961.011.1

Verordnung der FINMA
über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen

(Versicherungsaufsichtsverordnung FINMA, AVO-FINMA)

vom 26. Juni 2024 (Stand am 1. September 2024)

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA),

gestützt auf das Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 20041 (VAG)
und auf die Aufsichtsverordnung vom 9. November 20052 (AVO)
sowie in Ausführung des Abkommens vom 10. Oktober 19893 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung
und des Abkommens vom 19. Dezember 19964 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Direktversicherung sowie die Versicherungsvermittlung,

verordnet:

1. Kapitel: Solvabilität

1. Abschnitt: Schweizer Solvenztest (SST): Stichtag, Annahmen, SST-Bilanz, Währung und Bewertung

Art. 1 Stichtag

(Art. 22, 33 und 48 Abs. 1 AVO)

1 Der Stichtag für die jährliche Ermittlung des risikotragenden Kapitals und des Zielkapitals im Rahmen des Schweizer Solvenztests (SST-Ermittlung) nach Artikel 48 Absatz 1 AVO ist der 31. Dezember des Vorjahres.

2 Für die SST-Ermittlung dürfen nur zum Stichtag bekannte Daten und Informationen verwendet werden.

3 Die FINMA kann Ausnahmen von Absatz 2 gewähren, wenn sich die Risikosituation eines Versicherungsunternehmens zwischen Stichtag und SST-Berichterstattung in ausserordentlicher Weise geändert hat.

Art. 2 Annahmen für den SST

(Art. 22, 33, 40 und 41 AVO)

1 Für die Bewertung der Aktiven und Verbindlichkeiten zum Stichtag und für die Modellierung der 12 Monate (Einjahresperiode) ab Stichtag ist soweit möglich und sinnvoll die Annahme zugrunde zu legen, dass das Versicherungsunternehmen während dieser Einjahresperiode der eigenen Geschäftsplanung folgt.

2 Für die Bewertung der Aktiven und Verbindlichkeiten zum Ende der Einjahresperiode ab Stichtag sind folgende Annahmen zugrunde zu legen:

a.
Das Versicherungsunternehmen schreibt kein Neugeschäft.
b.
Das Versicherungsunternehmen folgt einem Plan, nach dem:
1.
die Versicherungsverpflichtungen, die nach Artikel 3 am Ende der Einjahresperiode ab Stichtag in der SST-Bilanz enthalten sind, unter einer fortgeführten Einhaltung des Schutzniveaus des SST regulär erfüllt werden; und
2.
der Wert der Verpflichtungen nach Ziffer 1 nicht unnötig hoch wird.
c.
Zu Beginn jeder weiteren Einjahresperiode ist das risikotragende Kapital gleich dem Zielkapital für diese Einjahresperiode.

3 Für den Plan nach Absatz 2 Buchstabe b gilt:

a.
Es dürfen nur Aktiven mit verlässlichem Marktwert gekauft und verkauft werden.
b.
Abweichend von Buchstabe a können am Ende der Einjahresperiode ab Stichtag auch Aktiven ohne verlässlichen Marktwert verkauft werden.
c.
Abweichend von Buchstabe a können die am Ende der Einjahresperiode ab Stichtag bestehende passive Rückversicherung und Retrozession in der folgenden Einjahresperiode einmalig zu realistischen Konditionen erneuert werden, wenn die sich aus der Unsicherheit betreffend die Verträge ergebenden Risiken im SST abgebildet werden.

4 Bei der Berücksichtigung der passiven Rückversicherung und Retrozession in der SST-Ermittlung (Art. 40 Abs. 2 AVO) gilt als sinngemässe Einhaltung von Artikel 40 Absatz 3 AVO die Erfüllung der Voraussetzungen nach dessen Buchstaben a–c und f; Artikel 40 Absatz 3 Buchstabe a AVO muss ab Vertragsabschluss erfüllt sein.

Art. 3 Umfang der SST-Bilanz

(Art. 32 Abs. 3 und 33 AVO)

1 Die SST-Bilanz muss alle Vermögenswerte und Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens zum Bilanzzeitpunkt enthalten, mit Ausnahme der künftigen noch nicht geschuldeten eigenen Unternehmenssteuern.

2 Bilanzpositionen dürfen in der SST-Bilanz nicht miteinander verrechnet werden, ausser wenn:

a.
die FINMA eine Verrechnung ausdrücklich vorschreibt; oder
b.
die Verrechnung die Transparenz in keiner Weise einschränkt und sich daraus keine Risiken ergeben können.

3 Die SST-Bilanz muss genau die Versicherungsverpflichtungen und -ansprüche des Versicherungsunternehmens enthalten, für die die folgenden beiden Voraussetzungen gelten:

a.
Das Versicherungsunternehmen ist zum Bilanzzeitpunkt an die Verpflichtungen gebunden.
b.
Die Ansprüche gehören zu Verpflichtungen, an die das Versicherungsunternehmen zum Bilanzzeitpunkt oder vorher gebunden ist.

4 Als Neugeschäft gelten die Versicherungsverpflichtungen und -ansprüche, für die die folgenden beiden Voraussetzungen gelten:

a.
Sie sind zum Bilanzzeitpunkt nicht in der SST-Bilanz enthalten.
b.
Sie werden zu einem späteren Zeitpunkt in der SST-Bilanz enthalten sein.

5 Als Vereinfachung kann die Bestimmung der Versicherungsverpflichtungen und ‑ansprüche in der SST-Bilanz nach Absatz 3 und des Neugeschäfts nach Absatz 4 auf die Versicherungsverpflichtungen und -ansprüche aus denjenigen Versicherungsverträgen eingeschränkt werden, deren Deckung vor oder zum Bilanzzeitpunkt beginnt, wenn diese Vereinfachung nach Artikel 42 AVO zulässig ist. Die Vereinfachung kann nur für die Absätze 3 und 4 zusammen angewendet werden.

6 Bei Verwendung der Vereinfachung nach Absatz 5 muss sichergestellt sein, dass im Voraus einbezahlte Prämien im SST nicht doppelt gezählt werden.

Art. 4 Währung

(Art. 22 und 33 AVO)

1 Die SST-Bilanz, das risikotragende Kapital und das Zielkapital müssen in einer einzigen Währung (SST-Währung) berechnet werden.

2 Die FINMA kann genehmigen, dass ein Versicherungsunternehmen als SST-Währung einen aus mehreren Währungen zusammengestellten Währungskorb verwendet, wenn dies die Risikosituation des Versicherungsunternehmens besser abbildet.

Art. 5 Bewertung von Versicherungsverpflichtungen und -ansprüchen und Ausweis in der SST‑Bilanz

(Art. 30 und 33 AVO)

1 Bei der Berechnung des bestmöglichen Schätzwerts der Versicherungsverpflichtungen und -ansprüche muss die künftige Inflation in den Zahlungsflüssen im Einklang mit Artikel 41 AVO berücksichtigt werden.

2 Der bestmögliche Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen muss ohne Berücksichtigung der in der SST-Bilanz enthaltenen passiven Rückversicherung und Retrozession ermittelt werden. Der bestmögliche Schätzwert für die passive Rückversicherung und Retrozession muss separat ausgewiesen werden.

3 Für die Schadenversicherung und die kollektive Krankentaggeldversicherung gilt für die Versicherungsverpflichtungen und -ansprüche:

a.
Der bestmögliche Schätzwert der Versicherungsansprüche einschliesslich Prämien muss separat vom bestmöglichen Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen ausgewiesen werden.
b.
Der bestmögliche Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen aus zum Bilanzzeitpunkt angefallenen Leistungsfällen muss separat vom bestmöglichen Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen aus noch nicht angefallenen Leistungsfällen ausgewiesen werden.
Art. 6 Bewertung von Beteiligungen an Versicherungsunternehmen

(Art. 26 Abs. 3 und 33 AVO)

Wird der Wert einer Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen mit einem Bewertungsmodell ermittelt, so entspricht er soweit möglich dem der Beteiligung entsprechenden Anteil an den SST-Nettoaktiven nach Artikel 32 Absatz 3 AVO dieses Versicherungsunternehmens mit folgenden Anpassungen:

a.
Bei der Bewertung der Versicherungsverpflichtungen des Versicherungsunternehmens sind alle Ansprüche der Versicherten zu berücksichtigen.
b.
Eigene Unternehmenssteuern des Versicherungsunternehmens sind zu berücksichtigen.
c.
Der Anteil des Beteiligungshalters an den vorgesehenen Dividenden und Kapitalrückzahlungen nach Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe a AVO ist zu berücksichtigen.
d.
Die beschränkte Haftung des Beteiligungshalters für das Versicherungsunternehmen ist zu berücksichtigen.

2. Abschnitt: Modelle

Art. 7 Regelmässige Überprüfung des SST-Modells und der SST‑Ermittlung

(Art. 14a, 46 Abs. 2 und 47 Abs. 3 AVO)

1 Die Versicherungsunternehmen müssen regelmässig risikobasiert überprüfen, ob:

a.
die SST-Ermittlung die eigene Risikosituation laufend genügend abbildet durch:
1.
das verwendete SST-Modell (Art. 9), und
2.
die Anwendung des SST-Modells in der SST-Ermittlung; und
b.
die weiteren quantitativen, qualitativen und organisatorischen Anforderungen für den SST erfüllt sind.

2 Sie müssen die Überprüfung zusammen mit den identifizierten Schwächen, Mängeln und Limitierungen, deren Schweregrad gemäss eigener Klassifikation und den Folgerungen daraus für den Geltungsbereich des Modells dokumentieren.

3 Sind die Anforderungen nach Absatz 1 nicht erfüllt, so müssen sie das Modell anpassen, ändern oder wechseln oder die Modell-Governance anpassen.

4 Sie müssen für die Überprüfung und deren Dokumentation sowie für die Anpassung, Änderung oder den Wechsel des Modells und die Anpassung der Modell-Governance dokumentierte Verfahren einschliesslich Prozesse und Methoden verwenden.

Art. 8 Umfang und Geltungsbereich eines Modells

(Art. 45 und 46 AVO)

1 Der Umfang eines Modells gibt an, welcher Teil des Risikoprofils des Versicherungsunternehmens durch das Modell abgebildet werden soll.

2 Der Geltungsbereich eines Modells gibt an, welche Risikosituationen, die im Umfang des Modells liegen, durch das Modell genügend abgebildet werden.

Art. 9 SST-Modelle

(Art. 45–47 AVO)

1 Das Modell, das ein Versicherungsunternehmen für die SST-Ermittlung verwendet (SST-Modell), ist eines der folgenden Modelle:

a.
ein Standardmodell der FINMA, allenfalls mit Anpassungen;
b.
ein vollständiges internes Model;
c.
eine Kombination von Standardmodellen, allenfalls mit Anpassungen, und partiellen internen Modellen.

2 Alle Änderungen an Standardmodellen gelten als Anpassungen an den Standardmodellen.

3 Die FINMA entscheidet im Einzelfall:

a.
ob eine Anpassung an einem Standardmodell genehmigungspflichtig ist; und
b.
ob ein internes Modell vorliegt.
Art. 10 Wesentliche Änderungen an internen Modellen

(Art. 45–47 AVO)

1 Änderungen an einem internen Modell sind wesentlich, wenn sie eines der folgenden Kriterien erfüllen:

a.
Sie führen zu einer relativen Änderung des SST-Quotienten von mindestens 5 Prozent; diese Schwelle gilt für jede einzelne und für die Kombination aller Änderungen, die:
1.
der FINMA nicht zur Genehmigung vorgelegt wurden; und
2.
seit dem Stichtag der letzten jährlichen SST-Berichterstattung vorgenommen wurden, bei der alle Änderungen ohne Beanstandung von der FINMA zur Kenntnis genommen oder im Fall von Beanstandungen mit der FINMA bereinigt wurden.
b.
Im Vergleich zum internen Modell, das zur Verwendung genehmigt wurde, enthalten sie konzeptuelle Änderungen oder neuartige Methoden oder berücksichtigen grundlegend neue Daten oder Geschäftsbereiche; dazu gehören nicht mehr verwendete Modellelemente sowie qualitative und organisatorische Änderungen im Zusammenhang mit dem internen Modell.

2 Die FINMA entscheidet, ob das Kriterium nach Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist.

Art. 11 Bedarfsnachweis für interne Modelle und für genehmigungspflichtige Anpassungen an Standardmodellen

(Art. 46 AVO)

1 Die Genehmigung der Verwendung eines internen Modells oder einer genehmigungspflichtigen Anpassung an einem Standardmodell setzt einen Bedarfsnachweis voraus.

2 Der Bedarfsnachweis muss Folgendes beinhalten:

a.
Nachweis, dass keines der Standardmodelle die Risikosituation des Versicherungsunternehmens genügend abbildet; und
b.
Angabe von Zweck und Umfang des zu beantragenden internen Modells oder der zu beantragenden Anpassung am Standardmodell sowie Abgrenzung vom Umfang der weiteren verwendeten Modelle.

3 Für interne Modelle darf das Genehmigungsgesuch erst eingereicht werden, wenn die FINMA den Bedarf anerkannt hat.

4 Für Anpassungen an einem Standardmodell kann der Bedarfsnachweis zusammen mit dem Genehmigungsgesuch eingereicht werden.

Art. 12 Genehmigungsgesuch

(Art. 46 AVO)

1 Das Genehmigungsgesuch für die Verwendung eines internen Modells, einer wesentlichen Änderung an einem internen Modell oder einer genehmigungspflichtigen Anpassung an einem Standardmodell muss einer sachkundigen Person ermöglichen, mit angemessenem Aufwand zu beurteilen, ob die quantitativen, qualitativen und organisatorischen Anforderungen erfüllt sind.

2 Es besteht aus:

a.
einem in einer Amtssprache abgefassten und von der Geschäftsleitung des Versicherungsunternehmens unterzeichneten Schreiben mit Beilagenverzeichnis;
b.
einer Dokumentation des internen Modells, der Änderung oder der Anpassung;
c.
einer Auswirkungsanalyse; und
d.
bei einem internen Modell oder einer Änderung: einem Validierungsbericht.

3 Die Dokumentation des internen Modells, der Änderung oder der Anpassung muss Folgendes enthalten:

a.
eine Beschreibung des Risikoprofils und der Risikotreiber;
b.
eine technische Dokumentation des internen Modells, der Änderung oder der Anpassung; und
c.
eine Dokumentation der Modell-Governance.

4 Die technische Dokumentation einer Änderung muss in die technische Dokumentation des betreffenden internen Modells integriert werden.

5 In der Auswirkungsanalyse sind die Ergebnisse zu vergleichen zwischen der SST-Ermittlung mit dem beantragten internen Modell, der beantragten Änderung oder der beantragten Anpassung einerseits und dem aktuell verwendeten SST-Modell oder einem von der FINMA bestimmten Standardmodell andererseits. Die Ermittlungen sind in der Mindestgranularität nach Artikel 24 Absatz 1 darzustellen. Die FINMA kann Versicherungsunternehmen auf begründetes Gesuch hin von der Auswirkungsanalyse entbinden.

Art. 13 Interne Modelle: Design

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

1 Das interne Modell muss die Positionen der SST-Bilanz und die sich daraus ergebenden Risiken, die im Umfang des internen Modells liegen, laufend abdecken.

2 Das Modell muss die Berechnung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Differenz aus den Buchstaben a und b von Artikel 35 Absatz 2 AVO (Einjahresänderung des risikotragenden Kapitals) erlauben, bei partiellen internen Modellen allenfalls zusammen mit den weiteren verwendeten Modellen.

3 Das Modell muss soweit möglich so ausgestaltet sein, dass tatsächliche und relevante hypothetische Änderungen der Risikosituation, die im Umfang des internen Modells liegt, innerhalb eines genügend grossen Geltungsbereichs realistische Auswirkungen auf die Ergebnisse des Modells haben.

4 Die Wahl der Methoden muss:

a.
auf aktuellen und glaubwürdigen Informationen beruhen; und
b.
fundierte versicherungs- und finanzmathematische Techniken sowie Fortschritte in Modellierungstechniken berücksichtigen.

5 Die verwendeten Daten und Informationen müssen so aktuell und objektiv beobachtbar wie möglich, glaubwürdig und vollständig sein.

6 Die Modellparameter müssen im Hinblick auf den Zweck des Modells ermittelt werden; die Ermittlung hat soweit möglich und angemessen durch Verwendung fundierter statistischer Schätzmethoden oder andernfalls durch Experteneinschätzungen zu erfolgen.

7 Die Experteneinschätzungen müssen folgende Anforderungen erfüllen:

a.
Sie sind aktuell.
b.
Sie werden von fachlich kompetenten Personen hergeleitet.
c.
Ihre Herleitung sowie die dazu verwendeten Daten und Informationen, zugrundeliegenden Annahmen und Verfahren, einschliesslich der Prozesse und Methoden, sind für sachkundige Personen nachvollziehbar begründet.
d.
Die Grössenordnungen der quantitativen Auswirkungen und die Unsicherheit der Experteneinschätzungen sind ausgewiesen.

8 Die Situationen, in denen die im Modell verwendeten Vereinfachungen nicht nach Artikel 42 AVO zulässig sind, können identifiziert werden.

Art. 14 Interne Modelle: Beschreibung des Risikoprofils und der Risikotreiber

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

1 Die Beschreibung des Risikoprofils und der Risikotreiber muss insbesondere Folgendes umfassen:

a.
das Risikoprofil des Versicherungsunternehmens sowie den Teil des Risikoprofils, der im Umfang des internen Modells liegt;
b.
die für den SST wichtigsten Risikotreiber des Teils des Risikoprofils, der im Umfang des Modells liegt; und
c.
mögliche künftige Änderungen der Risikosituation sowie des Teils der Risikosituation, der im Umfang des Modells liegt, vor dem Hintergrund von Geschäftsmodell und Geschäftsplanung.

2 Die Beschreibung muss qualitative und quantitative Elemente enthalten, die eine Einschätzung des Risikoprofils unabhängig von den SST-Ergebnissen ermöglichen.

Art. 15 Interne Modelle: technische Dokumentation

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

1 Die technische Dokumentation muss klar, im Einklang mit der Struktur des internen Modells strukturiert, aktuell, verständlich, eindeutig, vollständig und widerspruchsfrei sein. Einzelne Dokumente müssen inhaltlich klar abgegrenzt sein.

2 Sie muss folgende Aspekte des Modells beschreiben und begründen:

a.
Zweck;
b.
Umfang;
c.
Geltungsbereich;
d.
Funktionsweise des Modells;
e.
Schwächen, Mängel und Limitierungen des Modells, deren Schweregrad gemäss eigener Klassifikation und Folgerungen daraus für den Geltungsbereich;
f.
Wahl des Modells, einschliesslich der dazu verwendeten Kriterien;
g.
Theorie und mathematische Basis des Modells;
h.
die Annahmen, die dem Modell zugrunde liegen, einschliesslich aufgrund von Vereinfachungen; und
i.
Erfüllung der weiteren quantitativen Anforderungen, einschliesslich der in Artikel 13 genannten Anforderungen.

3 Sie muss insbesondere die Beschreibung und Begründung folgender Elemente der Funktionsweise des Modells enthalten:

a.
Integration des internen Modells in die Berechnung des risikotragenden Kapitals oder der Einjahresänderung des risikotragenden Kapitals nach Artikel 13 Absatz 2;
b.
Aufbau, Struktur, Komponenten, Methoden, Modellparameter und Modellergebnisse;
c.
verwendete Daten und Informationen mit Eigenschaften, Quellen und Verwendung;
d.
Daten und Informationen, Experteneinschätzungen und Verfahren, einschliesslich Prozesse und Methoden, für die Ermittlung der Modellparameter und für die Neuermittlung der im Modelldesign festgelegten Modellparameter;
e.
konkrete Ermittlung der im Modelldesign festgelegten Modellparameter;
f.
Experteneinschätzungen, die in jeder SST-Ermittlung getroffen werden können, und die für ihre Herleitung verwendeten Daten und Informationen, zugrundeliegenden Annahmen und Verfahren, einschliesslich der Prozesse und Methoden.

4 Sie muss ein Verzeichnis mindestens derjenigen Änderungen am Modell enthalten, die seit der letzten bei der FINMA für eine Modellprüfung eingereichten technischen Dokumentation vorgenommen wurden. Jede Änderung muss eindeutig bezeichnet sein und ist kurz zu erläutern.

Art. 16 Interne Modelle: Dokumentation der Modell-Governance

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

Die Dokumentation der Modell-Governance des internen Modells muss insbesondere Folgendes beschreiben und begründen:

a.
die Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Verfahren, einschliesslich der Prozesse und Methoden, für die Entwicklung, Weiterentwicklung, Implementierung, Verwendung, insbesondere die SST-Ermittlung einschliesslich der Ermittlung der Modellparameter, und für die Validierung des internen Modells;
b.
die Verfahren zur regelmässigen Überprüfung des SST-Modells nach Artikel 7;
c.
den Validierungsprozess nach Artikel 17;
d.
die Verfahren, einschliesslich der Prozesse und Methoden, zur Erfüllung der weiteren qualitativen und organisatorischen Anforderungen; und
e.
die Änderungen an der Modell-Governance, mindestens seit der letzten der FINMA für eine Modellprüfung eingereichten Dokumentation der Modell-Governance.
Art. 17 Interne Modelle: Validierungsprozess und Validierungsrichtlinie

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

1 Versicherungsunternehmen, die ein internes Modell verwenden, müssen über einen Prozess und Methoden zur Validierung des Modells verfügen.

2 Der Validierungsprozess muss zusammen mit aus der Validierung folgenden Massnahmen sicherstellen, dass die Anforderungen nach Artikel 7 für das Modell erfüllt sind. Zu diesem Zweck muss im Validierungsprozess eine effektive und fachlich kompetente kritische Analyse des Modells und der Modell-Governance erfolgen.

3 Der Validierungsprozess muss in einer Validierungsrichtlinie dokumentiert sein.

4 Die Validierungsrichtlinie muss insbesondere folgende Aspekte der Validierung beschreiben und erläutern:

a.
die Übersicht über den gesamten Validierungsprozess, insbesondere über:
1.
die einzelnen Schritte und die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten,
2.
die Frequenz der regelmässigen Validierungen,
3.
den Prozess für ausserordentliche Validierungen, einschliesslich der Auslöser, und
4.
das Verfahren zur Sicherstellung, dass der Validierungsprozess das interne Modell und das Risikoprofil, das im Umfang des Modells liegt, vollständig abdeckt;
b.
den Prozess und die Methoden, mit denen der Zweck und der Umfang einer einzelnen Validierung festgelegt werden (Validierungskonzept), einschliesslich:
1.
der Festlegung der zu validierenden Aussagen und der dafür durchzuführenden Analysen, einschliesslich der Prozesse, Validierungsinstrumente, Daten und Informationen und Experteneinschätzungen,
2.
der Festlegung der Kriterien, mit denen aus den Analyseergebnissen Validierungsbefunde und daraus Schwächen, Mängel und Limitierungen des Modells und deren Schweregrad gemäss eigener Klassifikation hergeleitet werden,
3.
der Festlegung, wie aus dem Schweregrad von Schwächen, Mängeln und Limitierungen des Modells Massnahmen hergeleitet werden,
4.
der Beschreibung, wie die Schwächen, Mängel und Limitierungen der Validierung identifiziert, beurteilt und festgehalten werden, und
5.
der Beschreibung, wie eine Gesamtaussage in Bezug auf den Zweck und den Umfang der Validierung hergeleitet wird;
c.
die Vorgaben an:
1.
die Dokumentation einer Validierung, und
2.
die Aktualisierung der Liste der bisher identifizierten Schwächen, Mängel und Limitierungen, der zugehörigen Massnahmen mit Fristen und dem Status der Umsetzung der Massnahmen; und
d.
die zur Verfügung stehenden Validierungsinstrumente, einschliesslich des Vergleichs mit Erfahrungsdaten, der Szenarioanalyse, der Änderungsanalyse im Sinn von Artikel 13 Absatz 3 und der Beurteilung der Konsistenz der zugrundeliegenden Annahmen, sowie die Validierungsbefunde, die sich aus dem jeweiligen Validierungsinstrument ableiten lassen.
Art. 18 Interne Modelle: Validierung und Validierungsbericht für die Genehmigung eines Modells

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

1 Der Validierungsbericht für die Genehmigung der Verwendung eines internen Modells muss eine aktuelle Validierung dieses Modells dokumentieren. Die Validierung muss eine effektive und fachlich kompetente kritische Analyse des Modells und der Modell-Governance sowie der Wahl des Modells gegenüber Alternativen darstellen.

2 Die Validierung muss von Personen durchgeführt werden, die:

a.
fachlich kompetent sind, um das Modell kritisch zu analysieren; und
b.
unabhängig sind hinsichtlich der Möglichkeit und der Motivation, das Modell kritisch zu analysieren und insbesondere Schwächen, Mängel und Limitierungen zu identifizieren.

3 Das Versicherungsunternehmen ist für die Angemessenheit der Validierung und deren korrekte Beschreibung im Validierungsbericht verantwortlich.

4 Der Validierungsbericht muss das validierte Modell eindeutig bezeichnen und insbesondere Folgendes beschreiben und begründen:

a.
Zweck und Umfang des Modells;
b.
Gesamtaussage, inwieweit das Modell die Anforderungen nach Artikel 7 Absatz 1 erfüllt;
c.
Personen, die die Validierung durchgeführt haben, und Angabe, ob sie die Anforderungen nach Absatz 2 erfüllen;
d.
angewendetes Validierungskonzept nach Artikel 17 Absatz 4 Buchstabe b, wobei bei den Kriterien insbesondere auf den Vergleich mit alternativen Modellen eingegangen werden muss; und
e.
Durchführung der Validierung, insbesondere die einzelnen durchgeführten Analysen, die Ergebnisse und die daraus hergeleiteten Validierungsbefunde, identifizierte Schwächen, Mängel und Limitierungen des Modells und der durchgeführten Validierung, insbesondere in Bezug auf die Anforderungen nach Absatz 1, und die konkrete Herleitung der Gesamtaussage nach Buchstabe b.
Art. 19 Interne Modelle: Naturkatastrophenrisiken

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

Bei internen Modellen für Naturkatastrophenrisiken berücksichtigt die FINMA bei der Beurteilung von Bedarfsnachweis und Genehmigungsgesuch die Bedeutung und Komplexität des Risikoprofils, das im Umfang des Modells liegt, und die Verwendung wissenschaftlich fundierter Verfahren.

Art. 21 Anforderungen für genehmigungspflichtige Anpassungen an Standardmodellen

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

Für genehmigungspflichtige Anpassungen an Standardmodellen gelten die Artikel 13–16 sowie Artikel 17 Absätze 1 und 2 sinngemäss. Bei der Beurteilung eines Genehmigungsgesuchs berücksichtigt die FINMA die quantitativen Auswirkungen und die Komplexität der Anpassungen im Vergleich zu internen Modellen.

3. Abschnitt: Berichterstattung

Art. 22 Jährliche SST-Berichterstattung

(Art. 50 AVO)

1 Für die SST-Berichterstattung nach Artikel 50 Absatz 1 AVO zur jährlichen SST-Ermittlung gilt:

a.
Der Termin für die Einreichung ist der 30. April, ausser die FINMA legt aus wichtigen Gründen einen anderen Termin fest.
b.
Die Einreichung nach dem Termin nach Buchstabe a erfordert die vorgängige Genehmigung der FINMA.

2 Versicherungsgruppen können der FINMA eine gemeinsame SST-Berichterstattung für den Gruppen-SST und für die SST-Ermittlungen der SST-pflichtigen Gruppengesellschaften (Solo-SST) einreichen. In diesem Fall muss die Geschäftsleitung jeder SST-pflichtigen Gesellschaft die jeweils für sie relevanten Abschnitte unterzeichnen.

Art. 23 Meldung einer erheblichen Reduktion des SST‑Quotienten

(Art. 48 Abs. 3 und Art. 50 AVO)

Eine erhebliche Reduktion des SST-Quotienten im Sinn von Artikel 48 Absatz 3 AVO liegt vor:

a.
bei einer relativen Reduktion des SST-Quotienten seit der letzten jährlichen SST-Ermittlung oder der letzten SST-Schätzung nach einem meldepflichtigen Ereignis:
1.
von zuvor über 190 Prozent um mindestens 33 Prozent,
2.
von zuvor 190 Prozent oder weniger um mindestens 20 Prozent; oder
b.
beim Unterschreiten einer Interventionsschwelle.
Art. 24 Inhalt der SST-Berichterstattung

(Art. 50 Abs. 5 AVO)

1 Die FINMA stellt Vorlagen für die SST-Berichterstattung zur Verfügung. Sie gibt dabei insbesondere eine Mindestgranularität der Daten und Ergebnisse der SST-Ermittlung vor.

2 Die Versicherungsunternehmen müssen im Rahmen der SST-Berichterstattung:

a.
das aktuelle SST-Modell bezeichnen, mit Verweis auf die relevanten Dokumente, und dessen Verwendung in der SST-Ermittlung bestätigen;
b.
die Einhaltung der quantitativen, qualitativen und organisatorischen Anforderungen bestätigen, insbesondere der Anforderungen nach Artikel 7;
c.
bei Durchführung der vollständigen oder teilweisen SST-Ermittlung durch Dritte: die Überprüfung dieser Ermittlung anlässlich der Erstellung der jährlichen SST-Berichterstattung und die Dokumentation dieser Überprüfung nachweisen; und
d.
eine Liste aller eingereichten Dokumente vorlegen.

3 Sie müssen im Rahmen der SST-Berichterstattung insbesondere folgende Elemente beschreiben und erläutern:

a.
Zusammenfassung der Risikosituation, der SST-Ermittlung und der SST-Ergebnisse;
b.
SST-Ergebnisse einschliesslich des risikotragenden Kapitals, des Zielkapitals, des SST-Quotienten sowie der SST-Bilanz zum Stichtag mit:
1.
den Bilanzpositionen und deren Werten, den in den Positionen enthaltenen Vermögenswerten und Verpflichtungen sowie der Abbildung der Positionen im SST, und
2.
wenn die SST-Bilanz selbst nicht geprüft ist: Überleitung von der geprüften Bilanz zur SST-Bilanz, einschliesslich einer Aufstellung der Ausserbilanzpositionen in der geprüften Bilanz;
c.
gemäss eigener Geschäftsplanung vorgesehene wesentliche Entwicklungen in der Einjahresperiode ab Stichtag, Auswirkung dieser Entwicklungen auf die SST-Bilanz und Abbildung im SST;
d.
Ermittlung der Werte der SST-Bilanzpositionen einschliesslich des Mindestbetrags und Ermittlung des risikotragenden Kapitals, des Zielkapitals und der vorgegebenen und eigenen Szenarien, wo möglich durch präzise Verweise auf Dokumente;
e.
in der SST-Ermittlung verwendete Daten und Informationen, getroffene Experteneinschätzungen und ermittelte Parameter sowie Nachweis, dass die Experteneinschätzungen die Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 7 erfüllen;
f.
Risikokonzentrationen sowie eigene Szenarien, deren Wahl und deren zugrundeliegende Annahmen bezogen auf die eigene Risikosituation zum Stichtag;
g.
Kapital- und Risikotransferinstrumente, einschliesslich passiver Rückversicherung und Retrozession, und deren Berücksichtigung im SST sowie risikoabsorbierende Kapitalinstrumente mit Angabe, ob sie an das risikotragende Kapital angerechnet oder im Zielkapital berücksichtigt werden oder im SST nicht berücksichtigt werden, und Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nach den Artikeln 34 und 35 Absatz 3 AVO; und
h.
in der SST-Ermittlung nicht berücksichtigte relevante Vermögenswerte und Verpflichtungen, Bilanzpositionen und relevante Risiken sowie Nachweis, dass die Nichtberücksichtigung eine zulässige Vereinfachung nach Artikel 42 AVO darstellt.

4 Die Informationen nach Absatz 3 sind, soweit möglich, zu ergänzen durch einen kommentierten Vergleich mit den entsprechenden Informationen der letzten jährlichen SST-Berichterstattung, der insbesondere eine Überleitung von der letzten zur aktuellen SST-Bilanz ermöglicht und die Treiber der Änderungen erläutert.

5 Die Versicherungsunternehmen müssen in der SST-Berichterstattung:

a.
alle Anpassungen an Standardmodellen und Änderungen an internen Modellen auflisten, beschreiben und erläutern, die:
1.
der FINMA nicht zur Genehmigung vorgelegt wurden, und
2.
seit dem Stichtag der letzten jährlichen SST-Berichterstattung vorgenommen wurden, bei der alle Anpassungen und Änderungen ohne Beanstandung von der FINMA zur Kenntnis genommen oder im Fall von Beanstandungen mit der FINMA bereinigt wurden; und
b.
die quantitativen Auswirkungen der Anpassungen und Änderungen nach Buchstabe a auf die aktuellen SST-Ergebnisse gegenüber dem Modell ohne diese Anpassungen und Änderungen darstellen, einschliesslich der wichtigsten Treiber der Auswirkungen.

4. Abschnitt: Fachliche Anforderungen sowie Berücksichtigung der SST-Ergebnisse und -Erkenntnisse

Art. 25 Fachliche Anforderungen an Geschäftsleitung und Verwaltungsrat

(Art. 14 und 46 Abs. 2 AVO)

Geschäftsleitung und Verwaltungsrat müssen über ein hinreichendes Verständnis verfügen in Bezug auf:

a.
die SST-Ergebnisse und die wesentlichen Risiken und Risikotreiber des Versicherungsunternehmens in Bezug auf den SST;
b.
Zweck, Geltungsbereich, Grundzüge, Schwächen, Mängel und Limitierungen des SST-Modells insbesondere in Bezug auf die Risikosituation des Versicherungsunternehmens; und
c.
bei Verwendung interner Modelle oder genehmigungspflichtiger Anpassungen an Standardmodellen: die Gründe für die gewählte Ausgestaltung.
Art. 26 Fachliche Anforderungen bei Verwendung interner Modelle oder genehmigungspflichtiger Anpassungen an Standardmodellen

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

Die Personen, die für die Entwicklung, Validierung oder Anwendung interner Modelle oder genehmigungspflichtiger Anpassungen an Standardmodellen im Versicherungsunternehmen verantwortlich oder zuständig sind, müssen ein gründliches Verständnis des entsprechenden Modells haben, insbesondere:

a.
der zugrundeliegenden Theorie und der zugrundeliegenden Annahmen;
b.
der Schwächen, Mängel und Limitierungen und des Geltungsbereichs.
Art. 27 Berücksichtigung der SST-Ergebnisse und -Erkenntnisse bei Verwendung eines internen Modells

(Art. 46 Abs. 2 AVO)

Bei Verwendung eines internen Modells müssen die Versicherungsunternehmen die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Modell sowie dessen Limitierungen in folgenden Bereichen berücksichtigen:

a.
in den Entscheidungsprozessen von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat; und
b.
im Risikomanagement einschliesslich der Selbstbeurteilung der Risikosituation und des Kapitalbedarfs nach Artikel 96a AVO.

2. Kapitel: Versicherungstechnische Rückstellungen

1. Abschnitt: Lebensversicherung: Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen

Art. 28 Grundsätze für die Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen

(Art. 16 VAG, Art. 54 AVO)

1 Für die Lebensversicherung sind die Annahmen und Methoden zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen so festzulegen, dass mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist, dass die Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen dauernd erfüllt werden können.

2 Die versicherungstechnischen Rückstellungen müssen mindestens so bemessen sein, dass die eintretenden Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen mit einem geeigneten Anlageportfolio in der Höhe der versicherungstechnischen Rückstellungen mit ausreichender Sicherheit gedeckt werden können.

Art. 29 Vorsichtigkeit der Annahmen und Methoden

(Art. 16 VAG, Art. 54 AVO)

1 Die Annahmen und Methoden zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen müssen nach vorsichtigen Prinzipien festgelegt werden und Sicherheitsmargen vorsehen. Die Unsicherheiten bei den Methoden müssen in angemessener Weise berücksichtigt werden.

2 Die Annahmen umfassen insbesondere die biometrischen Grundlagen, die relevanten Kapitalmarktparameter, die technischen Zinsen, das Stornoverhalten, das Verhalten zur Ausübung von Optionen und Garantien, den Ausgleich von Schwankungen, die Überschüsse bei überschussberechtigten Verträgen, die zukünftig erwarteten Kosten für Verwaltung und Betreuung und die relevanten Managementregeln.

3 Bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen muss die Möglichkeit einer sich auf das Versicherungsunternehmen sehr ungünstig auswirkenden Verhaltensänderung der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer oder der Versicherten angemessen berücksichtigt werden, insbesondere wenn deren Verhalten den Wert der Verpflichtungen stark beeinflusst.

4 Für die versicherungstechnischen Rückstellungen bei Vertragsbeginn muss eine besonders ungünstige mögliche Entwicklung berücksichtigt werden.

Art. 30 Angemessenheit der Annahmen und Methoden

(Art. 54 AVO)

1 Die Methoden zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen müssen der Komplexität der Verpflichtungen Rechnung tragen.

2 Die Angemessenheit der Annahmen und Methoden zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen muss pro zugrundeliegendem Versicherungsprodukt beurteilt und sichergestellt werden.

Art. 31 Verwendete Daten

(Art. 54 AVO)

1 Die Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen muss auf Versicherungsbeständen basieren, die zum Bilanzstichtag aktuell sind oder von zum Bilanzstichtag aktuellen Beständen nur unwesentlich abweichen.

2 Die zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen benützten Daten müssen für den jeweiligen Bilanzstichtag angemessen sein.

Art. 32 Bestimmungsgrundlage

(Art. 54 AVO)

1 Basis für die Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen sind Projektionen der Zahlungsflüsse der entsprechenden Versicherungsverträge.

2 Die Projektionen müssen sämtlichen Eigenschaften des zugrundeliegenden Versicherungsproduktes in angemessener Weise Rechnung tragen, insbesondere möglichen Wahlrechten der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer.

Art. 33 Versicherungstechnische Rückstellungen bei anteilgebundenen Lebensversicherungen

(Art. 54 AVO)

1 Bei anteilgebundenen Lebensversicherungen bestimmen sich die versicherungstechnischen Rückstellungen für Verträge oder Teile von Verträgen, deren Leistungen genau dem Wert eines vertraglich festgelegten und vom Versicherungsunternehmen gehaltenen Bestandes an Aktiven entsprechen, nach dem Wert dieser Aktiven in der aufsichtsrechtlichen Jahresrechnung.

2 Für weitere Verpflichtungen müssen gesonderte versicherungstechnische Rückstellungen gebildet werden.

Art. 34 Optionen und Garantien

(Art. 54 AVO)

Bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen müssen alle nicht unerheblichen Optionen und Garantien berücksichtigt werden.

Art. 36 Nicht getilgte Abschlusskosten und Zillmerung

(Art. 54 und 65 Abs. 1 AVO)

1 Bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen darf kein Abzug für die noch nicht getilgten Abschlusskosten vorgenommen werden.

2 Abweichend von Absatz 1 gelten für die versicherungstechnischen Rückstellungen, für welche die Zillmerung nach Artikel 65 Absatz 1 AVO zulässig ist, die örtlichen Regeln zur Zillmerung.

Art. 37 Abwicklung nach Einstellung des Neugeschäfts

(Art. 54 AVO)

1 Bei der Abwicklung eines Versicherungsunternehmens oder eines grossen Teilbestandes nach Einstellung des Neugeschäfts (Run-Off) ist bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen insbesondere den allfällig wachsenden Kostenfaktoren und der abnehmenden Risikodiversifikation Rechnung zu tragen.

2 Die FINMA kann im Einzelfall den Rahmen für den Rückstellungsbedarf festlegen.

Art. 38 Unfall- und Krankenversicherung

(Art. 54 AVO)

Betreibt ein Versicherungsunternehmen neben der Lebensversicherung auch die Kranken- und Unfallversicherung, so werden die versicherungstechnischen Rückstellungen für diese beiden Zweige nach den Artikeln 42–54 bestimmt.

2. Abschnitt: Lebensversicherung: Prüfung der versicherungstechnischen Rückstellungen

Art. 39 Grundsatz

(Art. 16 VAG, Art. 54 AVO)

1 Das Versicherungsunternehmen muss mindestens einmal pro Jahr prüfen, ob die versicherungstechnischen Rückstellungen ausreichend sind. Eine Prüfung muss zum Bilanzstichtag erfolgen.

2 Der Prüfung müssen aktuelle und vorsichtige Annahmen und Methoden zugrunde gelegt werden.

3 Für Produkte mit einem komplexen Bewirtschaftungskonzept muss das Versicherungsunternehmen zusätzlich prüfen, ob das Bewirtschaftungskonzept tatsächlich kontinuierlich angewendet wird und so funktioniert, wie bei der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen angenommen.

Art. 40 Aufteilung in Teilbestände

(Art. 16 und 30a VAG, Art. 54 AVO)

1 Bei der Prüfung der versicherungstechnischen Rückstellungen ist der Bestand zumindest in die Teilbestände nach Anhang 1 aufzuteilen.

2 Die versicherungstechnischen Rückstellungen müssen pro Teilbestand ausreichend sein.

3 Ein Bestand von nicht unerheblicher Grösse innerhalb dieser Teilbestände muss als separater Teilbestand behandelt werden, wenn seine versicherungstechnischen Rückstellungen über eine längere Zeit wesentlich unter den ausreichenden versicherungstechnischen Rückstellungen liegen.

4 Nimmt das Versicherungsunternehmen für Versicherungsverträge mit professionellen Versicherungsnehmern die Erleichterungen nach Artikel 30a VAG in Anspruch, so dürfen in den Teilbeständen, die diese Versicherungsverträge enthalten, keine Versicherungsverträge sein, für die solche Erleichterungen nicht in Anspruch genommen werden.

5 Für die konzerninterne Direktversicherung, für die Artikel 30d Absatz 1 VAG zur Anwendung kommt, müssen separate Teilbestände gebildet werden.

Art. 41 Auflösung versicherungstechnischer Rückstellungen nach Artikel 55 Buchstabe b AVO

(Art. 54 Abs. 4 und 55 Bst. b AVO)

1 Die Regeln zur Auflösung der versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 55 Buchstabe b AVO müssen einen schwankungsarmen Verlauf der versicherungstechnischen Rückstellungen begünstigen.

2 Die Auflösung von versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 55 Buchstabe b AVO muss der FINMA vorgängig mitgeteilt werden, falls die Höhe der Auflösung wesentlich ist.

3. Abschnitt: Schadenversicherung

Art. 42 Allgemeines

(Art. 54 AVO)

1 Für die Schadenversicherung sind die versicherungstechnischen Rückstellungen sowohl brutto ohne Berücksichtigung der Forderungen aus der passiven Rückversicherung als auch netto mit Berücksichtigung der Forderungen aus der passiven Rückversicherung zu bestimmen.

2 Die versicherungstechnischen Rückstellungen sind nach aktuariell anerkannten Prinzipien zu bestimmen.

Art. 43 Gesonderte Versicherungsbestände

(Art. 54 AVO)

Die versicherungstechnischen Rückstellungen müssen gesondert gebildet und bewirtschaftet werden für die Versicherungsbestände betreffend:

a.
die Versicherung professioneller Versicherungsnehmer, für die das Versicherungsunternehmen die Erleichterungen nach Artikel 30a VAG in Anspruch nimmt;
b.
die konzerninterne Direktversicherung, für die Artikel 30d Absatz 1 VAG zur Anwendung kommt;
c.
die aktive Rückversicherung.
Art. 44 Prämienüberträge

(Art. 54 und 69 Abs. 1 Bst. a AVO)

1 Die Prämienüberträge per Stichtag umfassen den Prämienanteil, welcher der Zeitperiode nach dem Stichtag zuzurechnen ist.

2 Sie dürfen nicht mit Abschlusskosten verrechnet werden, die noch nicht amortisiert sind.

Art. 45 Schadenrückstellungen

(Art. 54 und 69 Abs. 1 Bst. b AVO)

1 Die Schadenrückstellungen per Stichtag sind eine Schätzung der nach dem Stichtag anfallenden Schadenleistungen und Schadenbearbeitungskosten für alle vor dem Stichtag eingetretenen Schadenfälle. Dazu gehören:

a.
die per Stichtag pendenten Schadenfälle;
b.
die per Stichtag noch nicht gemeldeten Schadenfälle;
c.
die Wiedereröffnungen der per Stichtag bereits erledigten Schadenfälle.

2 Zu berücksichtigen sind dabei:

a.
die Schadenbearbeitungskosten, die den einzelnen Schadenfällen direkt zuweisbar sind; und
b.
die Schadenbearbeitungskosten, die nicht den einzelnen Schadenfällen direkt zuweisbar sind.

3 Die internen Regeln für die Erfassung, Änderung und Auflösung der Rückstellungen für einzelne Schadenfälle (Case Reserves) im Rahmen der Schadenabwicklung müssen für die Bestimmung der Schadenrückstellungen zweckmässig sein.

4 Für die Bestimmung der Schadenrückstellungen dürfen die Schadenleistungen und Schadenbearbeitungskosten nicht diskontiert werden.

5 Die Schadenrückstellungen dürfen weder vorsichtig noch unvorsichtig sein (Best Estimate). Insbesondere dürfen sie keine bewussten Verstärkungen enthalten.

Art. 46 Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen allgemein

(Art. 54 und 69 AVO)

1 Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen müssen für alle Versicherungsbestände gebildet werden, ausgenommen die gesonderten Versicherungsbestände nach Artikel 43.

2 Die Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen müssen so bemessen sein, dass sie folgenden Unsicherheiten ausreichend Rechnung tragen:

a.
den Unsicherheiten bei den Annahmen und Methoden zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen;
b.
den Unsicherheiten infolge der im Schadengeschehen inhärenten Zufallsschwankungen.

3 Die Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen dürfen nur zur Deckung von versicherungstechnischen Risiken gebildet und bewirtschaftet werden.

4 Werden Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen für die gesonderten Versicherungsbestände nach Artikel 43 gebildet, so sind die Absätze 2 und 3 des vorliegenden Artikels anwendbar.

Art. 49 Versicherungstechnische Rückstellungen für Renten nach dem UVG

(Art. 54 und 69 Abs. 1 Bst. f AVO)

1 Die versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten nach dem Bundesgesetz vom 20. März 19815 über die Unfallversicherung (UVG) sind nach den Rechnungsgrundlagen nach Artikel 108 der Verordnung vom 20. Dezember 19826 über die Unfallversicherung zu bestimmen.

2 Die Rückstellungen nach Artikel 90 Absatz 3 UVG zur Finanzierung des Rentendeckungskapitals, das infolge einer Änderung der vom Bundesrat genehmigten Rechnungsgrundlagen zusätzlich erforderlich ist, gehören zu den versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten.

3 Die Rückstellungen für Teuerungszulagen nach Artikel 90a Absatz 2 UVG entsprechen den Verpflichtungen gegenüber dem Fonds zur Sicherung künftiger Renten. Diese Rückstellungen gehören ebenfalls zu den versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten.

Art. 50 Versicherungstechnische Rückstellungen für andere Renten als solche nach dem UVG

(Art. 54 und 69 Abs. 1 Bst. f AVO)

Die versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten, die nicht unter Artikel 49 Absatz 1 fallen, müssen nach den folgenden Prinzipien bestimmt werden:

a.
Sie umfassen per Stichtag die nach dem Stichtag in Form einer Rente anfallenden Zahlungen für alle Schadenfälle, bei denen ein Rentenanspruch vor dem Stichtag besteht.
b.
Die Zahlungen enthalten die Teuerungszulagen für diejenigen Renten, die der Teuerung anzupassen sind.
c.
Die versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten dürfen nicht tiefer sein als diejenigen, die sich bei Diskontierung der Zahlungen mit der risikolosen Zinskurve ergeben; vorbehalten bleiben Abweichungen aus besonderen Gründen.

4. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für die Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung

Art. 52 Aufteilung der versicherungstechnischen Rückstellungen pro Versicherungsprodukt

(Art. 54 AVO)

1 Die versicherungstechnischen Rückstellungen, die die Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung betreffen, müssen pro Versicherungsprodukt gebildet und bewirtschaftet werden.

2 Zusätzlich zu den produktspezifischen Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen können Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen für den gesamten Versichertenbestand der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung gebildet werden, sofern diese Rückstellungen nicht oder nur in einem geringen Rahmen von den Versicherten finanziert werden.

Art. 53 Alterungsrückstellungen

(Art. 54 und 69 Abs. 1 Bst. d AVO)

1 Findet in einem Versicherungsprodukt eine zeitliche Umverteilung statt, so muss eine Alterungsrückstellung gebildet werden, welche die Umverteilung unter Berücksichtigung der künftigen Zahlungsflüsse langfristig sicherstellt.

2 Den Unsicherheiten bei den Annahmen und Methoden sowie beim Schadengeschehen muss durch angemessene Sicherheitsmargen Rechnung getragen werden, sofern diese Unsicherheiten nicht bereits durch die Bildung von Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen ausreichend berücksichtigt werden.

Art. 54 Auflösung und Verwendung von nicht mehr benötigten versicherungstechnischen Rückstellungen

(Art. 154a AVO)

1 Nicht mehr benötigte versicherungstechnische Rückstellungen dürfen nur zugunsten des Versicherungsunternehmens aufgelöst werden, wenn dieses sie nachweislich finanziert hat. Andernfalls müssen sie zugunsten der Versicherten aufgelöst werden.

2 Bei der Auflösung zugunsten der Versicherten sind die versicherungstechnischen Rückstellungen zugunsten derjenigen Versicherten zu verwenden, die diese Rückstellungen finanziert haben. Ist eine solche Verteilung nicht möglich, so müssen sie nach sachlogischen Kriterien zugunsten eines Teilbestandes oder des gesamten Versichertenbestandes in der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung verwendet werden.

3 Die Auflösung und Verwendung von nicht mehr benötigten versicherungstechnischen Rückstellungen muss von der FINMA bewilligt werden, sofern sie nicht bereits im Geschäftsplan geregelt ist.

5. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für die aktive Rückversicherung

Art. 56 Proportionales und nicht proportionales Geschäft

(Art. 54 AVO)

1 Im proportionalen Rückversicherungsgeschäft müssen die vom Zedenten übernommenen versicherungstechnischen Rückstellungen sorgfältig überprüft werden.

2 Im nicht proportionalen Rückversicherungsgeschäft müssen die versicherungstechnischen Rückstellungen durch den Rückversicherer berechnet werden.

6. Abschnitt: Dokumentation der Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen

(Art. 54 Abs. 3 und 4 AVO)

Art. 57

1 Die Dokumentation nach Artikel 54 Absatz 3 AVO muss mindestens einmal jährlich erstellt werden. Sie muss insbesondere Folgendes enthalten:

a.
eine Beurteilung, ob die versicherungstechnischen Rückstellungen ausreichend sind;
b.
eine Beurteilung, ob die Vorgaben des Geschäftsplans zu den versicherungstechnischen Rückstellungen eingehalten sind;
c.
die Angabe der wichtigsten Annahmen und Methoden, die zur Bestimmung der versicherungstechnischen Rückstellungen verwendet werden; dabei sind relevante Änderungen der Annahmen und Methoden gegenüber dem Vorjahr und ihre Auswirkungen darzulegen;
d.
eine Beurteilung der nach Buchstabe c beschriebenen Annahmen und Methoden sowie der zugrundeliegenden Daten in Bezug auf ihre Angemessenheit entsprechend ihrer Bedeutung.

2 Die FINMA kann die Dokumentation zur Beilage zum Aufsichtsbericht nach Artikel 25 VAG erklären und Anforderungen nach dessen Absatz 2 festlegen.

3. Kapitel: Sollbetrag des gebundenen Vermögens

Art. 59 Zuschlag nach Artikel 18 VAG

(Art. 18 VAG)

Der Zuschlag nach Artikel 18 VAG beträgt:

a.
in der Lebensversicherung: 1 Prozent der versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe a AVO abzüglich desjenigen Teils der Rückstellungen für anteilgebundene oder an interne Anlagebestände gebundene Versicherungsverträge, der dem Wert der Anlagen entspricht, die gemäss diesen Verträgen gehalten werden und deren Risiko vollständig durch die Versicherungsnehmerinnen und die Versicherungsnehmer getragen wird;
b.
in der Schadenversicherung: 4 Prozent der Summe der Rückstellungen und der Verbindlichkeiten nach Artikel 68 Absatz 1 Buchstaben a und b AVO abzüglich der Schwankungsrückstellungen in der Kreditversicherung, mindestens aber 100 000 Franken.
Art. 60 Bestimmung des Sollbetrags des gebundenen Vermögens

(Art. 54 Abs. 4 und 71 AVO)

1 Unter aktuellen versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 71 Absatz 1 AVO sind die versicherungstechnischen Rückstellungen zu verstehen, die das Versicherungsunternehmen bestimmen würde, wenn es zu diesem Zeitpunkt einen Rechnungsabschluss erstellen würde.

2 Hat die FINMA nach Artikel 71 Absatz 2 AVO zugelassen, dass unterjährig eine fundierte Schätzung vorgenommen wird, so muss diese vorsichtig sein.

4. Kapitel: Grundsätze der Vermögensanlage und gebundenes Vermögen

Art. 61 Mit einem Gegenparteirisiko behaftete Werte: Bonitätseinstufung

(Art. 69a und 79 Abs. 4 AVO)

1 Sollen mit einem Gegenparteirisiko behaftete Werte einem gebundenen Vermögen zugewiesen werden, so muss im Sinne von Artikel 69a AVO insbesondere die Bonität dieser Werte von den Versicherungsunternehmen beurteilt und laufend überwacht und dies entsprechend dokumentiert werden.

2 Dazu muss jeder mit einem Gegenparteirisiko behaftete Wert in eine der folgenden Bonitätsstufen eingestuft werden:

a.
Bonitätsstufe 1 (Highest Grade): Anlage höchster Bonität;
b.
Bonitätsstufe 2 (High Grade): sichere Anlage, bei der das Ausfallrisiko vernachlässigbar ist;
c.
Bonitätsstufe 3 (Upper Medium Grade): sichere Anlage, sofern kein unvorhergesehenes Ereignis die Gesamtwirtschaft oder die Branche beeinträchtigt;
d.
Bonitätsstufe 4 (Lower Medium Grade): durchschnittlich gute Anlage;
e.
Bonitätsstufe 5: alle Anlagen, die die Voraussetzungen für eine Einstufung in eine der Bonitätsstufen 1–4 nicht erfüllen.

3 Neben der Bonität des Schuldners sind bei der Einstufung eines Wertes in die Bonitätsstufen allfällige besondere Eigenschaften des Wertes zu berücksichtigen.

Art. 62 Mit einem Gegenparteirisiko behaftete Werte: Methoden und Grundsätze der Einstufung

(Art. 69a und 79 Abs. 4 AVO)

1 Für die Einstufung der mit einem Gegenparteirisiko behafteten Werte in die Bonitätsstufen darf das Versicherungsunternehmen einzig verwenden:

a.
Ratings von Ratingagenturen, die die FINMA anerkannt hat;
b.
eigene Bonitätseinschätzungen.

2 Betreffend die Anerkennung von Ratingagenturen gilt Artikel 6 Absätze 1–3 der Eigenmittelverordnung vom 1. Juni 20127 sinngemäss.

3 Verwendet ein Versicherungsunternehmen Ratings anerkannter Ratingagenturen, so muss es im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung beurteilen, ob das jeweilige Rating der Einschätzung der Bonität angemessen ist. Das Versicherungsunternehmen kann unwesentliche Positionen von der Sorgfaltsprüfung ausnehmen.

4 Weder die Sorgfaltsprüfung noch die Verwendung eigener Bonitätseinschätzungen dürfen zu einer gegenüber dem Rating einer anerkannten Ratingagentur günstigeren Einstufung führen. Hat der Wert ein gegenüber dem Rating einer anerkannten Ratingagentur höheres Risikoprofil, so muss er entsprechend in eine schlechtere Bonitätsstufe eingestuft werden.

5 Die Nutzung sowohl von Ratings anerkannter Ratingagenturen als auch von eigenen Bonitätseinschätzungen darf nicht selektiv erfolgen, sondern muss in einer konsistenten Art und Weise geschehen.

Art. 63 Mit einem Gegenparteirisiko behaftete Werte: eigene Bonitätseinschätzungen

(Art. 69a und 79 Abs. 4 AVO)

1 Eigene Bonitätseinschätzungen müssen folgenden Voraussetzungen genügen:

a.
Sie werden vom Versicherungsunternehmen in eigener Verantwortung nach nachvollziehbaren Kriterien erstellt.
b.
Sie stellen die Beurteilung des Ausfallrisikos aus Sicht des Versicherungsunternehmens dar.
c.
Herangezogene Informationsquellen werden in Bezug auf die Art ihres Zustandekommens, ihre Objektivität und ihre Verlässlichkeit kritisch überprüft.
d.
Sie werden laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst.
e.
Die Prozesse zu ihrer Erstellung und Nutzung sind dokumentiert.

2 Die Auslagerung des Prozesses zur Erstellung eigener Bonitätseinschätzungen muss nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe j VAG in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 VAG der FINMA gemeldet werden. Das Versicherungsunternehmen behält die Verantwortung für die Qualität der Bonitätseinschätzungen.

Art. 65 Begrenzung der Fremdwährungsrisiken

(Art. 79 Abs. 2 und 83 AVO)

Werden nach Artikel 79 Absatz 2 AVO einem gebundenen Vermögen Anlagen in anderen Währungen zugewiesen als jenen, in denen die Verpflichtungen der durch das gebundene Vermögen sichergestellten Versicherungsverträge bestehen (Referenzwährung), so müssen die Fremdwährungsrisiken angemessen begrenzt werden.

Art. 66 Derivate: geldnahe Mittel zur Deckung von Zahlungsverpflichtungen

(Art. 100 AVO)

1 Zahlungsverpflichtungen aus Derivaten im gebundenen Vermögen müssen dauernd durch geldnahe Mittel gedeckt sein.

2 Als geldnahe Mittel gelten:

a.
Bankguthaben und Forderungen aus Pensionsgeschäften mit Laufzeiten bis zu 12 Monaten;
b.
Geldmarktinstrumente;
c.
kollektive Kapitalanlagen, die ausschliesslich in flüssigen Mitteln oder Geldmarktinstrumenten anlegen;
d.
Forderungswertpapiere und -rechte mit sehr guter Liquidität, die mindestens die Bonitätsstufe 2 aufweisen;
e.
Basiswerte, deren Marktrisiko und deren allfälliges Kreditrisiko mit Derivaten mit symmetrischem Auszahlungsprofil abgesichert sind (synthetische Liquidität).
Art. 67 Derivate: Deckung bei engagementreduzierenden Derivaten

(Art. 100 AVO)

1 Engagementreduzierende Derivate im gebundenen Vermögen, die sich auf handelbare Basiswerte beziehen, müssen dauernd mit den ihnen zugrunde liegenden Basiswerten im selben gebundenen Vermögen im Umfang des Basiswertäquivalents gedeckt sein.

2 Eine Deckung mit anderen Anlagen ist zulässig, wenn diese eine angemessene Korrelation zum entsprechenden Basiswert aufweisen oder das engagementreduzierende Derivat auf einen Index lautet, der den folgenden Anforderungen entspricht:

a.
Er wird von einer externen unabhängigen Stelle berechnet.
b.
Er ist für die als Deckung dienenden Anlagen repräsentativ.
c.
Zwischen dem Index und der zur Deckung dienenden Anlagen besteht eine angemessene Korrelation.

3 Eine Deckung mit Positionen aus dem dazugehörigen Versicherungsbestand ist ebenfalls zulässig.

Art. 68 Derivate: Berechnung des Basiswertäquivalents

(Art. 100 AVO)

Bei der Berechnung des Basiswertäquivalents gelten folgende Grundsätze:

a.
Es ist der Verkehrswert des Basiswerts zugrunde zu legen; es kann auch der Nominalwert oder bei Finanzterminkontrakten der börsentäglich ermittelte Terminpreis zugrunde gelegt werden, sofern dies zu einer konservativeren Berechnung führt.
b.
Es sind die aktuellen Wechselkurse zugrunde zu legen.
c.
Bei einem Währungsderivat, das aus zwei Vertragsseiten besteht, die beide nicht in einer Referenzwährung des gebundenen Vermögens zu erfüllen sind, sind beide Vertragsseiten einzubeziehen.
d.
Das Delta des Derivats ist bei der Berechnung des Basiswertäquivalents zu berücksichtigen; wird das Delta nicht berechnet, so muss es vorsichtig geschätzt werden.
Art. 69 Derivate: Verrechnung bei der Berechnung des Basiswertäquivalents

(Art. 100 AVO)

Zur Ermittlung des Basiswertäquivalents dürfen gegenläufige Positionen in Derivaten mit dem gleichen Basiswert ungeachtet des Verfalltermins der Derivate miteinander verrechnet werden, wenn:

a.
das Derivategeschäft einzig zum Zweck abgeschlossen wurde, die mit den erworbenen Derivaten oder Anlagen im Zusammenhang stehenden Risiken zu eliminieren; und
b.
dabei wesentliche Risiken nicht vernachlässigt werden.
Art. 71 Derivate: Berichterstattung

(Art. 109 AVO)

1 Der Bericht über die Geschäfte mit Derivaten muss namentlich folgende Angaben enthalten:

a.
Kennzahlen, die genutzt werden, um die mit dem Einsatz von Derivaten verbundenen Risiken zu beurteilen, bewerten, überwachen, steuern und in die Berichterstattung einzubeziehen;
b.
Kriterien, anhand derer über den Einsatz oder die Fortführung der jeweiligen Derivatestrategie entschieden wird;
c.
für alle Derivatestrategien summarisch:
1.
Angabe zum Zweck der Strategie,
2.
Laufzeit der Kontrakte,
3.
Entwicklung der erhaltenen und der gestellten Sicherheiten,
4.
Angabe, inwieweit es sich um standardisierte Kontrakte handelt,
5.
Angabe, inwieweit das Versicherungsunternehmen von einer oder wenigen Gegenparteien abhängig ist, und
6.
Angabe, wie das Versicherungsunternehmen die Risiken, dass Absicherungen etwa im Fall finanzieller Schwierigkeiten nicht wie vorgesehen am Ende ihrer Laufzeit durch andere Absicherungen ersetzbar sind, beurteilt, bewertet, überwacht, steuert und in die Berichterstattung einbezieht;
d.
Angabe, ob Absicherungsstrategien, soweit solche bestehen, mit Basisrisiken verbunden sind und wie das Unternehmen vorgeht, um diese zu beurteilen, bewerten, überwachen, steuern und in die Berichterstattung einzubeziehen;
e.
Angabe des Niveaus, auf dem eine Absicherung besteht, einschliesslich allfälliger unterjähriger Anpassungen.

2 Dem Bericht ist ein Verzeichnis der Deckungswerte in elektronischer Form für jedes betroffene gebundene Vermögen beizufügen.

Art. 72 Einanlegerfonds

(Art. 111b AVO)

Bei Einanlegerfonds müssen die Direktanlagen des Fondsvermögens nach Artikel 85 ausgewiesen werden.

Art. 73 Effektenleihe und Pensionsgeschäft: Grundsätze

(Art. 75 AVO)

1 Die Effektenleihe (Securities Lending) und das Pensionsgeschäft dürfen die Sicherheit des gebundenen Vermögens nicht beeinträchtigen.

2 Vor Einsatz eines derartigen Geschäfts müssen die Versicherungsunternehmen dokumentieren, wie sie die damit verbundenen speziellen Risiken beurteilen, bewerten, überwachen, steuern und in ihre Berichterstattung einbeziehen wollen.

3 Zum Pensionsgeschäft gehören Repo-Geschäfte und Reverse-Repo-Geschäfte.

Art. 74 Effektenleihe und Pensionsgeschäft: Anforderungen

(Art. 75 AVO)

Sollen Werte eines gebundenen Vermögens in die Effektenleihe oder das Pensionsgeschäft einbezogen werden, so gilt Folgendes:

a.
Die vertraglichen Vereinbarungen müssen auf täglicher Basis eine vollumfängliche Besicherung durch die Gegenpartei des Versicherungsunternehmens vorsehen.
b.
Es muss gewährleistet sein, dass die durch die Gegenpartei zu stellenden Sicherheiten ausschliesslich Werte sind, die nach Artikel 79 AVO für das gebundene Vermögen geeignet sind.
c.
Die Sicherheitsleistung muss in einer Form erfolgen, die gewährleistet, dass die Sicherheiten den Anforderungen für eine Zuweisung zum gebundenen Vermögen genügen; die Sicherheiten müssen täglich bewertbar und handelbar sein und dürfen nicht von der Gegenpartei oder von Unternehmen aus derselben Unternehmensgruppe ausgegeben worden sein oder sich auf diese beziehen; ausgenommen von diesen Vorgaben sind Wertschriften, die von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nach deren Richtlinien als Sicherheiten für Repo-Geschäfte akzeptiert werden.
d.
Erhaltene Sicherheiten müssen dem betreffenden gebundenen Vermögen zugewiesen werden, bleiben aber aufgrund der Rückgabeverpflichtung bei der Ermittlung des Anrechnungswerts unberücksichtigt.
e.
Im Fall der Effektenleihe ist den möglichen Qualitätsunterschieden zwischen den ausgeliehenen und den erhaltenen Wertschriften durch eine geeignete Überbesicherung zugunsten des Versicherungsunternehmens Rechnung zu tragen.
f.
Repo-Geschäfte sind zulässig zur Deckung kurzfristigen Liquiditätsbedarfs, Reverse-Repo-Geschäfte sind zulässig zur kurzfristigen besicherten Anlage überschüssiger Liquidität.
Art. 75 Effektenleihe und Pensionsgeschäft: Begrenzungen

(Art. 75 AVO)

1 Der Umfang der in Repo-Geschäfte und Effektenleihe einbezogenen Werte des gebundenen Vermögens ist zusammen auf 20 Prozent des Sollbetrags begrenzt.

2 Eine kurzfristige Überschreitung bis maximal 30 Prozent des Sollbetrags ist zulässig, sofern das Versicherungsunternehmen den kurzfristigen Liquiditätsbedarf darlegen kann. Anschliessend muss innert zwölf Monaten eine Rückführung auf 20 Prozent erfolgen.

Art. 76 Strukturierte Produkte

(Art. 79 Abs. 1, 83 und 88 Abs. 3 AVO)

1 Bei strukturierten Produkten, die eine Zerlegung in Komponenten erlauben, sind für die Zuweisung zum gebundenen Vermögen die einzelnen Komponenten bei den Begrenzungen der jeweiligen Anlagekategorien zu berücksichtigen.

2 Bei strukturierten Produkten, die keine Zerlegung in Komponenten erlauben, werden der Umfang und die Rahmenbedingungen für die Anrechnung soweit erforderlich in einem Genehmigungsverfahren nach Artikel 79 Absatz 1 AVO festgelegt; dabei sind die Besonderheiten der betreffenden Produkte zu beachten.

Art. 77 Immobilien: Ermittlung des Marktwerts

(Art. 90 AVO)

1 Das Versicherungsunternehmen muss mindestens jährlich einen Marktwert sämtlicher Immobilien im gebundenen Vermögen ermitteln.

2 Als Marktwert einer Immobilie gilt der Betrag, zu dem das Objekt zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Marktteilnehmern in einer marktüblichen Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkauft beziehungsweise gekauft werden könnte.

3 Die eingesetzte Bewertungsmethode muss für die Ermittlung des Marktwerts geeignet sein und marktüblichen Standards der Immobilienbewertung entsprechen.

4 Jede Immobilie muss mit ihrem individuellen Marktwert bewertet werden (Prinzip der Einzelbewertung). Dies gilt auch für Immobilien in einem Immobilienportfolio.

5 Die Immobilien müssen, unter Berücksichtigung des jeweils geeigneten Verfahrens für die Ermittlung des Marktwertes, in Gruppen vergleichbarer Immobilien eingeteilt werden und für jede Gruppe muss die jeweilige Bewertungsmethode konsequent und kontinuierlich angewendet werden (Prinzip der Bewertungskontinuität).

6 Sind Werte verfügbar, die nach einem der folgenden Standards ermittelt und geprüft wurden und die einem Marktwert nach den Absätzen 1–4 entsprechen, so sind diese Werte zu verwenden:

a.
«International Financial Reporting Standards» (IFRS) des International Accounting Standards Board8;
b.
«United States Generally Accepted Accounting Principles» (US GAAP) des Financial Accounting Standards Board9;
c.
Bestimmungen der Stiftung für Fachempfehlungen zur Rechnungslegung «Swiss GAAP FER»10.

8 www.ifrs.org

9 www.fasb.org

10 Die Empfehlungen können kostenlos eingesehen und gegen Bezahlung bezogen werden bei: Verlag SKV, Hans‑Huber‑Strasse 4, 8002 Zürich; www.verlagskv.ch.

Art. 78 Immobilien: Überprüfung des Marktwerts

(Art. 90 AVO)

1 In einem Rhythmus von maximal 10 Jahren sind alle Immobilien im gebundenen Vermögen zur Überprüfung der angesetzten Marktwerte gestaffelt mindestens einmal vollständig durch eine Immobilienschätzerin oder einen Immobilienschätzer zu schätzen. Die Schätzung muss einen Augenschein vor Ort einschliessen, auf der Fachexpertise der Schätzerin oder des Schätzers beruhen und neutral erfolgen.

2 Das Versicherungsunternehmen muss den Überprüfungsprozess dokumentieren und sicherstellen, dass die Erkenntnisse aus den Überprüfungsschätzungen bei der Bewertung der einzelnen Objekte beziehungsweise der Festlegung der Modellparameter einbezogen werden.

3 Gibt es Hinweise darauf, dass deutliche Marktbewegungen in den verwendeten Bewertungsmethoden nicht oder nicht genügend widerspiegelt werden, so kann die FINMA auch in kürzerer Frist eine Neubewertung des Portfolios oder eines Teilportfolios verlangen.

5. Kapitel: Übrige Vorschriften zur Ausübung der Versicherungstätigkeit

1. Abschnitt: Aufnahme der Versicherungstätigkeit eines ausländischen Versicherunternehmens

(Art. 15 Abs. 1 Bst. e und Abs. 2 VAG)

Art. 79 Höhe der Kaution

1 Für die Lebensversicherung beträgt die Kaution, die ein ausländisches Versicherungsunternehmen hinterlegen muss, mindestens:

a.
600 000 Franken für die Versicherungszweige A1–A6 nach Anhang 1 AVO unter Vorbehalt von Buchstabe b;
b.
450 000 Franken für:
1.
die Versicherungszweige A2.1, A2.3, A2.4, A2.6 und A7, sofern keine Kapital-, Zins- oder Langlebigkeitsgarantie gewährt wird,
2.
Versicherungsunternehmen, welche die Lebensversicherung in der Rechtsform einer Genossenschaft betreiben.

2 Für die Schadenversicherung beträgt die Kaution maximal 5 Prozent der versicherungstechnischen Rückstellungen für das Schweizer Geschäft, mindestens aber:

a.
280 000 Franken für den Versicherungszweig B14;
b.
80 000 Franken für die Versicherungszweige B10–B13 sowie B15;
c.
60 000 Franken für die Versicherungszweige B1–B8, B16 und B18;
d.
40 000 Franken für die Versicherungszweige B9 und B17.

3 Die FINMA verfügt im Rahmen der Bewilligung den Bruchteil der versicherungstechnischen Rückstellungen, der als Kaution nach Absatz 2 hinterlegt werden muss.

2. Abschnitt: Verantwortliche Aktuarin oder verantwortlicher Aktuar

Art. 81 Aufgaben

(Art. 24 VAG)

1 Die verantwortliche Aktuarin oder der verantwortliche Aktuar trägt die Verantwortung für die Angaben zu den Rückstellungen im Geschäftsplan nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d VAG und Artikel 54 Absatz 3 AVO.

2 Sie oder er muss jährlich einen ausführlichen Bericht an die Geschäftsleitung beziehungsweise an die Generalbevollmächtigte oder den Generalbevollmächtigten erstellen (Art. 24 Abs. 3 VAG). Dazu muss sie oder er sich die dazu erforderlichen Informationen von den zuständigen Stellen beschaffen.

3 Über wesentliche Veränderungen der Grundlagen gegenüber den Angaben im letzten Bericht muss die verantwortliche Aktuarin oder der verantwortliche Aktuar die Geschäftsleitung beziehungsweise die Generalbevollmächtigte oder den Generalbevollmächtigten umgehend informieren.

4 Die verantwortliche Aktuarin oder der verantwortliche Aktuar muss jeweils prüfen, ob der Bedarf besteht, direkt an den Verwaltungsrat zu gelangen.

Art. 82 Inhalt des Berichtes

(Art. 24 VAG)

1 Der Bericht muss den aktuellen Stand und die möglichen Entwicklungen des Versicherungsunternehmens aus aktuarieller Sicht darstellen. Er muss namentlich versicherungstechnische Entwicklungen berücksichtigen, welche die finanzielle Lage des Unternehmens gefährden.

2 Der Bericht muss die notwendigen Informationen enthalten zu den gegenüber Versicherungsrisiken exponierten Bilanzpositionen, insbesondere zu den Rückstellungen, zu den mit diesen Bilanzpositionen verbundenen Risiken sowie zu den Ergebnissen der Prüfung des Sollbetrags nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe b VAG. Darzulegen sind die entsprechenden Bilanzpositionen sowohl der SST-Bilanz als auch der Bilanz gemäss statutarischer Jahresrechnung des Versicherungsunternehmens.

3 Der Bericht muss insbesondere Folgendes enthalten:

a.
eine Beurteilung, ob die versicherungstechnischen Rückstellungen ausreichend sind;
b.
eine Beurteilung, ob die Vorgaben des Geschäftsplans zu den versicherungstechnischen Rückstellungen eingehalten sind;
c.
die Angabe der wichtigsten Annahmen und Methoden, die zur Bewertung der versicherungstechnischen Bilanzpositionen und zur Quantifizierung der mit diesen Bilanzpositionen verbundenen Risiken verwendet werden; dabei sind relevante Änderungen der Annahmen und Methoden gegenüber dem Vorjahr und ihre Auswirkungen darzulegen;
d.
eine Beurteilung der nach Buchstabe c angegebenen Annahmen und Methoden sowie der zugrundeliegenden Daten in Bezug auf ihre Angemessenheit entsprechend ihrer Bedeutung;
e.
eine Beurteilung des technischen Ergebnisses in einer Granularität, die in Bezug auf das Geschäftsmodell angemessen ist, und darauf basierend eine Beurteilung, ob es keine Hinweise darauf gibt, dass die bestehenden Tarife nicht ausreichend sind oder dass im Fall der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung die bestehenden Tarife missbräuchlich sind;
f.
eine Beurteilung der Gesamtrisikosituation hinsichtlich der Solvabilität mit Fokus auf die Versicherungsrisiken, einschliesslich der finanziellen Risiken der Anlagen und der Angemessenheit der für das erwartete Ergebnis getroffenen Annahmen;
g.
eine Angabe, wie empfindlich die versicherungstechnischen Bilanzpositionen und die Versicherungsrisiken auf Veränderungen der wesentlichen Annahmen reagieren und wie sich diese Veränderungen auf die Solvabilität des Versicherungsunternehmens auswirken;
h.
eine Beurteilung der Angemessenheit des Rückversicherungsprogramms des Versicherungsunternehmens in Bezug auf die versicherungstechnischen Bilanzpositionen und die Versicherungsrisiken.
Art. 83 Abberufung oder Demission

(Art. 23 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 4 VAG)

Bei Abberufung oder Demission der verantwortlichen Aktuarin oder des verantwortlichen Aktuars eines Versicherungsunternehmens müssen beide Parteien unabhängig voneinander die FINMA über die Gründe informieren.

3. Abschnitt: Rechnungslegung

Art. 84 Zuweisung an die gesetzlichen Gewinnreserven

(Art. 26 Abs. 1 VAG)

Die Zuweisung an die gesetzlichen Gewinnreserven muss bei Versicherungsunternehmen, welche die Lebensversicherung betreiben, mindestens 10 Prozent und bei den übrigen Versicherungsunternehmen mindestens 20 Prozent des Jahresgewinns betragen, bis der Reservefonds 50 Prozent des statutarischen Kapitals erreicht oder wieder erreicht hat.

Art. 85 Mindestgliederung der Jahresrechnung

(Art. 111b AVO)

1 In Abweichung von den Artikeln 959a Absätze 1 und 2, 959b Absätze 2 und 3 sowie 959c Absätze 1 und 2 des Obligationenrechts (OR)11 muss die Jahresrechnung mindestens in die Positionen nach Anhang 2 und in der dort vorgegebenen Reihenfolge gegliedert werden.

2 Die Zahlen des vorangegangenen Geschäftsjahres der entsprechenden Periode sind in der Bilanz, in der Erfolgsrechnung und im Anhang der Jahresrechnung anzugeben.

3 Versicherungsunternehmen, die sowohl die Direktversicherung als auch die aktive Rückversicherung in wesentlichem Umfang betreiben, müssen die jeweiligen versicherungstechnischen Positionen in der Erfolgsrechnung oder im Anhang gesondert ausweisen.

4 Bei der Erstellung der Jahresrechnung für Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsunternehmen gelten die Absätze 1–3 ebenfalls. Zudem sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

a.
Eine Geldflussrechnung nach Artikel 961 Ziffer 2 OR ist nicht erforderlich.
b.
Anstelle der Position «Total Eigenkapital» ist das Verbindungskonto zur Hauptniederlassung beziehungsweise zur Hauptgesellschaft auszuweisen.
c.
Veränderungen des Verbindungskontos sind nachzuweisen.
d.
Die Berichterstattung an die FINMA muss in Schweizer Franken erfolgen.
e.
Der Lagebericht nach den Artikeln 961 Ziffer 3 und 961c OR ist durch die Generalbevollmächtigte oder den Generalbevollmächtigen zu unterzeichnen.

6. Kapitel: Beispielrechnungen für die Lebensversicherung

Art. 86 Nicht qualifizierte Lebensversicherung: Beispielrechnungen

(Art. 129a AVO)

1 Für die Beispielrechnungen für die nicht qualifizierte Lebensversicherung ist unter Berücksichtigung der Vertragslaufzeit mindestens ein günstiges, ein mittleres und ein ungünstiges Renditeszenario zu bestimmen. Dabei ist ausgewogen auf günstige und ungünstige Fälle hinzuweisen und die Chancen und Risiken der Überschussbeteiligung sind zu veranschaulichen.

2 Ist die Finanzierbarkeit der aktuellen Überschüsse im mittleren Szenario über die ganze Vertragslaufzeit plausibel, so muss die Beispielrechnung auf diesen Überschüssen beruhen.

3 Das Versicherungsunternehmen muss die Finanzierbarkeit der ausgewiesenen Beispielrechnungen in allen Renditeszenarien plausibilisieren und dies intern dokumentieren. Diese Plausibilisierungen dürfen nicht in Widerspruch zu den Vorgaben für die Renditeszenarien bei der qualifizierten Lebensversicherung stehen.

4 Für Lebensversicherungsverträge im Versicherungszweig A2 nach Anhang 1 AVO ist Artikel 129b Absatz 2 Buchstabe c–e AVO anstelle der Absätze 1–3 des vorliegenden Artikels sinngemäss anwendbar.

Art. 87 Nicht qualifizierte Lebensversicherung: Kostenausweis

(Art. 129a AVO)

1 Der Kostenausweis im mittleren Szenario einer nicht qualifizierten Lebensversicherung muss bestehen aus:

a.
der tariflichen Bruttorendite;
b.
der Renditereduktion als Differenz aus tariflicher Bruttorendite und Nettorendite;
c.
der Nettorendite;
d.
den Risikokosten als nominale Summe der Risikoprämien, die zur Abdeckung des biometrischen Risikos geleistet werden;
e.
allfälligen separat ausgewiesenen Prämien für Zusatzversicherungen zur nicht qualifizierten Lebensversicherung.

2 Die tarifliche Bruttorendite ist so zu bestimmen, dass die mit der tariflichen Bruttorendite verzinsten Differenzen aus Zahlbeiträgen und tariflichen Kostenprämien genau die Summe aus den Risikokosten und der Ablaufleistung im mittleren Szenario ergeben.

3 Die Nettorendite ist so zu bestimmen, dass die mit der Nettorendite verzinsten Zahlbeiträge genau die Summe aus den Risikokosten und der Ablaufleistung im mittleren Szenario ergeben.

4 Für Lebensversicherungsverträge im Versicherungszweig A2 nach Anhang 1 AVO ist Artikel 129b Absatz 2 Buchstabe f und Absatz 3 anstelle der Absätze 1–3 des vorliegenden Artikels sinngemäss anwendbar.

Art. 88 Qualifizierte Lebensversicherung: risikofreier Zins für die Bestimmung der Renditen im günstigen und ungünstigen Szenario

(Art. 129b AVO)

1 In den Beispielrechnungen muss der risikofreie Zins zur Bestimmung der Rendite im ungünstigen Szenario von der Laufzeit der Verträge abhängen. Er darf auch davon abhängen, ob der Vertrag wiederkehrende Prämien oder eine einmalige Prämie vorsieht.

2 Die Ermittlung der risikofreien Zinsen muss auf der Basis der SNB-Zinskurve für die risikofreien Zinsen erfolgen, wobei die verwendeten Daten nicht länger als 18 Monate zurückliegen dürfen.

3 Mindestens einmal jährlich müssen die verwendeten risikofreien Zinsen überprüft und bei nicht unerheblichen Änderungen angepasst werden.

Art. 89 Qualifizierte Lebensversicherung: Bestimmung der in den Beispielrechnungen angenommenen Renditen

(Art. 129b AVO)

1 Das mittlere Renditeszenario der Beispielrechnungen muss dem Median der möglichen Ablaufleistungen entsprechen, wobei die Annahmen auf den Informationen basieren müssen, die dem Unternehmen zur Zeit des Vertragsabschlusses bekannt sind.

2 Die Bruttorendite für das ungünstige Szenario muss aus Sicht professioneller Anleger repräsentativ für alle Szenarien sein, bei denen die Ablaufleistung unter der Ablaufleistung liegt, die sich mit dem risikofreien Zins als Bruttorendite ergeben würde.

3 Die Bruttorendite für das günstige Szenario muss aus Sicht professioneller Anleger repräsentativ für alle Szenarien sein, bei denen die Ablaufleistung über der Ablaufleistung liegt, die sich mit dem risikofreien Zins als Bruttorendite ergeben würde.

4 Die Bestimmung dieser Renditen muss in angemessener Weise berücksichtigen:

a.
die Zusammensetzung der Fonds, Indizes oder des Anlagebestandes, die dem Vertrag zugrunde liegen;
b.
die Risiken der Bestandteile der Fonds, Indizes oder des Anlagebestandes, die dem Vertrag zugrunde liegen;
c.
einen möglichen Ausgleich über die Zeit.

5 Die Renditen zur Verwendung in den Beispielrechnungen müssen mindestens jährlich aktualisiert werden.

7. Kapitel: Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler

Art. 90 Zusätzliche Angaben im Register

(Art. 182d und 184 AVO)

1 Soweit vorhanden wird die UID-Nummer der ungebundenen Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler im Register publiziert.

2 Übt die ungebundene Versicherungsvermittlerin oder der ungebundene Versicherungsvermittler eine Tätigkeit nach Artikel 182a Absatz 2 AVO aus, so wird der Name der Website oder des elektronischen Mediums im Register publiziert.

Art. 91 Meldepflicht bei Änderung von Tatsachen

(Art. 184 Abs. 3 und 185 AVO)

1 Registrierte Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler müssen der FINMA jegliche Änderung von Tatsachen melden, die der Registrierung zugrunde liegen (Art. 185 Abs. 1 AVO), insbesondere Änderungen betreffend:

a.
Angaben oder Unterlagen, die in Anhang 6 AVO aufgeführt sind;
b.
zusätzliche Angaben und Unterlagen nach Artikel 184 Absatz 2 AVO.

2 Sie müssen der FINMA jegliche Änderung umgehend nach Kenntnisnahme melden.

3 Die mit der Geschäftsführung oder Verwaltung betrauten Personen müssen der FINMA jährlich bestätigen, dass die der Registrierung zugrunde liegenden Tatsachen betreffend die Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler, die für sie Versicherungsgeschäfte vermitteln, wahrheitsgetreu und aktuell sind.

Art. 93 Berichterstattung an die FINMA

(Art. 190b AVO)

1 Die registrierten Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler müssen jährlich auf den 31. Dezember einen Bericht zuhanden der FINMA erstellen über die für die Aufsicht notwendigen wesentlichen Kennzahlen und Informationen zu ihrer Tätigkeit.

2 Sie müssen den Bericht über das abgelaufene Geschäftsjahr der FINMA bis spätestens am darauffolgenden 31. Mai einreichen.

3 Die FINMA definiert und publiziert die für das darauffolgende Geschäftsjahr zu erhebenden Kennzahlen und Informationen bis spätestens am 30. September.

8. Kapitel: Versicherungsgruppen und -konglomerate

Art. 94 Meldungen zu gruppeninternen Vorgängen: Begriffe

(Art. 194 und 204 AVO)

1 Ad-hoc-Meldungen zu gruppeninternen Vorgängen in Versicherungsgruppen und ‑konglomeraten sind die vor Eintritt der rechtlichen Wirksamkeit zu erstattenden Meldungen nach Artikel 194 Absatz 1 erster Satz AVO.

2 Bestandmeldungen sind die jährlich über den Bestand der Vorgänge zu erstattenden Meldungen nach Artikel 194 Absatz 1 zweiter Satz AVO.

Art. 95 Meldungen zu gruppeninternen Vorgängen: Mindestwerte

(Art. 193 Absatz 2, 194 und 204 AVO)

1 Die Mindestwerte nach Artikel 193 Absatz 2 AVO beziehen sich auf das im Jahresbericht ausgewiesene Eigenkapital der Versicherungsgruppe oder des Versicherungskonglomerats; sie betragen:

a.
2 Prozent für die Ad-hoc-Meldungen;
b.
0,1 Prozent für die Bestandmeldungen.

2 Ändert sich unterjährig aufgrund nicht meldepflichtiger Vorgänge der Bestand oder die Struktur der gruppeninternen Vorgänge wesentlich, so ist der FINMA unterjährig eine Bestandmeldung zu erstatten.

3 Nehmen die gruppeninternen Vorgänge, die im Rahmen der Bestandmeldung einzeln nicht meldepflichtig sind, zusammen ein wesentliches Ausmass an, so muss die Versicherungsgruppe oder das Versicherungskonglomerat sie zusätzlich in der Bestandmeldung für jede Kategorie nach Artikel 193 Absatz 1 AVO in der Anzahl und Gesamtsumme aufführen.

Art. 96 Aktuarsfunktion auf Gruppenstufe: Aufgaben

(Art. 24 VAG, Art. 195 AVO)

1 Die Versicherungsgruppen und -konglomerate müssen über eine Aktuarsfunktion verfügen. Die Stelle, die die Aktuarsfunktion auf Gruppenstufe wahrnimmt, ist verantwortlich für die Berechnung und Ermittlung der versicherungstechnischen Bilanzpositionen aufgrund sachgemässer aktuarieller Berechnungsgrundlagen und die Beurteilung der aktuariellen Risiken.

2 Sie muss jährlich einen ausführlichen Bericht an die Geschäftsleitung der Versicherungsgruppe oder des Versicherungskonglomerats erstellen. Dazu muss sie sich die erforderlichen Informationen von den zuständigen Stellen beschaffen.

3 Über wesentliche Veränderungen der Grundlagen gegenüber den Angaben im letzten Bericht muss sie die Geschäftsleitung umgehend informieren.

4 Sie muss jeweils prüfen, ob der Bedarf besteht, direkt an den Verwaltungsrat zu gelangen.

5 Sie muss sich einen Überblick verschaffen über die Richtlinien für die Risikobeurteilung und -bewirtschaftung, die für die Aktivitäten aller aktuariellen Funktionen innerhalb einer Gruppe relevant sind, und über die auf diese Richtlinien gestützten Kontrollen.

Art. 97 Aktuarsfunktion auf Gruppenstufe: Inhalt des Berichts

(Art. 24 VAG, Art. 195 AVO)

1 Der Bericht muss den aktuellen Stand und die möglichen Entwicklungen der Gruppe oder des Konglomerats aus aktuarieller Sicht darstellen. Er muss namentlich versicherungstechnische Entwicklungen berücksichtigen, welche die finanzielle Lage der Gruppe oder des Konglomerats gefährden.

2 Der Bericht muss die notwendigen Informationen enthalten zu den gegenüber Versicherungsrisiken exponierten Bilanzpositionen, insbesondere zu den Rückstellungen, und zu den mit diesen Bilanzpositionen verbundenen Risiken der Gruppe beziehungsweise des Konglomerats und der wesentlichen rechtlichen Einheiten der Gruppe oder des Konglomerats. Darzulegen sind die entsprechenden Bilanzpositionen sowohl der SST-Bilanz als auch der Bilanz gemäss Rechnungslegungsstandard der Gruppe oder des Konglomerats.

3 Der Bericht muss insbesondere Folgendes enthalten:

a.
eine Beurteilung, ob die versicherungstechnischen Rückstellungen ausreichend sind;
b.
die Angabe der wichtigsten Annahmen und Methoden, die zur Bewertung der versicherungstechnischen Bilanzpositionen und zur Beurteilung der mit diesen Bilanzpositionen verbundenen Risiken verwendet werden, sowie eine Beurteilung der Angemessenheit dieser Annahmen und Methoden;
c.
eine gruppenweite Übersicht über die aktuariellen Methoden und Modelle, die bei der Selbstbeurteilung der Risikosituation und der Solvenz zur Anwendung kommen;
d.
eine Angabe, wie empfindlich die versicherungstechnischen Bilanzpositionen und die Versicherungsrisiken auf Veränderungen der wesentlichen Annahmen reagieren und wie sich diese Veränderungen auf die Solvabilität der Gruppe oder des Konglomerats auswirken; und
e.
eine Beurteilung der Angemessenheit des Rückversicherungsprogramms der Gruppe oder des Konglomerats in Bezug auf die versicherungstechnischen Bilanzpositionen und die Versicherungsrisiken.

9. Kapitel: Schlussbestimmungen

Anhang 1

(Art. 40 Abs. 1)

Teilbestände für die jährliche Prüfung der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung

1. Kollektivversicherungsgeschäft

1.1 Berufliche Vorsorge

1.1.1
Mindestquotenpflichtiges Geschäft
1.1.1.1
Laufende Alters- und Hinterbliebenenrenten
1.1.1.2
Laufende Invalidenrenten und Prämienbefreiungen
1.1.1.3
Altersguthaben und Anwartschaft für Altersrenten
1.1.1.4
Teuerungsfonds
1.1.1.5
Rest
1.1.2
Nicht mindestquotenpflichtiges Geschäft
1.1.2.1
Laufende Alters- und Hinterbliebenenrenten
1.1.2.2
Laufende Invalidenrenten und Prämienbefreiungen
1.1.2.3
Altersguthaben und Anwartschaft für Altersrenten
1.1.2.4
Rest

1.2 Sonstiges Kollektivgeschäft

1.2.1
Laufende Alters- und Hinterbliebenenrenten
1.2.2
Laufende Invalidenrenten und Prämienbefreiungen
1.2.3
Weiteres Kollektivgeschäft wie Restschuldversicherungen

2. Einzelversicherungsgeschäft

2.1 Einfache klassische Produkte

2.1.1
Reine Risikoversicherungen ohne weitere spezielle Garantien
2.1.2
Gemischte Versicherungen und Ähnliches ohne weitere spezielle Garantien
2.1.3
Laufende Altersrenten
2.1.4
Anwartschaftliche Altersrenten
2.1.5
Laufende Invalidenrenten
2.1.6
Anwartschaftliche Invalidenrenten
2.1.7
Fondsanteilgebundene Produkte ohne spezielle Garantien
2.1.8
Rest

2.2 Sonstige Produkte

2.2.1
Sparprodukte mit speziellen Garantien, aufgegliedert nach Beständen mit homogenen Leistungsversprechen
2.2.2
Übrige Produkte aufgegliedert nach Beständen mit homogenen Leistungsversprechen

Anhang 2

(Art. 85 Abs. 1)

Mindestgliederung der Jahresrechnung

A. Bilanz

1. Aktiven

In der Bilanz sind folgende Aktiven gesondert auszuweisen:

1.1
Kapitalanlagen
1.1.1
Immobilien
1.1.2
Beteiligungen
1.1.3
Festverzinsliche Wertpapiere
1.1.4
Darlehen
1.1.5
Hypotheken
1.1.6
Aktien
1.1.7
Übrige Kapitalanlagen
1.2
Kapitalanlagen aus anteilgebundener Lebensversicherung
1.3
Forderungen aus derivativen Finanzinstrumenten
1.4
Depotforderungen aus übernommener Rückversicherung
1.5
Flüssige Mittel
1.6
Anteil versicherungstechnische Rückstellungen aus Rückversicherung
1.7
Sachanlagen
1.8
Aktivierte Abschlusskosten
1.9
Immaterielle Vermögenswerte
1.10
Forderungen aus dem Versicherungsgeschäft
1.11
Übrige Forderungen
1.12
Sonstige Aktiven
1.13
Nicht einbezahltes Grundkapital
1.14
Aktive Rechnungsabgrenzungen
1.15
Total Aktiven

2. Passiven

In der Bilanz sind folgende Passiven gesondert auszuweisen:

2.1
Versicherungstechnische Rückstellungen
2.2
Versicherungstechnische Rückstellungen für anteilgebundene Lebensversicherung
2.3
Nichtversicherungstechnische Rückstellungen
2.4
Verzinsliche Verbindlichkeiten
2.5
Verbindlichkeiten aus derivativen Finanzinstrumenten
2.6
Depotverbindlichkeiten aus abgegebener Rückversicherung
2.7
Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsgeschäft
2.8
Sonstige Passiven
2.9
Passive Rechnungsabgrenzungen
2.10
Nachrangige Verbindlichkeiten
2.11
Total Fremdkapital (2.1 + … + 2.10)
2.12
Gesellschaftskapital
2.13
Gesetzliche Kapitalreserven
2.14
Gesetzliche Gewinnreserven
2.15
Freiwillige Gewinnreserven oder kumulierte Verluste als Minusposten
2.16
Eigene Kapitalanteile als Minusposten
2.17
Gewinn oder Verlustvortrag als Minusposten
2.18
Jahresgewinn oder Jahresverlust als Minusposten
2.19
Total Eigenkapital (2.12 + …+ 2.18)
2.20
Total Passiven

B. Erfolgsrechnung

In der Erfolgsrechnung sind folgende Positionen gesondert auszuweisen:

1
Bruttoprämie
2
Anteil Rückversicherer an Bruttoprämie
3
Prämie für eigene Rechnung (1 + 2)
4
Veränderung der Prämienüberträge
5
Anteil Rückversicherer an Veränderung der Prämienüberträge
6
Verdiente Prämien für eigene Rechnung (3 + 4 + 5)
7
Sonstige Erträge aus dem Versicherungsgeschäft
8
Total Erträge aus dem versicherungstechnischen Geschäft (6 + 7)
9
Zahlungen für Versicherungsfälle brutto
10
Anteil Rückversicherer an Zahlungen für Versicherungsfälle
11
Veränderung der versicherungstechnischen Rückstellungen
12
Anteil Rückversicherer an Veränderung der versicherungstechnischen Rückstellungen
13
Veränderung der versicherungstechnischen Rückstellungen für anteilgebundene Lebensversicherung
14
Aufwendungen für Versicherungsfälle für eigene Rechnung (9 + 10 + 11 + 12 + 13)
15
Abschluss- und Verwaltungsaufwand
16
Anteil Rückversicherer an Abschluss- und Verwaltungsaufwand
17
Abschluss- und Verwaltungsaufwand für eigene Rechnung (15 + 16)
18
Sonstige versicherungstechnische Aufwendungen für eigene Rechnung
19
Total Aufwendungen aus dem versicherungstechnischen Geschäft (14 + 17 + 18) (nur für Schadenversicherung)
20
Erträge aus Kapitalanlagen
21
Aufwendungen für Kapitalanlagen
22
Kapitalanlagenergebnis (20 + 21)
23
Kapital- und Zinserfolg aus anteilgebundener Lebensversicherung
24
Sonstige finanzielle Erträge
25
Sonstige finanzielle Aufwendungen
26
Operatives Ergebnis (8 + 14 + 17 + 18 + 22 + 23 + 24 + 25)
27
Zinsaufwendungen für verzinsliche Verbindlichkeiten
28
Sonstige Erträge
29
Sonstige Aufwendungen
30
Ausserordentlicher Ertrag/Aufwand
31
Gewinn/Verlust vor Steuern (26 + 27 + 28 + 29 + 30)
32
Direkte Steuern
33
Gewinn/Verlust (31 + 32)

C. Anhang

Der Anhang muss neben den in den Artikeln 959c Absätze 1 und 2 und 961a OR13 aufgeführten Angaben noch folgende Angaben und Erläuterungen enthalten, sofern diese nicht bereits aus der Bilanz oder Erfolgsrechnung ersichtlich sind:

a.
Aufgliederung der übrigen Kapitalanlagen und der Kapitalanlagen aus anteilgebundener Lebensversicherung;
b.
Aufgliederung der Forderungen aus dem Versicherungsgeschäft in Forderungen gegenüber:
1.
Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern,
2.
Vermittlerinnen und Vermittlern,
3.
Versicherungsunternehmen;
c.
Aufgliederung der versicherungstechnischen Rückstellungen jeweils mit dem Bruttobetrag, dem Anteil Rückversicherer und dem Betrag für eigene Rechnung in folgende Positionen:
1.
Prämienüberträge,
2.
Rückstellungen für Versicherungsleistungen,
3.
übrige versicherungstechnische Rückstellungen,
4.
Deckungskapital,
5.
Rückstellungen für vertragliche Überschussbeteiligungen,
6.
Rückstellungen für Überschussfonds;
d.
Aufgliederung der Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsgeschäft in Verbindlichkeiten gegenüber:
1.
Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern,
2.
Vermittlerinnen und Vermittlern,
3.
Versicherungsunternehmen;
e.
Eigenkapitalnachweis: Dieser muss für die Berichtsperiode tabellarisch für jede wesentliche Eigenkapitalkomponente den Anfangsbestand, den Endbestand und eine Überleitung vom Anfangs- zum Endbestand zeigen, wobei jede für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage wesentliche Bewegung separat aufzuzeigen ist;
f.
Aufgliederung der Veränderungen der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Erfolgsrechnung in folgende Positionen:
1.
Veränderung der Rückstellungen für Versicherungsleistungen,
2.
Veränderung der übrigen versicherungstechnischen Rückstellungen,
3.
Veränderung des Deckungskapitals,
4.
Veränderung der Rückstellungen für vertragliche Überschussbeteiligungen,
5.
Veränderung der Rückstellungen für Überschussfonds;
g.
Angaben zu den Erträgen aus Kapitalanlagen pro ausgewiesene Anlageklasse (A. Ziff. 1.1), gesondert ausgewiesen und in folgende Positionen aufgeteilt:
1.
Erträge,
2.
Zuschreibungen,
3.
realisierte Gewinne;
h.
Angaben zu den Aufwendungen für Kapitalanlagen pro ausgewiesene Anlageklasse (A. Ziff. 1.1), gesondert ausgewiesen und in folgende Positionen aufgeteilt:
1.
Abschreibungen und Wertberichtigungen,
2.
realisierte Verluste.