172.010.14

Verordnung
über Grundsätze und Ordnungsfristen
für Bewilligungsverfahren

(Ordnungsfristenverordnung, OrFV)

vom 25. Mai 2011 (Stand am 1. September 2011)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 8 und 9 Absatz 1 des Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19971,
in Ausführung der Artikel 11 Buchstabe c und 30 Absatz 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19982,

verordnet:

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

1 Diese Verordnung legt fest:

a.
die Grundsätze, die bei erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren des Bundesrechts beachtet werden müssen;
b.
den zeitlichen Rahmen, in dem ein Gesuch in einem erstinstanzlichen wirt­schaftsrechtlichen Verfahren nach Bundesrecht zu behandeln ist.

2 Ein wirtschaftsrechtliches Verfahren nach dieser Verordnung liegt vor, wenn eine Behörde einer gesuchstellenden Person im Zusammenhang mit einer auf Erwerb ausgerichteten Tätigkeit:

a.
eine Zustimmung erteilt;
b.
besondere wirtschaftliche Rechte gewährt;
c.
die Befolgung gewisser staatlicher Regelungen freistellt.

3 Bestimmungen in anderen Erlassen des Bundesrechts über die von den Bundes­behörden zu beachtenden Fristen gehen dieser Verordnung vor.

4 Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 4 dieser Verordnung sind auf die Verfahren vor dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum nicht anwend­bar.

Art. 2 Grundsätze für erstinstanzliche wirtschaftsrechtliche Verfahren

1 Bei der Ausarbeitung von Erlassen über erstinstanzliche wirtschaftsrechtliche Ver­fahren beachten die Bundesbehörden die folgenden Grundsätze:

a.
Sie gestalten die Verfahren für die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller so einfach und straff wie möglich aus. Insbesondere prüfen sie Alternativen zum normalen Bewilligungsverfahren (wie Widerspruchsverfahren, Melde­verfahren) und E-Government-Lösungen.
b.
Sie bestimmen Ordnungsfristen für die einzelnen Verfahren und geben diese in Tagen an. Für komplexe Gesuche, die voraussichtlich eine Bearbeitungs­zeit von mehr als einer Woche erfordern, behalten sie die Regelung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c vor.
c.
Sie legen ausdrücklich fest, welche Gesuchsunterlagen zwingend nötig sind. Falls diese Festlegung im Erlass nicht verhältnismässig ist, macht die für ein Verfahren zuständige Behörde diese Angaben auf andere geeignete Weise bekannt.

2 Formulare und andere Dokumente sind so einfach wie möglich zu gestalten und zugänglich zu machen.

Art. 3 Grundsätze für die Gesuchsbehandlung

1 Die mit der Gesuchsbehandlung betraute Behörde behandelt jedes Gesuch so rasch als möglich.

2 Die Behörde sichtet das Gesuch bei seinem Eingang. Sie bestätigt der gesuchstel­lenden Person innert Tagen das Datum des Eingangs und teilt ihr bei dieser Gele­genheit offensichtliche Mängel in ihren Gesuchsunterlagen mit.

3 Sind gleichzeitig mehrere Gesuche zu bearbeiten, so kann die Behörde eine Prioritätenordnung aufstellen. Dabei trägt sie den besonderen Verhältnissen der Einzelfälle Rechnung. Sie berücksichtigt namentlich eine besondere Situation bei einzelnen gesuchstellenden Personen, die Dringlichkeit des Anliegens und die Konkurrenzverhältnisse.

Art. 4 Ordnungsfristen

1 Die Behörde trifft ihren Entscheid, gerechnet ab Eingang der vollständigen Unter­lagen, in der Regel spätestens innert der folgenden Fristen:

a.
über Gesuche, die in der Mehrzahl der Fälle eine Bearbeitungszeit von höch­stens einigen Stunden erfordern: innert 10 Tagen;
b.
über Gesuche, die in der Mehrzahl der Fälle eine Bearbeitungszeit von höch­stens einer Woche erfordern: innert 40 Tagen;
c.
über Gesuche, die voraussichtlich eine Bearbeitungszeit von mehr als einer Woche erfordern: innert eines Zeitraums, welchen sie der gesuchstellenden Person möglichst umgehend, spätestens jedoch nach drei Monaten, mitteilt.

2 Sie berücksichtigt bei der Gesuchsbehandlung in jedem Fall Gegebenheiten, die sich aus dem Gegenstand des Gesuches ergeben, wie z.B. Verderblichkeit der Ware, Bindung der Projektausführung an klimatische Voraussetzungen oder Vegetations­perioden.

3 Sie gibt in Fällen, in denen die Fristen im Erlass nicht festgelegt sind, die Ord­nungsfristen nach Absatz 1 für die von ihr durchgeführten Verfahren in geeigneter Weise bekannt.

4 Hält die Behörde eine Ordnungsfrist nach Absatz 1 nicht ein, so kann die gesuch­stellende Person von ihr verlangen, dass sie die Überschreitung der Frist schriftlich begründet und ihr mitteilt, bis wann der Entscheid voraussichtlich zu erwarten ist. Dies gilt nicht, solange die gesuchstellende Person einer Aufforderung, die Gesuchsunterlagen zu vervollständigen, nicht nachgekommen ist.

Art. 5 Einholen von Stellungnahmen Dritter

1 Muss die Behörde vor dem Entscheid über ein Gesuch Stellungnahmen Dritter einholen, so setzt sie diesen für die Ausarbeitung ihrer Stellungnahme eine ange­messene Frist. Diese Fristen kommen zu den Ordnungsfristen hinzu.

2 Lässt eine zur Stellungnahme eingeladene Behörde die gesetzte Frist ohne Frist­verlängerungsgesuch verstreichen und nutzt sie auch eine Nachfrist nicht, so ent­scheidet die zuständige Behörde ohne Vorliegen dieser Stellungnahme, falls ihr der Sachverhalt auch ohne diese Stellungnahme als hinreichend abgeklärt erscheint und die Zustimmung der andern Behörde nicht von Gesetzes wegen erforderlich ist.

3 Lässt eine zur Stellungnahme eingeladene Privatperson die gesetzte Frist verstrei­chen, so fordert die Behörde sie mit eingeschriebenem Brief auf, ihre Stellungnahme umgehend einzureichen, auf eine Stellungnahme förmlich zu verzichten oder ein Fristverlängerungsgesuch zu stellen. Antwortet die Privatperson nicht innert einer Woche, so entscheidet die Behörde ohne Vorliegen dieser Stellungnahme.