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Übersetzung2

Schiedsspruch3
betreffend die Einfuhr der Erzeugnisse
der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex
in die Schweiz

vom 1. Dezember 1933

1 BS 11 131

2 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

3 Dieses Schiedsgericht wurde eingesetzt auf Vorschlag der schweizerischen Regierung vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof, um den Güteraustausch zwischen der Schweiz und den Freizonen zu regeln. Siehe die Erklärung des schweizerischen Rechtsvertreters hiernach.

I

Der Ständige Internationale Gerichtshof, vor den ein zwischen Frankreich und der Schweiz aufgetauchter Streitfall betreffend die Freizonen Hochsavoyen und der Landschaft Gex auf Grund einer Schiedsordnung zwischen den beiden Staaten gebracht worden war, hat sein Urteil am 7. Juni 19324 gefällt. Durch dieses Urteil beschliesst der Gerichtshof u. a., dass die französische Regierung ihre Zollgrenze so weit zurückzunehmen habe, wie dies den Bestimmungen des Protokolls der Pariser Konferenz vom 3. November 1815, des Pariser Vertrages vom 20. November 1815, des Turiner Vertrages vom 16. März 1816 und des Manifestes des Rechnungshofs von Sardinien vom 9. September 1829 entspreche; diese Ordnung solle so lange aufrechterhalten bleiben, als sie nicht von den Parteien einvernehmlich geändert worden sei. Andernteils wird im Urteil festgelegt, «dass in Anbetracht der Erhaltung der Freizonen zugunsten der Zonenerzeugnisse die zollfrei Einfuhr oder die Einfuhr zu ermässigten Ansätzen durch die eidgenössische Zollinie vorzusehen sei». Ferner äussert der Gerichtshof in seiner Urteilsbegründung die Ansicht, dass, wenn die Schweiz dank dem Fortbestehen der oben angeführten Verträge die aus den Frei­zonen sich ergebenden wirtschaftlichen Vorteile erlange, sie als Gegenleistung der Zonenbevölkerung ebenfalls wirtschaftliche Vorteile gewähren müsse.

Im Laufe der mündlichen Verhandlungen vor dem Gerichtshof hat der schweizerische Rechtsvertreter im Namen seiner Regierung folgende Erklärung abgegeben:

«1.
Mit Note vom 5. Mai 1919 (Anlage 1 zum Art. 435 des Versailler Vertrages5 hat sich die Schweiz verpflichtet, unter der Voraussetzung der Aufrechterhaltung der Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex ‹die Art und Weise des Güteraustausches zwischen den in Betracht kommenden Gegenden in einer den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen besser angepassten Weise zu regeln›.
2.
Falls der Entscheid des Gerichtshofes in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in der Verfügung vom 6. Dezember 1930 festgesetzt sind, Frankreich verpflichtet, seinen Zollgürtel auf der Linie einzurichten, die durch die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der andern ergänzenden Urkunden über die Freizonen Hochsavoyens und der Landschaft Gex vorgezeichnet ist, gibt die Schweiz ohne Vorbehalt späterer Ratifikation zu folgendem ihre Zustimmung:
a.
Die schweizerisch-französischen Unterhandlungen über die Ausführung der unter Ziffer 1 oben umschriebenen Verpflichtung sollen, wenn Frankreich binnen einer Frist von zwölf Monaten vom Tage des Gerichtsentscheides an ein dahingehendes Begehren stellt, unter Mitwirkung und Vermittlung von drei Experten stattfinden.
b.
In Ermagelung einer Verständigung unter den Parteien sollen diese Experten auf Verlangen der Partei, die zuerst darum nachsucht, aus Staatsangehörigen anderer Länder als der Schweiz und Frankreichs bezeichnet werden, und zwar vom Richter, der gegenwärtig in der Angelegenheit der Freizonen das Amt des Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs ausübt, oder im Verhinderungsfalle vom Präsidenten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, sofern sie darein einwilligen.
c.
Sache der Experten wird es sein, mit verbindlicher Wirkung für die Parteien in dem Mass, als dies wegen mangelnder Verständigung unter diesen nötig ist, die Regelung festzusetzen, die auf Grund der von der Schweiz übernommenen Verpflichtung (Ziffer 1 oben) aufzustellen ist. Die vom Gerichtshof in seinem Entscheid festgesetzten Rechtsgrundsätze sind für die Experten verbindlich, insoweit die Parteien sie nicht etwa in gemeinsamem Einvernehmen ermächtigen, davon abzuweichen.»

Nachdem der Ständige Internationale Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. Juni 19326 der schweizerischen Regierung die Entgegennahme dieser Erklärung bestätigt hatte, wandte sich die eidgenössische Regierung an die französische Regierung mit der Frage, ob sie sich dem von der eidgenössischen Regierung dem Gerichtshof vorgeschlagenen Verfahren anzuschliessen gedenke. Als Antwort teilte die französische Botschaft in Bern mit Note vom 27. Mai 1933 der eidgenössischen Regierung mit, dass die französische Regierung das in Frage stehende Verfahren annehme.

In der Folge einigten sich die französische und die schweizerische Regierung, die Unterzeichneten um Übernahme des Expertenamtes zu ersuchen, wie es in oben angeführter Erklärung umschrieben ist. Die französisch-schweizerischen Verhandlungen, die die Durchführung der Verpflichtung gemäss Ziffer 1 der vorerwähnten Erklärung sicherstellen wollen, sind in Montreux-Territet am 9. Oktober 1933 eröffnet worden. Sie wurden vom 9. bis 12. Oktober und vom 6. bis 25. November 1933 unter Mitwirkung und Vermittlung der drei Experten fortgesetzt. Die französische und die schweizerische Delegation wurden geleitet einesteils von Herrn Conlondre, bevollmächtigtem Minister, stellvertretendem Direktor der politischen und kommerziellen Angelegenheiten im französischen Aussenministerium, andernteils von Herrn Comte, Oberzollinspektor der eidgenössischen Zollverwaltung.

II.

Es ist nicht möglich gewesen, im Laufe dieser Unterhandlungen zu einer Verständigung zwischen den Parteien über die Gesamtheit der zu prüfenden Fragen, nämlich die schweizerischerseits infolge der Zurücknahme des französischen Zollgürtels zu bietenden Vergünstigungen für die Erzeugnisse der Freizonen zu gelangen. Die Experten-Schiedsrichter sind somit im Laufe der Sitzung vom 25. November 1933 zu dem Schlusse gekommen, dass ihre Bemühungen, die Ansichten der beiden Parteien in Einklang zu bringen, gescheitert seien und dass es ihnen demnach nunmehr obliege, mit verbindlicher Wirkung für die Parteien die Regelung zu erlassen, die gemäss der von der Schweiz eingegangenen Verpflichtung zu treffen ist, um «die Art und Weise des Güteraustausches zwischen den in Betracht kommenden Gegenden in einer den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen besser angepassten Weise zu regeln».

Es muss jedoch festgestellt werden, dass über drei nebensächliche Punkte ein Meinungsaustausch stattgefunden hat und eine Verständigung zwischen Frankreich und der Schweiz ausserhalb der offiziellen Unterhandlungen vor den Experten-Schiedsrichtern erfolgt ist. In seinem Entscheide vom 7. Juni 19327 hatte der Gerichtshof erklärt, «dass die Zurücknahme der Zollinie das Recht der französischen Regierung nicht beeinträchtigt, an der politischen Grenze Fiskalabgaben zu erheben, denen nicht der Charakter von Zollabgaben zukommt». Die französische Delegation gab schon bei Beginn der Unterhandlungen bekannt, dass ihre Regierung den Fiskalgürtel auf der politischen Grenze beizubehalten gedenke und dass die Frage der Fiskalgebühren nicht in die Unterhandlungen hineingezogen werden solle. In bezug auf die Art der Überwachung des Personen- und Warenverkehrs über den Fiskalgürtel wurden indessen Besprechungen zwischen den Delegationen eingeleitet, in deren Verfolg der Chef der französischen Delegation in der Sitzung vom 9. November 1933 folgende Erklärung abgegeben hat:

«Bei der Errichtung und Handhabung des Fiskalgürtels gedenken die zuständigen französischen Behörden sich von den Grundsätzen leiten zu lassen, die im Internationalen Abkommen zur Vereinfachung der Zollformalitäten, abgeschlossen zu Genf am 3. November 19238, festgesetzt worden sind.
Sie gedenken insbesondere, soweit dies möglich ist und es der jetzigen Übung entspricht,
a.
die an Stelle der vormaligen Zollämter tretenden französischen Fiskalämter in der Weise zu verteilen und anzuweisen, dass sie den schweizerischen Zollämtern entsprechen und ihre Amtsstunden übereinstimmen;
b.
die Fiskalabfertigungen in der Weise vorzunehmen, dass Verkehr und Handel nicht gehemmt werden; insbesondere soll an den Stellen, wo Strassenbahnen oder andere öffentliche Verkehrsmittel die Grenze kreuzen, die Abfertigung durch den französischen Fiskus, soweit immer es die Umstände erlauben, im Innern der Wagen erfolgen, ohne dass die Reisenden zum Aussteigen gezwungen werden, abgesehen von den Fällen, wo Abgaben zu entrichten sind oder wo ein Betrugsverdacht besteht.
Auch sollen gemäss der jetzigen Übung Touristen und Spaziergänger, die die politische Grenze zwischen der Schweiz und den Freizonen überschreiten, von jeder Gebühr befreit werden für ihren Mundvorrat, die in Gebrauch stehenden Ausrüstungs- und Sportgegenstände, die ihnen gehören und die sie auf ihrem Ausflug auf sich führen, als da sind Pickel, Seile, Ferngläser, Photographieapparate, Skis, Schlitten, Schlittschuhe, Thermosflaschen, Koch­geräte, Material zum Kampieren, Abkochen und für Mahlzeiten im Freien usw., insofern die Touristen und Spaziergänger die genannten Gegenstände nicht in den Handel zu bringen gedenken.
Übrigens liegt es im allgemeinen nicht in der Absicht der zuständigen Behörden, die dermalen bestehenden örtlichen Erleichterungen abzuändern.
Verwaltungsmassnahmen gegenwärtig von der schweizerischen Verwaltung angewandt werden; sie würde es begrüssen, wenn ihr die Versicherung abgegeben würde, dass an dieser Übung festgehalten wird.»

Der Chef der schweizerischen Delegation nahm diese Erklärung zur Kenntnis und gab seinerseits in derselben Sitzung die nachstehende Erklärung ab:

«Die schweizerische Delegation dankt der französischen Delegation für die Erklärung, die sie im Namen der französischen Regierung abgegeben hat in bezug auf die Tätigkeit der französischen Fiskalämter an der politischen Grenze zwischen der Schweiz und den Freizonen von 1815–1816.
Sie nimmt diese Erklärung zur Kenntnis.
Die schweizerische Delegation erklärt ihrerseits, dass der Bundesrat nicht gedenkt, irgendwelche Änderung an der liberalen Praxis und den üblichen Zollerleichterungen an der politischen Grenze zwischen der Schweiz und den Freizonen von 1815/16 vorzunehmen.
Folglich verpflichtet sich der Bundesrat, wie dies die französische Regierung schon getan hat, auf die Überschreitung seiner Zollinie dieselben Grundsätze und dieselben Bedingungen anzuwenden wie die in der Erklärung der französischen Delegation erwähnten Grundsätze und Bedingungen für die Überschreitung der französischen Fiskalgrenze.»

Ein anderer Punkt, über den eine Verständigung zwischen den Parteien ausserhalb der Unterhandlungen vor den Experten-Schiedsrichtern erzielt wurde, bezieht sich auf die Lage des französischen Zollgürtels vom 1. Januar 1934 an (d. h. die innere Abgrenzung der Freizonen). Wiewohl die französische Delegation geltend machte, dass diese Frage ausserhalb der Unterhandlungen bleibe, hat sie den ExpertenSchiedsrichtern sowie der schweizerischen Delegation den von der französischen Regierung vorgesehenen Verlauf des Zollgürtels bekanntgegeben. Zwischen den Delegationen setzten halbamtliche Unterredungen ein, in deren Verfolg das Einvernehmen der beiden Regierungen über die Abgrenzung der Zonen durch einen am 15./16. November 1933 in Paris vorgenommenen Notenwechsel festgestellt worden ist.

Schliesslich haben sich die Parteien über die Kontrollmassnahmen geeinigt; dies wurde kundgetan durch eine gemeinsame Erklärung, abgegeben in der Sitzung vom 23. November, folgenden Wortlauts:

Ǥ 1
In der Regel wird die Zulassung von Erzeugnissen, die ohne Beschränkung der Menge zollfrei eingebracht werden können, davon abhängig gemacht, dass der Produzent zuvor bei dem mit der Kontrolle der Freizonen beauftragten französischen Zollamt eine grundlegende Bescheinigung hinterlegt, die die nötigen Angaben enthält über die Art des Betriebes, seinen Bestand, die einzelnen Kulturen, die Produktionsmittel, die Stückzahl des Viehs, der Bienenkörbe usw. sowie überhaupt über den mutmasslichen Ertrag, den der Betrieb liefern kann.
Diese Erklärung wird vom französischen Zollamt geprüft und visiert und sodann von ihm der schweizerischen Zollverwaltung übermittelt.
Die in die Schweiz eingeführten Erzeugnisse müssen von Zeugnissen begleitet sein, die vom französischen Zolldienst ausgestellt worden sind und durch die bestätigt wird, dass diese Erzeugnisse aus den Zonen stammen.
Die französische Regierung wird die notwendigen Vorkehrungen treffen, damit die Erzeugnisse, die in diesem Paragraphen erwähnt sind und aus den Zonen nach Frankreich versandt werden, von denjenigen Mengen abgezogen werden, die zollfrei in die Schweiz eingebracht werden können. Die französische Regierung kann zu diesem Zweck diese Waren dem Regime der laufenden Rechnung oder jedem andern ähnlichen Regime unterstellen.
§ 2
Die durch das Reglement9 eingeführten oder vorgesehenen Kontingente werden von den zuständigen französischen Behörden unter die Interessenten verteilt.
Die in der Schweiz auf Grund der Tages- oder Jahreskontingente zugelassenen Erzeugnisse müssen, abgesehen vom Marktverkehr, von einem vom französischen Zolldienst ausgestellten Kontingentierungszeugnis begleitet sein. Diese Zeugnisse müssen bestätigen, dass es sich um Erzeugnisse handelt, die aus den Zonen stammen, und dass deren Einfuhr nach der Schweiz im Rahmen der Pauschalkontingente geschieht.
§ 3
In bezug auf den Marktverkehr wird die französische Zollverwaltung jährlich der schweizerischen Zollverwaltung ein Verzeichnis überreichen, das für jeden Produzenten einlässliche Angaben über sein Unternehmen in Ansehung der Erzeugnisse dieses Verkehrs enthält. Die eingeführten Erzeugnisse müssen von Zeugnissen begleitet sein, die von den Bürgermeistern ausgestellt worden sind und durch die bestätigt wird, dass die Erzeugnisse aus den Zonen stammen; sie müssen überdies die Namen und den Wohnort der Produzenten enthalten.
§ 4
Die französische Regierung wird in kürzester Frist die schweizerische Regierung von den Massnahmen in Kenntnis setzen, die zur Durchführung der oben erwähnten Bestimmungen getroffen worden sind. Sie wird ihr die Muster der Ausweise mitteilen, die zur Sicherstellung der zollfreien Einfuhr oder für die Einfuhr der Zonenerzeugnisse zu ermässigten Ansätzen bestimmt sind, und zugleich Proben der Stempel und Unterschriften der zur Ausstellung dieser Ausweise zuständigen Beamten zukommen lassen.
§ 5
Die französische Regierung wird die notwendigen Strafbestimmungen erlassen zur Verfolgung der Missbräuche oder Missbrauchsversuche, die begangen werden könnten, um widerrechtlich Erzeugnisse unter dem Schutze des Abkommens in die Schweiz einzuführen, wie auch insbesondere zur Ahndung der Abgabe unrichtiger Erklärungen sowie des unlautem Gebrauchs von Ursprungs- oder Kontingentierungserzeugnissen oder falscher Zeugnisse oder des Versuchs dazu. Vorbehalten bleiben die Strafmassnahmen, die sich aus der Anwendung der schweizerischen Gesetzgebung ergeben können.
§ 6
Für die nach dem schweizerischen Zolltarif zollfreien Waren ist keine besondere Kontrollformalität erforderlich. Diese Waren werden weiterhin lediglich gegen den Nachweis ihres Ursprungs zugelassen, falls die schweizerische Regierung diesen Nachweis als notwendig erachtet. Dasselbe gilt grundsätzlich für schwach belastete Erzeugnisse.
§ 7
Die Erzeugnisse, die bei der Einfuhr nach der Schweiz Zollerleichterungen geniessen, können über alle an der Zonengrenze bestehenden Zollämter und Zollbezugsposten eingeführt werden. Im Marktverkehr jedoch kann die Einfuhr auf eines oder mehrere vom Importeur zu bezeichnende Zollämter beschränkt werden.
§ 8
Die vorstehenden Bestimmungen sollen die Prüfungs- und Kontrollmassnahmen nicht beeinträchtigen, die die schweizerische Regierung im Rahmen ihrer Gesetzgebung zu treffen als notwendig erachten sollte.
§ 9
So oft dies erforderlich scheint, werden die zuständigen Verwaltungen beider Länder untersuchen, welche Änderungen in gemeinsamem Einvernehmen an den vorstehenden Bestimmungen vorzunehmen seien.
Alle Fragen, die sich auf die Kontrollformalitäten beziehen, können übrigens vor die französisch-schweizerische Vergleichs- und Kontrollkommission gebracht werden, sobald sie eingesetzt ist.»

Es muss hier noch angeführt werden, dass die beiden Parteien erklärt haben, beide Regierungen würden sich verständigen, um den gegenseitigen Reparatur- und Veredlungsverkehr zwischen schweizerischem Gebiet und den Freizonen zu erleichtern.

Da die Experten-Schiedsrichter zu der Feststellung gelangten, dass die Vermittlungsversuche zwischen den beiden Parteien fehlgeschlagen seien, mussten sie gemäss § 2 c der vom Rechtsvertreter der schweizerischen Regierung vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärung zum schiedsrichterlichen Austrage schreiten.

III.

Wie schon hervorgehoben worden ist, besteht die Aufgabe der Schiedsrichter darin, die Bedingungen des Güteraustausches zwischen den Zonen und der Schweiz «in einer den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen besser angepassten Weise zu regeln». Die neue Ordnung soll gemäss einer Erklärung der schweizerischen Regierung, die vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof verschiedentlich wiederholt und von der schweizerischen Delegation vor den ExpertenSchiedsrichtern bestätigt worden ist, «eine weitherzigere und rechtlich stabilere Ordnung sein, als dies früher der Fall war» (s. z. B.«Publications de la Cour». Serie C, Nr. 17–1, Band II, Seite 886).

Die Aufgabe der Schiedsrichter besteht demzufolge darin, Vorschriften für die Einfuhr der Zonenerzeugnisse nach der Schweiz aufzustellen10, die der früheren Regelung gegenüber durch eine grössere Weitherzigkeit und Stabilität gekennzeichnet sind. Vor allem muss man sich demnach über die Bedingungen, unter denen diese Einfuhr gegenwärtig vor sich geht sowie über die Tragweite der von der schweizerischen Delegation gemachten Vorschläge Rechenschaft geben, um festzustellen, ob diese Vorschläge der von der schweizerischen Regierung übernommenen Verpflichtung entsprechen.

Die bisherige Ordnung für die Einfuhr der Zonenerzeugnisse nach der Schweiz weist beträchtliche Erleichterungen auf. Diese Ordnung, die für die beiden Zonen nicht in allen Teilen die nämliche ist, umfasst:

1.
das System der zollfreien Einfuhr in unbeschränkter Menge, mit der Bedingung des Ursprungsnachweises, für eine grosse Anzahl von Erzeugnissen, z. B. Gerberrinde und Lohkuchen, Brennholz, Bausteine, Dachziegel, Backsteine und Kalk;
2.
das sogenannte Marktsystem, mit Hilfe dessen aus den Zonen stammende Erzeugnisse, die für den Markt bestimmt sind, zollfrei in die Schweiz eingeführt werden können, so z. B. frische Gemüse und Gartengewächse, frisches Obst, Kartoffeln, Geflügel, frische Eier, und zwar im allgemeinen bis zu 5 Zentner für jede Einfuhr;
3.
das System der zollfreien Einfuhr gewisser Erzeugnisse im Rahmen vorher bestimmter Kontingente (Wein, Käse und Milch, wofür kürzlich ein Tageskontingent von 25 300 Liter bestimmt worden ist);
4.
das System der mit festen oder ermässigten Zollansätzen zugelassenen Kontingente (Vieh, Häute, gegerbte Felle).

Was die Stabilität der jetzigen Ordnung anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass bei dieser Ordnung durch Abkommen oder einseitige Entscheidung des Bundesrates von Fall zu Fall für bestimmte Erzeugnisse gewisse Erleichterungen oder Kontingente festzusetzen waren.

IV.

Nach der Auffassung der französischen Delegation müsste die neue Ordnung, um gegenüber der früher geltenden weitherziger zu sein, grundsätzlich die zollfreie Einfuhr aller Zonenerzeugnisse nach der Schweiz festlegen, und andererseits müsste sie, um stabiler zu sein, den Bestimmungen über die Zollfreiheit dauernden Charakter verleihen. Die schweizerische Delegation hatte gegen den Vorschlag, der neuen Ordnung dauernden Charakter zu verleihen, nichts einzuwenden.

In bezug auf die Untersuchung dieser Erleichterungen hat die schweizerische Regierung vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unter gleichzeitiger Vorlage (1930) eines ausführlichen Reglementsentwurfes ihren Standpunkt dargelegt. Im Laufe der Unherhandlungen vor den Experten-Schiedsrichtern erklärte die schweizerische Delegation, sie halte dafür, dieser Entwurf entspreche immer noch am besten dem gemeinsamen Interesse der beteiligten französischen und schweizerischen Bevölkerung. Dieser Entwurf sieht die zollfreie Einfuhr in die Schweiz vor für den ganzen nicht anderweitig ausgeführten und nicht am Platze verbrauchten Teil der gesamten landwirtschaftlichen und industriellen Produktion der Zonen, d. h. – um die Worte des Rechtsvertreters des Bundesrates vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof zu gebrauchen – die Zollfreiheit für «den ganzen in die Schweiz ausführbaren Teil der Zonenproduktion». Der schweizerische Rechtsvertreter erklärte weiter vor dem Gerichtshof:

«Im Rahmen ihres Entwurfes, aber nur in diesem Rahmen – d. h. auf der Grundlage der Zurücknahme des französischen Zollgürtels auf die innere Grenze der Freizonen – kann die Schweiz diesem wesentlichen Interesse der Zonenlandwirte Genugtuung geben. Sie kann die Last auf sich nehmen, sie kann die schwere Konkurrenz annehmen, die sich für ihre eigene Landwirtschaft aus der Verpflichtung ergibt, die ganze landwirtschaftliche Zonenproduktion grundsätzlich zollfrei zuzulassen. Unter diesen Bedingungen kann es die Schweiz tun, und es ist auch gerecht, dass sie es tue, weil sie selber, wie ich schon andeutete, weiterhin Nutzen ziehen wird aus dem Bestande der Genf offenstehenden Freizonen und namentlich, vom wirtschaftlichen Standpunkt aus, aus dem freien Absatzgebiet, das diese Ordnung vor allem dem Genfer Handel sichert.»

V.

Der schweizerische Entwurf von 1930 enthält jedoch eine Bestimmung, wonach die Einfuhr aus der Schweiz in die Freizonen von allen Zollabgaben und jeglichen Gebühren befreit sein solle. Die schweizerische Regierung hatte vor dem Gerichtshof Frankreich das Recht abgesprochen, an seiner politischen Grenze Abgaben und Gebühren zu erheben, selbst dann, wenn es sich nicht um Abgaben und Gebühren auf Ein‑ und Ausfuhr, sondern um Abgaben und Gebühren handelt, die auch von den nämlichen in Frankreich erzeugten oder hergestellten Waren erhoben würden. Die schweizerische Regierung behauptete ferner, die Einfuhrgebühr sei eine versteckte Zollgebühr. Über diesen Punkt hat indessen der Gerichtshof wie oben schon erwähnt, in einem Urteil vom 7. Juni 193211 erklärt, dass «die Zurücknahme der Zollinie das Recht der französischen Regierung nicht beeinträchtige, an der politischen Grenze Fiskalabgaben, denen nicht der Charakter von Zollabgaben zukommt, zu erheben.» In der Urteilsbegründung hat der Gerichtshof ferner ausgeführt:

«Wie dem auch sei, so kann und will der Gerichtshof nicht untersuchen, ob die Erhebung dieser oder jener französischen Gebühr an der politischen Grenze den von Frankreich übernommenen Verpflichtungen widerspreche oder nicht. Er glaubt sich auf die Erklärung beschränken zu müssen, es scheine, dass grundsätzlich eine Gebühr, die lediglich wegen der Ein- oder Ausfuhr über die Grenze zu entrichten ist, als eine Zollgebühr betrachtet werden müsse und folglich den bezüglichen Regeln unterworfen sein sollte.»

Im Laufe der Unterhandlungen vor den Experten-Schiedsrichtern wurde von der französischen Delegation darauf hingewiesen, dass – wie oben angedeutet – Frankreich in den Zonen volle Freiheit in bezug auf Fiskalgebühren haben würde und dass die Delegation nicht befugt sei, den Boden der Verhandlungen auf Fragen fiskalischer Natur auszudehnen. Die französische Delegation gab im übrigen bekannt, dass die französische Regierung immer noch der Ansicht sei, die Einfuhrgebühr sei keine Zollgebühr.

Die schweizerische Delegation erkannte an, dass der französischen Regierung gemäss dem Entscheid des Gerichtshofes volle Freiheit in bezug auf Fiskalgebühren in den Zonen zustehe, unter der Bedingung, dass diese Gebühren nicht den Charakter einer versteckten Zollabgabe besitzen; nach der Auffassung der schweizerischen Delegation stellt indessen in Wirklichkeit die Einfuhrgebühr eine Zollabgabe dar. Andernteils machte sie geltend, dass, wenn der Fiskalgürtel an der politischen Grenze belassen würde, die der Schweiz infolge der Zurücknahme des Zollgürtels erwachsenden Vorteile stark beeinträchtigt würden. Die Zonen würden dieses Fiskalgürtels wegen nicht mehr denselben Wert als Absatzgebiet für den Genfer Handel haben. Daraus würde sich ergeben, dass man der Schweiz billigerweise nicht zumuten könne, dass sie den Zonenbewohnern die Zollerleichterungen gewähre wie sie unter der Voraussetzung vorgeschlagen worden sind, dass der Fiskalgürtel an der politischen Grenze aufgehoben werde.

Was die Frage betrifft, ob der Bestand des Fiskalgürtels auf der politischen Grenze irgendwelchen Einfluss ausüben solle auf die Festsetzung der Zollerleichterungen, die die Schweiz den Zonenerzeugnissen einzuräumen hat, so sind die Schiedsrichter zu dem Schluss gekommen, dass ausschlaggebende Gründe für die These sprechen, wonach es nicht angeht, ein solches Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Fiskalordnung der Zonen und den von der Schweiz gewährten Zollerleichterungen zu behaupten.

Es muss vor allem darauf hingewiesen werden, dass die Schiedsrichter nicht zuständig sind, die verschiedenen Auslegungen betreffend die Natur der Einfuhrgebühr gutzuheissen oder zu verwerfen.

Die Schweiz kann, wenn ihr Standpunkt begründet ist, die Aufhebung dieser Gebühr in den Zonen fordern, und zwar unabhängig von der Regelung der ihrerseits zu gewährenden Zollerleichterungen. Es ist nicht angezeigt, diese Regelung, die dauernden Charakter haben soll, von der endgültigen Lösung der Frage abhängig zu machen, welcher Art die gegenwärtig von Frankreich erhobene Einfuhrgebühr sei.

Es muss in dieser Hinsicht beigefügt werden, dass, wenn es Frankreich in der Tat freisteht, indirekte Steuern zu erheben, die nicht den Charakter von Zollabgaben aufweisen, indessen unter Umständen die Ausfuhr aus der Schweiz nach den Zonen beeinträchtigen könnten, anderseits sich die Schweiz auf ein ähnliches Recht in bezug auf die Zonenausfuhr nach der Schweiz stützen kann.

Endlich muss bemerkt werden, dass die Übernahme der Verpflichtung durch die Schweiz, für die Einfuhr der Zonen in die Schweiz eine weitherzigere Ordnung zu schaffen, einzig der Bedingung unterworfen wurde, dass die Zonen so erhalten bleiben, wie es den frühem Verträgen entspricht. Da der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Bestimmungen dieser Verträge keine Verpflichtungen in Ansehung der für die Zonen geltenden Fiskalordnung enthält, muss daraus geschlossen werden, dass die von der Schweiz übernommene Verpflichtung unabhängig von dieser Ordnung besteht, was übrigens von der Schweiz anerkannt wird. Möglicherweise hat die Schweiz bei der Übernahme dieser Verpflichtung den Wert der Zonen als Absatz­gebiet für ihren Handel überschätzt, und zwar infolge der zu weiten Auslegung, die sie den Bestimmungen der alten Verträge hat geben wollen. Dies ist aber kein genügender Grund für die Schiedsrichter, ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen der gegenwärtig in Frankreich erhobenen Fiskalabgaben und den von der Schweiz zu gewährenden Zollerleichterungen anzuerkennen.

Die Schiedsrichter sind folglich der Ansicht, dass für die Regelung der Zoneneinfuhr in die Schweiz an den vorerwähnten, vom schweizerischen Rechtsvertreter vor dem Gerichtshof dargelegten Grundsätzen festgehalten werden solle, ohne dass die indirekten Steuern zu berücksichtigen sind, die Frankreich kraft seiner Hoheitsrechte in den Zonen zu erheben für gut findet.

VI.

In ihrem Entwurf von 1930 hat die schweizerische Regierung gewisse andere Einschränkungen in bezug auf die in den Zonenerzeugnissen zu gewährende Zollfreiheit gemacht. Gemäss Artikel 7 des genannten Entwurfs würde die Schweiz nicht die unbeschränkte Zollfreiheit gewähren, sondern für die zollfreie Einfuhr «Einfuhr­kontingente» «credits d’importation», nach der schweizerischerseits gebrauchten Terminologie) festsetzen, gestützt auf die Gesamtproduktion der Zonen, jedoch unter Berücksichtigung einesteils des örtlichen Verbrauchs der Zonen und andernteils der Ausfuhr aus den Zonen nach andern Gebieten als nach der Schweiz.

Dieses System der «Einfuhrkontingente» (an Stelle der unbeschränkten Zollfreiheit) wurde vor dem Gerichtshof mit dem Hinweise verteidigt, dass es erlaube, die Überwachung wirksamer zu gestalten und dem Zollbetrug vorzubeugen. Der schweizerische Rechtsvertreter erklärte in dieser Hinsicht vor dem Gerichtshof folgendes:

«Die Einfuhrkontingente gesellen sich diesem Grundsatze (nämlich dem­jenigen der unbeschränkten Zollfreiheit für die Zonenerzeugnisse) bei als eine Art Höchstgrenze, um das auch von der französischen Regierung als gefährlich anerkannte System des Ursprungszeugnisses als Kontrollmittel zu umgehen und um den Zollvergehen wirksam zu begegnen.
Selbstverständlich sind indessen diese Kontingente weitherzig zu bemessen; sie können übrigens – wie im schweizerischen Entwurf ausdrücklich vorgesehen – periodisch abgeändert werden. Um den Schwankungen Rechnung zu tragen, denen die ‹Ausfuhr nach andern Gegenden als der Schweiz›, nach den Ausführungen der Schriftsätze der französischen Regierung, möglicherweise unterworfen ist, kann zum Beispiel in Aussicht genommen werden, die Kontingente in der Weise festzusetzen, dass auf das Mittel der während einer gewissen Anzahl normaler Jahre aus den Zonen in die Schweiz eingebrachten höchsten Einfuhrmengen abgestellt wird, wobei ja dieses Mittel noch um einen gewissen Prozentsatz erhöht oder gegebenenfalls gar dieses oder jenes berechtigte, aber unvorhergesehene Bedürfnis berücksichtigt werden könnte.
Die Behauptung der französischen Regierung, das in unserm Entwurf vorgeschlagene System ‹würde es den Zonenlandwirten unmöglich machen, in den fruchtbaren Jahren ihren Ernteüberschuss (in der Schweiz) abzusetzen›, ist also unzutreffend.
Im übrigen können die Einfuhrkontingente nachgeprüft werden. Und im Gegensatz zu dem, was unsere Gegenpartei glaubte, behaupten zu können, soll diese Nachprüfung keineswegs willkürlich sein, da unser Entwurf Frankreich den Schutz einer Schiedsklausel zugesteht.»

In den Unterhandlungen vor den Experten-Schiedsrichtern hielt die schweizerische Delegation an ihrem System der «Einfuhrkontingente» fest. Sie brachte ferner verschiedene Einwände gegen die unbeschränkte zollfreie Einfuhr vor. Wenn nicht bei den verschiedenen Erzeugnissen eine Höchstgrenze für die zollfreie Einfuhr festgesetzt würde, stünde nach Ansicht der schweizerischen Delegation zu befürchten, dass die Hervorbringung gewisser hauptsächlich landwirtschaftlicher Erzeugnisse intensive, wohl gar industrielle Formen annehmen könnte zu dem Ende, den Zonenproduzenten die Möglichkeit zu geben, von den auf dem Schweizermarkt herrschenden höheren Preisen Nutzen zu ziehen. Diese Lage wäre jedoch unbillig und könnte für die schweizerischen Landwirte, die dem Wettbewerb der Zonenproduzenten begegnen müssten, ernstliche Nachteile zur Folge haben. Eine weitere Erwägung wurde geäussert, um eine gewisse Einfuhrbeschränkung zu rechtfertigen; diese ging über die allgemeinen Grundsätze hinaus, die andererseits als Richtlinien für die Festsetzung der Einfuhrkontingente bezeichnet worden waren. Es wurde namentlich betont, dass in der heutigen Krise, unter der die Landwirtschaft so schwer zu leiden hat, die schweizerischen Behörden gewisse Massnahmen ergriffen hätten, um den Preis der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf einem höheren Stand zu erhalten, als er sich aus dem freien Spiel der Wirtschaftsgesetze ergäbe. Diese Massnahmen hatten u. a. zur Folge, dass der Milchpreis in der Schweiz bedeutend höher ist als in den Nachbarländern, namentlich in Frankreich. Nach Ansicht der schweizerischen Delegation wäre es ungerecht, dass die Zoneneinwohner, die für die Preisstützungsaktion keine oder nur sehr geringe Opfer zu bringen haben, aus den höhern Preisen Gewinn ziehen und so dazu veranlasst werden, die Ausfuhr der fraglichen Erzeugnisse nach der Schweiz stark zu steigern.

In Anbetracht dieser besondern Umstände schlug die schweizerische Delegation vor, die Kontingente für gewisse Erzeugnisse, nämlich für Vieh und für Erzeugnisse der Viehzucht (Milch und Käse), für Häute und für Wein, nicht auf der Grundlage der aus den Zonen ausführbaren Gesamtproduktion festzusetzen, sondern auf einer niedrigeren Quote, die den auf dem Schweizermarkt herrschenden Verhältnissen und den schweizerischerseits ergriffenen ausserordentlichen Massnahmen für die Preisstützung Rechnung trägt.

Die schweizerische Delegation schlug ferner gewisse Änderungen am jetzigen sogenannten Marktsystem vor. Diese Änderungen schliessen hauptsächlich Beschränkungen in sich. So wurde neben den Einfuhrkontingenten «contingents par importation»), wie sie nach der geltenden Regelung des Marktverkehrs zulässig sind, ein jährliches Einfuhrkontingent («credit d’importation») für die zollfreie Einfuhr der fraglichen Waren vorgeschlagen, ein Pauschalkontingent, das nicht überschritten werden dürfte. Die schweizerische Delegation hat auch eine starke mengenmässige Begrenzung gewisser wichtiger, im Marktverkehr zollfrei zugelassener Erzeugnisse vorgeschlagen, und zwar in bezug auf Eier, Geflügel, Honig (für die Gexer-Zone), Fische, Schnittblumen. Von den gegenwärtig auf Grund des Marktverkehrs begünstigten Warengattungen würden einige gänzlich ausscheiden, so z. B. die Milch, die – wie oben erwähnt – schon seit einiger Zeit nicht mehr auf dem Verzeichnis der im Marktverkehr zugelassenen Erzeugnisse steht, für die vielmehr ein Jahreskontingent festgesetzt worden ist. Die in dieser Gattung verbleibenden Waren würden wie bisher ausschliesslich auf Grund des Marktverkehrs zollfrei zugelassen werden.

Was die aus den Zonen stammenden Industrie- und Gewerbeerzeugnisse betrifft, schlug die schweizerische Delegation vor, eine Unterscheidung zu treffen zwischen den industriellen Unternehmungen, die am 10. November 1923, d. h. im Zeitpunkt der Verlegung des französischen Zollgürtels auf die politische Grenze, in den Freizonen in Betrieb waren, und den Unternehmungen, die nach diesem Zeitpunkt ins Leben gerufen worden sind. Den von den alten Unternehmungen stammenden Erzeugnissen würde die Zollfreiheit im Rahmen der Einfuhrkontingente zugestanden, die nach dem Umfang ihrer Einfuhr nach der Schweiz, gemäss den Zahlen vor der Verlegung des französischen Zollgürtels auf die Grenze, festzusetzen wären; die andern Betriebe würden dieser Begünstigung nicht teilhaftig.

Die französische Delegation hat das System der Einfuhrkontingente («crédits d’importation») stark bemängelt; es würde eine Einschränkung der Zollfreiheit bedingen, die der von der Schweiz übernommenen Verpflichtung, ein weitherzigeres System einzuführen als das bisherige, nicht entspräche, und wäre geeignet, beträchtliche Schwierigkeiten mit sich zu bringen. Man würde ihrer Ansicht nach in der Tat Gefahr laufen, dass wegen dieser für längere Zeit im voraus bestimmten Kontingente «credits») der schweizerische Markt, im Falle einer vorübergehenden Steigerung der Zonenproduktion infolge einer günstigen Ernte, der zollfreien Einfuhr des Überschusses verschlossen wäre und dass zudem der normalen wirtschaftlichen Entwicklung der Zonen nicht in genügendem Masse Rechnung getragen würde. Bezüglich der für die Festsetzung der Einfuhrkontingente massgebenden Grundsätze erhob die französische Delegation dagegen Einspruch, dass zuvor der örtliche Verbrauch und die Ausfuhr nach andern Gebieten als der Schweiz in Abzug gebracht werden. In Ansehung des örtlichen Verbrauchs machte die Delegation geltend, dass es den Zoneneinwohnern freigestellt sein sollte, sofern sie hierin einen wirtschaftlichen Vorteil erblicken, dieses oder jenes Erzeugnis in der Schweiz zu verkaufen und sich anderswo mit Waren gleicher Art für ihren eigenen Gebrauch einzudecken. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass gewisse Waren, wie z. B. Gemüse, nicht sehr haltbar seien und deshalb zum grössten Teil sofort verkauft werden müssten, auch wenn dafür in andern Jahreszeiten Gemüse für den örtlichen Gebrauch eingeführt werden müsse. Hinsichtlich der nach andern Gebieten als der Schweiz getätigten Ausfuhr wies die französische Delegation auf die Unzukömmlichkeiten hin, die sich aus der vorherigen Bestimmung eines solchen Abzuges ergeben; es würde dadurch den Zoneneinwohnern nicht genügend Freiheit gelassen, ihre Erzeugnisse je nach der Aufnahmefähigkeit des Marktes beliebig nach der Schweiz oder nach Frankreich zu verbringen. Die französische Delegation brachte einen Entwurf ein, des Inhalts, es sei:

«den Zonen ein Regime von Zollbefreiungen zuzusichern, das ihnen erlaubt, entsprechend ihren Interessen ihre normale Produktion und nur diese in dem einen oder dem andern der beiden Marktgebiete abzusetzen, von denen sie eingeschlossen sind.
Der gute Gang dieser Zollordnung sei durch ein System von laufenden Rechnungen sicherzustellen, die für jeden Zonenproduzenten vom französischen Zoll geführt und überwacht würden.
Dem Zonenproduzenten würden auf seiner laufenden Rechnung alle ausgeführten Waren fortlaufend eingetragen, ob diese Waren nun nach der Schweiz, nach Frankreich oder nach einem Drittland gehen; die Zollfreiheit würde für jeden einzelnen aufhören, sobald seine Rechnung erschöpft wäre.»

Die französische Delegation bemühte sich überdies, durch systematische Gegenüberstellung der schweizerischen Vorschläge und der jetzt geltenden tatsächlichen Regelung nachzuweisen, dass jene Vorschläge in keiner Weise eine weitherzigere Ordnung darstellen. In dieser Hinsicht bezog sich die Delegation auf die gegenwärtige Regelung des Marktverkehrs, indem sie einesteils auf die schweizerischerseits vorgeschlagenen verschiedenen Beschränkungen dieser Regelung aufmerksam machte und andernteils darauf hinwies, dass eine mengenmässige Beschränkung der zollfreien Einfuhr zu Lasten aller Zonenerzeugnisse eher eine Einengung als eine grössere «Liberalität» in bezug auf die Regelung der Zonenausfuhr bedeuten würde.

Um einen Vergleich zu erzielen, schlugen die Experten-Schiedsrichter den Parteien den Umriss einer Übereinkunft über die Gesamtheit des Problems vor. Nach Prüfung dieses Vorschlages glaubten die Parteien, ihren Standpunkt in einigen Punkten ändern zu können. So hat die schweizerische Delegation, auch wenn sie in anderer Hinsicht bei ihrer frühern Haltung verharrte, die Zollfreiheit in unbeschränkter Menge für gewisse Warengattungen von geringerer Wichtigkeit zugestanden und auf die Einfuhrkontingente für eine andere Gruppe von Erzeugnissen verzichtet, die im Marktverkehr zugelassen werden sollen. Die französische Delegation, die sich im allgemeinen mit dem Vergleichsentwurf einverstanden erklärte, änderte ihrerseits ihren Standpunkt dahin, dass sie den Gedanken einer «Schutzklausel» annahm, die es ermöglichen soll, die zollfreie Einfuhr von Zonenerzeugnissen infolge ausser­ordentlicher Umstände vorübergehenden Beschränkungen zu unterwerfen. Ferner stimmte die französische Delegation dem Gedanken zu, dieses Ausnahmeregime durch Kontingentierung gewisser Erzeugnisse für eine Anfangsperiode unverzüglich in Kraft zu setzen.

VII.

Bevor die beiderseits vorgebrachten Anträge und Begründungen geprüft werden, ist es nicht ohne Interesse, darauf hinzuweisen, dass die Oberfläche der Zonen 540 km2 beträgt und dass die Zonenbevölkerung sich auf ungefähr 30 000 Einwohner beläuft. Die Gexer-Zone ist etwas stärker bevölkert als die Zone Hochsavoyens. Beide Zonen haben vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter. Die Industrie ist nur schwach entwickelt; sie beschäftigt in der Zone Hochsavoyens weniger als 400 Personen.

Nach einer Berechnung der Genfer Handelskammer stellt der Wert der Zonen für den Genfer Handel (Gross- und Einzelhandel, Fabrikation, Bauunternehmer- und Veredelungsverkehr) für 1933 einen Betrag von rund 9¼ Millionen Franken dar. Der Wert der Ausfuhr aus den Zonen nach der Schweiz stellt sich für 1933 auf ungefähr 5 Millionen Franken (nach französischen Angaben, beruhend auf der schweizerischen Zollstatistik).

Übrigens ist die zollfreie Einfuhr der Zonenerzeugnisse nach der Schweiz wegen der wirtschaftlichen Struktur der Zonen, ihrer wenig zahlreichen Bevölkerung und ihrer geringen Ausdehnung nur von verhältnismässig untergeordneter Bedeutung für die schweizerische Volkswirtschaft.

Es erhellt aus einer Prüfung des allgemeinen Aufbaues des Systems, das gegenwärtig die Einfuhr der Zonenprodukte nach der Schweiz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht regelt, dass die Schweiz auf diese Einfuhr Normen anwendet und auch in der Vergangenheit angewandt hat, die billigerweise als weitherzig bezeichnet werden dürfen. Es ist insbesondere hervorzuheben, dass der Marktverkehr eine praktisch unbeschränkte zollfreie Einfuhr mehrerer der wichtigsten Zonenerzeugnisse erlaubt. Die Spanne zwischen zollfreier Einfuhr der gesamten Zonenproduktion und dem gegenwärtigen System ist so unbedeutend, dass, wenn von einer weitherzigeren Regelung gesprochen wird, man sich kein anderes Regime vorstellen könnte als das, das darin bestehen würde, die Zollfreiheit auf die ganze Produktion auszudehnen, wobei ein Vorbehalt lediglich für gewisse Erzeugnisse und für gewisse besondere Umstände vorzusehen wäre.

Die Schiedsrichter finden insbesondere, der Antrag der schweizerischen Delegation auf Verallgemeinerung des Kontingentierungssystems, sei es in Form von «Einfuhr­kontingenten» oder von eigentlichen Kontingenten, entspreche dem Ziel wenig, das darin besteht, ein weitherzigeres Regime zu schaffen. Die Kontingentierung, selbst in Form von Einfuhrkontingenten, schliesst für eine grosse Anzahl von Erzeugnissen im Vergleich zum gegenwärtigen System erhöhte Beschränkungen in sich, namentlich wenn berücksichtigt wird, dass die schweizerische Delegation auch die Herabsetzung der Kontingente von gewissen Erzeugnissen beantragt hat, die bisher bei der Einfuhr die Vorteile des Marktverkehrs genossen. Die Verallgemeinerung des Kontingentierungssystems bedeutet nach Ansicht der Schiedsrichter einen Rückschritt, wenn man sich anschickt, ein neues Regime aufzustellen, das weitherziger sein soll als das frühere. Die unbeschränkte oder praktisch unbeschränkte Zollfreiheit, wie sie bisher für eine grosse Anzahl von Erzeugnissen gewährt wurde, hat übrigens anscheinend für die schweizerischen Produzenten zu keinen schweren Unzukömmlichkeiten geführt. Das Regime des Marktverkehrs war offenbar für die Genfer Verbraucher gleich wie für die Zonenbewohner sehr vorteilhaft. Es darf ebenfalls nicht ausser acht gelassen werden, dass es auch der Schweiz nicht gleichgültig sein kann, dass die Zonenbewohner mit dem aufgestellten Regime zufrieden sind und dass sie die Aufrechterhaltung der Freizonen nicht nur als ein Recht betrachten, das der Schweiz auf Grund der vor über 100 Jahren abgeschlossenen Verträge zusteht, sondern dass diese Aufrechterhaltung in ihren Augen auch eine für die Zonen selbst günstige Lösung bedeutet. Nach der Zurücknahme des französischen Zollgürtels und in dem Masse, wo die Zonenbewohner ihre Erzeugnisse in der Schweiz zollfrei werden absetzen können, werden sie wahrscheinlich auch in grösserem Umfang ihre Einkäufe in Genf tätigen, als sie es ansonst tun würden.

Aus den bereits dargelegten Gründen halten die Schiedsrichter dafür, das neue Regime seit weitherziger zu gestalten, als die schweizerische Delegation vorschlage, und es sei daher angezeigt, Kontingentierungsmassnahmen, auch in Form von «Einfuhrkontingenten», nach Möglichkeit zu vermeiden.

Unter Zugrundelegung der oben mitgeteilten Erwägungen haben die Schiedsrichter, die mangels Einigung unter den Parteien von sich aus die Ordnung festzusetzen haben, welche vom 1. Januar 1934 an auf die Einfuhr aus den Freizonen in die Schweiz zur Anwendung gelangen soll, ein ständiges Reglement12 aufgestellt, das als wesentliche Punkte umfasst:

a.
die unbegrenzte Zollfreiheit für die gesamte Erzeugung der Landwirtschaft und der verwandten Zweige sowie für die mineralischen Rohstoffe;
b.
die zollfreie Einfuhr der Fabrik- oder Gewerbeerzeugnisse im Rahmen von Einfuhrkontingenten;
c.
eine Bestimmung, die es bei aussergewöhnlichen Verhältnissen ermöglicht, das System der unbegrenzten Zollfreiheit vorübergehend einzuschränken;
d.
die Schaffung einer Schlichtungs- und Überwachungsinstanz;
e.
ein Schiedsverfahren.

1.  Was die Erzeugung der Landwirtschaft und der verwandten Zweige anbelangt, so muss der neuen Ordnung der Grundsatz der unbegrenzten Einfuhr der Zonenerzeugnisse in die Schweiz zugrunde gelegt werden. An sich wäre es zwar nicht unvernünftig, den Ortsverbrauch und in der einen oder andern Form auch die anderswohin als nach der Schweiz bereits getätigte oder mit Sicherheit vorauszusehende Ausfuhr abzuziehen. Aber es erscheint als überflüssig und wenig zweckmässig, eine ständige Einrichtung von «Einfuhrkontingenten» zu schaffen, einzig um Ausnahmen von der Regel gutzuheissen. Für die meisten Waren gilt, dass die Erzeugung zu einem grossen Teil in den Zonen selbst verbraucht wird, und die Erfahrung bestätigt diese durchaus normale Sachlage. Ausserdem wird ein Teil der Erzeugung auch künftighin ohne weiteres nach Frankreich ausgeführt werden. Wollte man dieses System der Einfuhrkontingente anwenden, so würde es übrigens notwendig, wie der Rechtsvertreter der eidgenössischen Regierung vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof erklärt hat, «die Kontingente auf Grund des Mittelwertes der stärksten Einfuhr aus den Zonen in die Schweiz während einer gewissen Anzahl von Normaljahren festzusetzen», «diesen Mittelwert noch um einen gewissen Prozentsatz zu erhöhen» und schliesslich «dem einen oder andern berechtigten, aber unvorhergesehenen Bedürfnis Rechnung zu tragen». Vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus ist es zweckmässig, dass Schwankungen im Sinne der Strömungen des Handelsverkehrs auftreten, und diese Erscheinung kann vom Standpunkt der Schweiz aus nicht wohl beträchtliche Nachteile mit sich bringen.

2.  Doch ist anzuerkennen, dass in Krisenzeiten für einige der wichtigsten landwirtschaftlichen Zonenerzeugnisse die unbegrenzte Zollfreiheit auf dem schweizerischen Markt zu Störungen führen könnte, denen billigerweise Rechnung getragen werden muss. Die in dieser Hinsicht von der schweizerischen Delegation vorgebrachten Erwägungen betreffend die Milcherzeugnisse, den Wein und das Vieh verdienen angesichts der gegenwärtigen Landwirtschaftskrise zweifellos in Betracht gezogen zu werden. Doch wäre es weder nötig noch billig, den berechtigten schweizerischen Interessen dadurch zu entsprechen, dass zu einem System der allgemeinen und dauernden Kontingentierung Zuflucht genommen würde. Es schien den Schiedsrichtern, dass man mit der Aufnahme einer Bestimmung in das Reglement, wonach bei aussergewöhnlichen Verhältnissen die Einfuhr gewisser Erzeugnisse vorübergehend eingeschränkt werden kann, den Gefahren zu begegnen vermag, die sich aus unvorhergesehenen wirtschaftlichen Störungen ergeben können, und dass damit gleichzeitig dem Reglement die Elastizität verliehen wird, deren es, weil auf die Dauer berechnet, bedarf.

3.  Für die Fabrik- oder Gewerbeerzeugnisse der in den Freizonen gelegenen Industriebetriebe glaubten die Schiedsrichter, die Zollfreiheit beschränken zu sollen, indem sie einerseits die gegenwärtig bestehende Produktionsfähigkeit dieser Unternehmungen und die normale wirtschaftliche Entwicklung, anderseits auch den Verbrauch in den Zonen und die anderswohin als nach der Schweiz gerichtete Ausfuhr berücksichtigten.

Allerdings hat die französische Delegation sowohl zugunsten der industriellen als auch der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für die gesamte Produktion der Zonen Zollfreiheit verlangt; doch waren sich beide Delegationen darin einig, dass unter den gegenwärtigen Umständen der Frage der industriellen Ausfuhr keine sehr grosse Bedeutung beizumessen sei. Bekanntlich sind die Industrien in den Zonen wenig entwickelt, und aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Zonen ihren vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter bewahren. Die industrielle Ausfuhr der Zonen geht zudem zum grossen Teil nach dem Innern Frankreichs. Es ist also anzunehmen, dass die Handelsbeziehungen zwischen Genf und den Zonen, gleich wie in der Vergangenheit, auch in Zukunft auf dem Austausch industrieller Erzeugnisse und verschiedenartiger Dienstleistungen eines städtischen Bezirks gegen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der benachbarten Landschaft beruhen werden.

Wie unbedeutend die in den Zonen gelegenen industriellen Unternehmungen auch sind, so könnte es sich doch ereignen, dass unter dem Vorteil einer Sonderordnung sich neue Industrien dort niederliessen, einzig um ihre gesamte Erzeugung auf den schweizerischen Markt zu werfen. Hauptsächlich um für diesen Fall Vorsorge zu treffen, haben die Schiedsrichter es für notwendig erachtet, Einfuhrkontingente festzusetzen. Doch wären diese Kontingente so ausreichend bemessen, dass sie die Zonen in ihrer normalen wirtschaftlichen Entwicklung nicht hemmen.

Sollten sich industrialisierte Landwirtschaftsunternehmungen im Zonengebiet niederlassen, so wird sich die Einfuhr ihrer Erzeugnisse in die Schweiz nach den Grundsätzen richten, die für die industriellen Erzeugnisse vorgesehen sind.

Die schweizerische Delegation hat die Zollfreiheit nicht auf die Erzeugnisse der industriellen Betriebe ausdehnen wollen, die sich seit 1923, d. h. nach der Verlegung des französischen Zollgürtels an die politische Grenze, in den Zonen niedergelassen haben, und zwar mit der Begründung, dass diese Betriebe unter der Einwirkung einer Wirtschaftsverfassung entstanden seien, die grundverschieden sei von derjenigen, die nach dem 1. Januar 1934 auf die Zonen Anwendung finden wird.

Indessen hat sie im Laufe der Verhandlungen mit der französischen Delegation der Zulassung dieser Erzeugnisse unter Kontingentierung der Einfuhr zugestimmt. Indem die Schiedsrichter mangels Einigung unter den Parteien diese Kontingente festsetzten, haben sie die Bedingungen mitberücksichtigt, unter denen jene Industrien sich im Gebiete der Zonen niedergelassen haben.

4.  Die Parteien waren einig, dass die Einsetzung einer gemischten Kommission und ein Schiedsverfahren vorzusehen seien; sie sind übereingekommen, zu diesem Zwecke die Fassung anzunehmen, die in den Artikeln 7 und 8 des Reglements13 enthalten ist.

In Anbetracht der gegenwärtigen Umstände halten die Schiedsrichter dafür, dass schon vom Inkrafttreten des Reglements an gemäss Artikel 4 Buchstabe a für wichtige Erzeugnisse Beschränkungen der Zollfreiheit festgesetzt werden müssen.

Bei der Bestimmung der Höhe der Kontingente haben die Schiedsrichter, insoweit die Parteien nicht zu einer Verständigung gelangen konnten, der Billigkeit entsprechende Mittelwerte angestrebt, wobei sie den Verhältnissen, denen der schweizerische Markt unterworfen ist, den für gewisse Erzeugnisse gegenwärtig festgesetzten Kontingenten und den auf beiden Seiten geäusserten Wünschen Rücksicht trugen.

Aus Erwägungen gleicher Art und in dem Bestreben, die auf dem Spiele stehenden Interessen in der Zeit des Übergangs von der alten zur neuen Ordnung möglichst zu schonen, glaubten die Schiedsrichter für eine beschränkte Zahl von Waren das Regime der Marktversorgung aufrechterhalten zu sollen. Wenn die Schiedsrichter diese vorübergehende Beschränkung der unbegrenzten Zollfreiheit beschlossen, so sind sie vom Grundsatz ausgegangen, dass es nicht am Platze sei, die gegenwärtig im Rahmen des Marktverkehrs für die nämlichen Erzeugnisse gewährten Vorteile herabzusetzen. Sie waren infolgedessen nicht in der Lage, den beträchtlichen Einschränkungen Rechnung zu tragen, welche die schweizerische Delegation für den Marktverkehr in Vorschlag gebracht hatte. Anderseits wurden die Modalitäten der Marktversorgung den neuen Verhältnissen angepasst.

Es ist hier darauf hinzuweisen, dass sich die Parteien darüber geeinigt haben, welche Tiere als aus den Zonen stammend zu betrachten sind (Anmerkung zu Artikel 2 des Reglements).

Für die Festsetzung der in der Anlage aufgeführten industriellen Kontingente konnten die Schiedsrichter auf die Einigung der Parteien über die Benennungen und, für gewisse Erzeugnisse, auch über die Zahlen abstellen. Die Zahlen, über die es unter den Parteien zu keiner Verständigung gekommen ist, sind nach ähnlicher Methode bestimmt worden wie für die landwirtschaftlichen Kontingente.

Vor allem in Anbetracht dessen, dass die Stetigkeit gerade nach dem Wortlaute der von der Schweiz eingegangenen Verpflichtung eines der Merkmale der neuen Ordnung sein soll, schien es wünschenswert, dagegen Vorsorge zu treffen, dass schon in den ersten Jahren Änderungen angebracht würden. Dementsprechend ist in der Anlage bestimmt worden, dass die darin vorgesehenen Beschränkungen der Zollfreiheit zehn Jahre lang anwendbar bleiben und dass während dieser Zeit, die übrigens mit der Geltungsdauer der Anlage zusammenfällt, keine andern Beschränkungen getroffen werden können. Anderseits glaubten die Schiedsrichter, der Frage nicht vorgreifen zu sollen, ob, in welchem Ausmass und für wie lange die Zollfreiheit nach Ablauf dieser Frist einzuschränken wäre. Hierüber kann später nach Massgabe der im Reglement niedergelegten Grundsätze und der dannzumal bestehenden Verhältnisse entschieden werden.

Demnach setzen die Schiedsrichter

das beiliegende Reglement14 nebst Anlage für die Einfuhr der Erzeugnisse der Freizonen in die Schweiz fest.

So geschehen und unterzeichnet am 1. Dezember 1933, in drei Ausfertigungen, von denen je eine der französischen und der schweizerischen Regierung zuzustellen sind.

Osten Undén
John Baldwin
J. Lopez Olivan
Staffan Söderblom

4 SR 0.631.256.934.951

5 Der Wortlaut dieses Artikels findet sich in der Fussnote des Ingr. zur Erklärung vom 16. März 1928 betreffend die Abschaffung der Neutralisierung Nordsavoyens (SR 0.515.293.49).

6 0.631.256.934.951

7 0.631.256.934.951

8 SR 0.631.121.1

9 SR 0.631.256.934.953

10 SR 0.631.256.934.953

11 0.631.256.934.951

12 SR 0.631.256.934.953

13 SR 0.631.256.934.953

14 Dieses Reglement findet sich unter SR 0.631.256.934.953.