412.106.81

Verordnung des EHB-Rates
über das Disziplinarwesen an der EHB

(EHB-Disziplinarverordnung)

vom 18. November 2021 (Stand am 1. März 2022)

Der Rat der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB-Rat),

gestützt auf Artikel 31 Absatz 2 des EHB-Gesetzes vom 25. September 20201,

verordnet:

1. Abschnitt: Geltungsbereich

Art. 1

Diese Verordnung gilt für:

a.
alle Studierenden und Hörerinnen und Hörer der EHB;
b.
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Weiterbildungsprogrammen und ‑kursen, die von der EHB organisiert werden;
c.
exmatrikulierte sowie nicht mehr an der EHB registrierte Personen, sofern sie während der Zeit, in der sie an der EHB immatrikuliert beziehungsweise registriert waren, einen Disziplinarverstoss begangen haben und die Anordnung einer Disziplinarmassnahme weiterhin in Betracht kommt.

2. Abschnitt: Disziplinarverstösse und Disziplinarmassnahmen

Art. 2 Disziplinarverstösse bei Qualifikationsverfahren

1 Einen Disziplinarverstoss begeht, wer bei einem Qualifikationsverfahren:

a.
unerlaubte Hilfsmittel bei sich trägt oder verwendet;
b.
unerlaubte elektronische oder zur Kommunikation nutzbare Geräte bei sich trägt oder verwendet;
c.
gegen die Prüfungsanweisungen verstösst;
d.
eine schriftliche Arbeit oder Lösung einreicht, die nicht selbst verfasst oder erarbeitet wurde oder in der fremde Arbeitsergebnisse und Erkenntnisse als eigene ausgegeben werden.

2 Als unerlaubte Hilfsmittel und Geräte gelten alle nicht explizit als zulässig erklärten Unterlagen, Gegenstände und Geräte.

Art. 3 Weitere Disziplinarverstösse

Einen Disziplinarverstoss begeht zudem, wer:

a.
den Betrieb der EHB, insbesondere den Unterricht oder von ihr organisierte Veranstaltungen, stört;
b.
gegen Ordnungsvorschriften der EHB verstösst;
c.
Informations- und Kommunikationsmittel der EHB missbräuchlich nutzt oder unerlaubterweise verwendet;
d.
der EHB absichtlich oder grobfahrlässig Schaden zufügt;
e.
Angehörige der EHB, Gäste oder Besucherinnen und Besucher bedroht, belästigt, nötigt, in ihrer Ehre verletzt oder in ihrer Tätigkeit an der EHB hindert;
f.
Dokumente der EHB fälscht oder verfälscht oder solche Dokumente zur Täuschung verwendet, um sich oder anderen einen Vorteil zu verschaffen;
g.
eine nach dem schweizerischen Recht strafbare Handlung begeht, die sich gegen die EHB richtet oder bei der die EHB oder Angehörige der EHB im Rahmen ihrer Tätigkeit beziehungsweise ihres Studiums an der EHB die Geschädigten sind;
h.
Beihilfe zu einem Disziplinarverstoss leistet oder jemanden zu einem Disziplinarverstoss anstiftet.
Art. 4 Disziplinarmassnahmen

1 Bei einem Verstoss kann die Direktorin oder der Direktor:

a.
einen Verweis aussprechen;
b.
den Ausschluss aus der EHB in Aussicht stellen;
c.
die betroffene Person über allfällige weitere Massnahmen informieren.

2 Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstössen richtet sich die Massnahme nach Artikel 31 Absatz 3 des EHB-Gesetzes.

3 Bei einem Verstoss im Rahmen eines Qualifikationsverfahrens erklärt die Direktorin oder der Direktor das ganze Verfahren oder einen Teil davon für nicht bestanden.

4 Bei besonders leichten Disziplinarverstössen ausserhalb eines Qualifikationsverfahrens kann auf eine Disziplinarmassnahme verzichtet werden.

3. Abschnitt: Zuständigkeit und Verfahren

Art. 5 Zuständigkeit

1 Für die Durchführung der Disziplinarverfahren sind zuständig:

a.
die Untersuchungsperson oder deren Stellvertreterin oder Stellvertreter; und
b.
die Direktorin oder der Direktor.

2 Die Untersuchungsperson sowie deren Stellvertreterin oder Stellvertreter müssen an der EHB angestellt sein und über eine juristische Ausbildung verfügen.

3 Sie werden von der Direktorin oder dem Direktor ernannt.

4 Die Ernennung erfolgt unbefristet. Sie kann von der Direktorin oder dem Direktor widerrufen werden.

Art. 6 Feststellung des Disziplinarverstosses und Entscheid über die Eröffnung des Disziplinarverfahrens

1 Besteht ein Verdacht auf einen Disziplinarverstoss, so müssen die Fakten und Indizien aufgenommen und die Beweismittel gesichert werden.

2 Die Untersuchungsperson bereitet alle Unterlagen im Zusammenhang mit dem allfälligen Verstoss sowie weitere Dokumente zum Sachverhalt vor.

3 Sie beantragt der Direktorin oder dem Direktor, das Verfahren zu eröffnen oder nicht an die Hand zu nehmen.

4 Die Direktorin oder der Direktor entscheidet über die Eröffnung oder die Nichtanhandnahme des Verfahrens.

Art. 7 Vorsorgliche Massnahmen

Die Direktorin oder der Direktor kann bei schwerwiegenden Disziplinarverstössen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung die betroffene Person nach vorgängiger Anhörung bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens vom Studium an der EHB suspendieren und ihr den Zugang zu Einrichtungen der EHB verbieten.

Art. 8 Durchführung des Verfahrens

1 Die Untersuchungsperson informiert die Leitung des betreffenden Studiengangs sowie die verantwortliche Examinatorin oder den verantwortlichen Examinator umgehend über die Durchführung des Disziplinarverfahrens.

2 Die Untersuchungsperson kann bei Bedarf weitere Fachpersonen beiziehen, insbesondere bei Verstössen nach Artikel 2 Absatz 1.

3 Sie informiert die betroffene Person darüber, dass und aus welchen Gründen gegen sie ein Disziplinarverfahren eröffnet wurde, und fordert sie auf, sich innert angemessener Frist schriftlich oder im Rahmen einer Anhörung mündlich zum Sachverhalt und zur Schuldfrage zu äussern. Sie informiert die betroffene Person über ihre Verfahrensrechte.

4 Im Falle einer mündlichen Anhörung werden die Aussagen der betroffenen Person in einem Protokoll festgehalten, das ihr zur Kontrolle und Unterschrift vorgelegt wird.

Art. 9 Vertraulichkeit

Alle am Disziplinarverfahren beteiligten oder darüber informierten Personen sind zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Art. 10 Fristen
1 Disziplinarverstösse verjähren fünf Jahre, nachdem sie begangen wurden, Disziplinarverstösse im Rahmen von Qualifikationsverfahren sechs Monate, nachdem sie begangen wurden.

2 Führt ein Disziplinarverstoss zum unrechtmässigen Erwerb eines Titels der EHB, so verjährt der Verstoss nicht.

3 Das Disziplinarverfahren muss innerhalb von drei Monaten nach der Feststellung des Verstosses eröffnet werden, ausser wenn in der gleichen Sache ein Strafverfahren eröffnet wurde. In diesem Fall ruht die Verjährung, bis ein rechtskräftiger Abschluss der Untersuchung oder ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.

4. Abschnitt: Disziplinarentscheid und Rechtsschutz

Art. 11 Disziplinarentscheid

1 Die Mitteilung über einen Disziplinarentscheid erfolgt schriftlich in der Form einer Verfügung. Eine Mitteilung auf elektronischem Weg ist ausgeschlossen.

2 Der Entscheid muss eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung enthalten.

Art. 12 Rechtsschutz

Verfügungen aufgrund dieser Verordnung können innert 30 Tagen nach deren Empfang beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

5. Abschnitt: Inkrafttreten

Art. 13

Diese Verordnung tritt am 1. März 2022 in Kraft.