412.101.221.28
Verordnung des SBFI1
über die berufliche Grundbildung
Gewebegestalterin/Gewebegestalter
mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ)
vom 26. Mai 2010 (Stand am 1. Januar 2013)
25805 | Gewebegestalterin EFZ/Gewebegestalter EFZ Créatrice de tissu CFC/Créateur de tissu CFC Creatrice di tessuti AFC/Creatore di tessuti AFC |
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI),
gestützt auf Artikel 19 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 20022 (BBG) und auf Artikel 12 der Berufsbildungsverordnung vom 19. November 20033 (BBV)
verordnet:
Gewebegestalterinnen auf Stufe EFZ/Gewebegestalter auf Stufe EFZ beherrschen namentlich folgende Tätigkeiten und zeichnen sich durch folgende Haltungen aus:
- a.
- Sie entwerfen und weben Stoffe. Ausgehend von Kundenaufträgen und eigenen Ideen gestalten sie Gewebe. Sie gestalten selbstständig die Planung, Ausführung und Qualitätskontrolle ihrer Produkte.
- b.
- Sie setzen Kundenwünsche und eigene Vorstellungen in realisierbare und ästhetische Entwürfe und Skizzen um. Dabei nutzen sie ihre Kenntnisse der Gestaltungs- und Farbenlehre wie auch der Bindungslehre.
- c.
- Sie verarbeiten die gezielt gewählten Materialien ressourcenschonend zu funktionsgemässen und qualitativ hochstehenden Geweben. Dazu setzen sie Webstühle und Geräte gekonnt, sorgfältig und selbstständig ein.
- d.
- Sie zeichnen sich durch kreatives Denken und Handeln, technisches Verständnis und gutes Vorstellungsvermögen aus. Sie arbeiten kundenorientiert und sind offen für aktuelle Trends in der Mode und Innenraumgestaltung.
- e.
- Sie gehen bei ihren Arbeiten achtsam mit Ressourcen um. Sie setzen die Vorschriften des Umweltschutzes, des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit pflichtbewusst ein.
1 Die berufliche Grundbildung dauert 3 Jahre.
2 Der Beginn der beruflichen Grundbildung richtet sich nach dem Schuljahr der zuständigen Berufsfachschule.
1 Die Ziele und Anforderungen der beruflichen Grundbildung werden in Form von Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 beschrieben.
2 Sie gelten für alle Lernorte.
Die Fachkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
- a.
- Gestalten und Planen von Aufträgen und Projekten;
- b.
- Realisieren von Aufträgen und Projekten;
- c.
- Sicherstellen von Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Umweltschutz und Werterhaltung.
Die Methodenkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
- a.
- Arbeitstechniken und Problemlösen;
- b.
- qualitätsorientiertes Denken und Handeln;
- c.
- Lernstrategien;
- d.
- kreatives und experimentierfreudiges Denken und Handeln;
- e.
- Präsentationstechniken;
- f.
- ökologisches Verhalten.
Die Sozial- und Selbstkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
- a.
- eigenverantwortliches Handeln;
- b.
- lebenslanges Lernen;
- c.
- Kommunikationsfähigkeit;
- d.
- Konfliktfähigkeit;
- e.
- Teamfähigkeit;
- f.
- Umgangsformen und Auftreten;
- g.
- Belastbarkeit.
1 Die Anbieter der Bildung geben den Lernenden zu Beginn der Bildung Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz ab und erklären sie ihnen.
2 Diese Vorschriften und Empfehlungen werden an allen Lernorten vermittelt und in den Qualifikationsverfahren berücksichtigt.
1 Die Bildung in beruflicher Praxis erfolgt über die ganze Dauer der beruflichen Grundbildung im Durchschnitt an 4 Tagen pro Woche.
2 Die schulische Bildung im obligatorischen Unterricht erfolgt in 1200 Lektionen. Davon entfallen auf den Sportunterricht 120 Lektionen.
3 Die überbetrieblichen Kurse umfassen insgesamt mindestens 15 und höchstens 17 Tage zu 8 Stunden. Im letzten Semester der beruflichen Grundbildung finden keine überbetrieblichen Kurse mehr statt.
1 Unterrichtssprache ist in der Regel die Landessprache des Schulortes.
2 Zweisprachiger Unterricht in der Landessprache des Schulortes und in einer weiteren Landessprache oder in Englisch ist empfohlen.
3 Die Kantone können andere Unterrichtssprachen zulassen.
1 Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung liegt ein Bildungsplan vor, der von der verantwortlichen Organisation der Arbeitswelt erarbeitet und vom SBFI genehmigt ist.
2 Der Bildungsplan führt die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 wie folgt näher aus:
- a.
- Er begründet sie in ihrer Wichtigkeit für die berufliche Grundbildung.
- b.
- Er bestimmt, welches Verhalten in bestimmten Handlungssituationen am Arbeitsplatz erwartet wird.
- c.
- Er differenziert sie in konkrete Leistungsziele aus.
- d.
- Er bezieht sie konsistent auf die Qualifikationsverfahren und beschreibt deren System.
3 Der Bildungsplan legt überdies fest:
- a.
- die curriculare Gliederung der beruflichen Grundbildung;
- b.
- die Aufteilung der überbetrieblichen Kurse über die Dauer der Grundbildung und ihre Organisation;
- c.
- die Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz.
4 Dem Bildungsplan angefügt ist die Liste der Unterlagen zur Umsetzung der beruflichen Grundbildung mit Titel, Datum und Bezugsquelle.
Für den allgemeinbildenden Unterricht gilt die Verordnung des SBFI vom 27. April 20064 über die Mindestvorschriften für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung.
Die fachlichen Mindestanforderungen im Sinne von Artikel 44 Absatz 1 Buchstaben a und b BBV an eine Berufsbildnerin oder einen Berufsbildner erfüllt, wer über eine der folgenden Qualifikationen verfügt:
- a.
- Gewebegestalterin EFZ/Gewebegestalter EFZ mit mindestens 2 Jahren beruflicher Praxis im Lehrgebiet;
- b.
- gelernte Textilgestalterin Handweben/gelernter Textilgestalter Handweben mit mindestens 2 Jahren beruflicher Praxis im Lehrgebiet;
- c.
- eidgenössisches Fähigkeitszeugnis eines verwandten Berufs mit den notwendigen Berufskenntnissen im Bereich der Gewebegestalterin EFZ/des Gewebegestalters EFZ und mit mindestens 3 Jahren beruflicher Praxis im Lehrgebiet;
- d.
- einschlägiger Abschluss der höheren Berufsbildung;
- e.
- einschlägiger Abschluss einer Fachhochschule mit mindestens 2 Jahren beruflicher Praxis im Lehrgebiet.
1 In einem Betrieb darf eine lernende Person ausgebildet werden, wenn:
- a.
- eine entsprechend qualifizierte Berufsbildnerin oder ein entsprechend qualifizierter Berufsbildner zu 100 Prozent beschäftigt wird; oder
- b.
- zwei entsprechend qualifizierte Berufsbildnerinnen oder entsprechend qualifizierte Berufsbildner zu je mindestens 60 Prozent beschäftigt werden.
2 Tritt eine lernende Person in das letzte Jahr der beruflichen Grundbildung ein, so kann eine weitere lernende Person ihre Bildung beginnen.
3 Mit jeder zusätzlichen Beschäftigung einer Fachkraft zu 100 Prozent oder von 2 Fachkräften zu je mindestens 60 Prozent darf eine weitere lernende Person im Betrieb ausgebildet werden.
4 Als Fachkraft gilt, wer über ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis im Fachbereich der lernenden Person oder über eine gleichwertige Qualifikation verfügt.
5 In besonderen Fällen kann die kantonale Behörde einem Betrieb, der seit mehreren Jahren Lernende mit überdurchschnittlichem Erfolg ausgebildet hat, die Überschreitung der Höchstzahl der Lernenden bewilligen.
1 Die lernende Person führt eine Lerndokumentation, in der sie laufend alle wesentlichen Arbeiten, die erworbenen Fähigkeiten und ihre Erfahrungen im Betrieb festhält.
2 Die Berufsbildnerin oder der Berufsbildner kontrolliert und unterzeichnet die Lerndokumentation einmal pro Quartal. Sie oder er bespricht sie mindestens einmal pro Quartal mit der lernenden Person.
3 Sie oder er hält am Ende jedes Semesters den Bildungsstand der lernenden Person in einem Bildungsbericht fest.
Die Anbieter der schulischen Bildung und die Anbieter schulisch organisierter Grundbildungen dokumentieren die Leistungen der Lernenden in den unterrichteten Bereichen und stellen ihnen am Ende jedes Semesters ein Zeugnis aus.
1 Die Anbieter der überbetrieblichen Kurse dokumentieren die Leistungen der Lernenden in der Form von Kompetenznachweisen nach den Ausführungen des Bildungsplans.
2 Diese Kompetenznachweise werden in Noten ausgedrückt und fliessen ein in die Berechnung der Erfahrungsnote nach Artikel 20 Absatz 3.
Zu den Qualifikationsverfahren wird zugelassen, wer die berufliche Grundbildung erworben hat:
- a.
- nach den Bestimmungen dieser Verordnung;
- b.
- in einer vom Kanton dafür zugelassenen Bildungsinstitution; oder
- c.
- ausserhalb eines geregelten Bildungsganges und:
- 1.
- die nach Artikel 32 BBV erforderliche Erfahrung erworben hat,
- 2.
- von dieser beruflichen Erfahrung mindestens 3 Jahre im Bereich der Gewebegestalterin EFZ/des Gewebegestalters EFZ erworben hat,
- 3.
- glaubhaft macht, den Anforderungen der Abschlussprüfung (Artikel 19) gewachsen zu sein.
In den Qualifikationsverfahren ist nachzuweisen, dass die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 erworben worden sind.
1 Im Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung werden die nachstehenden Qualifikationsbereiche wie folgt geprüft:
- a.
- Praktische Arbeit als individuelle praktische Arbeit (IPA) im Umfang von 60–80 Stunden. Dieser Qualifikationsbereich wird gegen Ende der beruflichen Grundbildung geprüft. Die lernende Person muss zeigen, dass sie fähig ist, die geforderten Tätigkeiten fachlich korrekt sowie bedarfs- und situationsgerecht auszuführen. Die Lerndokumentation und die Unterlagen der überbetrieblichen Kurse dürfen als Hilfsmittel verwendet werden.
- b.
- Berufskenntnisse, im Umfang von 3 Stunden. Dieser Qualifikationsbereich wird gegen Ende der beruflichen Grundbildung geprüft. Die lernende Person wird schriftlich befragt.
- c.
- Allgemeinbildung. Der Qualifikationsbereich richtet sich nach der Verordnung des SBFI vom 27. April 20065 über die Mindestvorschriften für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung.
2 In jedem Qualifikationsbereich beurteilen mindestens zwei Prüfungsexpertinnen oder -experten die Leistungen.
1 Das Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung ist bestanden, wenn:
- a.
- der Qualifikationsbereich «praktische Arbeit» mit der Note 4 oder höher bewertet wird; und
- b.
- die Gesamtnote 4 oder höher erreicht wird.
2 Die Gesamtnote ist das auf eine Dezimalstelle gerundete Mittel der gewichteten Noten aus der Summe der Noten der einzelnen Qualifikationsbereiche der Abschlussprüfung sowie der gewichteten Erfahrungsnote. Dabei gilt folgende Gewichtung:
- a.
- praktische Arbeit: 40 %;
- b.
- Berufskenntnisse: 20 %;
- c.
- Allgemeinbildung: 20 %;
- d.
- Erfahrungsnote: 20 %.
3 Die Erfahrungsnote ist das auf eine Dezimalstelle gerundete Mittel aus der Summe der Noten für:
- a.
- den berufskundlichen Unterricht;
- b.
- die überbetrieblichen Kurse.
4 Die Note für den berufskundlichen Unterricht ist das auf eine ganze oder halbe Note gerundete Mittel aus der Summe aller Semesterzeugnisnoten des berufskundlichen Unterrichts.
5 Die Note für die überbetrieblichen Kurse ist das auf eine ganze oder halbe Note gerundete Mittel aus der Summe der benoteten Kompetenznachweise.
1 Die Wiederholung des Qualifikationsverfahrens richtet sich nach Artikel 33 BBV. Muss ein Qualifikationsbereich wiederholt werden, so ist er in seiner Gesamtheit zu wiederholen.
2 Wird die Abschlussprüfung ohne erneuten Besuch der Berufsfachschule wiederholt, so wird die bisherige Erfahrungsnote beibehalten. Wird der berufskundliche Unterricht während mindestens 2 Semestern wiederholt, so zählen für die Berechnung der Erfahrungsnote nur die neuen Noten.
3 Wird die Abschlussprüfung ohne erneuten Besuch von überbetrieblichen Kursen wiederholt, so wird die bisherige Note beibehalten. Werden die letzten zwei bewerteten überbetrieblichen Kurse wiederholt, so zählen für die Berechnung der Erfahrungsnote nur die neuen Noten.
1 Hat eine lernende Person die Vorbildung ausserhalb der geregelten beruflichen Grundbildung erworben und die Abschlussprüfung nach dieser Verordnung absolviert, so entfällt die Erfahrungsnote.
2 Für die Berechnung der Gesamtnote werden die einzelnen Noten wie folgt gewichtet:
- a.
- praktische Arbeit: 50 %;
- b.
- Berufskenntnisse: 30 %;
- c.
- Allgemeinbildung: 20 %.
1 Wer ein Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat, erhält das eidgenössische Fähigkeitszeugnis EFZ.
2 Das Fähigkeitszeugnis berechtigt, den gesetzlich geschützten Titel «Gewebegestalterin EFZ/Gewebegestalter EFZ» zu führen.
3 Ist das Fähigkeitszeugnis mittels Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung erworben worden, so wird im Notenausweis aufgeführt:
- a.
- die Gesamtnote;
- b.
- die Noten jedes Qualifikationsbereichs der Abschlussprüfung sowie, unter dem Vorbehalt von Artikel 22 Absatz 1, die Erfahrungsnote.
1 Die Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität setzt sich zusammen aus:
- a.
- 4–6 Vertreterinnen oder Vertretern der Interessengemeinschaft Weben IGW;
- b.
- 2–3 Vertreterinnen oder Vertretern der Fachlehrerschaft;
- c.
- je mindestens 1 Vertreterin oder 1 Vertreter des Bundes und der Kantone.
2 Die Sprachregionen müssen gebührend vertreten sein.
3 Die Kommission konstituiert sich selbst.
4 Die Kommission hat folgende Aufgaben:
- a.
- Sie passt den Bildungsplan nach Artikel 10 den wirtschaftlichen, technologischen, ökologischen und didaktischen Entwicklungen laufend, mindestens aber alle 5 Jahre an. Dabei trägt sie allfälligen neuen organisatorischen Aspekten der beruflichen Grundbildung Rechnung. Die Anpassungen bedürfen der Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Kantone sowie der Genehmigung durch das SBFI.
- b.
- Sie beantragt dem SBFI Änderungen dieser Verordnung, sofern die beobachteten Entwicklungen die Regelungen dieser Verordnung, namentlich die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6, betreffen.
Es werden aufgehoben:
- a.
- das Reglement vom 8. Dezember 19996 über die Ausbildung und die Lehrabschlussprüfung der Textilgestalterin Handweben/des Textilgestalters Handweben;
- b.
- der Lehrplan vom 8. Dezember 19997 für den beruflichen Unterricht der Textilgestalterin Handweben/des Textilgestalters Handweben.
1 Lernende, die ihre Bildung als Textilgestalterin Handweben/Textilgestalter Handweben vor dem 1. Januar 2011 begonnen haben, schliessen sie nach bisherigem Recht ab.
2 Wer die Lehrabschlussprüfung für Textilgestalterin Handweben/Textilgestalter Handweben bis zum 31. Dezember 2015 wiederholt, kann verlangen, nach bisherigem Recht beurteilt zu werden.
1 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.
2 Die Bestimmungen über Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel (Art. 17–23) treten am 1. Januar 2014 in Kraft.