Präambel
Die Mitgliedstaaten des Europarats
und die anderen Unterzeichner dieses Übereinkommens,
eingedenk der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SEV Nr. 5, 1950)2 und ihrer Protokolle, der Europäischen Sozialcharta (SEV Nr. 35, 1961, geändert 1996, SEV Nr. 163), des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (SEV Nr. 197, 2005)3 und des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (SEV Nr. 201, 2007)4;
eingedenk der folgenden Empfehlungen des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten des Europarats: Empfehlung Rec (2002)5 zum Schutz von Frauen vor Gewalt, Empfehlung CM/Rec (2007)17 zu Normen und Mechanismen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Empfehlung CM/Rec (2010)10 zur Rolle von Frauen und Männern in der Konfliktverhütung und -lösung sowie der Friedenskonsolidierung und sonstige einschlägige Empfehlungen;
unter Berücksichtigung der immer umfangreicheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, durch die wichtige Normen auf dem Gebiet der Gewalt gegen Frauen gesetzt werden;
in Anbetracht des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (1966)5, des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966)6, des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau («CEDAW», 1979)7 und seines Fakultativprotokolls (1999)8 sowie der Allgemeinen Empfehlung Nr. 19 des CEDAW-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zur Gewalt gegen Frauen, des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (1989)9 und seiner Fakultativprotokolle (2000)10 und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2006)11;
unter Berücksichtigung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (2002)12;
eingedenk der Grundsätze des humanitären Völkerrechts und insbesondere des IV. Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (1949)13 sowie der Zusatzprotokolle I und II (1977)14 hierzu;
unter Verurteilung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt;
in Anerkennung der Tatsache, dass die Verwirklichung der rechtlichen und der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ein wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen ist;
in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen der Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist, die zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt haben;
in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen als geschlechtsspezifische Gewalt strukturellen Charakter hat, sowie der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen einer der entscheidenden sozialen Mechanismen ist, durch den Frauen in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden;
mit grosser Sorge feststellend, dass Frauen und Mädchen häufig schweren Formen von Gewalt wie häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Vergewaltigung, Zwangsverheiratung, im Namen der sogenannten «Ehre» begangener Verbrechen und Genitalverstümmelung ausgesetzt sind, die eine schwere Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen sowie ein Haupthindernis für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern darstellen;
in Anbetracht der fortdauernden Menschenrechtsverletzungen während bewaffneter Konflikte, welche die Zivilbevölkerung und insbesondere Frauen in Form von weit verbreiteter oder systematischer Vergewaltigung und sexueller Gewalt betreffen, sowie der höheren Wahrscheinlichkeit geschlechtsspezifischer Gewalt sowohl während als auch nach Konflikten;
in der Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen einer grösseren Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind als Männer;
in der Erkenntnis, dass häusliche Gewalt Frauen unverhältnismässig stark betrifft und dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt sein können;
in der Erkenntnis, dass Kinder Opfer häuslicher Gewalt sind, auch als Zeuginnen und Zeugen von Gewalt in der Familie;
in dem Bestreben, ein Europa zu schaffen, das frei von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist,
sind wie folgt übereingekommen: