0.362.313

 AS 2010 3573

Originaltext

Vereinbarung

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und
dem Fürstentum Liechtenstein einerseits sowie
der Europäischen Gemeinschaft andererseits
zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung dieser Staaten
an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit
an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der
Europäischen Union

Abgeschlossen in Brüssel am 30. September 2009

Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 20. November 2009
In Kraft getreten für die Schweiz am 1. August 2010

(Stand am 16. Januar 2012)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft,
nachstehend «die Schweiz» genannt,
und
das Fürstentum Liechtenstein,
nachstehend «Liechtenstein» genannt,

einerseits
sowie
die Europäische Gemeinschaft

andererseits,

gestützt auf das am 26. Oktober 20041 zwischen der Europäischen Union, der Europäi­schen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft unter­zeichnete Abkommen über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, nachstehend «das Abkommen» genannt,

gestützt auf das am 28. Februar 2008 zwischen der Europäischen Union, der Euro­päischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürsten­tum Liechtenstein unterzeichnete Protokoll über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwick­lung des Schengen-Besitzstands, nachstehend «das Protokoll» genannt,

gestützt auf die dem vorstehend genannten Protokoll beigefügte Gemeinsame Erklä­rung der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Fürstentums Liechtenstein zur Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union,

gestützt auf die Vereinbarung zwischen der Europäischen Gemeinschaft sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung dieser Staaten an der Europäischen Agentur für die operative Zusam­menarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)  Mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates3 (nachstehend «die Verord­nung» genannt) errichtete die Europäische Gemeinschaft die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (nachstehend «die Agentur» genannt).

(2)  Die Verordnung stellt eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens und des Protokolls dar.

(3)  In der Verordnung wird bekräftigt, dass Länder, die bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands assoziiert sind, sich in vollem Umfang an den Tätigkeiten der Agentur beteiligen sollten – wenn auch mit eingeschränktem Stimmrecht.

(4)  Das Fürstentum Liechtenstein hat keine Aussengrenzen, auf die der Schengener Grenzkodex Anwendung findet.

(5)  Das Abkommen und das Protokoll regeln nicht die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz und Liechtensteins an den Tätigkeiten von Einrichtungen, die die Euro­päische Union im Zuge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands neu errichtet; bestimmte Aspekte der Beteiligung an der Agentur sollten daher in einer Zusatzvereinbarung zwischen den Vertragsparteien des Abkommens und des Proto­kolls festgelegt werden,

sind wie folgt übereingekommen:

1 SR 0.362.31

2 ABl. L 188 vom 20.7.2007, S. 19.

3 ABl. L 349 von 25.11.2004, S. 1.

Art. 1 Verwaltungsrat

1.  Die Schweiz und Liechtenstein sind im Verwaltungsrat der Agentur nach Mass­gabe von Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung vertreten.

2.  Die Schweiz ist in folgenden Angelegenheiten stimmberechtigt:

(a)
bei Beschlüssen über spezielle Massnahmen, die an ihren Aussengrenzen durchgeführt werden sollen; zur Annahme von Vorschlägen für solche Beschlüsse ist die Zustimmung ihres Vertreters im Verwaltungsrat erforder­lich;
(b)
bei Beschlüssen über spezielle Massnahmen gemäss Artikel 3 (gemeinsame Aktionen und Pilotprojekte an den Aussengrenzen), Artikel 7 (Verwaltung der technischen Ausrüstung), Artikel 8 (Unterstützung von Mitgliedstaaten in einer Situation, die eine verstärkte technische und operative Unterstützung an den Aussengrenzen erfordert) und Artikel 9 Absatz 1 erster Satz (gemein­same Rückführungsaktionen), die mit von der Schweiz zur Verfügung gestelltem Personal und/oder Gerät durchgeführt werden sollen;
(c)
bei Beschlüssen über Risikoanalysen (Entwicklung des gemeinsamen integ­rierten Risikoanalysemodells und Erstellung allgemeiner und spezifischer Risikoanalysen) gemäss Artikel 4, die die Schweiz unmittelbar betreffen;
(d)
bei Beschlüssen über Ausbildungsmassnahmen gemäss Artikel 5, wobei die Aufstellung des gemeinsamen zentralen Lehrplans ausgenommen ist.

3.  Liechtenstein ist in folgenden Angelegenheiten stimmberechtigt:

(a)
bei Beschlüssen über spezielle Massnahmen gemäss Artikel 3 (gemeinsame Aktionen und Pilotprojekte an den Aussengrenzen), Artikel 7 (Verwaltung der technischen Ausrüstung), Artikel 8 (Unterstützung von Mitgliedstaaten in einer Situation, die eine verstärkte technische und operative Unterstützung an den Aussengrenzen erfordert) und Artikel 9 Absatz 1 erster Satz (gemein­same Rückführungsaktionen), die mit von Liechtenstein zur Verfügung gestelltem Personal und/oder Gerät durchgeführt werden sollen;
(b)
bei Beschlüssen über Risikoanalysen (Entwicklung des gemeinsamen inte­grierten Risikoanalysemodells und Erstellung allgemeiner und spezifischer Risikoanalysen) gemäss Artikel 4, die Liechtenstein unmittelbar betreffen;
(c)
bei Beschlüssen über Ausbildungsmassnahmen gemäss Artikel 5, wobei die Aufstellung des gemeinsamen zentralen Lehrplans ausgenommen ist.
Art. 2 Finanzbeitrag

Die Schweiz beteiligt sich entsprechend dem in Artikel 11 Absatz 3 des Abkom­mens genannten Prozentsatz am Haushalt der Agentur.

Liechtenstein beteiligt sich im Einklang mit Artikel 3 des Protokolls, der auf das Verfahren gemäss Artikel 11 Absatz 3 des Abkommens verweist, am Haushalt der Agentur.

Art. 3 Schutz und Vertraulichkeit von Daten

1.  Sofern die Agentur personenbezogene Daten an die Behörden der Schweiz und Liechtensteins weiterleitet, findet die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parla­ments und des Rates vom 24. Oktober 19954 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr Anwen­dung.

2.  Bei der Weiterleitung von Daten durch die Behörden der Schweiz und Liechten­steins an die Agentur findet die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 20005 zum Schutz natürlicher Perso­nen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrich­tungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr Anwendung.

3.  Die Schweiz und Liechtenstein beachten die in der Geschäftsordnung des Ver­waltungsrats festgelegten Vorschriften über die Vertraulichkeit der im Besitz der Agentur befindlichen Dokumente.

4 ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

5 ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

Art. 4 Rechtsstellung

Die Agentur besitzt Rechtspersönlichkeit nach schweizerischem und liechtensteini­schem Recht und verfügt in der Schweiz und in Liechtenstein über die weitestge­hende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach schweizeri­schem und liechtensteinischem Recht zuerkannt wird. Sie kann insbesondere be­wegliches und unbewegliches Vermögen erwerben oder veräussern und ist vor Gericht parteifähig.

Art. 5 Haftung

Die Haftung der Agentur bestimmt sich nach Artikel 19 Absätze 1, 3 und 5 der Verordnung.

Art. 6 Gerichtshof

1.  Die Schweiz und Liechtenstein erkennen die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für die Agentur nach Massgabe von Artikel 19 Absätze 2 und 4 der Verordnung an.

2.  Streitigkeiten bezüglich der zivilrechtlichen Haftung werden im Einklang mit Artikel 10b Absatz 4 der Verordnung geklärt, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 20076 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten.

6 ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 30.

Art. 7 Vorrechte und Befreiungen

1.  Die Schweiz und Liechtenstein wenden auf die Agentur und deren Personal das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften an, das dieser Vereinbarung als Anhang beigefügt ist.

2.  Der Anhang dieser Vereinbarung, einschliesslich der die Schweiz betreffenden Anlage über das Verfahren für die Anwendung des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen, ist Bestandteil dieser Vereinbarung.

Art. 8 Personal

1.  Die Schweiz und Liechtenstein wenden die auf der Grundlage des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften erlassenen Vor­schriften für Personalangelegenheiten der Agentur an.

2.  Abweichend von Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a der Beschäftigungsbedingun­gen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften können Staats­angehörige der Schweiz und Liechtensteins, die im Besitz ihrer vollen staatsbürger­lichen Rechte sind, vom Exekutivdirektor der Agentur auf Vertragsbasis eingestellt werden.

3.  Staatsangehörige der Schweiz und Liechtensteins können jedoch nicht zum Exekutivdirektor oder stellvertretenden Exekutivdirektor der Agentur ernannt wer­den.

4.  Staatsangehörige der Schweiz und Liechtensteins können nicht zum Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats gewählt werden.

Art. 9 Inkrafttreten

1.  Verwahrer dieser Vereinbarung ist der Generalsekretär des Rates der Europäi­schen Union.

2.  Die Europäische Gemeinschaft, die Schweiz und Liechtenstein genehmigen diese Vereinbarung nach ihren eigenen Verfahren.

3.  Diese Vereinbarung tritt erst in Kraft, wenn sie von der Europäischen Gemein­schaft und mindestens einer weiteren Vertragspartei der Vereinbarung genehmigt worden ist.

4.  Diese Vereinbarung tritt für jede Vertragspartei der Vereinbarung am ersten Tag des ersten Monats nach Hinterlegung ihrer Genehmigungsurkunde beim Verwahrer in Kraft.

5.  Für Liechtenstein gilt diese Vereinbarung ab dem Zeitpunkt, zu dem die in Arti­kel 2 des Protokolls genannten Bestimmungen gemäss Artikel 10 des Protokolls in Kraft gesetzt werden.

Art. 10 Gültigkeit und Beendigung

1.  Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

2.  Diese Vereinbarung tritt sechs Monate nach Kündigung des Abkommens durch die Schweiz oder durch Beschluss des Rates der Europäischen Union oder nach einer anderweitigen Beendigung des Abkommens gemäss den Verfahren von Artikel 7 Absatz 4, Artikel 10 oder Artikel 17 des Abkommens ausser Kraft.

3.  Diese Vereinbarung tritt sechs Monate nach Kündigung des Protokolls durch Liechtenstein oder durch Beschluss des Rates der Europäischen Union oder nach einer anderweitigen Beendigung des Protokolls gemäss den Verfahren von Artikel 3, Artikel 5 Absatz 4, Artikel 11 Absatz 1 oder Artikel 11 Absatz 3 des Protokolls ausser Kraft.

Diese Vereinbarung und die ihr beigefügten Gemeinsamen Erklärungen sind in einer einzigen Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, lettischer, litauischer, maltesi­scher, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Geschehen zu Brüssel am 30. September 2009.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Jacques de Watteville

Für das
Fürstentum Liechtenstein:

S.D. Prinz Nikolaus von und zu Liechtenstein

Für die
Europäische Gemeinschaft:

Christian Danielsson

Anhang

(Art. 7)

Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften


Die hohen Vertragsparteien,

in der Erwägung, dass die Europäischen Gemeinschaften und die Europäische In­vestitionsbank nach Artikel 28 des Vertrags zur Einsetzung des gemeinsamen Rates und der gemeinsamen Kommission dieser Gemeinschaften im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Be­freiungen geniessen,

sind über folgende Bestimmungen übereingekommen, die diesem Vertrag
als Anhang beigefügt sind:

Kapitel I Vermögensgegenstände, Liegenschaften, Guthaben und Geschäfte der Europäischen Gemeinschaften



Art. 1

Die Räumlichkeiten und Gebäude der Gemeinschaften sind unverletzlich. Sie dürfen nicht durchsucht, beschlagnahmt, eingezogen oder enteignet werden. Die Vermö­gensgegenstände und Guthaben der Gemeinschaften dürfen ohne Ermächtigung des Gerichtshofes nicht Gegenstand von Zwangsmassnahmen der Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein.

Art. 2

Die Archive der Gemeinschaften sind unverletzlich.

Art. 3

Die Gemeinschaften, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegen­stände sind von jeder direkten Steuer befreit. Die Regierungen der Mitgliedstaaten treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Massnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn die Gemeinschaften für ihren Dienstbedarf grössere Einkäufe tätigen, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind. Die Durchführung dieser Massnahmen darf jedoch den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaften nicht verfälschen.

Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe darstellen, wird keine Befreiung gewährt.

Art. 4

Die Gemeinschaften sind von allen Zöllen sowie Ein- und Ausfuhrverboten und ‑beschränkungen bezüglich der zu ihrem Dienstgebrauch bestimmten Gegenstände befreit; die in dieser Weise eingeführten Gegenstände dürfen im Hoheitsgebiet des Staates, in das sie eingeführt worden sind, weder entgeltlich noch unentgeltlich veräussert werden, es sei denn zu Bedingungen, welche die Regierung dieses Staates genehmigt.

Den Gemeinschaften steht ferner für ihre Veröffentlichungen Befreiung von Zöllen sowie Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen zu.

Art. 5

Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl darf Devisen aller Art und Konten in jeder beliebigen Währung besitzen.

Kapitel II Nachrichtenübermittlung und Ausweise


Art. 6

Den Organen der Gemeinschaften steht für ihre amtliche Nachrichtenübermittlung und die Übermittlung aller ihrer Schriftstücke im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats die gleiche Behandlung wie den diplomatischen Vertretungen zu.

Der amtliche Schriftverkehr und die sonstige amtliche Nachrichtenübermittlung der Organe der Gemeinschaften unterliegen nicht der Zensur.

Art. 7

1.  Die Präsidenten der Organe der Gemeinschaften können den Mitgliedern und Bediensteten dieser Organe Ausweise ausstellen, deren Form vom Rat bestimmt wird und die von den Behörden der Mitgliedstaaten als gültige Reiseausweise aner­kannt werden. Diese Ausweise werden den Beamten und sonstigen Bediensteten nach Massgabe des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften ausgestellt. Die Kommission kann Abkommen zur Anerkennung dieser Ausweise als im Hoheitsgebiet dritter Länder gültige Reiseausweise schliessen.

2.  Artikel 6 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl findet jedoch weiterhin Anwendung auf diejeni­gen Mitglieder und Bediensteten der Organe, die bei Inkrafttreten dieses Vertrags im Besitz des in dem genannten Artikel vorgesehenen Ausweises sind, und zwar bis zur Anwendung von Absatz 1.

Kapitel III Mitglieder des Europäischen Parlaments


Art. 8

Die Reise der Mitglieder des Europäischen Parlaments zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments unterliegt keinen verwaltungsmässigen oder sonstigen Beschränkungen.

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten bei der Zollabfertigung und Devisenkontrolle:

a)
seitens ihrer eigenen Regierung dieselben Erleichterungen wie hohe Beamte, die sich in offiziellem Auftrag vorübergehend ins Ausland begeben;
b)
seitens der Regierungen der anderen Mitgliedstaaten dieselben Erleichterun­gen wie ausländische Regierungsvertreter mit vorübergehendem offiziellem Auftrag.
Art. 9

Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äusserung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.

Art. 10

Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments:

a)
steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parla­mentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu;
b)
können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.

Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.

Kapitel IV Vertreter der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Europäischen Gemeinschaften teilnehmen



Art. 11

Den Vertretern der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Gemein­schaften teilnehmen, sowie ihren Beratern und Sachverständigen stehen während der Ausübung ihrer Tätigkeit und auf der Reise zum und vom Tagungsort die üblichen Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen zu.

Dies gilt auch für die Mitglieder der beratenden Organe der Gemeinschaften.

Kapitel V Beamte und sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften


Art. 12

Den Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften stehen im Hoheitsge­biet jedes Mitgliedstaats ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen zu:

a)
Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschliesslich ihrer mündlichen und schriftlichen Äusserungen, jedoch vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Verträge über die Vorschriften betreffend die Haftung der Beamten und sonstigen Bediensteten gegenüber den Gemeinschaften und über die Zuständigkeit des Gerichtshofes für Streitsachen zwischen den Ge­meinschaften und ihren Beamten sowie sonstigen Bediensteten. Diese Befreiung gilt auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit;
b)
Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen und von der Meldepflicht für Ausländer; das Gleiche gilt für ihre Ehegatten und die von ihnen unterhalte­nen Familienmitglieder;
c)
die den Beamten der internationalen Organisationen üblicherweise gewähr­ten Erleichterungen auf dem Gebiet der Vorschriften des Währungs- und Devisenrechts;
d)
das Recht, ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsge­genstände bei Antritt ihres Dienstes in das in Frage stehende Land zollfrei einzuführen und bei Beendigung ihrer Amtstätigkeit in diesem Land ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände zollfrei wieder auszuführen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des Landes, in dem dieses Recht ausgeübt wird, in dem einen und anderen Fall für erforderlich erachtet;
e)
das Recht, das zu ihrem eigenen Gebrauch bestimmte Kraftfahrzeug, sofern es im Land ihres letzten ständigen Aufenthalts oder in dem Land, dem sie angehören, zu den auf dem Binnenmarkt dieses Landes geltenden Bedingun­gen erworben worden ist, zollfrei einzuführen und es zollfrei wieder auszu­führen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des in Frage stehenden Landes in dem einen und anderen Fall für erforderlich erachtet.
Art. 13

Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Gemeinschaften ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlen, wird zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer gemäss den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission festgelegt werden.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.

Art. 14

Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften, die sich lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienst der Gemeinschaften im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates niederlassen, in dem sie zur Zeit des Dienst­antritts bei den Gemeinschaften ihren steuerlichen Wohnsitz haben, werden in den beiden genannten Staaten für die Erhebung der Einkommen-, Vermögen- und Erb­schaftsteuer sowie für die Anwendung der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaften geschlossenen Abkommen so behandelt, als hätten sie ihren früheren Wohnsitz beibehalten, sofern sich dieser in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaften befindet. Dies gilt auch für den Ehegatten, soweit dieser keine eigene Berufstätigkeit ausübt, sowie für die Kinder, die unter der Aufsicht der in diesem Artikel bezeichneten Personen stehen und von ihnen unter­halten werden.

Das im Hoheitsgebiet des Aufenthaltsstaats befindliche bewegliche Vermögen der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist in diesem Staat von der Erbschaftsteuer befreit; für die Veranlagung dieser Steuer wird es vorbehaltlich der Rechte dritter Länder und der etwaigen Anwendung internationaler Abkommen über die Doppelbesteue­rung als in dem Staat des steuerlichen Wohnsitzes befindlich betrachtet.

Ein lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienste anderer internationaler Organisationen begründeter Wohnsitz bleibt bei der Anwendung dieses Artikels unberücksichtigt.

Art. 15

Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission durch einstimmigen Beschluss das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften fest.

Art. 16

Der Rat bestimmt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der anderen betroffenen Organe die Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften, auf welche die Artikel 12, 13 Absatz 2 und Artikel 14 ganz oder teilweise Anwendung finden.

Namen, Dienstrang und -stellung sowie Anschrift der Beamten und sonstigen Bediensteten dieser Gruppen werden den Regierungen der Mitgliedstaaten in regel­mässigen Zeitabständen mitgeteilt.

Kapitel VI Vorrechte und Befreiungen der Vertretungen dritter Länder, die bei den Europäischen Gemeinschaften beglaubigt sind



Art. 17

Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Sitz der Gemeinschaften befin­det, gewährt den bei den Gemeinschaften beglaubigten Vertretungen dritter Länder die üblichen diplomatischen Vorrechte und Befreiungen.

Kapitel VII Allgemeine Bestimmungen


Art. 18

Die Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden den Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften ausschliesslich im Interesse der Gemeinschaften gewährt.

Jedes Organ der Gemeinschaften hat die Befreiung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten in allen Fällen aufzuheben, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Gemeinschaften nicht zuwiderläuft.

Art. 19

Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Gemeinschaften und die verantwortlichen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.

Art. 20

Die Artikel 12–15 und 18 finden auf die Mitglieder der Kommission Anwendung.

Art. 21

Die Artikel 12–15 und 18 finden auf die Richter, die Generalanwälte, den Kanzler und die Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs sowie die Mitglieder und den Kanzler des Gerichts erster Instanz Anwendung; die Bestimmungen des Artikels 3 des Pro­tokolls über die Satzung des Gerichtshofs betreffend die Befreiung der Richter und Generalanwälte von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.

Art. 22

Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Investitionsbank, die Mitglieder ihrer Organe, ihr Personal und die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an ihren Arbeiten teilnehmen; die Bestimmungen des Protokolls über die Satzung der Bank bleiben hiervon unberührt.

Die Europäische Investitionsbank ist ausserdem von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich der Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förmlichkeiten befreit, die hiermit in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Desgleichen werden bei ihrer etwaigen Auflösung und Liquidation keine Abgaben erhoben. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und ihrer Organe, soweit sie nach Massgabe der Satzung ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.

Art. 23

Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Zentralbank, die Mitglieder ihrer Beschlussorgane und ihre Bediensteten; die Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zent­ralbank bleiben hiervon unberührt.

Die Europäische Zentralbank ist ausserdem von allen Steuern und sonstigen Abga­ben anlässlich der Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förm­lichkeiten befreit, die hiermit in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und ihrer Beschlussorgane, soweit sie nach Massgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Euro­päischen Zentralbank ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.

Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch für das Europäische Währungsinstitut. Bei seiner Auflösung oder Liquidation werden keine Abgaben erhoben.

Anlage zum Anhang

Verfahren für die Anwendung des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen in der Schweiz


1. Ausweitung der Anwendung auf die Schweiz

Verweise auf die «Mitgliedstaaten» im Protokoll über die Vorrechte und Befreiun­gen der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend «das Protokoll» genannt) sind so zu verstehen, dass auch die Schweiz einbezogen ist, sofern die nachstehenden Bestimmungen nichts Anderes festlegen.

2. Befreiung der Agentur von den indirekten Steuern (einschliesslich der Mehrwertsteuer)


Aus der Schweiz ausgeführte Güter und Dienstleistungen unterliegen nicht der schweizerischen Mehrwertsteuer. Für Güter und Dienstleistungen, die der Agentur in der Schweiz für ihren Dienstbedarf geliefert werden, wird die Mehrwertsteuer gemäss Artikel 3 Absatz 2 des Protokolls erstattet. Eine Mehrwertsteuerbefreiung wird gewährt, wenn der tatsächliche Ankaufspreis der in der Rechnung oder einem gleichwertigen Dokument aufgeführten Güter und Dienstleistungen mindestens 100 Schweizer Franken beträgt (einschliesslich Steuern).

Zur Erstattung der Mehrwertsteuer sind der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, die entsprechenden schweizerischen Formulare vorzulegen. Die Anträge werden grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Ein­reichung des Erstattungsantrags und Vorlage der erforderlichen Belege bearbeitet.

3. Verfahren für die Anwendung der Bestimmungen in Bezug auf das Personal der Agentur


In Bezug auf Artikel 13 Absatz 2 des Protokolls befreit die Schweiz nach den Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts die Beamten oder sonstigen Bediensteten der Agentur im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 549/69 des Rates vom 25. März 1969 (ABl. L 74 vom 27.3.1969, S. 1), die einer gemeinschaftsinternen Steuer zugunsten der Gemeinschaft unterliegen, von den Bundes-, Kanton- und Gemeindesteuern auf die von der Gemeinschaft gezahlten Gehälter, Löhne und anderen Bezüge.

Für die Zwecke der Anwendung des Artikels 14 des Protokolls gilt die Schweiz nicht als Mitgliedstaat im Sinne von Ziffer 1.

Die dem Sozialversicherungssystem für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft angeschlossenen Beamten und sonstigen Bediensteten der Agentur sowie ihre Familienmitglieder sind nicht verpflichtet, sich am Sozialversicherungs­system der Schweiz zu beteiligen.

Für alle Fragen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen der Agentur oder der Kommission und ihrem Personal hinsichtlich der Anwendung der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 (ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1) und der sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zur Festlegung der Arbeitsbedingungen ist ausschliesslich der Gerichtshof der Europäi­schen Gemeinschaften zuständig.

Gemeinsame Erklärung

der Europäischen Gemeinschaft sowie der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung des Fürstentums Liechten­stein zu der Vereinbarung zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und des Fürstentums Liechtenstein an der Euro­päischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union




Die Europäische Gemeinschaft,
die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und
die Regierung des Fürstentums Liechtenstein,

nach Abschluss der Vereinbarung zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Fürstentums Liechtenstein an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäss Artikel 21 Absatz 3 der Verord­nung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates,

erklären gemeinsam:

Das in der Vereinbarung vorgesehene Stimmrecht ist aufgrund der besonderen Beziehungen zu der Schweiz und zu Liechtenstein gerechtfertigt, die sich aus der Assoziierung dieser Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands ergeben.

Dieses Stimmrecht wird aufgrund des besonderen Charakters der Schengen-Zusam­menarbeit und der besonderen Position der Schweiz und Liechtensteins ausnahme­halber gewährt.

Es darf daher nicht als rechtlicher oder politischer Präzedenzfall für andere Bereiche der Zusammenarbeit zwischen den Parteien der Vereinbarung oder für die Beteili­gung sonstiger Drittländer an anderen Agenturen der Union angesehen werden.

Unter keinen Umständen darf dieses Stimmrecht bei Beschlüssen regulierender oder legislativer Art wahrgenommen werden.

Gemeinsame Erklärung der Vertragsparteien zur Anwendung der Bestimmungen über die zivilrechtliche Haftung


Im Falle der Entsendung eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke im Rahmen der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aus­sengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union findet in Bezug auf die zivilrechtliche Haftung Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten Anwendung.

Geltungsbereich am 16. Januar 20127

Vertragsstaaten

Ratifikation

Inkrafttreten

Europäische Union

29. Juli

2010

  1. August

2010

Liechtenstein

15. Dezember

2011

  1. Januar

2012

Schweiz

20. November

2009

  1. August

2010