1. Artikel 8 Absatz 1 des Übereinkommens wird durch folgenden Wortlaut ersetzt:
1. Der Kapitän eines Schiffes eines Vertragsstaats («Flaggenstaat») kann den Behörden eines anderen Vertragsstaats («Empfangsstaat») jede Person übergeben, bei welcher der Kapitän begründeten Anlass zur Annahme hat, dass sie eine in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannte Straftat begangen hat.
2. Folgender Wortlaut wird als Artikel 8bis des Übereinkommens eingefügt:
Art. 8bis
1. Die Vertragsstaaten arbeiten so weit wie irgend möglich zusammen, um von diesem Übereinkommen erfasste widerrechtliche Handlungen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu verhüten und zu bekämpfen; sie antworten so schnell wie möglich auf jedes Ersuchen nach diesem Artikel.
2. In jedem Ersuchen nach diesem Artikel ist nach Möglichkeit der Name des verdächtigen Schiffes, seine IMO-Identifikationsnummer, sein Registerhafen, sein Ursprungs- und sein Bestimmungshafen sowie jede weitere sachdienliche Information anzugeben. Wird ein Ersuchen mündlich gestellt, so bestätigt die ersuchende Vertragspartei das Ersuchen so bald wie möglich schriftlich. Die ersuchte Vertragspartei bestätigt umgehend den Eingang jedes schriftlichen oder mündlichen Ersuchens.
3. Die Vertragsstaaten berücksichtigen die Gefahren und Schwierigkeiten, die mit dem Anhalten eines Schiffes auf See und dem Durchsuchen seiner Ladung verbunden sind, und prüfen, ob es andere geeignete zwischen den betreffenden Staaten vereinbarte Massnahmen gibt, die im nächsten Anlaufhafen oder anderswo sicherer getroffen werden können.
4. Ein Vertragsstaat, der begründeten Anlass zum Verdacht hat, dass eine in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannte Straftat begangen wurde, gerade begangen wird oder begangen werden soll, an der ein seine Flagge führendes Schiff beteiligt ist, kann andere Vertragsstaaten ersuchen, ihm bei der Verhütung oder Bekämpfung der Straftat zu helfen. Die darum ersuchten Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel diese Hilfe zu leisten.
5. Begegnen Strafverfolgungsbeamte oder andere befugte Beamte eines Vertragsstaats («ersuchende Partei») einem Schiff, das die Flagge eines anderen Vertragsstaats («erste Partei») führt oder dessen Registrierungszeichen zeigt, seewärts des Küstenmeers eines Staates und hat die ersuchende Partei begründeten Anlass zum Verdacht, dass das Schiff oder eine an Bord des Schiffes befindliche Person an der Begehung einer in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannten Straftat beteiligt war, beteiligt ist oder beteiligt sein wird, und wünscht die ersuchende Partei, das Schiff anzuhalten:
- a)
- so ersucht sie in Übereinstimmung mit den Absätzen 1 und 2 die erste Partei, die geltend gemachte Staatszugehörigkeit zu bestätigen; und
- b)
- bittet die erste Partei (im Folgenden als «Flaggenstaat» bezeichnet), falls die Staatszugehörigkeit bestätigt wurde, um die Genehmigung, das Schiff anhalten zu dürfen und die geeigneten Massnahmen im Hinblick auf das Schiff zu treffen; dazu zählt gegebenenfalls das Stoppen, Anhalten und die Durchsuchung des Schiffes, seiner Ladung und der an Bord befindlichen Personen sowie deren Befragung, um festzustellen, ob eine in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannte Straftat begangen wurde, begangen wird oder begangen werden soll; und
- c)
- der Flaggenstaat wird entweder:
- i)
- der ersuchenden Partei die Genehmigung erteilen, das Schiff anzuhalten und die in Absatz 5 Buchstabe b genannten geeigneten Massnahmen zu treffen, vorbehaltlich etwaiger Bedingungen, die er in Übereinstimmung mit Absatz 7 stellen kann, oder
- ii)
- das Anhalten oder die Durchsuchung mit seinen eigenen Strafverfolgungs- oder sonstigen Beamten vornehmen, oder
- iii)
- das Anhalten und die Durchsuchung zusammen mit der ersuchenden Partei vornehmen, vorbehaltlich etwaiger Bedingungen, die er in Übereinstimmung mit Absatz 7 stellen kann, oder
- iv)
- die Genehmigung zum Anhalten und Durchsuchen ablehnen.
- Die ersuchende Partei wird das Schiff nicht ohne ausdrückliche Genehmigung durch den Flaggenstaat anhalten oder die in Absatz 5 Buchstabe b genannten Massnahmen treffen.
- d)
- ein Vertragsstaat kann bei oder nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde dem Generalsekretär notifizieren, dass der ersuchenden Partei für Schiffe, die seine Flagge führen oder sein Registrierungszeichen zeigen, die Genehmigung erteilt wird, das Schiff anzuhalten und das Schiff, seine Ladung und die an Bord befindlichen Personen zu durchsuchen und diese zu befragen, um Unterlagen über die Staatszugehörigkeit des Schiffes zu finden und zu prüfen und um festzustellen, ob eine in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannte Straftat begangen wurde, begangen wird oder begangen werden soll, falls die erste Partei innerhalb von vier Stunden, nachdem sie den Eingang eines Ersuchens um Bestätigung der Staatszugehörigkeit bestätigt hat, nicht geantwortet hat;
- e)
- ein Vertragsstaat kann bei oder nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde dem Generalsekretär notifizieren, dass der ersuchenden Partei für Schiffe, die seine Flagge führen oder sein Registrierungszeichen zeigen, die Genehmigung erteilt wird, das Schiff anzuhalten und das Schiff, seine Ladung und die an Bord befindlichen Personen zu durchsuchen und diese zu befragen, um festzustellen, ob eine in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannte Straftat begangen wurde, begangen wird oder begangen werden soll.
Die Notifikationen nach diesem Absatz können jederzeit zurückgenommen werden.
6. Werden infolge eines nach diesem Artikel vorgenommenen Anhaltens Beweise für die in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater beschriebenen Handlungen gefunden, so kann der Flaggenstaat der ersuchenden Partei die Genehmigung erteilen, das Schiff, seine Ladung und die an Bord befindlichen Personen so lange festzuhalten, bis sie vom Flaggenstaat weitere Anweisungen erhält. Die ersuchende Partei unterrichtet den Flaggenstaat unverzüglich über das Ergebnis eines Anhaltens, einer Durchsuchung und eines Zurückhaltens nach diesem Artikel. Die ersuchende Partei unterrichtet den Flaggenstaat auch unverzüglich über die Entdeckung von Beweisen für nicht von diesem Übereinkommen erfasste widerrechtliche Handlungen.
7. Der Flaggenstaat kann in Übereinstimmung mit anderen Bestimmungen dieses Übereinkommens seine Genehmigung nach Absatz 5 oder 6 von Bedingungen abhängig machen, einschliesslich der Vorlage weiterer Informationen seitens der ersuchenden Partei, sowie von Bedingungen im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit für die zu treffenden Massnahmen und deren Umfang. Zusätzliche Massnahmen dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Flaggenstaats getroffen werden, ausser solchen, die erforderlich sind, um eine unmittelbare Gefahr für das Leben von Personen abzuwenden, oder die sich aus einschlägigen zwei- oder mehrseitigen Übereinkünften ableiten.
8. Bei jedem Anhalten aufgrund dieses Artikels hat der Flaggenstaat das Recht, seine Gerichtsbarkeit über ein zurückgehaltenes Schiff, seine Ladung oder andere an Bord befindliche Gegenstände und Personen auszuüben, einschliesslich der Beschlagnahme, Einziehung, Festnahme und Strafverfolgung. Der Flaggenstaat kann jedoch vorbehaltlich seiner Verfassung und seiner Gesetze in die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch einen anderen Staat einwilligen, der nach Artikel 6 die Gerichtsbarkeit hat.
9. Bei der Durchführung der genehmigten Massnahmen nach diesem Artikel ist die Anwendung von Gewalt zu vermeiden, es sei denn, sie ist zum Schutz der an Bord befindlichen Beamten und Personen oder in den Fällen erforderlich, in denen die Beamten an der Durchführung der genehmigten Massnahmen gehindert werden. Jede Anwendung von Gewalt nach diesem Artikel darf das geringste Mass an Gewalt, das unter den gegebenen Umständen erforderlich und angemessen ist, nicht überschreiten.
10. Sicherungsmassnahmen:
- a)
- Trifft ein Vertragsstaat in Übereinstimmung mit diesem Artikel Massnahmen gegen ein Schiff, so
- i)
- trägt er der Notwendigkeit gebührend Rechnung, die Sicherheit des menschlichen Lebens auf See nicht zu gefährden;
- ii)
- sorgt er dafür, dass alle an Bord befindlichen Personen in einer Weise behandelt werden, die ihre grundlegende Menschenwürde wahrt und die in Einklang mit den anwendbaren Bestimmungen des Völkerrechts einschliesslich derjenigen über die Menschenrechte steht;
- iii)
- stellt er sicher, dass ein Anhalten und Durchsuchen nach diesem Artikel in Übereinstimmung mit dem anwendbaren Völkerrecht erfolgt;
- iv)
- trägt er der Sicherheit und dem Schutz des Schiffes und seiner Ladung gebührend Rechnung;
- v)
- trägt er der Notwendigkeit gebührend Rechnung, die wirtschaftlichen oder rechtlichen Interessen des Flaggenstaats nicht zu beeinträchtigen;
- vi)
- stellt er im Rahmen der verfügbaren Mittel sicher, dass jede im Hinblick auf das Schiff und seine Ladung getroffene Massnahme unter den gegebenen Umständen umweltverträglich ist;
- vii)
- sorgt er dafür, dass an Bord befindlichen Personen, gegen die ein Verfahren wegen einer der in Artikel 3, 3bis, 3ter oder 3quater genannten Straftaten eingeleitet werden könnte, ungeachtet des Ortes, an dem sie sich befinden, der Schutz nach Artikel 10 Absatz 2 zuteil wird;
- viii)
- stellt er sicher, dass der Kapitän eines Schiffes von seiner Absicht, das Schiff anzuhalten, in Kenntnis gesetzt wird und zum frühestmöglichen Zeitpunkt Gelegenheit erhält oder erhalten hat, mit dem Schiffseigner und dem Flaggenstaat Verbindung aufzunehmen;
- ix)
- unternimmt er alle angemessenen Anstrengungen, um zu vermeiden, dass ein Schiff ungebührlich lange zurückgehalten oder aufgehalten wird.
- b)
- Sofern die Genehmigung eines Flaggenstaats zum Anhalten eines Schiffes diesen nicht per se haftbar macht, haften die Vertragsstaaten für alle Schäden, Verletzungen oder Verluste, die ihnen aufgrund von nach diesem Artikel getroffenen Massnahmen zuzurechnen sind:
- i)
- wenn sich der Verdacht für die Massnahmen als unbegründet erweist, es sei denn, von Seiten des Schiffes wurde eine die getroffenen Massnahmen rechtfertigende Handlung begangen; oder
- ii)
- wenn die Massnahmen widerrechtlich sind oder das überschreiten, was angesichts der verfügbaren Informationen zur Durchführung dieses Artikels begründeterweise erforderlich ist.
- Die Vertragsstaaten gewährleisten wirksamen Rechtsschutz für solche Schäden, Verletzungen oder Verluste.
- c)
- Trifft ein Vertragsstaat in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen Massnahmen gegen ein Schiff, so hat er der Notwendigkeit gebührend Rechnung zu tragen, dass Folgendes nicht behindert oder beeinträchtigt wird:
- i)
- die Rechte und Pflichten sowie die Ausübung der Hoheitsbefugnisse der Küstenstaaten in Übereinstimmung mit dem internationalen Seerecht; oder
- ii)
- die Befugnis des Flaggenstaats, die Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungsmässigen, technischen und sozialen Angelegenheiten in Bezug auf das Schiff auszuüben.
- d)
- Jede nach diesem Artikel getroffene Massnahme wird von Strafverfolgungsbeamten oder anderen befugten Beamten von Kriegsschiffen oder Militärluftfahrzeugen oder von anderen Schiffen oder Luftfahrzeugen durchgeführt, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sowie hierzu befugt sind; dieser Artikel findet ungeachtet der Artikel 2 und 2bis Anwendung.
- e)
- Im Sinne dieses Artikels bedeutet «Strafverfolgungsbeamte oder andere befugte Beamte» uniformierte oder anderweitig deutlich erkennbare, von ihrer Regierung ordnungsgemäss befugte Angehörige der Strafverfolgungs- oder anderer staatlicher Behörden. Für den besonderen Zweck der Strafverfolgung nach diesem Übereinkommen legen die Strafverfolgungsbeamten oder anderen befugten Beamten beim Anhalten dem Kapitän des Schiffes geeignete staatlich ausgestellte Ausweispapiere zur Prüfung vor.
11. Dieser Artikel findet keine Anwendung auf das von einem Vertragsstaat in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht durchgeführte Anhalten eines Schiffes seewärts des Küstenmeers eines Staates und schränkt es auch nicht ein, einschliesslich des Anhaltens aufgrund des Rechtes zum Betreten, der Hilfeleistung für in Not oder Gefahr befindliche Personen, Schiffe und Vermögensgegenstände, oder einer Genehmigung des Flaggenstaats, Strafverfolgungs- oder andere Massnahmen zu treffen.
12. Die Vertragsstaaten werden ermutigt, genormte Vorgehensweisen für gemeinsame Einsätze nach diesem Artikel auszuarbeiten und mit anderen Vertragsstaaten gegebenenfalls Konsultationen mit dem Ziel aufzunehmen, solche genormten Vorgehensweisen für die Durchführung von Einsätzen zu harmonisieren.
13. Die Vertragsstaaten können untereinander Übereinkünfte oder Vereinbarungen schliessen, um in Übereinstimmung mit diesem Artikel durchgeführte Strafverfolgungseinsätze zu erleichtern.
14. Jeder Vertragsstaat trifft geeignete Massnahmen, um sicherzustellen, dass seine Strafverfolgungsbeamten und anderen befugten Beamten und in seinem Auftrag handelnde Strafverfolgungsbeamte und andere dazu befugte Beamte anderer Vertragsstaaten ermächtigt sind, nach diesem Artikel zu handeln.
15. Jeder Vertragsstaat benennt bei oder nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde die Behörde oder, falls erforderlich, die Behörden, die Ersuchen um Hilfeleistung, um die Bestätigung der Staatszugehörigkeit und um die Genehmigung, geeignete Massnahmen zu treffen, entgegennehmen und beantworten. Die Benennung, einschliesslich der Angaben zur Kontaktaufnahme, wird dem Generalsekretär innerhalb eines Monats, nachdem der Staat Vertragspartei wurde, notifiziert; dieser unterrichtet alle anderen Vertragsstaaten innerhalb eines Monats nach der Benennung. Jeder Vertragsstaat ist dafür verantwortlich, dass jede Änderung der Benennung oder von Angaben zur Kontaktaufnahme über den Generalsekretär umgehend notifiziert wird.