0.946.312.763

 AS 2022 562; BBl 2020 1979

Abkommen
in Form eines Briefwechsels zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Türkei über
die Ursprungskumulierung zwischen der Europäischen Union,
der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dem Königreich Norwegen
und der Republik Türkei im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems

Abgeschlossen am 10. Juli 2020
Von der Bundesversammlung genehmigt am 19. Juni 20201
In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. November 2022

(Stand am 1. November 2022)

Originaltext

Frau Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch

Direktorin

Staatssekretariat für Wirtschaft

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft,
Bildung und Forschung

Bern

Bern, den 10. Juli 2020

Herrn Hüsnü Dilemre

Generaldirektor für
internationale Abkommen und europäische Angelegenheiten des Handelsministeriums

Botschaft der Republik Türkei

Bern

Sehr geehrter Herr Dilemre

Ich beehre mich, den Eingang Ihres Schreibens vom 4. Dezember 2019 zu bestätigen, das wie folgt lautet:

«1.  Die Schweizerische Eidgenossenschaft (die «Schweiz») und die Republik Türkei (die «Türkei») sind als Vertragsparteien dieses Briefwechsels (das «Abkommen») der Auffassung, dass sie im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems («APS») ähnliche Ursprungsregeln anwenden, die auf folgenden allgemeinen Grundsätzen beruhen:

a.
Definition des Begriffs «Erzeugnisse mit Ursprung in» oder «Ursprungserzeugnisse» nach denselben Kriterien;
b.
Bestimmungen über die regionale Kumulierung;
c.
Bestimmungen über die regionale Kumulierung mit Vormaterialien, die ihren Ursprung im Sinne der APS-Ursprungsregeln in der Europäischen Union («EU»), in der Schweiz, im Königreich Norwegen («Norwegen») oder in der Türkei haben;
d.
Bestimmungen über eine allgemeine Toleranz für Materialien ohne Ursprungseigenschaft;
e.
Bestimmungen über die Nicht-Veränderung von Erzeugnissen aus dem begünstigten Land;
f.
Bestimmungen über die Ausfertigung von Ersatz-Ursprungsnachweisen;
g
Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der begünstigten Länder bei Ursprungsnachweisen.

2.  Die Schweiz und die Türkei anerkennen, dass Vormaterialien mit Ursprung in der EU, in der Schweiz, in Norwegen oder in der Türkei im Sinne der jeweiligen APS-Ursprungsregeln als Ursprungserzeugnis eines begünstigten Landes des APS-Schemas einer Vertragspartei gelten, wenn sie in diesem begünstigten Land weiter be- oder verarbeitet werden, als Be- oder Verarbeitungen, die als nicht ausreichend gelten, um die Ursprungseigenschaft zu verleihen.

Die Zollbehörden der Schweiz und der Türkei leisten einander die erforderliche Amtshilfe, insbesondere bei der nachträglichen Prüfung der Ursprungsnachweise für die im vorhergehenden Unterabsatz genannten Vormaterialien. Es gelten die Bestimmungen zur Zusammenarbeit der Verwaltungen in Anlage I zum Regionalen Über­einkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln («PEM-Übereinkommen»).

Dieser Absatz gilt nicht für die Waren der Kapitel 1–24 des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren («Harmonisiertes System»), das von der Organisation verabschiedet wurde, die gemäss der am 15. Dezember 1950 in Brüssel abgeschlossenen Konvention betreffend die Gründung eines Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens gegründet wurde.

3.  Die Schweiz und die Türkei akzeptieren die Ersatz-Ursprungsnachweise in Form von Ersatzerklärungen zum Ursprung, die von zu diesem Zweck registrierten Wiederversendern der anderen Vertragspartei ausgefertigt wurden.

Jede Vertragspartei beurteilt im Einklang mit ihrer eigenen Gesetzgebung, ob Erzeugnissen mit Ersatzerklärung zum Ursprung eine Präferenzbehandlung gewährt werden soll.

4.  Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass die folgenden Bedingungen erfüllt sind, bevor eine Ersatzerklärung zum Ursprung ausgefertigt wird:

a.
Ersatzerklärungen zum Ursprung dürfen nur ausgefertigt werden, wenn die ursprünglichen Ursprungsnachweise im Einklang mit der in der Schweiz oder in der Türkei geltenden Gesetzgebung ausgestellt oder ausgefertigt wurden;
b.
eine Erklärung zum Ursprung oder eine Ersatzerklärung zum Ursprung kann nur für Erzeugnisse, die in einer Vertragspartei nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen wurden, durch eine oder mehrere Ersatzerklärungen zum Ursprung ersetzt werden, um alle oder einige der in der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung erfassten Erzeugnisse von dieser Vertragspartei in die andere Vertragspartei zu senden;
c.
die Erzeugnisse müssen in der wiederversendenden Vertragspartei unter zollamtlicher Überwachung geblieben sein und dürfen nicht verändert, in irgendeiner Weise umgewandelt oder Be- oder Verarbeitungen unterzogen worden sein, die über das zur Erhaltung ihres Zustands erforderliche Mass hinausgehen («Grundsatz der Nicht-Veränderung»);
d.
bei Erzeugnissen, die die Ursprungseigenschaft im Rahmen einer von einer Vertragspartei gewährten Abweichung von den Ursprungsregeln erworben haben, werden keine Ersatzerklärungen zum Ursprung ausgefertigt, sofern die Erzeugnisse in die andere Vertragspartei wiederversandt werden;
e.
Ersatzerklärungen zum Ursprung können von den Wiederversendern ausgefertigt werden, wenn die zur Wiederversendung ins Gebiet der anderen Vertragspartei bestimmten Erzeugnisse ihre Ursprungseigenschaft durch regionale Kumulierung erlangt haben;
f.
Ersatzerklärungen zum Ursprung können von den Wiederversendern ausgefertigt werden, wenn den zur Wiederversendung ins Gebiet der anderen Vertragspartei bestimmten Erzeugnissen durch die wiederversendende Vertrags­partei keine Präferenzbehandlung gewährt wird.

5.  Für die Zwecke von Unterabsatz 4(c) gilt Folgendes:

Bestehen begründete Zweifel an der Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Ver­änderung, können die Zollbehörden der Vertragspartei der endgültigen Bestimmung den Anmelder auffordern, die Einhaltung des Grundsatzes nachzuweisen, was auf jede Art geschehen kann.

Auf Antrag des Wiederversenders bestätigt die Zollbehörde der wiederversendenden Vertragspartei, dass die Erzeugnisse während ihres Aufenthalts auf dem Gebiet dieser Vertragspartei unter zollamtlicher Überwachung geblieben sind und dass die Zollbehörde keine Erlaubnis erteilt hat, diese während der Lagerung auf dem Gebiet der Vertragspartei zu verändern, in irgendeiner Weise umzuwandeln oder sie Be- oder Verarbeitungen zu unterziehen, die über das zur Erhaltung ihres Zustands erforderliche Mass hinausgehen.

6.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass:

a.
bei Ersatzerklärungen zum Ursprung, die den in einem begünstigten Land des APS-Schemas der Schweiz und desjenigen der Türkei ursprünglich ausgefertigten Erklärungen zum Ursprung entsprechen, die Zollbehörden der Schweiz und der Türkei sich bei der Nachprüfung dieser Ersatzerklärungen zum Ursprung gegenseitig die erforderliche Amtshilfe leisten. Auf Antrag der Vertragspartei der endgültigen Bestimmung müssen die Zollbehörden der wiederversendenden Vertragspartei das Verfahren zur nachträglichen Prüfung der entsprechenden ursprünglichen Erklärung zum Ursprung einleiten und durchführen;
b.
bei Ersatzerklärungen zum Ursprung, die den in einem ausschliesslich begünstigten Land des APS-Schemas der Vertragspartei der endgültigen Bestimmung ursprünglich ausgefertigten Erklärungen zum Ursprung entsprechen, diese Vertragspartei in Zusammenarbeit mit dem begünstigten Land das Verfahren zur nachträglichen Prü­fung der ursprünglichen Erklärungen zum Ursprung durchführt. Die ursprünglichen Erklärungen zum Ursprung, die den zu prüfenden Ersatzerklärungen zum Ur­sprung entsprechen, oder allfällige Kopien der ursprünglichen Erklärungen zum Ur­sprung, die den zu prüfenden Ersatzerklärungen zum Ursprung entsprechen, werden durch die Zollbehörden der wiederversendenden Vertragspartei den Zollbehörden der Vertragspartei der endgültigen Bestimmung zugestellt, damit diese das Verfahren zur nachträglichen Prüfung durchführen können.

7.  Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass:

a.
der Wiederversender auf jeder Ersatzerklärung zum Ursprung Folgendes vermerkt:
1.
alle Angaben der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung zu den wiederversandten Erzeugnissen,
2.
das Datum der Ausfertigung der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung,
3.
die Angaben der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung, einschliesslich allfälliger Informationen über eine für die durch die Erklärung zum Ursprung erfassten Erzeugnisse geltende Kumulierung,
4.
Name und Adresse des Wiederversenders sowie dessen Nummer als registrierter Ausführer,
5.
Name und Adresse des Empfängers in der Schweiz oder in der Türkei,
6.
Datum und Ort der Ausfertigung der Erklärung zum Ursprung;
b.
jede Ersatzerklärung zum Ursprung den Vermerk «Replacement statement» oder «Attestation de remplacement» trägt;
c.
Ersatzerklärungen zum Ursprung von im elektronischen System zur Selbstzertifizierung des Ursprungs durch Ausführer (Registered Exporter System, kurz REX-System) registrierten Wiederversendern ausgefertigt werden, unabhängig vom Wert der Ursprungserzeugnisse in der ursprünglichen Sendung;
d.
der Wiederversender beim Ersatz einer Erklärung zum Ursprung auf der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung Folgendes vermerkt:
1.
das Datum der Ausfertigung der Ersatzerklärung(en) zum Ursprung und die davon erfassten Warenmengen,
2.
Name und Adresse des Wiederversenders,
3.
Name und Adresse des Empfängers oder der Empfänger in der Schweiz oder in der Türkei;
e.
auf der ursprünglichen Erklärung zum Ursprung der Vermerk «Replaced» oder «Remplacé» angebracht wird;
f.
eine Ersatzerklärung zum Ursprung ab dem Datum ihrer Ausfertigung für einen Zeitraum von zwölf Monaten gültig ist;
g.
Ersatzerklärungen zum Ursprung auf Englisch oder Französisch verfasst werden.

8.  Die ursprünglichen Erklärungen zum Ursprung und Kopien der Ersatzerklärungen zum Ursprung sind vom Wiederversender ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Ersatzerklärungen zum Ursprung ausgefertigt wurden, mindestens drei Jahre lang aufzubewahren.

9.  Mögliche Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, die sich bei der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens ergeben, werden ausschliesslich im Rahmen bilateraler Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien beigelegt. Wenn die Streitfragen die Interessen Norwegens und/oder der EU berühren könnten, sind diese zu konsultieren.

10.  Die Vertragsparteien können dieses Abkommen in gegenseitigem Einvernehmen jederzeit in schriftlicher Form abändern. Auf Antrag einer Vertragspartei nehmen beide Vertragsparteien Konsultationen über mögliche Änderungen dieses Abkommens auf. Falls diese Änderungen die Interessen Norwegens und/oder der EU betreffen könnten, so werden diese konsultiert. Solche Änderungen treten zu einem einvernehmlich vereinbarten Zeitpunkt in Kraft, sobald beide Vertragsparteien sich gegenseitig den Abschluss ihrer jeweiligen innerstaatlichen Verfahren notifiziert haben.

11.  Jede der beiden Vertragsparteien kann die Anwendung dieses Abkommens unverzüglich aussetzen, wenn sie schwerwiegende Zweifel an seinem ordnungsmässigen Funktionieren hat und sofern sie die andere Vertragspartei drei Monate im Voraus schriftlich darüber in Kenntnis gesetzt hat.

12.  Jede der beiden Vertragsparteien kann dieses Abkommen kündigen, sofern sie die andere Vertragspartei drei Monate im Voraus schriftlich darüber in Kenntnis gesetzt hat.

13.  Sobald das Abkommen zwischen Norwegen und der Türkei gemäss dem ersten Unterabsatz von Absatz 2 dieses Abkommens in Kraft ist und unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit seitens Norwegens, kann jede Vertragspartei vorsehen, dass in den Vertragsparteien Ersatzerklärungen zum Ursprung für Erzeugnisse ausgefertigt werden können, die Vormaterialien mit Ursprung in Norwegen enthalten, die im Rahmen der bilateralen Kumulierung in APS-begünstigten Ländern be- oder verarbeitet wurden.

14.  Sobald das Abkommen2 zwischen der EU und der Türkei gemäss dem ersten Unterabsatz von Absatz 2 dieses Abkommens in Kraft ist und unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit seitens der EU, kann jede Vertragspartei vorsehen, dass in den Vertragsparteien Ersatzerklärungen zum Ursprung für Erzeugnisse ausgefertigt werden können, die Vormaterialien mit Ursprung in der EU enthalten, die im Rahmen der bilateralen Kumulierung in APS-begünstigten Ländern be- oder verarbeitet wurden.

15.  Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Schweiz und die Türkei sich gegenseitig den Abschluss der zur Annahme notwendigen innerstaatlichen Verfahren notifiziert haben.

2 Bekanntmachung der Kommission gemäss Artikel 85 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93, Durchführungsvorschriften zum Zollkodex der Gemeinschaften, Erweiterung des mit jenem Artikel eingeführten bilateralen Kumulierungssystems auf die Türkei; ABl. C 134, 15.4.2016, S. 1.