783.1

Bundesgesetz
über die Organisation der Schweizerischen Post

(Postorganisationsgesetz, POG)

vom 17. Dezember 2010 (Stand am 1. Januar 2033)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 92 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 20. Mai 20092,

beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand

Dieses Gesetz regelt die Organisation der Schweizerischen Post (Post) und deren Umwandlung.

Art. 2 Rechtsform und Firma

1 Die Post ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft.

2 Sie wird unter der Firma «Die Schweizerische Post AG, La Poste Suisse SA, La Posta Svizzera SA, La Posta Svizra SA» in das Handelsregister eingetragen.

Art. 3 Unternehmenszweck

1 Die Post bezweckt, im In- und Ausland folgende Dienste zu erbringen:

a.
Beförderung von Postsendungen und Stückgütern in standardisierten Behältnissen sowie damit zusammenhängende Dienstleistungen;
b.
folgende Finanzdienstleistungen:
1.
Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs,
2.
Entgegennahmen von Kundengeldern,
3.
Konto- und damit zusammenhängende Dienstleistungen,
4.
Anlagen im eigenen Namen,
5.
weitere Finanzdienstleistungen im Auftrag Dritter;
c.
Dienste im regionalen Personenverkehr sowie damit zusammenhängende Dienstleistungen.

2 Sie kann alle Rechtsgeschäfte tätigen, die dem Unternehmenszweck dienen, namentlich:

a.
Grundstücke erwerben und veräussern;
b.
Gesellschaften gründen;
c.
sich an Gesellschaften beteiligen;
d.
Mittel am Geld- und Kapitalmarkt aufnehmen und anlegen.

3 Sie darf jedoch keine Kredite und Hypotheken an Dritte vergeben. …3

4 Sie kann im Rahmen der üblichen Nutzung ihrer Infrastruktur Dienstleistungen im Auftrag Dritter erbringen.

3 Zweiter Satz eingefügt durch Art. 28 Ziff. 2 des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes vom 18. Dez. 2020, in Kraft vom 19. Dez. 2020 bis zum 31. Dez. 2032 (AS 2020 5831; BBl 2020 8477 8819).

2. Abschnitt: Aktienkapital und Eignerstrategie

Art. 5 Aktienkapital

Die Höhe des Aktienkapitals sowie Art, Nennwert und Anzahl der Beteiligungs­papiere sind in den Statuten der Post festzulegen.

Art. 6 Aktionärskreis

Der Bund ist Aktionär der Post. Er muss über die kapital- und stimmenmässige Mehrheit verfügen.

Art. 7 Eignerstrategie

1 Der Bundesrat legt jeweils für vier Jahre fest, welche strategischen Ziele der Bund als Eigner der Post erreichen will.

2 Vor der Verabschiedung der strategischen Ziele konsultiert der Bundesrat die zuständigen Kommissionen der Bundesversammlung.

3 Der Verwaltungsrat sorgt für die Umsetzung der strategischen Ziele, erstattet dem Bundesrat Bericht über deren Erreichung und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung.

3. Abschnitt: Organe und Personal

Art. 8 Organe

1 Die Organe der Post sind die Generalversammlung, der Verwaltungsrat und die Revisionsstelle.

2 Kein Mitglied des Verwaltungsrates darf der Geschäftsleitung angehören.

3 Dem Personal der Post ist eine angemessene Vertretung im Verwaltungsrat zu gewähren.

Art. 9 Anstellungsverhältnisse

1 Das Personal der Post ist privatrechtlich angestellt.

2 Die Post führt mit den Personalverbänden Verhandlungen zum Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages; vorbehalten bleibt die Pflicht zur Verhandlung über einen Gesamtarbeitsvertrag nach Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe c des Postgesetzes vom 17. Dezember 20105.

3 Die Post fördert als Arbeitgeberin die Vielfalt und die Gleichstellung der Mitarbeitenden, insbesondere die Gleichstellung der Mitarbeitenden mit Behinderungen.

4 Der Bundesrat sorgt dafür, dass bei der Post und den von ihr beherrschten Unternehmen auf die Mitglieder der leitenden Organe sowie auf weiteres Personal, das in vergleichbarer Höhe entlöhnt wird, Artikel 6a Absätze 1–5 des Bundespersonal­gesetzes vom 24. März 20006 sinngemäss angewendet wird.

4. Abschnitt: Steuerpflicht

Art. 10

Die Post ist für die Besteuerung privaten Kapitalgesellschaften gleichgestellt.

5. Abschnitt: Rechtsbeziehungen und Haftung

Art. 11

1 Die Rechtsbeziehungen der Post richten sich nach den Vorschriften des Privatrechts.

2 Die Haftung der Post, ihrer Organe und ihres Personals richtet sich nach den Vorschriften des Privatrechts. Das Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 19587 findet keine Anwendung.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 13 Umwandlung der Rechtsform

1 Die selbstständige Anstalt wird in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft nach den Bestimmungen dieses Gesetzes umgewandelt. Ihre Rechtsverhältnisse werden dadurch nicht verändert.

2 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt der Umwandlung. Vor der Umwandlung konsultiert er die zuständigen Kommissionen der Bundesversammlung. Der Bundesrat fasst die für die Umwandlung notwendigen Beschlüsse, namentlich:

a.
beschliesst er die Eröffnungsbilanz der Aktiengesellschaft;
b.
wählt er den Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft, bezeichnet dessen Präsidenten oder dessen Präsidentin und beschliesst die ersten Statuten;
c.
bestimmt er die Revisionsstelle.

3 Er genehmigt mit dem Beschluss über die Eröffnungsbilanz die letzte Rechnung und den letzten Geschäftsbericht der Anstalt; deren Verwaltungsrat stellt entsprechend Antrag.

4 Er kann mit dem Beschluss über die Eröffnungsbilanz das Dotationskapital der Anstalt in Eigenkapital der Aktiengesellschaft umwandeln, um eine angemessene Eigenkapitalquote zu erreichen. Die Staatsrechnung des Bundes und die Bilanz der Post werden entsprechend angepasst.

5 Der Verwaltungsrat der Anstalt bereitet die Umwandlung der Rechtsform sowie die Ausgliederung von PostFinance und die Vermögensübertragung auf PostFinance vor. Auf den Zeitpunkt der Umwandlung erlässt der Verwaltungsrat der Aktien­gesellschaft das Organisationsreglement und nimmt seine weiteren Aufgaben nach dem Obligationenrecht8 und den Statuten wahr.

6 Die Aktiengesellschaft führt als Arbeitgeberin die bestehenden Anstellungsverhältnisse weiter. Die öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisse des Personals werden auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines neuen Gesamtarbeitsvertrages, spätestens jedoch zwei Jahre nach der Umwandlung der Rechtsform, in privatrechtliche Anstellungsverhältnisse umgewandelt.

7 Eintragungen in das Grundbuch, in das Handelsregister sowie in andere öffentliche Register im Zusammenhang mit der Umwandlung sind steuer- und gebührenfrei.

8 Auf die Umwandlung der Anstalt in die Aktiengesellschaft sind die Bestimmungen des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 20039 nicht anwendbar.

Art. 14 Ausgliederung der PostFinance

1 Der Konzernbereich der Schweizerischen Post AG, welcher Dienstleistungen im Zahlungsverkehr nach der Postgesetzgebung erbringt, wird in die privatrechtliche Aktiengesellschaft PostFinance AG ausgegliedert.

2 Die Schweizerische Post AG ist Aktionärin der PostFinance AG. Sie muss über die kapital- und stimmenmässige Mehrheit verfügen.

3 Bestehende Vertragsverhältnisse, die sich auf die Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs beziehen, gehen auf den Zeitpunkt der Ausgliederung auf die PostFinance AG über.

4 Die PostFinance AG führt als Arbeitgeberin die bestehenden Anstellungsverhältnisse weiter. Die öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisse werden auf den Zeitpunkt der Ausgliederung der PostFinance, spätestens jedoch nach zwei Jahren, in privatrechtliche Anstellungsverhältnisse umgewandelt.

5 Eintragungen in das Grundbuch, in das Handelsregister sowie andere öffentliche Register im Zusammenhang mit der Ausgliederung und der Vermögensübertragung sind steuer- und gebührenfrei.

6 Auf die Ausgliederung der PostFinance und die Vermögensübertragung sind die Bestimmungen des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200310 sinngemäss anwendbar; der Bundesrat kann einzelne Bestimmungen als nicht anwendbar erklären.

7 Die Ausgliederung bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Art. 15 Übergangsbestimmungen

1 Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation kann:

a.
Zuweisungen von Grundstücken und dinglichen Rechten gestützt auf Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe b des Postorganisationsgesetzes vom 30. April 199711 bis zum Ende des Jahres 2013 bereinigen;
b.
Registereintragungen, welche gestützt auf Artikel 13 Absatz 7 sowie Artikel 14 Absatz 5 erfolgen, noch während fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes mittels Verfügung steuer- und gebührenfrei bereinigen.

2 Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängig gemachte Personal­beschwerden sind nach bisherigem Recht zu beurteilen.

3 Reichen die eigenen Mittel der PostFinance AG und der Schweizerischen Post AG nicht aus, haftet der Bund:

a.
für die Kundeneinlagen bis 100 000 Franken je Gläubigerin oder Gläubiger während fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes;
b.
für die nach Ablauf der fünfjährigen Frist noch ausstehenden Anleihen bis zu deren Endfälligkeit;
c.
für alle übrigen Verpflichtungen bis zu deren Endfälligkeit oder während der Kündigungsfrist, aber nicht länger als fünf Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.

4 Der Schweizerischen Post AG sowie der PostFinance AG ist es gestattet, während drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die bei Eintritt in die Steuerpflicht vorhandenen stillen Reserven steuerneutral aufzuwerten.

Art. 17 Referendum und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Es tritt zusammen mit dem Postgesetz vom 17. Dezember 201012 in Kraft. Der Bundesrat kann einzelne, für die Umwandlung notwendige Bestimmungen vorzeitig in Kraft setzen.

Datum des Inkrafttretens: 1. Oktober 201213

12 SR 783.0

13 BRB vom 29. Aug. 2012

Anhang

(Art. 16)

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

I

Das Bundesgesetz vom 30. April 199714 über die Organisation der Postunternehmung des Bundes wird aufgehoben.

II

Die nachstehenden Gesetze werden wie folgt geändert:

15

14 [AS 1997 2465; 2000 2355 Anhang Ziff. 22; 2001 707 Art. 31. Ziff. 3; 2003 3385; 2007 4703]

15 Die Änderungen können unter AS 2012 5043 konsultiert werden.