0.974.12

 AS 2011 3839

Übersetzung1

Übereinkommen von Tampere
über die Bereitstellung von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfseinsätze

Abgeschlossen in Tampere (Finnland) am 18. Juni 1998

Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 24. April 2002

Für die Schweiz in Kraft getreten am 8. Januar 2005

(Stand am 18. August 2016)

1 Übersetzung des französischen Originaltextes.

Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens

in der Erkenntnis, dass das Ausmass, die Komplexität, die Häufigkeit und die Aus­wirkungen von Katastrophen dramatisch zunehmen und besonders schwerwiegende Auswirkungen auf die Entwicklungsländer haben,

in Erinnerung rufend, dass humanitäre Hilfsorganisationen flexible und zuverlässige Telekommunikationsmittel benötigen, um ihre lebenswichtigen Aufgaben zu erfül­len,

ferner in Erinnerung rufend, dass Telekommunikationsmittel eine grundlegende Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit der Mitarbeiter von humanitären Hilfs­organisationen spielen,

ferner in Erinnerung rufend, dass der Rundfunk eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von präzisen Informationen an die betroffene Bevölkerung spielt,

in der Überzeugung, dass der gezielte und frühzeitige Einsatz von Telekommunika­tionsmitteln und die schnelle und effiziente Verbreitung von präzisen und wahr­heitsgemässen Informationen unentbehrlich sind, um die Zahl von Todesopfern sowie menschliches Leid und Schäden an Gütern und Umwelt aufgrund von Kata­strophen zu verringern,

besorgt über die Auswirkungen von Katastrophen auf Telekommunikationseinrich­tungen und die Verbreitung von Informationen,

im Bewusstsein, dass die am wenigsten entwickelten, katastrophengefährdeten Länder besondere technische Unterstützung bei der Bereitstellung von Telekommu­nikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfseinsätze brauchen,

in Bekräftigung des absoluten Vorrangs, der der Notfallkommunikation in mehr als fünfzig internationalen Rechtsinstrumenten, einschliesslich der Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), eingeräumt wird,

in Anbetracht der Geschichte der internationalen Zusammenarbeit und Koordination von Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe, einschliesslich der Tatsache, dass der frühzeitige Einsatz von Telekommunikationsmitteln zur Rettung von Leben beitragen kann,

ferner in Anbetracht der Protokolle der Internationalen Konferenz über Kommuni­kation bei Katastrophen (Genf, 1990), die sich mit der Bedeutung von Telekommu­nikationssystemen bei der Katastrophenhilfe beschäftigen,

ferner in Anbetracht der eindringlichen Forderung nach zuverlässigen Telekommu­nikationssystemen für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfseinsätze, die in der Erklärung über Kommunikation bei Katastrophen (Tampere, 1991) erhoben wird, und der Forderung nach einem internationalen Übereinkommen über Kommunika­tion bei Katastrophen, das den Einsatz solcher Systeme erleichtert,

ferner in Anbetracht der Resolution 44/236 der UNO-Generalversammlung, die 1990 bis 2000 zur Internationalen Dekade für Katastrophenvorbeugung erklärt, und der Resolution 46/182, die eine bessere internationale Koordination von humanitä­ren Hilfseinsätzen fordert,

ferner in Anbetracht der bedeutenden Rolle, die den Telekommunikationsmitteln in der Yokohama-Strategie und dem Aktionsplan für eine sicherere Welt eingeräumt wird, die an der Weltkonferenz für Katastrophenvorbeugung (Yokohama, 1994) verabschiedet wurden,

ferner in Anbetracht der Resolution 7 der Weltkonferenz für die Entwicklung des Fernmeldewesens (Buenos Aires, 1994), bestätigt durch die Resolution 36 der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) (Kyoto, 1994), in der die Regierungen dazu aufgerufen werden, alle geeigne­ten praktischen Massnahmen zur Erleichterung des raschen Einsatzes und der effek­tiven Nutzung von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katast­rophenhilfseinsätze zu ergreifen, indem rechtliche Hindernisse abgebaut oder, wenn möglich, beseitigt werden und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten verstärkt wird,

ferner in Anbetracht der Resolution 644 der Weltweiten Funkkonferenz (Genf, 1997), in der die Regierungen dazu aufgerufen werden, die Annahme dieses Über­einkommens und seine nationale Umsetzung voll zu unterstützen,

ferner in Anbetracht der Resolution 19 der Weltkonferenz für die Entwicklung des Fernmeldewesens (Valletta, 1998), in der die Regierungen dazu aufgerufen werden, die Prüfung dieses Übereinkommens fortzusetzen und dessen Unterstützung in Erwägung zu ziehen,

ferner in Anbetracht der Resolution 51/194 der UNO-Generalversammlung, in der zur Erarbeitung eines transparenten und schnellen Verfahrens zum Aufbau eines wirksamen Koordinationssystems für Hilfsoperationen und zur Entwicklung des weltweiten Informationssystems «ReliefWeb» zur raschen Verbreitung von zuver­lässigen Informationen über Notsituationen und Naturkatastrophen aufgerufen wird,

unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Fernmeldeverbindungen für Notsituationen, die die herausragende Rolle der Telekommunikation bei Kata­strophenschutz und Katastrophenhilfe hervorhebt,

unterstützt durch die Bemühungen vieler Staaten, Institutionen der Vereinten Natio­nen, staatlicher, nichtstaatlicher und zwischenstaatlicher Organisationen, humanitä­rer Organisationen, Anbieter von Einrichtungen und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, Medien, Universitäten und Organisationen, die im Bereich der Telekommunikation und des Katastrophenschutzes tätig sind, die Telekommuni­kation bei Katastrophen zu verbessern und zu erleichtern,

im Wunsch, Telekommunikationsmittel für Katastrophenschutz und Katastrophen­hilfseinsätze zuverlässig und rasch verfügbar zu machen,

ferner im Wunsch, die internationale Zusammenarbeit zur Verringerung der Aus­wirkungen von Katastrophen zu erleichtern,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Begriffsbestimmungen

Die unten aufgeführten Begriffe haben bei der Anwendung dieses Übereinkommens die folgende Bedeutung, sofern sich aus dem Zusammenhang, in dem sie verwendet werden, nichts anderes ergibt:

1.
«Vertragsstaat»: ein Staat, der sich bereit erklärt, durch dieses Übereinkom­men gebunden zu sein;
2.
«Unterstützender Vertragsstaat»: ein Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Über­einkommen leistet;
3.
«Ersuchender Vertragsstaat»: ein Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Übereinkommen ersucht;
4.
«Dieses Übereinkommen»: das Übereinkommen von Tampere über die Bereitstellung von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfseinsätze;
5
«Der Depositar»: der in Artikel 16 definierte Depositar dieses Übereinkom­mens;
6.
«Katastrophe»: eine ernsthafte Störung des Funktionierens der Gesellschaft, die eine erhebliche, grossräumige Bedrohung für menschliches Leben, die Gesundheit, für Güter oder für die Umwelt darstellt, unabhängig davon, ob sie auf einen Unfall, ein Naturereignis oder menschliches Handeln zurück­zu­führen ist und ob sie plötzlich eingetreten oder das Ergebnis eines komple­xen, langfristigen Prozesses ist;
7.
«Katastrophenschutz»: Massnahmen, die dazu bestimmt sind, Katastrophen zu verhindern, vorherzusagen, sich auf sie vorzubereiten, auf sie zu reagie­ren, sie zu überwachen und ihre Auswirkungen zu lindern;
8.
«Gefahr für die Gesundheit»: ein plötzlicher Ausbruch einer ansteckenden Krankheit, wie einer Epidemie oder Pandemie, oder ein anderer Umstand, der eine bedeutende Bedrohung für Leben und Gesundheit von Menschen darstellt und eine Katastrophe auslösen könnte;
9.
«Naturgefahr»: ein Ereignis oder ein Prozess, der eine Katastrophe auslösen könnte, wie beispielsweise Erdbeben, Feuer, Überschwemmung, Wind, Erd­rutsch, Lawine, Zyklon, Tsunami, Insektenplage, Dürre oder Vulkanaus­bruch;
10.
«Nichtregierungsorganisation»: jede Organisation, die nicht ein Staat oder eine staatliche oder zwischenstaatliche Organisation ist, einschliesslich pri­vater Organisationen und Unternehmen, die sich mit Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe und/oder mit der Bereitstellung von Telekommunika­ti­onsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe befassen;
11.
«Nichtstaatliche Organisation»: jede Organisation, die nicht ein Staat ist, einschliesslich der Nichtregierungsorganisationen und der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, die sich mit Katastrophenschutz und Katastrophen­hilfe und/oder mit der Bereitstellung von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe befassen;
12.
«Katastrophenhilfseinsätze»: Aktivitäten, die dazu bestimmt sind, bei Katastrophen die Zahl der Todesopfer, menschliches Leid und die Schädi­gung von Gütern und/oder der Umwelt zu verringern;
13.
«Unterstützung im Bereich der Telekommunikation»: die Bereitstellung von Telekommunikationsmitteln oder anderen Mitteln und weitere Unterstüt­zung, die den Einsatz von Telekommunikationsmitteln erleichtern soll;
14.
«Telekommunikationsmittel»: Personal, Einrichtungen, Material, Informa­tionen, Schulung, Funkfrequenzbänder, Netz- oder Übermittlungskapazi­tä­ten oder andere Mittel, die für die Telekommunikation notwendig sind;
15.
«Telekommunikation»: jede Übermittlung oder Ausstrahlung und jeder Emp­fang von Zeichen, Signalen, Schrift, Bildern, Tönen oder Nachrichten jeder Art über Kabel, Funk, Glasfasern oder andere elektromagnetische Systeme.
Art. 2 Koordination

1.  Nothilfekoordinator im Rahmen dieses Übereinkommens ist der Nothilfekoordi­nator der Vereinten Nationen. Er übernimmt die Aufgaben des Nothilfekoordinators gemäss Artikel 3, 4, 6, 7, 8 und 9.

2.  Der Nothilfekoordinator bemüht sich um die Zusammenarbeit mit anderen ein­schlägigen Organisationen der Vereinten Nationen, insbesondere mit der Internatio­nalen Fernmeldeunion (ITU), um sie bei der Erfüllung der im Übereinkommen genannten Ziele, insbesondere bei Aufgaben nach Artikel 8 und 9, zu unterstützen und die nötige technische Unterstützung gemäss den Zielsetzungen dieser Organisa­tionen zu leisten.

3.  Die Aufgaben des Nothilfekoordinators im Rahmen dieses Übereinkommens beschränken sich auf die Koordination der internationalen Aktivitäten.

Art. 3 Allgemeine Bestimmungen

1.  Die Vertragsstaaten arbeiten gemäss den Bestimmungen dieses Übereinkommens sowohl untereinander als auch mit nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organi­sationen zusammen, um den Einsatz von Telekommunikationsmitteln für Katastro­phenschutz und Katastrophenhilfe zu erleichtern.

2.  Dieser Einsatz kann unter anderem Folgendes beinhalten:

a)
Einsatz von terrestrischen oder satellitengestützten Telekommunikationsein­richtungen zur Vorhersage und Überwachung von Naturgefahren, Gefahren für die Gesundheit und Katastrophen und zur Informationsbeschaffung über solche Ereignisse;
b)
Austausch von Informationen über Naturgefahren, Gefahren für die Gesund­heit und Katastrophen zwischen Vertragsstaaten und anderen Staaten sowie nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen und Verbreitung solcher Informationen an die Öffentlichkeit, insbesondere an gefährdete Gemeinschaften;
c)
unverzügliche Unterstützung im Bereich der Telekommunikation, um die Auswirkungen von Katastrophen zu verringern; und
d)
Installation und Einsatz von zuverlässigen und flexiblen Telekommunika­tionsmitteln zur Nutzung durch Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten.

3.  Um den Einsatz von Telekommunikationsmitteln zu erleichtern, können die Vertragsstaaten zusätzliche bilaterale oder multilaterale Abkommen oder Vereinba­rungen abschliessen.

4.  Die Vertragsstaaten ersuchen den Nothilfekoordinator in Absprache mit der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), dem Depositar und anderen betroffenen Stellen der Vereinten Nationen sowie nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen, gemäss diesem Übereinkommen alles zu tun, um:

a)
in Zusammenarbeit mit den Vertragsstaaten Musterabkommen zu entwi­ckeln, die als Grundlage für bilaterale oder multilaterale Abkommen dienen können, die die Bereitstellung von Telekommunikationsmitteln für Kata­st­rophenschutz und Katastrophenhilfe erleichtern;
b)
anderen Vertragsstaaten, anderen Staaten, nichtstaatlichen und zwischenstaatli­chen Organisationen Musterabkommen, Praxisleitlinien und andere relevante Informationen über die Bereitstellung von Telekommuni­kationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe elektronisch oder auf einem anderen geeigneten Weg zur Verfügung zu stellen;
c)
Systeme und Verfahren zur Erfassung und Verbreitung von Informationen zu entwickeln, anzuwenden und zu unterhalten, die für die Umsetzung des Übereinkommens erforderlich sind; und
d)
die Staaten über die Bedingungen dieses Übereinkommens zu informieren und die entsprechende Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten zu erleichtern und zu unterstützen.

5.  Die Vertragsstaaten arbeiten zusammen, um die Fähigkeit von staatlichen, nicht­staatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen zu verbessern: durch Strukturie­rung der Ausbildung in Handhabung und Einsatz von Telekommunikationsausrüs­tungen sowie durch Kurse bezüglich Entwicklung, Gestaltung und Aufbau von Notfallkommunikationseinrichtungen zur Prävention und Überwachung von Kata­strophen sowie zur Milderung von deren Folgen.

Art. 4 Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation

1.  Ein Vertragsstaat, der für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe Unterstüt­zung im Bereich der Telekommunikation benötigt, kann entweder direkt oder über den Nothilfekoordinator ein Unterstützungsgesuch an jeden anderen Vertragsstaat richten. Wird dieses Ersuchen über den Nothilfekoordinator vorgenommen, über­mittelt dieser das Ersuchen umgehend an alle geeigneten Vertragsstaaten. Wird das Ersuchen direkt an einen anderen Vertragsstaat gerichtet, informiert der ersuchende Vertragsstaat den Nothilfekoordinator so rasch wie möglich.

2.  Ein Vertragsstaat, der um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation ersucht, beschreibt die Art und den Umfang der von ihm gewünschten Unterstützung und die Massnahmen gemäss Artikel 5 und 9 des Übereinkommens. Wenn möglich liefert er dem Vertragsstaat, an den er das Ersuchen richtet, und/oder dem Nothilfe­koordinator alle anderen Informationen, die der ersuchte Staat braucht, um zu ent­scheiden, in welchem Ausmass er dem Ersuchen nachkommen kann.

3.  Jeder Vertragsstaat, an den entweder direkt oder über den Nothilfekoordinator ein Ersuchen um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gerichtet wird, entscheidet und benachrichtigt den ersuchenden Vertragsstaat möglichst rasch, ob er die gewünschte Unterstützung direkt oder auf andere Weise leisten wird und in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen, Voraussetzungen, Einschrän­kungen und allfälligen Kosten er dies tun wird.

4.  Jeder Vertragsstaat, der beschliesst, Unterstützung im Bereich der Telekommuni­kation zu leisten, informiert so rasch wie möglich den Nothilfekoordinator.

5.  Ohne Zustimmung des ersuchenden Vertragsstaates wird keine Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Übereinkommen geleistet. Dem ersuchenden Vertragsstaat steht das Recht zu, jede Unterstützung im Bereich der Telekommunikation, die ihm nach diesem Übereinkommen angeboten wird, gemäss seinem nationalen Recht und seiner Politik ganz oder teilweise abzulehnen.

6.  Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht der ersuchenden Vertragsstaaten, Unterstützung im Bereich der Telekommunikation direkt bei nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen anzufordern, und das Recht nichtstaatlicher und zwischenstaatlicher Organisationen, den ersuchenden Vertragsstaaten nach dem für sie geltenden Recht Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Artikel zu leisten.

7.  Eine nichtstaatliche oder zwischenstaatliche Organisation kann kein «ersuchen­der Vertragsstaat» sein und kann nicht um Unterstützung im Bereich der Telekom­munikation gemäss diesem Übereinkommen ersuchen.

8.  Dieses Übereinkommen berührt nicht das Recht eines Vertragsstaates, die Unter­stützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Übereinkommen auf seinem Hoheitsgebiet nach seinem nationalen Recht zu leiten, zu kontrollieren, zu koordinieren und zu beaufsichtigen.

Art. 5 Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen

1.  Soweit dies nach seinem nationalen Recht möglich ist, gewährt der ersuchende Vertragsstaat ausländischen Staatsangehörigen und Organisationen mit Sitz ausser­halb seines Hoheitsgebiets, die Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Übereinkommen leisten und dem ersuchenden Vertragsstaat ange­kündigt und von ihm akzeptiert wurden, die nötigen Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen zur Ausübung ihrer Funktionen; diese umfassen unter anderem:

a)
Immunität von Festnahme, Haft und Rechtsverfahren, einschliesslich Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, im ersuchenden Vertragsstaat für Handlungen oder Unterlassungen, die direkt und spezifisch mit der Bereit­stellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation verbunden sind;
b)
Befreiung von Steuern, Zöllen und sonstigen Abgaben auf Hilfeleistungen oder auf Ausrüstung, Material und anderen Gütern, die zur Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Übereinkommen in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates gebracht oder dort erworben wurden. Die Befreiung gilt nicht für Steuern, Zölle und sonstige Abgaben, die normalerweise im Preis von Gütern und Dienstleistungen enthalten sind; und
c)
die Immunität vor Einziehung, Pfändung oder Beschlagnahme von Einrichtun­gen, Material und Gütern.

2.  Der ersuchende Vertragsstaat stellt im Rahmen seiner Möglichkeiten lokale Einrichtungen und Dienstleistungen zur Verfügung, damit die Unterstützung im Bereich der Telekommunikation ordnungsgemäss und effizient erbracht werden kann. Er stellt insbesondere sicher, dass die Telekommunikationsausrüstungen, die gemäss Übereinkommen in sein Hoheitsgebiet gebracht werden, rasch lizenziert oder gemäss dem nationalen Recht oder den Vorschriften des ersuchenden Staates von der Lizenzierung ausgenommen werden.

3.  Der ersuchende Vertragsstaat gewährleistet den Schutz von Personal, Ausrüstung und Material, die gemäss diesem Übereinkommen in sein Hoheitsgebiet gebracht werden.

4.  Die Eigentumsrechte an Geräten und Material, die in Anwendung dieses Über­einkommens zur Verfügung gestellt werden, werden durch den Einsatz gemäss den Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht berührt. Der ersuchende Vertragsstaat gewährleistet die unverzügliche Rückgabe von Geräten, Material und Eigentum an den unterstützenden Vertragsstaat.

5.  Der ersuchende Vertragsstaat verlangt nicht den Einsatz oder Gebrauch der Telekommunikationsmittel, die in Anwendung dieses Übereinkommens zur Verfü­gung gestellt werden, für Zwecke, die nicht direkt mit der Vorhersage, Vorberei­tung, Bewältigung, Überwachung und Begrenzung von Katastrophen und deren Folgen zu tun haben.

6.  Keine Bestimmung dieses Artikels verpflichtet einen ersuchenden Vertragsstaat, seinen Staatsangehörigen oder Personen mit ständigem Wohnsitz auf seinem Hoheitsgebiet oder Organisationen mit Hauptsitz oder Sitz auf seinem Hoheitsgebiet Vorrechte und Immunitäten zu gewähren.

7.  Alle Personen, die in das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates einreisen, um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation zu leisten oder auf andere Weise den Einsatz von Telekommunikationsmitteln gemäss diesem Übereinkommen zu erleichtern, sowie alle Organisationen, die Unterstützung im Bereich der Telekom­munikation leisten oder auf andere Weise den Einsatz von Telekommunikations­mitteln gemäss diesem Übereinkommen erleichtern, sind ungeachtet der durch diesen Artikel eingeräumten Vorrechte und Immunitäten verpflichtet, die Gesetze und Vorschriften dieses Vertragsstaates zu achten. Diese Personen und Organisatio­nen sind auch verpflichtet, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Vertrags­staates einzumischen, in dessen Hoheitsgebiet sie eingereist sind.

8.  Keine Bestimmung dieses Artikels berührt die Rechte und Pflichten von direkt oder indirekt an der Unterstützung im Bereich der Telekommunikation beteiligten Personen und Organisationen im Zusammenhang mit Vorrechten und Immunitäten, die ihnen durch andere internationale Abkommen (einschliesslich des von der Gene­ralversammlung am 13. Februar 1946 verabschiedeten Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen und des von der Generalver­sammlung am 21. November 1947 verabschiedeten Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Sonderorganisationen) oder durch das Völkerrecht verliehen werden.

Art. 6 Beendigung der Unterstützung

1.  Der ersuchende Vertragsstaat oder der unterstützende Vertragsstaat kann die gemäss Artikel 4 erhaltene oder geleistete Unterstützung im Bereich der Telekom­munikation jederzeit durch eine schriftliche Mitteilung beenden. Nach einer solchen Mitteilung beraten sich die beteiligten Vertragsstaaten über eine ordnungsgemässe und rasche Beendigung der Unterstützung, wobei die Auswirkungen der Einstellung auf Menschenleben und laufende Katastrophenhilfseinsätze zu berücksichtigen sind.

2.  Vertragsstaaten, die gemäss diesem Übereinkommen Unterstützung im Bereich der Telekommunikation erhalten oder geleistet haben, bleiben auch nach der Ein­stellung der Unterstützung an die Bestimmungen dieses Übereinkommens gebun­den.

3.  Jeder Vertragsstaat, der die Einstellung der Unterstützung im Bereich der Tele­kommunikation verlangt, setzt den Nothilfekoordinator davon in Kenntnis. Der Nothilfekoordinator leistet die gewünschte und notwendige Hilfe, um die Beendi­gung der Unterstützung im Bereich der Telekommunikation zu erleichtern.

Art. 7 Zahlung oder Rückzahlung von Kosten oder Gebühren

1.  Die Vertragsstaaten können die Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe von der Bedin­gung abhängig machen, dass gewisse Kosten oder Gebühren gezahlt oder zurück­gezahlt werden; dabei ist Absatz 9 dieses Artikels zu berücksichtigen.

2.  Falls eine solche Bedingung gestellt wird, legen die Vertragsstaaten, bevor mit der Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation begonnen wird, Folgendes schriftlich fest:

a)
die Bedingungen für eine Zahlung oder Rückzahlung;
b)
die Höhe einer solchen Zahlung oder Rückzahlung und die Art, wie die Höhe des Betrags berechnet werden soll; und
c)
alle anderen Bestimmungen, Bedingungen oder Beschränkungen, die auf diese Zahlung oder Rückzahlung anwendbar sind, einschliesslich unter anderem der Währung, in der eine solche Zahlung oder Rückzahlung zu leisten ist.

3.  Die Bedingungen gemäss Absatz 2 Buchstabe b und c dieses Artikels gelten als erfüllt, wenn auf veröffentlichte Gebühren, Tarife oder Preise hingewiesen wird.

4.  Damit die Verhandlungen über die Zahlungs- oder Rückzahlungsvereinbarungen die Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation nicht übermässig hinauszögern, erarbeitet der Nothilfekoordinator in Absprache mit den Vertragsstaaten ein Muster für eine Zahlungs- und Rückzahlungsvereinbarung, die als Grundlage für Verhandlungen über Zahlungs‑ oder Rückzahlungsverpflichtun­gen gemäss diesem Artikel dienen kann.

5.  Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, Kosten oder Gebühren gemäss diesem Über­einkommen zu zahlen oder zurückzuzahlen, bevor er seine Zustimmung zu den Bedingungen erteilt hat, die von einem unterstützenden Vertragsstaat im Rahmen von Absatz 2 dieses Artikels aufgestellt wurden.

6.  Wenn die Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation laut diesem Artikel ordnungsgemäss von der Zahlung oder Rückzahlung von Kosten oder Gebühren abhängig gemacht wurde, ist diese Zahlung oder Rückzahlung unverzüglich zu leisten, sobald der unterstützende Vertragsstaat darum ersucht hat.

7.  Geldmittel, die von einem ersuchenden Vertragsstaat im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gezahlt oder zurückgezahlt werden, dürfen aus dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertrags­staates frei ausgeführt und weder verzögert ausgezahlt noch zurückgehalten werden.

8.  Bei der Entscheidung, ob die Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation von einer Vereinbarung über die Zahlung oder Rückzahlung gewisser Kosten oder Gebühren abhängig gemacht werden soll, und bei der Festset­zung der Bedingungen und Beschränkungen, die mit einer solchen Zahlung oder Rückzahlung verbunden sind, beachten die Vertragsstaaten neben anderen wichtigen Faktoren:

a)
die Grundsätze der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe;
b)
die Art der Katastrophe, der Naturgefahr oder der Gefahr für die Gesundheit;
c)
die Auswirkungen oder möglichen Auswirkungen der Katastrophe;
d)
den Ursprungsort der Katastrophe;
e)
das von der Katastrophe betroffene oder bedrohte Gebiet;
f)
frühere Katastrophen und die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Katastrophen im betroffenen Gebiet;
g)
die Möglichkeiten eines von einer Katastrophe, einer Naturgefahr oder von einer Gefahr für die Gesundheit betroffenen Vertragsstaates, sich auf das Ereignis vorzubereiten oder darauf zu reagieren; und
h)
die Bedürfnisse von Entwicklungsländern.

9.  Dieser Artikel ist auch auf Situationen anwendbar, in denen Unterstützung im Bereich der Telekommunikation von einer nichtstaatlichen oder zwischenstaatlichen Organisation geleistet wird, vorausgesetzt:

a)
der ersuchende Vertragsstaat ist mit der Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation für Katastrophenschutz und Katastrophen­hilfe einverstanden und hat ihr nicht ein Ende gesetzt;
b)
die nichtstaatliche oder zwischenstaatliche Organisation, die eine solche Unterstützung im Bereich der Telekommunikation bereitstellt, hat dem ersu­chenden Vertragsstaat mitgeteilt, dass sie sich durch diesen Artikel und die Artikel 4 und 5 gebunden fühlt; und
c)
die Anwendung dieses Artikels steht nicht im Gegensatz zu einer anderen Vereinbarung über die Beziehungen zwischen dem ersuchenden Vertrags­staat und der nichtstaatlichen oder zwischenstaatlichen Organisation, die diese Unterstützung im Bereich der Telekommunikation bereitstellt.
Art. 8 Erfassung von Informationen über Unterstützung im Bereich der Telekommunikation

1.  Jeder Vertragsstaat teilt dem Nothilfekoordinator mit, welche Behörden:

a)
für Fragen im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen verantwortlich sind und bevollmächtigt sind, Unterstützung im Bereich der Telekommuni­kation zu beantragen, anzubieten, anzunehmen und zu beenden; und
b)
dafür zuständig sind festzustellen, welche Mittel die öffentliche Verwaltung sowie zwischenstaatliche und/oder nichtstaatliche Organisationen zur Ver­fügung stellen könnten, um den Einsatz von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe, einschliesslich der Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation, zu erleichtern.

2.  Jeder Vertragsstaat bemüht sich, den Nothilfekoordinator unverzüglich über jede Änderung zu informieren, die Auswirkungen auf die gemäss diesem Artikel gemachten Angaben hat.

3.  Der Nothilfekoordinator kann Mitteilungen von nichtstaatlichen oder zwischen­staatlichen Organisationen über ihre Verfahren zur Genehmigung von Unterstüt­zungsangeboten im Bereich der Telekommunikation gemäss diesem Artikel und zu deren Beendigung entgegennehmen.

4.  Vertragsstaaten sowie nichtstaatliche oder zwischenstaatliche Organisationen können die Informationen, die sie dem Nothilfekoordinator zukommen lassen, nach eigenem Ermessen mit Angaben über besondere Telekommunikationsmittel und über Pläne für den Einsatz dieser Geräte aufgrund eines Ersuchens eines Vertrags­staates um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation ergänzen.

5.  Der Nothilfekoordinator hält alle Behördenlisten auf dem neuesten Stand und lässt diese Listen den Vertragsstaaten, anderen Staaten sowie geeigneten nichtstaat­lichen und zwischenstaatlichen Organisationen zukommen, ausser wenn ein Ver­tragsstaat oder eine nichtstaatliche oder zwischenstaatliche Organisation zuvor schriftlich erklärt hat, dass die Verbreitung der gelieferten Angaben eingeschränkt werden muss.

6.  Der Nothilfekoordinator behandelt die Angaben, die ihm von nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen übermittelt werden, gleich wie Informatio­nen der Vertragsstaaten.

Art. 9 Rechtliche Hindernisse

1.  Die Vertragsstaaten bemühen sich, rechtliche Hindernisse, die den Einsatz von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe, ein­schliesslich der Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunika­tion, einschränken, im Einklang mit dem nationalen Recht abzubauen oder zu besei­tigen.

2.  Solche rechtlichen Hindernisse können unter anderem Folgendes beinhalten:

a)
Bestimmungen, die die Ein- oder Ausfuhr von Telekommunikationseinrichtun­gen beschränken;
b)
Bestimmungen, die den Einsatz von Telekommunikationseinrichtungen und Funkfrequenzbändern beschränken;
c)
Bestimmungen, die die Bewegungsfreiheit von Mitarbeitern einschränken, die für die Bedienung der Telekommunikationseinrichtung zuständig sind oder für deren effizienten Einsatz wesentlich sind;
d)
Bestimmungen, die den Transport von Telekommunikationsmitteln in das, aus dem oder durch das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates einschränken; und
e)
Verzögerungen bei der Anwendung solcher Bestimmungen.

3.  Der Abbau solcher rechtlichen Hindernisse kann unter anderem folgende Mass­nahmen beinhalten:

a)
Änderung von Bestimmungen;
b)
Ausschluss bestimmter Telekommunikationsmittel aus dem Anwendungsbe­reich dieser Bestimmungen für die Dauer des Einsatzes dieser Telekommu­nikationsmittel für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe;
c)
vorhergehende Genehmigung von Telekommunikationsmitteln für den Ein­satz für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe gemäss diesen Bestim­mungen;
d)
Anerkennung ausländischer Typengenehmigungen und/oder Benutzerlizen­zen von Telekommunikationseinrichtungen;
e)
beschleunigte Überprüfung von Telekommunikationsmitteln, die gemäss diesen Bestimmungen für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe ver­wendet werden; und
f)
zeitlich begrenzte Ausserkraftsetzung dieser Bestimmungen für den Einsatz von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophen­hilfe.

4.  Jeder Vertragsstaat erleichtert auf Ersuchen eines anderen Vertragsstaates die Beförderung von Mitarbeitern, Ausrüstung, Material und Informationen im Zusam­menhang mit dem Einsatz von Telekommunikationsmitteln für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe in sein Hoheitsgebiet, aus seinem Hoheitsgebiet oder durch sein Hoheitsgebiet im Einklang mit seinem nationalen Recht.

5.  Jeder Vertragsstaat informiert den Nothilfekoordinator und die anderen Vertrags­staaten, direkt oder über den Nothilfekoordinator, über:

a)
Massnahmen, die gemäss diesem Übereinkommen zum Abbau oder zur Beseitigung solcher rechtlichen Hindernisse getroffen wurden,
b)
die bei der Anwendung dieses Übereinkommens für Vertragsstaaten, andere Staaten sowie nichtstaatliche und/oder zwischenstaatliche Organisationen geltenden Verfahren für den Ausschluss bestimmter für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe verwendeter Telekommunikationsmittel aus dem Anwendungsbereich dieser Bestimmungen, die vorhergehende Genehmi­gung oder die beschleunigte Überprüfung dieser Telekommunikationsmittel gemäss den geltenden Bestimmungen, die Anerkennung ausländischer Typengenehmigungen für diese Telekommunikationsmittel oder die zeitlich begrenzte Ausserkraftsetzung der üblicherweise geltenden Bestimmungen für diese Telekommunikationsmittel; und
c)
allfällige Bestimmungen, Bedingungen oder Beschränkungen, die mit der Anwendung solcher Verfahren verbunden sind.

6.  Der Nothilfekoordinator liefert den Vertragsstaaten, anderen Staaten sowie nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen regelmässig und umgehend eine aktuelle Liste solcher Massnahmen mit deren Geltungsbereich und gegebenen­falls den Bestimmungen, Bedingungen und Beschränkungen, die mit ihrer Umset­zung im Zusammenhang stehen.

7.  Keine Bestimmung dieses Artikels gestattet eine Verletzung oder Aufhebung von Pflichten und Verantwortlichkeiten, die aus dem nationalen Recht, dem Völkerrecht oder aus bilateralen oder multilateralen Abkommen erwachsen, einschliesslich der Pflichten und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit Zollbestimmungen und Ausfuhrbeschränkungen.

Art. 11 Streitbeilegung

1.  Bei Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens nehmen die Vertragsstaaten Konsultationen auf, um die Streitigkeit beizulegen. Die Konsultationen beginnen unverzüglich, sobald ein Vertragsstaat einem anderen Vertragsstaat eine schriftliche Erklärung über das Bestehen einer Streitigkeit im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen zuge­stellt hat. Ein Vertragsstaat, der eine schriftliche Erklärung über das Bestehen einer Streitigkeit abgibt, übermittelt dem Depositar umgehend eine Kopie der Erklärung.

2.  Kann eine Streitigkeit zwischen Vertragsstaaten nicht innerhalb von sechs (6) Monaten ab Zustellung der schriftlichen Erklärung an einen an der Streitigkeit beteiligten Vertragsstaat beigelegt werden, so können die an der Streitigkeit betei­ligten Vertragsstaaten einen anderen Vertragsstaat, einen anderen Staat oder eine nichtstaatliche oder zwischenstaatliche Organisation um gute Dienste zur beförder­lichen Streitbeilegung ersuchen.

3.  Ersucht keiner der Vertragsstaaten um die guten Dienste eines anderen Vertrags­staates, eines anderen Staates oder einer nichtstaatlichen oder zwischenstaatlichen Organisation oder gelingt es nicht, innerhalb von sechs (6) Monaten seit dem Ersu­chen um gute Dienste den Streit mittels guter Dienste beizulegen, so kann jeder an der Streitigkeit beteiligte Vertragsstaat:

a)
um die Übertragung der Streitigkeit an ein Schiedsgericht ersuchen, dessen Entscheid bindende Wirkung hat; oder
b)
die Streitigkeit dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen, sofern beide an der Streitigkeit beteiligten Vertragsstaaten die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs für solche Streitigkeiten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung oder Ratifikation des Übereinkommens, des Beitritts zum Übereinkommen oder zu einem späteren Zeitpunkt anerkannt haben.

4.  Falls die an der Streitigkeit beteiligten Vertragsstaaten eine Übertragung der Streitigkeit an ein Schiedsgericht, dessen Entscheid bindende Wirkung hat, verlan­gen und diese Streitigkeit beim Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung einrei­chen, so hat die Einreichung beim Internationalen Gerichtshof Vorrang.

5.  Im Falle einer Streitigkeit über die Bereitstellung von Unterstützung im Bereich der Telekommunikation gemäss Artikel 4 zwischen einem Vertragsstaat, der um Unterstützung im Bereich der Telekommunikation ersucht, und einer nichtstaat­lichen oder zwischenstaatlichen Organisation mit Hauptsitz oder Sitz ausserhalb seines Hoheitsgebiets kann der Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet die nichtstaat­liche oder zwischenstaatliche Organisation ihren Hauptsitz oder Sitz hat, die Klage der nichtstaatlichen oder zwischenstaatlichen Organisation unterstützen. Der Staat kann eine zwischenstaatliche Klage im Sinne dieses Artikels führen, sofern eine solche Unterstützung nicht gegen ein bestehendes Abkommen zwischen dem Ver­tragsstaat und der an der Streitigkeit beteiligten nichtstaatlichen oder zwischenstaat­lichen Organisation verstösst.

6.  Bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung des Überein­kommens oder beim Beitritt zu diesem Übereinkommen kann ein Staat erklären, dass er sich durch eines oder beide Streitbeilegungsverfahren gemäss Absatz 3 nicht gebunden fühlt. Die anderen Vertragsstaaten sind gegenüber einem Vertragsstaat, der eine solche Erklärung abgegeben hat, durch ein Streitbeilegungsverfahren gemäss Absatz 3 nicht gebunden.

Art. 12 Inkrafttreten

1.  Dieses Übereinkommen wird für alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) anlässlich der zwischenstaatlichen Kon­ferenz über die Telekommunikation bei Katastrophen in Tampere am 18. Juni 1998 und danach vom 22. Juni 1998 bis zum 21. Juni 2003 am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung aufgelegt.

2.  Ein Staat kann seine Zustimmung, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, äussern durch:

a)
Unterzeichnung (endgültige Unterzeichnung);
b)
Unterzeichnung unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmi­gung und der Hinterlegung einer entsprechenden Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde; oder
c)
Hinterlegung einer Beitrittsurkunde.

3.  Das Übereinkommen tritt dreissig (30) Tage nach der Hinterlegung der Ratifika­tions‑, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder der endgültigen Unterzeichnung durch dreissig (30) Staaten in Kraft.

4.  Für jeden Staat, der endgültig unterzeichnet oder eine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde hinterlegt, tritt dieses Übereinkommen dreis­sig (30) Tage nach der endgültigen Unterzeichnung oder der Zustimmungserklärung in Kraft, vorausgesetzt die Bedingungen von Absatz 3 dieses Artikels sind erfüllt.

Art. 13 Änderungen

1.  Ein Vertragsstaat kann Änderungen an diesem Übereinkommen vorschlagen und sie dem Depositar vorlegen, der die Änderungsvorschläge den übrigen Vertrags­staaten zur Zustimmung zukommen lässt.

2.  Die Vertragsstaaten teilen dem Depositar innerhalb von hundertachtzig (180) Tagen ab Erhalt mit, ob sie den Änderungsvorschlägen zustimmen oder nicht.

3.  Jede Änderung, der zwei Drittel der Vertragsstaaten zugestimmt haben, wird in einem Protokoll festgehalten, das für die Vertragsstaaten beim Depositar zur Unter­zeichnung aufliegt.

4.  Ein Protokoll tritt auf die gleiche Weise wie dieses Übereinkommen in Kraft. Für jeden Staat, der das Protokoll endgültig unterzeichnet oder eine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde hinterlegt, tritt dieses Überein­kommen dreissig (30) Tage nach der endgültigen Unterzeichnung oder der Zustim­mungserklärung in Kraft, vorausgesetzt die Bedingungen für das Inkrafttreten dieses Protokolls sind erfüllt.

Art. 14 Vorbehalte

1.  Ein Vertragsstaat kann bei der endgültigen Unterzeichnung oder der Ratifikation dieses Übereinkommens oder beim Beitritt zu diesem Übereinkommen oder dessen Änderung Vorbehalte anbringen.

2.  Ein Vertragsstaat kann einen Vorbehalt jederzeit mittels schriftlicher Mitteilung an den Depositar widerrufen. Ein Widerruf eines Vorbehalts wird mit der Mitteilung an den Depositar sofort wirksam.

Art. 15 Kündigung

1.  Ein Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen mittels schriftlicher Mitteilung an den Depositar kündigen.

2.  Die Kündigung wird neunzig (90) Tage nach Hinterlegung der schriftlichen Mitteilung wirksam.

3.  Auf Verlangen des kündigenden Vertragsstaates sind mit Wirksamwerden der Kündigung alle Mitteilungen des kündigenden Vertragsstaates über Behörden, Massnahmen und Verfahren zum Abbau von rechtlichen Hindernissen von der weiteren Verwendung auszuschliessen.

Art. 16 Depositar

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist Depositar dieses Übereinkommens.

Art. 17 Verbindlicher Wortlaut

Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, wird beim Depositar hinterlegt. Für die Unterzeichnung in Tampere am 18. Juni 1998 sind lediglich verbindliche Texte in Englisch, Französisch und Spanisch ver­fügbar. Der Depositar erarbeitet danach so bald wie möglich verbindliche Texte in Arabisch, Chinesisch und Russisch.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkom­men unterzeichnet.

Geschehen zu Tampere (Finnland), am 18 Juni 1998.

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 18. August 20162

2 AS 2011 3839, 2013 2451 und 2016 3013. Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).


Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Unterzeichnet ohne Ratifikations­vorbehalt (U)

Inkrafttreten

Albanien

  3. September

2014 B

  3. Oktober

2014

Argentinien

  5. Juli

2007

  4. August

2007

Armenien

25. März

2008 B

24. April

2008

Barbados

25. Juli

2003 B

  8. Januar

2005

Belgien

  2. Juli

2010 B

  1. August

2010

Bulgarien

20. Juni

2000

  8. Januar

2005

Burundi

23. Januar

2013

22. Februar

2013

Dominica

26. Dezember

2000 B

  8. Januar

2005

Dänemark*

  2. Juni

2003

  8. Januar

2005

    Färöer

  2. Juni

2003

  8. Januar

2005

    Grönland

  2. Juni

2003

  8. Januar

2005

El Salvador

18. April

2002

  8. Januar

2005

Finnland

  1. April

1999

  8. Januar

2005

Frankreich

  6. August

2009 B

  5. September

2009

Guinea

  8. Oktober

2002 B

  8. Januar

2005

Indien

29. November

1999

  8. Januar

2005

Irland*

16. August

2007 B

15. September

2007

Island

13. Mai

2011

12. Juni

2011

Kanada

18. Mai

2001

  8. Januar

2005

Kenia

12. Februar

2003

  8. Januar

2005

Kolumbien*

12. Juni

2008 B

12. Juli

2008

Kuwait

13. Juni

2002

  8. Januar

2005

Libanon

27. Januar

2006

26. Februar

2006

Liberia

16. September

2005 B

16. Oktober

2005

Liechtenstein

  8. Juni

2004 B

  8. Januar

2005

Litauen

  9. Dezember

2004 B

  8. Januar

2005

Luxemburg*

  8. Juni

2012 B

  8. Juli

2012

Marokko

11. März

2003

  8. Januar

2005

Montenegro*

21. Juli

2010 B

20. August

2010

Nicaragua

18. November

1999

  8. Januar

2005

Niederlande

  6. Juli

2001

  8. Januar

2005

    Aruba

17. Juli

2001

  8. Januar

2005

    Curaçao

  6. Juli

2001

  8. Januar

2005

    Sint Maarten

  6. Juli

2001

  8. Januar

2005

    Karibische Gebiete (Bonaire,
    Sint Eustatius und Saba)

  6. Juli

2001

  8. Januar

2005

Oman

16. April

2003

  8. Januar

2005

Pakistan

30. Januar

2009 B

  1. März

2009

Panama

  5. März

2003

  8. Januar

2005

Peru

27. Oktober

2003

  8. Januar

2005

Rumänien

17. November

2005

17. Dezember

2005

Schweden*

13. September

2004

  8. Januar

2005

Schweiz

24. April

2002

  8. Januar

2005

Slowakei

  6. Februar

2001

  8. Januar

2005

Spanien*

27. Februar

2006 B

29. März

2006

Sri Lanka

13. Oktober

1999

  8. Januar

2005

St. Vincent und die Grenadinen

14. August

2003 B

  8. Januar

2005

Tonga

  8. Mai

2003 B

  8. Januar

2005

Tschechische Republik

17. Juni

2003

  8. Januar

2005

Uganda

  5. September

2002

  8. Januar

2005

Ungarn

  7. April

2004

  8. Januar

2005

Uruguay

19. April

2012

19. Mai

2012

Venezuela*

13. Mai

2005

12. Juni

2005

Vereinigtes Königreich*

18. Juni

2003 U

  8. Januar

2005

Zypern

14. Juli

2000

  8. Januar

2005

*
Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der Vereinten Nationen: http://treaties.un.org/ eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.