814.71
Bundesgesetz
über den Schutz vor Gefährdungen
durch nichtionisierende Strahlung und Schall
(NISSG)
vom 16. Juni 2017 (Stand am 1. Juni 2019)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 95 Absatz 1 sowie 118 Absatz 2 Buchstaben a und b
der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 11. Dezember 20152,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz soll den Menschen vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall schützen.
2 Zu diesem Zweck enthält es Bestimmungen über:
- a.
- die Verwendung von Produkten;
- b.
- Massnahmen bei gesundheitsgefährdenden Expositionen gegenüber nicht-ionisierender Strahlung und Schall;
- c.
- die Information der Öffentlichkeit.
3 Es ist anwendbar, soweit der Schutz nach Absatz 1 nicht durch andere bundesrechtliche Bestimmungen gewährleistet ist.
In diesem Gesetz bedeuten:
- a.
- nichtionisierende Strahlung: elektromagnetische Felder mit einer Wellenlänge grösser als 100 Nanometer;
- b.
- Schall: Hörschall, Infraschall und Ultraschall;
- c.
- Produkt: verwendungsbereite bewegliche Sache, die nichtionisierende Strahlung oder Schall erzeugt, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet.
1 Wer ein Produkt installiert, verwendet oder wartet, muss die Sicherheitsvorgaben des Herstellers befolgen und sicherstellen, dass die Gesundheit des Menschen nicht oder nur geringfügig gefährdet wird.
2 Der Bundesrat kann für die gewerbliche oder berufliche Verwendung von Produkten mit Gefährdungspotenzial vorsehen, dass:
- a.
- ein Sachkundenachweis zu erbringen ist;
- b.
- eine geeignete Fachperson einzubeziehen ist.
3 Er kann Anforderungen an die Ausbildung für den Sachkundenachweis nach Absatz 2 Buchstabe a festlegen.
1 Der Bundesrat kann Bestimmungen erlassen über Massnahmen, mit denen die Risiken von gesundheitsgefährdenden Expositionen gegenüber nichtionisierender Strahlung und Schall reduziert werden können sowie Schädigungen vorgebeugt werden kann.
2 Er kann insbesondere:
- a.
- Belastungswerte festlegen und deren Überwachung regeln;
- b.
- eine Informationspflicht vorsehen;
- c.
- Schutzmassnahmen vorsehen;
- d.
- eine Meldepflicht für Veranstaltungen vorsehen.
Kann die Gesundheit des Menschen durch keine andere Massnahme hinreichend geschützt werden, so kann der Bundesrat:
- a.
- die Einfuhr, die Durchfuhr, die Abgabe oder den Besitz von Produkten mit erheblichem Gefährdungspotenzial verbieten;
- b.
- gewerbliche oder berufliche Produkteverwendungen mit erheblichem Gefährdungspotenzial verbieten.
Das Bundesamt für Gesundheit informiert die Öffentlichkeit über gesundheitsrelevante Auswirkungen und Risiken von nichtionisierender Strahlung und Schall.
1 Der Bund vollzieht dieses Gesetz unter Vorbehalt von Artikel 8.
2 Der Bundesrat kann für Kontrollen von Teilbereichen der Massnahmen nach Artikel 4 den Bund für zuständig erklären.
Die Kantone kontrollieren stichprobenweise die Einhaltung:
- a.
- der Sicherheitsvorgaben des Herstellers nach Artikel 3 Absatz 1 bei der gewerblichen oder beruflichen Installation, Verwendung und Wartung bei Produkten mit Gefährdungspotenzial;
- b.
- der Pflicht nach Artikel 3 Absatz 2 zur Erbringung eines Sachkundenachweises oder zum Einbezug einer Fachperson;
- c.
- der gestützt auf Artikel 4 festgelegten Massnahmen;
- d.
- von Abgabe- und Besitzverboten nach Artikel 5 Buchstabe a;
- e.
- von Verwendungsverboten nach Artikel 5 Buchstabe b.
1 Die Vollzugsorgane können die Installation, Verwendung und Wartung von Produkten sowie die Umsetzung der Massnahmen nach Artikel 4 vor Ort kontrollieren.
2 Sie können geeignete Massnahmen verfügen oder vor Ort anordnen, wenn die Kontrolle ergibt, dass Vorschriften oder Sicherheitsvorgaben des Herstellers nicht eingehalten werden.
3 Ist es zum Schutz der Gesundheit der Verwenderin oder des Verwenders oder Dritter erforderlich, so können sie insbesondere:
- a.
- eine Warnung der Öffentlichkeit vor den Gefahren einer Verwendung anordnen;
- b.
- bei Missachtung eines Besitz-, Abgabe- oder Verwendungsverbots das Produkt einziehen und vernichten oder unbrauchbar machen;
- c.
- bei Missachtung der Sicherheitsvorgaben des Herstellers bei der gewerblichen oder beruflichen Installation, Verwendung oder Wartung das Produkt einziehen und vernichten oder unbrauchbar machen;
- d.
- die unverzügliche Einstellung gesundheitsgefährdender Expositionen anordnen;
- e.
- bei wiederholt unsachgemässer, gewerblicher oder beruflicher Verwendung von Produkten mit Gefährdungspotenzial die Aberkennung des Sachkundenachweises veranlassen.
4 Sie warnen die Öffentlichkeit vor gefährlichen Verwendungen, wenn die Verwenderin oder der Verwender nicht oder nicht rechtzeitig wirksame Massnahmen trifft.
1 Der Bundesrat regelt die Gebühren für die Kontrollen und Massnahmen der Vollzugsorgane des Bundes.
2 Für Kontrollen, die zu keinen Beanstandungen führen, werden keine Gebühren erhoben.
Die Vollzugsorgane sind berechtigt, Personendaten zu bearbeiten und untereinander weiterzugeben, soweit es für den einheitlichen Vollzug dieses Gesetzes erforderlich ist.
Wer vorsätzlich ein Produkt einführt, durchführt, abgibt, besitzt oder verwendet, das einem Verbot nach Artikel 5 unterliegt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
1 Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:
- a.
- bei der gewerblichen oder beruflichen Installation, Verwendung oder Wartung die Sicherheitsvorgaben des Herstellers nicht befolgt;
- b.
- gegen die Pflicht nach Artikel 3 Absatz 2 zur Erbringung eines Sachkundenachweises oder zum Einbezug einer Fachperson verstösst;
- c.
- gegen die durch den Bundesrat festgelegten Massnahmen nach Artikel 4 Absatz 2 verstösst;
- d.
- gegen eine Ausführungsbestimmung, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, oder eine unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichtete Verfügung verstösst.
2 Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 20 000 Franken.
3 Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, wer fahrlässig ein Produkt einführt, durchführt, abgibt, besitzt oder verwendet, das einem Verbot nach Artikel 5 unterliegt.
4 Die Artikel 6 und 7 des Bundesgesetzes vom 22. März 19743 über das Verwaltungsstrafrecht sind anwendbar.
Der Bundesrat erstattet dem Parlament spätestens 8 Jahre nach Inkrafttreten Bericht über die Wirksamkeit und Notwendigkeit dieses Gesetzes.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Inkrafttreten: 1. Juni 20194