414.110.1

Aussonderungsvertrag

zwischen der Schweizeri­schen Eidgenossenschaft einerseits
und dem Kanton Zürich und der Stadt Zürich anderseits
betreffend das Polytechni­kum

vom 28. Dezember 1905 (Stand am 9. Juni 1908)

Genehmigt durch Bundesbeschluss vom 9. Juni 19081

Unter Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Organe haben die Dele­gierten des Bundes, des Kantons und der Stadt Zürich

heute folgenden Aussonde­rungsvertrag abgeschlossen:

I. Abschnitt: Abtretung von Grund und Boden, von Gebäulichkeiten und Mobilien, Ablösung der Unterhaltungspflicht des Kantons Zürich


Art. 1

Der Kanton Zürich tritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft folgende Objekte zu Eigentum ab.

1.
An Grund und Boden:
a.
das gesamte Areal, auf dem das Hauptgebäude des Polytechnikums, der Universitätsflügel und das kantonale Chemiegebäude stehen. Das Areal misst, nach Massangaben der Regierung des Kantons Zürich, ohne Stras­sen und Trottoirs zirka 21 490 m2. Es wird begrenzt östlich von der Rä­mistrasse, nördlich von der Tannenstrasse, westlich von der Poly­techni­kumsstrasse, südlich von der Künstlergasse. Davon entfallen gemäss der von der Regierung des Kantons Zürich vorgenommenen Abgrenzung auf das Hauptgebäude ohne Universitätsflügel 12 802 m2, auf den Universi­tätsflügel mit Umschwung 3 312 m2, auf das kantonale Chemiegebäude mit Umschwung 5 376 m2.
b.
das westlich vom Polytechnikum gelegene Areal.
Es misst 4 670 m2 und wird begrenzt östlich von der Polytechnikums­stras­se, nördlich vom Areale des Bürgerasyles, westlich vom Terrain Meier-Bürkly und des Kantons, südlich vom städtischen Areal.
c.
das Areal der land- und forstwirtschaftlichen Schule des Polytech­ni­kums. Das Areal misst zirka 4 109 m2 und wird begrenzt östlich vom eidgenös­si­schen Obstgarten, nördlich vom eidgenössischen Chemie­gebäude, west­lich von der Rämistrasse, südlich von der Schmelz­berg­strasse.
d.
die Liegenschaft «ehemalige Bierbrauerei Seiler», zwischen der Son­neggstrasse und der Clausiusstrasse in Zürich gelegen, Katasternummer 264, mit einem Flächeninhalt von 6 673,40 m2.
2.
An Gebäulichkeiten:
a.
das Hauptgebäude des Polytechnikums;
b.
den Universitätsflügel;
c.
das kantonale Chemiegebäude;
d.
das land- und forstwirtschaftliche Hauptgebäude mit Nebengebäuden;
e.
die auf der Liegenschaft «ehemalige Bierbrauerei Seiler» stehenden Gebäude, nämlich Wohngebäude, altes Brauereigebäude und Ökonomiege­bäude.
Alle diese Gebäulichkeiten nebst Zubehörden im Sinne der §§ 50ff. des zür­cherischen privatrechtlichen Gesetzbuches.
3.
An Mobilien:
die im Hauptgebäude des Polytechnikums und im forst- und landwirtschaft­lichen Gebäude vorfindlichen Mobilien, soweit sie dem Kanton Zürich zu Eigen­tum gehören.
Vorbehalten bleibt die besondere Regelung der Eigentumsverhältnisse an den gemeinsamen naturwissenschaftlichen Sammlungen im Sinne des II. Abschnit­tes dieses Vertrages.
Art. 2

Von den in Artikel 1 aufgeführten Objekten tritt der Kanton Zürich der Schweize­ri­schen Eidgenossenschaft unentgeltlich ab:

1.
das unter Ziffer 1 Buchstabe a bezeichnete Areal, mit Ausnahme des Areals des Universitätsflügels, haltend 3312 m2, und mit Ausnahme eines Viertels des Areals des kantonalen Chemiegebäudes, haltend 1 344 m2;
2.
das Hauptgebäude des Polytechnikums;
3.
das in Artikel 1 unter Ziffer 1 Buchstabe b beschriebene Areal.
Auf diesem Areal dürfen keine Gebäulichkeiten erstellt werden. Die Schwei­zerische Eidgenossenschaft hat den als öffentliche Anlage bestehenden Teil als solche fortzuführen und zu unterhalten.
Sofern indessen der Kanton oder die Stadt eines Teiles dieses Areals zur Kor­rektion bestehender öffentlicher Strassen bedürfte, hat die Schweize­rische Eid­genossenschaft denselben unentgeltlich abzutreten.
Kanton und Stadt Zürich verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass auf dem west­lich an dieses Areal angrenzenden Lande keine Bauten errichtet werden, wo­durch das Hauptgebäude die freie Aussicht verlieren würde.
4.
das Areal der land- und forstwirtschaftlichen Schule des Polytechnikums nebst den darauf stehenden Gebäulichkeiten;
5.
die in Artikel 1 unter Ziffer 3 bezeichneten Mobilien.
Art. 3

1 Für die übrigen in Artikel 1 aufgeführten Objekte bezahlt die Eidgenossenschaft dem Kanton Zürich folgende Entschädigungen:

Fr.

1.
für das Areal des Universitätsflügels 110 Franken per m2,
mithin per 3312 m2

364 320

2.
für ein Viertel des Areals des kantonalen Chemie­gebäudes
1344 m2 à 85 Franken

114 240

3.
für den Universitätsflügel 22 Franken per m3, mithin per
23 400 m3

514 800

4.
für das kantonale Chemiegebäude 19 Franken per m3, mithin
per 14 237 m3

270 503

5.
für die Liegenschaft «ehemalige Bierbrauerei Seiler» samt
Gebäuden zusammen

500 000

Summa

1 763 863

2 Von diesem Betrage werden fällig:

363 863 Franken sechs Wochen nach vollzogener Räumung des kantonalen Che­miegebäudes. Das Gebäude muss spätestens in drei Jahren, vom Tage der Ratifi­ka­tion dieses Vertrages an gerechnet, geräumt sein.

Der Betrag von 900 000 Franken wird fällig sechs Wochen nach vollzogener Räu­mung des Universitätsflügels. Die Räumung hat spätestens in vier Jahren, von der Ratifikation dieses Vertrages an gerechnet, zu erfolgen.

Der Kaufpreis für die Liegenschaft «ehemalige Bierbrauerei Seiler» im Betrage von 500 000 Franken wird Ende des Jahres 1906 fällig, auf welchen Zeitpunkt der Über­gang der Liegenschaft an die Eidgenossenschaft erfolgt.

Art. 4

1 Die Unterhaltungspflicht, die dem Kanton Zürich für das Hauptgebäude des Poly­technikums und für das forst- und landwirtschaftliche Gebäude obliegt, wird abge­löst.

2 Der Kanton Zürich bezahlt dafür der Eidgenossenschaft eine einmalige Abfin­dungssumme von insgesamt 570 000 Franken. Der Betrag wird sechs Wochen nach vollzogener Ratifikation dieses Vertrages fällig. Mit diesem Tage fällt jegliche wei­tere Unterhaltungspflicht des Kantons Zürich dahin.

Art. 52

2 Gegenstandslos, nachdem der Bund auf das hier erwähnte Vorkaufsrecht verzichtet hat (Ziff. 1 Buchst. h des BB vom 9. Juni 1908 betreffend den Aussonderungsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und dem Kanton Zürich und der Stadt Zürich anderseits – SR 414.110.11).

II. Abschnitt: Ausscheidung der gemeinsamen naturwissenschaftlichen Sammlungen; Ordnung der durch Artikel 2 des Vertrages vom 1. März 18833 begründeten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

3 [AS 7 254]


Art. 6

Die gemeinsamen naturwissenschaftlichen Sammlungen, bestehend aus:

1.
den zoologischen, geologischen, paläontologischen und mineralogischen Samm­lungen des Polytechnikums,
2.
den zoologischen, geologischen, paläontologischen und mineralogischen Sammlungen des Kantons Zürich,
3.
den zoologischen, paläontologischen, geologischen und mineralogischen Sammlungen der Stadt Zürich,
4.
den dem Polytechnikum, dem Kanton und der Stadt Zürich gemeinsam ange­hörenden zoologischen, paläontologischen, geologischen und mineralo­gi­schen Sammlungen

werden ohne gegenseitige Entschädigung in folgender Weise aus­geschieden:

I.
Die sämtlichen geologischen und mineralogischen Sammlungs­gegen­stän­de, die dem Kanton oder der Stadt gehören oder die gemeinsames Eigen­tum von Polytechnikum, Kanton und Stadt Zürich sind, gehen mit Schluss des Jahres, in welchem die Ratifikation dieses Vertrages erfolgt, mit der ganzen zugehörigen Einrichtung und Ausrüstung in das Eigen­tum des Polytechnikums über.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist verpflichtet, diese Sammlun­gen auf eigene Kosten zweckentsprechend aufzustellen, zu unterhalten, zu verwalten und zu äufnen.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft übernimmt ferner auf ihre Kosten die Pflicht der Aufstellung, Unterhaltung und Aufbewahrung der­jenigen mineralogischen und geologischen aus Legaten herrührenden Sammlun­gen oder Sammlungsobjekte des Kantons und der Stadt Zürich, über die besondere, unabänderliche Bestimmungen existieren.
II.
Die sämtlichen zoologischen Sammlungsobjekte (mit Ausnahme der­jeni­gen der gemeinsamen Handsammlung), die dem Polytechnikum gehö­ren, oder die gemeinsames Eigentum von Polytechnikum, Kanton und Stadt sind, gehen mit Schluss des Jahres, in welchem die Ratifika­tion dieses Vertrages erfolgt, mit der ganzen zugehörigen Einrichtung und Ausrü­stung in das gemeinsame Eigentum des Kantons und der Stadt über.
Gleichzeitig geht die bisher gemeinsame Handsammlung, evtl. vermehrt durch entbehrliche Dubletten der Hauptsammlung, mit samt ihrer Ein­rich­tung und Ausrüstung in das Eigentum des Polytechnikums über.
Die entomologische Sammlung des Eidgenössischen Polytechnikums bleibt von diesem Vertrage unberührt.
Der Kanton und die Stadt Zürich verpflichtet sich, auf ihre Kosten die ih­nen zufallenden zoologischen Sammlungen zweckentsprechend auf­zu­­stel­len, zu unterhalten, zu verwalten und zu äufnen.
III.
4
Der Eigentümer der paläontologischen Sammlungsobjekte verpflichtet sich, die Sammlung auf seine Kosten zweckentsprechend aufzustellen, zu unterhalten, zu verwalten und zu äufnen.
IV.
Mit den Sammlungsobjekten erhält ihr Eigentümer auch die zugehö­rigen Gegenstände, wie Schränke, Gestelle, Schachteln.

4 Abs. 1 aufgehoben (Übereink. vom 1./31. März 1909 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und dem Zürcherischen Regierungsrat betreffend die Ausscheidung der gemeinsamen paläontologischen Sammlungesobjekte – SR 414.110.12).

Art. 7

Die durch Artikel 2 des Vertrages vom 1. März 18835 über die Regulierung der Bau­pflicht des Kantons Zürich gegenüber der eidgenössischen polytechnischen Schule begründeten Rechtsverhältnisse werden endgültig in folgender Weise ge­ord­net:

1.
Die Eidgenossenschaft löst die ihr hinsichtlich der naturwissenschaftlichen Sammlungsgebäude obliegende Bau-, Einrichtungs- und Unterhaltungs­pflicht in der Weise ab, dass sie dem Kanton Zürich für die Erstellung eines zoologi­schen Sammlungsgebäudes eine Abfindungssumme von 975 000 Fran­ken be­zahlt.
6
2.
Der Kanton Zürich löst die ihm hinsichtlich der naturwissenschaftlichen Sammlungsgebäude obliegende Pflicht, den erforderlichen Baugrund zu beschaffen, in der Weise ab, dass er der Eidgenossenschaft drei Vierteile des Areals des kantonalen Chemiegebäudes, haltend 4032 m2, unentgeltlich zu Ei­gentum abtritt.
3.
Über die Frage der Pflicht zur Errichtung eines Sammlungsgebäudes für Gips­­abgüsse entscheidet ein Schiedsgericht, das aus drei Mitgliedern beste­hen soll, für welches der Bundesrat und der Regierungsrat des Kantons Zürich je ein Mitglied und der Präsident des Bundesgerichtes den Obmann zu bezeich­nen hat.

5 [AS 7 254]

6 Abs. 2 gegenstandslos infolge Fristablaufs.

III. Abschnitt: Gemeinsame naturwissenschaftliche Institute (Laboratorien)


Art. 8

1 Alle vorhandenen, im Besitze des Kantons Zürich oder der Stadt Zürich oder im gemeinsamen Besitz des Polytechnikums, des Kantons und der Stadt Zürich be­find­lichen Gegenstände, die zum Betrieb eines mineralogischen und eines geologi­schen Laboratoriums gehören, gehen unentgeltlich in den Besitz des Polytechni­kums über.

2 Die Eidgenossenschaft trägt die Kosten für den Bau, die Einrichtung, Verwaltung und Unterhaltung der Laboratorien.

Art. 9

1 Das «zoologisch-vergleichend anatomische Laboratorium beider Hochschulen» geht mit seinem gesamten Inventar unentgeltlich in das Eigentum des Kantons Zürich über.

2 Er trägt die Kosten der Raumbeschaffung, der Einrichtung, Unterhaltung und Ver­waltung desselben.

IV. Abschnitt: Benutzungsrecht der Sammlungen und Institute

Art. 10

Der zürcherischen Universität bleibt das Benützungsrecht der geologischen und mineralogischen Sammlungen und Institute des Polytechnikums so lange gewähr­lei­s­tet, als gemeinsame Hauptprofessoren in den Fächern der Geologie und Minera­lo­gie bestehen.

Art. 11

Das Recht des Polytechnikums, die dem Kanton Zürich gehörenden zoologischen Sammlungen und Institute zu benützen, bleibt im Sinne des Artikels 40 des Bun­des­gesetzes vom 7. Februar 18547 betreffend Errichtung einer eidgenössischen poly­technischen Schule gewahrt.

7 [BS 4 103; AS 1959 535, 1970 1089 Art. 17 Abs. 1 und 3; SR 172.010 Art. 70. SR 414.110 Art. 40 Ziff. 1].

V. Abschnitt: Botanischer Garten

Art. 12

1 Das gemäss dem Vertrage vom 14. Oktober 18598 zwischen der Regierung von Zürich und dem Schweizerischen Schulrate betreffend Benutzung der wissen­schaft­lichen Sammlungen und des botanischen Gartens in Zürich bestehende Ver­hältnis zwischen Kanton Zürich und Eidgenössischem Polytechnikum wird gelöst.

2 Die auf Grund dieses Vertrages im Eigentum des Polytechnikums stehende Samm­lung verbleibt dessen Eigentum und wird ihm mit dem zugehörigen Mobiliar aushingegeben. Ihre neue Unterbringung und Besorgung ist Sache der Schweizeri­schen Eidgenossenschaft.

3 Jedes besondere Benützungsrecht, wie es bis anhin für den Kanton mit Bezug auf die polytechnischen botanischen Sammlungen und für das Polytechnikum mit Be­zug auf die kantonalen botanischen Sammlungen und die Benützung der Räumlich­keiten im botanischen Garten bestanden hat, fällt dahin. Dagegen bleibt dem Poly­technikum das allgemeine Benützungsrecht im Sinne des Artikels 40 Ziffer 1 des Bundesgesetzes vom 7. Februar 18549 betreffend die Errichtung einer eidgenössi­schen polytechnischen Schule gewahrt.

4 Der bisherige Beitrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den botanischen Garten im Betrag von 4200 Franken fällt mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages weg.

8 [AS VI 519]

9 [BS 4 103]

VI. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 14

Über die abgetretenen Grundstücke und das mit dem Vorkaufsrecht des Bundes (Art. 5) belastete Spitalscheuerareal11 sind besondere Pläne angefertigt worden. Sie bilden einen Bestandteil dieses Vertrages.

11 Der Bund hat auf dieses Vorkaufsrecht verzichtet (Ziff. 1 Buchst. h des BB vom 9. Juni 1908 betreffend den Aussonderungsvertrag zwischen der Schweizerischen Eid­genossenschaft einerseits und dem Kanton Zürich und der Stadt Zürich anderseits – SR 414.110.11).

Art. 16

Durch diesen Vertrag werden die entgegenstehenden Bestimmungen früherer Ver­träge aufgehoben.

Die Unterzeichneten haben sich heute auf den vorstehenden Vertrag geeinigt und erklären, nach Kräften dahin wirken zu wollen, dass derselbe von den zuständigen Instanzen genehmigt werde.

Datum des Inkrafttretens: 9. Juni 190813

13 BB vom 9. Juni 1908 (SR 414.110.11)