910.16

Verordnung
über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft

(QuNaV)

vom 1. November 2023 (Stand am 1. Januar 2024)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 11 Absatz 4 und 177 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 19981 (LwG),

verordnet:

Art. 1 Unterstützte Vorhaben

1 Für die folgenden Vorhaben in der Land- und Ernährungswirtschaft können Finanzhilfen gewährt werden:

a.
Entwicklung von Standards für die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Produktionsstandards) sowie für deren Etablierung in der betreffenden Branche oder bei den betreffenden Produzentinnen und Produzenten;
b.
Einführung neuer Geschäftsmodelle;
c.
Realisierung neuer Projektideen, einschliesslich der Entwicklung von Prototypen;
d.
Vorabklärungen für Vorhaben nach den Buchstaben a–c.

2 Die Finanzhilfen werden nur gewährt, wenn das Vorhaben die Anforderungen nach Artikel 3, 4 beziehungsweise 5 erfüllt und:

a.
auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichtet ist;
b.
kurz- oder mittelfristig zusätzliche Wertschöpfung für die Landwirtschaft generiert;
c.
die Wettbewerbsfähigkeit einer Branche der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft oder der beteiligten Produzentinnen und Produzenten langfristig stärkt;
d.
die Nachhaltigkeit von Produkten oder Prozessen verbessert;
e.
keine negativen Nebeneffekte auf andere Aspekte der Qualität und Nachhaltigkeit von Produkten und Prozessen hat;
f.
in erster Linie der Land- und Ernährungswirtschaft zugutekommt; und
g.
von einer Trägerschaft getragen wird, in der die Produzentinnen und Produzenten massgeblich vertreten sind.
Art. 2 Nicht unterstützte Massnahmen innerhalb unterstützter Vorhaben

Für die folgenden Massnahmen werden keine Finanzhilfen gewährt, auch wenn sie innerhalb eines unterstützten Vorhabens getroffen werden:

a.
Prüfung der Qualität von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und von deren Verarbeitungsprodukten;
b.
Produktentwicklung;
c.
Massnahmen, die bereits mit Leistungen aufgrund anderer Erlasse unterstützt werden;
d.
firmenspezifische Massnahmen oder andere Massnahmen, die wettbewerbsverzerrend wirken könnten;
e.
Massnahmen, die primär einer Monopolisierung bestimmter Marktvorteile oder einer anderen Wettbewerbsbeschränkung dienen, insbesondere die Einführung von Clubsorten und Franchisesystemen;
f.
Ausrichtung von pauschalen Entschädigungen, deren Höhe pro Mengen- oder Flächeneinheit berechnet werden;
g.
Massnahmen, die hauptsächlich die Einhaltung von gesetzlichen Anforderungen im Bereich der Qualität und der Nachhaltigkeit sicherstellen.
Art. 3 Spezifische Anforderungen an Vorhaben zur Entwicklung und Etablierung von Produktionsstandards

1 Der Produktionsstandard muss die folgenden Anforderungen erfüllen:

a.
Er trägt langfristig zu einer Erhöhung des Absatzes schweizerischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse, zu einer Verbesserung der Marktposition oder zu einer Erhöhung des Produzentenpreises bei.
b.
Er entspricht einer von den Konsumentinnen und Konsumenten nachgefragten Leistung.
c.
Er muss dafür sorgen, dass die Produkte oder Prozesse ökonomisch sowie ökologisch oder sozial wesentlich nachhaltiger sind als Produkte oder Prozesse, die nur die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen.
d.
Die Fortführung des Produktionsstandards ist nach Ablauf der Unterstützung sichergestellt.
e.
Handelt es sich um die Weiterentwicklung eines bestehenden Produktionsstandards, so muss die Nachhaltigkeit im Vergleich zum bisherigen Standard wesentlich verbessert werden.

2 Die Trägerschaft kann sein:

a.
eine Branchenorganisation; oder
b.
eine Produzentenorganisation, die sich mit Verarbeiterinnen und Verarbeitern oder Händlerinnen und Händlern sowie gegebenenfalls mit Konsumentinnen und Konsumenten zusammenschliesst.

3 Die Trägerschaft eines unterstützten Vorhabens hat die folgenden Pflichten:

a.
Sie muss sicherstellen, dass Transparenz herrscht betreffend die Anforderungen, die der Standard an das Produkt oder den Prozess stellt, sowie betreffend die Einhaltung der Anforderungen.
b.
Sie muss sicherstellen, dass die beteiligten Produzentinnen und Produzenten, Verarbeiterinnen und Verarbeiter und Händlerinnen und Händler sowie gegebenenfalls die beteiligten Konsumentinnen und Konsumenten zusammenarbeiten.
c.
Sie muss die Erreichung der Ziele des Vorhabens anhand von Indikatoren periodisch überprüfen.
Art. 4 Spezifische Anforderungen an Vorhaben zur Einführung neuer Geschäftsmodelle

1 Das Geschäftsmodell muss die folgenden Anforderungen erfüllen:

a.
Es führt im Vergleich zu existierenden Modellen zu einer wesentlichen Steigerung der Nachhaltigkeit in ökonomischer sowie in ökologischer oder sozialer Hinsicht.
b.
Es ist nach Ablauf der Unterstützung selbsttragend.

2 Die Trägerschaft muss ein Zusammenschluss von Produzentinnen und Produzenten mit Verarbeiterinnen und Verarbeitern oder mit Händlerinnen und Händlern sowie gegebenenfalls mit Konsumentinnen und Konsumenten sein.

3 Die Trägerschaft eines unterstützten Vorhabens hat die folgenden Pflichten:

a.
Sie muss sicherstellen, dass die beteiligten Produzentinnen und Produzenten, Verarbeiterinnen und Verarbeiter und Händlerinnen und Händler sowie gegebenenfalls die beteiligten Konsumentinnen und Konsumenten zusammenarbeiten.
b.
Sie muss die Erreichung der Ziele des Vorhabens anhand von Indikatoren periodisch überprüfen.
Art. 5 Spezifische Anforderungen an Vorhaben zur Realisierung neuer Projektideen, einschliesslich der Entwicklung von Prototypen

1 Die neue Projektidee muss die folgenden Anforderungen erfüllen:

a.
Sie unterscheidet sich deutlich von der gängigen landwirtschaftlichen Praxis.
b.
Sie trägt zur Wertschöpfung in den betreffenden Landwirtschaftsbetrieben bei durch:
1.
eine Erhöhung des Absatzes oder des Produzentenpreises;
2.
eine Reduktion der Kosten;
3.
eine Effizienzsteigerung oder eine Verbesserung der Marktposition.
c.
Sie führt im Vergleich zur gängigen landwirtschaftlichen Praxis zu einer Verbesserung der Nachhaltigkeit in sozialer oder ökologischer Hinsicht.

2 Die Trägerschaft muss ein Zusammenschluss von mindestens zwei Produzentinnen und Produzenten sein. Es können zusätzlich auch Verarbeiterinnen und Verarbeiter sowie Händlerinnen und Händler in der Trägerschaft vertreten sein.

Art. 6 Gesuche

1 Gesuche um Finanzhilfen müssen von der Trägerschaft eingereicht werden.

2 Die Gesuche müssen enthalten:

a.
eine Beschreibung des Vorhabens, insbesondere der Ziele des Vorhabens betreffend Nachhaltigkeit und andere Aspekte der Qualität, sowie Angaben darüber, wie die Ziele erreicht werden sollen;
b.
Kriterien, anhand derer festgelegt wird, in welchen Bereichen der Nachhaltigkeit eine Verbesserung erzielt werden soll;
c.
eine Beschreibung der Indikatoren, anhand derer periodisch überprüft wird, inwieweit in den festgelegten Bereichen der Nachhaltigkeit eine Verbesserung erzielt wurde;
d.
Angaben darüber, wie die Trägerschaft ihre Pflichten nach Artikel 3 beziehungsweise 4 erfüllen wird;
e.
Angaben zur Trägerschaft;
f.
Budget und Finanzierungsplan sowie Nachweis der Eigenmittel; für Projekte nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b muss das Gesuch zusätzlich einen Businessplan enthalten.

3 Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) kann weitere Angaben verlangen, sofern dies für die Prüfung des Gesuchs erforderlich ist.

4 Die Gesuche sind innerhalb folgender Fristen einzureichen:

a.
Gesuche um Finanzhilfen für Vorhaben nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a–c: spätestens 3 Monate vor dem geplanten Beginn des Vorhabens;
b.
Gesuche um Finanzhilfen für Vorhaben nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d: vor dem geplanten Beginn des Vorhabens zu den auf der Website des BLW veröffentlichten Terminen.
Art. 7 Entscheid über die Gewährung der Finanzhilfe

1 Das BLW entscheidet über die Gewährung der Finanzhilfen.

2 Es kann Bedingungen und Auflagen festlegen, insbesondere:

a.
Vorgaben betreffend die Kommunikation und den Erfahrungsaustausch zwischen der Trägerschaft und anderen interessierten Kreisen;
b.
Vorgaben betreffend die Festlegung der Kriterien, anhand derer festgelegt wird, in welchen Bereichen der Nachhaltigkeit eine Verbesserung erzielt werden soll;
c.
Vorgaben betreffend die Festlegung der Indikatoren, anhand derer periodisch überprüft wird, inwieweit in den festgelegten Bereichen der Nachhaltigkeit eine Verbesserung erzielt wurde.
Art. 8 Höhe der Finanzhilfen und Dauer der Gewährung

1 Die Finanzhilfe beträgt höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten. Sie darf nicht höher sein als ein allfälliges Defizit.

2 Für die folgenden Vorhaben beträgt der Höchstbetrag der Finanzhilfe für die gesamte Dauer, während der die Finanzhilfe gewährt wird:

a.
für die Realisierung neuer Projektideen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c: 80 000 Franken;
b.
für Vorabklärungen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d: 20 000 Franken.

3 Der endgültige Betrag der Finanzhilfe wird aufgrund der Prüfung der definitiven Abrechnung festgelegt.

4 Die Finanzhilfen werden höchstens für die folgende Dauer gewährt:

a.
für die Entwicklung und die Etablierung von Produktionsstandards sowie für die Einführung neuer Geschäftsmodelle: vier Jahre;
b.
für die Realisierung neuer Projektideen sowie für Vorabklärungen: zwei Jahre.
Art. 9 Anrechenbare Kosten

1 Als anrechenbare Kosten gelten Aufwendungen, die für die zweckmässige Realisierung des Vorhabens erforderlich sind und diesem direkt zugerechnet werden können.

2 Anrechenbar sind insbesondere:

a.
die Personalkosten, einschliesslich Arbeitsplatzkosten;
b.
die Kosten für die Einführung der Produkte auf dem Markt oder der Prozesse bei den Anwenderinnen und Anwendern;
c.
die Kosten für die erstmalige Überprüfung oder Kontrolle der Produkte oder Prozesse;
d.
die Kosten für die professionelle Unterstützung des Projekts durch Dritte.

3 Nicht anrechenbar sind insbesondere:

a.
Struktur-, Organisations- und Verwaltungskosten der Trägerschaften;
b.
Mitgliederbeiträge an Dritte;
c.
Infrastrukturkosten, mit Ausnahme der Kosten für die Entwicklung von Prototypen im Rahmen von Vorhaben nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c;
d.
Kosten der einzelnen Unternehmen für die individuelle Umsetzung der Massnahme.

4 Das BLW kann die Höhe, bis zu der die Kosten anrechenbar sind, begrenzen.

Art. 10 Berichterstattung und Abrechnung

1 Die Trägerschaft muss dem BLW nach Ablauf der Unterstützung einen Schlussbericht und eine Schlussabrechnung einreichen.

2 Bei Vorhaben, die mehr als zwei Jahre dauern, muss sie zudem jährlich einen Zwischenbericht und eine Zwischenabrechnung einreichen.

3 Die Schluss- und Zwischenberichte müssen Auskunft darüber geben, inwieweit das Ziel des Vorhabens erreicht worden ist.

4 Die Berichte und Abrechnungen sind nach den Vorgaben des BLW zu erstellen.

Art. 12 Übergangsbestimmung

Massnahmen, für die vor Inkrafttreten dieser Verordnung eine Finanzhilfe gewährt wurde, unterstehen während der Zeit, für die die Finanzhilfe gewährt wird, dem bisherigen Recht.