die volle Freiheit der Gesetzgebung vorbehalten (vgl. BBl 1908 IV 501).
4 Siehe auch das Abk. vom 9. März 1976 zwischen der Schweiz und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung einiger anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.945.41) und den zugehörigen Briefwechsel vom 28. April 1978 (SR 0.672.945.411).