653.1

Bundesgesetz
über den internationalen automatischen
Informationsaustausch in Steuersachen

(AIAG)

vom 18. Dezember 2015 (Stand am 1. Januar 2021)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 20152,

beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand

1 Dieses Gesetz regelt die Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen (automatischer Informationsaustausch) zwischen der Schweiz und einem Partnerstaat:

a.
nach der multilateralen Vereinbarung vom 29. Oktober 20143 der zustän­digen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanz­konten (AIA-Vereinbarung) einschliesslich ihrer Beilage;
b.
nach anderen internationalen Abkommen, die einen automatischen Informa­tionsaustausch über Finanzkonten vorsehen.

2 Vorbehalten sind die abweichenden Bestimmungen des im Einzelfall anwendbaren Abkommens.

Art. 2 Begriffe

1 In diesem Gesetz bedeuten:

a.
anwendbares Abkommen: eine Vereinbarung oder ein Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1, die oder das im Einzelfall anwendbar ist;
b.
gemeinsamer Meldestandard (GMS): der gemeinsame Melde- und Sorgfalts­standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­wicklung (OECD) für Informationen über Finanzkonten;
c.
Partnerstaat: Staat oder Hoheitsgebiet, mit dem die Schweiz den automa­tischen Informationsaustausch vereinbart hat;
d.
schweizerisches Finanzinstitut:
1.
ein in der Schweiz ansässiges Finanzinstitut, jedoch nicht eine Zweig­niederlassung dieses Finanzinstituts, die sich ausserhalb der Schweiz befindet, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines nicht in der Schweiz ansässigen Finanz­instituts, die sich in der Schweiz befindet;
e.
nicht dokumentiertes Konto: ein bestehendes Konto natürlicher Personen, bei welchem ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut in Anwendung der Bestimmungen des anwendbaren Abkommens die steuerliche Ansässig­keit des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin nicht feststellen kann;
f.
schweizerische Steueridentifikationsnummer für natürliche Personen: die AHV-Versichertennummer nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 19464 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung;
g.
schweizerische Steueridentifikationsnummer für Rechtsträger (UID): die Unternehmens-Identifikationsnummer nach dem Bundesgesetz vom 18. Juni 20105 über die Unternehmens-Identifikationsnummer;
h.
ausländische Steueridentifikationsnummer: die Identifikationsnummer einer steuerpflichtigen Person nach dem Recht des Staates oder Hoheitsgebiets, in dem sie steuerlich ansässig ist;
i.
bestehendes Konto: ein Finanzkonto, das am Tag vor Beginn der Anwend­barkeit des automatischen Informationsaustauschs mit einem Partnerstaat von einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut geführt wird;
j.
Neukonto: ein von einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut geführ­tes Finanzkonto, das am Tag der Anwendbarkeit des automatischen Informa­tionsaustauschs mit einem Partnerstaat oder später eröffnet wird;
k.
Konto von geringerem Wert: ein bestehendes Konto einer natürlichen Person, das am 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit des automatischen Informationsaustauschs mit einem Partnerstaat einen Gesamtsaldo oder Gesamtwert von höchstens einer Million US-Dollar6 aufweist;
l.
Konto von hohem Wert: ein bestehendes Konto einer natürlichen Person, das am 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit des automatischen Infor­mationsaustauschs mit einem Partnerstaat oder am 31. Dezember eines Folgejahres einen Gesamtsaldo oder Gesamtwert von mehr als einer Million US-Dollar aufweist.
2 Der Bundesrat kann den in den anwendbaren Abkommen verwendeten Begriff «teilnehmender Staat» für eine befristete Dauer breiter definieren als die Abkommen.

4 SR 831.10

5 SR 431.03

6 Ausdruck gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135). Diese Änd. wurde in den in der AS genannten Bestimmungen vorgenommen.

Art. 3 Nicht meldende Finanzinstitute

1 Als nicht meldendes Finanzinstitut, das ein staatlicher Rechtsträger ist, gelten namentlich:

a.
die Schweizerische Eidgenossenschaft;
b.
die Kantone und die Gemeinden;
c.
die Einrichtungen und Vertretungen, die sich im Alleineigentum einer Ein­heit nach Buchstabe a oder b befinden, insbesondere die Institutionen, Ein­richtungen und Fonds des Sozialversicherungssystems auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene.

2 Als nicht meldendes Finanzinstitut, das eine internationale Organisation ist, gelten namentlich:

a.
Partnerorganisationen eines internationalen Sitzabkommens mit der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft;
b.
diplomatische Missionen, ständige Missionen oder andere Vertretungen bei internationalen Organisationen, konsularische Vertretungen oder Sondermis­sionen, deren Status, Privilegien und Immunitäten im Wiener Übereinkom­men vom 18. April 19617 über diplomatische Beziehungen, im Wiener Übereinkommen von 24. April 19638 über konsularische Beziehungen oder im Übereinkommen vom 8. Dezember 19699 über Sondermissionen festge­legt sind.

3 Als nicht meldendes Finanzinstitut, das eine Zentralbank ist, gelten namentlich die Schweizerische Nationalbank und die sich in ihrem Alleineigentum befindenden Einrichtungen.

4 Finanzinstitute nach den Absätzen 1–3 sind meldende Finanzinstitute in Bezug auf Zahlungen, die aus einer Verpflichtung im Zusammenhang mit gewerblichen Finanzaktivitäten stammen, die denen einer spezifizierten Versicherungsgesellschaft, eines Verwahrinstituts oder eines Einlageinstituts entsprechen.

5 Als nicht meldendes Finanzinstitut, das ein Altersvorsorgefonds mit breiter Beteiligung, ein Altersvorsorgefonds mit geringer Beteiligung, ein Pensionsfonds eines staatlichen Rechtsträgers, einer internationalen Organisation oder einer Zentralbank oder ein Rechtsträger ist, bei dem ein geringes Risiko besteht, dass er zur Steuerhinterziehung missbraucht wird, und der im Wesentlichen ähnliche Eigen­schaften aufweist wie die nicht meldenden Finanzinstitute nach dem anwendbaren Abkommen, gelten namentlich die folgenden Institute der beruflichen Vorsorge:

a.10
die Vorsorgeeinrichtungen und anderen Vorsorgeformen, die gestützt auf die Artikel 48 und 49 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198211 über die beruf­liche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), Artikel 89a Absatz 6 oder 7 des Zivilgesetzbuches (ZGB)12 oder Artikel 331 Absatz 1 des Obligationenrechts (OR)13 in der Schweiz errichtet worden sind;
b.
die Freizügigkeitseinrichtungen, die in Umsetzung der Artikel 4 Absatz 1 und 26 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 199314 (FZG) errichtet worden sind;
c.
die Auffangeinrichtung nach Artikel 60 BVG;
d.
der Sicherheitsfonds nach den Artikeln 56–59 BVG;
e.
Einrichtungen der anerkannten Vorsorgeformen nach Artikel 82 BVG;
f.
die Anlagestiftungen nach den Artikeln 53g–53k BVG, sofern sämtliche an der Anlagestiftung Beteiligten Pensionseinrichtungen oder andere Vorsorge­formen nach den Buchstaben a–e sind.

6 Sieht das anwendbare Abkommen keine Frist vor, so gilt ein Kreditkartenanbieter als qualifizierter Kreditkartenanbieter und somit als nicht meldendes Finanzinstitut, wenn er bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die Voraussetzungen nach dem anwend­baren Abkommen erfüllt. Nimmt ein Kreditkartenanbieter die Geschäftstätigkeit nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf, so gilt er als nicht meldendes Finanzinstitut, wenn er die Voraussetzungen nach dem anwendbaren Abkommen spätestens sechs Monate nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit erfüllt.

7 Als nicht meldendes Finanzinstitut, das ein ausgenommener Organismus für gemeinsame Anlagen ist, gelten namentlich schweizerische kollektive Kapitalanlagen, die dem Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 200615 unterstehen und die Voraussetzungen im anwendbaren Abkommen betreffend Beteiligungen am Organismus für gemeinsame Anlagen sowie betreffend Anteilsscheine, die als auf den Inhaber oder die Inhaberin lautende Wertpapiere ausgestaltet sind, erfüllen. Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen ein Organismus für gemeinsame Anlagen als nicht meldendes Finanzinstitut gilt. Er bezeichnet die Organismen.

8 Sieht das anwendbare Abkommen keine Frist vor, so erfüllen Organismen für gemeinsame Anlagen die Voraussetzung betreffend Anteilsscheine, die als auf den Inhaber oder die Inhaberin lautende Wertpapiere ausgestaltet sind, wenn sie:

a.
ab Inkrafttreten dieses Gesetzes keine Anteilscheine ausgeben, die als auf den Inhaber oder die Inhaberin lautende Wertpapiere ausgestaltet sind; und
b.
über Massnahmen und Verfahren verfügen, die sicherstellen, dass Anteils­scheine, die als auf den Inhaber oder die Inhaberin lautende Wertpapiere ausgestaltet sind, so bald wie möglich, spätestens jedoch zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingelöst werden oder nicht mehr verkehrs­fähig sind.

9 Sieht das anwendbare Abkommen es vor, so gilt ein Trust als nicht meldendes Finanzinstitut, soweit der Treuhänder oder die Treuhänderin des Trusts (Trustee) ein meldendes Finanzinstitut ist und sämtliche nach dem anwendbaren Abkommen zu meldenden Informationen zu sämtlichen meldepflichtigen Konten des Trusts meldet.

10 ...16

11 Der Bundesrat kann weitere Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute bezeichnen, wenn bei diesen ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuer­hinterziehung missbraucht werden, und die im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die nicht meldenden Finanzinstitute nach dem anwendbaren Abkom­men. Er legt die Kriterien fest, nach denen weitere Rechtsträger als nicht meldende Finanzinstitute gelten.

7 SR 0.191.01

8 SR 0.191.02

9 SR 0.191.2

10 Siehe Art. 41.

11 SR 831.40

12 SR 210

13 SR 220

14 SR 831.42

15 SR 951.31

16 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

Art. 4 Ausgenommene Konten

1 Als ausgenommenes Konto, das ein Altersvorsorgekonto oder ein Konto ist, bei dem ein geringes Risiko besteht, dass es zur Steuerhinterziehung missbraucht wird, und das im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweist wie die ausgenommenen Konten nach dem anwendbaren Abkommen, gelten namentlich:

a.
Konten im Rahmen der beruflichen Vorsorge, einschliesslich Gruppenver­sicherungsverträge, die von einem oder mehreren nicht meldenden schwei­zerischen Finanzinstituten geführt oder gehalten werden;
b.
zulässige Formen zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes, Freizügigkeitspolicen und -konten, die gestützt auf die Artikel 4 Absatz 1 und 26 Absatz 1 FZG17 errichtet worden sind;
c.18
gebundene Vorsorgeversicherungen bei Versicherungseinrichtungen und gebundene Vorsorgevereinbarungen mit Bankstiftungen als anerkannte Vorsorgeformen im Sinne von Artikel 82 Absatz 2 BVG19.

2 Als ausgenommenes Konto, bei dem ein geringes Risiko besteht, dass es zur Steuerhinterziehung missbraucht wird, und das im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweist wie die ausgenommenen Konten nach dem anwendbaren Abkommen, gelten namentlich:

a.
Konten, die von einem oder mehreren nicht meldenden schweizerischen Finanzinstituten geführt oder gehalten werden;
b.
Mietzinskautionskonten nach Artikel 257e OR20.

3 Der Bundesrat kann weitere Konten als ausgenommene Konten bezeichnen, wenn bei diesen ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und die im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die ausge­nommenen Konten nach dem anwendbaren Abkommen. Er legt die Kriterien fest, nach denen weitere Konten als ausgenommene Konten gelten.

17 SR 831.42

18 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

19 SR 831.40

20 SR 220

Art. 5 Ansässigkeit von Finanzinstituten in der Schweiz

1 Als in der Schweiz ansässig gelten Finanzinstitute, die in der Schweiz steuer­pflichtig sind.

2 Finanzinstitute, die in keinem Staat oder Hoheitsgebiet steuerlich ansässig sind, gelten als in der Schweiz ansässig, wenn sie:

a.
nach schweizerischem Recht eingetragen sind;
b.
den Ort ihrer Geschäftsleitung einschliesslich ihrer tatsächlichen Verwaltung in der Schweiz haben; oder
c.
der schweizerischen Finanzmarktaufsicht unterstehen.

3 Ist ein Finanzinstitut in der Schweiz und in einem oder mehreren anderen Staaten oder Hoheitsgebieten ansässig, so gilt es als schweizerisches Finanzinstitut in Bezug auf die Finanzkonten, die es in der Schweiz führt.

4 Ein Finanzinstitut in der Form eines Trusts gilt für die Zwecke des anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes als in der Schweiz ansässig, wenn mindestens einer oder eine der Trustees in der Schweiz ansässig ist. Die Ansässigkeit des Trustees oder der Trustee bestimmt sich nach den Absätzen 1–3.

5 Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen ein Finanzinstitut als ansässig im Sinne von Absatz 1 gilt. Er bezeichnet zudem die steuerbefreiten Finanzinstitute, die als ansässig im Sinne von Absatz 1 gelten.

Art. 6 Vereinbarungen über den Datenschutz

Sieht das anwendbare Abkommen vor, dass die informierende Behörde Daten­schutzbestimmungen bezeichnen kann, die von der empfangenden Behörde ein­zuhalten sind, so kann der Bundesrat Vereinbarungen über den Datenschutz ab­schliessen. Die einzuhaltenden Datenschutzbestimmungen müssen mindestens dem Schutzniveau des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199221 über den Datenschutz (DSG) und dieses Gesetzes entsprechen.

2. Abschnitt: Gemeinsamer Meldestandard

Art. 7 Anwendung und Weiterentwicklung der AIA-Vereinbarung

1 Die Rechte und Pflichten der meldenden schweizerischen Finanzinstitute richten sich im Rahmen der Umsetzung der AIA-Vereinbarung22 nach der Beilage zur AIA-Vereinbarung und nach diesem Gesetz.

2 Der Bundesrat kann Änderungen des GMS in die Beilage zur AIA-Vereinbarung aufnehmen, wenn diese von beschränkter Tragweite sind. Er unterbreitet der Bundesversammlung die übrigen Änderungen zur Genehmigung.

3 Als Änderungen von beschränkter Tragweite gelten namentlich solche, die:

a.
für meldepflichtige Personen und meldende schweizerische Finanzinstitute keine neuen Pflichten begründen oder keine bestehenden Rechte aufheben;
b.
sich in erster Linie an die Behörden richten, administrativ-technische Fragen regeln oder keine bedeutenden finanziellen Aufwendungen verursachen.
Art. 8 Kommentare der OECD

Änderungen der OECD-Kommentare zum Muster für eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden und zum GMS sind für die meldenden schweizerischen Finanzinstitute erst umzusetzen, wenn sie in ein Bundesgesetz, in eine Verordnung oder in eine Weisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) aufgenommen worden sind.

Art. 9 Erleichterungen bei der Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten

1 Meldende schweizerische Finanzinstitute können:

a.
dritte Dienstleister zur Erfüllung ihrer Melde- und Sorgfaltspflichten beiziehen; sie bleiben für die Erfüllung der Pflichten verantwortlich;
b.
die für Konten von hohem Wert geltenden Verfahren zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten auf bestimmte oder alle Konten von geringerem Wert anwenden;
c.
die für Neukonten geltenden Verfahren zur Erfüllung ihrer Sorgfalts­pflichten auf bestimmte oder alle bestehenden Konten anwenden; die übri­gen Vorschriften für bestehende Konten sind weiterhin anwendbar;
d.
bei bestimmten oder allen bestehenden Konten von Rechtsträgern auf eine Überprüfung, Identifizierung und Meldung verzichten, wenn diese Konten am 31. Dezember vor Beginn der Anwendbarkeit des automatischen Infor­mationsaustauschs mit einem Partnerstaat einen Gesamtsaldo oder Gesamt­wert von höchstens 250 000 US-Dollar aufweisen;
e.
bei bestimmten oder allen bestehenden Konten von geringerem Wert von natürlichen Personen für die Identifizierung meldepflichtiger Konten das Hausanschriftverfahren oder die Suche in ihren elektronischen Datensätzen anwenden;
f.
in Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten von Rechtsträgern als Beleg jede Einstufung in ihren Unterlagen in Bezug auf den Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin verwenden, die auf der Grundlage eines standardisierten nationalen oder internationalen Branchenkodierungssystems ermittelt wurde und die sie im Einklang mit ihrer üblichen Geschäftspraxis für die Zwecke von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäscherei oder zu anderen gesetzlichen Zwecken, ausser zu Steuerzwecken, dokumentieren und vor dem Datum eingeführt haben, an dem das Finanzkonto als bestehendes Konto eingestuft wurde, sofern ihnen nicht bekannt ist oder nicht bekannt sein müsste, dass diese Einstufung nicht zu­treffend oder unglaubwürdig ist;
g.
bestimmte oder alle Finanzkonten, die frühestens im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eröffnet werden, als Neukonten behandeln; sie können bei der Kontoeröffnung die ausländische Steueridentifikations­nummer erheben.

2 Sie können den Kreis der Begünstigten eines Trusts, die als beherrschende Personen des Trusts betrachtet werden, gleich bestimmen wie den Kreis der Begünstigten eines Trusts, die als meldepflichtige Personen eines Trusts, der ein Finanzinstitut ist, betrachtet werden. Sie müssen dabei angemessene organisa­torische Massnahmen treffen, die sicherstellen, dass sie Ausschüttungen an die Begünstigten identifizieren können.

3 Der Bundesrat legt fest, welche im OECD-Kommentar zum GMS enthaltenen Alternativbestimmungen anwendbar sind.

Art. 10 Präzisierung der allgemeinen Meldepflichten

1 Zur Bestimmung des Saldos oder Werts eines Finanzkontos oder eines sonstigen Betrags muss das meldende schweizerische Finanzinstitut den Betrag unter Verwendung des Kassakurses in US-Dollar umrechnen.23 Zum Zweck der Meldung eines Kontos ermittelt das meldende schweizerische Finanz­institut den Kassakurs zum letzten Tag des Kalenderjahres oder eines anderen geeigneten Zeitraums, für welches oder für welchen das Konto gemeldet wird.

2 Der Bundesrat legt die Kriterien fest, nach denen:

a.
der Betrag und die Einordnung von Zahlungen zugunsten eines meldepflich­tigen Kontos zu bestimmen sind;
b.
die verschiedenen Typen von Konten den im anwendbaren Abkommen definierten Kategorien von Finanzkonten zuzuweisen sind.

3 Stirbt eine meldepflichtige Person, so behandelt das meldende schweizerische Finanzinstitut ihr Konto so wie vor dem Tod, bis ihm der Nachlass mit eigener Rechtspersönlichkeit oder die berechtigten Erben und Erbinnen mitgeteilt werden.

23 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

Art. 11 Präzisierung der Sorgfaltspflichten

1 Eine Selbstauskunft ist so lange gültig, bis eine Änderung der Gegebenheiten ein­tritt, aufgrund der dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskunft nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist.

2 Bestehende Konten natürlicher Personen müssen ab Beginn der Anwendbarkeit des automatischen Informationsaustauschs mit einem Partnerstaat innerhalb folgender Fristen überprüft werden:

a.
Konten von hohem Wert: innerhalb eines Jahres;
b.
Konten von geringerem Wert: innerhalb zweier Jahre.

3 Bestehende Konten von Rechtsträgern müssen innerhalb von zwei Jahren nach Beginn der Anwendbarkeit des automatischen Informationsaustauschs mit einem Partnerstaat überprüft werden.

4 Das meldende schweizerische Finanzinstitut kann die Fristen nach den Absätzen 2 und 3 ab Inkrafttreten dieses Gesetzes anwenden.

5 ...24

6 Bei den folgenden bestehenden Konten natürlicher Personen gilt die in den Unter­lagen des meldenden schweizerischen Finanzinstituts erfasste Adresse im Rahmen des Hausanschriftverfahrens als aktuell:

a.
bei Konten, die nach Artikel 37l Absatz 4 des Bankengesetzes vom 8. November 193425 als nachrichtenlose Konten gelten;
b.
bei anderen Konten, bei denen es sich nicht um Rentenversicherungsverträge handelt, wenn:
1.
der Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin in den letzten drei Jahren keine Transaktion in Bezug auf dieses oder ein anderes seiner be­ziehungsweise ihrer Konten beim meldenden schweizerischen Finanzinstitut vorgenommen hat,
2.
der Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin in den letzten sechs Jahren mit dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut, das dieses Konto führt, keinen Kontakt in Bezug auf dieses oder ein anderes seiner beziehungsweise ihrer Konten bei diesem Finanzinstitut hatte, und
3.
im Falle eines rückkaufsfähigen Versicherungsvertrages das meldende schweizerische Finanzinstitut in den letzten sechs Jahren mit dem Kontoinhaber oder der Kontoinhaberin keinen Kontakt in Bezug auf dieses oder ein anderes Konto dieser Person bei diesem Finanzinstitut hatte.

7 Meldende schweizerische Finanzinstitute müssen angemessene organisatorische Massnahmen treffen, die sicherstellen, dass ihnen alle Informationen vorliegen, die nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz im Rahmen der Konto­eröffnung erhoben werden müssen, insbesondere dass die Selbstauskunft erteilt wird.

8 Ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut kann ein Neukonto nur dann ohne Vorliegen einer Selbstauskunft des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin eröffnen, wenn:

a.
der Kontoinhaber ein Rechtsträger ist und es anhand der ihm vorliegenden oder der öffentlich verfügbaren Informationen in vertretbarer Weise feststellt, dass er eine nicht meldepflichtige Person ist; oder
b.
ein anderer Ausnahmefall vorliegt; in diesem Fall muss es die Selbstauskunft innerhalb von 90 Tagen erhalten haben und plausibilisieren; der Bundesrat umschreibt die Ausnahmefälle näher.26

9 Liegen einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut 90 Tage nach Eröffnung eines Neukontos die nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz zur Plausibilisierung der Selbstauskunft notwendigen Informationen oder in einem Ausnahmefall nach Absatz 8 Buchstabe b die Selbstauskunft nicht vor, so muss es das Konto schliessen oder für alle Zu- und Abgänge so lange sperren, bis ihm alle Informationen vorliegen. Es steht ihm ein ausserordentliches Kündigungsrecht zu. Vorbehalten sind Fälle nach Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 199727 (GwG).28

10 ...29

24 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

25 SR 952.0

26 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

27 SR 955.0

28 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

29 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

3. Abschnitt: Registrierungspflicht der meldenden schweizerischen Finanzinstitute


Art. 13

1 Wer zu einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut nach einem Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 und nach diesem Gesetz wird, hat sich unaufgefordert bei der ESTV anzumelden.

2 In der Anmeldung hat das meldende schweizerische Finanzinstitut anzugeben:

a.
seinen Namen oder seine Firma sowie seinen Sitz oder Wohnsitz; handelt es sich um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne juristische Persönlichkeit mit statutarischem Sitz im Ausland oder um ein Einzelunter­nehmen mit Sitz im Ausland, so sind der Name oder die Firma, der Ort der Hauptniederlassung und die Adresse der inländischen Leitung anzugeben;
b.
die UID;
c.
die Art der Tätigkeit;
d.
das Datum der Aufnahme der Tätigkeit.

3 Endet die Eigenschaft als meldendes schweizerisches Finanzinstitut nach einem Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 und nach diesem Gesetz oder wird die Ge­schäftstätigkeit aufgegeben, so hat sich das Finanzinstitut bei der ESTV unauf­gefordert abzumelden.

4 Der oder die Trustee muss einen Trust nach Artikel 3 Absatz 9 anmelden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Anmeldung.31

31 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

4. Abschnitt: Informationspflicht der meldenden schweizerischen Finanzinstitute


Art. 14

1 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute informieren die meldepflichtigen Personen direkt oder über ihre Vertragspartei spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem erstmals sie betreffende Informationen an einen Partnerstaat übermittelt wer­den, über:

a.
ihre Eigenschaft als meldendes schweizerisches Finanzinstitut;
b.
die Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 und deren Inhalt, insbesondere über die aufgrund der Abkommen auszutauschenden Informationen;
c.
die Liste der Partnerstaaten der Schweiz und den Ort der Veröffentlichung der jeweils aktualisierten Liste;
d.
die in Anwendung der Abkommen nach Artikel 1 Absatz 1 zulässige Nutzung dieser Informationen;
e.
die Rechte der meldepflichtigen Personen nach dem DSG32 und diesem Gesetz.

2 Bei meldepflichtigen Konten, die geschlossen worden sind, erfolgt die Information einmalig an die letzte bekannte Adresse. Bei Konten, die die Kriterien nach Artikel 11 Absatz 6 Buchstabe a oder b erfüllen, kann die Information ausbleiben.

3 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute veröffentlichen auf ihrer Website eine jährlich am 31. Januar aktualisierte Liste der Partnerstaaten der Schweiz oder verweisen auf die Liste des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

4 Das meldende schweizerische Finanzinstitut stellt dem Inhaber oder der Inhaberin des Kontos, das Gegenstand der Meldung ist, auf Ersuchen eine Kopie der Meldung zu.

5. Abschnitt: Meldepflichten und Meldeermächtigung

Art. 15 Übermittlung und Verwendung der Informationen

1 Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute übermitteln die nach dem anwend­baren Abkommen zu übermittelnden Informationen sowie die Informationen über ihre nicht dokumentierten Konten jährlich innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres elektronisch an die ESTV. Führt ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut keine meldepflichtigen Konten, so meldet es diesen Umstand der ESTV innerhalb derselben Frist.

2 Die ESTV übermittelt die von den meldenden schweizerischen Finanzinstituten nach dem anwendbaren Abkommen an sie übermittelten Informationen innerhalb der im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten.

3 Sie weist die zuständigen Behörden der Partnerstaaten auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungs­pflichten nach den Amtshilfebestimmungen des anwendbaren Abkommens hin.

4 Sieht das anwendbare Abkommen vor, dass die im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs übermittelten Informationen von der empfangenden Be­hörde für andere Zwecke als für Steuerzwecke verwendet oder von dieser an einen Drittstaat weitergeleitet werden dürfen, sofern die zuständige Behörde des Staates, der die Informationen übermittelt hat, dieser Verwendung oder Weiterleitung zu­stimmt, so erteilt die ESTV nach entsprechender Prüfung ihre Zustimmung. Sollen die Informationen an Strafbehörden weitergeleitet werden, so erteilt die ESTV die Zustimmung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Justiz.

5 Informationen, die der ESTV nach Absatz 1 übermittelt werden, dürfen zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts nur weiterverwendet werden, wenn sie nach schweizerischem Recht hätten beschafft werden können.

Art. 16 Verjährung

1 Der Anspruch gegenüber dem meldenden schweizerischen Finanzinstitut auf Übermittlung der Meldung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Meldung zu übermitteln war.

2 Die Verjährung wird durch jede auf die Geltendmachung der Meldung gerichtete Amtshandlung unterbrochen, die einem meldenden schweizerischen Finanzinstitut zur Kenntnis gebracht wird. Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von Neuem.

3 Die Verjährung tritt spätestens zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die Meldung zu übermitteln war.

5a. Abschnitt:33 Aufbewahrungspflicht der meldenden schweizerischen Finanzinstitute

33 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).


Art. 17a

Die meldenden schweizerischen Finanzinstitute müssen die zur Erfüllung der Pflichten nach der Beilage zur AIA-Vereinbarung34 und nach diesem Gesetz erstellten Unterlagen und eingeholten Belege gemäss den Vorgaben von Artikel 958f OR35 aufbewahren.

6. Abschnitt: Rechte und Pflichten der meldepflichtigen Personen

Art. 19 Ansprüche und Verfahren im Datenschutz

1 In Bezug auf Informationen, die von meldenden schweizerischen Finanzinstituten gesammelt werden, und auf deren Übermittlung an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten stehen den meldepflichtigen Personen die Rechte nach dem DSG36 zu.

2 Gegenüber der ESTV können meldepflichtige Personen ausschliesslich das Aus­kunftsrecht geltend machen und verlangen, dass unrichtige Daten, die auf Über­mittlungsfehlern beruhen, berichtigt werden. Sofern die Übermittlung der Daten für die meldepflichtige Person Nachteile zur Folge hätte, die ihr aufgrund fehlender rechtsstaatlicher Garantien nicht zugemutet werden können, stehen ihr die die Ansprüche nach Artikel 25a des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196837 zu.

3 Werden die der zuständigen Behörde eines Partnerstaates übermittelten Informa­tionen infolge eines rechtskräftigen Entscheids berichtigt, so übermittelt das melden­de schweizerische Finanzinstitut die berichtigten Informationen der ESTV. Diese leitet die berichtigten Informationen der betroffenen Behörde weiter.

7. Abschnitt: Vom Ausland automatisch übermittelte Informationen

Art. 21 Weiterleitung von Informationen

1 Die ESTV leitet Informationen, die ihr andere Staaten automatisch übermittelt haben, zur Anwendung und Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts den schweizerischen Behörden weiter, die für die Festsetzung und Erhebung der in den Anwendungsbereich des anwendbaren Abkommens fallenden Steuern zuständig sind. Sie weist diese Behörden auf die Einschränkungen bei der Verwendung der übermittelten Informationen sowie auf die Geheimhaltungspflichten nach den Amts­hilfebestimmungen des anwendbaren Abkommens hin.

2 Sie leitet die von einem anderen Staat automatisch übermittelten Informationen anderen schweizerischen Behörden, für die die Informationen von Interesse sind, weiter, sofern dies nach dem anwendbaren Abkommen zulässig und nach schweize­rischem Recht vorgesehen ist. Sie holt gegebenenfalls die Zustimmung der zuständi­gen Behörde des informierenden Staates ein.

8. Abschnitt: Organisation und Verfahren

Art. 22 Aufgaben der ESTV

1 Die ESTV sorgt für die richtige Anwendung der anwendbaren Abkommen und dieses Gesetzes.

2 Sie erlässt alle Verfügungen und trifft alle Entscheide, die für die Anwendung not­wendig sind.

3 Sie kann die Verwendung bestimmter Formulare vorschreiben und verlangen, dass gewisse Formulare ausschliesslich in elektronischer Form eingereicht werden.

4 Sie kann Weisungen erlassen. Diese orientieren sich an den OECD-Kommentaren zum Muster für eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden und zum GMS.

Art. 23 Datenbearbeitung

1 Die ESTV kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz Personendaten, einschliesslich Personendaten über administra­tive und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen in Steuersachen, bearbeiten.

2 Sie kann die Steueridentifikationsnummern nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben f–h für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz systematisch verwenden.

Art. 24 Informationssystem

1 Die ESTV betreibt ein Informationssystem zur Bearbeitung von Personendaten, einschliesslich Personendaten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen in Steuersachen, die sie gestützt auf die anwendbaren Abkommen und dieses Gesetz erhalten hat.

2 Die Daten dürfen nur durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der ESTV oder durch von der ESTV kontrollierte Fachpersonen bearbeitet werden.

3 Das Informationssystem dient der ESTV zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz. Es darf namentlich verwendet werden, um:

a.
Informationen nach Massgabe der anwendbaren Abkommen und des schweizerischen Rechts zu empfangen und weiterzuleiten;
b.
ein Register der meldenden schweizerischen Finanzinstitute zu führen;
c.
Rechtsverfahren im Zusammenhang mit den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz zu bearbeiten;
d.
die Überprüfungen nach Artikel 28 durchzuführen;
e.
administrative und strafrechtliche Sanktionen zu verhängen und zu voll­strecken;
f.
Amts- und Rechtshilfeersuchen zu bearbeiten;
g.
die Begehung von Steuerdelikten zu bekämpfen;
h.
Statistiken zu erstellen.

4 Der Bundesrat legt die Einzelheiten fest, insbesondere über:

a.
die Organisation und Führung des Informationssystems;
b.
die Kategorien der bearbeiteten Personendaten;
c.
den Katalog der Daten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen;
d.
die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen;
e.
die Dauer der Aufbewahrung, die Archivierung und die Vernichtung der Daten.

5 Die ESTV kann den schweizerischen Behörden, denen sie nach Artikel 21 Absatz 1 Informationen weiterleitet, im Abrufverfahren Zugriff auf die Daten im System gewähren, die diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Der Bundesrat legt fest, welchen Behörden die ESTV für welche Daten Zugriff gewähren darf.

Art. 25 Auskunftspflicht

Personen und Behörden, denen die ESTV nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz aus dem Ausland erhaltene Informationen übermittelt, sowie schwei­zerische Finanzinstitute müssen der ESTV Auskunft über alle Tatsachen erteilen, die für die Umsetzung der Abkommen und dieses Gesetzes relevant sind.

Art. 26 Geheimhaltungspflicht

1 Wer mit dem Vollzug eines anwendbaren Abkommens und dieses Gesetzes betraut ist oder zu deren Vollzug beigezogen wird, hat gegenüber anderen Amtsstellen und Privaten über die in Ausübung dieser Tätigkeit gemachten Wahrnehmungen Still­schweigen zu bewahren.

2 Keine Geheimhaltungspflicht besteht:

a.
bei der Übermittlung von Informationen und bei Bekanntmachungen nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz;
b.
gegenüber Organen der Rechtspflege und der Verwaltung, die das EFD ermächtigt hat, im Einzelfall amtliche Auskünfte bei den mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden einzuholen;
c.
soweit das anwendbare Abkommen die Aufhebung der Geheimhaltungs­pflicht zulässt und im schweizerischen Recht eine gesetzliche Grundlage für diese Aufhebung besteht.

3 Feststellungen über Dritte, die anlässlich einer Überprüfung nach Artikel 28 gemacht werden, dürfen nur für die Durchführung des anwendbaren Abkommens verwendet werden.

Art. 27 Statistiken

1 Die ESTV veröffentlicht die für die Länderüberprüfung des Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke erforderlichen Statistiken.

2 Es besteht kein Recht auf Zugang zu weiter gehenden als den nach Absatz 1 veröffentlichten Informationen.

Art. 28 Überprüfung

1 Die ESTV überprüft die schweizerischen Finanzinstitute hinsichtlich der Erfüllung ihrer Pflichten nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz.

2 Sie kann zur Abklärung des Sachverhaltes:

a.
die Geschäftsbücher, die Belege und andere Urkunden des Finanzinstituts an Ort und Stelle überprüfen oder deren Herausgabe verlangen;
b.
schriftliche und mündliche Auskünfte einholen.

3 Stellt sie fest, dass das Finanzinstitut seinen Pflichten nicht oder mangelhaft nach­gekommen ist, so gibt sie ihm Gelegenheit, zu den festgestellten Mängeln Stellung zu nehmen.

4 Können sich das Finanzinstitut und die ESTV nicht einigen, so erlässt die ESTV eine Verfügung.

5 Auf Antrag erlässt die ESTV eine Feststellungsverfügung über:

a.
die Eigenschaft als Finanzinstitut nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz;
b.
den Inhalt der Meldungen nach den anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz.
Art. 30 Rechtsmittel

1 Gegen Verfügungen der ESTV nach den Artikeln 22–29 kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung schriftlich Einsprache erhoben werden.

2 Die Einsprache hat die Anträge zu enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen anzugeben.

3 Ist gültig Einsprache erhoben worden, so überprüft die ESTV die Verfügung ohne Bindung an die gestellten Anträge und erlässt einen begründeten Einsprache­entscheid.

4 Der Einspracheentscheid unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestim­mungen über die Bundesrechtspflege.

9. Abschnitt: Aussetzung und Kündigung

Art. 31

1 Die zuständige schweizerische Behörde darf nur mit Zustimmung des Bundesrates handeln, wenn sie gestützt auf das anwendbare Abkommen:

a.
den automatischen Informationsaustaustauch gegenüber einem Partnerstaat aussetzt oder kündigt;
b.
das Abkommen kündigt.

2 Sie setzt den automatischen Informationsaustausch gegenüber einem Partnerstaat in eigener Kompetenz aus, solange der Partnerstaat die Anforderungen der OECD an die Vertraulichkeit und die Datensicherheit nicht erfüllt.39

39 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5247; BBl 2019 8135).

10. Abschnitt: Strafbestimmungen

Art. 32 Verletzung der Melde- und Sorgfaltspflichten

Mit Busse bis zu 250 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a.
die im anwendbaren Abkommen und in den Artikeln 9–12 genannten Sorg­faltspflichten betreffend die Überprüfung der Konten und die Identifi­zierung der meldepflichtigen Personen verletzt;
b.
die Registrierungspflicht nach Artikel 13 verletzt;
c.
die Informationspflicht nach Artikel 14 Absätze 1 und 3 verletzt;
d.
die Meldepflichten nach Artikel 15 Absatz 1 verletzt.
Art. 33 Widerhandlungen gegen behördliche Anordnungen

Mit Busse bis zu 50 000 Franken wird bestraft, wer im Rahmen einer Überprüfung nach Artikel 28 einer an ihn oder sie gerichteten amtlichen Verfügung, die auf die Strafdrohung dieses Artikels hinweist, vorsätzlich nicht Folge leistet.

Art. 34 Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

Fällt eine Busse von höchstens 50 000 Franken in Betracht und würde die Ermitt­lung der nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März 197440 über das Verwal­tungsstrafrecht (VStrR) strafbaren Personen Untersuchungsmassnahmen bedingen, die im Hinblick auf die angedrohte Strafe unverhältnismässig wären, so kann von einer Verfolgung dieser Personen abgesehen und an ihrer Stelle der Geschäftsbetrieb (Art. 7 VStrR) zur Bezahlung der Busse verurteilt werden.

Art. 35 Falsche Selbstauskunft

Mit Busse bis zu 10 000 Franken wird bestraft, wer einem schweizerischen Finanz­institut vorsätzlich eine falsche Selbstauskunft erteilt, Änderungen der Gegeben­heiten nicht mitteilt oder über Änderungen der Gegebenheiten falsche Angaben macht.

Art. 36 Selbstanzeige

1 Zeigt der Täter oder die Täterin eine Pflichtverletzung aus eigenem Antrieb an, so bleibt er oder sie straflos, wenn er oder sie:

a.
über den tatsächlichen Umfang und den Inhalt der Verpflichtungen vollstän­dige und genaue Angaben gemacht hat;
b.
zur Abklärung des Sachverhalts und zur Pflichterfüllung beigetragen hat; und
c.
bisher noch nie wegen einer vorsätzlichen Widerhandlung der gleichen Art Selbstanzeige erstattet hat.

2 Die Straflosigkeit des Täters oder der Täterin hat auch Wirkung für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen.

Art. 37 Verfahren

1 Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen dieses Gesetz ist das VStrR41 anwendbar.

2 Verfolgende und urteilende Behörde ist die ESTV.

Art. 38 Wahl der Partnerstaaten

Der Bundesrat analysiert die in den möglichen Partnerstaaten anwendbaren Daten­schutzbestimmungen sowie die Regularisierungsmöglichkeiten, bevor er der Bundesversammlung die Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit diesen Staaten unterbreitet. Er fasst die Ergebnisse seiner Analyse in der Botschaft zusammen.

11. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 39 Genehmigungskompetenz

Die Bundesversammlung genehmigt mit einfachem Bundesbeschluss:

a.
die Aufnahme eines Staates in die Liste nach Abschnitt 7 Absatz 1 Buch­stabe f der AIA-Vereinbarung42;
b.
in ihre Zuständigkeit fallende völkerrechtliche Verträge mit Staaten, die in diese Liste aufgenommen werden sollen, über den Marktzugang für Finanz­dienstleister und über die Regularisierung der Steuersituation von Steuer­pflichtigen.
Art. 42 Referendum und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens:47 1. Jan. 2017
Art. 39: 27. Mai 2016

47 BRB vom 20. April 2016