935.91
Bundesgesetz
über das Bergführerwesen und
Anbieten weiterer Risikoaktivitäten
vom 17. Dezember 2010 (Stand am 1. Januar 2014)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 63 Absatz 1, 95 und 97 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 27. März 20092,
und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 26. August 20093,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz gilt für gewerbsmässig angebotene Risikoaktivitäten in gebirgigem oder felsigem Gelände und in Bach- oder Flussgebieten, wo:
- a.
- Absturz- oder Abrutschgefahr oder ein erhöhtes Risiko durch anschwellende Wassermassen, Stein- und Eisschlag oder Lawinen besteht; und
- b.
- zur Begehung besondere Kenntnisse oder besondere Sicherheitsvorkehren erforderlich sind.
2 Diesem Gesetz sind unterstellt:
- a.
- die Tätigkeit als Bergführer oder Bergführerin;
- b.
- die Tätigkeit als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerin ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen;
- c.
- Canyoning;
- d.
- River-Rafting und Wildwasserfahrten;
- e.
- Bungee-Jumping.
3 Der Bundesrat kann weitere vergleichbare Risikoaktivitäten diesem Gesetz unterstellen; er orientiert sich dabei an den objektiven Gefahren, mit denen bei diesen Aktivitäten zu rechnen ist.
1 Wer eine diesem Gesetz unterstellte Aktivität anbietet, muss die Massnahmen treffen, die nach der Erfahrung erforderlich, nach dem Stand der Technik möglich und nach den gegebenen Verhältnissen angemessen sind, damit Leben und Gesundheit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht gefährdet werden.
2 Er oder sie muss insbesondere:
- a.
- die Kunden und Kundinnen über die besonderen Gefahren aufklären, die mit der Ausübung der gewählten Aktivität verbunden sein können;
- b.
- überprüfen, ob die Kunden und Kundinnen über ein ausreichendes Leistungsvermögen verfügt, um die gewählte Aktivität auszuüben;
- c.
- sicherstellen, dass das Material mängelfrei ist und die Installationen in einem guten Zustand sind;
- d.
- die Eignung der Wetter- und Schneebedingungen überprüfen;
- e.
- sicherstellen, dass das Personal ausreichend qualifiziert ist;
- f.
- sicherstellen, dass entsprechend dem Schwierigkeitsgrad und der Gefahr genügend Begleiterinnen und Begleiter vorhanden sind;
- g.
- Rücksicht auf die Umwelt nehmen und namentlich die Lebensräume von Tieren und Pflanzen schonen.
Wer eine diesem Gesetz unterstellte Aktivität anbietet, braucht eine Bewilligung.
1 Bergführer und Bergführerinnen erhalten eine Bewilligung, wenn sie:
- a.
- «Bergführer mit eidgenössischem Fachausweis» oder «Bergführerin mit eidgenössischem Fachausweis» nach Artikel 43 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20024 sind oder einen gleichwertigen in- oder ausländischen Fähigkeitsausweis erworben haben; und
- b.
- Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.
2 Der Bundesrat regelt:
- a.
- die Anerkennung in- oder ausländischer Fähigkeitsausweise;
- b.
- welche Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c–e Bergführer und Bergführerinnen als Einzelpersonen anbieten dürfen.
1 Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen erhalten eine Bewilligung für das Führen von Kunden und Kundinnen ausserhalb des Verantwortungsbereichs von Betreibern von Skilift- und Seilbahnanlagen, wenn sie:
- a.
- «Schneesportlehrer mit eidgenössischem Fachausweis» oder «Schneesportlehrerin mit eidgenössischem Fachausweisnach» nach Artikel 43 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20025 sind oder einen gleichwertigen in- oder ausländischen Fähigkeitsausweis erworben haben; und
- b.
- Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.
2 Der Bundesrat regelt die Anerkennung in- oder ausländischer Fähigkeitsausweise.
1 Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c–e anbieten, erhalten eine Bewilligung, wenn sie:
- a.
- für die Durchführung der entsprechenden Aktivitäten zertifiziert sind; und
- b.
- Gewähr für die Einhaltung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.
2 Der Bundesrat regelt die Mindestanforderungen an die Zertifizierung.
1 Die kantonale Behörde am Wohnsitz oder Sitz des Bewerbers oder der Bewerberin erteilt die Bewilligung.
2 Erneuerungen von Bewilligungen erfolgen in einem vereinfachten Verfahren.
3 Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen wird erneuert, wenn diese die Voraussetzungen nach den Artikeln 4 und 5 erfüllen und eine angemessene Weiterbildung nachweisen können.
4 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen über die Erteilung und Erneuerung der Bewilligung, insbesondere auch über die Erteilung und Erneuerung von Bewilligungen an Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland.
1 Die Bewilligung einer kantonalen Behörde gilt für das ganze Gebiet der Schweiz.
2 Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen ist persönlich und nicht übertragbar.
3 Vorbehalten bleiben die Zuständigkeiten der Kantone in Bezug auf stationäre Einrichtungen für die Ausübung von Aktivitäten, die diesem Gesetz unterstellt sind.
1 Die Bewilligung für Bergführer und Bergführerinnen sowie für Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen gilt vier Jahre.
2 Die Bewilligung für Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c–e anbieten, gilt zwei Jahre.
3 Für Bewilligungen für Personen mit Aufenthalt, Wohnsitz oder Sitz im Ausland kann eine kürzere Gültigkeitsdauer vorgesehen werden.
Die kantonale Behörde entzieht die Bewilligung, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung nicht mehr erfüllt sind.
1 Die Kantone erheben für die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Bewilligung Gebühren.
2 Der Bundesrat regelt die Höhe der Gebühren.
Dritte erhalten von der kantonalen Behörde auch ohne Nachweis eines berechtigten Interesses Auskunft, ob eine Person über eine Bewilligung verfügt.
1 Wer eine Bewilligung nach diesem Gesetz hat, muss für die Ausübung der bewilligten Tätigkeiten eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit seiner Tätigkeit verbunden sind, abschliessen oder eine gleichwertige finanzielle Sicherheit erbringen sowie seine Kunden und Kundinnen darüber informieren.
2 Der Bundesrat regelt die Mindesthöhe der Versicherungssumme und die Anforderungen an gleichwertige Sicherheiten.
Die Kantone können den Zutritt zu bestimmten Gebieten verbieten, namentlich wenn dies aus Gründen des Natur- oder Gewässerschutzes geboten ist.
1 Mit Busse bis zu 10 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:
- a.
- unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben macht, um eine Bewilligung zu erhalten;
- b.
- ohne Bewilligung als Bergführer oder Bergführerin oder als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerin tätig ist oder Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c–e anbietet.
2 Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 5000 Franken.
Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.
Der Bund kann juristische Personen des Privatrechts gründen, finanziell unterstützen oder sich an solchen beteiligen. Sie müssen zum Zweck haben, die Sicherheit von diesem Gesetz unterstellten Aktivitäten durch die Einführung von Sicherheitskonzepten und Sicherheitsüberprüfungen zu verbessern.
1 Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit es nicht den Bund für zuständig erklärt.
2 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
1 Kantonale Bewilligungen für Bergführer und Bergführerinnen sowie Schneesportlehrer und Schneesportlehrerinnen, die aufgrund bisherigen kantonalen Rechts ausgestellt worden sind, bleiben bis zu ihrem Verfall gültig, längstens aber bis zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.
2 Personen, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes als Bergführer oder Bergführerinnen oder als Schneesportlehrer oder Schneesportlehrerinnen tätig sind und nicht über eine kantonale Bewilligung verfügen, haben innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten in ihrem Wohnsitzkanton ein Gesuch um Erteilung der Bewilligung einzureichen.
3 Der Bundesrat regelt, ab wann Betriebe, die Aktivitäten nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c–e anbieten und die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits tätig sind, die Anforderungen nach diesem Gesetz erfüllen müssen.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 20146