0.142.392.681.349

 AS 2014 3489

Übersetzung1

Vereinbarung

zwischen dem Justiz- und Polizeidepartement
der Schweizerischen Eidgenossenschaft und
dem Innenministerium der französischen Republik
über praktische Modalitäten zur erleichterten Anwendung
der Dublin III-Verordnung

Abgeschlossen am 9. Oktober 2014
In Kraft getreten am 8. November 2014

(Stand am 8. November 2014)

1 Übersetzung des französischen Originaltextes.

Das Justiz- und Polizeidepartement der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und
das Innenministerium der Französischen Republik,

nachfolgend als «die Vertragsparteien» bezeichnet,

in Anbetracht des Abkommens vom 26. Oktober 20042 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (nachfolgend als «Schweiz» bezeichnet) und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (Dublin-Assoziierungsabkommen, nachfolgend als «DAA» bezeichnet), durch welches die Schweiz dem Dublin-System assoziiert wird und die Rechtsakte nach Artikel 1 Absätze 1 und 3 des genannten Abkommens anwendet;

und

in Anbetracht von Artikel 36 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 20133 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachstehend «Dublin III-Verordnung» genannt);

haben Folgendes vereinbart:

2 SR 0.142.392.68

3 ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31.

Art. 1 Gegenstand der Vereinbarung

(1)  Die vorliegende Vereinbarung regelt die praktischen Modalitäten zur erleichterten Anwendung der Dublin III-Verordnung.

(2)  Diese Vereinbarung ist im Einklang mit der Dublin III-Verordnung anzuwenden, sowie mit den Durchführungsakten zur genannten Verordnung, wie sie von der Schweiz angenommen wurden und nach Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 4 DAA Anwendung finden.

(3)  Die Vertragsparteien verwenden die in der Dublin III-Verordnung angeführten Begriffe in der dort festgelegten Bedeutung.

Art. 2 Zuständige Behörden

(1)  Folgende Behörden (nachfolgend «zuständige Behörden» genannt) sind für die Anwendung dieser Vereinbarung zuständig:

a)
Im Justiz- und Polizeidepartement der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
Bundesamt für Migration4

Dublin Office
Quellenweg 6
CH-3003 Bern-Wabern
b)
Im Innenministerium der Französischen Republik:
Direction Générale des Etrangers en France

Service de l’asile
Département de l’Asile à la Frontière et de l’Admission au Séjour    
Place Beauvau
75 800 Paris cedex 08

(2)  Nur die zuständigen Behörden sind berechtigt, Ersuchen um Auf- und Wiederaufnahme, Wiedererwägung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 20035 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (nachfolgend als «Durchführungsverordnung» bezeichnet) sowie Informationsersuchen nach Artikel 34 der Dublin III-Verordnung zu stellen.

(3)  Die Vertragsparteien tauschen anlässlich der Unterzeichnung dieser Vereinbarung die Kontaktinformationen jener Stellen aus, welche innerhalb der zuständigen Behörden mit der Anwendung dieser Vereinbarung betraut sind. Die zuständigen Behörden informieren einander zudem unverzüglich in schriftlicher Form über allfällige diesbezügliche Änderungen.

4 Heute: Staatssekretariat für Migration (SEM), Direktionsbereich Asyl, Abteilung Dublin (siehe AS 2014 4451).

5 ABl. L 222 vom 5.9.2003, S. 3.

Art. 3 Antwortfrist

(1)  Die zuständigen Behörden beantworten Ersuchen um Auf- und Wiederaufnahme, Wiedererwägung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Durchführungsverordnung sowie Informationsersuchen nach Artikel 34 der Dublin III-Verordnung in kürzest möglicher Zeit. Die Beantwortung erfolgt in der Regel bei Ersuchen um Auf- und Wiederaufnahme, Wiedererwägung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Durchführungsverordnung sowie Informationsersuchen nach Artikel 34 der Dublin III-Verordnung innerhalb von zehn Tagen (ohne Samstage und Sonntage).

(2)  In dringlichen Fällen nach Artikel 21 Absatz 2 der Dublin III-Verordnung beant­worten die zuständigen Behörden die Ersuchen innerhalb von höchstens fünf Tagen (ohne Samstage und Sonntage).

(3)  Das Vorliegen einer Zuständigkeitsfiktion gemäss Artikel 22 Absatz 7 oder 25 Absatz 2 der Dublin III-Verordnung bleibt hiervon unberührt.

Art. 4 Überstellungsort

(1)  Überstellungen von Drittstaatsangehörigen im Rahmen des Verfahrens nach der Dublin III-Verordnung und der Durchführungsverordnung werden auf dem Luftweg über jene internationalen Flughäfen, zwischen denen direkte Flugverbindungen bestehen, oder auf dem Landweg abgewickelt. Überstellungen auf dem Landweg ist  insbesondere dann der Vorzug zu geben, wenn dies für die Organisation des Vollzugs – beispielsweise aufgrund der örtlichen Gegebenheiten – zweckmässig erscheint. Die Übergabe-/Übernahmemodalitäten werden durch die zuständigen Behörden im Einzelfall vereinbart, wobei auf die Bedürfnisse beider Vertragsparteien Rücksicht zu nehmen ist.

(2)  Überstellungen auf dem Landweg werden an folgenden Grenzübergängen vorgenommen:

Auf schweizerischem Hoheitsgebiet:

Auf französischem Hoheitsgebiet:

Genf-Bardonnex

Saint-Julien-en Genevois

Basel Autobahn

Saint-Louis Autobahn

Thônex

Vallard

Vallorbe

Pontarlier

Überstellungen auf dem Luftweg werden über folgende Flughäfen vorgenommen:

Auf schweizerischem Hoheitsgebiet:

Auf französischem Hoheitsgebiet:

Genf-Cointrin

Paris-Orly

Zürich-Kloten

Paris Charles-de-Gaulle

Basel-Mulhouse

Marseille-Provence

Lyon-Saint-Exupéry

Basel-Mulhouse

Toulouse-Blagnac

Um Änderungen in Bezug auf die Organisation der Dienststellen oder die Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel Rechnung zu tragen, kann die Liste der Grenzübergänge und Flughäfen im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden geändert werden.

(3)  Die Überstellung kann im Einzelfall im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden auch an einem anderen Grenzübergang erfolgen. Die Übergabe darf grundsätzlich nur an solchen Orten durchgeführt werden, an denen entsprechende Einrichtungen für eine sichere Übergabe/Übernahme bestehen.

Art. 5 Überstellungsmodalitäten

(1)  Überstellungen auf dem Landweg sind grundsätzlich von Montag bis Donnerstag zwischen 10.00 und 16.00 Uhr durchzuführen. Allfällige Abweichungen können im Einzelfall durch die zuständigen Behörden vereinbart werden, wobei auf die Bedürfnisse der Vertragsparteien Rücksicht zu nehmen ist.

(2)  Anerkennt die ersuchte Vertragspartei ihre Zuständigkeit, einigen sich die zuständigen Behörden unverzüglich auf mögliche Überstellungstermine und Über­stellungsorte.

(3)  Die überstellende zuständige Behörde teilt das konkrete Datum, die Uhrzeit und den Ort der Überstellung mindestens drei Tage (ohne Samstage und Sonntage) vor dem geplanten Datum mit.

(4)  Die Überstellung wird durch die nach innerstaatlichem Recht zuständigen Organe der Vertragsparteien durchgeführt.

(5)  Falls die Modalitäten der Überstellung gemäss den Absätzen 1–3 dieses Artikels nicht eingehalten werden, kann die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei die Übernahme ablehnen. In diesen Fällen wird im gegenseitigen Einvernehmen ein Ersatztermin für die Überstellung bestimmt.

(6)  Beim Vorliegen einer Zuständigkeitsfiktion nach Artikel 22 Absatz 7 oder 25 Absatz 2 der Dublin III-Verordnung gelten ebenfalls die Absätze 1–5 dieses Artikels.

Art. 6 Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden

(1)  Die zuständigen Behörden kommunizieren gemäss Artikel 1 Absatz 8 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Durchführungsverordnung6 und gemäss Artikel 15 Absatz 1 Unterabsatz 2 sowie Absätze 2 und 3 der Durchführungsverordnung über das «DubliNet»-System. Es sind ausschliesslich die dafür vorgesehenen Formulare zu verwenden. Bei technischen Problemen können in Ausnahmefällen andere Kommunikationssysteme, in erster Linie Fax, verwendet werden, um eine rasche Behandlung der Gesuche zu gewährleisten. Die Vertragsparteien stellen sicher, dass sämt­liche Daten gegen unbefugten Zugriff, missbräuchliche Änderung und wider­rechtliche Bekanntgabe wirksam geschützt sind. Die Vertragsparteien sind ver­pflichtet, technische Probleme unverzüglich zu beheben und einander in schriftlicher Form über Funktionsstörungen des «DubliNet»-Systems zu unterrichten.

(2)  Die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden erfolgt in französischer oder subsidiär in englischer Sprache.

6 ABl. L 39 vom 8.2.2014, S. 1.

Art. 7 Rücksprachen

Zur Klärung der praktischen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Vereinbarung sowie der Dublin III-Verordnung und der Durchführungsverordnung kann jede Vertragspartei, handelnd durch die zuständige Behörde, ein Treffen zwischen den Experten einberufen. Zeit und Ort dieser Treffen werden im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden bestimmt.

Art. 8 Modalitäten des Inkrafttretens

(1)  Diese Vereinbarung tritt 30 Tage nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.

(2)  Die vereinbarten Änderungen dieser Vereinbarung bestimmen die Form ihres Inkrafttretens.

(3)  Bei einer Modifizierung der Dublin III-Verordnung und/oder der Durchführungsverordnung werden die Vertragsparteien diese Vereinbarung entsprechend ändern.

(4)  Diese Vereinbarung ist unbefristet und kann von jeder der beiden Vertragsparteien in schriftlicher Form zu jeder Zeit gekündigt werden. In diesem Fall tritt diese Vereinbarung am ersten Tag des dritten Monats nach Erhalt der Kündigungsnote ausser Kraft.

(5)  Diese Vereinbarung endet, wenn das DAA nicht mehr anwendbar ist oder wenn dieses gemäss Artikel 4 Absatz 7, 7 Absatz 3 oder Artikel 16 gekündigt wird.

(6)  Vor dem Abschluss dieser Vereinbarung konsultieren die zuständigen Behörden die Europäische Kommission gemäss Artikel 36 Absatz 3 der Dublin III-Verord­nung.

Gezeichnet zu Luxemburg, am 9. Oktober 2014.

Für die
Vorsteherin des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartements
der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
Der Direktor des Bundesamtes
für Migration

Für das
Innenministerium der
Französischen Republik,
Der Generaldirektor für
Ausländerinnen und Ausländer
in Frankreich

Mario Gattiker

Luc Derepas