0.440.2

 AS 2020 271; BBl 2019 67

Übersetzung

Rahmenübereinkommen
des Europarats über den Wert des Kulturerbes
für die Gesellschaft

Abgeschlossen in Faro am 27. Oktober 2005

Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. Juni 20191

Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 7. November 2019

In Kraft getreten für die Schweiz am 1. März 2020

(Stand am 1. März 2020)

Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,

in der Erwägung, dass es eines der Ziele des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen, um die Ideale und die Grundsätze, die auf der Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit beruhen und die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu bewahren und zu fördern;

in der Anerkennung der Notwendigkeit, Menschen und menschliche Werte in den Mittelpunkt eines erweiterten und transversalen Konzepts von Kulturerbe zu stellen;

unter Betonung des Werts und des Potenzials eines sinnvoll genutzten Kulturerbes als eine Ressource für nachhaltige Entwicklung und Lebensqualität in einer sich ständig weiter entwickelnden Gesellschaft;

in der Anerkennung, dass jeder Mensch, unter Achtung der Rechte und Freiheiten anderer, das Recht besitzt, sich am Kulturerbe seiner Wahl zu beteiligen, und dass dieses Recht ein Aspekt des Rechts ist, am kulturellen Leben frei teilzuhaben, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (1948) begründet und vom Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966)2 gewährleistet wird;

überzeugt von der Notwendigkeit, alle Menschen in den fortwährenden Prozess der Definition des Kulturerbes und des Umgangs mit dem Kulturerbe einzubinden;

überzeugt von der Richtigkeit von Kulturerbepolitiken und Bildungsinitiativen, die alle Formen von Kulturerbe gleich behandeln und somit den Dialog zwischen Kulturen und Religionen fördern;

Bezug nehmend auf die Instrumente des Europarats, insbesondere das Europäische Kulturabkommen (1954)3, das Übereinkommen zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes Europas (1985)4, das Europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes (1992, revidiert)5 und das Europäische Landschaftsübereinkommen (2000)6;

in der Überzeugung, dass ein Interesse daran besteht, einen europaweiten Rahmen für die Zusammenarbeit zu schaffen, und so den dynamischen Prozess der Umsetzung dieser Grundsätze zu begünstigen;

sind wie folgt übereingekommen:

Kapitel I Ziele, Definitionen und Grundsätze


Art. 1 Ziele des Übereinkommens

Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens vereinbaren:

a.
anzuerkennen, dass das Recht auf Kulturerbe dem Recht zur Teilhabe am kulturellen Leben innewohnt, so wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte definiert wird;
b.
eine individuelle und kollektive Verantwortung hinsichtlich des Kulturerbes anzuerkennen;
c.
hervorzuheben, dass die Erhaltung des Kulturerbes und seine nachhaltige Nutzung die Entwicklung der Menschen und die Lebensqualität zum Ziel haben;
d.
die erforderlichen Massnahmen zur Umsetzung dieses Übereinkommens zu ergreifen, und zwar hinsichtlich:
des Beitrags des Kulturerbes für den Aufbau einer friedlichen und demokratischen Gesellschaft sowie für die Prozesse einer nachhaltigen Entwicklung und der Förderung der kulturellen Vielfalt,
einer grösseren Synergie der Kompetenzen aller betroffenen öffent­lichen, institutionellen und privaten Akteure.
Art. 2 Definitionen

Im Sinne dieses Übereinkommens gilt Folgendes:

a.
Kulturerbe ist die Gesamtheit der Ressourcen, die aus der Vergangenheit ererbt wurden und welche die Menschen unabhängig von der Eigentums­zuordnung als eine Widerspiegelung und einen Ausdruck ihrer ständig sich weiter entwickelnden Werte, Überzeugungen, ihres Wissens und ihrer Traditionen identifizieren. Es umfasst alle Aspekte der Umwelt, die aus der Interaktion zwischen Menschen und Orten im Laufe der Zeit hervorgehen.
b.
Eine Kulturerbe-Gemeinschaft besteht aus Menschen, die bestimmte Aspekte des Kulturerbes wertschätzen und dieses im Rahmen des öffentlichen Handelns zu bewahren und an nachfolgende Generationen zu übertragen wünschen.
Art. 3 Das gemeinsame Erbe Europas

Die Vertragsparteien vereinbaren, die Wertschätzung für das gemeinsame Erbe Europas zu fördern, welches sich zusammensetzt aus:

a.
allen Formen des Kulturerbes in Europa, welche als Gesamtheit eine gemeinsame Quelle der Erinnerung, des Verständnisses, der Identität, des Zusammenhalts und der Kreativität bilden; und
b.
den Idealen, Grundsätzen und Werten, hervorgegangen aus der Erfahrung des Fortschritts und vergangener Konflikte, welche die Entwicklung einer friedlichen und stabilen Gesellschaft fördern, die ihrerseits auf der Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gründet.
Art. 4 Rechte und Verpflichtungen in Bezug auf das Kulturerbe

Die Vertragsparteien anerkennen, dass:

a.
jeder Mensch, allein oder als Teil einer Gemeinschaft, das Recht hat, am Kulturerbe teilzuhaben und zu seiner Bereicherung beizutragen;
b.
jeder Mensch, allein oder als Teil einer Gemeinschaft, die Verpflichtung hat, das Kulturerbe anderer genauso zu achten, wie das eigene Kulturerbe und folglich auch das gemeinsame Erbe Europas;
c.
die Ausübung des Rechts auf Kulturerbe nur jenen Beschränkungen unterworfen werden kann, welche in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz des öffentlichen Interesses sowie der Rechte und Freiheiten Dritter notwendig sind.
Art. 5 Gesetze und Politiken zum Kulturerbe

Die Vertragsparteien verpflichten sich:

a.
das öffentliche Interesse anzuerkennen, das mit Formen von Kulturerbe aufgrund ihrer Bedeutung für die Gesellschaft verbunden ist;
b.
das Kulturerbe in Wert zu setzen durch seine Identifizierung, seine Erforschung, seine Interpretation, seinen Schutz, seine Erhaltung und seine Darstellung;
c.
im besonderen Kontext der jeweiligen Vertragspartei sicherzustellen, dass gesetzliche Bestimmungen vorliegen für die Ausübung des Rechts auf Kulturerbe nach Artikel 4;
d.
ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Klima zu pflegen, das die Teilhabe an Tätigkeiten mit Bezug zum Kulturerbe unterstützt;
e.
die Erhaltung des Kulturerbes zu fördern als ein zentraler Faktor, um die sich gegenseitig bedingenden Ziele der nachhaltigen Entwicklung, der kulturellen Vielfalt und des zeitgenössischen Schaffens zu erreichen;
f.
den Wert des Kulturerbes anzuerkennen, das sich auf den Gebieten unter ihrer Rechtsprechung befindet, und zwar unabhängig von seinem Ursprung;
g.
integrierte Strategien zu erarbeiten, um die Umsetzung dieses Übereinkommens zu erleichtern.
Art. 6 Wirkungen des Übereinkommens

Keine Bestimmung dieses Übereinkommens darf so ausgelegt werden, dass sie:

a.
die Menschrechte und Grundfreiheiten begrenzt oder beeinträchtigt, die durch internationale Instrumente, insbesondere durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, gewährleistet werden könnten;
b.
sich auf strengere Bestimmungen bezüglich des Kulturerbes und der Umwelt auswirkt, die in anderen nationalen oder internationalen Rechtsinstrumenten enthalten sind;
c.
einklagbare Rechte schafft.

Kapitel II Beitrag des Kulturerbes zur Gesellschaft und zur menschlichen Entwicklung


Art. 7 Kulturerbe und Dialog

Die Vertragsparteien verpflichten sich durch die Tätigkeit der öffentlichen Hand und anderer zuständiger Einrichtungen:

a.
zum Nachdenken über Ethik und Methoden der Darstellung des Kulturerbes und zur Achtung der Vielfalt seiner Auslegungen zu ermutigen;
b.
Schlichtungsprozesse einzuführen, um gerecht mit Situationen umzugehen, in denen verschiedene Gemeinschaften demselben Kulturerbe gegensätz­liche Werte beimessen;
c.
das Wissen um das Kulturerbe als Ressource für ein friedliches Zusammenleben zu verbreiten, und zwar durch die Förderung von Vertrauen und gegenseitigem Verständnis im Hinblick auf die Lösung und die Verhinderung von Konflikten;
d.
diese Ansätze in alle Aspekte der lebenslangen Bildung und Weiterbildung zu integrieren.
Art. 8 Umwelt, Kulturerbe und Lebensqualität

Die Vertragsparteien verpflichten sich, alle Aspekte des Kulturerbes und der kulturellen Umwelt zu nutzen, um:

a.
die Prozesse der wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und kul­turellen Entwicklung sowie der Raumplanung zu bereichern, wobei wenn nötig auf Verträglichkeitsprüfungen und Schadenminderungsstrategien zu­rückzugreifen ist;
b.
für die Politik in den Bereichen der kulturellen, biologischen, geologischen und landschaftlichen Vielfalt einen integrierten Ansatz zu fördern, damit ein Ausgleich zwischen diesen Elementen erreicht werden kann;
c.
den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, indem sie das Bewusstsein für die Verantwortung aller gegenüber dem gemeinsamen Lebensraum fördern;
d.
Qualitätsziele vorzusehen, damit sich zeitgenössische Werke in die Umwelt eingliedern, ohne deren kulturellen Werte zu gefährden.
Art. 9 Nachhaltige Nutzung des Kulturerbes

Um das Kulturerbe langfristig erhalten zu können, verpflichten sich die Vertragsparteien:

a.
die Achtung der Integrität des Kulturerbes zu fördern, indem sie gewährleisten, dass Entscheidungen über Anpassungen am Kulturerbe das Verständnis für die betroffenen kulturellen Werte miteinbeziehen;
b.
Grundsätze für einen nachhaltigen Umgang mit dem Kulturerbe zu definieren und zu fördern sowie zu seiner Erhaltung zu ermutigen;
c.
sicherzustellen, dass alle allgemeinen technischen Bestimmungen die besonderen Anforderungen an die Erhaltung des Kulturerbes berücksichtigen;
d.
die Verwendung von Materialien, Methoden und Praktiken zu fördern, die auf der Tradition beruhen, und deren Potenzial für zeitgenössisches Schaffen zu untersuchen;
e.
mit Verfahren der beruflichen Qualifizierung und Akkreditierung von Einzelpersonen, Unternehmen und Institutionen qualitativ hochwerte Eingriffe am Kulturerbe zu fördern.
Art. 10 Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeit

Um das Potenzial des Kulturerbes als Faktor der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung voll auszuschöpfen, verpflichten sich die Vertragsparteien:

a.
das Bewusstsein für das wirtschaftliche Potenzial des Kulturerbes zu schaffen und dieses Potenzial zu nutzen;
b.
bei der Erarbeitung von Wirtschaftspolitiken den besonderen Charakter und die Interessen des Kulturerbes zu berücksichtigen; und
c.
darüber zu wachen, dass diese Politiken die Integrität des Kulturerbes respektieren und die ihm innewohnenden Werte nicht beeinträchtigen.

Kapitel III Gemeinsame Verantwortung für das Kulturerbe und Teilhabe der Bevölkerung



Art. 11 Organisation der öffentlichen Verantwortung für das Kulturerbe

Im Umgang mit dem Kulturerbe verpflichten sich die Vertragsparteien:

a.
einen integrierten und gut informierten Ansatz für das staatliche Handeln in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu fördern;
b.
rechtliche, finanzielle und fachliche Rahmenbedingungen zu entwickeln, die ein gemeinsames Handeln von Behörden, Fachleuten, Eigentümerschaften, Investorinnen und Investoren, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesellschaft ermöglichen;
c.
innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen den Behörden und anderen Beteiligten zu entwickeln;
d.
freiwillige Initiativen, welche den Auftrag der Behörden ergänzen, zu respektieren und zu fördern;
e.
Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Erhaltung des Kulturerbes dazu zu ermutigen, im öffentlichen Interesse zu handeln.
Art. 12 Zugang zum Kulturerbe und demokratische Teilhabe

Die Vertragsparteien verpflichten sich:

a.
jeden Menschen zu ermutigen:
sich am Prozess der Identifizierung, des Studiums, der Interpretation, des Schutzes, der Erhaltung und der Darstellung des Kulturerbes zu beteiligen,
sich am öffentlichen Nachdenken und an der öffentlichen Debatte über Möglichkeiten und Herausforderungen, die das Kulturerbe bietet, zu beteiligen;
b.
den Wert zu berücksichtigen, den jede Kulturerbe-Gemeinschaft demjenigen Kulturerbe zuschreibt, mit dem sie sich identifiziert;
c.
die Rolle von freiwilligen Organisationen anzuerkennen, sowohl als Partner bei Aktivitäten als auch als konstruktive Kritiker von Kulturerbepolitiken;
d.
Massnahmen zu ergreifen, um den Zugang zum Kulturerbe insbesondere für junge Leute und für benachteiligte Personen zu verbessern, damit das Bewusstsein für den Wert des Kulturerbes geweckt werden kann sowie für die Notwendigkeit, es zu unterhalten und zu bewahren, und für dessen Vorzüge, die aus ihm abgeleitet werden können.
Art. 13 Kulturerbe und Wissen

Die Vertragsparteien verpflichten sich:

a.
die Verankerung der Dimension des Kulturerbes auf allen Bildungsebenen zu fördern, nicht zwingend als eigentliches Studienobjekt, sondern als geeignetes Mittel, sich andere Wissensgebiete zu erschliessen;
b.
die Verbindung zwischen der Schul- und der Berufsbildung im Bereich des Kulturerbes zu stärken;
c.
interdisziplinäre Forschung zum Kulturerbe, zu Kulturerbe-Gemeinschaften, zur Umwelt und zu Wechselwirkungen unter ihnen zu begünstigen;
d.
die berufliche Weiterbildung und den Austausch von Wissen und Fähigkeiten innerhalb des Schulsystems und im ausserschulischen Bereich zu begünstigen.
Art. 14 Kulturerbe und Informationsgesellschaft

Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Nutzung der digitalen Technologien zu fördern und dadurch den Zugang zum Kulturerbe sowie zu dessen Vorzügen, die daraus abgeleitet werden können, zu verbessern, indem sie:

a.
Initiativen unterstützen, die die Qualität der Inhalte fördern und sich bemühen, die Vielfalt der Sprachen und Kulturen in der Informationsgesellschaft zu gewährleisten;
b.
international vergleichbare Standards für das Studium, die Erhaltung, die Inwertsetzung und die Sicherheit des Kulturerbes unterstützen und gleich­zeitig den illegalen Kulturgütertransfer bekämpfen;
c.
versuchen, Hindernisse beim Zugang zu Informationen über das Kulturerbe abzubauen, insbesondere für Bildungszwecke, und gleichzeitig die Urheberrechte schützen;
d.
anerkennen, dass die Schaffung digitaler Inhalte, die sich auf das Kulturerbe beziehen, die Erhaltung von bestehendem Kulturerbe nicht gefährden sollte.

Kapitel IV Monitoring und Zusammenarbeit


Art. 15 Verpflichtungen der Vertragsparteien

Die Vertragsparteien verpflichten sich:

a.
über den Europarat ein Monitoring aufzubauen, welches die Gesetzgebung, die Politik und die Praktiken im Bereich des Kulturerbes umfasst, in Übereinstimmung mit den in diesem Übereinkommen festgelegten Grundsätzen;
b.
ein gemeinsames Informationssystem aufrechtzuerhalten, weiterzuent­wi­ckeln und mit Daten zu beliefern, zu dem die Öffentlichkeit Zugang hat und mit dem beurteilt werden kann, wie eine Vertragspartei ihre Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erfüllt.
Art. 16 Mechanismus des Monitorings
a.
Das Ministerkomitee bildet gestützt auf Artikel 17 der Satzung des Europarats einen geeigneten Ausschuss oder betraut einen bestehenden Ausschuss mit der Überprüfung der Umsetzung dieses Übereinkommens und stattet ihn mit der Befugnis aus, die Regeln für die Wahrnehmung seiner Aufgabe festzulegen.
b.
Der gebildete Ausschuss:
legt Verfahrensregeln fest, soweit dies erforderlich ist;
führt das gemeinsame Informationssystem gemäss Artikel 15, wobei er sich einen Überblick über die Mittel verschafft, mit denen die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommens eingehalten werden;
äussert sich auf Ersuchen einer oder mehrerer Vertragsparteien beratend zu jeglichen Fragen in Bezug auf die Auslegung dieses Übereinkommens, und zwar unter Berücksichtigung aller Rechtsinstrumente des Europarats;
evaluiert auf Initiative einer oder mehrerer Vertragsparteien jegliche Aspekte der Umsetzung dieses Übereinkommens;
begünstigt die sektorübergreifende Anwendung dieses Übereinkommens in Zusammenarbeit mit anderen Ausschüssen und durch Teilnahme an anderen Initiativen des Europarats;
erstattet dem Ministerkomitee Bericht über seine Tätigkeiten.

Der Ausschuss kann Fachleute und Beobachterinnen und Beobachter in seine Arbeit einbinden.

Art. 17 Zusammenarbeit bei Folgemassnahmen

Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Zusammenarbeit untereinander und mit dem Europarat bei der Verfolgung der Ziele und der Einhaltung der Grundsätze dieses Übereinkommens, insbesondere bei der Förderung der Anerkennung des gemeinsamen Erbes von Europa, indem sie:

a.
Strategien für die Zusammenarbeit entwickeln, um die im Monitoringprozess festgestellten Prioritäten anzugehen;
b.
multilaterale und grenzüberschreitende Tätigkeiten pflegen und Netzwerke für die regionale Zusammenarbeit entwickeln, um diese Strategien umzusetzen;
c.
Beispiele guter Praxis austauschen, entwickeln, kodifizieren und deren Verbreitung sicherstellen;
d.
die Öffentlichkeit über die Ziele und die Umsetzung dieses Übereinkommens informieren.

Einzelne Vertragsparteien können durch gegenseitige Vereinbarung finanzielle Vor­kehrungen treffen, um die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern.

Kapitel V Schlussbestimmungen


Art. 18 Unterzeichnung und Inkrafttreten
a.
Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf.
b.
Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
c.
Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem zehn Mitgliedstaaten des Europarats nach Buchstabe b ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
d.
Für jeden Unterzeichnerstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art. 19 Beitritt
a.
Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Staat, der nicht Mitglied des Europarats ist, und die Europäische Gemeinschaft einladen, dem Übereinkommen beizutreten durch einen Beschluss mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben.
b.
Für jeden beitretenden Staat und für die Europäische Gemeinschaft im Falle ihres Beitritts tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag der Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
Art. 20 Räumlicher Geltungsbereich
a.
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
b.
Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
c.
Jede nach den Buchstaben a und b abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 21 Kündigung
a.
Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
b.
Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 22 Änderungen
a.
Jede Vertragspartei und der in Artikel 16 genannte Ausschuss können Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen.
b.
Jeder Änderungsvorschlag wird dem Generalsekretär des Europarats notifiziert, der ihn den Mitgliedstaaten des Europarats, den anderen Vertragsparteien sowie allen Nichtmitgliedstaaten und der Europäischen Gemeinschaft, die nach Artikel 19 dieses Übereinkommens zum Beitritt eingeladen wurden, übermittelt.
c.
Der Ausschuss prüft jede vorgeschlagene Änderung und legt dem Ministerkomitee den von den Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsparteien mit Dreiviertelmehrheit beschlossenen Wortlaut zur Genehmigung vor. Nach der Genehmigung durch das Ministerkomitee mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, wird der Wortlaut den Vertragsparteien zur Annahme zugeleitet.
d.
Jede Änderung tritt für die Vertragsparteien, die sie angenommen haben, am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem zehn Mitgliedstaaten des Europarats dem Generalsekretär ihre Annahme der Änderung notifiziert haben. Für jede Vertragspartei, welche die Änderung später annimmt, tritt sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Art. 23 Notifikationen

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist oder zum Beitritt eingeladen wurde und der Europäischen Gemeinschaft, sofern diese beigetreten ist oder zum Beitritt eingeladen wurde:

a.
jede Unterzeichnung;
b.
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c.
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 18, 19 und 20;
d.
jeden Vorschlag zur Änderung dieses Übereinkommens nach Artikel 22 sowie den Tag von deren Inkrafttreten;
e.
jede andere Handlung, Erklärung, Notifikation und Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Faro am 27. Oktober 2005 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats sowie jedem Staat und der Europäischen Gemeinschaft, sofern sie zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladen worden sind, eine beglaubigte Abschrift.

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 17. Januar 20207

7 Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).


Vertragsstaaten

Ratifikation

Inkrafttreten

Armenien

22. August

2012

  1. Dezember

2012

Bosnien und Herzegowina

30. April

2009

  1. Juni

2011

Finnland

31. Mai

2018

  1. September

2018

Georgien

  4. Februar

2011

  1. Juni

2011

Kroatien

  6. Juni

2007

  1. Juni

2011

Lettland

26. April

2006

  1. Juni

2011

Luxemburg

18. Mai

2011

  1. September

2011

Moldau*

  1. Dezember

2008

  1. Juni

2011

Montenegro

11. März

2008

  1. Juni

2011

Nordmazedonien

  8. Juli

2011

  1. November

2011

Norwegen

27. Oktober

2008

  1. Juni

2011

Österreich

23. Januar

2015

  1. Mai

2015

Portugal

28. August

2009

  1. Juni

2011

Schweiz

  7. November

2019

  1. März

2020

Serbien

29. Juli

2010

  1. Juni

2011

Slowakei

16. August

2013

  1. Dezember

2013

Slowenien

17. September

2008

  1. Juni

2011

Ukraine

  9. Januar

2014

  1. Mai

2014

Ungarn

27. November

2012

  1. März

2013

*
Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme der jener der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: www.coe.int > Deutsch > Mehr > Vertragsbüro > Gesamtverzeichnis eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.