0.360.573.1

 AS 2018 1713; BBl 2016 8153

Originaltext

Abkommen
zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Montenegro über die polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität

Abgeschlossen in Podgorica am 7. April 2016

Von der Bundesversammlung genehmigt am 29. September 20171

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 5. April 2018

(Stand am 1. Januar 2022)

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung von Montenegro,

nachfolgend die «Vertragsparteien» genannt,

in der Absicht, einen Beitrag zur Vertiefung der beiderseitigen Beziehungen zu leisten,

in der Überzeugung, dass die polizeiliche Zusammenarbeit zur Verhinderung und Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität, des Terrorismus, des Menschenhandels und des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Vorläuferchemikalien, von wesentlicher Bedeutung ist,

im Bestreben, die schon bestehende polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu präzisieren und weiterzuentwickeln,

in Achtung der Rechte und Pflichten der Bürger beider Vertragsparteien sowie

in Beachtung anderer internationaler Verpflichtungen beider Vertragsparteien,

sind wie folgt übereingekommen:

Titel I: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zweck dieses Abkommens

Dieses Abkommen dient der Stärkung der bilateralen Polizeizusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, im Bestreben, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren und jegliche strafbaren Handlungen, insbesondere durch den Austausch von strategischen und operativen Informationen sowie durch regelmässige Kontakte zwischen den zuständigen Behörden zu bekämpfen.

Art. 2 Zuständige Behörden und ausführende Stellen

1.  Die zuständigen Behörden sind für den Schweizerischen Bundesrat das Bundesamt für Polizei und für die Regierung von Montenegro das montenegrinische Innenministerium. Diese Behörden fungieren als nationale Zentralstellen und arbeiten im Rahmen ihrer Zuständigkeit und nach Massgabe der für sie geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften direkt zusammen und koordinieren gegebenenfalls die Tätigkeiten der beteiligten Dienststellen.

2.  Die Umsetzung dieses Abkommens nach innerstaatlichem Recht liegt jeweils in der Zuständigkeit folgender ausführender Stellen:

für den Schweizerischen Bundesrat:
das Bundesamt für Polizei,
die kantonalen Polizeikorps,
die Eidgenössische Zollverwaltung2, vertreten durch
das Grenzwachtkorps und die Zollfahndung;
für die Regierung von Montenegro:
das dem Innenministerium angegliederte Polizeidirektorat,
die dem Finanzministerium angegliederte Zollverwaltung,
die Direktion für Verhinderung der Geldwäscherei und Finanzierung des Terrorismus.

3.  Die Vertragsparteien unterrichten einander unverzüglich über jegliche Änderungen hinsichtlich der in den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels aufgeführten zuständigen Behörden und verantwortlichen Dienststellen.

2 Heute: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (siehe AS 2021 589).

Art. 3 Anwendungsbereich

1.  Die Zusammenarbeit nach Massgabe dieses Abkommens umfasst alle Kriminalitätsbereiche, insbesondere:

a.
organisierte Kriminalität;
b.
Terrorismus und dessen Finanzierung;
c.
Menschenhandel und Menschenschmuggel;
d.
sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie;
e.
Computerkriminalität;
f.
illegalen Handel mit Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Vorläuferchemikalien;
g.
illegale Beschaffung von, illegalen Besitz von und illegalen Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen sowie chemischen, biologischen, radio­aktiven und nuklearen Materialien und strategisch wichtigen Gütern, oder wissenschaftlichen Technologien;
h.
Fälschung oder Verfälschung von Geld, Zahlungsmitteln und amtlichen Dokumenten einschliesslich Zollpapieren;
i.
Geldwäscherei und Wirtschaftskriminalität;
j.
Korruption;
k.
Straftaten im Zusammenhang mit Motorfahrzeugen;
l.
Straftaten gegen Leib und Leben.

2.  Die Zusammenarbeit nach Massgabe dieses Abkommens erstreckt sich nicht auf politische, militärische oder fiskalische Angelegenheiten.

Art. 4 Anwendbares Recht

Entsprechend diesem Abkommen erfolgt die Zusammenarbeit auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts der Vertragsparteien und in Übereinstimmung ihrer Rechte und Pflichten gemäss internationalem Recht, insbesondere im Bereich der interna­tionalen Polizeizusammenarbeit.

Titel II: Hauptformen der Zusammenarbeit

Art. 5 Allgemeine Zusammenarbeit

Die Vertragsparteien vereinbaren, ihre Zusammenarbeit bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und bei der Bekämpfung jeglicher Kriminalität, insbesondere der in Artikel 3 genannten Handlungen, zu verstärken.

Art. 6 Informationsaustausch

Die zuständigen Behörden unterstützen sich gegenseitig durch den Austausch von polizeilichen Informationen, einschliesslich personenbezogener und nicht personenbezogener Daten sowie Dokumentationsmaterial betreffend:

a.
strafbare Handlungen, insbesondere über tatverdächtige Personen sowie die Tatbegehungsweise und die getroffenen Massnahmen;
b.
die Planung krimineller Handlungen;
c.
die Beteiligung an einer kriminellen Organisation;
d.
die Merkmale von verdächtigen Personen, die in kriminelle Handlungen verwickelt sind, ihre Strukturen, Verbindungen und Vorgehensweisen;
e.
Gegenstände, die einen Zusammenhang zu einer Straftat aufweisen, einschliesslich Mustern solcher Gegenstände;
f.
Angaben zu gesuchten Personen und deren Unterstützern;
g.
bevorstehende spezielle Aktionen und Operationen, die für die andere Vertragspartei von Interesse sein könnten;
h.
konzeptionelle und analytische Unterlagen;
i.
die für den Gegenstand dieses Abkommens relevanten innerstaatlichen rechtlichen und anderen Bestimmungen sowie Änderungen dieser Bestimmungen;
j.
aufgrund der Aktivitäten der zuständigen Behörden gewonnenes Fachwissen, insbesondere in Bezug auf neue Kriminalitätsformen.
Art. 7 Zusammenarbeit auf Ersuchen

1.  Die zuständigen Behörden können einander in Übereinstimmung mit dem für sie geltenden innerstaatlichen Recht Unterstützungsersuchen und die entsprechenden Antworten direkt übermitteln, sofern diese die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder die Bekämpfung aller Formen der Kriminalität betreffen.

2.  Die Unterstützungsersuchen können folgende Bereiche betreffen:

a.
Halterfeststellungen und Fahrerermittlungen bei Strassen- Wasser- und Luftfahrzeugen;
b.
Informationen über Führerscheine und vergleichbare Berechtigungen;
c.
Aufenthalts- und Wohnsitznachforschungen;
d.
international polizeilich gesuchte Personen;
e.
Feststellung von Telefonanschlussinhabern;
f.
Identitätsfeststellungen;
g.
Informationen über die Herkunft von Gegenständen, beispielsweise von Waffen, Motor- oder Wasserfahrzeugen (Rückverfolgbarkeit);
h.
Informationen betreffend Erträge aus kriminellen Handlungen;
i.
Erkenntnisse aus einer grenzüberschreitenden Observation;
j.
Planung und Abstimmung von Fahndungs- oder Durchsuchungsmassnahmen sowie Einleitung von Eilfahndungen oder dringlichen Durchsuchungen;
k.
Abklärung der Aussagebereitschaft eines Zeugen im Hinblick auf die Absicht der Aufnahme einer eidesstattlichen Aussage und die Vorbereitung eines Rechtshilfeersuchens;
l.
Übermittlung und Vergleich von polizeilichen Daten wie Tatortspuren, Fotografien, Signalementen, Finger- und Handballenabdrücken, DNA-Pro­filen;
m.
Informationen aus Polizei- oder Zollermittlungen, Dokumenten oder Computerdateien, sofern das innerstaatliche Recht die Offenlegung solcher Daten und Materialien erlaubt.
Art. 8 Unaufgeforderte Zusammenarbeit

Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können einander im Einzelfall in Übereinstimmung mit ihrem nationalen Recht ohne Ersuchen Informationen zukommen lassen, die für die andere Vertragspartei zur Vorbeugung von Straftaten oder einer konkreten und unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit sowie zur Strafverfolgung als notwendig erachtet werden. Der Empfangsstaat ist verpflichtet, die Nützlichkeit der erhaltenen Informationen zu überprüfen und diese, falls als nicht notwendig bewertet, unaufgefordert zu vernichten oder an den Sendestaat zurückzusenden.

Art. 9 Gemeinsame Sicherheitsanalysen

Die zuständigen Behörden sind bestrebt, in Übereinstimmung mit ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht regelmässig, oder falls es die Umstände erfordern, Lage­berichte zur Kriminalität auszutauschen sowie gemeinsam die Sicherheitslage zu analysieren und zu bewerten.

Art. 10 Koordination

1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien treffen soweit erforderlich polizeiliche Massnahmen, um die Koordination operativer Einsätze in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten zu gewährleisten. Dazu gehören Operationen in folgenden Bereichen:

a.
Suche nach Personen und Gegenständen, einschliesslich der Umsetzung von Massnahmen mit dem Ziel, Erträge aus kriminellen Handlungen ausfindig zu machen und zu konfiszieren;
b.
Strafverfolgung, insbesondere von organisierter Kriminalität;
c.
verdeckte Ermittlungen, die der Aufdeckung von Straftaten dienen;
d.
Gewährleistung des Zeugen- und Opferschutzes sowie des Schutzes anderer Personen, um Gefahren für Leib und Leben sowie andere schwerwiegende Gefahren abzuwenden, die sich im Zusammenhang mit Strafverfahren ergeben;
e.
Planung und Durchführung gemeinsamer Programme zur Kriminalitätsprävention;
f.
Sicherheit im Luftverkehr.

2.  Die durch die Umsetzung dieses Artikels verursachten Kosten sollen von den zuständigen Behörden im Einzelfall gemeinsam zugewiesen werden.

Art. 11 Aus- und Weiterbildung

1.  Die zuständigen Behörden unterstützen einander in Bezug auf die Aus- und Weiterbildung, insbesondere durch:

a.
die Teilnahme an Ausbildungskursen, die in einer Amtssprache der jeweils anderen Vertragspartei oder in Englisch durchgeführt werden;
b.
die Durchführung gemeinsamer Seminare oder Übungen;
c.
die Ausbildung von Spezialisten der anderen Vertragspartei;
d.
den Austausch von Experten und Ausbildungskonzepten;
e.
Einladung von Beobachtern für die Teilnahme an Übungen.

2.  Darüber hinaus fördern die Vertragsparteien jegliche Formen des Erfahrungs- und Erkenntnisaustauschs.

Titel III: Besondere Formen der Zusammenarbeit

Art. 12 Gemeinsame Gremien

Die zuständigen Behörden können bei Bedarf gemischte Analyseteams, Arbeitsgruppen sowie Kontroll-, Observations- und Ermittlungsgruppen bilden, in denen Beamte der zuständigen Behörden und Dienststellen des einen Vertragsstaates bei Einsätzen im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates ohne Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse beratend und unterstützend tätig werden. Während ihres ausschliesslichen Unterstützungseinsatzes berücksichtigen die Beamten die Vorgaben derjenigen Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Einsätze stattfinden.

Art. 13 Grenzüberschreitende Observation

1.  Beamte einer Vertragspartei, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eine Person observieren, die der Beteiligung an einer Straftat verdächtigt wird, die im ersuchten Staat mit Freiheitsentzug von mindestens einem Jahr bestraft wird, oder wenn ernsthafte Gründe für die Vermutung bestehen, eine observierte Person könnte bei der Identifizierung oder Lokalisierung einer solchen Person behilflich sein, sind befugt, die Observation im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei fortzusetzen, wenn diese der grenzüberschreitenden Observation falls notwendig auf der Grund­lage eines vorgängig gestellten Rechtshilfeersuchens zugestimmt hat. Auf Verlangen wird die Observation den Beamten der ersuchten Vertragspartei übertragen.

2.  Die Befugnis gilt für das gesamte Hoheitsgebiet des ersuchten Staates und kann an Bedingungen geknüpft werden.

3.  Als observierende Beamte nach diesem Artikel gelten:

für den Schweizerischen Bundesrat: die Polizeibeamten des Bundes und der Kantone sowie die Zollbeamten und die Mitarbeiter des Grenzwachtkorps;
für die Regierung von Montenegro: Polizeibeamte des Polizeidirektorats.
Art. 14 Kontrollierte Lieferung

1.  In Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien kann die eine Vertragspartei auf Ersuchen der anderen Vertragspartei die kontrollierte Einfuhr in ihr Hoheitsgebiet, die kontrollierte Durchfuhr oder die kontrollierte Ausfuhr aus ihrem Hoheitsgebiet gestatten, insbesondere bei illegalem Handel mit Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Vorläuferchemikalien sowie Waffen, Sprengstoffen, Falschgeld, Diebesgut oder in Fällen von Geldwäscherei. Die kontrollierte Lieferung kann nach vorhergehender Absprache zwischen den Vertragsparteien abgefangen und derart zur Weiterbeförderung freigegeben werden, dass sie unangetastet bleibt, entfernt oder ganz oder teilweise ersetzt wird. Wenn von der Ware ein übermässiges Risiko für die am Transport beteiligten Personen oder die Allgemeinheit ausgeht, kann die ersuchte Vertragspartei die kontrollierte Lieferung beschränken oder deren Durchführung ablehnen.

2.  Um eine Kontrollunterbrechung zu vermeiden, übernimmt die ersuchte Vertragspartei die Kontrolle der Lieferung, sobald diese die Grenze überschreitet oder an einem anderen, im Voraus mit der anderen Vertragspartei vereinbarten Übergabepunkt. Sofern von der ersuchten Vertragspartei genehmigt, können Beamte der ersuchenden Vertragspartei die Beamten der ersuchten Vertragspartei bei der Überwachung einer kontrollierten Lieferung weiter begleiten. In diesem Fall haben die Beamten der ersuchenden Vertragspartei die Anordnungen der Beamten der ersuchten Vertragspartei zu befolgen.

Art. 15 Verbindungsbeamte

1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können Vereinbarungen über die befristete oder unbefristete Entsendung von Verbindungsbeamten zur anderen Vertragspartei treffen. Die Verbindungsbeamten haben den Status diplomatischer Vertreter gemäss dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 19613 über diplomatische Beziehungen.

2.  Die Entsendung von Verbindungsbeamten hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu verbessern und zu beschleunigen, insbesondere durch die Unterstützung der Ausführung polizeilicher und justizieller Rechtshilfe in Strafsachen.

3.  Die Verbindungsbeamten sind beratend und unterstützend tätig. Sie nehmen keine hoheitlichen Befugnisse wahr. Sie erteilen Auskünfte und erledigen ihre Aufträge im Rahmen der ihnen von der entsendenden Vertragspartei erteilten Weisungen.

3 SR 0.191.01

Titel IV: Fürsorge, Verantwortlichkeit, Verfahren und Kosten

Art. 16 Fürsorge und Dienstverhältnisse

1.  Die Vertragsparteien gewähren den Beamten der anderen Vertragspartei bei der Ausübung des Dienstes in ihrem Hoheitsgebiet denselben Schutz und Beistand wie den eigenen Beamten.

2.  Beamte, die gestützt auf dieses Abkommen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei im Einsatz stehen, sind verpflichtet, die Regeln und Vorschriften der Einheit zu befolgen, der sie zugeteilt sind.

3.  Die Beamten der Vertragsparteien unterstehen in Bezug auf ihr Dienst- oder Anstellungsverhältnis sowie in disziplinarrechtlicher Hinsicht weiterhin ihrer nationalen Gesetzgebung.

Art. 17 Zivilrechtliche Verantwortung

1.  Die Vertragspartei, die Beamte entsendet hat, haftet entsprechend dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz erfolgt, für jeglichen Schaden, den ihre Beamten während des Einsatzes verursachen.

2.  Die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der in Absatz 1 genannte Schaden verursacht wurde, entschädigt diesen Schaden in gleicher Weise, wie wenn ihre eigenen Beamten ihn verursacht hätten.

3.  Die Vertragspartei, deren Beamte einen Schaden im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei verursacht haben, erstattet dieser den Gesamtbetrag des Schaden­ersatzes, den diese an die Geschädigten oder an deren Stelle Berechtigte geleistet hat.

4.  Unbeschadet der Ausübung ihrer Rechte gegenüber Dritten und mit Ausnahme des Absatzes 3, verzichtet jede Vertragspartei auf Schadenersatzforderungen für den in Absatz 1 genannten Schaden.

Art. 18 Strafrechtliche Verantwortung

Bei Einsätzen werden die Beamten beider Vertragsparteien in Bezug auf Straftaten, die gegen sie begangen werden oder die sie selbst begehen, als Beamte derjenigen Vertragspartei betrachtet, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz erfolgt.

Art. 19 Verfahren und Kosten

1.  Ersuchen um Information, um koordinierte Massnahmen oder andere Unterstützung sind begründet und in schriftlicher Form an die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei zu richten. Falls der Inhalt des Ersuchens es erlaubt, kann dieses gegebenenfalls per Fax oder E-Mail übermittelt werden. In dringenden Fällen können die Vertragsparteien ein Ersuchen auch mündlich stellen, unter der Bedingung, dass dieses nachfolgend unverzüglich schriftlich bestätigt wird.

2.  Die Unterstützung erfolgt direkt zwischen den zuständigen Behörden, sofern das Ersuchen nach innerstaatlichem Recht nicht im Kompetenzbereich der Justizbehörden liegt. Ist die um Unterstützung ersuchte Behörde für die Erledigung nicht zuständig, so leitet sie das Ersuchen an die zuständige Behörde weiter.

3.  Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei beantwortet die Ersuchen gemäss Absatz 1 so schnell wie möglich. Die ersuchte Behörde kann, falls notwendig, weitere Informationen zur Erledigung des Ersuchens verlangen.

4.  Ist die ersuchte Vertragspartei der Auffassung, dass die Erledigung eines Ersuchens ihre Souveränität, ihre Sicherheit oder andere wesentliche Staatsinteressen gefährden oder ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften sowie ihre Verpflichtungen aus internationalen Übereinkünften verletzen könnte, so kann sie die Hilfe ganz oder teilweise verweigern. Sie kann die Erledigung eines Ersuchens auch einzelfallweise an für beide Vertragsparteien verbindliche Bedingungen knüpfen.

5.  Wird ein Ersuchen ganz oder teilweise abgewiesen, so hat die ersuchte Vertragspartei die ersuchende Vertragspartei unverzüglich schriftlich und unter Angabe der Gründe über ihren Entscheid zu informieren.

6.  Unter Vorbehalt der Einschränkungen nach Artikel 10 Absatz 2 werden die Kosten für die Erledigung eines Ersuchens von der ersuchten Vertragspartei getragen.

Titel V: Datenschutz und Weitergabe von Daten an Dritte

Art. 20 Datenschutz

Der Schutz der im Rahmen dieses Abkommens zwischen den Vertragsparteien übermittelten personenbezogenen Daten richtet sich unter Beachtung der für die Vertragsparteien jeweils geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unter Berücksichtigung ihrer internationalen Verpflichtungen nach den folgenden Bestim­mungen:

a.
Sensitive Daten über Einzelpersonen und Persönlichkeitsprofile im Sinne von Artikel 6 des Europarats-Übereinkommens vom 28. Januar 19814 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur falls unbedingt erforderlich und in Verbindung mit weiteren polizeilichen Daten übermittelt werden.
b.
Die Verwendung der Daten durch die empfangende Vertragspartei ist nur zu den in diesem Abkommen aufgeführten Zwecken und unter den durch die übermittelnde Vertragspartei vorgegebenen Bedingungen zulässig. Die Daten dürfen nur mit vorgängiger schriftlicher Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei und unter Beachtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der empfangenden Vertragspartei für andere Zwecke verwendet werden.
c.
Die empfangende Vertragspartei unterrichtet die übermittelnde Vertragspartei auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
d.
Daten dürfen von Justiz- oder Polizeibehörden oder einer anderen durch die Vertragsparteien bezeichneten Behörde zur Bekämpfung und Verhinderung der Kriminalität verwendet werden. Die Vertragsparteien übermitteln einander eine Liste mit den entsprechenden Behörden. Die Weitergabe an andere Stellen ist nur mit vorgängiger schriftlicher Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei erlaubt.
e.
Die übermittelnde Vertragspartei gewährleistet die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten und achtet auf die Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit der Übermittlung unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks. Sie handelt dabei in Übereinstimmung mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die eine Übermittlung von Daten beschränken könnten. Erweist sich im Nachhinein, dass unrichtige oder nicht autorisierte Daten übermittelt worden sind, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Dieser ist verpflichtet, die Daten sofort zu berichtigen oder zu vernichten.
f.
Die durch die Datenübermittlung betroffene Person hat das Recht, auf Gesuch hin Auskunft über die sie betreffenden übermittelten Daten und deren Verwendungszweck zu erhalten. Für die Auskunftserteilung gilt das innerstaatliche Recht der Vertragspartei, bei der das Gesuch gestellt wird. Möchte eine Person Informationen über Daten erhalten, die von der anderen Vertragspartei übermittelt wurden, so kann dem Gesuch nur nach vorgängiger schriftlicher Einwilligung der Vertragspartei entsprochen werden, welche die Daten übermittelt hat.
g.
Die übermittelnde Vertragspartei kann bei der Übermittlung auf die nach ihrem innerstaatlichen Recht geltenden Löschungsfristen hinweisen. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt wurden, nicht mehr erforderlich sind. Die empfangende Vertragspartei informiert die übermittelnde Vertragspartei über die Löschung von Daten und deren Gründe. Im Falle einer Kündigung dieses Abkommens sind alle im Rahmen dieses Abkommens übermittelten Daten zu löschen.
h.
Die Vertragsparteien sind verpflichtet, jegliche Übermittlung, Empfang und Löschung von Daten zu protokollieren. Das Protokoll soll insbesondere den Verwendungszweck, die beteiligten Behörden sowie die Löschungsgründe enthalten.
i.
In Übereinstimmung mit ihren nationalen Rechtsvorschriften kann sich die empfangende Vertragspartei im Verhältnis zum Geschädigten zu ihrer Entlastung nicht darauf berufen, dass die andere Vertragspartei unrichtige Daten oder Daten rechtswidrig übermittelt hat. Hat die empfangende Vertragspartei Schadenersatz wegen eines Schadens, der durch die Verwendung unrichtiger oder rechtswidrig übermittelter Daten verursacht wurde, zu leisten, so erstattet die übermittelnde Vertragspartei der empfangenden Vertragspartei den Gesamtbetrag des geleisteten Schadenersatzes.
j.
Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die übermittelten Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
Art. 21 Schutz klassifizierter Informationen und Weitergabe an Dritte

1.  Die übermittelnde Vertragspartei legt bei der Weitergabe von Informationen, die entsprechend ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften klassifiziert sind, Bedingungen für deren Verwendung fest. Die empfangende Vertragspartei hat den verlangten Schutz für klassifizierte Informationen zu gewährleisten. Die übermittelnde Vertragspartei kann ihre Bedingungen jederzeit ändern oder die Klassifizierung aufheben.

2.  Klassifizierte Informationen dürfen nur von den in Artikel 2 genannten zuständigen Behörden und Dienststellen benutzt werden, die dazu befugt sind, klassifizierte Informationen gemäss Artikel 20 Buchstabe d zu bearbeiten. Klassifizierte Informationen dürfen nur mit vorgängiger schriftlicher Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei an andere Behörden oder Drittstaaten weitergegeben werden. Sie dürfen nur von Personen bearbeitet werden, die sie für die Erfüllung ihrer Arbeitspflichten benötigen und die entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dazu befugt sind.

3.  Jegliche Verletzung betreffend klassifizierte Informationen ist der übermittelnden Vertragspartei unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Titel VI: Schlussbestimmungen

Art. 22 Mitteilungen

1.  Die zuständigen Behörden übermitteln einander 30 Tage nach Inkrafttreten dieses Abkommens die relevanten Telefon- und Faxnummern sowie andere Kontaktadressen und benennen soweit möglich eine Kontaktperson mit Kenntnissen einer der Sprachen der anderen Vertragspartei.

2.  Die zuständigen Behörden beider Vertragsparteien informieren einander unverzüglich über jegliche massgeblichen Änderungen hinsichtlich dieser Übermittlungskanäle.

Art. 23 Sprache

Falls nichts anderes vereinbart ist, teilen die zuständigen Behörden einander opera­tive Informationen in englischer Sprache mit.

Art. 24 Evaluation

Eine gemeinsame Expertengruppe aus hochrangigen Vertretern der Vertragsparteien tritt regelmässig zusammen und prüft die Fortschritte in der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens, beurteilt ihre Qualität, erörtert neue Strategien und stellt fest, ob Ergänzungs- oder Weiter­entwicklungsbedarf besteht.

Art. 25 Durchführungsvereinbarungen

Basierend auf ihren nationalen Rechtsvorschriften können die zuständigen Behörden der Vertragsparteien auf der Grundlage und im Rahmen dieses Abkommens weitere Vereinbarungen treffen, die der Durchführung der polizeilichen Zusammenarbeit dienen.

Art. 26 Andere internationale Übereinkommen

Durch dieses Abkommen werden die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus anderen internationalen, bilateralen oder multilateralen Übereinkünften, deren Partei sie sind, nicht berührt.

Art. 27 Inkrafttreten und Kündigung des Abkommens

1.  Dieses Abkommen tritt am Tag des Erhalts der letzten schriftlichen Notifikation in Kraft, mit der sich die Vertragsparteien auf diplomatischem Weg mitteilen, dass die nach ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht notwendigen Verfahren für das Inkrafttreten erfüllt sind.

2.  Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es kann von jeder Vertragspartei durch schriftliche Mitteilung auf diplomatischem Weg gekündigt werden. Das Abkommen tritt sechs Monate nach Empfang dieser Mitteilung durch die andere Vertragspartei ausser Kraft.

Geschehen zu Podgorica am 7. April 2016, in zwei Urschriften in deutscher, montenegrinischer und englischer Sprache, wobei alle Texte gleichermassen authentisch sind. Bei Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen dieses Abkommens ist der englische Wortlaut massgebend.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Nicoletta della Valle

Für die
Regierung von Montenegro:

Slavko Stojanović