0.974.247.5

 AS 2011 625

Übersetzung1

Abkommen
zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Kosovo über technische und finanzielle Zusammenarbeit sowie humanitäre Hilfe

Abgeschlossen am 6. Oktober 2010

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 16. Dezember 2010

(Stand am 16. Dezember 2010)

1 Übersetzung des englischen Originaltextes.

Der Schweizerische Bundesrat
(im Folgenden die «Schweiz» genannt)
und
die Regierung der Republik Kosovo
(im Folgenden «Kosovo» genannt)

im Folgenden die «Vertragsparteien» genannt,

Bezug nehmend auf die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den zwei Ländern;

vom Wunsch geleitet, diese Freundschaftsbande enger zu knüpfen und eine fruchtbare technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit zwischen den zwei Ländern aufzubauen;

in der Absicht, einen rechtlichen Rahmen für die bestehende und zukünftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu errichten;

in Anerkennung der fruchtbaren Zusammenarbeit im Rahmen des «Umbrella Memorandum of Understanding» zwischen der Regierung der Schweiz und der UNO-Interimsverwaltungsmission in Kosovo (im Folgenden «UNMIK» genannt);

in Anerkennung der Tatsache, dass der Aufbau dieser technischen und finanziellen Zusammenarbeit sowie der humanitären Hilfe zu einer Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen und zur Förderung der politischen, wirtschaft­lichen und sozialen Reformen in Kosovo beitragen wird;

im Bewusstsein, dass sich die Regierung Kosovos verpflichtet hat, die Reformen mit dem Ziel der Einführung einer gut funktionierenden Marktwirtschaft und demokratischen Bedingungen fortzusetzen;

in Beteuerung ihrer Verpflichtungen hinsichtlich einer pluralistischen Demokratie, die auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und der Anerkennung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten beruht;

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Grundlagen der Zusammenarbeit

Die Anerkennung der Rechtsstaatlichkeit, der demokratischen Grundsätze, der Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind, bildet die Grundlage der Innen- und Aussenpolitik der beiden Vertragsparteien und stellt einen wesentlichen Bestandteil des Abkommens dar, der mit den Zielen desselben gleichzusetzen ist.

Art. 2 Ziele

2.1  Die Vertragsparteien unterstützen im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung die Durchführung von Projekten der technischen und finanziellen Zusammenarbeit in Kosovo. Mit diesen Projekten sollen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen in Kosovo unterstützt und die durch die Anpassungen bedingten wirtschaftlichen und sozialen Kosten eingedämmt werden. Die Projekte sollen auch dazu beitragen, die Not der ärmsten Bevölkerungsgruppen Kosovos zu lindern und die Grundlagen für eine wirtschaftliche Entwicklung aufzubauen.

2.2  Das Abkommen soll ebenfalls ein Regelwerk und Vorgehensweisen für die Planung und Umsetzung dieser Projekte festlegen.

2.3  Das Abkommen soll zudem Einsätze der Humanitären Hilfe der Schweiz in Kosovo ermöglichen, wenn Kosovo darum ersucht.

Art. 3 Formen der Zusammenarbeit

Formen

3.1  Die Zusammenarbeit kann in Form von technischer und finanzieller Zusammenarbeit sowie in Form von humanitärer Hilfe erfolgen.

3.2  Die Zusammenarbeit kann bilateral oder gemeinsam mit anderen Gebern oder multilateralen Organisationen erfolgen.

Technische Zusammenarbeit

3.3  Die technische Zusammenarbeit erfolgt in Form von Wissenstransfer, sei dies durch Ausbildung, Beratung oder andere Dienstleistungen sowie durch die Bereitstellung der für die erfolgreiche Projektdurchführung erforderlichen Ausrüstung und des nötigen Materials.

3.4  Die Projekte der technischen Zusammenarbeit, die in Kosovo durchgeführt werden, sollen zur Lösung ausgewählter Probleme in Zusammenhang mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Transformationsprozessen beitragen. Besonderes Gewicht erhalten folgende Bereiche:

Beitrag zur Durchsetzung der demokratischen Grundsätze, wobei der Verbesserung von Dienstleistungen und einer stärkeren Beteiligung der Zivilgesellschaft besondere Aufmerksamkeit zukommt;
Beitrag an den Aufbau eines florierenden Privatsektors;
Beitrag an den Aufbau nachhaltiger Infrastrukturen;
Beitrag an ein ausreichendes und qualitativ gutes Angebot an Sozialleistungen;
Förderung des wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs;
Handels- und Investitionsförderung.

Finanzielle Zusammenarbeit

3.5  Die finanzielle Zusammenarbeit wird Kosovo auf einer nicht rückzahlbaren Basis gewährt; sie dient der Finanzierung von Schweizer Produkten, Ausrüstungen und Material für Schwerpunktprojekte sowie für damit zusammenhängende Dienstleistungen und den Wissenstransfer, die für die erfolgreiche Projektumsetzung erforderlich sind.

3.6  Die finanzielle Zusammenarbeit wird für Schwerpunktprojekte im Bereich Infrastruktur gewährt, deren kommerzielle Rentabilität nicht gewährleistet ist. Bevorzugt werden Projekte im Wasser- und Energiesektor.

Humanitäre Hilfe

3.7  Die Einsätze der humanitären Hilfe in Kosovo, einschliesslich Nothilfe, werden von der Schweiz in Form von Gütern, Dienstleistungen, finanziellen Beiträgen oder durch die Entsendung von Fachleuten geleistet.

3.8  Die Projekte der humanitären Hilfe richten sich an die ärmsten Bevölkerungsgruppen Kosovos und tragen gleichzeitig zu kapazitätsbildenden Massnahmen von lokalen und nationalen humanitären Organisationen bei.

3.9  Die nicht rückzahlbaren Beiträge an Einsätze der humanitären Hilfe werden je nach Fall gewährt und richten sich nach den international anerkannten dringlichen Bedürfnissen der von Naturkatastrophen oder durch Menschen verursachten Katastrophen betroffenen Bevölkerung.

Art. 4 Geltungsbereich

4.1  Die Bestimmungen dieses Abkommens gelten für:

a)
Projekte, die von beiden Vertragsparteien gemeinsam vereinbart wurden;
b)
Projekte mit Körperschaften, Institutionen, Organisationen, Partnerschaften, Einrichtungen oder anderen öffentlich- oder privatrechtlichen Rechtssubjekten der beiden Länder, für die die beiden Vertragsparteien oder ihre bevollmächtigten Vertreter die Anwendung der Bestimmungen des Artikels 5 dieses Abkommens mutatis mutandis vereinbart haben;
c)
nationale Aktivitäten, die sich aus regionalen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit ergeben, die von der Schweiz mitfinanziert werden oder aus Projekten von multilateralen Institutionen, die von der Schweiz mitfinanziert werden, vorausgesetzt, es besteht ein ausdrücklicher Hinweis auf dieses Abkommen.

4.2  Das Abkommen gilt auch für laufende Projekte und Projekte in Vorbereitung, die im Rahmen des «Umbrella Memorandum of Understanding» vom 23. September 2000 zwischen der Regierung der Schweiz und UNMIK gegenseitig beschlossen wurden. Im Fall von Unstimmigkeiten zwischen diesen Projektabkommen und dem vorliegenden Abkommen hat letzteres Vorrang.

Art. 5 Verpflichtungen

5.1  Um die Durchführung aller im Rahmen dieses Abkommens vereinbarten Projekte zu ermöglichen, befreit Kosovo die von der Schweiz unentgeltlich bereitgestellten Ausrüstungen, Dienstleistungen, Fahrzeuge und Güter sowie Ausrüstungen, die vorübergehend für die im Rahmen dieses Abkommens durchgeführten Projekte eingeführt werden, von jeglichen Steuern, Mehrwertsteuer, Zollgebühren, Gebühren und anderen obligatorischen Abgaben und erteilt unter den gleichen Bedingungen die erforderlichen Bewilligungen für die Wiederausfuhr.

5.2  Kosovo erteilt unentgeltlich die erforderlichen Bewilligungen für die Ein- und Ausfuhr von Ausrüstungen, die für die Projektdurchführung notwendig sind.

5.3  Kosovo gewährt den ausländischen Fachleuten und Mitarbeitenden, die in Projekten im Rahmen dieses Abkommens verpflichtet sind, sowie ihren Familien eine Befreiung von jeglichen Einkommens- und Vermögenssteuern sowie von jeglichen Steuern, Zollgebühren, Gebühren und anderen obligatorischen Abgaben auf ihren persönlichen Gütern. Sie sind berechtigt, ihre persönlichen Güter (Hausrat, Auto sowie persönliche und berufliche Ausrüstungen) gebührenfrei ein- und nach Beendigung des Auftrags wieder auszuführen. Kosovo gewährt den ausländischen Fachleuten, dem Personal und ihren Familien kostenlos die notwendigen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen.

5.4  Kosovo gewährt dem Schweizer Kooperationsbüro und seinen Vertreterinnen und Vertretern, insofern diese nicht kosovarische Staatsangehörige sind, die im Wiener Übereinkommen vom 18. April 19612 über diplomatische Beziehungen gewährten Privilegien und Immunitäten.

5.5  Kosovo ist zuständig für die Sicherheit der Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz, der ausländischen Fachleute und Mitarbeitenden sowie deren Familien und gewährt ihnen eine erleichterte Rückführung.

5.6  Kosovo erteilt unentgeltlich und ohne Verzögerung die Einreisevisa für die unter Artikel 5.4 und 5.5 erwähnten Personenkategorien.

5.7  Kosovo unterstützt die ausländischen Fachleute und Mitarbeitenden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und stellt ihnen alle erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung.

5.8  Kosovo erleichtert die Abwicklung von internationalen Transfers mit ausländischen Devisen, die im Rahmen der Projekte und durch ausländische Fachleute getätigt werden.

5.9  Unbeschadet des Völkerrechts respektieren die Vertreterinnen und Vertreter des Schweizer Kooperationsbüros, die ausländischen Fachleute und Mitarbeitenden, die für die Durchführung von Projekten im Rahmen dieses Abkommens nach Kosovo entsandt wurden, sowie deren Familien das Landesrecht und die Bestimmungen Kosovos und mischen sich nicht in interne Angelegenheiten des Landes ein.

Art. 6 Antikorruptionsklausel

Die zwei Vertragspartner sind sich einig darüber, dass die Korruption bekämpft werden muss, die eine gute Regierungsführung erschwert, eine geeignete Verwendung der für die Entwicklung notwendigen Ressourcen verhindert und darüber hinaus einen fairen und transparenten, auf Qualität und Preis basierenden Wettbewerb gefährdet. Darum erklären sie ihre Absicht, mit gemeinsamen Anstrengungen die Korruption zu bekämpfen, und insbesondere erklären sie, dass sie nicht irgendjemandem direkt oder indirekt im Hinblick auf den Abschluss oder die Durchführung des vorliegenden Abkommens irgendwelche Angebote, Geschenke, Zahlungen, Entschädigungen oder Vorteile, die als rechtswidrige oder korrupte Handlungen bezeichnet werden, haben oder werden zukommen lassen. Jegliche Handlung dieser Art ist hinreichend Grund, die Beendigung des vorliegenden Abkommens, das Einstellen von öffentlichen Ausschreibungen und den daraus resultierenden Zuschlägen oder das Ergreifen anderer korrigierender Massnahmen, die im anwendbaren Recht vorgesehen sind, zu rechtfertigen.

Art. 7 Zuständige Behörden, Koordination und Verfahren

7.1  Die für die Durchführung der technischen und finanziellen Zusammenarbeit zuständigen schweizerischen Behörden sind:

1)
die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten; und
2)
das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.

Beide Institutionen – die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) sowie das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) – werden in Kosovo durch das schweizerische Koordinationsbüro in Pristina vertreten.

7.2  Im Bereich der humanitären Hilfe wird die Schweiz durch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten vertreten.

7.3  Die für die Durchführung der technischen und finanziellen Zusammenarbeit zuständigen kosovarischen Behörden sind:

1)
das Wirtschafts- und Finanzministerium;
2)
das Departement für wirtschaftliche Angelegenheiten und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.

Auf kosovarischer Seite wird die Gesamtkoordination für die Umsetzung des vorliegenden Abkommens durch das Ministerium für Europäische Integration sichergestellt.

7.4  Gesuche der Regierung Kosovos werden vom schweizerischen Kooperations­büro in Pristina an die zuständigen Stellen in der Schweiz weitergeleitet. Das Büro stellt ebenfalls die Verbindung zwischen den kosovarischen und schweizerischen Behörden her in Bezug auf Projektumsetzung und -monitoring.

7.5  Auf der Grundlage des vorliegenden Abkommens wird jedes Projekt Gegen­stand eines Sonderabkommens zwischen den Projektpartnern; darin werden die Rechte und Pflichten jedes Projektpartners festgehalten und definiert.

7.6  Zur Vermeidung von Wiederholungen und Überschneidungen mit Projekten, die von anderen Gebern durchgeführt werden, sowie zur Sicherstellung der grösstmöglichen Wirksamkeit der Projekte werden die zwei Vertragsparteien alle Mittel bereitstellen und alle Informationen austauschen, die für eine wirksame Koordination erforderlich sind.

7.7  Die Vertragsparteien verpflichten sich zur gegenseitigen und ausführlichen Information über die im Rahmen dieses Abkommens durchgeführten Projekte. Sie tauschen Meinungen aus und treffen sich regelmässig nach gemeinsamer Vereinbarung mit dem Ziel, die Programme der technischen und finanziellen Zusammenarbeit zu diskutieren und zu evaluieren sowie angemessene Verbesserungsmassnahmen einzuleiten. Bei dieser Gelegenheit können die beiden Vertragsparteien in den oben erwähnten Bereichen und/oder Verfahren der Zusammenarbeit Änderungen einbringen, die sich aus den Evaluationsergebnissen ergeben.

Art. 8 Schlussbestimmungen

8.1  Das Abkommen tritt in Kraft, wenn sich beide Vertragsparteien darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass die für das Inkrafttreten des Abkommens erforderlichen nationalen Verfahrensschritte abgeschlossen sind.

8.2  Das Abkommen kann jederzeit von einer der beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten schriftlich gekündigt werden.

8.3  Im Fall einer Kündigung des vorliegenden Abkommens haben die darin enthaltenden Bestimmungen weiterhin für all jene Projekte Gültigkeit, die vor der Kündigung vereinbart worden sind.

8.4  Das vorliegende Abkommen kann nur schriftlich und in gegenseitigem Einverständnis der beiden Vertragsparteien geändert oder ergänzt werden. Änderungen oder Ergänzungen sind in einem separaten Protokoll festzuhalten und nach dem unter Artikel 8.1 festgelegten Vorgehen in Kraft zu setzen.

8.5  Jegliche Streitigkeiten, die aus dem vorliegenden Abkommen erwachsen, werden auf diplomatischem Weg beigelegt.

8.6  Die Schweiz wird das «Umbrella Memorandum of Understanding» vom 23. September 2000 zwischen der Regierung der Schweiz und UNMIK kündigen.

Ausgefertigt in Pristina am 6. Oktober 2010 in zwei Originalen in je albanischer und serbischer Sprache (Lokalsprachen), in Englisch sowie in deutscher Sprache (Schweizer Amtssprache), wobei alle Versionen in gleicher Weise massgebend sind. Im Fall gegensätzlicher Auslegung gelangt die englische Version zur Anwendung.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Lukas Beglinger

Für die
Regierung der Republik Kosovo:

Skender Hyseni