311.039.1

Verordnung
über Massnahmen zum Schutz von Kindern und
Jugendlichen sowie zur Stärkung der Kinderrechte

vom 11. Juni 2010 (Stand am 1. August 2010)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf Artikel 386 Absatz 4 des Strafgesetzbuches1,
in Ausführung der Artikel 19 und 34 des Übereinkommens vom
20. November 19892 über die Rechte des Kindes,

verordnet:

1. Abschnitt: Gegenstand und Massnahmen

Art. 1 Gegenstand

Diese Verordnung regelt:

a.
die Durchführung von Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugend­lichen durch den Bund;
b.
die Durchführung von Massnahmen zur Stärkung der Kinderrechte im Sinne von Artikel 19 und 34 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes durch den Bund;
c.
die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an Massnahmen nach den Buch­staben a und b, die von Dritten durchgeführt werden.
Art. 2 Ziele der Massnahmen

1 Die Massnahmen sollen dazu beitragen, dass:

a.
Kinder und Jugendliche geschützt werden vor:
1.
allen Formen körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszu­fügung, Misshandlung, Verwahrlosung, Vernachlässigung, schlechter Behandlung oder Ausbeutung sowie vor allen Formen sexu­ellen Missbrauchs und sexueller Belästigung,
2.
Gefahren in Zusammenhang mit der Nutzung von elektronischen, interak­tiven und anderen Medien, namentlich vor gewaltdarstellenden und pornografischen Inhalten, Nachstellung und Belästigung, ein­schliesslich sexueller Belästigung;
b.
gewalttätiges Verhalten von Jugendlichen verhindert wird;
c.
die Rechte der Kinder gestärkt werden.

2 Sie sollen die Vernetzung und die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen und den privaten Akteuren fördern.

Art. 3 Arten von Massnahmen

1 Als Massnahmen gelten Programme, regelmässige Aktivitäten und Projekte.

2 Die Massnahmen dienen zur Prävention, Sensibilisierung, Information, Wissens­vermittlung, Beratung, Weiterbildung, Kompetenzentwicklung, Forschung und Evaluation.

3 Sie müssen nachhaltig sein.

Art. 4 Massnahmen des Bundes

1 Der Bund kann folgende Massnahmen durchführen:

a.
gesamtschweizerische Programme;
b.
Projekte, die Modellcharakter haben und sich zur Erprobung neuer Strate­gien und Methoden eignen.

2 Er kann zur Durchführung oder Unterstützung von Massnahmen Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts beiziehen.

3 Er arbeitet mit den Kantonen und anderen wichtigen öffentlichen und privaten Akteuren zusammen. Er konsultiert die Kantone vorgängig, wenn deren Interessen unmittelbar betroffen sind.

Art. 5 Massnahmen Dritter

1 Der Bund kann privaten, nicht gewinnorientierten Organisationen, die sprachre­gional oder gesamtschweizerisch tätig sind, Finanzhilfen gewähren.

2 Die Massnahmen müssen:

a.
gesamtschweizerisch oder sprachregional durchgeführt werden; oder
b.
örtlich übertragbar und unabhängig von der jeweiligen kantonalen oder kom­munalen Verwaltungsstruktur durchführbar sein.

2. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 7 Grundsatz

Der Bund gewährt die Finanzhilfen im Rahmen der jährlich bewilligten Kredite.

Art. 8 Höhe

1 Die Finanzhilfen betragen höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Ausgaben.

2 Anrechenbar sind jene Ausgaben, die unmittelbar mit der Vorbereitung und Durch­führung der beitragsberechtigten Massnahme zusammenhängen.

Art. 9 Bemessung

Die Finanzhilfen bemessen sich nach:

a.
der Art und Bedeutung einer Massnahme;
b.
dem Interesse des Bundes an der Massnahme;
c.
den Eigenleistungen und Beiträgen von Bundesstellen oder Dritten;
d.
dem Aufwand für die Qualitätssicherung.
Art. 10 Auszahlung

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) kann die Finanzhilfen abgestimmt auf den Fortschritt der jeweiligen Massnahme gestaffelt auszahlen.

3. Abschnitt: Verfahrensbestimmungen

Art. 11 Grundlage und Leistungsvertrag

1 Das Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfen richtet sich nach den Bestim­mungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 19903 (SuG).

2 Das BSV gewährt die Finanzhilfen für Programme und regelmässige Aktivitäten auf der Grundlage eines Leistungsvertrags nach Artikel 16 Absatz 2 SuG.

3 Der Leistungsvertrag beinhaltet namentlich die Ziele, die finanzielle Beteiligung des Bundes, die Berichterstattung und die Qualitätssicherung.

4 Er wird für die Dauer von höchstens vier Jahren abgeschlossen.

Art. 13 Richtlinien

1 Das EDI erlässt Richtlinien für das Gesuchsverfahren.

2 Darin legt es namentlich fest, welche Unterlagen:

a.
im Hinblick auf den Abschluss eines Leistungsvertrages einzureichen sind;
b.
den Unterstützungsgesuchen für Projekte beigelegt werden müssen.
Art. 14 Prüfung der Gesuche und Entscheid

1 Das BSV prüft, ob die im Gesuch erwähnten Massnahmen die Voraussetzungen nach Artikel 3, 4 und 5 erfüllen und entscheidet über die Gewährung von Finanz­hilfen.

2 Erachtet es das Gesuch als unvollständig, so weist es die Gesuchstellenden auf die Möglichkeit der Ergänzung hin.

Art. 15 Bedingungen und Auflagen

Die Gewährung einer Finanzhilfe kann namentlich mit folgenden Auflagen verbun­den oder an folgende Bedingungen geknüpft werden:

a.
Koordination mit anderen Massnahmen;
b.
Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen und Akteuren;
c.
Beizug von Fachpersonen;
d.
Qualitätssicherung;
e.
Überprüfung der Durchführung und Wirkung der Massnahme.

4. Abschnitt: Auskunfts- und Rechenschaftspflicht

Art. 16

1 Die Beitragsempfänger sind verpflichtet, dem BSV über die Verwendung der Finanzhilfen jederzeit Auskunft zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die rele­vanten Unterlagen zu gewähren.

2 Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts nach Artikel 4 Absatz 2 sind verpflichtet, dem BSV über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung regelmässig Rechenschaft abzulegen.

5. Abschnitt: Evaluation

Art. 17

1 Das BSV überprüft regelmässig die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der vom Bund durchgeführten Massnahmen und gewährten Finanzhilfen.

2 Es kann externe Fachpersonen mit der Evaluation beauftragen.

6. Abschnitt: Rechtsschutz und Inkrafttreten

Art. 18 Rechtsschutz

Der Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bun­desrechtspflege.