0.818.691.36

 BS 12 467

Originaltext

Vereinbarung
zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche
über die gegenseitige Anerkennung von Leichenpässen1

Abgeschlossen am 10./15. Dezember 1909
In Kraft getreten am 1. Januar 1910

1 Diese Vereinbarung gilt nur noch so weit, als sie gegenüber dem Internationalen Abk. vom 10. Febr. 1937 über Leichenbeförderung (SR 0.818.61), dem die Schweiz und Deutschland angehören, Erleichterungen aufstellt (Art. 10 Abs. 1 dieses Abkommens). Siehe auch das Zusatzabk. vom 28. Aug. 1911 (SR 0.818.691.361).

Zwischen dem Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Kaiserlich Deutschen Regierung ist über die wechselseitige Anerkennung von Leichenpässen nachstehende Vereinbarung getroffen worden:

1.
Leichenpässe, welche von einer zusätzlichen Behörde in Deutschland ausgestellt sind, werden in der Schweiz, und Leichenpässe, welche von einer zuständigen Behörde in der Schweiz ausgestellt sind, werden in Deutschland für die Zulassung der Leichen zur Beförderung auf Eisenbahnen als gültig anerkannt.
Die Leichenpässe sind nach anliegendem Muster A auszufertigen.2
Die Kaiserlich Deutsche Regierung behält sich das Recht vor, für eine Leichenbeförderung, die sowohl auf der Eisenbahn wie auf dem Seewege erfolgen soll, an Stelle des vorerwähnten Musters A das anliegende Muster B zu verwenden.3
2.
Die vertragschliessenden Teile werden sich gegenseitig die Behörden und Dienststellen namhaft machen, welche zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind.4
3.
Der Leichenpass darf nur für eine solche Leiche erteilt werden, über welche die nachstehenden Ausweise geliefert worden sind:
a.
eine amtliche Sterbeurkunde;
b.
eine Bescheinigung des beamteten Arztes über die Todesursache sowie darüber, dass seiner Überzeugung nach der Beförderung der Leiche gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen; ist der Verstorbene in der tödlich gewordenen Krankheit von einem andern Arzte behandelt worden, so hat der beamtete Arzt den letztern vor Ausstellung der Bescheinigung betreffs der Todesursache zu hören;
c.
ein Ausweis über die vorschriftsmässig erfolgte Einsargung der Leiche.
In letzterer Beziehung sind folgende Bestimmungen massgebend:
Jede Leiche muss in einem widerstandsfähigen Metallbehälter luftdicht verschlossen und dieser in einen hölzernen Behälter so fest eingesetzt sein, dass er sich darin nicht verschieben kann.
Der Boden des Metallbehälters muss mit einer mindestens 5 cm hohen Schicht von Sägemehl, Holzkohlenpulver, Torfmull oder dergleichen bedeckt und es muss diese Schicht mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung5 reichlich besprengt sein.
In besonderen Fällen, z.B. für einen Transport von längerer Dauer oder in warmer Jahreszeit, kann nach dem Gutachten des beamteten Arztes eine Behandlung der Leiche mit fäulniswidrigen Mitteln verlangt werden. Diese Behandlung besteht gewöhnlich in einer Einwicklung der Leiche in Tücher, die mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung getränkt sind. In schwereren Fällen muss ausserdem durch Einbringen von gleicher Karbolsäurelösung in die Brust- und Bauchhöhle (auf die Leiche eines Erwachsenen zusammen mindestens ein Liter gerechnet) oder dergleichen für Unschädlichmachung der Leiche gesorgt werden.
4.
Ist der Tod im Verlauf einer nachstehend bezeichneten Krankheiten: Pocken, Flecktyphus, Cholera oder Pest erfolgt, so darf der Leichenpass nur dann erteilt werden, wenn mindestens ein Jahr nach dem Tode verstrichen ist.
5.
Jeder Sendung ist ein Begleiter beizugeben, der eine Fahrkarte zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat. Begleitung ist nicht erforderlich, wenn der Bestimmungsort eine Eisenbahnstation ist und der Absender bei der Auf­gabestation die schriftliche oder telegrafische Erklärung des Empfängers hinterlegt, dass er die Sendung sofort nach Empfang der Nachricht von ihrem Eintreffen abholen lassen werde. Bei Sendungen an Beerdigungs- und an Leichenverbrennungsanstalten ist eine Erklärung nicht erforderlich.
Im übrigen erfolgt die Beförderung der Leichen nach den in jedem Lande hierfür bestehenden Vorschriften.
6.
Dieses Übereinkommen tritt am 1. Januar 1910 an die Stelle des den gleichen Gegenstand betreffenden Übereinkommens vom 9. November/ 16. Dezember 1988.
Jedem Teile steht der Rücktritt nach dreimonatlicher Kündigung frei.

2 Diese Muster wurden in der BS nicht mehr wiedergegeben, da heute auch im Verkehr mit Deutschland der vom Internationalen Abk. vom 10. Febr. 1937 über Leichenbeförderung (SR 0.818.61) vorgeschriebene Leichenpass verwendet wird.

3 Diese Muster werden in der BS nicht mehr wiedergegeben, da heute auch im Verkehr mit Deutschland der vom Internationalen Abk. vom 10. Febr. 1937 über Leichenbeförderung (SR 0.818.61) vorgeschriebene Leichenpass verwendet wird.

4 Für die zuständigen schweizerischen Behörden siehe das Verzeichnis hiernach.

5 Ein Teil sogenannter verflüssigter Karbolsäure (Acidum carbolicum liquefactum) ist in 18 Teilen Wasser unter häufigem Umrühren zu lösen.

Verzeichnis der in der Schweiz zur Ausstellung von Leichenpässen zuständigen Behörden und Dienststellen6

6 Fassung gemäss BRB vom 24. Mai 1949 (AS 1949 I 483).



Kanton:

Behörde:

  1. Zürich

Polizeidirektion

  2. Bern

Regierungsstatthalterämter

  3. Luzern

Statthalterämter

  4. Uri

Standeskanzlei

  5. Schwyz

Kantonskanzlei

  6. Obwalden

Polizeidirektion

  7. Nidwalden

Polizeidirektion

  8. Glarus

Polizeidirektion

  9. Zug

Polizeikommando

10. Freiburg

Statthalterämter

11. Solothurn

Oberämter

12. Basel-Stadt

Sanitätsdepartement (Bestattungsbüro)

13. Basel-Landschaft

Sanitätsdirektion

14. Schaffhausen

Polizeidirektion

15. Appenzell A.-Rh.

Kantonskanzlei

16. Appenzell I.-Rh.

Polizeidirektion und Bezirkshauptmannamt Oberegg

17. St. Gallen

Bezirksämter

18. Graubünden

Kantonale Polizeiabteilung (Pass- und Patentbüro) und Bezirkskommissariate

19. Aargau

Bezirksämter

20. Thurgau

Polizeidepartement und Bezirksämter

21. Tessin

Gemeinden

22. Waadt

Departement des Innern und Regierungsstatthalter­­­ämter (préfectures)

23. Wallis

Polizeidepartement

24. Neuenburg

Departement des Innern

25. Genf

Justiz- und Polizeidepartement