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Verordnung
über den Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen
für Schutzaufgaben durch Bundesbehörden

(Verordnung über den Einsatz von Sicherheitsunternehmen, VES)

vom 24. Juni 2015 (Stand am 20. Oktober 2015)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf Artikel 182 Absatz 2 der Bundesverfassung1,

verordnet:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Geltungsbereich

1 Diese Verordnung gilt für Bundesbehörden, die ein privates Sicherheitsunternehmen (Unternehmen) zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben in der Schweiz oder im Ausland einsetzen (einsetzende Behörden).

2 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 27. September 20132 über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen bleiben vorbehalten, wenn die einsetzende Behörde ein Unternehmen zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben in einem komplexen Umfeld nach Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung vom 24. Juni 20153 über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen beizieht.

Art. 2 Gesetzliche Grundlage

Die einsetzende Behörde darf die Wahrnehmung einer Schutzaufgabe nur dann einem Unternehmen übertragen, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht.

Art. 3 Konsultation

1 Die einsetzende Behörde, die ein Unternehmen zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben in der Schweiz einsetzt, konsultiert die Sicherheitsbeauftragte oder den Sicherheitsbeauftragten ihres Departements.

2 Die einsetzende Behörde, die ein Unternehmen zur Wahrnehmung von Schutz­aufgaben im Ausland einsetzt, konsultiert das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport.

2. Abschnitt: Anforderungen

Art. 4 Anforderungen an das Unternehmen

1 Bevor die einsetzende Behörde ein Unternehmen einsetzt, vergewissert sie sich, dass dieses folgende Voraussetzungen erfüllt:

a.
Es bietet die notwendigen Garantien hinsichtlich Rekrutierung, Ausbildung und Kontrolle seines Personals.
b.
Sein guter Ruf und sein einwandfreies Geschäftsgebaren sind nachgewiesen insbesondere durch:
1.
die Anwendung eines Verhaltenskodex;
2.
seine Felderfahrung;
3.
Referenzen; oder
4.
seine Mitgliedschaft in einem Berufsverband.
c.
Es ist zahlungsfähig.
d.
Es verfügt über ein angemessenes internes Kontrollsystem, das sicherstellt, dass sein Personal die Verhaltensstandards einhält und dass bei einem Fehlverhalten Disziplinarmassnahmen ergriffen werden.
e.
Das anwendbare Recht gestattet ihm die Ausübung einer Tätigkeit im privaten Sicherheitsbereich.
f.
Es hat eine Haftpflichtversicherung mit einer dem Risiko entsprechenden Deckungssumme abgeschlossen.

2 Die einsetzende Behörde kann ausnahmsweise ein Unternehmen zur Wahrnehmung einer Schutzaufgabe im Ausland einsetzen, das keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, wenn:

a.
ein Versicherungsabschluss für das Unternehmen mit unverhältnismässigen Kosten verbunden wäre; und
b.
das Risiko einer Haftung sowie die Höhe allfälliger Schadenersatzleistungen des Bundes als gering einzustufen sind.

3 Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Überwachung oder Bewachung mili­tärischer Anlagen durch Personen wahrgenommen wird, die nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b der Anlageschutzverordnung vom 2. Mai 19904 vertraglich damit betraut sind.

Art. 5 Ausbildung des Personals

1 Die einsetzende Behörde vergewissert sich, dass das Personal eine angemessene Ausbildung erhalten hat, die der Schutzaufgabe, die es zu erfüllen hat, entspricht und insbesondere folgende Aspekte einschliesst:

a.
Grundrechte, Persönlichkeitsschutz und Verfahrensrecht;
b.
Einsatz von körperlicher Gewalt und von Waffen für das Handeln in Notwehr oder in Notstandssituationen;
c.
Umgang mit Widerstand leistenden oder gewaltbereiten Personen;
d.
Leistung erster Hilfe;
e.
Beurteilung gesundheitlicher Risiken einer Gewaltanwendung;
f.
Korruptionsbekämpfung.

2 Wenn die Schutzaufgabe im Ausland erfüllt wird, vergewissert sich die einsetzende Behörde überdies, dass das Personal eine dem anwendbaren Völker- und Landesrecht entsprechende, angemessene Ausbildung erhalten hat.

3 Die einsetzende Behörde kann ausnahmsweise ein Unternehmen zur Wahrnehmung einer Schutzaufgabe im Ausland einsetzen, das den Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 nicht vollständig genügt, sofern am Ort der Leistungserbringung kein anderes Unternehmen diese Anforderungen erfüllt und die Schutzaufgabe nicht anders erfüllt werden kann.

4 Ein Vertrag nach Absatz 3 kann höchstens für sechs Monate abgeschlossen werden. Die einsetzende Behörde trifft Massnahmen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 und 2 möglichst rasch erfüllt. Sie hält diese Massnahmen im Vertrag fest.

Art. 6 Identifizierbarkeit

Die einsetzende Behörde stellt sicher, dass das Personal bei der Ausübung seiner Funktion identifizierbar ist.

Art. 7 Ausrüstung des Personals in der Schweiz

1 Die einsetzende Behörde legt vertraglich fest, ob das Personal im Hinblick auf Notwehr- oder Notstandssituationen bewaffnet sein muss.

2 Sie stellt sicher, dass das Personal über die erforderlichen Bewilligungen verfügt.

3 Die einschlägigen Bestimmungen zur Notwehr und zum Notstand bleiben vorbehalten.

Art. 8 Ausrüstung des Personals im Ausland

1 Das Personal tritt grundsätzlich unbewaffnet auf.

2 Erfordert es die Lage im Ausland ausnahmsweise, dass das Personal Waffen trägt, um in Notwehr- oder Notstandssituationen handeln zu können, so hält die einsetzende Behörde dies vertraglich fest.

3 Die einsetzende Behörde stellt sicher, dass das Personal über die nach dem einschlägigen Recht erforderlichen Bewilligungen verfügt.

4 Die Waffengesetzgebung, die am Ort gilt, an dem die Schutzaufgabe erbracht werden soll, bleibt vorbehalten.

Art. 9 Polizeilicher Zwang und polizeiliche Massnahmen in der Schweiz

1 Die einsetzende Behörde kann im Vertrag vorsehen, dass das Personal zur Wahrnehmung der Schutzaufgabe polizeilichen Zwang oder polizeiliche Massnahmen im Sinne des Zwangsanwendungsgesetzes vom 20. März 20085 (ZAG) anwenden kann, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht.

2 Sie stellt sicher, dass das Personal die entsprechende Ausbildung erhalten hat.

3 Die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen richtet sich nach den Bestimmungen des ZAG.

Art. 10 Polizeilicher Zwang und polizeiliche Massnahmen im Ausland

1 Kann die Schutzaufgabe nur erfüllt werden, indem polizeilicher Zwang oder polizeiliche Massnahmen im Sinne des ZAG6 angewendet werden, so kann der Bundesrat dies auch ausserhalb von Notwehr- oder Notstandssituationen gestatten, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht.

2 Der Bundesrat stellt sicher, dass das Personal die entsprechende Ausbildung erhalten hat.

3 Das am Einsatzort geltende Recht bleibt vorbehalten.

Art. 11 Inhalt des Vertrags

1 Der Vertrag mit dem Unternehmen verpflichtet dieses insbesondere zur:

a.
Erteilung von Auskünften über den Stand der Vertragserfüllung auf Ersuchen der einsetzenden Behörde;
b.
Offenlegung der Identität des eingesetzten Personals gegenüber der einsetzenden Behörde;
c.
Erstellung eines Tätigkeitsberichts zuhanden der einsetzenden Behörde;
d.
sofortigen Auswechslung von Personal, das nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt oder die Erfüllung des Vertrags beeinträchtigt;
e.
sofortigen Meldung an die einsetzende Behörde bei Umständen, welche die Erfüllung des Vertrags beeinträchtigen könnten;
f.
sofortigen Meldung an die einsetzende Behörde von Vorfällen, bei denen das Personal polizeilichen Zwang oder polizeiliche Massnahmen angewendet oder in einer Notwehr- oder Notstandssituation gehandelt hat;
g.
sofortigen Meldung an die einsetzende Behörde, dass die Anforderungen an das Unternehmen oder an die Ausbildung nicht mehr erfüllt sind;
h.
vorgängigen Einholung der schriftlichen Zustimmung der einsetzenden Behörde bei vertraglicher Weitervergabe von Schutzaufgaben.

2 Er enthält zudem:

a.
die Angaben nach den Artikeln 7–10 dieser Verordnung;
b.
eine Konventionalstrafe für den Fall seiner Nichterfüllung.
Art. 12 Mustervertrag

1 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement erstellt einen Mustervertrag für die in der Schweiz zur Ausführung gelangenden Verträge. Der Mustervertrag ist online zugänglich.

2 Das EDA erstellt einen Mustervertrag nach Artikel 15 der Verordnung vom 24. Juni 20157 über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen für die im Ausland zur Ausführung gelangenden Verträge.

Art. 138 Mitteilung

1 Die einsetzende Behörde übermittelt der oder dem Sicherheitsbeauftragten ihres Departements eine Kopie des mit dem Unternehmen abgeschlossenen Vertrags und informiert sie oder ihn über allfällige im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung in der Schweiz entstandene Probleme.

2 Die einsetzende Behörde übermittelt dem EDA und der oder dem Sicherheits­beauftragten ihres Departements eine Kopie des mit dem Unternehmen abgeschlossenen Vertrags und informiert diese über allfällige im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung im Ausland entstandene Probleme.

8 Berichtigung vom 20. Okt. 2015 (AS 2015 3975).

3. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 15 Übergangsbestimmung

Die einsetzende Behörde passt laufende Verträge, welche die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen, bis zum 1. September 2018 an.