810.30
Bundesgesetz
über die Forschung am Menschen
(Humanforschungsgesetz, HFG)
vom 30. September 2011 (Stand am 1. Juli 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 118b Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 21. Oktober 20092,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz soll Würde, Persönlichkeit und Gesundheit des Menschen in der Forschung schützen.
2 Es soll zudem:
- a.
- günstige Rahmenbedingungen für die Forschung am Menschen schaffen;
- b.
- dazu beitragen, die Qualität der Forschung am Menschen sicherzustellen;
- c.
- die Transparenz der Forschung am Menschen gewährleisten.
1 Dieses Gesetz gilt für die Forschung zu Krankheiten des Menschen sowie zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers, die durchgeführt wird:
- a.
- mit Personen;
- b.
- an verstorbenen Personen;
- c.
- an Embryonen und Föten;
- d.
- mit biologischem Material;
- e.
- mit gesundheitsbezogenen Personendaten.
2 Es ist nicht anwendbar auf Forschung:
- a.
- an Embryonen in vitro nach dem Stammzellenforschungsgesetz vom 19. Dezember 20033;
- b.
- mit anonymisiertem biologischem Material;
- c.
- mit anonym erhobenen und anonymisierten gesundheitsbezogenen Daten.
Der Bundesrat kann nach Anhörung der Eidgenössischen Kommission für genetische Untersuchungen beim Menschen nach Artikel 54 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 20185 über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) die Bestimmungen des GUMG betreffend die folgenden Bereiche für die Forschung am Menschen für anwendbar erklären:
- a.
- genetische Beratung;
- b.
- Vermeidung von Überschussinformationen und Umgang mit diesen;
- c.
- genetische Untersuchungen bei urteilsunfähigen Personen;
- d.
- pränatale Untersuchungen;
- e.
- Durchführung von genetischen Untersuchungen und Umgang mit genetischen Daten bei Arbeits- und Versicherungsverhältnissen sowie in Haftpflichtfällen.
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
- a.
- Forschung: methodengeleitete Suche nach verallgemeinerbaren Erkenntnissen;
- b.
- Forschung zu Krankheiten: Forschung über Ursachen, Prävention, Diagnose, Therapie und Epidemiologie von physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Gesundheit des Menschen;
- c.
- Forschung zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers: Grundlagenforschung, insbesondere zur Anatomie, Physiologie und Genetik des menschlichen Körpers, sowie nicht auf Krankheiten bezogene Forschung zu Eingriffen und Einwirkungen auf den menschlichen Körper;
- d.
- Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen: ein Forschungsprojekt, dessen Ergebnisse eine Verbesserung der Gesundheit der teilnehmenden Personen erwarten lassen;
- e.
- biologisches Material: Körpersubstanzen, die von lebenden Personen stammen;
- f.
- gesundheitsbezogene Personendaten: Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare Person, die sich auf deren Gesundheit oder Krankheit beziehen, einschliesslich ihrer genetischen Daten;
- g.6
- genetische Daten: durch eine genetische Untersuchung gewonnene Informationen über ererbte oder während der Embryonalphase erworbene Eigenschaften;
- h.
- verschlüsseltes biologisches Material und verschlüsselte gesundheitsbezogene Personendaten: biologisches Material und Daten, die mit einer bestimmten Person über einen Schlüssel verknüpft sind;
- i.
- anonymisiertes biologisches Material und anonymisierte gesundheitsbezogene Daten: biologisches Material und gesundheitsbezogene Daten, die nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand auf eine bestimmte Person zurückgeführt werden können;
- j.
- Kind: minderjährige Person bis zur Vollendung des 14. Altersjahres;
- k.
- Jugendliche oder Jugendlicher: minderjährige Person ab der Vollendung des 14. Altersjahres;
- l.7
- …
Interesse, Gesundheit und Wohlergehen des einzelnen Menschen haben Vorrang gegenüber den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft.
Forschung am Menschen darf nur durchgeführt werden, wenn eine wissenschaftlich relevante Fragestellung gegeben ist:
- a.
- zum Verständnis von Krankheiten des Menschen;
- b.
- zum Aufbau und zur Funktion des menschlichen Körpers; oder
- c.
- zur öffentlichen Gesundheit.
1 Niemand darf im Rahmen der Forschung diskriminiert werden.
2 Ohne triftige Gründe darf insbesondere bei der Auswahl der Personen für die Forschung keine Personengruppe übermässig in die Forschung einbezogen oder von der Forschung ausgeschlossen werden.
1 Forschung am Menschen darf nur durchgeführt werden, wenn gemäss den Bestimmungen dieses Gesetzes die betroffene Person nach hinreichender Aufklärung eingewilligt oder nach entsprechender Information von ihrem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht hat.
2 Die betroffene Person kann ihre Einwilligung jederzeit ohne Begründung verweigern oder widerrufen.
1 Die betroffene Person hat das Recht, über die ihre Gesundheit betreffenden Ergebnisse informiert zu werden. Die Weitergabe der Information hat in angemessener Form zu erfolgen. Die betroffene Person kann auf diese Information verzichten.
2 Sie hat das Recht auf Auskunft über alle Personendaten, die über sie vorhanden sind.
1 Es ist verboten, für den menschlichen Körper oder dessen Teile als solche ein Entgelt oder einen anderen geldwerten Vorteil anzubieten, zu gewähren, zu fordern oder anzunehmen.
2 Es ist zudem verboten, den menschlichen Körper oder dessen Teile zu verwenden, wenn damit eine unerlaubte Handlung nach Absatz 1 stattgefunden hat.
1 Forschung am Menschen darf nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- die anerkannten Regelungen über die wissenschaftliche Integrität eingehalten werden, insbesondere bezüglich des Umgangs mit Interessenkonflikten;
- b.
- die Anforderungen an die wissenschaftliche Qualität erfüllt sind;
- c.
- die anerkannten internationalen Regeln der Guten Praxis über die Forschung am Menschen eingehalten werden; und
- d.
- die verantwortlichen Personen fachlich hinreichend qualifiziert sind.
2 Der Bundesrat regelt, welche nationalen und internationalen Regelungen einzuhalten sind.
1 Ein Forschungsprojekt mit Personen darf nur durchgeführt werden, wenn gleichwertige Erkenntnisse anders nicht gewonnen werden können.
2 Ein Forschungsprojekt mit besonders verletzbaren Personen darf nur durchgeführt werden, wenn gleichwertige Erkenntnisse anders nicht gewonnen werden können.
1 Bei jedem Forschungsprojekt müssen die Risiken und Belastungen für die teilnehmenden Personen so gering wie möglich gehalten werden.
2 Die voraussichtlichen Risiken und Belastungen für die teilnehmenden Personen dürfen nicht in einem Missverhältnis zum erwarteten Nutzen des Forschungsprojekts stehen.
In Forschungsprojekten mit einem erwarteten direkten Nutzen ist die Verwendung eines Placebos oder der Verzicht auf eine Therapie nur zulässig, wenn für die betroffene Person kein zusätzliches Risiko eines ernsten oder irreversiblen Schadens zu erwarten ist und:
- a.
- keine dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende Therapie verfügbar ist; oder
- b.
- die Verwendung eines Placebos aus zwingenden und wissenschaftlich fundierten methodischen Gründen notwendig ist, um die Wirksamkeit oder Sicherheit einer therapeutischen Methode festzustellen.
1 Niemand darf für die Teilnahme an einem Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen ein Entgelt oder einen andern geldwerten Vorteil erhalten. Die Teilnahme an einem Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen kann angemessen entgolten werden.
2 Für die Teilnahme an einem Forschungsprojekt darf von einer Person weder ein Entgelt noch ein anderer geldwerter Vorteil verlangt oder entgegengenommen werden.
1 Wer ein Forschungsprojekt durchführt, muss vor dessen Beginn alle erforderlichen Massnahmen zum Schutz der teilnehmenden Personen treffen.
2 Treten während des Forschungsprojekts Umstände auf, welche die Sicherheit oder die Gesundheit der teilnehmenden Personen beeinträchtigen können oder die zu einem Missverhältnis zwischen den Risiken und Belastungen und dem Nutzen führen, so sind unverzüglich alle erforderlichen Massnahmen zu ihrem Schutz zu treffen.
1 Eine Person darf in ein Forschungsprojekt nur einbezogen werden, wenn sie nach hinreichender Aufklärung eingewilligt hat. Die Einwilligung ist schriftlich zu erteilen; der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.
2 Die betroffene Person muss in verständlicher Form mündlich und schriftlich aufgeklärt werden über:
- a.
- Art, Zweck, Dauer und Verlauf des Forschungsprojekts;
- b.
- die voraussehbaren Risiken und Belastungen;
- c.
- den erwarteten Nutzen des Forschungsprojekts, insbesondere für sie oder für andere Personen;
- d.
- die Massnahmen zum Schutz der erhobenen Personendaten;
- e.
- ihre Rechte.
3 Bevor die betroffene Person über die Einwilligung entscheidet, muss ihr eine angemessene Bedenkfrist eingeräumt werden.
4 Der Bundesrat kann weitere Inhalte der Aufklärung festlegen.
Ist bei der Entnahme von biologischem Material oder bei der Erhebung von gesundheitsbezogenen Personendaten die Weiterverwendung für die Forschung beabsichtigt, so ist bereits im Zeitpunkt der Entnahme oder Erhebung die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen beziehungsweise diese Person über ihr Widerspruchsrecht zu informieren.
1 Ausnahmsweise darf die betroffene Person über einzelne Punkte eines Forschungsprojekts vor dessen Beginn partiell aufgeklärt werden:
- a.
- soweit dies aus methodischen Gründen zwingend ist; und
- b.
- wenn mit dem Forschungsprojekt nur minimale Risiken und Belastungen verbunden sind.
2 Die teilnehmende Person muss nachträglich so bald als möglich hinreichend aufgeklärt werden.
3 Ist sie gemäss Absatz 2 aufgeklärt worden, so kann sie in die Verwendung ihres biologischen Materials oder ihrer Daten einwilligen oder die Einwilligung verweigern. Erst wenn diese Einwilligung vorliegt, dürfen das biologische Material beziehungsweise die Daten für das Forschungsprojekt verwendet werden.
1 Wer die Durchführung eines Forschungsprojekts mit Personen veranlasst, haftet für den Schaden, den sie im Zusammenhang mit dem Projekt erleiden. Der Bundesrat kann Ausnahmen von der Haftpflicht vorsehen.
2 Die Ersatzansprüche verjähren nach Artikel 60 des Obligationenrechts9. Der Bundesrat kann für einzelne Forschungsbereiche eine längere Frist festlegen.10
3 Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Obligationenrechts über die unerlaubten Handlungen; bei der Ausübung einer amtlichen Tätigkeit gilt das Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 195811 beziehungsweise das kantonale Staatshaftungsrecht.
1 Die Haftung ist durch Versicherung oder in anderer Form angemessen sicherzustellen. Der Bund sowie seine öffentlich-rechtlichen Anstalten und Körperschaften sind von der Sicherstellungspflicht ausgenommen.
2 Der Bundesrat kann:
- a.
- die Anforderungen an die Versicherung und andere Formen der Sicherstellung festlegen;
- b.
- Forschungsbereiche oder Schadenskategorien von der Sicherstellungspflicht ausnehmen.
3 Er kann zum Schutz der geschädigten Person:
- a.
- dieser ein unmittelbares Forderungsrecht gegen die Person, welche die Haftung sicherstellt, einräumen;
- b.
- Kündigungsrechte und Einreden der Person, welche die Haftung sicherstellt, unter Gewährung angemessener Rückgriffsrechte einschränken.
1 Urteilsunfähige Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind so weit wie möglich in das Einwilligungsverfahren einzubeziehen.
2 Der Meinung von urteilsunfähigen Kindern und Jugendlichen kommt mit zunehmendem Alter und zunehmender Reife ein immer höheres Gewicht zu.
1 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen darf mit urteilsfähigen Kindern nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- das Kind nach hinreichender Aufklärung eingewilligt hat; und
- b.
- die gesetzliche Vertretung nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat.
2 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen darf mit urteilsfähigen Kindern nur durchgeführt werden, wenn es zusätzlich zu Absatz 1:
- a.
- nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist; und
- b.
- wesentliche Erkenntnisse erwarten lässt, die Personen mit derselben Krankheit oder Störung oder in demselben Zustand längerfristig einen Nutzen bringen können.
3 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen darf mit urteilsunfähigen Kindern nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- die gesetzliche Vertretung nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat; und
- b.
- das Kind die Forschungshandlung durch Äusserungen oder entsprechendes Verhalten nicht erkennbar ablehnt.
4 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen darf mit urteilsunfähigen Kindern nur durchgeführt werden, wenn die Anforderungen der Absätze 2 und 3 erfüllt sind.
1 Ein Forschungsprojekt mit oder ohne erwarteten direkten Nutzen darf mit urteilsfähigen Jugendlichen nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- die oder der Jugendliche nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat; und
- b.
- die gesetzliche Vertretung nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat, sofern das Forschungsprojekt mit mehr als minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist.
2 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen darf mit urteilsunfähigen Jugendlichen nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- die gesetzliche Vertretung nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt hat; und
- b.
- die oder der Jugendliche die Forschungshandlung durch Äusserungen oder entsprechendes Verhalten nicht erkennbar ablehnt.
3 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen darf mit urteilsunfähigen Jugendlichen nur durchgeführt werden, wenn es zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 2:
- a.
- nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist; und
- b.
- wesentliche Erkenntnisse erwarten lässt, die Personen mit derselben Krankheit oder Störung oder in demselben Zustand längerfristig einen Nutzen bringen können.
1 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen darf mit urteilsunfähigen Erwachsenen nur durchgeführt werden, wenn:
- a.
- eine von der betroffenen Person im Zustand der Urteilsfähigkeit erteilte und dokumentierte Einwilligung dies erlaubt;
- b.
- die gesetzliche Vertretung, eine bezeichnete Vertrauensperson oder die nächsten Angehörigen nach hinreichender Aufklärung schriftlich eingewilligt haben, falls keine dokumentierte Einwilligung vorliegt; und
- c.
- die betroffene Person die Forschungshandlung durch Äusserungen oder entsprechendes Verhalten nicht erkennbar ablehnt.
2 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen darf mit urteilsunfähigen Erwachsenen nur durchgeführt werden, wenn es zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1:
- a.
- nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist; und
- b.
- wesentliche Erkenntnisse erwarten lässt, die Personen mit derselben Krankheit oder Störung oder in demselben Zustand längerfristig einen Nutzen bringen können.
Forschungsprojekte, die eine Änderung von Eigenschaften des Embryos oder des Fötus ohne Bezug zu einer Krankheit zum Ziel haben, sind unzulässig.
1 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen für die schwangere Frau oder den Embryo beziehungsweise den Fötus darf nur durchgeführt werden, wenn die voraussehbaren Risiken und Belastungen sowohl für die schwangere Frau als auch für den Embryo beziehungsweise den Fötus in keinem Missverhältnis zum erwarteten Nutzen stehen.
2 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen für die schwangere Frau und für den Embryo beziehungsweise den Fötus darf durchgeführt werden, wenn es:
- a.
- nur mit minimalen Risiken und Belastungen für den Embryo beziehungsweise den Fötus verbunden ist; und
- b.
- wesentliche Erkenntnisse erwarten lässt, die schwangeren Frauen oder Embryonen beziehungsweise Föten längerfristig einen Nutzen bringen können.
1 Eine schwangere Frau darf für die Teilnahme an einem Forschungsprojekt über Methoden des Schwangerschaftsabbruchs erst angefragt werden, nachdem sie sich zum Schwangerschaftsabbruch entschlossen hat.
2 Artikel 26 ist nicht anwendbar.
1 Für ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen mit Personen im Freiheitsentzug gelten die allgemeinen Anforderungen an die Forschung mit Personen; Artikel 11 Absatz 2 ist nicht anwendbar.
2 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen mit Personen im Freiheitsentzug darf nur durchgeführt werden, wenn es nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist.
Die Teilnahme an einem Forschungsprojekt darf nicht mit Erleichterungen im Rahmen des Freiheitsentzugs verbunden sein.
1 Ein Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen darf in Notfallsituationen durchgeführt werden, wenn:
- a.
- die nötigen Vorkehrungen getroffen sind, um den Willen der betroffenen Person so bald als möglich abzuklären;
- b.
- die betroffene Person die Forschungshandlung durch Äusserungen oder entsprechendes Verhalten nicht erkennbar ablehnt; und
- c.
- eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der am Forschungsprojekt nicht beteiligt ist, vor dem Einbezug der betroffenen Person in das Projekt zur Wahrung von deren Interessen beigezogen wird; ausnahmsweise darf der Beizug später erfolgen, wenn triftige Gründe vorliegen.
2 Ein Forschungsprojekt ohne erwarteten direkten Nutzen darf in Notfallsituationen durchgeführt werden, wenn es zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1:
- a.
- nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden ist; und
- b.
- wesentliche Erkenntnisse erwarten lässt, die Personen mit derselben Krankheit oder Störung oder in demselben Zustand längerfristig einen Nutzen bringen können.
1 Sobald die betroffene Person wieder dazu in der Lage ist, ist sie hinreichend über das Forschungsprojekt aufzuklären. Sie kann anschliessend ihre Einwilligung erteilen oder verweigern.
2 Verweigert die betroffene Person die nachträgliche Einwilligung, so dürfen das biologische Material und die Daten nicht länger für das Forschungsprojekt verwendet werden.
3 Der Bundesrat regelt das Verfahren zur Einholung einer nachträglichen oder stellvertretenden Einwilligung, insbesondere beim Einbezug von Kindern, Jugendlichen und urteilsunfähigen Erwachsenen.
1 Biologisches Material und genetische Daten dürfen in unverschlüsselter Form für ein Forschungsprojekt weiterverwendet werden, wenn die betroffene Person beziehungsweise die gesetzliche Vertretung oder die nächsten Angehörigen nach hinreichender Aufklärung eingewilligt haben. Für die Einwilligung gelten die Artikel 16 und 22–24 sinngemäss.
2 Biologisches Material und genetische Daten dürfen in verschlüsselter Form zu Forschungszwecken weiterverwendet werden, wenn die betroffene Person beziehungsweise die gesetzliche Vertretung oder die nächsten Angehörigen nach hinreichender Aufklärung eingewilligt haben. Für die Einwilligung gelten die Artikel 16 und 22–24 sinngemäss.
3 Biologisches Material und genetische Daten dürfen zu Forschungszwecken anonymisiert werden, wenn die betroffene Person beziehungsweise die gesetzliche Vertretung oder die nächsten Angehörigen vorgängig informiert worden sind und der Anonymisierung nicht widersprochen haben. Für den Widerspruch gelten die Artikel 22–24 sinngemäss.
1 Nichtgenetische gesundheitsbezogene Personendaten dürfen in unverschlüsselter Form zu Forschungszwecken weiterverwendet werden, wenn die betroffene Person beziehungsweise die gesetzliche Vertretung oder die nächsten Angehörigen nach hinreichender Aufklärung eingewilligt haben. Für die Einwilligung gelten die Artikel 16 und 22–24 sinngemäss.
2 Nichtgenetische gesundheitsbezogene Personendaten dürfen in verschlüsselter Form zu Forschungszwecken weiterverwendet werden, wenn die betroffene Person beziehungsweise die gesetzliche Vertretung oder die nächsten Angehörigen vorgängig informiert worden sind und nicht widersprochen haben. Für den Widerspruch gelten die Artikel 22–24 sinngemäss.
Sind die Anforderungen an Einwilligung und Information nach den Artikeln 32 und 33 nicht erfüllt, so dürfen biologisches Material oder gesundheitsbezogene Personendaten ausnahmsweise zu Forschungszwecken weiterverwendet werden, wenn:
- a.
- es unmöglich oder unverhältnismässig schwierig ist, die Einwilligung einzuholen beziehungsweise über das Widerspruchsrecht zu informieren, oder dies der betroffenen Person nicht zugemutet werden kann;
- b.
- keine dokumentierte Ablehnung vorliegt; und
- c.
- das Interesse der Forschung gegenüber dem Interesse der betroffenen Person, über die Weiterverwendung ihres biologischen Materials und ihrer Daten zu bestimmen, überwiegt.
Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die korrekte und sichere Anonymisierung und Verschlüsselung sowie die Voraussetzungen für die Entschlüsselung.
1 Forschung an verstorbenen Personen darf durchgeführt werden, wenn diese vor ihrem Tod in die Verwendung ihres Körpers zu Forschungszwecken eingewilligt haben.
2 Liegt keine dokumentierte Einwilligung oder Ablehnung der verstorbenen Person vor, so dürfen ihr Körper oder dessen Teile zu Forschungszwecken verwendet werden, wenn die nächsten Angehörigen oder eine von der verstorbenen Person zu Lebzeiten bezeichnete Vertrauensperson einwilligen.
3 Die Einwilligung der nächsten Angehörigen oder der Vertrauensperson richtet sich nach Artikel 8 des Transplantationsgesetzes vom 8. Oktober 200412.
4 Forschung an verstorbenen Personen, deren Tod vor mehr als 70 Jahren eintrat, darf ohne Einwilligung nach Absatz 2 durchgeführt werden. Wenden sich die nächsten Angehörigen gegen diese Forschung, so darf sie nicht durchgeführt werden.
1 Ein Forschungsprojekt an verstorbenen Personen darf durchgeführt werden, wenn deren Tod festgestellt worden ist.
2 Ein Forschungsprojekt an verstorbenen Personen, die künstlich beatmet werden, darf durchgeführt werden, wenn zusätzlich zur Anforderung nach Absatz 1 gleichwertige Erkenntnisse nicht mit verstorbenen Personen gewonnen werden können, die nicht künstlich beatmet werden. Der Bundesrat kann weitere Voraussetzungen festlegen.
3 Wer ein Forschungsprojekt nach Absatz 2 durchführt, darf bei der Feststellung des Todes nicht mitgewirkt haben und gegenüber den daran beteiligten Personen nicht weisungsbefugt sein.
Werden im Rahmen einer Obduktion oder Transplantation Körpersubstanzen entnommen, so darf eine geringfügige Menge davon ohne Einwilligung zu Forschungszwecken anonymisiert werden, sofern keine dokumentierte Ablehnung der verstorbenen Person vorliegt.
1 Eine schwangere Frau darf erst angefragt werden, ob sie ihren Embryo beziehungsweise Fötus zu Forschungszwecken zur Verfügung stellt, nachdem sie sich zum Schwangerschaftsabbruch entschlossen hat. Für die Einwilligung gelten die Artikel 16 und 22–24 sinngemäss.
2 Zeitpunkt und Methode des Schwangerschaftsabbruchs müssen unabhängig vom Forschungsprojekt gewählt werden.
3 Embryonen und Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen dürfen für ein Forschungsprojekt verwendet werden, wenn der Tod festgestellt worden ist.
4 Wer ein Forschungsprojekt nach Absatz 3 durchführt, darf beim Schwangerschaftsabbruch nicht mitwirken und gegenüber den daran beteiligten Personen nicht weisungsbefugt sein.
1 Embryonen und Föten aus Spontanaborten einschliesslich Totgeburten dürfen nur mit der Einwilligung des betroffenen Paares zu Forschungszwecken verwendet werden. Für die Einwilligung gilt Artikel 16 sinngemäss.
2 Embryonen und Föten aus Spontanaborten dürfen für ein Forschungsprojekt verwendet werden, wenn der Tod festgestellt worden ist.
Biologisches Material oder gesundheitsbezogene Personendaten, die zu Forschungszwecken entnommen beziehungsweise erhoben oder weiterverwendet worden sind, dürfen zu anderen als zu Forschungszwecken nur weitergegeben werden, wenn:
- a.
- für die Weitergabe eine gesetzliche Grundlage besteht; oder
- b.
- die betroffene Person im Einzelfall nach hinreichender Aufklärung in die Weitergabe eingewilligt hat.
1 Biologisches Material oder genetische Daten dürfen zu Forschungszwecken ins Ausland ausgeführt werden, wenn die betroffene Person nach hinreichender Aufklärung eingewilligt hat. Für die Einwilligung gelten die Artikel 16 und 22–24 sowie 32 sinngemäss.
2 Nichtgenetische gesundheitsbezogene Personendaten dürfen zu Forschungszwecken ins Ausland bekanntgegeben werden, wenn die Anforderungen von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199213 über den Datenschutz erfüllt sind.
1 Wer biologisches Material oder gesundheitsbezogene Personendaten zu Forschungszwecken aufbewahrt, muss sie durch geeignete technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugten Umgang schützen sowie die betrieblichen und fachlichen Anforderungen erfüllen.
2 Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Aufbewahrung.
Die Artikel 41–43 sind sinngemäss anwendbar auf verstorbene Personen, auf Embryonen und Föten einschliesslich Totgeburten sowie deren Teile und auf in diesem Zusammenhang erhobene Daten.
1 Eine Bewilligung der zuständigen Ethikkommission ist erforderlich für:
- a.
- die Durchführung eines Forschungsprojekts; oder
- b.
- die Weiterverwendung von biologischem Material oder gesundheitsbezogenen Personendaten zu Forschungszwecken bei fehlender Einwilligung oder Information über das Widerspruchsrecht (Art. 34).
2 Die Bewilligung wird erteilt, wenn die ethischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Anforderungen dieses Gesetzes erfüllt sind. Der Entscheid muss innert zwei Monaten nach Einreichung des Gesuchs vorliegen. Der Bundesrat kann:
- a.
- kürzere, risikoadaptierte Obergrenzen für Bearbeitungsfristen festlegen;
- b.
- die Bearbeitungsfristen anpassen, wenn anerkannte internationale Regelungen das verlangen.14
3 Der Bundesrat kann Änderungen an Forschungsprojekten einer Bewilligungspflicht unterstellen. Dabei beachtet er anerkannte internationale Regelungen.
1 Der Bundesrat kann Melde- und Informationspflichten vorsehen, insbesondere bei:
- a.
- dem Abschluss oder Abbruch eines Forschungsprojekts;
- b.
- unerwünschten Ereignissen im Rahmen eines Forschungsprojekts;
- c.
- dem Auftreten von Umständen während der Durchführung eines Forschungsprojekts, die sich auf die Sicherheit oder die Gesundheit der teilnehmenden Personen auswirken können.
2 Dabei beachtet er anerkannte internationale Regelungen.
1 Zuständig ist die Ethikkommission des Kantons, in dessen Gebiet die Forschung durchgeführt wird.
2 Wird ein Forschungsprojekt nach einheitlichem Plan, aber in verschiedenen Kantonen durchgeführt (multizentrisches Forschungsprojekt), so ist eine Bewilligung derjenigen Ethikkommission erforderlich, die am Tätigkeitsort der das Projekt koordinierenden Person zuständig ist (Leitkommission).
3 Die Leitkommission holt zur Beurteilung der fachlichen und der betrieblichen Voraussetzungen in anderen Kantonen die Stellungnahme der betreffenden Ethikkommissionen ein. Sie ist an deren Stellungnahme gebunden.
4 Die Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss für die Bewilligung zum Umgang mit biologischem Material und gesundheitsbezogenen Personendaten nach Artikel 34, die nach einheitlichem Plan, aber in verschiedenen Kantonen weiterverwendet oder gesammelt werden.
1 Ist die Sicherheit oder die Gesundheit der betroffenen Personen gefährdet, so kann die Ethikkommission die erteilte Bewilligung widerrufen oder sistieren oder die Weiterführung des Forschungsprojekts von zusätzlichen Auflagen abhängig machen.
2 Die Ethikkommission kann von der Inhaberin oder dem Inhaber der Bewilligung Auskünfte und Unterlagen verlangen. Diese sind unentgeltlich zu erteilen beziehungsweise zur Verfügung zu stellen.
3 Massnahmen der zuständigen Behörden des Bundes und der Kantone bleiben vorbehalten.
4 Behörden und Ethikkommissionen informieren einander und koordinieren ihre Massnahmen.
1 Die Dokumente für die Bewilligungs- und Meldeverfahren sowie für die Berichterstattung und Aufsicht sind in das Informationssystem der Kantone nach Artikel 56a einzugeben.15
1bis Der Bundesrat regelt das Verfahren, um einen einheitlichen Vollzug und die Umsetzung nationaler und internationaler Regelungen sicherzustellen. Er kann festlegen, dass die Eingabe von Gesuchen, der Schriftenverkehr und die Eröffnung von Entscheiden auf elektronischem Weg erfolgen müssen.16
2 Er kann insbesondere für Forschungsprojekte mit biologischem Material und genetischen Daten nach Artikel 32 sowie mit nichtgenetischen gesundheitsbezogenen Personendaten nach Artikel 33 erleichterte Anforderungen an das Verfahren vorsehen.
3 Im Übrigen gilt das kantonale Verfahrensrecht.
1 Das Verfahren für Beschwerden gegen Entscheide der Ethikkommissionen richtet sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht und den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
2 Die beschwerdeführende Person kann die Rüge der Unangemessenheit nicht erheben.
1 Die Ethikkommissionen überprüfen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach dem 8. Kapitel, ob die Forschungsprojekte und deren Durchführung den ethischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen. Insbesondere überprüfen sie, ob der Schutz der betroffenen Personen gewährleistet ist.
2 Sie können die Forscherinnen und Forscher insbesondere zu ethischen Fragen beraten und auf deren Anfrage hin Stellungnahmen zu nicht diesem Gesetz unterstehenden Forschungsvorhaben abgeben, namentlich zu solchen, die im Ausland durchgeführt werden.
1 Die Ethikkommissionen üben ihre Aufgaben fachlich unabhängig aus, ohne diesbezüglich Weisungen der Aufsichtsbehörde zu unterliegen.
2 Die Mitglieder der Ethikkommissionen legen ihre Interessenbindungen offen. Jede Ethikkommission führt hierüber ein öffentlich zugängliches Verzeichnis.
3 Mitglieder, die befangen sind, treten bei der Beurteilung und beim Entscheid in den Ausstand.
1 Die Ethikkommissionen müssen so zusammengesetzt sein, dass sie über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Fachkompetenzen und Erfahrungen verfügen. Ihnen müssen angehören:
- a.
- Sachverständige verschiedener Bereiche, insbesondere der Medizin, der Ethik und des Rechts; und
- b.
- mindestens eine Person, welche die Patientinnen und Patienten vertritt.17
2 Die Ethikkommissionen können externe Fachpersonen als Gutachterinnen beziehungsweise Gutachter beiziehen.
3 Der Bundesrat erlässt weitere Vorschriften zur Zusammensetzung der Ethikkommissionen und zu den Anforderungen an deren Mitglieder. Dabei beachtet er anerkannte internationale Regelungen.
1 Jeder Kanton bezeichnet die für sein Gebiet zuständige Ethikkommission und wählt deren Mitglieder. Er nimmt die Aufsicht über die Ethikkommission wahr.
2 In jedem Kanton besteht höchstens eine Ethikkommission. Mehrere Kantone können eine gemeinsame Ethikkommission bezeichnen oder vereinbaren, dass die Ethikkommission eines Kantons auch für weitere Kantone zuständig ist.
3 Der Bundesrat kann Vorgaben über die Mindestzahl der von einer Ethikkommission jährlich zu beurteilenden Forschungsprojekte machen. Er hört die Kantone vorgängig an.
4 Jede Ethikkommission verfügt über ein wissenschaftliches Sekretariat. Organisation und Arbeitsweise sind in einem Geschäftsreglement öffentlich zugänglich.
5 Der Kanton stellt die Finanzierung der Ethikkommission sicher. Er kann die Erhebung von Gebühren vorsehen.
1 Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellt die Koordination zwischen den Ethikkommissionen sowie mit weiteren Prüfbehörden sicher. Es kann diese Aufgabe Dritten übertragen.
2 Die Ethikkommissionen erstatten dem BAG jährlich Bericht über ihre Tätigkeit, insbesondere über Art und Anzahl der beurteilten Forschungsprojekte und die Bearbeitungszeiten.
3 Das BAG veröffentlicht ein Verzeichnis der Ethikkommissionen und informiert die Öffentlichkeit regelmässig über deren Tätigkeit.
4 Es kann nach Rücksprache mit den Ethikkommissionen und weiteren betroffenen Prüfbehörden Empfehlungen zur angemessenen Harmonisierung der Verfahren und der Beurteilungspraxis erlassen.
1 Bewilligte klinische Versuche müssen in einem öffentlichen Register erfasst werden. Der Bundesrat umschreibt die klinischen Versuche näher und kann Ausnahmen von der Registrierungspflicht bezeichnen; er orientiert sich dabei an den anerkannten internationalen Regelungen.18
2 Er bezeichnet das Register, informiert über den Zugang zu diesem und legt dessen Inhalt sowie die Meldepflicht und das Meldeverfahren fest. Er beachtet dabei anerkannte internationale Regelungen und berücksichtigt nach Möglichkeit bereits bestehende Register.
3 Er kann:
- a.
- Organisationen des öffentlichen oder des privaten Rechts mit der Einrichtung und Führung des Registers betrauen;
- b.19
- vorsehen, dass die Ergebnisse registrierter Forschungsprojekte auf einer anerkannten Plattform veröffentlicht werden müssen.
1 Die Kantone führen ein gemeinsames Informationssystem für die Durchführung der Bewilligungs- und Meldeverfahren, die Übermittlung von Berichten und die Ausübung der Aufsicht bei Forschungsprojekten.
2 Das System enthält Daten, einschliesslich Personendaten über administrative oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen oder über die Gesundheit, die für die Durchführung von Bewilligungs- und Meldeverfahren und zu Berichterstattung und Aufsicht nach diesem Gesetz notwendig sind.
3 Die Kantone sorgen dafür, dass das Informationssystem mit dem Informationssystem «Medizinprodukte» des Schweizerischen Heilmittelinstituts und mit der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (Eudamed) kompatibel ist.
4 Der Bundesrat kann vorsehen, dass:
- a.
- die Daten nach Absatz 2, die klinische Versuche mit Medizinprodukten betreffen, automatisch abgeglichen werden mit dem Informationssystem «Medizinprodukte» des Schweizerischen Heilmittelinstituts oder mit Eudamed;
- b.
- die Daten nach Absatz 2, die nicht besonders schützenswert sind, unter Wahrung von Berufs- und Geschäftsgeheimnissen veröffentlicht werden.
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen unterstehen der Schweigepflicht.
Die Ethikkommissionen sowie die weiteren Vollzugsorgane sind berechtigt, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben Personendaten zu bearbeiten. Besonders schützenswerte Personendaten dürfen bearbeitet werden, soweit dies notwendig ist.
1 Sofern kein überwiegendes Privatinteresse entgegensteht, dürfen Daten bekanntgegeben werden an:
- a.
- die für den Vollzug dieses Gesetzes zuständigen Stellen von Bund und Kantonen sowie Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts, wenn die Daten für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind;
- b.
- Strafuntersuchungsbehörden, wenn es die Anzeige oder die Abwendung eines Verbrechens oder einer nach diesem Gesetz strafbaren Handlung erfordert.
2 Sofern kein überwiegendes Privatinteresse entgegensteht, dürfen Daten im Einzelfall und auf schriftliches Gesuch hin bekanntgegeben werden an:
- a.
- Zivilgerichte, wenn die Daten für die Beurteilung eines Streitfalles erforderlich sind;
- b.
- Strafgerichte und Strafuntersuchungsbehörden, wenn die Daten für die Abklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens erforderlich sind.
3 Daten, die von allgemeinem Interesse sind und sich auf die Anwendung dieses Gesetzes beziehen, dürfen veröffentlicht werden. Die betroffenen Personen dürfen dabei nicht bestimmbar sein.
4 In den übrigen Fällen dürfen Daten an Dritte wie folgt bekanntgegeben werden:
- a.
- nicht personenbezogene Daten, sofern die Bekanntgabe einem überwiegenden Interesse entspricht;
- b.
- Personendaten, sofern die betroffene Person im Einzelfall schriftlich eingewilligt hat.
5 Es dürfen nur die Daten bekanntgegeben werden, die für den in Frage stehenden Zweck erforderlich sind.
6 Der Bundesrat regelt die Modalitäten der Bekanntgabe und die Information der betroffenen Personen.
1 Vertrauliche Daten dürfen an ausländische Behörden und Institutionen sowie an internationale Organisationen nur weitergegeben werden, wenn:
- a.
- völkerrechtliche Vereinbarungen oder Beschlüsse internationaler Organisationen dies erfordern;
- b.
- dies zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leben oder Gesundheit notwendig ist; oder
- c.
- dies die Aufdeckung schwerwiegender Verstösse gegen dieses Gesetz ermöglicht.
2 Der Bundesrat regelt Zuständigkeiten und Verfahren für den Austausch von Daten mit ausländischen Behörden und Institutionen sowie mit internationalen Organisationen.
1 Das BAG sorgt für die Überprüfung der Wirksamkeit dieses Gesetzes.
2 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet dem Bundesrat Bericht über die Ergebnisse der Evaluation und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen.
1 Sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch21 vorliegt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich:
- a.
- ein Forschungsprojekt ohne Bewilligung einer Ethikkommission oder abweichend von einem bewilligten Forschungsplan durchführt (Art. 45) und dadurch die Gesundheit der teilnehmenden Personen gefährdet;
- b.
- ein Forschungsprojekt nach dem 2., 3., 5. oder 6. Kapitel durchführt, ohne dass die nach diesem Gesetz erforderliche Einwilligung vorliegt (Art. 16, 17, 18 Abs. 3, 22 Abs. 1, 3 Bst. a und 4, Art. 23, 24, 26, 28, 30, 36 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1, 40);
- c.22
- für den menschlichen Körper oder dessen Teile als solche ein Entgelt oder einen anderen geldwerten Vorteil anbietet, gewährt, fordert oder annimmt;
- cbis.23
- den menschlichen Körper oder dessen Teile verwendet, wenn damit eine strafbare Handlung nach Buchstabe c stattgefunden hat;
- d.
- ein Forschungsprojekt durchführt, das eine Änderung von Eigenschaften des Embryos oder des Fötus ohne Bezug zu einer Krankheit zum Ziel hat (Art. 25);
- e.
- Embryonen oder Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen und Spontanaborten für ein Forschungsprojekt verwendet, bevor der Tod festgestellt worden ist (Art. 39 Abs. 3, 40 Abs. 2).
2 Wird die Tat gewerbsmässig begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.24
3 Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen.
1 Mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig:
- a.
- den Tatbestand nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a erfüllt, ohne dass die Gesundheit der teilnehmenden Personen gefährdet wird;
- b.
- einer Person für die Teilnahme an einem Forschungsprojekt mit erwartetem direktem Nutzen ein Entgelt oder einen andern geldwerten Vorteil entrichtet oder von einer Person für die Teilnahme an einem Forschungsprojekt ein Entgelt oder einen andern geldwerten Vorteil verlangt oder entgegennimmt (Art. 14);
- c.
- biologisches Material oder gesundheitsbezogene Personendaten ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Einwilligung beziehungsweise Information weiterverwendet (Art. 32, 33), ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 34 und eine entsprechende Bewilligung der zuständigen Ethikkommission vorliegen;
- d.
- biologisches Material oder gesundheitsbezogene Personendaten zu anderen als Forschungszwecken ohne gesetzliche Grundlage oder ohne erforderliche Einwilligung weitergibt (Art. 41).
2 Eine Übertretung und die Strafe für eine Übertretung verjähren in fünf Jahren.
1 Die Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen sind Sache der Kantone.
2 Die Artikel 6 und 7 (Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben) sowie 15 (Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung) des Bundesgesetzes vom 22. März 197425 über das Verwaltungsstrafrecht sind anwendbar.
3 Die zuständigen Behörden teilen dem BAG sämtliche Urteile mit, die nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstaben b–cbis oder 63 Absatz 1 Buchstabe c aufgrund einer strafbaren Handlung mit dem menschlichen Körper oder dessen Teilen ergangen sind.26
1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
2 Er beachtet dabei namentlich das unterschiedliche Ausmass der Gefährdung von Würde und Persönlichkeit, das mit den einzelnen Forschungsbereichen und -vorgehen verbunden ist, insbesondere bei der Festlegung:
- a.
- der wissenschaftlichen Anforderungen (Art. 10);
- b.
- allfälliger Ausnahmen zur Haftung (Art. 19) und der Pflicht zur Sicherstellung (Art. 20);
- c.
- der Anforderungen an die Versicherung und andere Formen der Sicherstellung (Art. 20);
- d.
- der Verfahren (Art. 49).
Die Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt.
1 Bewilligungen kantonaler Ethikkommissionen für die Durchführung von Forschungsprojekten bleiben bis zum Ablauf der Bewilligungsdauer gültig.
2 Liegt für ein Forschungsprojekt, das bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits durchgeführt wird, keine Bewilligung nach Absatz 1 vor, so ist der zuständigen Ethikkommission innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Gesuch um die Erteilung einer Bewilligung nach Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe a einzureichen.
3 Bewilligungen für die Offenbarung des Berufsgeheimnisses in der medizinischen Forschung bleiben bis zum Ablauf der Bewilligungsdauer gültig. Ist die Bewilligung unbefristet, so ist der zuständigen Ethikkommission innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Gesuch um die Erteilung einer Bewilligung nach Artikel 45 Absatz 1 einzureichen.
4 Der Bundesrat regelt die Registrierung nach Artikel 56 von Forschungsprojekten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes durchgeführt werden.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 201427
(Art. 66)
Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:
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