121

Bundesgesetz
über den Nachrichtendienst

(Nachrichtendienstgesetz, NDG)

vom 25. September 2015 (Stand am 1. September 2023)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1, 123 Absatz 1 und 173 Absatz 2
der Bundesverfassung1,2

nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 19. Februar 20143,

beschliesst:

1 SR 101

2 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

3 BBl 2014 2105

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen und Grundsätze der Informationsbeschaffung


Art. 1 Gegenstand

Dieses Gesetz regelt:

a.
die Tätigkeit des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB);
b.
die Zusammenarbeit des NDB mit anderen Behörden des Bundes, mit den Kantonen, mit dem Ausland und mit Privaten;
c.
die politische Steuerung des NDB sowie die Kontrolle und Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten.
Art. 2 Zweck

Dieses Gesetz dient dem Schutz wichtiger Landesinteressen; es bezweckt:

a.
zur Sicherung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen der Schweiz und zum Schutz der Freiheitsrechte ihrer Bevölkerung beizutragen;
b.
die Sicherheit der Bevölkerung der Schweiz sowie der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland zu erhöhen;
c.
die Handlungsfähigkeit der Schweiz zu unterstützen;
d.
zur Wahrung internationaler Sicherheitsinteressen beizutragen.
Art. 3 Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen

Der Bundesrat kann im Falle einer schweren und unmittelbaren Bedrohung den NDB über die in Artikel 2 genannten Landesinteressen hinaus einsetzen:

a.
zum Schutz der verfassungsrechtlichen Grundordnung der Schweiz;
b.
zur Unterstützung der schweizerischen Aussenpolitik;
c.
zum Schutz des Werk-, Wirtschafts- und Finanzplatzes Schweiz.
Art. 4 Verpflichtete Behörden und Personen

Dieses Gesetz gilt für folgende Behörden und Personen:

a.
Behörden des Bundes und der Kantone, die mit dem Vollzug der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten beauftragt sind;
b.
Behörden des Bundes und der Kantone sowie Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die über nachrichtendienstlich relevante Informationen verfügen;
c.
Private, die nach diesem Gesetz zur Weitergabe nachrichtendienstlich relevanter Informationen verpflichtet sind.
Art. 5 Grundsätze der Informationsbeschaffung

1 Der NDB beschafft zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen aus öffentlich und nicht öffentlich zugänglichen Informationsquellen.

2 Er bedient sich dazu genehmigungsfreier und genehmigungspflichtiger Beschaffungsmassnahmen.

3 Er wählt jeweils die Beschaffungsmassnahme, die:

a.
am besten geeignet und notwendig ist, um ein bestimmtes Beschaffungsziel zu erreichen; und
b.
am wenigsten in die Grundrechte der betroffenen Personen eingreift.

4 Er kann Personendaten beschaffen, ohne dass dies für die betroffenen Personen erkennbar ist.

5 Er beschafft und bearbeitet keine Informationen über die politische Betätigung und über die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit in der Schweiz.

6 Er kann Informationen nach Absatz 5 über eine Organisation oder Person ausnahmsweise beschaffen und personenbezogen erschliessen, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass diese ihre Rechte ausübt, um terroristische, verbotene nachrichtendienstliche oder gewalttätig-extremistische Tätigkeiten vorzubereiten oder durchzuführen.

7 Er löscht personenbezogen erschlossene Daten, sobald Tätigkeiten nach Absatz 6 ausgeschlossen werden können, spätestens aber ein Jahr nach der Erschliessung, sofern die Tätigkeiten bis zu diesem Zeitpunkt nicht erwiesen sind.

8 Er kann über Organisationen und Gruppierungen auf der Beobachtungsliste nach Artikel 72 oder deren Exponentinnen und Exponenten auch Informationen nach Absatz 5 beschaffen und bearbeiten, wenn damit die Bedrohungen, die von diesen Organisationen und Gruppierungen ausgehen, beurteilt werden können.

2. Kapitel: Aufgaben und Zusammenarbeit des NDB

1. Abschnitt: Aufgaben, Schutz- und Sicherheitsmassnahmen sowie Bewaffnung


Art. 6 Aufgaben des NDB

1 Die Informationsbeschaffung und -bearbeitung des NDB dient:

a.
dem frühzeitigen Erkennen und Verhindern von Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit, die ausgehen von:
1.
Terrorismus,
2.
verbotenem Nachrichtendienst,
3.
der Weiterverbreitung nuklearer, biologischer oder chemischer Waffen, einschliesslich ihrer Trägersysteme, sowie aller zur Herstellung dieser Waffen notwendigen zivil und militärisch verwendbaren Güter und Technologien (NBC-Proliferation) oder dem illegalen Handel mit radio­ak­tiven Substanzen, Kriegsmaterial und anderen Rüstungsgütern,
4.
Angriffen auf Informations-, Kommunikations-, Energie-, Transport- und weitere Infrastrukturen, die für das Funktionieren von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat unerlässlich sind (kritische Infrastrukturen),
5.
gewalttätigem Extremismus;
b.
zur Feststellung, Beobachtung und Beurteilung von sicherheitspolitisch bedeutsamen Vorgängen im Ausland;
c.
zur Wahrung der Handlungsfähigkeit der Schweiz;
d.
zur Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen nach Artikel 3, wenn dafür ein konkreter Auftrag des Bundesrates vorliegt.

2 Der NDB beurteilt die Bedrohungslage und orientiert die betroffenen Bundesstellen und kantonalen Vollzugsbehörden laufend über allfällige Bedrohungen sowie über die getroffenen und geplanten Massnahmen nach diesem Gesetz. Bei Bedarf alarmiert er die zuständigen staatlichen Stellen.

3 Er informiert andere Dienststellen des Bundes und der Kantone unter Wahrung des Quellenschutzes über Vorgänge und Erkenntnisse, welche die gesetzlichen Aufgaben dieser Stellen bei der Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit betreffen.

4 Er pflegt die nachrichtendienstlichen Beziehungen der Schweiz mit ausländischen Dienststellen.

5 Er stellt die nachrichtendienstliche Frühwarnung zum Schutz von kritischen Infrastrukturen sicher.

6 Er führt Programme zur Information und Sensibilisierung betreffend Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit durch.

7 Er schützt seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seine Einrichtungen, seine Quellen und die von ihm bearbeiteten Daten.

Art. 7 Schutz- und Sicherheitsmassnahmen

1 Der NDB trifft Massnahmen, um den Schutz und die Sicherheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seiner Einrichtungen und der von ihm bearbeiteten Daten zu gewährleisten. Er kann dazu:

a.
in seinen Räumlichkeiten Taschen- und Personenkontrollen durchführen bei:
1.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des NDB,
2.
befristet für den NDB tätigen Personen,
3.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Unternehmen, die Dienstleistungen zugunsten des NDB in seinen Räumlichkeiten erbringen;
b.
Raumkontrollen in den Einrichtungen des NDB durchführen, um zu überprüfen, ob die Vorschriften zum Schutz klassifizierter Informationen eingehalten werden;
c.
Archiv-, Tresor- und Lagerräume sowie die Zutrittszonen zu den Räumlichkeiten des NDB mit Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten überwachen;
d.
in Räumlichkeiten, die von ihm genutzt werden, störende Fernmeldeanlagen nach Artikel 34 Absatz 1ter des Fernmeldegesetzes vom 30. April 19974 betreiben.

2 Der NDB betreibt ein gesichertes Computernetzwerk für seine Informations­systeme, die besonders gegen Zugriffe Unbefugter geschützt werden müssen.

Art. 8 Bewaffnung

1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB können für den Einsatz im Inland mit Waffen ausgestattet werden, wenn sie im Rahmen ihrer dienstlichen Funktion und Aufgabe besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind.

2 Bewaffnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen ihre Waffe nur in Fällen von Notwehr oder Notstand und nur in einer den Umständen angemessenen Weise einsetzen.

3 Der Bundesrat bestimmt die Kategorien von waffentragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Ausbildung.

2. Abschnitt: Zusammenarbeit

Art. 9 Kantonale Vollzugsbehörden

1 Jeder Kanton bestimmt eine Behörde, die zum Vollzug dieses Gesetzes mit dem NDB zusammenarbeitet (kantonale Vollzugsbehörde). Er sorgt dafür, dass diese die Aufträge des NDB ohne Verzug durchführen kann.

2 Der NDB erteilt Aufträge an die kantonalen Vollzugsbehörden schriftlich; in dringenden Fällen kann er Aufträge mündlich erteilen und nachträglich schriftlich bestätigen.

Art. 10 Information der Kantone

1 Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) informiert die interkantonalen Regierungskonferenzen regelmässig sowie bei besonderen Ereignissen über die Beurteilung der Bedrohungslage.

2 Der NDB informiert die kantonalen Vollzugsbehörden über Vorgänge, die deren Aufgabenvollzug betreffen.

Art. 11 Zusammenarbeit mit der Armee

1 Der NDB informiert die zuständigen Stellen des Nachrichtendienstes der Armee und des Dienstes für militärische Sicherheit über Vorgänge, die deren Aufgabenvollzug betreffen.

2 Er kann im Bereich der internationalen militärischen Kontakte mit den zuständigen Stellen der Armee zusammenarbeiten, diese um Auskunft ersuchen und ihnen Aufträge für die internationale Zusammenarbeit erteilen.

3 Der Bundesrat regelt:

a.
die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen dem NDB und den zuständigen Stellen des Nachrichtendienstes der Armee;
b.
die Aufgabenteilung zwischen dem NDB und dem Dienst für militärische Sicherheit während eines Friedensförderungs-, Assistenz- oder Aktivdienstes.
Art. 12 Zusammenarbeit mit dem Ausland

1 Der NDB kann im Rahmen von Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe f zum Vollzug dieses Gesetzes mit ausländischen Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, indem er:

a.
sachdienliche Informationen entgegennimmt oder weiterleitet;
b.
gemeinsame Fachgespräche und Tagungen durchführt;
c.
gemeinsame Tätigkeiten zur Beschaffung und Auswertung von Informationen sowie zur Beurteilung der Bedrohungslage durchführt;
d.
für den ersuchenden Staat Informationen beschafft und weitergibt zur Beurteilung, ob eine Person an klassifizierten Projekten des Auslands im Bereich der inneren oder äusseren Sicherheit mitwirken oder Zugang zu klassifizierten Informationen, Materialien oder Anlagen des Auslands erhalten kann;
e.
sich im Rahmen von Artikel 70 Absatz 3 an internationalen automatisierten Informationssystemen beteiligt.

2 Er kann im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zur Förderung von internationalen Kontakten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den schweizerischen Vertretungen im Ausland einsetzen. Diese arbeiten zum Vollzug dieses Gesetzes direkt mit den zuständigen Behörden des Empfangsstaates und von Drittstaaten zusammen.

3 Die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten zur Erfüllung von nachrichtendienstlichen Aufgaben nach diesem Gesetz ist Sache des NDB.

4 Die Kantone können für Sicherheitsfragen im Grenzgebiet mit den dafür zuständigen ausländischen Polizeibehörden zusammenarbeiten.

3. Kapitel: Informationsbeschaffung

1. Abschnitt: Genehmigungsfreie Beschaffungsmassnahmen

Art. 13 Öffentliche Informationsquellen

Öffentliche Informationsquellen sind namentlich:

a.
öffentlich zugängliche Medien;
b.
öffentlich zugängliche Register von Behörden des Bundes und der Kantone;
c.5
von Privaten öffentlich zugänglich ge­machte Personendaten;
d.
in der Öffentlichkeit vorgetragene Äusserungen.

5 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 14 Beobachtungen an öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten

1 Der NDB kann Vorgänge und Einrichtungen an öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten beobachten und in Bild und Ton festhalten. Er kann dazu Fluggeräte und Satelliten einsetzen.

2 Das Beobachten und Festhalten in Bild und Ton von Vorgängen und Einrichtungen, die der geschützten Privatsphäre zuzurechnen sind, ist nicht zulässig. Aufnahmen in Bild und Ton, die der geschützten Privatsphäre zuzurechnen sind, die aber aus technischen Gründen nicht verhindert werden können, sind umgehend zu vernichten.

Art. 15 Menschliche Quellen

1 Menschliche Quellen sind Personen, die:

a.
dem NDB Informationen oder Erkenntnisse mitteilen;
b.
für den NDB Dienstleistungen erbringen, die der Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz dienen;
c.
den NDB bei der Beschaffung von Informationen unterstützen.

2 Der NDB kann menschliche Quellen für ihre Tätigkeit angemessen entschädigen. Sofern es für den Quellenschutz oder die weitere Informationsbeschaffung notwendig ist, gelten diese Entschädigungen weder als steuerbares Einkommen noch als Einkommen im Sinne des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19466 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

3 Der NDB trifft die notwendigen Massnahmen zum Schutz von Leib und Leben der menschlichen Quellen. Die Massnahmen können auch zugunsten von Personen getroffen werden, die den menschlichen Quellen nahestehen.

4 Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS kann im Einzelfall den NDB ermächtigen, menschliche Quellen nach Beendigung der Zusammenarbeit mit einer Legende oder einer Tarnidentität auszustatten, wenn dies zum Schutz von Leib und Leben der Betroffenen notwendig ist.

5 Die Massnahmen nach den Absätzen 3 und 4 sind auf den Zeitraum der konkreten Gefährdung begrenzt. Ausnahmsweise kann von einer zeitlichen Begrenzung abgesehen oder eine zeitlich begrenzte Massnahme in eine unbegrenzte umgewandelt werden, wenn die Risiken für die Betroffenen besonders gross sind und damit gerechnet werden muss, dass sie fortbestehen.

Art. 16 Personen- und Sachfahndungsausschreibungen

1 Der NDB kann im automatisierten Polizeifahndungssystem nach Artikel 15 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 20087 über die polizeilichen Informa­tionssysteme des Bundes (BPI) sowie im nationalen Teil des Schengener Informa­tionssystems nach Artikel 16 Absatz 2 BPI Personen und Fahrzeuge ausschreiben lassen.

2 Die Ausschreibung einer Person oder eines Fahrzeugs ist nur zulässig, wenn begründete Anhaltspunkte vorliegen, dass:

a.
von der betreffenden Person eine konkrete Bedrohung für die innere oder äussere Sicherheit nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a ausgeht;
b.
das Fahrzeug von einer Person im Sinne von Buchstabe a benutzt wird;
c.
das Fahrzeug für eine anderweitige konkrete Bedrohung für die innere oder äussere Sicherheit nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a benutzt wird;
d.
das Feststellen des Aufenthalts einer Person oder eines Fahrzeugs notwendig ist, um weitere wichtige Landesinteressen nach Artikel 3 zu wahren.

3 Die Ausschreibung darf nicht vorgenommen werden, um das Fahrzeug einer Drittperson zu überwachen, die einer der in den Artikeln 171–173 der Strafprozessordnung (StPO)8 genannten Berufsgruppen angehört.

2. Abschnitt: Legendierungen und Tarnidentitäten

Art. 17 Legendierungen

1 Die Direktorin oder der Direktor des NDB kann bewilligen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB mit einer Legende ausgestattet werden, damit deren Zugehörigkeit zum NDB nicht erkennbar ist.

2 Sie oder er kann zudem in Absprache oder auf Antrag eines Kantons bewilligen, dass auch Angehörige der kantonalen Vollzugsbehörden vom NDB mit einer Legende ausgestattet werden.

3 Zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer Legende kann der NDB Urkunden herstellen oder verändern. Die zuständigen eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Behörden sind zur Zusammenarbeit mit dem NDB verpflichtet.

4 Die Direktorin oder der Direktor des NDB erstattet der Vorsteherin oder dem Vorsteher des VBS jährlich Bericht über die Handhabung der Legendierungen.

5 Das Verschleiern der Zugehörigkeit zum NDB oder zu einer kantonalen Vollzugsbehörde, ohne eigens dafür hergestellte oder veränderte Urkunden zu verwenden, bedarf keiner besonderen Bewilligung.

Art. 18 Tarnidentitäten

1 Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS kann bewilligen, dass die folgenden Personen mit einer Tarnidentität ausgestattet werden, die ihnen eine Identität verleiht, die von der wahren Identität abweicht, um ihre Sicherheit oder die Informationsbeschaffung zu gewährleisten:

a.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB;
b.
im Bundesauftrag tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Vollzugsbehörden in Absprache oder auf Antrag des Kantons;
c.
menschliche Quellen im Rahmen einer bestimmten Operation.

2 Die Tarnidentität kann so lange verwendet werden, wie dies zur Gewährleistung der Sicherheit der betreffenden Person oder zur Gewährleistung der Informationsbeschaffung notwendig ist. Die Verwendung ist befristet:

a.
für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB oder der Sicherheitsorgane der Kantone: auf höchstens fünf Jahre; die Frist kann bei Bedarf jeweils um höchstens drei weitere Jahre verlängert werden;
b.
für menschliche Quellen: auf höchstens zwölf Monate; die Frist kann bei Bedarf jeweils um höchstens zwölf weitere Monate verlängert werden.

3 Die Verwendung einer Tarnidentität zur Informationsbeschaffung ist nur gestattet, wenn diese einen Aufgabenbereich nach Artikel 6 Absatz 1 betrifft und:

a.
die Informationsbeschaffung ohne Tarnidentität erfolglos geblieben ist, ohne den Einsatz der Tarnidentität aussichtslos wäre oder unverhältnismässig erschwert würde; oder
b.
ein bedeutsames Rechtsgut wie Leib und Leben oder körperliche Unversehrtheit der mit der Informationsbeschaffung befassten Person oder einer ihr nahestehenden Person bedroht ist.

4 Zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung von Tarnidentitäten kann der NDB Ausweisschriften, Urkunden und weitere Unterlagen sowie personenbezogene Angaben herstellen oder verändern. Die zuständigen eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Behörden sind zur Zusammenarbeit mit dem NDB verpflichtet.

5 Der NDB trifft die erforderlichen Massnahmen zum Schutz vor Enttarnung.

3. Abschnitt: Auskunfts- und Meldepflichten

Art. 19 Auskunftspflicht bei einer konkreten Bedrohung

1 Behörden des Bundes und der Kantone sowie Organisationen, denen der Bund oder die Kantone die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen haben, sind verpflichtet, dem NDB im Einzelfall, auf begründetes Ersuchen hin, die Auskünfte zu erteilen, die zum Erkennen oder Abwehren einer konkreten Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit oder zur Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen nach Artikel 3 notwendig sind.

2 Eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit ist gegeben, wenn ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates betroffen ist und die Bedrohung ausgeht von:

a.
terroristischen Aktivitäten im Sinne von Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen;
b.
verbotenem Nachrichtendienst nach den Artikeln 272–274 und 301 des Strafgesetzbuchs (StGB)9 sowie den Artikeln 86 und 93 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 192710;
c.
NBC-Proliferation oder illegalem Handel mit radioaktiven Substanzen, Kriegsmaterial und anderen Rüstungsgütern;
d.
einem Angriff auf eine kritische Infrastruktur; oder
e.
gewalttätig-extremistischen Aktivitäten im Sinne von Bestrebungen von Organisationen, welche die demokratischen und rechtsstaatlichen Grund­lagen ablehnen und zum Erreichen ihrer Ziele Gewalttaten verüben, fördern oder befürworten.

3 Die Behörden und Organisationen nach Absatz 1 sind verpflichtet, gegenüber Dritten über das Ersuchen und die allfällige Auskunft Stillschweigen zu bewahren. Ausgenommen ist die Information von vorgesetzten Stellen und Aufsichtsorganen.

4 Sie können unaufgefordert Meldung erstatten, wenn sie eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit nach Absatz 2 feststellen.

5 Der Bundesrat bestimmt in einer Verordnung die Organisationen, die zu Auskünften verpflichtet sind; darunter fallen namentlich Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, soweit sie Erlasse oder erstinstanzliche Verfügungen im Sinne von Artikel 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196811 erlassen oder soweit sie ihnen übertragene Vollzugsaufgaben des Bundes erfüllen; ausgenommen sind Kantone.

Art. 20 Besondere Auskunfts- und Meldepflicht

1 Die folgenden Behörden sind verpflichtet, dem NDB zur Erfüllung seiner Aufgaben Auskunft zu erteilen:

a.
Gerichte, Strafverfolgungsbehörden sowie Behörden des Straf- und Massnahmenvollzugs;
b.
Grenzwacht und Zollbehörden;
c.
Behörden der militärischen Sicherheit, des Nachrichtendienstes der Armee und des militärischen Kontrollwesens;
d.
Behörden des Bundes und der Kantone, die für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern sowie für Asylfragen zuständig sind;
e.
Behörden, die an sicherheitspolizeilichen Aufgaben mitwirken;
f.
Einwohnerkontrollen;
g.
Behörden, die für den diplomatischen und konsularischen Verkehr zuständig sind;
h.
Behörden, die für die Bewilligung des Verkehrs mit bestimmten Gütern zuständig sind;
i.
Behörden, die für den Betrieb von Informatiksystemen zuständig sind;
j.
Behörden, die zuständig sind für die Aufsicht über den Finanzmarkt und die Entgegennahme von Meldungen bei Verdacht auf Geldwäscherei in Fällen von Terrorfinanzierung und Finanzierung von NBC-Proliferationsaktivitäten nach Massgabe des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 199712.

2 Die Behörden nach Absatz 1 sind verpflichtet, gegenüber Dritten über das Ersuchen und die allfällige Auskunft Stillschweigen zu bewahren. Ausgenommen ist die Information von vorgesetzten Stellen und Aufsichtsorganen.

3 Die Behörden nach Absatz 1 erstatten unaufgefordert Meldung, wenn sie eine konkrete und schwere Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit feststellen.13

4 Der Bundesrat legt in einer nicht öffentlichen Liste fest, welche Vorgänge und Feststellungen dem NDB unaufgefordert zu melden sind. Er umschreibt den Umfang der Meldepflicht und das Verfahren der Auskunftserteilung.

12 SR 955.0

13 Die Berichtigung der RedK der BVers vom 12. März 2020, publiziert am 24. März 2020 betrifft nur den französischen Text (AS 2020 1057).

Art. 21 Berufsgeheimnis

Bei Auskünften nach Artikel 19 oder 20 bleibt das gesetzlich geschützte Berufs­geheimnis gewahrt.

Art. 22 Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten über Auskunfts- und Meldepflichten

1 Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem NDB und einer anderen Einheit der Bundesverwaltung über eine Auskunftspflicht nach Artikel 19 oder 20 entscheidet die jeweils gemeinsame Aufsichtsbehörde endgültig.

2 Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem NDB und einer Organisation, einem Organ oder einer Behörde, die oder das nicht der Bundesverwaltung angehört, über eine Auskunftspflicht nach Artikel 19 oder 20 entscheidet das Bundesver­waltungsgericht nach Artikel 36a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200514.

Art. 23 Meldungen und Auskünfte von Dritten

1 Der NDB kann von jeder Person Meldungen entgegennehmen.

2 Er kann durch schriftliche oder mündliche Anfrage gezielt Informationen einholen, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Er kann Personen schriftlich zu Befragungen einladen.

3 Er macht die um Auskunft ersuchte Person darauf aufmerksam, dass sie freiwillig Auskunft gibt; ausgenommen ist die Informationsbeschaffung unter Verwendung einer Legende.

Art. 24 Identifikation und Befragung von Personen

1 Der NDB kann zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a eine Person anhalten lassen, um ihre Identität festzustellen und sie im Sinne von Artikel 23 kurz zu befragen.

2 Die Anhaltung erfolgt durch Angehörige eines kantonalen Polizeikorps.

3 Der NDB kann die angehaltene Person verpflichten, ihre Personalien anzugeben und Ausweispapiere vorzulegen.

Art. 25 Besondere Auskunftspflichten Privater

1 Sofern es zum Erkennen, Verhindern oder Abwehren einer konkreten Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit nach Artikel 19 Absatz 2 notwendig ist, kann der NDB im Einzelfall folgende Auskünfte und Aufzeichnungen verlangen:

a.
von einer natürlichen oder juristischen Person, die gewerbsmässig Transporte durchführt oder Transportmittel zur Verfügung stellt oder vermittelt: Auskunft über eine von ihr erbrachte Leistung;
b.
von privaten Betreiberinnen und Betreibern von Sicherheitsinfrastrukturen, insbesondere von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten: die Herausgabe von Aufzeichnungen, einschliesslich Aufzeichnungen von Vorgängen auf öffentlichem Grund.

2 Der NDB kann ferner Auskünfte nach Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 18. März 201615 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) einholen.16

15 SR 780.1

16 Fassung gemäss Art. 46 Ziff. 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).

4. Abschnitt: Genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen

Art. 26 Arten von genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen

1 Die folgenden Beschaffungsmassnahmen sind genehmigungspflichtig:

a.17
Überwachungen des Postverkehrs und des Fernmeldeverkehrs und Ver­langen von Randdaten des Postverkehrs und des Fernmeldeverkehrs gemäss BÜPF18;
abis.19
der Einsatz von besonderen technischen Geräten zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs, um Übermittlungen zu erfassen oder eine Person oder Sache zu identifizieren oder deren Standort zu ermitteln, wenn Über­wach­ungen nach Buchstabe a erfolglos geblieben sind, aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden und die fernmelderechtlichen Bewilligungen für die besonderen technischen Geräte vorliegen;
b.
der Einsatz von Ortungsgeräten zur Feststellung des Standorts und der Bewegungen von Personen oder Sachen;
c.
der Einsatz von Überwachungsgeräten, um das nicht öffentlich gesprochene Wort abzuhören oder aufzuzeichnen oder um Vorgänge an nicht öffentlichen oder nicht allgemein zugänglichen Orten zu beobachten oder aufzuzeichnen;
d.
das Eindringen in Computersysteme und Computernetzwerke, um:
1.
dort vorhandene oder von dort aus übermittelte Informationen zu beschaffen,
2.
den Zugang zu Informationen zu stören, zu verhindern oder zu verlangsamen, falls die Computersysteme und Computernetzwerke für Angriffe auf kritische Infrastrukturen verwendet werden;
e.
das Durchsuchen von Räumlichkeiten, Fahrzeugen oder Behältnissen, um dort vorhandene Gegenstände oder Informationen oder von dort aus übermittelte Informationen zu beschaffen.

2 Die Massnahmen werden verdeckt durchgeführt; die betroffene Person wird darüber nicht in Kenntnis gesetzt.

17 Fassung gemäss Art. 46 Ziff. 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).

18 SR 780.1

19 Eingefügt durch Art. 46 Ziff. 2 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).

Art. 27 Grundsatz

1 Der NDB kann eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme anordnen, wenn:

a.
eine konkrete Bedrohung im Sinne von Artikel 19 Absatz 2 Buchstaben a–d gegeben ist oder die Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen nach Artikel 3 dies erfordert;
b.
die Schwere der Bedrohung die Massnahme rechtfertigt; und
c.
die nachrichtendienstlichen Abklärungen bisher erfolglos waren, sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.

2 Der NDB holt vor der Durchführung der Massnahme die Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Freigabe durch die Vorsteherin oder den Vorsteher des VBS ein.

3 Ist es notwendig, dass andere Dienststellen des Bundes und der Kantone an der Durchführung der Massnahme mitwirken, so stellt ihnen der NDB eine schriftliche Anordnung zu, sobald die Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Freigabe der Vorsteherin oder des Vorstehers des VBS vorliegen. Die Beschaffungsmass­nahme ist geheim zu halten.

Art. 28 Anordnung genehmigungspflichtiger Beschaffungsmassnahmen gegenüber Drittpersonen

1 Der NDB kann auch gegenüber einer Drittperson eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme anordnen, wenn begründete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Person, über die Informationen beschafft werden sollen, Räumlichkeiten, Fahrzeuge oder Behältnisse der Drittperson oder deren Postadressen, Fernmeldeanschlüsse, Computersysteme oder Computernetzwerke benutzt, um Informationen zu übermitteln, zu empfangen oder aufzubewahren.

2 Die Massnahme darf nicht angeordnet werden, wenn die Drittperson einer der in den Artikeln 171–173 StPO20 genannten Berufsgruppen angehört.

Art. 29 Genehmigungsverfahren

1 Beabsichtigt der NDB, eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme anzuordnen, so unterbreitet er dem Bundesverwaltungsgericht einen Antrag mit:

a.
der Angabe des spezifischen Ziels der Beschaffungsmassnahme und der Begründung ihrer Notwendigkeit sowie der Erläuterung, warum bisherige Abklärungen erfolglos waren, sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden;
b.
den Angaben zu den von der Beschaffungsmassnahme betroffenen Personen;
c.
der genauen Bezeichnung der Beschaffungsmassnahme sowie der gesetz­lichen Grundlage;
d.
der Bezeichnung allfälliger anderer Dienststellen, die mit der Durchführung der Beschaffungsmassnahme beauftragt werden sollen;
e.
der Angabe von Beginn und Ende der Beschaffungsmassnahme sowie der Frist, innerhalb der sie durchzuführen ist;
f.
den für die Genehmigung wesentlichen Akten.

2 Die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts entscheidet mit kurzer Begründung innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Erhalt des Antrags als Einzelrichter; sie oder er kann eine andere Richterin oder einen anderen Richter mit dieser Aufgabe betrauen.

3 Die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts genehmigt eine beantragte Beschaffungsmassnahme nicht, wenn eine solche Massnahme bereits aufgrund eines Strafverfahrens gegen die betroffenen Personen nach Absatz 1 Buchstabe b bewilligt worden ist und die Strafuntersuchung einen Zusammenhang zur konkreten Bedrohung aufweist, welche die Beschaffungsmassnahme des NDB abklären soll. Die zuständigen Zwangsmassnahmengerichte sowie der Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs erteilen dem Bundesverwaltungsgericht die notwendigen Auskünfte.

4 Die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts kann im Rahmen der Entscheidfindung die Anhörung von Vertreterinnen und Vertretern des NDB anordnen.

5 Sie oder er kann die Genehmigung mit Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.

6 Die Genehmigung gilt für höchstens drei Monate. Sie kann um jeweils höchstens drei Monate verlängert werden.

7 Ist eine Verlängerung notwendig, so stellt der NDB vor Ablauf der bewilligten Dauer einen begründeten Verlängerungsantrag nach Absatz 1.

8 Die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts erstellt einen jährlichen Tätigkeitsbericht zuhanden der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel).

Art. 30 Freigabe

1 Liegt die Genehmigung der Beschaffungsmassnahme vor, so entscheidet die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS, nach vorheriger Konsultation der Vorsteherin oder des Vorstehers des EDA und der Vorsteherin oder des Vorstehers des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), über die Freigabe zur Durchführung. Fälle von besonderer Bedeutung können dem Bundesrat vorgelegt werden.

2 Das Konsultationsverfahren ist schriftlich zu führen.

Art. 31 Verfahren bei Dringlichkeit

1 Die Direktorin oder der Direktor des NDB kann bei Dringlichkeit den sofortigen Einsatz von genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen anordnen. Sie oder er orientiert umgehend das Bundesverwaltungsgericht und die Vorsteherin oder den Vorsteher des VBS. Diese oder dieser kann die Beschaffungsmassnahme mit sofortiger Wirkung beenden.

2 Die Direktorin oder der Direktor des NDB unterbreitet den Antrag innerhalb von 24 Stunden der Präsidentin oder dem Präsidenten der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts und begründet die Dringlichkeit.

3 Die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesver­waltungsgerichts teilt dem NDB ihren oder seinen Entscheid innerhalb von drei Arbeitstagen mit.

4 Liegt die Genehmigung der Beschaffungsmassnahme vor, so entscheidet die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS, nach vorheriger Konsultation der Vorsteherin oder des Vorstehers des EDA und der Vorsteherin oder des Vorstehers des EJPD, über die Freigabe zur Weiterführung.

Art. 32 Beendigung

1 Der NDB beendet die genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme unverzüglich, wenn:

a.
die Frist abgelaufen ist;
b.
die Voraussetzungen für eine weitere Durchführung nicht mehr erfüllt sind;
c.
die Genehmigung durch das Bundesverwaltungsgericht oder die Freigabe durch die Chefin oder den Chef des VBS nicht erteilt wird.

2 In Fällen von Dringlichkeit sorgt der NDB für die umgehende Vernichtung der beschafften Daten, wenn:

a.
die Präsidentin oder der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts den Antrag ablehnt;
b.
die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS die Beschaffungsmassnahme mit sofor­tiger Wirkung beendet oder die Freigabe zur Weiterführung verweigert.

3 Wirken andere Dienststellen an der Durchführung der genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahme mit, so teilt ihnen der NDB deren Beendigung mit.

4 Der NDB teilt dem Bundesverwaltungsgericht sowie der Vorsteherin oder dem Vorsteher des VBS die Beendigung der Beschaffungsmassnahme mit.

Art. 33 Mitteilungspflicht

1 Der NDB teilt der überwachten Person nach Abschluss der Operation innerhalb eines Monats Grund, Art und Dauer der Überwachung mit genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen mit.

2 Er kann die Mitteilung aufschieben oder von ihr absehen, wenn:

a.
dies notwendig ist, um eine laufende Beschaffungsmassnahme oder ein laufendes rechtliches Verfahren nicht zu gefährden;
b.
dies wegen eines anderen überwiegenden öffentlichen Interesses zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit nötig ist oder die Beziehungen der Schweiz zum Ausland es erfordern;
c.
durch die Mitteilung Dritte erheblich gefährdet werden könnten;
d.
die betroffene Person nicht erreichbar ist.

3 Der Aufschub der Mitteilung oder der Verzicht darauf muss nach dem Genehmigungsverfahren nach Artikel 29 genehmigt und freigegeben werden.

5. Abschnitt: Zusammenarbeit und Quellenschutz

Art. 34 Zusammenarbeit und Beauftragung in der Beschaffung

1 Der NDB kann die Beschaffungsmassnahmen selbst durchführen, mit in- oder ausländischen Amtsstellen zusammenarbeiten oder diese mit der Durchführung beauftragen, sofern die andere Stelle Gewähr dafür bietet, die Beschaffung entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes durchzuführen.

2 Er kann ausnahmsweise auch mit Privaten zusammenarbeiten oder Privaten Aufträge erteilen, wenn dies aus technischen Gründen oder wegen des Zugangs zum Beschaffungsobjekt erforderlich ist und die betreffende Person Gewähr dafür bietet, die Beschaffung entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes durchzuführen.

Art. 35 Quellenschutz

1 Der NDB stellt den Schutz seiner Quellen sicher und wahrt deren Anonymität, insbesondere diejenige von ausländischen Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden sowie von Personen, die Informationen über das Ausland beschaffen und dadurch gefährdet sind. Ausgenommen sind Personen, die in einem Strafverfahren schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder eines Kriegsverbrechens beschuldigt werden.

2 Der NDB gibt die Identität einer in der Schweiz wohnhaften menschlichen Quelle schweizerischen Strafverfolgungsbehörden bekannt, wenn die betreffende Person einer von Amtes wegen zu verfolgenden Straftat beschuldigt wird oder wenn die Bekanntgabe unerlässlich ist, um eine schwere Straftat aufzuklären.

3 Beim Schutz der Quellen sind zu berücksichtigen:

a.
das Interesse des NDB an der weiteren nachrichtendienstlichen Nutzung der Quelle;
b.
das Schutzbedürfnis insbesondere menschlicher Quellen gegenüber Dritt­personen;
c.
bei technischen Quellen: geheimhaltungsbedürftige Angaben über Infrastruktur, Leistungsfähigkeit, operative Methoden und Verfahren der Informationsbeschaffung.

4 Im Streitfall entscheidet das Bundesstrafgericht. Im Übrigen gelten die massgebenden Bestimmungen über die Rechtshilfe.

6. Abschnitt: Beschaffung von Informationen über Vorgänge im Ausland


Art. 36 Allgemeine Bestimmungen

1 Der NDB kann Informationen über Vorgänge im Ausland verdeckt beschaffen.

2 Beschafft der NDB im Inland Informationen über Vorgänge im Ausland, so ist er an die Bestimmungen des 4. Abschnittes gebunden; vorbehalten bleibt Artikel 37 Absatz 2.

3 Der NDB sorgt dafür, dass die Risiken bei der Beschaffung in keinem Missverhältnis zum erwarteten Informationsgewinn stehen und die Eingriffe in die Grundrechte betroffener Personen auf das Notwendige beschränkt bleiben.

4 Er dokumentiert die Beschaffung von Informationen über Vorgänge im Ausland zuhanden der Aufsichts- und Kontrollorgane.

5 Er kann Daten aus Beschaffungen im Ausland, die mit genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen vergleichbar sind, gesondert abspeichern, wenn der Umfang der Daten, die Geheimhaltung oder die Sicherheit dies erfordert.

6 Die im Ausland eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB sind während ihres Einsatzes nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 199221 über die Militärversicherung gegen Krankheit und Unfall versichert.

7 Der NDB sorgt für den Schutz seiner im Ausland eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Art. 37 Eindringen in Computersysteme und Computernetzwerke

1 Werden Computersysteme und Computernetzwerke, die sich im Ausland befinden, für Angriffe auf kritische Infrastrukturen in der Schweiz verwendet, so kann der NDB in diese Computersysteme und Computernetzwerke eindringen, um den Zugang zu Informationen zu stören, zu verhindern oder zu verlangsamen. Der Bundesrat entscheidet über die Durchführung einer solchen Massnahme.

2 Der NDB kann in Computersysteme und Computernetzwerke im Ausland eindringen, um dort vorhandene oder von dort aus übermittelte Informationen über Vorgänge im Ausland zu beschaffen. Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS entscheidet nach vorheriger Konsultation der Vorsteherin oder des Vorstehers des EDA und der Vorsteherin oder des Vorstehers des EJPD über die Durchführung einer solchen Massnahme.

Art. 38 Funkaufklärung

1 Der Bund kann einen Dienst für die Erfassung elektromagnetischer Ausstrahlungen von Telekommunikationssystemen, die sich im Ausland befinden, betreiben (Funkaufklärung).

2 Die Funkaufklärung dient:

a.
der Beschaffung sicherheitspolitisch bedeutsamer Informationen über Vorgänge im Ausland, insbesondere aus den Bereichen Terrorismus, Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und ausländische Konflikte mit Auswirkungen auf die Schweiz;
b.
der Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen nach Artikel 3.

3 Der Bundesrat regelt die Aufklärungsbereiche, die Organisation und das Verfahren der Funkaufklärung. Er legt fest, für wie lange die erfassten Kommunikationen und Verbindungsdaten beim durchführenden Dienst gespeichert bleiben dürfen.

4 Er stellt dabei insbesondere sicher, dass der durchführende Dienst aus den erfassten Kommunikationen:

a.
nur Informationen über sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland weiterleitet;
b.
Informationen über Personen im Inland nur weiterleitet, wenn sie für das Verständnis eines Vorgangs im Ausland notwendig sind und zuvor anonymisiert wurden.

5 Der durchführende Dienst leitet aus den erfassten Kommunikationen Informationen über Vorgänge im Inland weiter, wenn sie auf eine konkrete Bedrohung der inneren Sicherheit nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a hinweisen.

6 Stösst er bei seiner Tätigkeit auf erfasste Kommunikationen, die keine Informationen über sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland und keine Hinweise auf eine konkrete Bedrohung der inneren Sicherheit enthalten, so vernichtet er diese so rasch wie möglich.

7. Abschnitt: Kabelaufklärung

Art. 39 Allgemeine Bestimmungen

1 Der NDB kann den durchführenden Dienst damit beauftragen, zur Beschaffung von Informationen über sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland (Art. 6 Abs. 1 Bst. b) sowie zur Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen nach Artikel 3 grenzüberschreitende Signale aus leitungsgebundenen Netzen zu erfassen.

2 Befindet sich sowohl der Sender als auch der Empfänger in der Schweiz, so ist die Verwendung der erfassten Signale nach Absatz 1 nicht zulässig. Kann der durchführende Dienst solche Signale nicht bereits bei der Erfassung ausscheiden, so sind die beschafften Daten zu vernichten, sobald erkannt wird, dass sie von solchen Signalen stammen.

3 Daten aus erfassten Signalen dürfen nur an den NDB weitergeleitet werden, wenn deren Inhalt den für die Erfüllung des Auftrags definierten Suchbegriffen entspricht. Die Suchbegriffe sind so zu definieren, dass ihre Anwendung möglichst geringe Eingriffe in die Privatsphäre von Personen verursacht. Angaben über schweizerische natürliche oder juristische Personen sind als Suchbegriffe nicht zulässig.

4 Der Bundesrat regelt:

a.
die zulässigen Aufklärungsbereiche;
b.
die Organisation und die Einzelheiten des Verfahrens der Kabelaufklärung;
c.
die maximale Aufbewahrungsdauer der erfassten Inhalts- und Verbindungsdaten aus der Kabelaufklärung beim durchführenden Dienst.
Art. 40 Genehmigungspflicht

1 Aufträge zur Kabelaufklärung sind genehmigungspflichtig.

2 Bevor der NDB einen Auftrag zur Kabelaufklärung erteilt, holt er die Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie die Freigabe durch die Vorsteherin oder den Vorsteher des VBS ein.

3 Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS konsultiert vorgängig die Vorsteherin oder den Vorsteher des EDA und die Vorsteherin oder den Vorsteher des EJPD.

Art. 41 Genehmigungsverfahren

1 Beabsichtigt der NDB, einen Auftrag zur Kabelaufklärung zu erteilen, so unterbreitet er dem Bundesverwaltungsgericht einen Antrag mit:

a.
der Beschreibung des Auftrags an den durchführenden Dienst;
b.
der Begründung der Notwendigkeit des Einsatzes;
c.
der Angabe der Kategorien von Suchbegriffen;
d.
der Angabe der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen, welche die für die Durchführung der Kabelaufklärung notwendigen Signale liefern müssen; und
e.
der Angabe von Beginn und Ende des Auftrags.

2 Das weitere Verfahren richtet sich nach den Artikeln 29–32.

3 Die Genehmigung gilt für höchstens sechs Monate. Sie kann nach demselben Verfahren um jeweils höchstens drei Monate verlängert werden.

Art. 42 Durchführung

1 Der durchführende Dienst nimmt die Signale der Betreiberinnen und Anbieterinnen nach Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe d entgegen, wandelt sie in Daten um und beurteilt anhand des Inhalts, welche Daten er an den NDB weiterleitet.

2 Er leitet ausschliesslich Daten an den NDB weiter, die Informationen zu den für die Erfüllung des Auftrags definierten Suchbegriffen enthalten. Informationen über Per­sonen im Inland leitet er nur dann an den NDB weiter, wenn sie für das Verständnis eines Vorgangs im Ausland notwendig sind und zuvor anonymisiert wurden.

3 Enthalten die Daten Informationen über Vorgänge im In- oder Ausland, die auf eine konkrete Bedrohung der inneren Sicherheit nach Artikel 6 Absatz 1 Buch­stabe a hinweisen, so leitet der durchführende Dienst sie unverändert an den NDB weiter.

4 Daten, die keine Informationen nach den Absätzen 2 und 3 enthalten, sind vom durchführenden Dienst so rasch wie möglich zu vernichten.

5 Für die nachrichtendienstliche Auswertung der Daten ist der NDB zuständig.

Art. 43 Pflichten der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen

1 Die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen sind verpflichtet, dem durchführenden Dienst oder dem NDB die für die Durchführung der Kabelaufklärung notwendigen tech­nischen Angaben zu machen.

2 Liegt die Freigabe für einen Auftrag vor, so sind die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen verpflichtet, die Signale an den durchführenden Dienst zu liefern. Von ihnen angebrachte Verschlüsselungen müssen sie entfernen.

3 Die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen sind verpflichtet, die Aufträge geheim zu halten.

4 Der Bund entschädigt die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen. Der Bundesrat regelt die Höhe der Entschädigung nach Massgabe der Kosten für die Lieferung der Signale an den durchführenden Dienst.

4. Kapitel: Datenbearbeitung und Archivierung

1. Abschnitt: Grundsätze, Qualitätssicherung und Datenbearbeitung in den Kantonen


Art. 44 Grundsätze

1 Der NDB und die kantonalen Vollzugs­behörden sind befugt, Per­sonendaten, einschliesslich Personendaten, welche die Be­urteilung des Gefährlichkeitsgrades einer Person erlauben, zu bearbeiten, unabhängig davon, ob es sich um besonders schützenswerte Personendaten handelt oder nicht.22

2 Der NDB kann Informationen, die sich als Desinformation oder Falschinformation herausstellen, weiter bearbeiten, wenn dies für die Beurteilung der Lage oder einer Quelle notwendig ist. Er kennzeichnet die betreffenden Daten als unrichtig.

3 Er kann dieselben Daten in mehrere Informationssysteme überführen. Es gelten die Vorgaben des jeweiligen Informationssystems.

4 Er kann die Daten innerhalb eines Informationssystems vernetzt erfassen und automatisiert auswerten.

22 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 45 Qualitätssicherung

1 Der NDB beurteilt die Erheblichkeit und Richtigkeit der Personendaten, bevor er sie in einem Informationssystem erfasst. Meldungen, die mehrere Personendaten enthalten, beurteilt er als Ganzes, bevor er sie in der Aktenablage erfasst.

2 Er erfasst nur Daten, die zur Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 6 dienen, unter Beachtung von Artikel 5 Absätze 5–8.

3 Er vernichtet Daten, die in keinem Informationssystem erfasst werden dürfen, oder sendet sie an den Absender zur weiteren Abklärung oder zur Bearbeitung in dessen eigener Zuständigkeit zurück.

4 Er überprüft periodisch in allen Informationssystemen, ob die erfassten Personendatensätze zur Erfüllung seiner Aufgaben weiterhin notwendig sind. Er löscht nicht mehr benötigte Datensätze. Unrichtige Daten werden sofort korrigiert oder gelöscht; vorbehalten bleibt Artikel 44 Absatz 2.

5 Die interne Qualitätssicherungsstelle des NDB nimmt folgende Aufgaben wahr:

a.
Sie überprüft die Personendaten im System IASA-GEX NDB (Art. 50) auf ihre Erheblichkeit und Richtigkeit.
b.
Sie überprüft periodisch die im System INDEX NDB (Art. 51) erfassten Berichte der kantonalen Vollzugsbehörden auf ihre Erheblichkeit und Richtigkeit.
c.
Sie kontrolliert in allen Informationssystemen des NDB stichprobenweise die Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Richtigkeit der Datenbearbeitungen.
d.
Sie löscht Daten im System INDEX NDB, die aus Vorabklärungen der Kantone stammen und deren Erfassung mehr als fünf Jahre zurückliegt, sowie Daten, deren Löschung der Kanton beantragt.
e.
Sie sorgt für interne Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB zu Fragen des Datenschutzes.
Art. 46 Datenbearbeitung in den Kantonen

1 Die kantonalen Vollzugsbehörden führen keine eigenen Datenbanken in Anwen­dung dieses Gesetzes.23

2 Bearbeiten die Kantone Daten in eigener Zuständigkeit, so sorgen sie dafür, dass die kantonalen Daten keinen Hinweis auf Bestand und Inhalt der Bundesdaten enthalten.

3 Die kantonalen Vollzugsbehörden dürfen Lagebeurteilungen und Daten, die sie vom NDB erhalten haben, weitergeben, wenn es für die Beurteilung von Massnahmen zur Wahrung der Sicherheit oder für die Abwendung einer erheblichen Gefährdung notwendig ist. Der Bundesrat regelt, an welche Stellen und in welchem Umfang die Weitergabe zulässig ist.

23 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

2. Abschnitt: Nachrichtendienstliche Informationssysteme

Art. 47 Informationssysteme des NDB

1 Der NDB betreibt zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Artikel 6 folgende Informationssysteme:

a.
IASA NDB (Art. 49);
b.
IASA-GEX NDB (Art. 50);
c.
INDEX NDB (Art. 51);
d.
GEVER NDB (Art. 52);
e.
ELD (Art. 53);
f.
OSINT-Portal (Art. 54);
g.
Quattro P (Art. 55);
h.
ISCO (Art. 56);
i.
Restdatenspeicher (Art. 57).

2 Der Bundesrat regelt für jedes Informationssystem des NDB:

a.
den Katalog der Personendaten;
b.
die Zuständigkeiten bei der Datenbearbeitung;
c.
die Zugriffsrechte;
d.
die Häufigkeit der Qualitätssicherung unter Berücksichtigung der Schwere des durch die Datenbearbeitung bewirkten Eingriffs in die verfassungsmässigen Rechte;
e.
die Aufbewahrungsdauer der Daten unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse des NDB in Bezug auf die jeweiligen Aufgabengebiete;
f.
die Löschung der Daten;
g.
die Datensicherheit.
Art. 48 Zuweisung der Daten zu den Informationssystemen

Der NDB weist eingehende Daten wie folgt zu:

a.
Daten mit Informationen über gewalttätigen Extremismus: dem System IASA-GEX NDB;
b.
Daten mit Informationen, die ausschliesslich administrative Prozesse auslösen: dem System GEVER NDB;
c.
Daten mit Informationen, die ausschliesslich sicherheitspolizeiliche Massnahmen betreffen: dem System ELD;
d.
Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen: dem System OSINT-Portal;
e.
Daten aus Grenz- und Zollkontrollen: dem System Quattro P;
f.
Daten, die ausschliesslich der Aufgabenkontrolle und der Steuerung der Funk- und Kabelaufklärung dienen: dem System ISCO;
g.
übrige Daten: dem System Restdatenspeicher.
Art. 49 IASA NDB

1 Das integrale Analysesystem des NDB (IASA NDB) dient der nachrichtendienst­lichen Auswertung von Daten.

2 Es enthält Daten, welche die Aufgabengebiete nach Artikel 6 Absatz 1 betreffen, mit Ausnahme der Daten über den gewalttätigen Extremismus.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die mit der Erfassung, Recherche, Auswertung und Qualitätssicherung der Daten beauftragt sind, haben im Abruf­verfahren Zugriff auf IASA NDB. Sie können mit Hilfe von IASA NDB Daten­recherchen in allen Informationssystemen des NDB vornehmen, für die sie die Zugriffsberechtigung haben.

Art. 50 IASA-GEX NDB

1 Das integrale Analysesystem Gewaltextremismus des NDB (IASA-GEX NDB) dient der Erfassung, Bearbeitung und Auswertung von Informationen, die den gewalttätigen Extremismus betreffen.

2 Es enthält die Daten, die den gewalttätigen Extremismus betreffen.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die mit der Erfassung, Recherche, Auswertung und Qualitätssicherung der Daten beauftragt sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf IASA-GEX NDB.

Art. 51 INDEX NDB

1 Das Informationssystem INDEX NDB dient:

a.
der Feststellung, ob der NDB über eine Person, eine Organisation, eine Gruppierung, einen Gegenstand oder ein Ereignis Daten bearbeitet;
b.
der Ablage der von den kantonalen Vollzugsbehörden erstellten Berichte;
c.
der Bearbeitung von Daten aus Vorabklärungen der kantonalen Vollzugsbehörden.

2 Es ermöglicht den Behörden, die nicht am besonders gesicherten Netzwerk des NDB angeschlossen sind, den Zugriff auf die Daten, die sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen, und deren sichere Übermittlung.

3 Es enthält:

a.
Daten zur Identifikation der in den Informationssystemen IASA NDB und IASA-GEX NDB erfassten Personen, Organisationen, Gruppierungen, Gegenstände und Ereignisse;
b.
die von den kantonalen Vollzugsbehörden selbstständig oder im Auftrag des NDB erstellten Berichte;
c.
Daten aus Vorabklärungen der kantonalen Vollzugsbehörden.

4 Die folgenden Personen haben im Abrufverfahren Zugriff auf die nachstehenden Daten in INDEX NDB:

a.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB auf die Daten nach Absatz 3 Buchstaben a und b, sofern sie mit dem frühzeitigen Erkennen und Verhindern von Bedrohungen für die Schweiz und ihre Bevölkerung beauftragt sind;
b.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Vollzugsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz sowie zur Bearbeitung und Weitergabe ihrer Daten aus Vorabklärungen und ihrer Berichte an den NDB und an andere kantonale Vollzugsbehörden; Zugriff auf die Daten nach Absatz 3 Buchstabe c haben ausschliesslich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Vollzugsbehörde, welche die Vorabklärungen durchgeführt hat, sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Qualitäts­sicherungsstelle des NDB;
c.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Polizei auf die Daten nach Absatz 3 Buchstabe a zur Durchführung sicherheits-, kriminal- und verwaltungspolizeilicher Aufgaben und zur Überprüfung von Verdachtsfällen von Geldwäscherei und Terrorfinanzierung bei Meldungen von schweizerischen Finanzinstituten;
d.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der für die Informations- und Objekt­sicherheit zuständigen Dienststelle des VBS auf die Daten nach Absatz 3 Buchstabe a zur Durchführung von Personensicherheitsprüfungen.
Art. 52 GEVER NDB

1 Das Informationssystem zur Geschäftsverwaltung des NDB (GEVER NDB) dient der Geschäftsbearbeitung und -kontrolle sowie zur Sicherung effizienter Arbeitsabläufe.

2 Es enthält:

a.
Daten zu administrativen Geschäften;
b.
alle ausgehenden nachrichtendienstlichen Produkte des NDB;
c.
Daten, die zur Erstellung der Inhalte nach den Buchstaben a und b verwendet wurden;
d.
Informationen, die für die Geschäftskontrolle insbesondere im Bereich Personensicherheitsprüfungen notwendig sind.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB haben im Abrufverfahren Zugriff auf GEVER NDB.

Art. 53 ELD

1 Das Informationssystem zur elektronischen Lagedarstellung (ELD) dient den zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone als Führungsinstrument und der Verbreitung von Informationen im Hinblick auf die Steuerung und Umsetzung von sicherheitspolizeilichen Massnahmen, namentlich bei Ereignissen, bei denen Gewalttätigkeiten befürchtet werden.

2 Es enthält Daten über Ereignisse und über Massnahmen zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB und der zuständigen Behörden von Bund und Kantonen, die mit der sicherheitspolitischen Führung oder der Einschätzung oder Bewältigung von lagerelevanten Ereignissen beauftragt sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf ELD.

4 Bei besonderen Ereignissen kann der NDB auch privaten Stellen sowie ausländischen Sicherheits- und Polizeibehörden zeitlich begrenzt Zugriff im Abrufverfahren gewähren. Der Zugriff ist beschränkt auf diejenigen Daten des Systems, die diese Stellen und Behörden für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewältigung eines solchen Ereignisses benötigen.

Art. 54 OSINT-Portal

1 Das Portal «Open Source Intelligence» (OSINT-Portal) dient dem NDB zur Bereitstellung von Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen.

2 Es enthält Daten, die bei der Nutzung öffentlich zugänglicher Quellen anfallen.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB haben im Abrufverfahren Zugriff auf das OSINT-Portal.

4 Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kantonalen Vollzugsbehörden kann im Abrufverfahren Zugriff auf bestimmte Daten des OSINT-Portals gewährt werden.

Art. 55 Quattro P

1 Der NDB kann ein Informationssystem (Quattro P) betreiben, das der Identifikation von bestimmten Kategorien von ausländischen Personen dient, die in die Schweiz einreisen oder aus der Schweiz ausreisen, und der Feststellung von deren Ein- und Ausreisedaten.

2 Es enthält Daten, die im Rahmen von Grenz- und Zollkontrollen bei Grenzstellen anfallen und die der Identifikation der Personen und ihrer Reisebewegungen dienen.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben nach Artikel 6 mit der Identifikation von Personen beauftragt sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf Quattro P.

4 Der Bundesrat legt für Quattro P in einer nicht öffentlichen Liste die Kategorien der zu erfassenden Personen fest; er orientiert sich dabei an der aktuellen Bedrohungslage.

Art. 56 ISCO

1 Das Informationssystem Kommunikationsaufklärung (ISCO) dient der Kontrolle und zur Steuerung der Funk- und Kabelaufklärung.

2 Es enthält Daten zur Steuerung der Aufklärungsmittel sowie zum Controlling und Reporting.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die mit der Steuerung der Funk- und Kabelaufklärung betraut sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf ISCO.

Art. 57 Restdatenspeicher

1 Der Restdatenspeicher dient der Ablage der Daten, die bei der Zuweisung nach Artikel 48 nicht unmittelbar einem anderen System zugewiesen werden können.

Enthält ein im Restdatenspeicher abzulegender Informationseingang Personendaten, so erfolgt die Beurteilung seiner Erheblichkeit und Richtigkeit nach Artikel 45 Absatz 1 für den Eingang als Ganzes und nicht in Bezug auf die einzelnen Personendaten. Eine Einzelbeurteilung erfolgt, wenn die Personendaten in ein anderes Informationssystem überführt werden.

3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die mit der Erfassung, der Recherche, der Auswertung und der Qualitätssicherung der Daten beauftragt sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf den Restdatenspeicher.

4 Die maximale Aufbewahrungsdauer der Daten beträgt 10 Jahre.

3. Abschnitt: Daten aus genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen


Art. 58

1 Der NDB speichert die Daten aus genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen nach Artikel 26 fallbezogen und gesondert von den Informationssystemen nach Artikel 47.

2 Er sorgt dafür, dass aus genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen stammende Personendaten, die keinen Bezug zur spezifischen Bedrohungslage aufweisen, nicht verwendet werden und spätestens 30 Tage nach Beendigung der Massnahme vernichtet werden.

3 Betrifft die genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme eine Person, die einer der in den Artikeln 171–173 StPO24 genannten Berufsgruppen angehört, erfolgt die Aussonderung und Vernichtung der Daten, die keinen Bezug zur spezifischen Bedrohungslage aufweisen, unter der Leitung25 des Bundesverwaltungsgerichts. Betrifft die genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme eine andere Person, sind Daten, zu denen einer Person gemäss den Artikeln 171–173 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, ebenfalls zu vernichten.

4 Er kann im Einzelfall und unter Beachtung von Artikel 5 Absätze 5–8 Personendaten zusätzlich im dafür vorgesehenen Informationssystem nach Artikel 47 Absatz 1 ablegen, sofern sie Informationen enthalten, die für die Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 6 Absatz 1 benötigt werden.

5 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die mit der Durchführung einer Beschaffungsmassnahme und der Auswertung der Ergebnisse beauftragt sind, haben im Abrufverfahren Zugriff auf die betreffenden Daten.

6 Der Bundesrat regelt:

a.
den Katalog der Personendaten;
b.
die Bearbeitungs- und Zugriffsrechte;
c.
die Aufbewahrungsdauer der Daten und das Verfahren der Datenvernichtung;
d.
die Datensicherheit.

24 SR 312.0

25 Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG; SR 171.10).

4. Abschnitt: Besondere Bestimmungen über den Datenschutz

Art. 59 Überprüfung vor der Bekanntgabe

Der NDB stellt vor jeder Bekanntgabe von Personendaten oder Produkten sicher, dass die Personendaten den rechtlichen Vorgaben nach diesem Gesetz genügen und dass ihre Bekanntgabe rechtlich vorgesehen und im konkreten Fall notwendig ist.

Art. 60 Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden

1 Der NDB gibt Personendaten inländischen Behörden bekannt, wenn dies zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit notwendig ist. Der Bundesrat bestimmt die betreffenden Behörden.

2 Dienen Erkenntnisse des NDB anderen Behörden zur Strafverfolgung, zur Verhinderung von schweren Straftaten oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, so stellt der NDB ihnen diese unter Wahrung des Quellenschutzes unauf­gefordert oder auf Anfrage hin zur Verfügung.

3 Der NDB gibt Daten aus genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen immer dann einer Strafverfolgungsbehörde bekannt, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat enthalten, zu deren Verfolgung die Strafverfolgungsbehörde eine vergleichbare strafprozessuale Massnahme anordnen dürfte.

4 Der NDB weist die Strafverfolgungsbehörden auf die Herkunft der Daten hin. Das weitere Verfahren richtet sich nach der StPO26 oder dem Militärstrafprozess vom 23. März 197927.

Art. 61 Bekanntgabe von Personendaten an ausländische Behörden

1 Der NDB kann Personendaten oder Listen von Personendaten ins Ausland bekannt geben. Er prüft vor jeder Bekanntgabe, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Bekanntgabe erfüllt sind.

2 Gewährleistet die Gesetzgebung des Empfängerstaates keinen angemessenen Datenschutz, so können Personendaten diesem Staat in Abweichung von Artikel 16 Absatz 1 des Datenschutzgesetzes vom 25. September 202028 (DSG) nur bekannt gegeben werden, wenn die Schweiz mit ihm diplomatische Beziehungen pflegt und eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:29

a.
Die Schweiz ist aufgrund eines Gesetzes oder eines völkerrechtlichen Vertrags dazu verpflichtet, ihm die Personendaten bekannt zu geben.
b.
Dies ist zur Wahrung eines überwiegenden öffentlichen Sicherheitsinteresses der Schweiz oder des Empfängerstaats wie der Verhinderung oder Aufklärung einer auch in der Schweiz strafbaren schweren Straftat notwendig.
c.
Dies ist zur Begründung eines Ersuchens der Schweiz um Information notwendig.
d.
Dies liegt im Interesse der betroffenen Person und diese hat der Bekanntgabe vorgängig zugestimmt oder deren Zustimmung kann nach den Umständen eindeutig angenommen werden.
e.
Dies ist zum Schutz von Leib und Leben von Dritten notwendig.

3 Der NDB kann im Einzelfall Personendaten Staaten bekannt geben, mit denen die Schweiz diplomatische Beziehungen pflegt, wenn der ersuchende Staat schriftlich zusichert, über das Einverständnis der betroffenen Person zu verfügen, und dem ersuchenden Staat dadurch die Beurteilung ermöglicht wird, ob die betroffene Person an den klassifizierten Projekten des Auslandes im Bereich der inneren oder äusseren Sicherheit mitwirken oder Zugang zu klassifizierten Informationen, Materialien oder Anlagen des Auslandes erhalten kann.

4 Er kann Personendaten im Abrufverfahren ausländischen Sicherheits­organen bekannt geben, deren Staaten ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten und mit denen die Schweiz einen Vertrag nach Artikel 70 Absatz 3 abgeschlossen hat.

5 Personendaten dürfen einem ausländischen Sicherheitsorgan nicht bekannt ge­geben werden, wenn die betroffene Person dadurch der Gefahr einer Doppelbestra­fung oder ernsthafter Nachteile für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne der Kon­vention vom 4. November 195030 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfrei­heiten oder anderer, von der Schweiz ratifizierter internationaler Abkommen ausge­setzt wird.

6 Werden die Personendaten in einem rechtlichen Verfahren benötigt, so gelten die mass­gebenden Bestimmungen über die Rechtshilfe.

28 SR 235.1

29 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

30 SR 0.101

Art. 62 Bekanntgabe von Personendaten an Dritte

Die Bekanntgabe von Personendaten an Dritte ist nur zulässig, wenn:

a.
die betroffene Person der Weitergabe zugestimmt hat oder die Bekanntgabe zweifelsfrei im Interesse der betroffenen Person liegt;
b.
die Bekanntgabe notwendig ist, um eine schwere unmittelbare Gefahr abzuwehren;
c.
die Bekanntgabe notwendig ist, um ein Auskunftsgesuch zu begründen.
Art. 63 Auskunftsrecht

1 Das Auskunftsrecht betreffend die Informationssysteme ELD, OSINT-Portal und Quattro P, betreffend die administrativen Daten in GEVER NDB sowie betreffend die Daten in den Speichersystemen nach den Artikeln 36 Absatz 5 und 58 richtet sich nach dem DSG31.

2 Verlangt eine Person Auskunft darüber, ob der NDB Daten über sie in den Informationssystemen IASA NDB, IASA-GEX NDB, INDEX NDB, ISCO und Rest­datenspeicher sowie in den nachrichtendienstlichen Daten von GEVER NDB bearbeitet, so schiebt der NDB diese Auskunft auf:

a.
wenn und soweit betreffend der über sie bearbeiteten Daten überwiegende, in den Akten zu begründende Interessen an einer Geheimhaltung bestehen im Zusammenhang mit:
1.
der Erfüllung einer Aufgabe nach Artikel 6, oder
2.
einer Strafverfolgung oder einem anderen Untersuchungsverfahren;
b.
wenn und soweit es wegen überwiegender Interessen Dritter erforderlich ist; oder
c.
wenn über die gesuchstellende Person keine Daten bearbeitet werden.

3 Der NDB teilt der gesuchstellenden Person den Aufschub der Auskunft mit und weist sie darauf hin, dass sie das Recht hat, vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) zu verlangen, dass er prüfe, ob allfällige Daten rechtmässig bearbeitet werden und ob überwiegende Geheimhaltungsinteressen den Aufschub rechtfertigen.

4 Sobald kein Geheimhaltungsinteresse mehr besteht, spätestens aber nach Ablauf der Aufbewahrungsdauer, erteilt der NDB der gesuchstellenden Person nach dem DSG Auskunft, sofern dies nicht mit übermässigem Aufwand verbunden ist.

5 Personen, über die keine Daten bearbeitet wurden, informiert der NDB spätestens drei Jahre nach Eingang ihres Gesuches über diese Tatsache.

Art. 64 Prüfung durch den EDÖB

1 Der EDÖB führt auf Verlangen der gesuchstellenden Person die Prüfung nach Artikel 63 Absatz 3 durch.

2 Er teilt ihr mit, dass entweder in Bezug auf sie keine Daten unrechtmässig bearbeitet werden oder dass er bei der Daten­bearbeitung oder betreffend den Aufschub der Auskunft Fehler festgestellt und eine Untersuchung nach Artikel 49 DSG32 eröff­net hat.33

3 …34

4 Stellt er bei der Datenbearbeitung oder betreffend den Aufschub der Auskunft Fehler fest, so verfügt er, dass der NDB diese behebt.35

5 Legt die gesuchstellende Person glaub­haft dar, dass ihr bei einem Aufschub der Auskunft ein erheblicher, nicht wiedergut­zumachender Schaden erwächst, so kann der EDÖB verfügen, dass der NDB aus­nahmsweise sofort Auskunft erteilt, sofern damit keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit verbunden ist.36

32 SR 235.1

33 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

34 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, mit Wirkung seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

35 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

36 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 6537

37 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, mit Wirkung seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 66 Form der Mitteilung und Ausschluss von Rechtsmitteln

1 Die Mitteilungen nach den Artikeln 63 Absatz 3 und 64 Absatz 2 sind stets gleichlautend und werden nicht begründet.38

2 Sie können von den Betroffenen nicht mit einem Rechtsmittel angefochten werden.

38 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

5. Abschnitt: Archivierung

Art. 68

1 Der NDB bietet nicht mehr benötigte oder zur Vernichtung bestimmte Daten und Akten dem Bundesarchiv zur Archivierung an. Daten und Akten des NDB archiviert das Bundesarchiv in besonders gesicherten Räumen. Sie unterliegen einer 50‑jährigen Schutzfrist.

2 Für Archivgut, das von ausländischen Sicherheitsdiensten stammt, kann der Bundesrat gemäss Artikel 12 des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 199840 die Schutzfrist mehrmals befristet verlängern, wenn der betroffene ausländische Sicherheitsdienst Vorbehalte gegen eine allfällige Einsichtnahme geltend macht.

3 Der NDB kann zur Einschätzung von konkreten Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit oder zur Wahrung eines anderen überwiegenden öffentlichen Interesses während der Schutzfrist im Einzelfall Personendaten einsehen, die er dem Bundesarchiv zur Archivierung übergeben hat.

4 Er vernichtet die vom Bundesarchiv als nicht archivwürdig bezeichneten Daten und Akten.

5. Kapitel: Dienstleistungen

Art. 69

1 Sofern ein nachrichtendienstliches oder anderes öffentliches Interesse besteht, kann der NDB zugunsten anderer Behörden des Bundes und der Kantone namentlich in folgenden Bereichen Dienstleistungen erbringen:

a.
sichere Übermittlung;
b.
Transport von Gütern oder Personen;
c.
Beratung und Lagebeurteilung;
d.
Schutz und Abwehr von Angriffen auf die Informations- oder Kommuni­kationsinfrastruktur oder die Geheimhaltung.

2 Besteht ein nachrichtendienstliches Interesse, so kann der NDB solche Dienstleistungen auch zugunsten Dritter in der Schweiz oder im Ausland erbringen.

6. Kapitel: Politische Steuerung, Kontrolle sowie Rechtsschutz

1. Abschnitt: Politische Steuerung und Verbote

Art. 70 Politische Steuerung durch den Bundesrat

1 Der Bundesrat steuert den NDB politisch und nimmt dazu insbeson­dere folgende Aufgaben wahr:

a.
Er erteilt dem NDB den Grundauftrag und erneuert diesen mindestens alle vier Jahre; der Grundauftrag ist geheim.
b.
Er genehmigt jährlich die Beobachtungsliste nach Artikel 72 und leitet sie an die GPDel weiter; die Beobachtungsliste ist vertraulich.
c.
Er bestimmt jährlich die Gruppierungen, die als gewalttätig-extremistisch einzustufen sind, und nimmt Kenntnis von der Anzahl gewalttätig-extre­mistischer Personen, die noch keiner bekannten Gruppierung zugeordnet werden können.
d.
Er beurteilt jährlich und bei Bedarf bei besonderen Ereignissen die Bedrohungslage und informiert die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit.
e.
Er ordnet bei besonderen Bedrohungssituationen die notwendigen Massnahmen an.
f.
Er legt jährlich die Zusammenarbeit des NDB mit ausländischen Behörden fest.

2 Die Dokumente im Zusammenhang mit den Aufgaben nach Absatz 1 sind nicht öffentlich zugänglich.

3 Der Bundesrat kann selbstständig völkerrechtliche Verträge über die internationale Zusammenarbeit des NDB betreffend den Informationsschutz oder die Beteiligung an internationalen automatisierten Informationssystemen nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e abschliessen.

Art. 71 Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen

1 Der Bundesrat kann im Falle einer schweren und unmittelbaren Bedrohung den NDB mit Massnahmen nach diesem Gesetz beauftragen, sofern diese erforderlich sind, um weitere wichtige Landesinteressen nach Artikel 3 zu wahren.

2 Er legt im Einzelfall Dauer, Zweck, Art und Umfang der Massnahme fest.

3 Bei genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen ist das Genehmigungsverfahren nach den Artikeln 26–33 einzuhalten.

4 Erteilt der Bundesrat einen Auftrag nach Absatz 1, so informiert er die GPDel innerhalb von 24 Stunden darüber.

Art. 72 Beobachtungsliste

1 Die Beobachtungsliste enthält Organisationen und Gruppierungen, bei denen die begründete Annahme besteht, dass sie die innere oder äussere Sicherheit bedrohen.

2 Die Annahme gilt als begründet, wenn eine Organisation oder Gruppierung auf einer Liste der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union geführt wird; in diesem Fall kann diese Organisation oder Gruppierung auf die Beobachtungsliste aufgenommen werden.

3 Eine Organisation oder Gruppierung wird von der Beobachtungsliste gestrichen, wenn:

a.
die Annahme hinfällig ist, dass sie die innere oder äussere Sicherheit bedrohen; oder
b.
sie auf keiner Liste nach Absatz 2 mehr geführt werden und keine besonderen Gründe bestehen, dass sie die innere oder äussere Sicherheit bedrohen.

4 Der Bundesrat legt in einer Verordnung die Kriterien fest, die zur Erstellung der Beobachtungsliste dienen; er legt fest, in welchen zeitlichen Abständen die Liste überprüft wird.

Art. 73 Tätigkeitsverbot

1 Der Bundesrat kann einer natürlichen Person oder einer Organisation oder Gruppierung eine Tätigkeit verbieten, welche die innere oder äussere Sicherheit konkret bedroht und mittelbar oder unmittelbar dazu dient, terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten zu propagieren, zu unterstützen oder in anderer Weise zu fördern.

2 Ein Verbot ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Sind die Voraussetzungen nach Ablauf der Frist weiterhin erfüllt, so kann es jeweils um höchstens weitere fünf Jahre verlängert werden.

3 Das antragstellende Departement prüft regelmässig, ob die Voraussetzungen noch erfüllt sind. Ist dies nicht länger der Fall, so stellt es dem Bundesrat Antrag auf Aufhebung des Verbots.

Art. 74 Organisationsverbot

1 Der Bundesrat kann eine Organisation oder Gruppierung verbieten, welche mittelbar oder unmittelbar terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten propagiert, unterstützt oder in anderer Weise fördert und damit die innere oder äussere Sicherheit konkret bedroht.

2 Ein Verbot stützt sich auf einen die Organisation oder Gruppierung betreffenden Verbots- oder Sanktionsbeschluss der Vereinten Nationen; der Bundesrat konsultiert die für die Sicherheitspolitik zuständigen Kommissionen.41

3 Ein Verbot ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Sind die Voraussetzungen nach Ablauf der Frist weiterhin erfüllt, so kann es jeweils um höchstens weitere fünf Jahre verlängert werden.

4 Wer sich auf dem Gebiet der Schweiz an einer nach Absatz 1 verbotenen Organisation oder Gruppierung beteiligt, sie personell oder materiell unterstützt, für sie oder ihre Ziele Propagandaaktionen organisiert, für sie anwirbt oder ihre Aktivitäten auf andere Weise fördert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.42

4bis Das Gericht kann die Strafe nach Absatz 4 mildern (Art. 48a StGB43), wenn die Täterin oder der Täter sich bemüht, die weitere Tätigkeit der Organisation oder Gruppierung zu verhindern.44

5 Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begeht, wenn er in der Schweiz verhaftet und nicht ausgeliefert wird. Artikel 7 Absätze 4 und 5 StGB45 ist anwendbar.

6 Die Verfolgung und die Beurteilung der Handlungen nach den Absätzen 4 und 5 unterstehen der Bundesgerichtsbarkeit.46

7 Die zuständigen Behörden teilen dem NDB sämtliche Urteile, Strafbescheide und Einstellungsbeschlüsse unverzüglich, unentgeltlich und in vollständiger Ausfertigung mit.47

41 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

42 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

43 SR 311.0

44 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

45 SR 311.0

46 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

47 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

2. Abschnitt: Kontrolle und Aufsicht des NDB

Art. 75 Selbstkontrolle des NDB

Der NDB stellt durch geeignete Qualitätssicherungs- und Kontrollmassnahmen sicher, dass der rechtskon­forme Vollzug dieses Gesetzes sowohl innerhalb des NDB als auch bei den Sicherheitsbehörden der Kantone gewährleistet ist.

Art. 76 Unabhängige Aufsichtsbehörde

1 Der Bundesrat schafft eine unabhängige Behörde zur Aufsicht über den NDB.

2 Er wählt die Leiterin oder den Leiter der unabhängigen Aufsichtsbehörde auf Antrag des VBS für eine Amtsdauer von sechs Jahren.

3 Die Leiterin oder der Leiter gilt als für eine weitere Amtsdauer gewählt, es sei denn, der Bundesrat verfügt spätestens sechs Monate vor Ablauf der Amtsdauer, dass diese aus sachlich hinreichenden Gründen nicht verlängert wird.

4 Sie oder er kann den Bundesrat unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten um Entlassung auf ein Monatsende ersuchen.

5 Sie oder er kann vom Bundesrat vor Ablauf der Amtsdauer des Amtes enthoben werden, wenn sie oder er:

a.
vorsätzlich oder grobfahrlässig Amtspflichten schwer verletzt hat; oder
b.
die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.
Art. 77 Stellung der unabhängigen Aufsichtsbehörde

1 Die unabhängige Aufsichtsbehörde übt ihre Funktion unabhängig aus; sie ist weisungsungebunden. Sie ist dem VBS administrativ zugeordnet.

2 Sie verfügt über ein eigenes Budget. Sie stellt ihr Personal an.

3 Sie konstituiert sich selbst. Sie regelt ihre Organisation und ihre Arbeitsmethoden in einer Geschäftsordnung.

4 Das Arbeitsverhältnis der Leiterin oder des Leiters sowie des Personals der unabhängigen Aufsichtsbehörde richtet sich nach dem Bundespersonalgesetz vom 24. März 200048. Die Leiterin oder der Leiter untersteht nicht dem Beurteilungssystem nach Artikel 4 Absatz 3 des Bundespersonalgesetzes.49

48 SR 172.220.1

49 Die Berichtigung der RedK der BVers vom 12. März 2020, publiziert am 24. März 2020 betrifft nur den französischen Text (AS 2020 1057).

Art. 78 Aufgaben, Informationsrechte und Empfehlungen der Aufsichtsbehörde

1 Die unabhängige Aufsichtsbehörde beaufsichtigt die nachrichtendienstliche Tätigkeit des NDB, der kantonalen Vollzugsbehörden sowie der vom NDB beauftragten Dritten und anderen Stellen. Sie überprüft die Tätigkeiten auf ihre Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit.

2 Sie koordiniert ihre Tätigkeit mit den parlamentarischen Aufsichtstätigkeiten sowie mit anderen Aufsichtsstellen des Bundes und der Kantone.

3 Sie informiert das VBS über ihre Tätigkeit in einem jährlichen Bericht; dieser Bericht wird veröffentlicht.

4 Sie hat Zugang zu allen sachdienlichen Informationen und Unterlagen sowie Zutritt zu allen Räumlichkeiten der beaufsichtigten Stellen. Sie kann von den Unterlagen Kopien verlangen. Sie kann im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit Auskünfte und Akteneinsicht bei anderen Stellen des Bundes und der Kantone verlangen, soweit diese Informationen einen Bezug zur Zusammenarbeit dieser Stellen mit den beaufsichtigten Stellen aufweisen.

5 Zur Erfüllung ihrer Aufsichtstätigkeit kann sie auf sämtliche Informationssysteme und Datenbanken der beaufsichtigten Stellen zugreifen; sie kann auch auf be­sonders schützenswerte Personendaten zugreifen. Sie darf die dabei erhobenen Daten nur bis zum Abschluss der Über­prüfung speichern. Die Zugriffe auf die verschiedenen Informationssysteme und Datenbanken müssen vom Verantwortli­chen protokolliert werden.50

6 Die unabhängige Aufsichtsbehörde teilt dem VBS das Resultat ihrer Überprüfungen schriftlich mit. Sie kann Empfehlungen aussprechen.

7 Das VBS sorgt für die Umsetzung der Empfehlungen. Weist das VBS eine Empfehlung zurück, so unterbreitet es diese dem Bundesrat zum Entscheid.

50 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 2 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 79 Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und die Kabelaufklärung

1 Eine verwaltungsinterne, unabhängige Kontrollinstanz prüft die Funkaufklärung auf Rechtmässigkeit und beaufsichtigt den Vollzug der genehmigten und freigegebenen Aufträge zur Kabelaufklärung. Sie versieht ihre Aufgaben weisungsungebunden. Der Bundesrat wählt ihre Mitglieder.

2 Die Kontrollinstanz prüft die Aufträge an den durchführenden Dienst sowie die Bearbeitung und Weiterleitung der Informationen, die dieser erfasst hat. Sie erhält dazu von den zuständigen Stellen Zugang zu allen zweckdienlichen Informationen und Anlagen.

3 Sie kann aufgrund der Überprüfung Empfehlungen abgeben und beim VBS beantragen, dass Aufträge zur Funkaufklärung eingestellt und Informationen gelöscht werden. Ihre Empfehlungen, Anträge und Berichte sind nicht öffentlich.

4 Der Bundesrat regelt die Zusammensetzung und die Organisation der Kontroll­instanz, die Entschädigung ihrer Mitglieder sowie die Organisation ihres Sekreta­riats. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre.

Art. 80 Aufsicht und Kontrolle durch den Bundesrat

1 Das VBS orientiert den Bundesrat regelmässig über die Bedrohungslage und die Tätigkeiten des NDB.

2 Der Bundesrat regelt:

a.
die Finanzaufsicht über die Tätigkeitsbereiche des NDB, die besonderer Geheimhaltung bedürfen;
b.
die Mindestanforderungen an die Kontrolle in den Kantonen und die Zuständigkeiten von Aufsichtsorganen des Bundes.

3 Vom NDB abgeschlossene zwischenstaatliche Verwaltungsvereinbarungen, die auf längere Dauer angelegt sind, substanzielle finanzielle Konsequenzen haben oder von denen der Bundesrat aus rechtlichen oder politischen Gründen Kenntnis haben sollte, bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat. Der Genehmigungsvorbehalt gilt auch für nicht schriftlich abgefasste Vereinbarungen. Die Vereinbarungen dürfen erst nach erfolgter Genehmigung vollzogen werden.

4 Das VBS orientiert den Bundesrat und die GPDel jährlich oder nach Bedarf über den Zweck und die Anzahl der Tarnidentitäten, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des NDB oder der Sicherheitsorgane der Kantone verwendet werden. Die Zahl der neu ausgestellten Identitätspapiere ist separat auszuweisen.

5 Der Bundesrat orientiert die GPDel jährlich und nach Bedarf über Verbote von Tätigkeiten und die Ergebnisse der regelmässigen Prüfung nach Artikel 73 Absatz 3 sowie über Verbote von Organisationen.

Art. 81 Parlamentarische Oberaufsicht

1 Die parlamentarische Oberaufsicht über die Tätigkeit des NDB und der im Auftrag des Bundes handelnden kantonalen Vollzugsorgane zum Vollzug dieses Gesetzes obliegt in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen der GPDel und der Finanzdelegation nach Massgabe des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200251.

2 Kantonale parlamentarische Aufsichtsorgane können den Vollzug nach Artikel 85 Absatz 1 überprüfen.

Art. 82 Kantonale Aufsicht

1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Vollzugsbehörden, die von den Kantonen mit Aufgaben nach diesem Gesetz betraut sind, unterstehen dem kantonalen Dienstrecht und der kantonalen Dienstaufsicht ihrer Vorgesetzten.

2 Die Dienstaufsicht in den Kantonen obliegt denjenigen Stellen, die dem jeweiligen kantonalen Vollzugsorgan vorgesetzt sind. Diese können zur Unterstützung der Dienstaufsicht ein vom kantonalen Vollzugsorgan getrenntes Kontrollorgan einsetzen, das den vorgesetzten Stellen verantwortlich ist.

3 Für ihre Kontrollen erhält die kantonale Aufsicht eine Liste der vom NDB erteilten Aufträge sowie die Beobachtungsliste nach Artikel 72.

4 Die kantonale Dienstaufsicht kann Einsicht nehmen in die Daten, die der Kanton im Auftrag des Bundes bearbeitet. Die Einsicht kann verweigert werden, wenn wesentliche Sicherheitsinteressen dies erfordern.

5 Der Bundesrat regelt das Einsichtsverfahren. Bei Streitigkeiten steht die Klage an das Bundesgericht nach Artikel 120 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200552 offen.

6 Der Bundesrat regelt die Unterstützung der kantonalen Dienstaufsicht durch Stellen des Bundes.

3. Abschnitt: Rechtsschutz

Art. 83

1 Gegen die gestützt auf dieses Gesetz von Bundesorganen erlassenen Verfügungen kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden.

2 Die Beschwerde gegen Verfügungen über die besondere Auskunftspflicht Privater sowie über Tätigkeits- oder Organisationsverbote haben keine aufschiebende Wirkung.

3 Die Beschwerdefrist gegen die Anordnung einer genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahme beginnt an dem Tag zu laufen, der auf den Erhalt der Mitteilung der Massnahme folgt.

4 Gegen Beschwerdeentscheide des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig. Das Verfahren richtet sich nach dem Bundes­gerichtsgesetz vom 17. Juni 200553.

7. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 85 Vollzug durch die Kantone

1 Die Kantone beschaffen und bearbeiten Informationen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a unaufgefordert oder aufgrund eines besonderen Auftrags des NDB. Die kantonalen Vollzugsbehörden haben dabei die Befugnis, die genehmigungsfreien Beschaffungsmassnahmen nach den Artikeln 13–15, 19, 20, 23 und 25 selbstständig einzusetzen.

2 Die kantonalen Vollzugsbehörden erstatten dem NDB unaufgefordert Meldung, wenn sie eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit feststellen.

3 Der NDB arbeitet zum Vollzug dieses Gesetzes mit den Kantonen zusammen, insbesondere durch die Zurverfügungstellung technischer Mittel, durch Schutz- und Beobachtungsmassnahmen sowie durch gemeinsame Ausbildungsangebote.

4 Die Kantone unterstützen den NDB im Rahmen ihrer Möglichkeiten beim Vollzug seiner Aufgaben, insbesondere indem sie:

a.
die nötigen technischen Mittel zur Verfügung stellen;
b.
die nötigen Schutz- und Beobachtungsmassnahmen veranlassen;
c.
bei der Ausbildung mitwirken.

5 Der Bund gilt den Kantonen im Rahmen der bewilligten Kredite die Leistungen ab, die sie zum Vollzug dieses Gesetzes erbringen. Der Bundesrat legt die Abgeltung aufgrund der Zahl der überwiegend für Bundesaufgaben tätigen Personen pauschal fest.

Anhang

(Art. 86)

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

I

Das Bundesgesetz vom 3. Oktober 200856 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes wird aufgehoben.

II

Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

57

56 [AS 2009 6565; 2012 3745 Anhang Ziff. 1, 5525; 2014 3223]

57 Die Änderungen können unter AS 2017 4095 konsultiert werden.