916.351.0

Milchprüfungsverordnung

(MiPV)

vom 20. Oktober 2010 (Stand am 1. Juli 2020)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 15 Absatz 3 und 37 Absatz 1 des Lebensmittelgesetzes
vom 9. Oktober 19921
und die Artikel 10 und 177 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes
vom 29. April 19982,

verordnet:

1 [AS 1995 1469, 1996 1725 Anhang Ziff. 3, 1998 3033 Anhang Ziff. 5, 2001 2790 Anhang Ziff. 5, 2002 775, 2003 4803 Anhang Ziff. 6, 2005 971, 2006 2197 Anhang Ziff. 94 2363 Ziff. II, 2008 785, 2011 5227 Ziff. I 2.8, 2013 3095 Anhang 1 Ziff. 3. AS 2017 249 Anhang Ziff. I]. Siehe heute: das BG vom 20. Juni 2014 (SR 817.0).

2 SR 910.1

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand

Diese Verordnung regelt:

a.
die Hygiene bei der Milchproduktion;
b.
die Prüfung der Hygiene der Milch.
Art. 2 Technische Vorschriften

1 Das Eidgenössische Departement des Innern3 erlässt Vorschriften tech­nischer Natur über die Hygiene bei der Milchproduktion, insbesondere über die Fütterung und Tierhaltung, die Tiergesundheit, die Anforderungen an die Milch, die Milchgewinnung, die Milchbehandlung und -lagerung, die Reinigung und Desinfektion sowie die Gebäude, Anlagen und Geräte.

2 Es berücksichtigt dabei die international anerkannten Richtlinien und Normen sowie die Anforderungen zur Erhaltung der Exportfähigkeit der Milch und der Milchprodukte.

3 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikations­verordnung vom 17. Nov. 2004 (AS 2004 4937) auf den 1. Jan. 2013 angepasst.

Art. 3 Verantwortlichkeit

1 Die Milchproduzentinnen und Milchproduzenten (Produzentinnen und Produzenten) sind für die hygienische Milchproduktion verantwortlich. Sie sorgen dafür, dass die Vorschriften über die Hygiene nach Artikel 2 Absatz 1 eingehalten und die eingesetzten Mittel und Hilfsstoffe bestimmungsgemäss verwendet werden.

2 Die nationalen Organisationen der Produzentinnen und Produzenten und der Milchverwerterinnen und Milchverwerter (Verwerterinnen und Verwerter) (Produzenten- und Verwerterorganisationen) sind für die Durchführung, die Koordination und die Weiterentwicklung der Milchprüfung sowie für die Aufsicht über die Milchprüfung verantwortlich.

2. Abschnitt: Milchprüfung

Art. 4 Grundsatz

1 Milch, welche die Produzentinnen oder Produzenten in Verkehr bringen, unterliegt der Prüfung nach dieser Verordnung.

2 Die Milch wird von Prüflaboratorien geprüft.

Art. 5 Ausnahmen

1 Milch kann von der Prüfung ausgenommen werden, wenn die Erhebung und der Transport der Milchproben mit unverhältnismässig hohem Aufwand verbunden sind.

2 Die Prüflaboratorien bezeichnen im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Produzentinnen und Produzenten, deren Milch von der Prüfung ausgenommen ist.4

3 Milch wird von der Prüfung ausgenommen, wenn der Kantonstierarzt nach Artikel 102 Absatz 1ter Buchstabe d der Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 19955 den Wegfall der Milchprüfung anordnet.6

4 Fassung gemäss Ziff. I 12 der V vom 4. Sept. 2013 (Reorganisation im Bereich Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen), in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 3041).

5 SR 916.401

6 Eingefügt durch Ziff. II 2 der V vom 25. April 2018, in Kraft seit 1. Juni 2018 (AS 2018 2069).

Art. 6 Mitteilung der Ergebnisse der Milchprüfung

1 Die Prüflaboratorien müssen unmittelbar nach Abschluss der Untersuchungen die Ergebnisse den Produzentinnen und Produzenten mitteilen. Dazu übermitteln sie die Ergebnisse an die von den Produzenten- und Verwerterorganisationen bezeichnete Stelle (Administrationsstelle).

2 Sie müssen die Ergebnisse den zuständigen Vollzugsstellen melden, wenn die Voraussetzungen für eine Milchliefersperre nach Artikel 15 erfüllt sind.

3 Sie geben regelmässig die folgenden Daten in das Informationssystem für Labordaten (ALIS) nach der Verordnung vom 6. Juni 20147 über die Informationssysteme für den öffentlichen Veterinärdienst ein:

a.
Herkunft der Proben, die auf meldepflichtige Seuchen und auf Antibiotikaresistenzen untersucht worden sind;
b.
Ergebnisse dieser Untersuchungen;
c.
Identifikationsnummern der Tierhaltungen und Tiere, von denen die Proben stammen, oder, wenn keine solche Nummer vorhanden ist, Name und Adresse der Tierhalterin oder des Tierhalters;
d.
Ergebnisse der Untersuchungen, die im Rahmen dieser Verordnung und der vom EDI gestützt auf Artikel 2 dieser Verordnung erlassenen Bestimmungen über die Hygiene bei der Milchproduktion durchgeführt worden sind.8

7 SR 916.408

8 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 30. Nov. 2012 (AS 2012 6857). Fassung gemäss Anhang 3 Ziff. II 7 der V vom 6. Juni 2014 über die Informations­systeme für den öffentlichen Veterinärdienst, in Kraft seit 1. Juli 2014 (AS 2014 1691).

Art. 7 Zugriff auf die Prüfungsdaten

1 Das BLV, das nationale Referenzlaboratorium (Art. 13) und die kantonalen Vollzugsstellen haben über das Informationssystem für Vollzugsdaten des öffentlichen Veterinärdienstes (ASAN) nach der Verordnung vom 6. Juni 20149 über die Informations­systeme für den öffentlichen Veterinärdienst Zugriff auf die in ALIS erfassten Prüfungsdaten.10

2 Die Verwerterinnen und Verwerter, die die Milch direkt von den Produzentinnen und Produzenten beziehen (Erstmilchkäuferinnen und Erstmilchkäufer), haben Zugriff auf die für sie relevanten Prüfungsdaten.

9 SR 916.408

10 Fassung gemäss Anhang 3 Ziff. II 7 der V vom 6. Juni 2014 über die Informations­systeme für den öffentlichen Veterinärdienst, in Kraft seit 1. Juli 2014 (AS 2014 1691).

Art. 8 Preisabzüge und -zuschläge

Die Produzenten- und Verwerterorganisationen können einheitliche und verbind­liche Preisabzüge beziehungsweise -zuschläge für Milch vereinbaren, die die Hygieneanforderungen nicht erfüllt beziehungsweise diese übertrifft.

Art. 9 Kostenübernahme bei der Milchprüfung

1 Der Bund kann sich im Rahmen der bewilligten Kredite an der Milchprüfung beteiligen.

2 Die Kosten der Milchprüfung, welche die Beiträge des Bundes übersteigen, die Verwaltungskosten sowie die Kosten für die Weiterentwicklung der Milchprüfung tragen die Produzentinnen und Produzenten und die Verwerterinnen und Verwerter.

3 Die Kosten der Probenahmen tragen die Produzentinnen und Produzenten, welche die Milch oder daraus hergestellte Produkte direkt abliefern, sowie die Verwerterinnen und Verwerter.

4 Die Administrationsstelle ist verantwortlich für das Inkasso und zieht die Beiträge jährlich bei den Erstmilchkäuferinnen und Erstmilchkäufern ein.

Art. 1011 Mehrjähriger nationaler Kontrollplan

Das BLV erstellt gemeinsam mit dem Bundesamt für Landwirtschaft und nach Anhörung der kantonalen Vollzugsbehörden einen mehrjährigen nationalen Kontrollplan.

11 Fassung gemäss Ziff. I 12 der V vom 4. Sept. 2013 (Reorganisation im Bereich Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen), in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 3041).

3. Abschnitt: Laboratorien

Art. 11 Prüflaboratorien

1 Die Produzenten- und Verwerterorganisationen bestimmen im Einvernehmen mit dem BLV12 die Prüflaboratorien, die die Milch prüfen.

2 Die Prüflaboratorien müssen nach der europäischen Norm EN ISO/IEC 17025 über «Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien»13 betrieben und bewertet werden sowie:

a.
nach der Akkreditierungs- und Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 199614 akkreditiert sein;
b.
von der Schweiz im Rahmen eines internationalen Abkommens anerkannt sein; oder
c.
nach schweizerischem Recht anderweitig ermächtigt oder anerkannt sein.

3 Sie können einzelne Aufgaben an fachlich ausgewiesene Stellen übertragen. Die Produzenten- und Verwerterorganisationen bestimmen im Einvernehmen mit dem BLV diese Aufgaben.

4 Das BLV erlässt Weisungen über die technischen Mindeststandards der Prüflaboratorien.

12 Ausdruck gemäss Ziff. I 12 der V vom 4. Sept. 2013 (Reorganisation im Bereich Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen), in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 3041). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.

13 Der Text dieser Norm kann beim Bundesamt für Veterinärwesen, 3003 Bern kostenlos eingesehen oder kostenlos eingesehen und gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch.

14 SR 946.512

Art. 12 Aufsicht

Die Prüflaboratorien müssen dem BLV jährlich Bericht erstatten über ihre Tätigkeit, namentlich über die Verwendung der Bundesmittel.

Art. 13 Nationales Referenzlaboratorium

1 Der Bund unterhält ein nationales Referenzlaboratorium an der Forschungsanstalt Agroscope.

2 Das nationale Referenzlaboratorium hat folgende Aufgaben:

a.
Es schlägt dem BLV die offiziellen Prüfverfahren vor.
b.
Es führt die Eignungsprüfungen für die Prüflaboratorien nach Artikel 11 durch.
c.
Es sorgt für die Koordination zwischen den Prüflaboratorien und dem Referenzlaboratorium der Europäischen Union.

3 Für die Durchführung der Eignungsprüfungen wird das Referenzlaboratorium durch die Schweizerische Akkreditierungsstelle nach der Akkreditierungs- und Bezeichnungsverordnung vom 17. Juni 199615 akkreditiert.

4. Abschnitt: Kontrolle der Tierhaltungen und der Tiere

Art. 14

1 Die Kantone sorgen dafür, dass die Tierhaltungen auf die Einhaltung der Hygienevorschriften und den Gesundheitszustand der Tiere kontrolliert werden. Das BLV erlässt technische Weisungen über die Durchführung der Kontrollen.

2 Milchtiere müssen kontrolliert werden; es muss überprüft werden, ob:

a.
die Gesundheitsanforderungen im Hinblick auf die Milchproduktion erfüllt sind;
b.
die Vorschriften über die Arzneimittel eingehalten sind.

3 Liegt ein Verdacht vor, dass ein Tier den Gesundheits- oder Arzneimittelanforderungen nicht entspricht, so muss es tierärztlich untersucht werden.

4 …16

5 Die Kontrollen richten sich nach der Verordnung vom 27. Mai 202017 über den mehrjährigen nationalen Kontrollplan für die Lebensmittelkette und die Gebrauchsgegenstände.18

6 ...19

16 Aufgehoben durch Anhang 4 Ziff. 7 der V vom 27. Mai 2020 über den mehrjährigen nationa­len Kontrollplan für die Lebensmittelkette und die Gebrauchsgegenstände, mit Wirkung seit 1. Juli 2020 (AS 2020 2441).

17 SR 817.032

18 Fassung gemäss Anhang 4 Ziff. 7 der V vom 27. Mai 2020 über den mehrjährigen nationa­len Kontrollplan für die Lebensmittelkette und die Gebrauchsgegenstände, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2020 2441).

19 Eingefügt durch Anhang 3 Ziff. 4 der V vom 23. Okt. 2013 über die Koordination der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben (AS 2013 3867). Aufgehoben durch Anhang 4 Ziff. 7 der V vom 27. Mai 2020 über den mehrjährigen nationa­len Kontrollplan für die Lebensmittelkette und die Gebrauchsgegenstände, mit Wirkung seit 1. Juli 2020 (AS 2020 2441).

5. Abschnitt: Verwaltungsmassnahmen

Art. 15

1 Die zuständige kantonale Vollzugsstelle verfügt die Milchliefersperre gegen eine Produzentin oder einen Produzenten:

a.
bei der dritten Beanstandung der Keimzahl in Kuhmilch beim gemittelten Monatsergebnis innert vier Untersuchungsmonaten;
b.
bei der vierten Beanstandung der somatischen Zellen in Kuhmilch beim gemittelten Monatsergebnis innert fünf Untersuchungsmonaten;
c.
bei jedem Nachweis von Hemmstoffen.

2 Die Untersuchungs- und die Verfahrenskosten im Zusammenhang mit einer Milchliefersperre werden den fehlbaren Betrieben ganz oder teilweise belastet.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 16 Vollzug

Soweit nichts anderes festgelegt ist, vollzieht das BLV diese Verordnung.

Art. 19 Übergangsbestimmung

Für die Bestimmung der Prüflaboratorien, welche die Milch prüfen, gilt bis zum 31. Dezember 2014 das bisherige Recht.

Art. 20 Inkrafttreten

1 Diese Verordnung tritt unter Vorbehalt von Absatz 2 am 1. Januar 2011 in Kraft.

2 Artikel 11 Absätze 1–3 tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.