0.741.619.367

 AS 2020 6537

Übersetzung

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Strasse

Abgeschlossen am 25. Januar 2019
In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Januar 2021

(Stand am 1. Januar 2021)

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland,
nachstehend «Vertragsparteien» genannt,

haben im Bestreben, die internationale Personen- und Güterbeförderung auf der Strasse zwischen den beiden Staaten und im Transit durch ihr Hoheitsgebiet zu regeln und zu entwickeln,

Folgendes vereinbart:

Art. 1 Geltungsbereich

1.  Die Bestimmungen dieses Abkommens ermächtigen Transportunternehmer zu Personen- und Güterbeförderungen, die mit Strassenfahrzeugen von oder nach den Hoheitsgebieten der Vertragsparteien oder im Transit durch ihre Hoheitsgebiete oder von/nach einem Drittstaat ausgeführt werden.

2.  Dieses Abkommen lässt die Rechte und Pflichten aus anderen internationalen Übereinkünften unberührt, denen die Vertragsparteien angehören.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Begriff:

1.
«Transportunternehmer» jede natürliche oder juristische in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich niedergelassene Person, die nach den in ihrem Land geltenden Vorschriften berechtigt ist, im internationalen Verkehr Personen oder Güter auf der Strasse für Rechnung anderer oder für eigene Rechnung zu befördern. Transportunternehmer, die für Rechnung anderer Beförderungen durchführen, müssen im Besitz einer im Land der Zulassung ausgestellten gültigen Lizenz sein.
2.
«Fahrzeug» ein Strassenfahrzeug mit mechanischem Antrieb, gegebenenfalls mit Anhänger oder Sattelanhänger, das:
a)
für die Personenbeförderung von mehr als neun Reisenden, Fahrer/in eingeschlossen (Personenfahrzeug), oder für die Güterbeförderung (Güterfahrzeug) konstruiert und gebaut ist;
b)
im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei zum Verkehr zugelassen ist (bei einer Fahrzeugkombination [Zugfahrzeug und Anhänger] muss das Zugfahrzeug zugelassen sein).
3.
«Hoheitsgebiet»
in Bezug auf die Schweiz das Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft;
in Bezug auf das Vereinigte Königreich England, Wales, Schottland, Nordirland und Gibraltar.
4.
«Genehmigung» jede Bewilligung, Lizenz oder Konzession, die nach den einschlägigen nationalen Gesetzen und Vorschriften der Vertragsparteien verlangt wird.
Art. 3 Personenbeförderung

1.  Die folgenden gelegentlichen (nicht regelmässigen) Personenbeförderungen sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen:

a)
die Beförderung der gleichen Personen mit demselben Fahrzeug während der gesamten Reise, deren Ausgangs- und Endpunkt im Hoheitsgebiet derjenigen Vertragspartei gelegen sind, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, sofern unterwegs oder bei Halten ausserhalb dieses Gebiets Personen weder aufgenommen noch abgesetzt werden (Rundfahrten mit geschlossenen Türen); oder
b)
die Beförderung von Personengruppen von einem Ort im Land, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, zu einem Ort im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei, sofern das Fahrzeug das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ohne Passagiere verlässt; oder
c)
die Beförderung von Personengruppen von einem Ort im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu einem Ort im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, sofern dieser Fahrt eine leere Hinfahrt vorausgegangen ist und die Reisenden:
vor der Ankunft in dem Land, in dem sie aufgenommen werden, mit einem Beförderungsvertrag in Gruppen zusammengefasst werden, oder
zuvor vom gleichen Transportunternehmer unter den unter Buchstabe b dieses Artikels genannten Bedingungen in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei befördert worden sind und sie dort von diesem Transportunternehmer erneut aufgenommen und aus diesem Land befördert werden, oder
eingeladen wurden, in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu reisen, wobei die Beförderungskosten vom Gastgeber getragen werden. Die Reisenden müssen einen zusammengehörenden Personenkreis bilden, der nicht nur zum Zweck der Fahrt zusammengestellt wurde;
d)
Transitfahrten durch das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei.

2.  Personenbeförderungen, die unter den nachfolgenden Voraussetzungen ausgeführt werden, sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen:

Pendelfahrten mit Unterbringung im Transit durch das oder nach dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei; sowie
Leerfahrten der Fahrzeuge, die in Zusammenhang mit Pendelfahrten durchgeführt werden.

3.  Bei der Durchführung von Beförderungen nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels sind ein Kontrollpapier und eine Fahrgastliste mitzuführen, die den zuständigen Behörden auf Verlangen vorgelegt werden. Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien legen gemeinsam Form und Inhalt des Kontrollpapiers fest.

4.  Andere als die in den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels erwähnten Beförderungen sind nach Massgabe der innerstaatlichen Gesetze und Vorschriften der Vertragsparteien genehmigungspflichtig. Die Genehmigungen werden unter Wahrung der Gegenseitigkeit erteilt.

Art. 4 Güterbeförderungen

Vorbehaltlich des Artikels 6 dieses Abkommens ist jeder in einer Vertragspartei zugelassene Transportunternehmer berechtigt, vorübergehend ein leeres oder beladenes Fahrzeug in das Hoheitsgebiet der betreffenden anderen Vertragspartei einzuführen, um Güter zu befördern, einschliesslich Rückladungen, ohne zur Einholung einer Genehmigung nach Massgabe der Gesetze und Vorschriften jener Vertragspartei verpflichtet zu sein:

a)
zwischen einem beliebigen Ort im Hoheitsgebiet der einen Vertragspartei und einem beliebigen Ort im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei; oder
b)
im Transit durch das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei; oder
c)
zwischen einem beliebigen Ort im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei und einem beliebigen Ort in einem Drittstaat oder umgekehrt.
Art. 5 Verbot landesinterner Beförderungen

Transportunternehmer, die in einer Vertragspartei zugelassen sind, dürfen keine Personen oder Güter an einem beliebigen Ort im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufnehmen, um sie an einem beliebigen Ort im gleichen Hoheitsgebiet wieder abzusetzen.

Art. 6 Sonderbewilligungen

1.  In Bezug auf Abmessungen und Gewichte der Strassenfahrzeuge verpflichtet sich jede Vertragspartei, Fahrzeuge, die im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zum Verkehr zugelassen sind, keinen strengeren Bedingungen zu unterstellen als Fahrzeuge, die im eigenen Hoheitsgebiet zum Verkehr zugelassen sind.

2.  Für Beförderungen von unteilbaren Ladegütern, die die im Hoheitsgebiet einer der beiden Vertragsparteien höchstzulässigen Gewichte und/oder Abmessungen überschreiten, ist für das Fahrzeug eine Sonderbewilligung der zuständigen Behörde der jeweiligen Vertragspartei erforderlich. Wenn diese Sonderbewilligung eine bestimmte Reiseroute vorschreibt, darf die Beförderung nur auf dieser festgelegten Route erfolgen. Das vom Hersteller angegebene garantierte Höchstgewicht darf in keinem Fall überschritten werden.

Art. 7 Abgaben und Zollformalitäten

1.  Fahrzeuge, welche im Rahmen dieses Abkommens Personen oder Güter befördern, sind im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei von sämtlichen Fahrzeugsteuern und allen auf den Besitz oder Betrieb von Fahrzeugen erhobenen Abgaben befreit.

2.  Die Befreiung nach Absatz 1 dieses Artikels gilt nicht für Steuern und Abgaben auf dem Treibstoffverbrauch oder für besondere Gebühren für die Benutzung von Strassen oder einzelnen Brücken und Tunnels.

3.  Der Treibstoff, der sich in den normalen Fahrzeugtanks der vorübergehend eingeführten Fahrzeuge befindet, wird zollfrei und ohne Einfuhrbeschränkungen zugelassen.

4.  Ersatzteile, die zur Instandsetzung eines bestimmten, bereits vorübergehend eingeführten Fahrzeugs dienen, werden zur vorübergehenden Einfuhr zollfrei und ohne Einfuhrverbot oder -beschränkung zugelassen. Die Ersatzteile unterliegen Zollabgaben und anderen Abgaben (Mehrwertsteuer); sie sind wieder auszuführen oder unter der Aufsicht der Zollorgane zu vernichten.

Art. 8 Anwendung nationaler Gesetze und Vorschriften

In allen Belangen, die dieses Abkommen nicht regelt, haben die Transportunternehmer und die Fahrzeugführerinnen und -führer einer Vertragspartei bei Fahrten im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei die dortigen nationalen Gesetze und Vorschriften einzuhalten; diese Gesetze und Vorschriften sind in nicht diskriminierender Weise anzuwenden.

Art. 9 Widerhandlungen

1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien wachen darüber, dass die Be-stimmungen dieses Abkommens von den Transportunternehmern eingehalten werden.

2.  Bei Verstössen gegen die Bestimmungen dieses Abkommens durch einen Transportunternehmer oder eine Fahrzeugführerin oder einen Fahrzeugführer der einen Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei kann die zuständige Behörde derjenigen Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Verstoss stattgefunden hat, unter Vorbehalt etwaiger rechtmässiger Sanktionen, die von den Gerichten oder Strafverfolgungsbehörden dieser Vertragspartei verhängt werden können, von der Behörde des anderen Vertragspartei verlangen, eine der folgenden Massnahmen zu ergreifen:

a)
Erteilung einer Verwarnung gegen den betreffenden Transportunternehmer oder die Fahrzeugführerin oder den Fahrzeugführer;
b)
Erteilung einer Verwarnung zusammen mit dem Hinweis, dass jeder weitere Verstoss zu einem vorübergehenden oder dauerhaften, teilweisen oder vollständigen Ausschluss der Fahrzeuge, die dem Transportunternehmer gehören oder von ihm betrieben werden, vom Verkehr im Hoheitsgebiet derjenigen Vertragspartei führt, in dem der Verstoss begangen wurde; oder
c)
Verhängung eines solchen Ausschlusses.

3.  Die zuständigen Behörden unterrichten einander so schnell wie möglich über jede Massnahme, die sie nach Absatz 2 dieses Artikels getroffen haben.

Art. 10 Zuständige Behörden

Zuständige Behörden für die Durchführung dieses Abkommens sind:

für die Schweiz:
das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
für das Vereinigte Königreich:
in Grossbritannien, das Department for Transport; und

in Nordirland, das Department for Infrastructure.
Art. 11 Gemischte Kommission

1.  Zum Zwecke der Überprüfung der Funktionsweise dieses Abkommens, der Schaffung von Verfahren zur Regulierung anderer Verkehrsaktivitäten und zur Lösung von Problemen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Abkommens entstehen können, wird eine Gemischte Kommission eingesetzt. Sie setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien zusammen.

2.  Die Gemischte Kommission tritt bei Bedarf auf Verlangen einer Vertragspartei abwechselnd im Hoheitsgebiet der einen oder der anderen Vertragspartei zusammen.

Art. 12 Ausweitung dieses Abkommens

1.  Die Vertragsparteien können nach Inkrafttreten dieses Abkommens jederzeit durch Notenaustausch vereinbaren, dass die Bestimmungen dieses Abkommens auf die Gebiete ausgedehnt werden, deren internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich wahrnimmt.

2.  Dem formellen Wunsch des Fürstentums Liechtenstein entsprechend, erstrecken sich die Bestimmungen dieses Abkommens auch auf das Fürstentum Liechtenstein, solange dieses mit der Schweiz durch einen Zollanschlussvertrag verbunden ist.

Art. 13 Inkrafttreten, Geltungsdauer und Kündigung dieses Abkommens

1.  Die Vertragsparteien ratifizieren oder genehmigen dieses Abkommen nach ihren eigenen innerstaatlichen Verfahren. Jede Vertragspartei unterrichtet die andere Vertragspartei über den Abschluss dieser Verfahren.

2.  Dieses Abkommen tritt zum späteren der folgenden Zeitpunkte in Kraft:

a)
an dem Datum, an dem das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse, unterzeichnet am 21. Juni 19991 in Luxemburg, für das Vereinigte Königreich ausser Kraft tritt; oder
b)
am ersten Tag des zweiten Monats nach Eingang der letzten Notifikation über den Abschluss der jeweiligen innerstaatlichen Verfahren durch die Vertragsparteien.

3. a) Bis zu seinem Inkrafttreten wird dieses Abkommen ab demjenigen Datum vorläufig angewendet, an dem das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse, unterzeichnet am 21. Juni 1999 in Luxemburg, für das Vereinigte Königreich ausser Kraft tritt. Während des Zeitraums der vorläufigen Anwendung des Abkommens wird das Abkommen vom 20. Dezember 19742 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland über den internationalen Güterverkehr auf der Strasse ausgesetzt.

b)
Jede Vertragspartei kann der anderen Vertragspartei schriftlich mitteilen, dass sie die vorläufige Anwendung dieses Abkommens beenden will. Die Beendigung der vorläufigen Anwendung wird am ersten Tag des zweiten Monats wirksam, der auf die schriftliche Mitteilung folgt.

4.  Dieses Abkommen tritt ab dem Datum seines Inkrafttretens an die Stelle des Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland über den internationalen Güterverkehr auf der Strasse, unterzeichnet am 20. Dezember 1974 in London.

5.  Dieses Abkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einer Vertragspartei durch schriftliche Mitteilung an die andere Vertragspartei gekündigt wird. In diesem Fall endet das Abkommen sechs Monate nach dem Datum des Erhalts der schrift­lichen Mitteilung an die andere Vertragspartei, es sei denn, es wird ein anderer Zeitraum vereinbart.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Davos, am 25. Januar 2019 in je zwei Originalen in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Ueli Maurer

Für die Regierung des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland:

Jane Owen