0.974.257.5

 AS 2015 4865

Originaltext

Rahmenabkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und
der Regierung der Republik der Union Myanmar
über technische und finanzielle Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe

Abgeschlossen am 2. Juni 2015

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 20. Oktober 2015

(Stand am 20. Oktober 2015)

Der Schweizerische Bundesrat

(nachfolgend «die Schweiz»)

und

die Regierung der Republik der Union Myanmar

(nachfolgend «Myanmar»),

gemeinsam als «Vertragsparteien» bezeichnet,

in der Absicht, die freundschaftlichen Bande zwischen den beiden Ländern zu festigen;

im Wunsch, diese Beziehungen zu stärken und eine fruchtbare humanitäre, technische und finanzielle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu entwickeln;

in der Überzeugung, dass die Entwicklung dieser technischen und finanziellen Zusammenarbeit wie auch die humanitäre Hilfe zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation in Myanmar beitragen und so die Entwicklung der Demokratie und einer sozial- und umweltverträglichen Marktwirtschaft fördern wird;

im Bewusstsein, dass die Republik der Union Myanmar entschlossen ist, ihre Reformen zur Schaffung einer demokratischen und die Menschenrechte respektierende Gesellschaft weiterführen will;

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Grundlagen der Zusammenarbeit

Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der demokratischen Grundsätze, der Menschenrechte und der grundlegenden Freiheitsrechte, die insbesondere in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind, bestimmt die Innen- und Aussenpolitik der Vertragsparteien und bildet gemeinsam mit den Zielen dieses Rahmenabkommens (nachfolgend «das Abkommen») einen wesentlichen Bestandteil der Zusammenarbeit.

Art. 2 Ziele

2.1  Die Vertragsparteien fördern im Rahmen ihrer jeweiligen nationalen Gesetz­gebung die Durchführung von Projekten der technischen und finanziellen Zusammenarbeit sowie der humanitären Hilfe in Myanmar. Diese Projekte tragen zur Unterstützung des Reformprozesses in Myanmar und zur Milderung der sozialen und wirtschaftlichen Kosten des Anpassungsprozesses bei. Zudem fördern sie eine Entwicklung, die der gesamten Bevölkerung von Myanmar zugutekommt.

2.2  Ziel dieses Abkommen ist die Festlegung eines allgemeinen Rahmens mit Regeln und Verfahren für die Planung und Durchführung dieser Projekte.

Art. 3 Definitionen

Für dieses Abkommen gelten, sofern der Kontext nicht anderes nahelegt, folgende Begriffsdefinitionen:

(a)
«DEZA» steht für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (einschliesslich der Humanitären Hilfe) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten.
(b)
«SECO» bedeutet das Staatssekretariat für Wirtschaft im Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung.
(c)
Spezifische Projekte / Programme und andere gemeinsame Aktivitäten, die unter dieses Abkommen fallen, werden nachfolgend «Projekte» genannt.
(d)
Der Begriff «Durchführende Organisation» bezeichnet alle Behörden, öffentlichen oder privaten Körperschaften sowie alle nationalen, internationalen oder multinationalen Organisationen, die von beiden Vertragsparteien akzeptiert und von der Schweiz mit der Umsetzung spezieller Projekte nach Artikel 8.4 betraut sind.
(e)
Der Begriff «Güter» bezeichnet Waren, Materialien, Fahrzeuge, Maschinen, Ausrüstungen und andere Güter, die von der Schweiz oder von den Durchführenden Organisationen für Projekte im Rahmen dieses Abkommens zur Verfügung gestellt werden, sowie alle anderen Güter, die gemäss den spezifischen Projektvereinbarungen nach Myanmar geliefert werden.
Art. 4 Formen der Zusammenarbeit

Formen

4.1  Die Zusammenarbeit kann als technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit, als finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie als humanitäre Hilfe erfolgen. Diese Formen der Zusammenarbeit können gleichzeitig oder nacheinander erfolgen.

4.2  Die Zusammenarbeit und/oder Hilfe kann bilateral oder in Zusammenarbeit mit anderen Gebern oder mit nationalen, internationalen oder multilateralen Organisa­tionen erfolgen.

Technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit

4.3  Die technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit erfolgt als Wissenstransfer durch Ausbildung, Beratung oder andere Dienstleistungen oder durch das Bereitstellen der nötigen Güter für die reibungslose Projektdurchführung.

4.4  Die technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit kann auf folgende Arten erfolgen:

(a)
Beiträge in Form von Zuschüssen;
(b)
Versorgung von Gütern und Dienstleistungen;
(c)
Einsatz von internationalem oder lokalem Personal;
(d)
Stipendien für Studien oder Ausbildungen in Myanmar, in der Schweiz oder in einem Drittland oder
(e)
auf alle andern von den beiden Vertragsparteien vereinbarten Arten der Zusammenarbeit.

4.5  Die technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Kooperationsprojekte konzentrieren sich in erster Linie auf die Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung, zum Beispiel (i) durch die Förderung einer offenen Marktwirtschaft; (ii) die Stärkung eines umweltverträglichen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen und (iii) die Förderung der Reformen in der öffentlichen Verwaltung und der sozialen Gerechtigkeit.

Finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit

4.6  Die finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit erfolgt in Form einer Finanzierung von Gütern und Dienstleistungen oder in Form von Kapitaleinlagen, zum Beispiel von Finanzintermediären. Andere Formen werden von Fall zu Fall in Betracht gezogen.

4.7  Die finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit erfolgt je nach Fall in Form von Zuschüssen, Darlehen oder anderen von beiden Vertragsparteien vereinbarten Formen.

Humanitäre Hilfe

4.8  Die an Myanmar geleistete humanitäre Hilfe einschliesslich der Nothilfe wird von der Schweiz in Form von Gütern, Dienstleistungen, finanziellen Beiträgen oder durch die Entsendung von Fachleuten erbracht.

4.9  Die humanitären Hilfsprojekte richten sich an die schwächsten gesellschaft­lichen Gruppen in Myanmar und ergänzen gleichzeitig die Massnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der lokalen und nationalen humanitären Organisa­tionen.

4.10  Zuwendungen für humanitäre Hilfe werden von Fall zu Fall aufgrund des von Myanmar und der Schweiz festgestellten Bedarfs der Bevölkerung, die von Natur- oder von Menschen verursachten Katastrophen betroffen ist, geleistet.

Art. 5 Pflichten

5.1  Den Projektabteilungen der Schweizer Botschaft in Yangon sowie wenn nötig den Aussenstellen und ihrem Personal werden, sofern sie Schweizer Bürgerinnen und Bürger und nicht Staatsangehörige von Myanmar sind, die Vorrechte und Immunitäten gemäss dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 19611 über diplomatische Beziehungen gewährt.

5.2  Um die Durchführung der Projekte zu erleichtern, befreit die Regierung von Myanmar alle Güter und Dienstleistungen, die die Schweiz als Geschenk zur Verfügung stellt, sowie die für die Durchführung von Projekten im Rahmen des vorliegenden Abkommens vorübergehend eingeführten Güter von Steuern, MwSt, Zoll­gebühren, Abgaben und anderen obligatorischen Gebühren, und sie gestattet die Wiederausfuhr der erwähnten Güter zu den gleichen Bedingungen.

5.3  Myanmar erteilt alle erforderlichen Bewilligungen für die Ein- und Ausfuhr der für die Projektdurchführung notwendigen Güter kostenlos.

5.4  Ausländische Expertinnen und Experten und das mit der Durchführung von Projekten im Rahmen dieses Abkommens beauftragte Personal sowie deren Familien werden, wenn sie nicht Bürger oder ständige Einwohner von Myanmar sind, von der Einkommens- und Vermögenssteuer sowie von Steuern, Zollabgaben, Gebühren und anderen obligatorischen Abgaben auf ihrer persönlichen Habe befreit. Es ist ihnen gestattet, ihre persönliche Habe (z. B. Möbel und Haushaltgeräte, Fahrzeug und Ausrüstung für den beruflichen und persönlichen Gebrauch) unentgeltlich ein- und auszuführen. Gemäss diesem Abkommen stellt das zuständige Ministerium den ausländischen Expertinnen und Experten und ihren Familien die Aufenthalts­bewilligungen, Arbeitsbewilligungen und ähnliche Dokumente unentgeltlich aus.

5.5  Myanmar ist für die Sicherheit der Vertreterinnen und Vertreter, der ausländischen Expertinnen und Experten und des Personals sowie ihrer Angehörigen verantwortlich und erleichtert wenn nötig ihre Heimkehr.

5.6  Myanmar stellt die Einreisevisa für die in Artikel 5.1 und 5.4 genannten Personenkategorien gemäss den geltenden Rechts- und Verfahrensvorschriften kostenlos und unverzüglich aus.

5.7  Myanmar unterstützt die Vertreterinnen und Vertreter, die ausländischen Expertinnen und Experten und das Personal bei der Ausführung ihrer Aufgaben und stellt ihnen die notwendigen Unterlagen und Informationen zur Verfügung.

5.8  Myanmar erleichtert in Übereinstimmung mit den geltenden Rechts- und Verfahrensvorschriften die Überweisungen in Fremdwährungen, die durch Projekte und ausländische Expertinnen und Experten getätigt werden.

Art. 6 Antikorruptionsklausel

Die Vertragsparteien haben ein gemeinsames Interesse an der Bekämpfung der Korruption. Sie erschwert die gute Regierungsführung, verhindert die zweckmässige Verwendung der für die Entwicklung notwendigen Ressourcen und gefährdet darüber hinaus einen fairen und transparenten, auf Qualität und Preis basierenden Wettbewerb. Darum bekräftigen die Vertragsparteien ihre Absicht, gemeinsam gegen die Korruption vorzugehen. Sie erklären insbesondere, dass sie niemandem direkt oder indirekt im Hinblick auf den Abschluss oder die Durchführung des vorliegenden Abkommens irgendwelche Angebote, Geschenke, Zahlungen, Entschädigungen oder Vorteile gewährt haben oder gewähren werden, die als rechtswidrige oder korrupte Handlungen gelten. Jegliche Handlung dieser Art ist ein hinreichender Grund für die Beendigung des Abkommens, der Ausschreibung oder der daraus resultierenden Zuschläge oder für das Ergreifen anderer im geltenden Recht vorgesehener Gegenmassnahmen.

Art. 7 Geltungsbereich

Die Bestimmungen dieses Abkommens gelten für:

(a)
Projekte auf dem Staatsgebiet Myanmars, die von beiden Vertragsparteien und/oder von den entsprechenden zentralen, regionalen oder staatlichen Behörden vereinbart wurden;
(b)
Projekte in Zusammenarbeit mit Verbänden, Institutionen, Organisationen oder anderen öffentlich- oder privatrechtlichen Körperschaften eines der beiden Länder, oder mit internationalen oder multilateralen Organisationen, für welche die Vertragsparteien oder deren bevollmächtigte Vertretungen die Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens mutatis mutandis vereinbart haben;
(c)
Nationale Aktivitäten im Zusammenhang mit regionalen Projekten und Programmen der von der Schweiz finanzierten oder mitfinanzierten Entwicklungszusammenarbeit, sofern sie ausdrücklich auf dieses Abkommen Bezug nehmen;
(d)
Das Abkommen ist auch auf laufende und in Vorbereitung begriffene Projekte anwendbar, die von den Vertragsparteien vor Inkrafttreten dieses Abkommens vereinbart wurden.
Art. 8 Zuständige Behörden, Koordination und Verfahren

8.1  Die für die Durchführung der technischen und finanziellen Zusammenarbeit und die humanitäre Hilfe zuständigen Schweizer Behörden werden in Myanmar durch die Schweizer Botschaft in Yangon vertreten.

8.2  Auf Seiten Myanmars wird die Gesamtkoordination für die Umsetzung dieses Abkommens durch das zuständige Fachministerium gewährleistet, welches Myanmar für ein bestimmtes Projekt bezeichnet.

8.3  Auf der Grundlage des vorliegenden Rahmenabkommens wird für jedes einzelne Projekt jeweils ein separates Abkommen zwischen den Projektpartnern abgeschlossen, das die Rechte und Pflichten jedes Projektpartners im Detail festlegt.

8.4  Um Doppelspurigkeiten und Überschneidungen mit Projekten anderer Geber zu vermeiden und eine optimale Wirkung der Projekte zu gewährleisten, stellen sich die Vertragsparteien gegenseitig alle Informationen zur Verfügung, die für eine effiziente Koordination gemäss dem am 20. Januar 2013 im Rahmen des ersten Myanmar-Forums für Entwicklungszusammenarbeit verabschiedeten Abkommens von Nay Pyi Taw über eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit erforderlich sind.

8.5  Die Vertragsparteien informieren sich gegenseitig vollumfänglich über die im Rahmen dieses Abkommens in die Wege geleiteten Projekte auf dem Laufenden. Sie pflegen auf allen Ebenen einen regelmässigen Meinungsaustausch über den Verlauf der Projekte während der ganzen Projektdurchführung.

Art. 9 Schlussbestimmungen

9.1  Das vorliegende Abkommen tritt am Tag der zweiten Mitteilung in Kraft, mit der die Vertragsparteien einander mitteilen, dass die verfassungsmässigen Vorschriften für den Abschluss und das Inkrafttreten von internationalen Abkommen erfüllt sind.

Das Abkommen kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten schriftlich gekündigt werden.

9.2  Im Falle einer Kündigung des Abkommens behalten die darin enthaltenen Bestimmungen für all jene Projekte Gültigkeit, die vor der Kündigung vereinbart wurden.

9.3  Eine Änderung dieses Abkommens erfordert die Zustimmung beider Vertragsparteien und muss schriftlich erfolgen.

9.4  Streitigkeiten, die aus dem vorliegenden Abkommen erwachsen, sind auf diplomatischem Wege beizulegen.

Ausgefertigt in Bern am 2. Juni 2015 in zwei Originalen jeweils auf Myanmar, auf Deutsch und auf Englisch, wobei jede Version gleichermassen verbindlich ist. Im Falle von Abweichungen ist der englische Text massgebend.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Manuel Sager

Für die Regierung
der Republik der Union Myanmar:

Kan Zaw