Art. 1 Geltungsbereich
1 Dieses Gesetz regelt die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten nach Bundesrecht durch die Strafbehörden des Bundes und der Kantone.
2 Die Verfahrensvorschriften anderer Bundesgesetze bleiben vorbehalten.
312.0
vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. August 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember 20052,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz regelt die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten nach Bundesrecht durch die Strafbehörden des Bundes und der Kantone.
2 Die Verfahrensvorschriften anderer Bundesgesetze bleiben vorbehalten.
1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
2 Strafverfahren können nur in den vom Gesetz vorgesehenen Formen durchgeführt und abgeschlossen werden.
1 Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Würde der vom Verfahren betroffenen Menschen.
2 Sie beachten namentlich:
1 Die Strafbehörden sind in der Rechtsanwendung unabhängig und allein dem Recht verpflichtet.
2 Gesetzliche Weisungsbefugnisse nach Artikel 14 gegenüber den Strafverfolgungsbehörden bleiben vorbehalten.
1 Die Strafbehörden nehmen die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss.
2 Befindet sich eine beschuldigte Person in Haft, so wird ihr Verfahren vordringlich durchgeführt.
1 Die Strafbehörden klären von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab.
2 Sie untersuchen die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt.
1 Die Strafbehörden sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein Verfahren einzuleiten und durchzuführen, wenn ihnen Straftaten oder auf Straftaten hinweisende Verdachtsgründe bekannt werden.
2 Die Kantone können vorsehen, dass:
1 Staatsanwaltschaft und Gerichte sehen von der Strafverfolgung ab, wenn das Bundesrecht es vorsieht, namentlich unter den Voraussetzungen der Artikel 52, 53 und 54 des Strafgesetzbuches3 (StGB).
2 Sofern nicht überwiegende Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen, sehen sie ausserdem von einer Strafverfolgung ab, wenn:
3 Sofern nicht überwiegende Interessen der Privatklägerschaft entgegenstehen, können Staatsanwaltschaft und Gerichte von der Strafverfolgung absehen, wenn die Straftat bereits von einer ausländischen Behörde verfolgt oder die Verfolgung an eine solche abgetreten wird.
4 Sie verfügen in diesen Fällen, dass kein Verfahren eröffnet oder das laufende Verfahren eingestellt wird.
1 Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat.
2 Das Strafbefehls- und das Übertretungsstrafverfahren bleiben vorbehalten.
1 Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2 Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung.
3 Bestehen unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus.
1 Wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, darf wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden.
2 Vorbehalten bleiben die Wiederaufnahme eines eingestellten oder nicht anhand genommenen Verfahrens und die Revision.
Strafverfolgungsbehörden sind:
Gerichtliche Befugnisse im Strafverfahren haben:
1 Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen.
2 Sie regeln Wahl, Zusammensetzung, Organisation und Befugnisse der Strafbehörden, soweit dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze dies nicht abschliessend regeln.
3 Sie können Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften vorsehen.
4 Sie können mehrere gleichartige Strafbehörden einsetzen und bestimmen für diesen Fall den jeweiligen örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich; ausgenommen sind die Beschwerdeinstanz und das Berufungsgericht.
5 Sie regeln die Aufsicht über ihre Strafbehörden.
1 Die Tätigkeit der Polizei von Bund, Kantonen und Gemeinden im Rahmen der Strafverfolgung richtet sich nach diesem Gesetz.
2 Die Polizei ermittelt Straftaten aus eigenem Antrieb, auf Anzeige von Privaten und Behörden sowie im Auftrag der Staatsanwaltschaft; dabei untersteht sie der Aufsicht und den Weisungen der Staatsanwaltschaft.
3 Ist ein Straffall bei einem Gericht hängig, so kann dieses der Polizei Weisungen und Aufträge erteilen.
1 Die Staatsanwaltschaft ist für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs verantwortlich.
2 Sie leitet das Vorverfahren, verfolgt Straftaten im Rahmen der Untersuchung, erhebt gegebenenfalls Anklage und vertritt die Anklage.
1 Bund und Kantone können die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen Verwaltungsbehörden übertragen.
2 Übertretungen, die im Zusammenhang mit einem Verbrechen oder Vergehen verübt worden sind, werden zusammen mit diesem durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte verfolgt und beurteilt.
1 Das Zwangsmassnahmengericht ist zuständig für die Anordnung der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft und, soweit in diesem Gesetz vorgesehen, für die Anordnung oder Genehmigung weiterer Zwangsmassnahmen.
2 Mitglieder des Zwangsmassnahmengerichts können im gleichen Fall nicht als Sachrichterinnen oder Sachrichter tätig sein.
1 Das erstinstanzliche Gericht beurteilt in erster Instanz alle Straftaten, die nicht in die Zuständigkeit anderer Behörden fallen.
2 Bund und Kantone können als erstinstanzliches Gericht ein Einzelgericht vorsehen für die Beurteilung von:
1 Die Beschwerdeinstanz beurteilt Beschwerden gegen Verfahrenshandlungen und gegen nicht der Berufung unterliegende Entscheide:
2 Bund und Kantone können die Befugnisse der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht übertragen.
1 Das Berufungsgericht entscheidet über:
2 Wer als Mitglied der Beschwerdeinstanz tätig geworden ist, kann im gleichen Fall nicht als Mitglied des Berufungsgerichts wirken.
3 Mitglieder des Berufungsgerichts können im gleichen Fall nicht als Revisionsrichterinnen und Revisionsrichter tätig sein.
Die kantonalen Strafbehörden verfolgen und beurteilen die Straftaten des Bundesrechts; vorbehalten bleiben die gesetzlichen Ausnahmen.
1 Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen folgende Straftaten des StGB5:
2 Die in besonderen Bundesgesetzen enthaltenen Vorschriften über die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts bleiben vorbehalten.
6 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
7 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des Ordnungsbussengesetzes vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6559; BBl 2015 959).
8 Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 18. Juni 2010 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 4963; BBl 2008 3863).
9 Fassung gemäss Ziff. I 12 des BG vom 17. Dez. 2021 über die Harmonisierung der Strafrahmen, in Kraft seit 1. Juli 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827).
1 Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen zudem die Straftaten nach den Artikeln 260ter, 260quinquies, 260sexies, 305bis, 305ter und 322ter–322septies StGB11 sowie die Verbrechen, die von einer kriminellen oder terroristischen Organisation im Sinne von Artikel 260ter StGB ausgehen, wenn die Straftaten:12
2 Bei Verbrechen des zweiten und des elften Titels des StGB kann die Staatsanwaltschaft des Bundes eine Untersuchung eröffnen, wenn:
3 Die Eröffnung einer Untersuchung nach Absatz 2 begründet Bundesgerichtsbarkeit.
10 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).
12 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).
1 Die Staatsanwaltschaft des Bundes kann eine Strafsache, für welche Bundesgerichtsbarkeit nach Artikel 23 gegeben ist, den kantonalen Behörden zur Untersuchung und Beurteilung, ausnahmsweise nur zur Beurteilung übertragen. Ausgenommen sind Strafsachen nach Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe g.
2 In einfachen Fällen kann sie auch eine Strafsache, für welche Bundesgerichtsbarkeit nach Artikel 24 gegeben ist, den kantonalen Behörden zur Untersuchung und Beurteilung übertragen.
1 Wurde die Straftat in mehreren Kantonen oder im Ausland begangen oder haben Täterinnen, Täter, Mittäterinnen, Mittäter, Teilnehmerinnen oder Teilnehmer ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in verschiedenen Kantonen, so entscheidet die Staatsanwaltschaft des Bundes, welcher Kanton die Strafsache untersucht und beurteilt.
2 Ist in einer Strafsache sowohl Bundesgerichtsbarkeit als auch kantonale Gerichtsbarkeit gegeben, so kann die Staatsanwaltschaft des Bundes die Vereinigung der Verfahren in der Hand der Bundesbehörden oder der kantonalen Behörden anordnen.
3 Eine nach Absatz 2 begründete Gerichtsbarkeit bleibt bestehen, auch wenn der die Zuständigkeit begründende Teil des Verfahrens eingestellt wird.
4 Kommt eine Delegation im Sinne dieses Kapitels in Frage, so stellen die Staatsanwaltschaften des Bundes und der Kantone sich die Akten gegenseitig zur Einsichtnahme zu. Nach dem Entscheid gehen die Akten an die Behörde, welche die Sache zu untersuchen und zu beurteilen hat.
1 Ist in einem Fall Bundesgerichtsbarkeit gegeben, ist die Sache dringlich und sind die Strafbehörden des Bundes noch nicht tätig geworden, so können die polizeilichen Ermittlungen und die Untersuchung auch von den kantonalen Behörden durchgeführt werden, die nach den Gerichtsstandsregeln örtlich zuständig wären. Die Staatsanwaltschaft des Bundes ist unverzüglich zu orientieren; der Fall ist ihr so bald als möglich zu übergeben beziehungsweise zum Entscheid nach Artikel 25 oder 26 zu unterbreiten.
2 Bei Straftaten, die ganz oder teilweise in mehreren Kantonen oder im Ausland begangen worden sind und bei denen die Zuständigkeit des Bundes oder eines Kantons noch nicht feststeht, können die Strafbehörden des Bundes erste Ermittlungen durchführen.
Konflikte zwischen der Staatsanwaltschaft des Bundes und kantonalen Strafbehörden entscheidet das Bundesstrafgericht.
1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
2 Handelt es sich um Straftaten, die teilweise in die Zuständigkeit des Bundes fallen oder die in verschiedenen Kantonen und von mehreren Personen begangen worden sind, so gehen die Artikel 25 und 33–38 vor.
Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte können aus sachlichen Gründen Strafverfahren trennen oder vereinen.
1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig.
2 Ist die Straftat an mehreren Orten verübt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
3 Hat eine beschuldigte Person am selben Ort mehrere Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen verübt, so werden die Verfahren vereint.
1 Ist eine Straftat im Ausland verübt worden oder kann der Tatort nicht ermittelt werden, so sind für die Verfolgung und Beurteilung die Behörden des Ortes zuständig, an dem die beschuldigte Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2 Hat die beschuldigte Person weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, so sind die Behörden des Heimatortes zuständig; fehlt auch ein Heimatort, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die beschuldigte Person angetroffen worden ist.
3 Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so sind die Behörden des Kantons zuständig, der die Auslieferung verlangt hat.
1 Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Straftat werden von den gleichen Behörden verfolgt und beurteilt wie die Täterin oder der Täter.
2 Ist eine Straftat von mehreren Mittäterinnen oder Mittätern verübt worden, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1 Hat eine beschuldigte Person mehrere Straftaten an verschiedenen Orten verübt, so sind für die Verfolgung und Beurteilung sämtlicher Taten die Behörden des Ortes zuständig, an dem die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat begangen worden ist. Bei gleicher Strafdrohung sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
2 Ist in einem beteiligten Kanton im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens nach den Artikeln 39–42 wegen einer der Straftaten schon Anklage erhoben worden, so werden die Verfahren getrennt geführt.
3 Ist eine Person von verschiedenen Gerichten zu mehreren gleichartigen Strafen verurteilt worden, so setzt das Gericht, das die schwerste Strafe ausgesprochen hat, auf Gesuch der verurteilten Person eine Gesamtstrafe fest.
1 Bei einer in der Schweiz begangenen Straftat nach Artikel 28 StGB13 sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem das Medienunternehmen seinen Sitz hat.
2 Ist die Autorin oder der Autor bekannt und hat sie oder er den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, so sind auch die Behörden des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes zuständig. In diesem Falle wird das Verfahren dort durchgeführt, wo zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind. Bei Antragsdelikten kann die antragstellende Person zwischen den beiden Gerichtsständen wählen.
3 Besteht kein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem das Medienerzeugnis verbreitet worden ist. Erfolgt die Verbreitung an mehreren Orten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind.
1 Bei Straftaten nach den Artikeln 163–171 StGB14 sind die Behörden am Wohnsitz, am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder am Sitz der Schuldnerin oder des Schuldners zuständig.15
2 Für Strafverfahren gegen das Unternehmen nach Artikel 102 StGB sind die Behörden am Sitz des Unternehmens zuständig. Dies gilt ebenso, wenn sich das Verfahren wegen des gleichen Sachverhalts auch gegen eine für das Unternehmen handelnde Person richtet.
3 Fehlt ein Gerichtsstand nach den Absätzen 1 und 2, so bestimmt er sich nach den Artikeln 31–35.
15 Fassung gemäss Ziff. I 12 des BG vom 17. Dez. 2021 über die Harmonisierung der Strafrahmen, in Kraft seit 1. Juli 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827).
1 Selbstständige Einziehungen (Art. 376–378) sind an dem Ort durchzuführen, an dem sich die einzuziehenden Gegenstände oder Vermögenswerte befinden.
2 Befinden sich die einzuziehenden Gegenstände oder Vermögenswerte in mehreren Kantonen und stehen sie aufgrund der gleichen Straftat oder der gleichen Täterschaft in Zusammenhang, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem das Einziehungsverfahren zuerst eröffnet worden ist.
1 Die Staatsanwaltschaften können untereinander einen anderen als den in den Artikeln 31–37 vorgesehenen Gerichtsstand vereinbaren, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
2 Zur Wahrung der Verfahrensrechte einer Partei kann die Beschwerdeinstanz des Kantons auf Antrag dieser Partei oder von Amtes wegen nach Erhebung der Anklage die Beurteilung in Abweichung der Gerichtsstandsvorschriften dieses Kapitels einem andern sachlich zuständigen erstinstanzlichen Gericht des Kantons zur Beurteilung überweisen.
1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter.
2 Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung.
1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons endgültig.
2 Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid.
3 Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31–37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen.
1 Will eine Partei die Zuständigkeit der mit dem Strafverfahren befassten Behörde anfechten, so hat sie dieser unverzüglich die Überweisung des Falles an die zuständige Strafbehörde zu beantragen.
2 Gegen die von den beteiligten Staatsanwaltschaften getroffene Entscheidung über den Gerichtsstand (Art. 39 Abs. 2) können sich die Parteien innert 10 Tagen bei der nach Artikel 40 zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständigen Behörde beschweren. Haben die Staatsanwaltschaften einen abweichenden Gerichtsstand vereinbart (Art. 38 Abs. 1), so steht diese Beschwerdemöglichkeit nur jener Partei offen, deren Antrag nach Absatz 1 abgewiesen worden ist.
1 Bis zur verbindlichen Bestimmung des Gerichtsstands trifft die zuerst mit der Sache befasste Behörde die unaufschiebbaren Massnahmen. Wenn nötig bezeichnet die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde jene Behörde, die sich vorläufig mit der Sache befassen muss.
2 Verhaftete Personen werden den Behörden anderer Kantone erst zugeführt, wenn die Zuständigkeit verbindlich bestimmt worden ist.
3 Ein nach den Artikeln 38–41 festgelegter Gerichtsstand kann nur aus neuen wichtigen Gründen und nur vor der Anklageerhebung geändert werden.
1 Die Bestimmungen dieses Kapitels regeln die Rechtshilfe in Strafsachen von Behörden des Bundes und der Kantone zugunsten der Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte des Bundes und der Kantone.
2 Für die Polizei gelten sie insoweit, als diese nach Weisungen der Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte tätig ist.
3 Die direkte Rechtshilfe zwischen den Polizeibehörden von Bund und Kantonen sowie von Kantonen unter sich ist zulässig, falls sie nicht Zwangsmassnahmen zum Gegenstand hat, über welche einzig die Staatsanwaltschaft oder das Gericht entscheiden kann.
4 Als Rechtshilfe gilt jede Massnahme, um die eine Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit in einem hängigen Strafverfahren ersucht.
Die Behörden des Bundes und der Kantone sind zur Rechtshilfe verpflichtet, wenn Straftaten nach Bundesrecht in Anwendung dieses Gesetzes verfolgt und beurteilt werden.
16 Die Berichtigung der RedK der BVers vom 10. Nov. 2014, veröffentlicht am 25. Nov. 2014 betrifft nur den französischen Text (AS 2014 4071).
1 Die Kantone stellen den Strafbehörden des Bundes und der anderen Kantone soweit erforderlich und möglich Räume für deren Amtstätigkeit und für die Unterbringung von Untersuchungsgefangenen zur Verfügung.
2 Die Kantone treffen auf Gesuch der Strafbehörden des Bundes die erforderlichen Massnahmen, um die Sicherheit der Amtstätigkeit dieser Behörden zu gewährleisten.
1 Die Behörden verkehren direkt miteinander17.
2 Gesuche um Rechtshilfe können in der Sprache der ersuchenden oder der ersuchten Behörde gestellt werden.
3 Besteht Unklarheit darüber, welche Behörde zuständig ist, so richtet die ersuchende Behörde das Rechtshilfegesuch an die oberste Staatsanwaltschaft des ersuchten Kantons oder des Bundes. Diese leitet es an die zuständige Stelle weiter.
17 Die örtlich zuständige schweizerische Justizbehörde für Rechtshilfeersuchen kann über folgende Internetseite ermittelt werden: www.elorge.admin.ch
1 Die Rechtshilfe wird unentgeltlich geleistet.
2 Der Bund vergütet den Kantonen die von ihm verursachten Kosten für Unterstützung im Sinne von Artikel 45.
3 Entstandene Kosten werden dem ersuchenden Kanton beziehungsweise Bund gemeldet, damit sie den kostenpflichtigen Parteien auferlegt werden können.
4 Entschädigungspflichten aus Rechtshilfemassnahmen trägt der ersuchende Kanton oder Bund.
1 Über Konflikte über die Rechtshilfe zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz dieses Kantons endgültig.
2 Über Konflikte zwischen Behörden des Bundes und der Kantone sowie zwischen Behörden verschiedener Kantone entscheidet das Bundesstrafgericht.
1 Die Staatsanwaltschaften und die Gerichte des Bundes und der Kantone können von den Strafbehörden anderer Kantone oder des Bundes die Durchführung von Verfahrenshandlungen verlangen. Die ersuchte Behörde prüft die Zulässigkeit und die Angemessenheit der verlangten Verfahrenshandlungen nicht.
2 Für die Behandlung von Beschwerden gegen Rechtshilfemassnahmen sind die Behörden des ersuchenden Kantons oder Bundes zuständig. Bei den Behörden des ersuchten Kantons oder Bundes kann nur die Ausführung der Rechtshilfemassnahme angefochten werden.
1 Die ersuchende Behörde verlangt Festnahmen mit einem schriftlichen Vorführungsbefehl (Art. 208).
2 Die ersuchte Behörde führt festgenommene Personen wenn möglich innert 24 Stunden zu.
3 Gesuche um andere Zwangsmassnahmen werden kurz begründet. In dringenden Fällen kann die Begründung nachgereicht werden.
1 Die Parteien, ihre Rechtsbeistände und die ersuchende Behörde können an den verlangten Verfahrenshandlungen teilnehmen, soweit dieses Gesetz es vorsieht.
2 Ist eine Teilnahme möglich, so gibt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde, den Parteien und ihren Rechtsbeiständen Ort und Zeit der Verfahrenshandlung bekannt.
1 Die Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte der Kantone und des Bundes sind berechtigt, alle Verfahrenshandlungen im Sinne dieses Gesetzes direkt in einem anderen Kanton anzuordnen und durchzuführen.
2 Die Staatsanwaltschaft des Kantons, in dem die Verfahrenshandlung durchgeführt werden soll, wird vorgängig benachrichtigt. In dringenden Fällen ist eine nachträgliche Benachrichtigung möglich. Für die Einholung von Auskünften und für Gesuche um Herausgabe von Akten ist keine Benachrichtigung nötig.
3 Die Kosten der Verfahrenshandlungen und daraus folgende Entschädigungspflichten trägt der durchführende Bund oder Kanton; er kann sie nach Massgabe der Artikel 426 und 427 den Parteien belasten.
Benötigt die ersuchende Behörde für die Durchführung einer Verfahrenshandlung die Unterstützung der Polizei, so richtet sie ein entsprechendes Gesuch an die Staatsanwaltschaft des ersuchten Kantons; diese erteilt der örtlichen Polizei die nötigen Aufträge.
Die Gewährung der internationalen Rechtshilfe und das Rechtshilfeverfahren richten sich nur so weit nach diesem Gesetz, als andere Gesetze des Bundes und völkerrechtliche Verträge dafür keine Bestimmungen enthalten.
1 Ist ein Kanton mit einem Fall von internationaler Rechtshilfe befasst, so ist die Staatsanwaltschaft zuständig.
2 Die Gerichte können während des Hauptverfahrens selbst Rechtshilfegesuche stellen.
3 Die Befugnisse der Strafvollzugsbehörden bleiben vorbehalten.
4 Weist das Bundesrecht Aufgaben der Rechtshilfe einer richterlichen Behörde zu, so ist die Beschwerdeinstanz zuständig.
5 Führt der Kanton, der mit einem ausländischen Rechtshilfeersuchen befasst ist, Verfahrenshandlungen in anderen Kantonen durch, so sind dafür die Bestimmungen über die nationale Rechtshilfe anwendbar.
6 Die Kantone regeln das weitere Verfahren.
Eine in einer Strafbehörde tätige Person tritt in den Ausstand, wenn sie:
Liegt bei einer in einer Strafbehörde tätigen Person ein Ausstandsgrund vor, so teilt die Person dies rechtzeitig der Verfahrensleitung mit.
1 Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
2 Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
1 Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b–e abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren und endgültig:
2 Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen.
3 Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus.
4 Wird das Gesuch gutgeheissen, so gehen die Verfahrenskosten zu Lasten des Bundes beziehungsweise des Kantons. Wird es abgewiesen oder war es offensichtlich verspätet oder mutwillig, so gehen die Kosten zu Lasten der gesuchstellenden Person.
18 Fassung gemäss Ziff. II 3 des BG vom 17. März 2017 (Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 5769; BBl 2013 7109, 2016 6199).
1 Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 5 Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat.
2 Beweise, die nicht wieder erhoben werden können, darf die Strafbehörde berücksichtigen.
3 Wird der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt, so gelten die Bestimmungen über die Revision.
Das Verfahren leitet:
1 Die Verfahrensleitung trifft die Anordnungen, die eine gesetzmässige und geordnete Durchführung des Verfahrens gewährleisten.
2 Im Verfahren vor einem Kollegialgericht kommen ihr alle Befugnisse zu, die nicht dem Gericht vorbehalten sind.
1 Die Verfahrensleitung sorgt für Sicherheit, Ruhe und Ordnung während der Verhandlungen.
2 Sie kann Personen, die den Geschäftsgang stören oder Anstandsregeln verletzen, verwarnen. Im Wiederholungsfalle kann sie ihnen das Wort entziehen, sie aus dem Verhandlungsraum weisen und nötigenfalls bis zum Schluss der Verhandlung in polizeilichen Gewahrsam setzen lassen. Sie kann den Verhandlungsraum räumen lassen.
3 Sie kann die Unterstützung der am Orte der Verfahrenshandlung zuständigen Polizei verlangen.
4 Wird eine Partei ausgeschlossen, so wird die Verfahrenshandlung gleichwohl fortgesetzt.
1 Die Verfahrensleitung kann Personen, die den Geschäftsgang stören, den Anstand verletzen oder verfahrensleitende Anordnungen missachten, mit Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken bestrafen.
2 Ordnungsbussen der Staatsanwaltschaft und der erstinstanzlichen Gerichte können innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz angefochten werden. Diese entscheidet endgültig.
1 Verfahrensleitende Anordnungen der Gerichte können nur mit dem Endentscheid angefochten werden.
2 Hat die Verfahrensleitung eines Kollegialgerichts vor der Hauptverhandlung verfahrensleitende Anordnungen getroffen, so kann sie das Gericht von Amtes wegen oder auf Antrag ändern oder aufheben.
Die Verfahren vor den Strafbehörden sind mündlich, soweit dieses Gesetz nicht Schriftlichkeit vorsieht.
1 Bund und Kantone bestimmen die Verfahrenssprachen ihrer Strafbehörden.
2 Die Strafbehörden der Kantone führen alle Verfahrenshandlungen in ihren Verfahrenssprachen durch; die Verfahrensleitung kann Ausnahmen gestatten.
1 Versteht eine am Verfahren beteiligte Person die Verfahrenssprache nicht oder kann sie sich darin nicht genügend ausdrücken, so zieht die Verfahrensleitung eine Übersetzerin oder einen Übersetzer bei. Sie kann in einfachen oder dringenden Fällen mit dem Einverständnis der betroffenen Person davon absehen, wenn sie und die protokollführende Person die fremde Sprache genügend beherrschen.
2 Der beschuldigten Person wird, auch wenn sie verteidigt wird, in einer ihr verständlichen Sprache mindestens der wesentliche Inhalt der wichtigsten Verfahrenshandlungen mündlich oder schriftlich zur Kenntnis gebracht. Ein Anspruch auf vollständige Übersetzung aller Verfahrenshandlungen sowie der Akten besteht nicht.
3 Akten, die nicht Eingaben von Parteien sind, werden soweit erforderlich schriftlich oder zuhanden des Protokolls mündlich übersetzt.
4 Für die Übersetzung der Befragung des Opfers einer Straftat gegen die sexuelle Integrität ist eine Person gleichen Geschlechts beizuziehen, wenn das Opfer dies verlangt und wenn dies ohne ungebührliche Verzögerung des Verfahrens möglich ist.
5 Für Übersetzerinnen und Übersetzer gelten die Bestimmungen über Sachverständige (Art. 73, 105, 182–191) sinngemäss.
1 Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
2 Haben die Parteien in diesen Fällen auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet oder ist ein Strafbefehl ergangen, so können interessierte Personen in die Urteile und Strafbefehle Einsicht nehmen.
3 Nicht öffentlich sind:
4 Öffentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich, für Personen unter 16 Jahren jedoch nur mit Bewilligung der Verfahrensleitung.
1 Das Gericht kann die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz oder teilweise ausschliessen, wenn:
2 Ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so können sich die beschuldigte Person, das Opfer und die Privatklägerschaft von höchstens drei Vertrauenspersonen begleiten lassen.
3 Das Gericht kann Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern und weiteren Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, unter bestimmten Auflagen den Zutritt zu Verhandlungen gestatten, die nach Absatz 1 nicht öffentlich sind.
4 Wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so eröffnet das Gericht das Urteil in einer öffentlichen Verhandlung oder orientiert die Öffentlichkeit bei Bedarf in anderer geeigneter Weise über den Ausgang des Verfahrens.
1 Bild- und Tonaufnahmen innerhalb des Gerichtsgebäudes sowie Aufnahmen von Verfahrenshandlungen ausserhalb des Gerichtsgebäudes sind nicht gestattet.
2 Widerhandlungen können nach Artikel 64 Absatz 1 mit Ordnungsbusse bestraft werden. Unerlaubte Aufnahmen können beschlagnahmt werden.
Bund und Kantone können die Zulassung sowie die Rechte und Pflichten der Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter regeln.
1 Die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen bewahren Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind.
2 Die Verfahrensleitung kann die Privatklägerschaft und andere Verfahrensbeteiligte und deren Rechtsbeistände unter Hinweis auf Artikel 292 StGB20 verpflichten, über das Verfahren und die davon betroffenen Personen Stillschweigen zu bewahren, wenn der Zweck des Verfahrens oder ein privates Interesse es erfordert. Die Verpflichtung ist zu befristen.
1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte sowie mit deren Einverständnis die Polizei können die Öffentlichkeit über hängige Verfahren orientieren, wenn dies erforderlich ist:
2 Die Polizei kann ausserdem von sich aus die Öffentlichkeit über Unfälle und Straftaten ohne Nennung von Namen orientieren.
3 Bei der Orientierung der Öffentlichkeit sind der Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten.
4 In Fällen, in denen ein Opfer beteiligt ist, dürfen Behörden und Private ausserhalb eines öffentlichen Gerichtsverfahrens seine Identität und Informationen, die seine Identifizierung erlauben, nur veröffentlichen, wenn:
1 Befindet sich eine beschuldigte Person im Straf- oder Massnahmenvollzug, so informieren die Strafbehörden die zuständigen Vollzugsbehörden über neue Strafverfahren und die ergangenen Entscheide.
2 Die Strafbehörden informieren die Sozialbehörden sowie die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden über eingeleitete Strafverfahren sowie über Strafentscheide, wenn dies zum Schutz einer beschuldigten oder geschädigten Person oder ihrer Angehörigen erforderlich ist.21
3 Stellen sie bei der Verfolgung von Straftaten, an denen Minderjährige beteiligt sind, fest, dass weitere Massnahmen erforderlich sind, so informieren sie unverzüglich die Kindesschutzbehörden.22
3bis Die Verfahrensleitung informiert die Gruppe Verteidigung über hängige Strafverfahren gegen Angehörige der Armee oder Stellungspflichtige, wenn ernstzunehmende Anzeichen oder Hinweise bestehen, dass diese sich selbst oder Dritte mit einer Feuerwaffe gefährden könnten.23
4 Bund und Kantone können die Strafbehörden zu weiteren Mitteilungen an Behörden verpflichten oder berechtigen.
21 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).
22 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).
23 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 25. Sept. 2015 über Verbesserungen beim Informationsaustausch zwischen Behörden im Umgang mit Waffen (AS 2016 1831; BBl 2014 303). Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4277, 2017 2297; BBl 2014 6955).
1 Die Aussagen der Parteien, die mündlichen Entscheide der Behörden sowie alle anderen Verfahrenshandlungen, die nicht schriftlich durchgeführt werden, werden protokolliert.
2 Die protokollführende Person, die Verfahrensleitung und die allenfalls zur Übersetzung beigezogene Person bestätigen die Richtigkeit des Protokolls.
3 Die Verfahrensleitung ist dafür verantwortlich, dass die Verfahrenshandlungen vollständig und richtig protokolliert werden.
4 Sie kann anordnen, dass Verfahrenshandlungen zusätzlich zur schriftlichen Protokollierung ganz oder teilweise in Ton oder Bild festgehalten werden. Sie gibt dies den anwesenden Personen vorgängig bekannt.
Die Verfahrensprotokolle halten alle wesentlichen Verfahrenshandlungen fest und geben namentlich Auskunft über:
1 Die Aussagen der Parteien, Zeuginnen, Zeugen, Auskunftspersonen und Sachverständigen werden laufend protokolliert.
2 Die Protokollierung erfolgt in der Verfahrenssprache, doch sind wesentliche Aussagen soweit möglich in der Sprache zu protokollieren, in der die einvernommene Person ausgesagt hat.
3 Entscheidende Fragen und Antworten werden wörtlich protokolliert.
4 Die Verfahrensleitung kann der einvernommenen Person gestatten, ihre Aussagen selbst zu diktieren.
5 Nach Abschluss der Einvernahme wird der einvernommenen Person das Protokoll vorgelesen oder ihr zum Lesen vorgelegt. Sie hat das Protokoll nach Kenntnisnahme zu unterzeichnen und jede Seite zu visieren. Lehnt sie es ab, das Protokoll durchzulesen oder zu unterzeichnen, so werden die Weigerung und die dafür angegebenen Gründe im Protokoll vermerkt.
5bis Wird die Einvernahme im Hauptverfahren mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet, so kann das Gericht darauf verzichten, der einvernommenen Person das Protokoll vorzulesen oder zum Lesen vorzulegen und von dieser unterzeichnen zu lassen. Die Aufzeichnungen werden zu den Akten genommen.24
6 Bei Einvernahmen mittels Videokonferenz ersetzt die mündliche Erklärung der einvernommenen Person, sie habe das Protokoll zur Kenntnis genommen, die Unterzeichnung und Visierung. Die Erklärung wird im Protokoll vermerkt.
7 Sind handschriftlich erstellte Protokolle nicht gut lesbar oder wurden die Aussagen stenografisch aufgezeichnet, so werden sie unverzüglich in Reinschrift übertragen. Die Notizen werden bis zum Abschluss des Verfahrens aufbewahrt.25
24 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 28. Sept. 2012 (Protokollierungsvorschriften), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 5707 5719).
25 Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 28. Sept. 2012 (Protokollierungsvorschriften), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 5707 5719).
1 Offenkundige Versehen berichtigt die Verfahrensleitung zusammen mit der protokollführenden Person; sie informiert darüber anschliessend die Parteien.
2 Über Gesuche um Protokollberichtigung entscheidet die Verfahrensleitung.
3 Berichtigungen, Änderungen, Streichungen und Einfügungen werden von der protokollführenden Person und der Verfahrensleitung beglaubigt. Inhaltliche Änderungen werden so ausgeführt, dass die ursprüngliche Protokollierung erkennbar bleibt.
1 Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, ergehen in Form eines Urteils. Die anderen Entscheide ergehen, wenn sie von einer Kollektivbehörde gefällt werden, in Form eines Beschlusses, wenn sie von einer Einzelperson gefällt werden, in Form einer Verfügung. Die Bestimmungen des Strafbefehlsverfahrens bleiben vorbehalten.
2 Entscheide ergehen schriftlich und werden begründet. Sie werden von der Verfahrensleitung sowie der protokollführenden Person unterzeichnet und den Parteien zugestellt.
3 Einfache verfahrensleitende Beschlüsse und Verfügungen brauchen weder besonders ausgefertigt noch begründet zu werden; sie werden im Protokoll vermerkt und den Parteien in geeigneter Weise eröffnet.
1 Urteile und andere verfahrenserledigende Entscheide enthalten:
2 Die Einleitung enthält:
3 Die Begründung enthält:
4 Das Dispositiv enthält:
1 Das erstinstanzliche Gericht verzichtet auf eine schriftliche Begründung, wenn es:
2 Das Gericht stellt den Parteien nachträglich ein begründetes Urteil zu, wenn:
3 Verlangt nur die Privatklägerschaft ein begründetes Urteil oder ergreift sie allein ein Rechtsmittel, so begründet das Gericht das Urteil nur in dem Masse, als dieses sich auf das strafbare Verhalten zum Nachteil der Privatklägerschaft und auf deren Zivilansprüche bezieht.
4 Im Rechtsmittelverfahren kann das Gericht für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts auf die Begründung der Vorinstanz verweisen.
1 Ist das Dispositiv eines Entscheides unklar, widersprüchlich oder unvollständig oder steht es mit der Begründung im Widerspruch, so nimmt die Strafbehörde, die den Entscheid gefällt hat, auf Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen eine Erläuterung oder Berichtigung des Entscheids vor.
2 Das Gesuch ist schriftlich einzureichen; die beanstandeten Stellen beziehungsweise die gewünschten Änderungen sind anzugeben.
3 Die Strafbehörde gibt den anderen Parteien Gelegenheit, sich zum Gesuch zu äussern.
4 Der erläuterte oder berichtigte Entscheid wird den Parteien eröffnet.
1 Ist das Verfahren öffentlich, so eröffnet das Gericht das Urteil im Anschluss an die Urteilsberatung mündlich und begründet es kurz.
2 Das Gericht händigt den Parteien am Ende der Hauptverhandlung das Urteilsdispositiv aus oder stellt es ihnen innert 5 Tagen zu.
3 Kann das Gericht das Urteil nicht sofort fällen, so holt es dies so bald als möglich nach und eröffnet das Urteil in einer neu angesetzten Hauptverhandlung. Verzichten die Parteien in diesem Falle auf eine öffentliche Urteilsverkündung, so stellt ihnen das Gericht das Dispositiv sofort nach der Urteilsfällung zu.
4 Muss das Gericht das Urteil begründen, so stellt es innert 60 Tagen, ausnahmsweise 90 Tagen, der beschuldigten Person und der Staatsanwaltschaft das vollständige begründete Urteil zu, den übrigen Parteien nur jene Teile des Urteils, in denen ihre Anträge behandelt werden.
5 Die Strafbehörde eröffnet einfache verfahrensleitende Beschlüsse oder Verfügungen den Parteien schriftlich oder mündlich.
6 Entscheide sind nach den Bestimmungen des eidgenössischen und kantonalen Rechts anderen Behörden, Rechtsmittelentscheide auch der Vorinstanz, rechtskräftige Entscheide soweit nötig den Vollzugs- und den Strafregisterbehörden mitzuteilen.
1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2 Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3 Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4 Sie gilt zudem als erfolgt:
1 Mit dem Einverständnis der betroffenen Person können Mitteilungen elektronisch zugestellt werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201628 über die elektronische Signatur zu versehen.
2 Der Bundesrat regelt:
27 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).
1 Mitteilungen sind den Adressatinnen und Adressaten an ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort oder an ihren Sitz zuzustellen.
2 Parteien und Rechtsbeistände mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthaltsort oder Sitz im Ausland haben in der Schweiz ein Zustellungsdomizil zu bezeichnen; vorbehalten bleiben staatsvertragliche Vereinbarungen, wonach Mitteilungen direkt zugestellt werden können.
3 Mitteilungen an Parteien, die einen Rechtsbeistand bestellt haben, werden rechtsgültig an diesen zugestellt.
4 Hat eine Partei persönlich zu einer Verhandlung zu erscheinen oder Verfahrenshandlungen selbst vorzunehmen, so wird ihr die Mitteilung direkt zugestellt. Dem Rechtsbeistand wird eine Kopie zugestellt.
1 Die Zustellung erfolgt durch Veröffentlichung in dem durch den Bund oder den Kanton bezeichneten Amtsblatt, wenn:
2 Die Zustellung gilt am Tag der Veröffentlichung als erfolgt.
3 Von Endentscheiden wird nur das Dispositiv veröffentlicht.
4 Einstellungsverfügungen und Strafbefehle gelten auch ohne Veröffentlichung als zugestellt.
1 Gesetzliche Fristen können nicht erstreckt werden.
2 Im Strafverfahren gibt es keine Gerichtsferien.
1 Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, beginnen am folgenden Tag zu laufen.
2 Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag. Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Rechtsbeistand den Wohnsitz oder den Sitz hat.29
29 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
1 Die Frist ist eingehalten, wenn die Verfahrenshandlung spätestens am letzten Tag bei der zuständigen Behörde vorgenommen wird.
2 Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden.
3 Bei elektronischer Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind.30
4 Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn die Eingabe spätestens am letzten Tag der Frist bei einer nicht zuständigen schweizerischen Behörde eingeht. Diese leitet die Eingabe unverzüglich an die zuständige Strafbehörde weiter.
5 Die Frist für eine Zahlung an eine Strafbehörde ist gewahrt, wenn der Betrag spätestens am letzten Tag der Frist zugunsten der Strafbehörde der Schweizerischen Post übergeben oder einem Post- oder Bankkonto in der Schweiz belastet worden ist.
30 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).
Die Behörden können von Amtes wegen oder auf Gesuch hin die von ihnen angesetzten Fristen erstrecken und Verhandlungstermine verschieben. Das Gesuch muss vor Ablauf der Frist gestellt werden und hinreichend begründet sein.
Eine Partei ist säumig, wenn sie eine Verfahrenshandlung nicht fristgerecht vornimmt oder zu einem Termin nicht erscheint.
1 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft.
2 Das Gesuch ist innert 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrundes schriftlich und begründet bei der Behörde zu stellen, bei welcher die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden sollen. Innert der gleichen Frist muss die versäumte Verfahrenshandlung nachgeholt werden.
3 Das Gesuch hat nur aufschiebende Wirkung, wenn die zuständige Behörde sie erteilt.
4 Über das Gesuch entscheidet die Strafbehörde in einem schriftlichen Verfahren.
5 Die Absätze 1–4 gelten sinngemäss bei versäumten Terminen. Wird die Wiederherstellung bewilligt, so setzt die Verfahrensleitung einen neuen Termin fest. Die Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren bleiben vorbehalten.
1 Personendaten sind bei der betroffenen Person oder für diese erkennbar zu beschaffen, wenn dadurch das Verfahren nicht gefährdet oder unverhältnismässig aufwendig wird.
2 War die Beschaffung von Personendaten für die betroffene Person nicht erkennbar, so ist diese umgehend darüber zu informieren. Die Information kann zum Schutze überwiegender öffentlicher oder privater Interessen unterlassen oder aufgeschoben werden.
Bei der Bearbeitung von Personendaten sorgen die zuständigen Strafbehörden dafür, dass sie so weit wie möglich unterscheiden:
31 Eingefügt durch Ziff. II 3 des BG vom 28. Sept. 2018 über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, in Kraft seit 1. März 2019 (AS 2019 625; BBl 2017 6941).
1 Die Strafbehörde darf aus einem hängigen Verfahren Personendaten zwecks Verwendung in einem anderen hängigen Verfahren bekannt geben, wenn anzunehmen ist, dass die Daten wesentliche Aufschlüsse geben können.
2 Vorbehalten bleiben:
35 Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. I 1 Bst. a des BG vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2008 4989; BBl 2006 5061).
Solange ein Verfahren hängig ist, haben die Parteien und die anderen Verfahrensbeteiligten nach Massgabe des ihnen zustehenden Akteneinsichtsrechts das Recht auf Auskunft über die sie betreffenden bearbeiteten Personendaten.
1 Erweisen sich Personendaten als unrichtig, so berichtigen die zuständigen Strafbehörden sie unverzüglich.
2 Sie benachrichtigen die Behörde, die ihnen diese Daten übermittelt oder zur Verfügung gestellt hat oder der sie diese bekannt gegeben haben, unverzüglich über die Berichtigung.36
36 Fassung gemäss Ziff. II 3 des BG vom 28. Sept. 2018 über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, in Kraft seit 1. März 2019 (AS 2019 625; BBl 2017 6941).
1 Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
2 Die Dauer der Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss eines Verfahrens bestimmt sich nach Artikel 103.
3 Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 199437 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 200838 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes sowie die Bestimmungen dieses Gesetzes über erkennungsdienstliche Unterlagen und DNA-Profile.39
39 Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. I 1 Bst. a des BG vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2008 4989; BBl 2006 5061).
1 Für jede Strafsache wird ein Aktendossier angelegt. Dieses enthält:
2 Die Verfahrensleitung sorgt für die systematische Ablage der Akten und für deren fortlaufende Erfassung in einem Verzeichnis; in einfachen Fällen kann sie von einem Verzeichnis absehen.
1 Die Parteien können spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen; Artikel 108 bleibt vorbehalten.
2 Andere Behörden können die Akten einsehen, wenn sie diese für die Bearbeitung hängiger Zivil-, Straf- oder Verwaltungsverfahren benötigen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.
3 Dritte können die Akten einsehen, wenn sie dafür ein wissenschaftliches oder ein anderes schützenswertes Interesse geltend machen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.
1 Die Verfahrensleitung entscheidet über die Akteneinsicht. Sie trifft die erforderlichen Massnahmen, um Missbräuche und Verzögerungen zu verhindern und berechtigte Geheimhaltungsinteressen zu schützen.
2 Die Akten sind am Sitz der betreffenden Strafbehörde oder rechtshilfeweise bei einer andern Strafbehörde einzusehen. Anderen Behörden sowie den Rechtsbeiständen der Parteien werden sie in der Regel zugestellt.
3 Wer zur Einsicht berechtigt ist, kann gegen Entrichtung einer Gebühr die Anfertigung von Kopien der Akten verlangen.
1 Die Akten sind mindestens bis zum Ablauf der Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung aufzubewahren.
2 Ausgenommen sind Originaldokumente, die zu den Akten genommen wurden; sie sind den berechtigten Personen gegen Empfangsschein zurückzugeben, sobald die Strafsache rechtskräftig entschieden ist.
1 Parteien sind:
2 Bund und Kantone können weiteren Behörden, die öffentliche Interessen zu wahren haben, volle oder beschränkte Parteirechte einräumen.
1 Andere Verfahrensbeteiligte sind:
2 Werden in Absatz 1 genannte Verfahrensbeteiligte in ihren Rechten unmittelbar betroffen, so stehen ihnen die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlichen Verfahrensrechte einer Partei zu.
1 Die Partei kann Verfahrenshandlungen nur gültig vornehmen, wenn sie handlungsfähig ist.
2 Eine handlungsunfähige Person wird durch ihre gesetzliche Vertretung vertreten.
3 Eine urteilsfähige handlungsunfähige Person kann neben ihrer gesetzlichen Vertretung jene Verfahrensrechte ausüben, die höchstpersönlicher Natur sind.
1 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör; sie haben namentlich das Recht:
2 Die Strafbehörden machen rechtsunkundige Parteien auf ihre Rechte aufmerksam.
1 Die Strafbehörden können das rechtliche Gehör einschränken, wenn:
2 Einschränkungen gegenüber Rechtsbeiständen sind nur zulässig, wenn der Rechtsbeistand selbst Anlass für die Beschränkung gibt.
3 Die Einschränkungen sind zu befristen oder auf einzelne Verfahrenshandlungen zu begrenzen.
4 Besteht der Grund für die Einschränkung fort, so dürfen die Strafbehörden Entscheide nur so weit auf Akten, die einer Partei nicht eröffnet worden sind, stützen, als ihr von deren wesentlichem Inhalt Kenntnis gegeben wurde.
5 Ist der Grund für die Einschränkung weggefallen, so ist das rechtliche Gehör in geeigneter Form nachträglich zu gewähren.
1 Die Parteien können der Verfahrensleitung jederzeit Eingaben machen; vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen dieses Gesetzes.
2 Die Verfahrensleitung prüft die Eingaben und gibt den anderen Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme.
1 Eingaben können schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Schriftliche Eingaben sind zu datieren und zu unterzeichnen.
2 Bei elektronischer Einreichung muss die Eingabe mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201640 über die elektronische Signatur versehen werden. Der Bundesrat regelt:
3 Im Übrigen sind Verfahrenshandlungen an keine Formvorschriften gebunden, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
4 Die Verfahrensleitung kann unleserliche, unverständliche, ungebührliche oder weitschweifige Eingaben zurückweisen; sie setzt eine Frist zur Überarbeitung und weist darauf hin, dass die Eingabe, falls sie nicht überarbeitet wird, unbeachtet bleibt.
41 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).
1 Als beschuldigte Person gilt die Person, die in einer Strafanzeige, einem Strafantrag oder von einer Strafbehörde in einer Verfahrenshandlung einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird.
2 Die Rechte und die Pflichten einer beschuldigten Person gelten auch für Personen, deren Verfahren nach einer Einstellung oder einem Urteil im Sinne des Artikels 323 oder der Artikel 410–415 wiederaufgenommen werden soll.
1 In einem Strafverfahren gegen ein Unternehmen wird dieses von einer einzigen Person vertreten, die uneingeschränkt zur Vertretung des Unternehmens in zivilrechtlichen Angelegenheiten befugt ist.
2 Bestellt das Unternehmen nicht innert angemessener Frist eine solche Vertretung, so bestimmt die Verfahrensleitung, wer von den zur zivilrechtlichen Vertretung befugten Personen das Unternehmen im Strafverfahren vertritt.
3 Wird gegen die Person, die das Unternehmen im Strafverfahren vertritt, wegen des gleichen oder eines damit zusammenhängenden Sachverhalts eine Strafuntersuchung eröffnet, so hat das Unternehmen eine andere Vertreterin oder einen anderen Vertreter zu bezeichnen. Nötigenfalls bestimmt die Verfahrensleitung zur Vertretung eine andere Person nach Absatz 2 oder, sofern eine solche nicht zur Verfügung steht, eine geeignete Drittperson.
4 Wird wegen des gleichen oder eines damit zusammenhängenden Sachverhalts sowohl ein Verfahren gegen eine natürliche Person wie auch ein Verfahren gegen ein Unternehmen geführt, so können die Verfahren vereinigt werden.
1 Die beschuldigte Person muss sich nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern. Sie muss sich aber den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen.
2 Verweigert die beschuldigte Person ihre Mitwirkung, so wird das Verfahren gleichwohl fortgeführt.
1 Verhandlungsfähig ist eine beschuldigte Person, die körperlich und geistig in der Lage ist, der Verhandlung zu folgen.
2 Bei vorübergehender Verhandlungsunfähigkeit werden die unaufschiebbaren Verfahrenshandlungen in Anwesenheit der Verteidigung durchgeführt.
3 Dauert die Verhandlungsunfähigkeit fort, so wird das Strafverfahren sistiert oder eingestellt. Die besonderen Bestimmungen für Verfahren gegen eine schuldunfähige beschuldigte Person bleiben vorbehalten.
1 Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist.
2 Die zur Stellung eines Strafantrags berechtigte Person gilt in jedem Fall als geschädigte Person.
1 Als Opfer gilt die geschädigte Person, die durch die Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist.
2 Als Angehörige des Opfers gelten seine Ehegattin oder sein Ehegatte, seine Kinder und Eltern sowie die Personen, die ihm in ähnlicher Weise nahe stehen.
1 Dem Opfer stehen besondere Rechte zu, namentlich:
2 Bei Opfern unter 18 Jahren kommen darüber hinaus die besonderen Bestimmungen zum Schutz ihrer Persönlichkeit zur Anwendung, namentlich betreffend:
3 Machen die Angehörigen des Opfers Zivilansprüche geltend, so stehen ihnen die gleichen Rechte zu wie dem Opfer.
1 Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin oder -kläger zu beteiligen.
2 Der Strafantrag ist dieser Erklärung gleichgestellt.
3 Die Erklärung ist gegenüber einer Strafverfolgungsbehörde spätestens bis zum Abschluss des Vorverfahrens abzugeben.
4 Hat die geschädigte Person von sich aus keine Erklärung abgegeben, so weist sie die Staatsanwaltschaft nach Eröffnung des Vorverfahrens auf diese Möglichkeit hin.
1 Die geschädigte Person kann die Erklärung schriftlich oder mündlich zu Protokoll abgeben.
2 In der Erklärung kann die geschädigte Person kumulativ oder alternativ:
1 Die geschädigte Person kann jederzeit schriftlich oder mündlich zu Protokoll erklären, sie verzichte auf die ihr zustehenden Rechte. Der Verzicht ist endgültig.
2 Wird der Verzicht nicht ausdrücklich eingeschränkt, so umfasst er die Straf- und die Zivilklage.
1 Stirbt die geschädigte Person, ohne auf ihre Verfahrensrechte als Privatklägerschaft verzichtet zu haben, so gehen ihre Rechte auf die Angehörigen im Sinne von Artikel 110 Absatz 1 StGB42 in der Reihenfolge der Erbberechtigung über.
2 Wer von Gesetzes wegen in die Ansprüche der geschädigten Person eingetreten ist, ist nur zur Zivilklage berechtigt und hat nur jene Verfahrensrechte, die sich unmittelbar auf die Durchsetzung der Zivilklage beziehen.
1 Die geschädigte Person kann zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat als Privatklägerschaft adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen.
2 Das gleiche Recht steht auch den Angehörigen des Opfers zu, soweit sie gegenüber der beschuldigten Person eigene Zivilansprüche geltend machen.
3 Die Zivilklage wird mit der Erklärung nach Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe b rechtshängig.
4 Zieht die Privatklägerschaft ihre Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurück, so kann sie sie auf dem Zivilweg erneut geltend machen.
1 Die in der Zivilklage geltend gemachte Forderung ist nach Möglichkeit in der Erklärung nach Artikel 119 zu beziffern und, unter Angabe der angerufenen Beweismittel, kurz schriftlich zu begründen.
2 Bezifferung und Begründung haben spätestens im Parteivortrag zu erfolgen.
1 Das mit der Strafsache befasste Gericht beurteilt den Zivilanspruch ungeachtet des Streitwertes.
2 Der beschuldigten Person wird spätestens im erstinstanzlichen Hauptverfahren Gelegenheit gegeben, sich zur Zivilklage zu äussern.
3 Anerkennt sie die Zivilklage, so wird dies im Protokoll und im verfahrenserledigenden Entscheid festgehalten.
1 Die Privatklägerschaft, mit Ausnahme des Opfers, hat auf Antrag der beschuldigten Person für deren mutmassliche, durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen Sicherheit zu leisten, wenn:
2 Die Verfahrensleitung des Gerichts entscheidet über den Antrag endgültig. Sie bestimmt die Höhe der Sicherheit und setzt eine Frist zur Leistung.
3 Die Sicherheit kann in bar oder durch Garantie einer in der Schweiz niedergelassenen Bank oder Versicherung geleistet werden.
4 Sie kann nachträglich erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben werden.
1 Das Gericht entscheidet über die anhängig gemachte Zivilklage, wenn es die beschuldigte Person:
2 Die Zivilklage wird auf den Zivilweg verwiesen, wenn:
3 Wäre die vollständige Beurteilung des Zivilanspruchs unverhältnismässig aufwendig, so kann das Gericht die Zivilklage nur dem Grundsatz nach entscheiden und sie im Übrigen auf den Zivilweg verweisen. Ansprüche von geringer Höhe beurteilt das Gericht nach Möglichkeit selbst.
4 In Fällen, in denen Opfer beteiligt sind, kann das Gericht vorerst nur den Schuld- und Strafpunkt beurteilen; anschliessend beurteilt die Verfahrensleitung als Einzelgericht nach einer weiteren Parteiverhandlung die Zivilklage, ungeachtet des Streitwerts.
1 Die beschuldigte Person, die Privatklägerschaft und die anderen Verfahrensbeteiligten können zur Wahrung ihrer Interessen einen Rechtsbeistand bestellen.
2 Die Parteien können zwei oder mehrere Personen als Rechtsbeistand beiziehen, soweit dadurch das Verfahren nicht ungebührlich verzögert wird. In diesem Fall haben sie eine von ihnen als Hauptvertreterin oder Hauptvertreter zu bezeichnen, die oder der zu den Vertretungshandlungen vor den Strafbehörden befugt ist und deren oder dessen Domizil als einzige Zustelladresse gilt.
3 Der Rechtsbeistand kann in den Schranken von Gesetz und Standesregeln im gleichen Verfahren die Interessen mehrerer Verfahrensbeteiligter wahren.
4 Die Parteien können jede handlungsfähige, gut beleumundete und vertrauenswürdige Person als Rechtsbeistand bestellen; vorbehalten bleiben die Beschränkungen des Anwaltsrechts.
5 Die Verteidigung der beschuldigten Person ist Anwältinnen und Anwälten vorbehalten, die nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200043 berechtigt sind, Parteien vor Gerichtsbehörden zu vertreten; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen der Kantone für die Verteidigung im Übertretungsstrafverfahren.
Die Verteidigung ist in den Schranken von Gesetz und Standesregeln allein den Interessen der beschuldigten Person verpflichtet.
1 Die beschuldigte Person ist berechtigt, in jedem Strafverfahren und auf jeder Verfahrensstufe einen Rechtsbeistand im Sinne von Artikel 127 Absatz 5 mit ihrer Verteidigung zu betrauen (Wahlverteidigung) oder, unter Vorbehalt von Artikel 130, sich selber zu verteidigen.
2 Die Ausübung der Wahlverteidigung setzt eine schriftliche Vollmacht oder eine protokollierte Erklärung der beschuldigten Person voraus.
Die beschuldigte Person muss verteidigt werden, wenn:
44 Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).
1 Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor, so achtet die Verfahrensleitung darauf, dass unverzüglich eine Verteidigung bestellt wird.
2 Sind die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung bei Einleitung des Vorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung, sicherzustellen.
3 Wurden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor eine Verteidigerin oder ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung nur gültig, wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet.
1 Die Verfahrensleitung ordnet eine amtliche Verteidigung an, wenn:
2 Zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person ist die Verteidigung namentlich geboten, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre.
3 Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist.45
45 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).
1 Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
2 Die Verfahrensleitung berücksichtigt bei der Bestellung der amtlichen Verteidigung nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person.
1 Fällt der Grund für die amtliche Verteidigung dahin, so widerruft die Verfahrensleitung das Mandat.
2 Ist das Vertrauensverhältnis zwischen der beschuldigten Person und ihrer amtlichen Verteidigung erheblich gestört oder eine wirksame Verteidigung aus andern Gründen nicht mehr gewährleistet, so überträgt die Verfahrensleitung die amtliche Verteidigung einer anderen Person.
1 Die amtliche Verteidigung wird nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde.
2 Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest.
3 Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung Beschwerde führen:
4 Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet:
5 Der Anspruch des Bundes oder des Kantons verjährt in 10 Jahren nach Rechtskraft des Entscheides.
1 Die Verfahrensleitung gewährt der Privatklägerschaft für die Durchsetzung ihrer Zivilansprüche ganz oder teilweise die unentgeltliche Rechtspflege, wenn:
2 Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst:
Bestellung, Widerruf und Wechsel der Verbeiständung richten sich sinngemäss nach den Artikeln 133 und 134.
1 Die Entschädigung des Rechtsbeistands richtet sich sinngemäss nach Artikel 135; der definitive Entscheid über die Tragung der Kosten des Rechtsbeistands und jener Verfahrenshandlungen, für die der Kostenvorschuss erlassen wurde, bleibt vorbehalten.
2 Wird der Privatklägerschaft eine Prozessentschädigung zulasten der beschuldigten Person zugesprochen, so fällt diese Entschädigung im Umfang der Aufwendungen für die unentgeltliche Rechtspflege an den Bund beziehungsweise an den Kanton.
1 Die Strafbehörden setzen zur Wahrheitsfindung alle nach dem Stand von Wissenschaft und Erfahrung geeigneten Beweismittel ein, die rechtlich zulässig sind.
2 Über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, wird nicht Beweis geführt.
1 Zwangsmittel, Gewaltanwendung, Drohungen, Versprechungen, Täuschungen und Mittel, welche die Denkfähigkeit oder die Willensfreiheit einer Person beeinträchtigen können, sind bei der Beweiserhebung untersagt.
2 Solche Methoden sind auch dann unzulässig, wenn die betroffene Person ihrer Anwendung zustimmt.
1 Beweise, die in Verletzung von Artikel 140 erhoben wurden, sind in keinem Falle verwertbar. Dasselbe gilt, wenn dieses Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet.
2 Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich.
3 Beweise, bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften verletzt worden sind, sind verwertbar.
4 Ermöglichte ein Beweis, der nach Absatz 2 nicht verwertet werden darf, die Erhebung eines weiteren Beweises, so ist dieser nicht verwertbar, wenn er ohne die vorhergehende Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre.
5 Die Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise werden aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss gehalten und danach vernichtet.
1 Einvernahmen werden von der Staatsanwaltschaft, den Übertretungsstrafbehörden und den Gerichten durchgeführt. Bund und Kantone bestimmen, in welchem Masse Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Behörden Einvernahmen durchführen können.
2 Die Polizei kann beschuldigte Personen und Auskunftspersonen einvernehmen. Bund und Kantone können Angehörige der Polizei bestimmen, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Zeuginnen und Zeugen einvernehmen können.
1 Zu Beginn der Einvernahme wird die einzuvernehmende Person in einer ihr verständlichen Sprache:
2 Im Protokoll ist zu vermerken, dass die Bestimmungen nach Absatz 1 eingehalten worden sind.
3 Die Strafbehörde kann weitere Erhebungen über die Identität der einzuvernehmenden Person durchführen.
4 Sie fordert die einzuvernehmende Person auf, sich zum Gegenstand der Einvernahme zu äussern.
5 Sie strebt durch klar formulierte Fragen und Vorhalte die Vollständigkeit der Aussagen und die Klärung von Widersprüchen an.
6 Die einzuvernehmende Person macht ihre Aussagen aufgrund ihrer Erinnerung. Sie kann mit Zustimmung der Verfahrensleitung schriftliche Unterlagen verwenden; diese werden nach Abschluss der Einvernahme zu den Akten genommen.
7 Sprech- und hörbehinderte Personen werden schriftlich oder unter Beizug einer geeigneten Person einvernommen.
1 Staatsanwaltschaft und Gerichte können eine Einvernahme mittels Videokonferenz durchführen, wenn das persönliche Erscheinen der einzuvernehmenden Person nicht oder nur mit grossem Aufwand möglich ist.
2 Die Einvernahme wird in Ton und Bild festgehalten.
Die Strafbehörde kann eine einzuvernehmende Person einladen, an Stelle einer Einvernahme oder zu ihrer Ergänzung einen schriftlichen Bericht abzugeben.
1 Die einzuvernehmenden Personen werden getrennt einvernommen.
2 Die Strafbehörden können Personen, einschliesslich solcher, die ein Aussageverweigerungsrecht haben, einander gegenüberstellen. Die besonderen Rechte des Opfers bleiben vorbehalten.
3 Sie können einvernommene Personen, die nach Abschluss der Einvernahme voraussichtlich weiteren Personen gegenübergestellt werden müssen, verpflichten, bis zur Gegenüberstellung am Ort der Verfahrenshandlung zu bleiben.
4 Die Verfahrensleitung kann eine Person vorübergehend von der Verhandlung ausschliessen, wenn:
1 Die Parteien haben das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Die Anwesenheit der Verteidigung bei polizeilichen Einvernahmen richtet sich nach Artikel 159.
2 Wer sein Teilnahmerecht geltend macht, kann daraus keinen Anspruch auf Verschiebung der Beweiserhebung ableiten.
3 Die Partei oder ihr Rechtsbeistand können die Wiederholung der Beweiserhebung verlangen, wenn der Rechtsbeistand oder die Partei ohne Rechtsbeistand aus zwingenden Gründen an der Teilnahme verhindert waren. Auf eine Wiederholung kann verzichtet werden, wenn sie mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden wäre und dem Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör, insbesondere dem Recht, Fragen zu stellen, auf andere Weise Rechnung getragen werden kann.
4 Beweise, die in Verletzung der Bestimmungen dieses Artikels erhoben worden sind, dürfen nicht zulasten der Partei verwertet werden, die nicht anwesend war.
1 Werden Beweise im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs im Ausland erhoben, so ist dem Teilnahmerecht der Parteien Genüge getan, wenn diese:
2 Artikel 147 Absatz 4 ist anwendbar.
1 Besteht Grund zur Annahme, eine Zeugin oder ein Zeuge, eine Auskunftsperson, eine beschuldigte Person, eine sachverständige Person oder eine Übersetzerin oder ein Übersetzer könnte durch die Mitwirkung im Verfahren sich oder eine Person, die mit ihr oder ihm in einem Verhältnis nach Artikel 168 Absätze 1–3 steht, einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben oder einem andern schweren Nachteil aussetzen, so trifft die Verfahrensleitung auf Gesuch hin oder von Amtes wegen die geeigneten Schutzmassnahmen.
2 Die Verfahrensleitung kann dazu die Verfahrensrechte der Parteien angemessen beschränken, namentlich indem sie:
3 Die Verfahrensleitung kann der zu schützenden Person gestatten, sich von einem Rechtsbeistand oder von einer Vertrauensperson begleiten zu lassen.
4 Wird eine Person unter 18 Jahren als Zeugin, Zeuge oder Auskunftsperson einvernommen, so kann die Verfahrensleitung zudem Schutzmassnahmen nach Artikel 154 Absätze 2 und 4 anordnen.
5 Die Verfahrensleitung sorgt bei allen Schutzmassnahmen für die Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien, insbesondere der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person.
6 Wurde der zu schützenden Person die Wahrung ihrer Anonymität zugesichert, so trifft die Verfahrensleitung die geeigneten Massnahmen, um Verwechslungen oder Vertauschungen zu verhindern.
1 Die Verfahrensleitung kann der zu schützenden Person die Wahrung ihrer Anonymität zusichern.
2 Die Staatsanwaltschaft unterbreitet die von ihr gemachte Zusicherung innert 30 Tagen dem Zwangsmassnahmengericht zur Genehmigung; dabei hat sie sämtliche zur Beurteilung der Rechtmässigkeit erforderlichen Einzelheiten genau anzugeben. Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet endgültig.
3 Verweigert das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung, so dürfen die unter Zusicherung der Anonymität bereits erhobenen Beweise nicht verwertet werden.
4 Eine genehmigte oder erteilte Zusicherung der Anonymität bindet sämtliche mit dem Fall betrauten Strafbehörden.
5 Die zu schützende Person kann jederzeit auf die Wahrung der Anonymität verzichten.
6 Die Staatsanwaltschaft und die Verfahrensleitung des Gerichts widerrufen die Zusicherung, wenn das Schutzbedürfnis offensichtlich dahingefallen ist.
1 Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler, denen die Wahrung der Anonymität zugesichert worden ist, haben Anspruch darauf, dass:
2 Die Verfahrensleitung trifft die notwendigen Schutzmassnahmen.
1 Die Strafbehörden wahren die Persönlichkeitsrechte des Opfers auf allen Stufen des Verfahrens.
2 Das Opfer kann sich bei allen Verfahrenshandlungen ausser von seinem Rechtsbeistand von einer Vertrauensperson begleiten lassen.
3 Die Strafbehörden vermeiden eine Begegnung des Opfers mit der beschuldigten Person, wenn das Opfer dies verlangt. Sie tragen in diesem Fall dem Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör auf andere Weise Rechnung. Insbesondere können sie das Opfer in Anwendung von Schutzmassnahmen nach Artikel 149 Absatz 2 Buchstaben b und d einvernehmen.
4 Eine Gegenüberstellung kann angeordnet werden, wenn:
1 Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Integrität können verlangen, von einer Person gleichen Geschlechts einvernommen zu werden.
2 Eine Gegenüberstellung mit der beschuldigten Person darf gegen den Willen des Opfers nur angeordnet werden, wenn der Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann.
1 Als Kind im Sinne dieses Artikels gilt das Opfer, das im Zeitpunkt der Einvernahme oder Gegenüberstellung weniger als 18 Jahre alt ist.
2 Die erste Einvernahme des Kindes hat so rasch als möglich stattzufinden.
3 Die Behörde kann die Vertrauensperson vom Verfahren ausschliessen, wenn diese einen bestimmenden Einfluss auf das Kind ausüben könnte.
4 Ist erkennbar, dass die Einvernahme oder die Gegenüberstellung für das Kind zu einer schweren psychischen Belastung führen könnte, so gelten die folgenden Regeln:
1 Einvernahmen von Personen mit einer psychischen Störung werden auf das Notwendige beschränkt; mehrfache Befragungen werden vermieden.
2 Die Verfahrensleitung kann spezialisierte Straf- oder Sozialbehörden mit der Einvernahme beauftragen oder zur Einvernahme Familienangehörige, andere Vertrauenspersonen oder Sachverständige beiziehen.
Bund und Kantone können Massnahmen zum Schutz von Personen ausserhalb eines Verfahrens vorsehen.
1 Die Strafbehörden können die beschuldigte Person auf allen Stufen des Strafverfahrens zu den ihr vorgeworfenen Straftaten einvernehmen.
2 Sie geben ihr dabei Gelegenheit, sich zu diesen Straftaten umfassend zu äussern.
1 Polizei oder Staatsanwaltschaft weisen die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache darauf hin, dass:
2 Einvernahmen ohne diese Hinweise sind nicht verwertbar.
1 Bei polizeilichen Einvernahmen hat die beschuldigte Person das Recht, dass ihre Verteidigung anwesend sein und Fragen stellen kann.
2 Bei polizeilichen Einvernahmen einer vorläufig festgenommenen Person hat diese zudem das Recht, mit ihrer Verteidigung frei zu verkehren.
3 Die Geltendmachung dieser Rechte gibt keinen Anspruch auf Verschiebung der Einvernahme.
Ist die beschuldigte Person geständig, so prüfen Staatsanwaltschaft und Gericht die Glaubwürdigkeit ihres Geständnisses und fordern sie auf, die näheren Umstände der Tat genau zu bezeichnen.
Die Staatsanwaltschaft befragt die beschuldigte Person über ihre persönlichen Verhältnisse nur dann, wenn mit einer Anklage oder einem Strafbefehl zu rechnen oder es aus anderen Gründen notwendig ist.
Zeugin oder Zeuge ist eine an der Begehung einer Straftat nicht beteiligte Person, die der Aufklärung dienende Aussagen machen kann und nicht Auskunftsperson ist.
1 Zeugnisfähig ist eine Person, die älter als 15 Jahre und hinsichtlich des Gegenstands der Einvernahme urteilsfähig ist.
2 Jede zeugnisfähige Person ist zum wahrheitsgemässen Zeugnis verpflichtet; vorbehalten bleiben die Zeugnisverweigerungsrechte.
1 Das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse einer Zeugin oder eines Zeugen werden nur abgeklärt, soweit dies zur Prüfung ihrer Glaubwürdigkeit erforderlich ist.
2 Bestehen Zweifel an der Urteilsfähigkeit oder liegen Anhaltspunkte für psychische Störungen vor, so kann die Verfahrensleitung eine ambulante Begutachtung der Zeugin oder des Zeugen anordnen, wenn die Bedeutung des Strafverfahrens und des Zeugnisses dies rechtfertigt.
1 Die einvernehmende Behörde kann eine Zeugin oder einen Zeugen unter Hinweis auf die Strafdrohung von Artikel 292 StGB46 verpflichten, über die beabsichtigte oder die erfolgte Einvernahme und deren Gegenstand Stillschweigen zu bewahren.
2 Die Verpflichtung wird befristet.
3 Die Anordnung kann mit der Vorladung der Zeugin oder des Zeugen verbunden werden.
1 Die geschädigte Person wird als Zeugin oder Zeuge einvernommen.
2 Vorbehalten bleibt die Einvernahme als Auskunftsperson nach Artikel 178.
Die Zeugin oder der Zeuge hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für Erwerbsausfall und Spesen.
1 Das Zeugnis können verweigern:
2 Das Zeugnisverweigerungsrecht nach Absatz 1 Buchstaben a und f besteht fort, wenn die Ehe aufgelöst wird oder wenn bei einer Familienpflege48 das Pflegeverhältnis nicht mehr besteht.
3 Die eingetragene Partnerschaft ist der Ehe gleichgestellt.
4 Das Zeugnisverweigerungsrecht entfällt, wenn:
47 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).
48 Art. 4–11 der V vom 19. Okt. 1977 über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption (SR 211.222.338).
49 Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 30. Sept. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2012 2575; BBl 2010 5651 5677).
1 Eine Person kann das Zeugnis verweigern, wenn sie sich mit ihrer Aussage selbst derart belasten würde, dass sie:
2 Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht auch dann, wenn die Person mit ihrer Aussage eine ihr im Sinne von Artikel 168 Absätze 1–3 nahe stehende Person belasten würde; vorbehalten bleibt Artikel 168 Absatz 4.
3 Eine Person kann das Zeugnis verweigern, wenn ihr oder einer ihr im Sinne von Artikel 168 Absätze 1–3 nahe stehenden Person durch ihre Aussage eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder ein anderer schwerer Nachteil droht, welcher mit Schutzmassnahmen nicht abgewendet werden kann.
4 Ein Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Integrität kann in jedem Fall die Aussage zu Fragen verweigern, die seine Intimsphäre betreffen.
1 Beamtinnen und Beamte im Sinne von Artikel 110 Absatz 3 StGB51 und ihre Hilfspersonen sowie Mitglieder von Behörden und ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über Geheimnisse verweigern, die ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft anvertraut worden sind oder die sie bei der Ausübung ihres Amtes oder ihrer Hilfstätigkeit wahrgenommen haben.52
2 Sie haben auszusagen, wenn sie von ihrer vorgesetzten Behörde zur Aussage schriftlich ermächtigt worden sind.
3 Die vorgesetzte Behörde erteilt die Ermächtigung zur Aussage, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.
52 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 8 des Informationssicherheitsgesetzes vom 18. Dez. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 232, 750; BBl 2017 2953).
1 Geistliche, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Verteidigerinnen und Verteidiger, Notarinnen und Notare, Patentanwältinnen und Patentanwälte, Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Chiropraktorinnen und Chiropraktoren, Apothekerinnen und Apotheker, Psychologinnen und Psychologen sowie ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über Geheimnisse verweigern, die ihnen aufgrund ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben.53
2 Sie haben auszusagen, wenn sie:
3 Die Strafbehörde beachtet das Berufsgeheimnis auch bei Entbindung von der Geheimnispflicht, wenn die Geheimnisträgerin oder der Geheimnisträger glaubhaft macht, dass das Geheimhaltungsinteresse der Geheimnisherrin oder des Geheimnisherrn das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt.
4 Das Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200055 bleibt vorbehalten.
53 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Febr. 2020 (AS 2020 57; BBl 2015 8715).
1 Personen, die sich beruflich mit der Veröffentlichung von Informationen im redaktionellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums befassen, sowie ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über die Identität der Autorin oder des Autors oder über Inhalt und Quellen ihrer Informationen verweigern.
2 Sie haben auszusagen, wenn:
57 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).
58 Berichtigung der RedK der BVers vom 19. Sept. 2011, veröffentlicht am 4. Okt. 2011 (AS 2011 4487).
1 Wer nach einer der folgenden Bestimmungen Berufsgeheimnisse wahren muss, hat nur auszusagen, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das Geheimhaltungsinteresse überwiegt:
2 Trägerinnen und Träger anderer gesetzlich geschützter Geheimnisse sind zur Aussage verpflichtet. Die Verfahrensleitung kann sie von der Zeugnispflicht befreien, wenn sie glaubhaft machen können, dass das Geheimhaltungsinteresse das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt.
61 SR 210. Dieser Art. ist heute aufgehoben.
63 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
65 Berichtigung der RedK der BVers vom 19. Sept. 2011, veröffentlicht am 4. Okt. 2011 (AS 2011 4487).
67 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Febr. 2020 (AS 2020 57; BBl 2015 8715).
1 Über die Zulässigkeit der Zeugnisverweigerung entscheidet:
2 Die Zeugin oder der Zeuge kann sofort nach der Eröffnung des Entscheides die Beurteilung durch die Beschwerdeinstanz verlangen.
3 Bis zum Entscheid der Beschwerdeinstanz hat die Zeugin oder der Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht.
1 Die Zeugin oder der Zeuge kann sich jederzeit auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen oder den Verzicht darauf widerrufen.
2 Aussagen, die eine Zeugin oder ein Zeuge nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gemacht hat, können auch dann als Beweis verwertet werden, wenn sich die Zeugin oder der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt auf das Zeugnisverweigerungsrecht beruft oder den Verzicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht widerruft.
1 Wer das Zeugnis verweigert, ohne dazu berechtigt zu sein, kann mit Ordnungsbusse bestraft und zur Tragung der Kosten und Entschädigungen verpflichtet werden, die durch die Verweigerung verursacht worden sind.
2 Beharrt die zum Zeugnis verpflichtete Person auf ihrer Weigerung, so wird sie unter Hinweis auf Artikel 292 StGB69 nochmals zur Aussage aufgefordert. Bei erneuter Verweigerung wird ein Strafverfahren eröffnet.
1 Die einvernehmende Behörde macht die Zeugin oder den Zeugen zu Beginn jeder Einvernahme auf die Zeugnis- und die Wahrheitspflichten und auf die Strafbarkeit eines falschen Zeugnisses nach Artikel 307 StGB70 aufmerksam. Unterbleibt die Belehrung, so ist die Einvernahme ungültig.
2 Die einvernehmende Behörde befragt die Zeugin oder den Zeugen zu Beginn der ersten Einvernahme über ihre Beziehungen zu den Parteien sowie zu weiteren Umständen, die für ihre Glaubwürdigkeit von Bedeutung sein können.
3 Sie macht sie auf ihre Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam, sobald sie aufgrund der Befragung und der Akten solche Rechte erkennt. Unterbleibt der Hinweis und beruft sich die Zeugin oder der Zeuge nachträglich auf das Zeugnisverweigerungsrecht, so ist die Einvernahme nicht verwertbar.
Als Auskunftsperson wird einvernommen, wer:
1 Die Polizei befragt eine Person, die nicht als beschuldigte Person in Betracht kommt, als Auskunftsperson.
2 Vorbehalten bleibt die Einvernahme als Zeugin oder Zeuge gemäss Artikel 142 Absatz 2.
1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b–g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person.
2 Die Privatklägerschaft (Art. 178 Bst. a) ist vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 176.
1 Die Strafbehörden machen die Auskunftspersonen zu Beginn der Einvernahme auf ihre Aussagepflicht oder ihre Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam.
2 Sie weisen Auskunftspersonen, die zur Aussage verpflichtet sind oder sich bereit erklären auszusagen, auf die möglichen Straffolgen einer falschen Anschuldigung, einer Irreführung der Rechtspflege und einer Begünstigung hin.
Staatsanwaltschaft und Gerichte ziehen eine oder mehrere sachverständige Personen bei, wenn sie nicht über die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Feststellung oder Beurteilung eines Sachverhalts erforderlich sind.
1 Als Sachverständige können natürliche Personen ernannt werden, die auf dem betreffenden Fachgebiet die erforderlichen besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen.
2 Bund und Kantone können für bestimmte Gebiete dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige vorsehen.
3 Für Sachverständige gelten die Ausstandsgründe nach Artikel 56.
1 Die Verfahrensleitung ernennt die sachverständige Person.
2 Sie erteilt ihr einen schriftlichen Auftrag; dieser enthält:
3 Die Verfahrensleitung gibt den Parteien vorgängig Gelegenheit, sich zur sachverständigen Person und zu den Fragen zu äussern und dazu eigene Anträge zu stellen. Sie kann bei Laboruntersuchungen davon absehen, namentlich wenn es um die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration oder des Reinheitsgrades von Stoffen, den Nachweis von Betäubungsmitteln im Blut oder die Erstellung eines DNA-Profils geht.
4 Sie übergibt der sachverständigen Person zusammen mit dem Auftrag die zur Erstellung des Gutachtens notwendigen Akten und Gegenstände.
5 Sie kann einen Auftrag jederzeit widerrufen und neue Sachverständige ernennen, wenn es im Interesse der Strafsache liegt.
6 Sie kann vor der Erteilung des Auftrags einen Kostenvoranschlag verlangen.
7 Beantragt die Privatklägerschaft ein Gutachten, so kann die Verfahrensleitung die Erteilung des Auftrages von der Leistung eines Kostenvorschusses durch die Privatklägerschaft abhängig machen.
1 Die sachverständige Person ist für das Gutachten persönlich verantwortlich.
2 Die Verfahrensleitung kann die sachverständige Person zu Verfahrenshandlungen beiziehen und sie ermächtigen, den einzuvernehmenden Personen Fragen zu stellen.
3 Hält die sachverständige Person Ergänzungen der Akten für notwendig, so stellt sie der Verfahrensleitung einen entsprechenden Antrag.
4 Die sachverständige Person kann einfache Erhebungen, die mit dem Auftrag in engem Zusammenhang stehen, selber vornehmen und zu diesem Zweck Personen aufbieten. Diese haben dem Aufgebot Folge zu leisten. Weigern sie sich, so können sie polizeilich vorgeführt werden.
5 Bei Erhebungen durch die sachverständige Person können die beschuldigte Person und, im Umfang ihres Verweigerungsrechts, Personen, die zur Aussage- oder Zeugnisverweigerung berechtigt sind, die Mitwirkung oder Aussage verweigern. Die sachverständige Person weist die betroffenen Personen zu Beginn der Erhebungen auf dieses Recht hin.
1 Staatsanwaltschaft und Gerichte können eine beschuldigte Person in ein Spital einweisen, wenn dies für die Ausarbeitung eines ärztlichen Gutachtens erforderlich ist.
2 Die Staatsanwaltschaft beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Spitaleinweisung, wenn sich die betreffende beschuldigte Person nicht bereits in Untersuchungshaft befindet. Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet darüber in einem schriftlichen Verfahren endgültig.
3 Erweist sich eine stationäre Begutachtung während des gerichtlichen Verfahrens als notwendig, so entscheidet darüber das betreffende Gericht in einem schriftlichen Verfahren endgültig.
4 Der Spitalaufenthalt ist auf die Strafe anzurechnen.
5 Im Übrigen richtet sich die stationäre Begutachtung sinngemäss nach den Vorschriften über die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft.
1 Die sachverständige Person erstattet das Gutachten schriftlich. Waren an der Ausarbeitung weitere Personen beteiligt, so sind ihre Namen und die Funktion, die sie bei der Erstellung des Gutachtens hatten, zu nennen.
2 Die Verfahrensleitung kann anordnen, dass das Gutachten mündlich erstattet oder dass ein schriftlich erstattetes Gutachten mündlich erläutert oder ergänzt wird; in diesem Falle sind die Vorschriften über die Zeugeneinvernahme anwendbar.
Die Verfahrensleitung bringt den Parteien das schriftlich erstattete Gutachten zur Kenntnis und setzt ihnen eine Frist zur Stellungnahme.
Die Verfahrensleitung lässt das Gutachten von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei durch die gleiche sachverständige Person ergänzen oder verbessern oder bestimmt weitere Sachverständige, wenn:
Die sachverständige Person hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.
Kommt eine sachverständige Person ihren Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kann die Verfahrensleitung:
1 Die Strafbehörden nehmen die Beweisgegenstände vollständig und im Original zu den Akten.
2 Von Urkunden und weiteren Aufzeichnungen werden Kopien erstellt, wenn dies für die Zwecke des Verfahrens genügt. Die Kopien sind nötigenfalls zu beglaubigen.
3 Die Parteien können im Rahmen der Vorschriften über die Akteneinsicht die Beweisgegenstände einsehen.
1 Die Staatsanwaltschaft, die Gerichte und, in einfachen Fällen, die Polizei besichtigen Gegenstände, Örtlichkeiten und Vorgänge, die für die Beurteilung eines Sachverhalts bedeutsam sind, aber nicht unmittelbar als Beweisgegenstände vorliegen, in einem Augenschein an Ort und Stelle.
2 Jede Person hat den Augenschein zu dulden und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den erforderlichen Zutritt zu gewähren.
3 Müssen Häuser, Wohnungen oder andere nicht allgemein zugängliche Räume betreten werden, so beachten die Behörden die für die Hausdurchsuchung geltenden Vorschriften.
4 Augenscheine werden mittels Bild- oder Tonaufnahmen, Plänen, Zeichnungen oder Beschreibungen oder in anderer Weise aktenkundig gemacht.
5 Die Verfahrensleitung kann anordnen, dass:
1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist.
2 Verwaltungs- und Gerichtsbehörden stellen ihre Akten zur Einsichtnahme zur Verfügung, wenn der Herausgabe keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen.
3 Konflikte zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz des jeweiligen Kantons, solche zwischen Behörden verschiedener Kantone oder zwischen kantonalen und eidgenössischen Behörden das Bundesstrafgericht.
1 Die Strafbehörden holen amtliche Berichte und Arztzeugnisse über Vorgänge ein, die im Strafverfahren bedeutsam sein können.
2 Zur Abklärung der persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person holen Staatsanwaltschaft und Gerichte Auskünfte über Vorstrafen und den Leumund sowie weitere sachdienliche Berichte von Amtsstellen und Privaten ein.
Zwangsmassnahmen sind Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in Grundrechte der Betroffenen eingreifen und die dazu dienen:
1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn:
2 Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen.
1 Zwangsmassnahmen können anordnen:
2 Bund und Kantone können die Befugnis der Polizei, Zwangsmassnahmen anzuordnen und durchzuführen, Polizeiangehörigen mit einem bestimmten Grad oder einer bestimmten Funktion vorbehalten.
Ist eine Zwangsmassnahme schriftlich anzuordnen und ist sie nicht geheim zu halten, so wird den direkt betroffenen Personen gegen Empfangsbestätigung eine Kopie des Befehls und eines allfälligen Vollzugsprotokolls übergeben.
Zur Durchsetzung von Zwangsmassnahmen darf als äusserstes Mittel Gewalt angewendet werden; diese muss verhältnismässig sein.
1 Die Vorladungen von Staatsanwaltschaft, Übertretungsstrafbehörden und Gerichten ergehen schriftlich.
2 Sie enthalten:
1 Vorladungen werden zugestellt:
2 Öffentliche Vorladungen werden mindestens einen Monat vor der Verfahrenshandlung publiziert.
3 Bei der Festlegung des Zeitpunkts wird auf die Abkömmlichkeit der vorzuladenden Personen angemessen Rücksicht genommen.
1 Eine Vorladung kann in anderer als der vorgeschriebenen Form und mit abgekürzten Fristen ergehen:
2 Wer sich am Orte der Verfahrenshandlung oder in Haft befindet, kann sofort und ohne Vorladung einvernommen werden.
1 Sind Personen vorzuladen, die sich im Ausland befinden, so kann ihnen die Staatsanwaltschaft oder die Verfahrensleitung des Gerichts freies Geleit zusichern.
2 Personen, denen freies Geleit zugesichert wurde, können in der Schweiz wegen Handlungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor ihrer Abreise nicht verhaftet oder anderen freiheitsbeschränkenden Massnahmen unterworfen werden.
3 Das freie Geleit kann an Bedingungen geknüpft werden. In diesem Fall sind die betroffenen Personen darauf aufmerksam zu machen, dass das freie Geleit erlischt, wenn sie die daran geknüpften Bedingungen missachten.
1 Wer von einer Strafbehörde vorgeladen wird, hat der Vorladung Folge zu leisten.
2 Wer verhindert ist, einer Vorladung Folge zu leisten, hat dies der vorladenden Behörde unverzüglich mitzuteilen; er oder sie hat die Verhinderung zu begründen und soweit möglich zu belegen.
3 Eine Vorladung kann aus wichtigen Gründen widerrufen werden. Der Widerruf wird erst dann wirksam, wenn er der vorgeladenen Person mitgeteilt worden ist.
4 Wer einer Vorladung von Staatsanwaltschaft, Übertretungsstrafbehörde oder Gericht unentschuldigt nicht oder zu spät Folge leistet, kann mit Ordnungsbusse bestraft und überdies polizeilich vorgeführt werden.
5 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren.
1 Im polizeilichen Ermittlungsverfahren kann die Polizei Personen zum Zwecke der Befragung, der Identitätsfeststellung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung ohne Beachtung besonderer Formen und Fristen vorladen.
2 Wer einer polizeilichen Vorladung keine Folge leistet, kann mit Befehl der Staatsanwaltschaft vorgeführt werden, wenn diese Massnahme der vorgeladenen Person schriftlich angedroht worden ist.
1 Eine Person kann polizeilich vorgeführt werden, wenn:
2 Die Vorführung wird von der Verfahrensleitung angeordnet.
1 Die Vorführung wird in einem schriftlichen Befehl angeordnet. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden; sie ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
2 Der Befehl enthält die gleichen Angaben wie eine Vorladung und zudem die ausdrückliche Ermächtigung der Polizei, zum Vollzug wenn nötig Gewalt anzuwenden sowie Häuser, Wohnungen und andere nicht allgemein zugängliche Räume zu betreten.
1 Die Polizei führt den Vorführungsbefehl unter grösstmöglicher Schonung der betroffenen Personen aus.
2 Sie weist der vorzuführenden Person den Vorführungsbefehl vor und führt sie unverzüglich oder zu der im Vorführungsbefehl genannten Zeit der Behörde zu.
3 Die Behörde informiert die vorgeführte Person unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über den Grund der Vorführung, nimmt die Verfahrenshandlung vor und entlässt sie danach unverzüglich, es sei denn, sie beantrage die Anordnung der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft.
1 Staatsanwaltschaft, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte können Personen, deren Aufenthalt unbekannt und deren Anwesenheit im Verfahren erforderlich ist, zur Ermittlung des Aufenthaltsortes ausschreiben. In dringenden Fällen kann die Polizei eine Ausschreibung von sich aus veranlassen.
2 Eine beschuldigte Person kann zur Verhaftung und Zuführung ausgeschrieben werden, wenn sie eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und Haftgründe zu vermuten sind.
3 Ordnet die Staatsanwaltschaft, die Übertretungsstrafbehörde oder das Gericht nichts anderes an, so ist für die Durchführung der Ausschreibung die Polizei zuständig.
4 Die Absätze 1 und 3 gelten sinngemäss für die Fahndung nach Gegenständen und Vermögenswerten.
1 Die Öffentlichkeit kann zur Mithilfe bei der Fahndung aufgefordert werden.
2 Bund und Kantone können Bestimmungen erlassen, wonach Privaten für die erfolgreiche Mitwirkung bei der Fahndung Belohnungen ausgerichtet werden können.
1 Die beschuldigte Person bleibt in Freiheit. Sie darf nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes freiheitsentziehenden Zwangsmassnahmen unterworfen werden.
2 Freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen sind aufzuheben, sobald:
3 Untersuchungs- und Sicherheitshaft dürfen nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe.
1 Müssen zur Anhaltung oder Festnahme einer Person Häuser, Wohnungen oder andere nicht allgemein zugängliche Räume betreten werden, so sind die Bestimmungen über die Hausdurchsuchung zu beachten.
2 Ist Gefahr im Verzug, so kann die Polizei Räumlichkeiten auch ohne Hausdurchsuchungsbefehl betreten.
1 Wird eine Person vorläufig festgenommen oder in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft gesetzt, so benachrichtigt die zuständige Strafbehörde umgehend:
2 Von einer Benachrichtigung wird abgesehen, wenn der Untersuchungszweck sie verbietet oder die betroffene Person sie ausdrücklich ablehnt.
3 Gerät eine Person, die von der festgenommenen Person abhängig ist, wegen der freiheitsentziehenden Zwangsmassnahme in Schwierigkeiten, so benachrichtigt die Strafbehörde die zuständigen Sozialbehörden.
4 Das Opfer wird über die Anordnung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft und einer Ersatzmassnahme nach Artikel 237 Absatz 2 Buchstabe c oder g sowie über eine Flucht der beschuldigten Person orientiert, es sei denn, es habe ausdrücklich darauf verzichtet.72 Die Orientierung über die Aufhebung der Haft kann unterbleiben, wenn die beschuldigte Person dadurch einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt würde.
72 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).
1 Die Polizei kann im Interesse der Aufklärung einer Straftat eine Person anhalten und wenn nötig auf den Polizeiposten bringen, um:
2 Sie kann die angehaltene Person verpflichten:
3 Sie kann Privatpersonen auffordern, sie bei der Anhaltung zu unterstützen.
4 Ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen, dass an einem bestimmten Ort Straftaten im Gange sind oder sich dort beschuldigte Personen aufhalten, so kann die Polizei diesen Ort absperren und die sich dort aufhaltenden Personen anhalten.
1 Die Polizei ist berechtigt, in dringenden Fällen eine beschuldigte Person auf das Gebiet einer anderen Gemeinde, eines anderen Kantons und, im Rahmen völkerrechtlicher Verträge, ins Ausland zu verfolgen und dort anzuhalten.
2 Soll die angehaltene Person anschliessend festgenommen werden, so wird sie unverzüglich der am Ort der Anhaltung zuständigen Behörde übergeben.
1 Die Polizei ist verpflichtet, eine Person vorläufig festzunehmen und auf den Polizeiposten zu bringen, die:
2 Sie kann eine Person vorläufig festnehmen und auf den Polizeiposten bringen, die gestützt auf Ermittlungen oder andere zuverlässige Informationen eines Verbrechens oder Vergehens verdächtig ist.
3 Sie kann eine Person, die sie bei der Begehung einer Übertretung auf frischer Tat ertappt oder unmittelbar nach Begehung einer solchen Tat angetroffen hat, vorläufig festnehmen und auf den Polizeiposten bringen, wenn:
1 Kann polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden, so sind Private berechtigt, eine Person vorläufig festzunehmen, wenn:
2 Bei der Festnahme dürfen Privatpersonen nur nach Massgabe von Artikel 200 Gewalt anwenden.
3 Festgenommene Personen sind so rasch als möglich der Polizei zu übergeben.
1 Die Polizei stellt nach der Festnahme unverzüglich die Identität der festgenommenen Person fest, informiert diese in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe der Festnahme und klärt sie im Sinne von Artikel 158 über ihre Rechte auf. Danach informiert sie unverzüglich die Staatsanwaltschaft über die Festnahme.
2 Anschliessend befragt sie die festgenommene Person in Anwendung von Artikel 159 zu dem gegen sie bestehenden Verdacht und trifft unverzüglich die geeigneten Abklärungen, um den Tatverdacht und die weiteren Haftgründe zu erhärten oder zu entkräften.
3 Ergeben die Abklärungen, dass Haftgründe nicht oder nicht mehr bestehen, so lässt sie die festgenommene Person sofort frei. Bestätigen die Abklärungen den Tatverdacht und einen Haftgrund, so führt sie die Person unverzüglich der Staatsanwaltschaft zu.
4 Entlassung oder Zuführung erfolgen in jedem Falle spätestens nach 24 Stunden; ging der Festnahme eine Anhaltung voraus, so ist deren Dauer an die Frist anzurechnen.
5 Hat die Polizei eine Person im Sinne von Artikel 217 Absatz 3 vorläufig festgenommen und soll die Person länger als 3 Stunden festgehalten werden, so muss dies von Polizeiangehörigen angeordnet werden, die dazu vom Bund oder vom Kanton ermächtigt sind.
1 Die Untersuchungshaft beginnt mit ihrer Anordnung durch das Zwangsmassnahmengericht und endet mit dem Eingang der Anklage beim erstinstanzlichen Gericht, dem vorzeitigen Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion oder mit der Entlassung der beschuldigten Person während der Untersuchung.
2 Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und der Rechtskraft des Urteils, dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion, dem Vollzug der Landesverweisung oder der Entlassung.73
73 Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).
1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
2 Haft ist auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.
Die verhaftete Person kann Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Vorbehalten bleibt Artikel 233.
74 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
1 Die Verteidigung kann im Haftverfahren den Einvernahmen der beschuldigten Person und weiteren Beweiserhebungen beiwohnen.
2 Die beschuldigte Person kann im Verfahren vor der Staatsanwaltschaft und den Gerichten um Anordnung von Haft jederzeit ohne Aufsicht mit der Verteidigung schriftlich oder mündlich verkehren.
1 Die Staatsanwaltschaft befragt die beschuldigte Person unverzüglich und gibt ihr Gelegenheit, sich zum Tatverdacht und zu den Haftgründen zu äussern. Sie erhebt unverzüglich jene Beweise, die zur Erhärtung oder Entkräftung des Tatverdachts und der Haftgründe geeignet und ohne Weiteres verfügbar sind.
2 Bestätigen sich der Tatverdacht und die Haftgründe, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem Zwangsmassnahmengericht unverzüglich, spätestens aber innert 48 Stunden seit der Festnahme, die Anordnung der Untersuchungshaft oder einer Ersatzmassnahme. Sie reicht ihren Antrag schriftlich ein, begründet ihn kurz und legt die wesentlichen Akten bei.
3 Verzichtet sie auf einen Haftantrag, so verfügt sie die unverzügliche Freilassung. Beantragt sie eine Ersatzmassnahme, so trifft sie die erforderlichen sichernden Massnahmen.
1 Das Zwangsmassnahmengericht setzt nach Eingang des Antrags der Staatsanwaltschaft unverzüglich eine nicht öffentliche Verhandlung mit der Staatsanwaltschaft, der beschuldigten Person und deren Verteidigung an; es kann die Staatsanwaltschaft verpflichten, daran teilzunehmen.
2 Es gewährt der beschuldigten Person und der Verteidigung auf Verlangen vorgängig Einsicht in die ihm vorliegenden Akten.
3 Wer der Verhandlung berechtigterweise fern bleibt, kann Anträge schriftlich einreichen oder auf frühere Eingaben verweisen.
4 Das Zwangsmassnahmengericht erhebt die sofort verfügbaren Beweise, die geeignet sind, den Tatverdacht oder die Haftgründe zu erhärten oder zu entkräften.
5 Verzichtet die beschuldigte Person ausdrücklich auf eine Verhandlung, so entscheidet das Zwangsmassnahmengericht in einem schriftlichen Verfahren aufgrund des Antrags der Staatsanwaltschaft und der Eingaben der beschuldigten Person.
1 Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet unverzüglich, spätestens aber innert 48 Stunden nach Eingang des Antrags.
2 Es eröffnet seinen Entscheid der Staatsanwaltschaft, der beschuldigten Person und ihrer Verteidigung unverzüglich mündlich oder, falls sie abwesend sind, schriftlich. Anschliessend stellt es ihnen eine kurze schriftliche Begründung zu.
3 Ordnet es die Untersuchungshaft an, so weist es die beschuldigte Person darauf hin, dass sie jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen kann.
4 Es kann in seinem Entscheid:
5 Ordnet es die Untersuchungshaft nicht an, so wird die beschuldigte Person unverzüglich freigelassen.
1 Läuft die vom Zwangsmassnahmengericht festgesetzte Dauer der Untersuchungshaft ab, so kann die Staatsanwaltschaft ein Haftverlängerungsgesuch stellen. Hat das Zwangsmassnahmengericht die Haftdauer nicht beschränkt, so ist das Gesuch vor Ablauf von 3 Monaten Haft zu stellen.
2 Die Staatsanwaltschaft reicht dem Zwangsmassnahmengericht das schriftliche und begründete Gesuch spätestens 4 Tage vor Ablauf der Haftdauer ein und legt ihm die wesentlichen Akten bei.
3 Das Zwangsmassnahmengericht gibt der beschuldigten Person und ihrer Verteidigung Gelegenheit, die ihm vorliegenden Akten einzusehen und innert 3 Tagen schriftlich zum Gesuch Stellung zu nehmen.
4 Es kann die provisorische Fortdauer der Untersuchungshaft bis zu seinem Entscheid anordnen.
5 Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet spätestens innert 5 Tagen nach Eingang der Stellungnahme beziehungsweise Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist. Es kann die Staatsanwaltschaft anweisen, bestimmte Untersuchungshandlungen vorzunehmen, oder eine Ersatzmassnahme anordnen.
6 Das Verfahren ist in der Regel schriftlich, doch kann das Zwangsmassnahmengericht eine Verhandlung anordnen; diese ist nicht öffentlich.
7 Die Verlängerung der Untersuchungshaft wird jeweils für längstens 3 Monate, in Ausnahmefällen für längstens 6 Monate bewilligt.
1 Die beschuldigte Person kann bei der Staatsanwaltschaft jederzeit schriftlich oder mündlich zu Protokoll ein Gesuch um Haftentlassung stellen; vorbehalten bleibt Absatz 5. Das Gesuch ist kurz zu begründen.
2 Entspricht die Staatsanwaltschaft dem Gesuch, so entlässt sie die beschuldigte Person unverzüglich aus der Haft. Will sie dem Gesuch nicht entsprechen, so leitet sie es zusammen mit den Akten spätestens 3 Tage nach dessen Eingang mit einer begründeten Stellungnahme an das Zwangsmassnahmengericht weiter.
3 Das Zwangsmassnahmengericht stellt die Stellungnahme der beschuldigten Person und ihrer Verteidigung zu und setzt ihnen eine Frist von 3 Tagen zur Replik.
4 Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet spätestens innert 5 Tagen nach Eingang der Replik beziehungsweise Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist in einer nicht öffentlichen Verhandlung. Verzichtet die beschuldigte Person ausdrücklich auf eine Verhandlung, so kann der Entscheid im schriftlichen Verfahren ergehen. Im Übrigen ist Artikel 226 Absätze 2–5 sinngemäss anwendbar.
5 Das Zwangsmassnahmengericht kann in seinem Entscheid eine Frist von längstens einem Monat setzen, innerhalb derer die beschuldigte Person kein Entlassungsgesuch stellen kann.
1 Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
2 Ergeben sich erst nach der Anklageerhebung Haftgründe, so führt die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Sicherheitshaft.
3 Das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht richtet sich:
1 Die beschuldigte Person und die Staatsanwaltschaft können während des erstinstanzlichen Verfahrens ein Haftentlassungsgesuch stellen.
2 Das Gesuch ist an die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts zu richten.
3 Entspricht die Verfahrensleitung dem Gesuch, so entlässt sie die beschuldigte Person unverzüglich aus der Haft. Will sie dem Gesuch nicht entsprechen, so leitet sie es an das Zwangsmassnahmengericht zum Entscheid weiter.
4 Die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Haftentlassung auch selbst anordnen. Stimmt die Staatsanwaltschaft nicht zu, so entscheidet das Zwangsmassnahmengericht.
5 Im Übrigen gelten die Bestimmungen von Artikel 228 sinngemäss.
1 Das erstinstanzliche Gericht entscheidet mit dem Urteil, ob eine verurteilte Person in Sicherheitshaft zu setzen oder zu behalten ist:
2 Wird die inhaftierte beschuldigte Person freigesprochen und verfügt das erstinstanzliche Gericht deren Freilassung, so kann die Staatsanwaltschaft beim erstinstanzlichen Gericht zu Handen der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Fortsetzung der Sicherheitshaft beantragen. In diesem Fall bleibt die betreffende Person bis zum Entscheid der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts in Haft. Die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts entscheidet über den Antrag der Staatsanwaltschaft innert 5 Tagen seit Antragstellung.
3 Wird eine Berufung zurückgezogen, so entscheidet das erstinstanzliche Gericht über die Anrechnung der Haftdauer nach dem Urteil.
1 Ergeben sich Haftgründe erst während eines Verfahrens vor dem Berufungsgericht, so lässt die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die in Haft zu setzende Person unverzüglich vorführen und hört sie an.
2 Sie entscheidet innert 48 Stunden seit der Zuführung; dieser Entscheid ist nicht anfechtbar.
Die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts entscheidet über Haftentlassungsgesuche innert 5 Tagen; dieser Entscheid ist nicht anfechtbar.
1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft werden in der Regel in Haftanstalten vollzogen, die diesem Zwecke vorbehalten sind und die daneben nur dem Vollzug kurzer Freiheitsstrafen dienen.
2 Ist es aus medizinischen Gründen angezeigt, so kann die zuständige kantonale Behörde die inhaftierte Person in ein Spital oder eine psychiatrische Klinik einweisen.
1 Die inhaftierte Person darf in ihrer persönlichen Freiheit nicht stärker eingeschränkt werden, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt erfordern.
2 Die Kontakte zwischen der inhaftierten Person und anderen Personen bedürfen der Bewilligung der Verfahrensleitung. Besuche finden wenn nötig unter Aufsicht statt.
3 Die Verfahrensleitung kontrolliert die ein- und ausgehende Post, mit Ausnahme der Korrespondenz mit Aufsichts- und Strafbehörden. Während der Sicherheitshaft kann sie diese Aufgabe der Staatsanwaltschaft übertragen.
4 Die inhaftierte Person kann mit der Verteidigung frei und ohne inhaltliche Kontrolle verkehren. Besteht begründeter Verdacht auf Missbrauch, so kann die Verfahrensleitung mit Genehmigung des Zwangsmassnahmengerichts den freien Verkehr befristet einschränken; sie eröffnet die Beschränkungen der inhaftierten Person und der Verteidigung vorgängig.
5 Die Kantone regeln die Rechte und Pflichten der inhaftierten Personen, ihre Beschwerdemöglichkeiten, die Disziplinarmassnahmen sowie die Aufsicht über die Haftanstalten.
1 Die Verfahrensleitung kann der beschuldigten Person bewilligen, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten, sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt.
2 Ist bereits Anklage erhoben worden, so gibt die Verfahrensleitung der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme.
3 Bund und Kantone können vorsehen, dass der vorzeitige Massnahmenvollzug der Zustimmung der Vollzugsbehörden bedarf.
4 Mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt tritt die beschuldigte Person ihre Strafe oder Massnahme an; sie untersteht von diesem Zeitpunkt an dem Vollzugsregime, wenn der Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht.
1 Das zuständige Gericht ordnet an Stelle der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen.
2 Ersatzmassnahmen sind namentlich:
3 Das Gericht kann zur Überwachung solcher Ersatzmassnahmen den Einsatz technischer Geräte und deren feste Verbindung mit der zu überwachenden Person anordnen.
4 Anordnung und Anfechtung von Ersatzmassnahmen richten sich sinngemäss nach den Vorschriften über die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft.
5 Das Gericht kann die Ersatzmassnahmen jederzeit widerrufen, andere Ersatzmassnahmen oder die Untersuchungs- oder die Sicherheitshaft anordnen, wenn neue Umstände dies erfordern oder die beschuldigte Person die ihr gemachten Auflagen nicht erfüllt.
1 Bei Fluchtgefahr kann das zuständige Gericht die Leistung eines Geldbetrages vorsehen, der sicherstellen soll, dass die beschuldigte Person sich jederzeit zu Verfahrenshandlungen oder zum Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion einstellt.
2 Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich nach der Schwere der Taten, die der beschuldigten Person vorgeworfen werden, und nach ihren persönlichen Verhältnissen.
3 Die Sicherheitsleistung kann in bar oder durch Garantie einer in der Schweiz niedergelassenen Bank oder Versicherung erbracht werden.
1 Die Sicherheitsleistung wird freigegeben, wenn:
2 Wird die von der beschuldigten Person geleistete Sicherheitsleistung freigegeben, so kann sie zur Deckung der Geldstrafen, Bussen, Kosten und Entschädigungen verwendet werden, die der beschuldigten Person auferlegt worden sind.
3 Über die Freigabe entscheidet die Behörde, bei der die Sache hängig ist oder zuletzt hängig war.
1 Entzieht sich die beschuldigte Person dem Verfahren oder dem Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion, so verfällt die Sicherheitsleistung dem Bund oder dem Kanton, dessen Gericht sie angeordnet hat.
2 Hat eine Drittperson die Sicherheit geleistet, so kann auf den Verfall verzichtet werden, wenn die Drittperson den Behörden rechtzeitig die Informationen geliefert hat, die eine Ergreifung der beschuldigten Person ermöglicht hätten.
3 Über den Verfall der Sicherheitsleistung entscheidet die Behörde, bei der die Sache hängig ist oder zuletzt hängig war.
4 Eine verfallene Sicherheitsleistung wird in sinngemässer Anwendung von Artikel 73 StGB75 zur Deckung der Ansprüche der Geschädigten und, wenn ein Überschuss bleibt, zur Deckung der Geldstrafen, Bussen und der Verfahrenskosten verwendet. Ein allfällig noch verbleibender Überschuss fällt dem Bund oder dem Kanton zu.
1 Durchsuchungen und Untersuchungen werden in einem schriftlichen Befehl angeordnet. In dringenden Fällen können sie mündlich angeordnet werden, sind aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
2 Der Befehl bezeichnet:
3 Ist Gefahr im Verzug, so kann die Polizei die Untersuchung der nicht einsehbaren Körperöffnungen und Körperhöhlen anordnen und ohne Befehl Durchsuchungen vornehmen; sie informiert darüber unverzüglich die zuständige Strafbehörde.
4 Die Polizei kann eine angehaltene oder festgenommene Person durchsuchen, namentlich um die Sicherheit von Personen zu gewährleisten.
1 Die durchführenden Behörden oder Personen treffen geeignete Sicherheitsvorkehren, um das Ziel der Massnahme zu erreichen.
2 Sie können Personen untersagen, sich während der Durchsuchung oder Untersuchung zu entfernen.
1 Zufällig entdeckte Spuren oder Gegenstände, die mit der abzuklärenden Straftat nicht in Zusammenhang stehen, aber auf eine andere Straftat hinweisen, werden sichergestellt.
2 Die Gegenstände werden mit einem Bericht der Verfahrensleitung übermittelt; diese entscheidet über das weitere Vorgehen.
1 Häuser, Wohnungen und andere nicht allgemein zugängliche Räume dürfen nur mit Einwilligung der berechtigten Person durchsucht werden.
2 Die Einwilligung der berechtigten Person ist nicht nötig, wenn zu vermuten ist, dass in diesen Räumen:
1 Die mit der Durchführung beauftragten Personen weisen zu Beginn der Massnahme den Hausdurchsuchungsbefehl vor.
2 Anwesende Inhaberinnen und Inhaber der zu durchsuchenden Räume haben der Hausdurchsuchung beizuwohnen. Sind sie abwesend, so ist nach Möglichkeit ein volljähriges Familienmitglied oder eine andere geeignete Person beizuziehen.
Schriftstücke, Ton-, Bild- und andere Aufzeichnungen, Datenträger sowie Anlagen zur Verarbeitung und Speicherung von Informationen dürfen durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass sich darin Informationen befinden, die der Beschlagnahme unterliegen.
1 Die Inhaberin oder der Inhaber kann sich vorgängig zum Inhalt der Aufzeichnungen äussern.
2 Zur Prüfung des Inhalts der Aufzeichnungen, insbesondere zur Aussonderung von Aufzeichnungen mit geschütztem Inhalt, können sachverständige Personen beigezogen werden.
3 Die Inhaberin oder der Inhaber kann der Strafbehörde Kopien von Aufzeichnungen und Ausdrucke von gespeicherten Informationen zur Verfügung stellen, wenn dies für das Verfahren ausreicht.
1 Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, sind zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden.
2 Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der berechtigten Person zurückgegeben.
3 Stellt sie ein Entsiegelungsgesuch, so entscheidet darüber innerhalb eines Monats endgültig:
4 Das Gericht kann zur Prüfung des Inhalts der Aufzeichnungen und Gegenstände eine sachverständige Person beiziehen.
Personen und Gegenstände dürfen ohne Einwilligung nur durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass Tatspuren oder zu beschlagnahmende Gegenstände und Vermögenswerte gefunden werden können.
1 Die Durchsuchung von Personen umfasst die Kontrolle der Kleider, der mitgeführten Gegenstände, Behältnisse und Fahrzeuge, der Körperoberfläche und der einsehbaren Körperöffnungen und Körperhöhlen.
2 Durchsuchungen, die in den Intimbereich der Betroffenen eingreifen, werden von Personen des gleichen Geschlechts oder von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt, es sei denn, die Massnahme dulde keinen Aufschub.
1 Die Untersuchung einer Person umfasst die Untersuchung ihres körperlichen oder geistigen Zustands.
2 Die beschuldigte Person kann untersucht werden, um:
3 Eingriffe in die körperliche Integrität der beschuldigten Person können angeordnet werden, wenn sie weder besondere Schmerzen bereiten noch die Gesundheit gefährden.
4 Gegenüber einer nicht beschuldigten Person sind Untersuchungen und Eingriffe in die körperliche Integrität gegen ihren Willen zudem nur zulässig, wenn sie unerlässlich sind, um eine Straftat nach den Artikeln 111–113, 122, 124, 140, 184, 185, 187, 189, 190 oder 191 StGB76 aufzuklären.77
77 Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 30. Sept. 2011, in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 2012 2575; BBl 2010 5651 5677).
Untersuchungen von Personen und Eingriffe in die körperliche Integrität werden von einer Ärztin oder einem Arzt oder von einer anderen medizinischen Fachperson vorgenommen.
1 Bestehen bei einem Todesfall Anzeichen für einen unnatürlichen Tod, insbesondere für eine Straftat, oder ist die Identität des Leichnams unbekannt, so ordnet die Staatsanwaltschaft zur Klärung der Todesart oder zur Identifizierung des Leichnams eine Legalinspektion durch eine sachverständige Ärztin oder einen sachverständigen Arzt an.
2 Bestehen nach der Legalinspektion keine Hinweise auf eine Straftat und steht die Identität fest, so gibt die Staatsanwaltschaft die Leiche zur Bestattung frei.
3 Andernfalls ordnet die Staatsanwaltschaft die Sicherstellung der Leiche und weitere Untersuchungen durch eine rechtsmedizinische Institution, nötigenfalls die Obduktion an. Sie kann die Leiche oder Teile davon zurückbehalten, solange der Zweck der Untersuchung es erfordert.
4 Die Kantone bestimmen, welche Medizinalpersonen verpflichtet sind, aussergewöhnliche Todesfälle den Strafbehörden zu melden.
Wenn es zur Aufklärung einer Straftat nötig erscheint, kann die Ausgrabung einer bestatteten Leiche oder die Öffnung einer Aschenurne angeordnet werden.
78 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
1 Zur Aufklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens kann eine Probe genommen und ein DNA-Profil erstellt werden von:
2 Die Polizei kann anordnen:
3 Kann aus tatrelevantem biologischem Material lediglich das Y-DNA-Profil erstellt werden, so kann die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Verbrechens dessen Abgleich im Informationssystem nach Artikel 10 des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 200379 anordnen.80
80 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
1 Das Zwangsmassnahmengericht kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Verbrechens die Entnahme von Proben und die Erstellung von DNA-Profilen gegenüber Personen anordnen, die bestimmte, in Bezug auf die Tatbegehung festgestellte Merkmale aufweisen. Der Kreis der zu untersuchenden Personen kann mittels einer Phänotypisierung nach Artikel 258b näher eingegrenzt werden.
2 Ergibt sich beim Profilvergleich nach Absatz 1 keine Übereinstimmung, kann das Zwangsmassnahmengericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft anordnen, dass als Grundlage für die weiteren Ermittlungen eine Verwandtschaft mit der Spurenlegerin oder dem Spurenleger überprüft wird.
81 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
Das Gericht kann in seinem Urteil anordnen, dass eine Probe genommen und ein DNA-Profil erstellt wird von Personen:
Invasive Probenahmen werden von einer Ärztin oder einem Arzt oder von einer anderen medizinischen Fachperson vorgenommen.
Zur Aufklärung eines Verbrechens gemäss den Artikeln 111−113, 118 Absatz 2, 122, 124, 140, 156 Ziffern 2−4, 182, 184, 185, 187, 189 Absätze 1 und 3, 190 Absätze 1 und 3, 191, 260ter oder 264−264l StGB83 kann ein Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug nach Artikel 2a des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 200384 angeordnet werden, wenn die bisherigen Untersuchungsmassnahmen erfolglos geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.
82 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
85 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
Die Phänotypisierung nach Artikel 2b des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 200387 kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Verbrechen angeordnet werden: Artikel 111−113, 118 Absatz 2, 122, 124, 140, 156 Ziffern 2−4, 182, 184, 185, 187, 189 Absätze 1 und 3, 190 Absätze 1 und 3, 191, 260ter oder 264−264l StGB88.
86 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
1 Bei der erkennungsdienstlichen Erfassung werden die Körpermerkmale einer Person festgestellt und Abdrücke von Körperteilen genommen.
2 Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte, in dringenden Fällen ihre Verfahrensleitung, können die erkennungsdienstliche Erfassung anordnen.
3 Die erkennungsdienstliche Erfassung wird in einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl angeordnet. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen und zu begründen.
4 Weigert sich die betroffene Person, sich der Anordnung der Polizei zu unterziehen, so entscheidet die Staatsanwaltschaft.
1 Erkennungsdienstliche Unterlagen über die beschuldigte Person dürfen ausserhalb des Aktendossiers aufbewahrt und, sofern ein hinreichender Tatverdacht auf ein neues Delikt besteht, verwendet werden:
2 Erkennungsdienstliche Unterlagen über nicht beschuldigte Personen sind zu vernichten, sobald das Verfahren gegen die beschuldigte Person abgeschlossen oder eingestellt wurde oder entschieden wurde, es nicht an die Hand zu nehmen.
3 Ist das Interesse an der Aufbewahrung und Verwendung vor Ablauf der Fristen nach Absatz 1 offensichtlich dahingefallen, so sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten.
90 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 5 des Strafregistergesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 23. Jan. 2023 (AS 2022 600; BBl 2014 5713).
92 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
1 Beschuldigte Personen, Zeuginnen und Zeugen sowie Auskunftspersonen können dazu angehalten werden, für einen Schrift- oder Sprachvergleich Schrift- oder Sprachproben abzugeben.
2 Personen, die sich der Abgabe solcher Proben widersetzen, können mit Ordnungsbusse bestraft werden. Ausgenommen sind die beschuldigte Person und, im Umfang ihres Verweigerungsrechts, Personen, die zur Aussage- oder Zeugnisverweigerung berechtigt sind.
1 Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich:
2 Die Beschlagnahme ist mit einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl anzuordnen. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen.
3 Ist Gefahr im Verzug, so können die Polizei oder Private Gegenstände und Vermögenswerte zuhanden der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte vorläufig sicherstellen.
1 Nicht beschlagnahmt werden dürfen, ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind:
2 Die Einschränkungen nach Absatz 1 gelten nicht für Gegenstände und Vermögenswerte, die zur Rückgabe an die geschädigte Person oder zur Einziehung beschlagnahmt werden müssen.
3 Macht eine berechtigte Person geltend, eine Beschlagnahme von Gegenständen und Vermögenswerten sei wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht zulässig, so gehen die Strafbehörden nach den Vorschriften über die Siegelung vor.
93 Fassung gemäss Ziff. I 6 des BG vom 28. Sept. 2012 über die Anpassung von verfahrensrechtlichen Bestimmungen zum anwaltlichen Berufsgeheimnis, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 847; BBl 2011 8181).
94 Eingefügt durch Ziff. I 6 des BG vom 28. Sept. 2012 über die Anpassung von verfahrensrechtlichen Bestimmungen zum anwaltlichen Berufsgeheimnis, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 847; BBl 2011 8181).
1 Die Inhaberin oder der Inhaber ist verpflichtet, Gegenstände und Vermögenswerte, die beschlagnahmt werden sollen, herauszugeben.
2 Keine Herausgabepflicht haben:
3 Die Strafbehörde kann die zur Herausgabe verpflichtete Person zur Herausgabe auffordern, ihr eine Frist setzen und sie für den Fall der Nichtbeachtung auf die Strafdrohung von Artikel 292 StGB96 oder die Möglichkeit einer Ordnungsbusse hinweisen.
4 Zwangsmassnahmen sind nur zulässig, wenn die Herausgabe verweigert wurde oder anzunehmen ist, dass die Aufforderung zur Herausgabe den Zweck der Massnahme vereiteln würde.
1 Die anordnende Strafbehörde bestätigt im Beschlagnahmebefehl oder in einer separaten Quittung den Empfang der beschlagnahmten oder herausgegebenen Gegenstände und Vermögenswerte.
2 Sie erstellt ein Verzeichnis und bewahrt die Gegenstände und Vermögenswerte sachgemäss auf.
3 Werden Liegenschaften beschlagnahmt, so wird eine Grundbuchsperre angeordnet; diese wird im Grundbuch angemerkt.
4 Die Beschlagnahme einer Forderung wird der Schuldnerin oder dem Schuldner angezeigt, mit dem Hinweis, dass eine Zahlung an die Gläubigerin oder den Gläubiger die Schuldverpflichtung nicht tilgt.
5 Gegenstände, die einer schnellen Wertverminderung unterliegen oder einen kostspieligen Unterhalt erfordern, sowie Wertpapiere oder andere Werte mit einem Börsen- oder Marktpreis können nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 188997 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sofort verwertet werden. Der Erlös wird mit Beschlag belegt.
6 Der Bundesrat regelt die Anlage beschlagnahmter Vermögenswerte.
1 Ist der Grund für die Beschlagnahme weggefallen, so hebt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände oder Vermögenswerte der berechtigten Person aus.
2 Ist unbestritten, dass ein Gegenstand oder Vermögenswert einer bestimmten Person durch die Straftat unmittelbar entzogen worden ist, so gibt die Strafbehörde ihn der berechtigten Person vor Abschluss des Verfahrens zurück.
3 Ist die Beschlagnahme eines Gegenstandes oder Vermögenswertes nicht vorher aufgehoben worden, so ist über seine Rückgabe an die berechtigte Person, seine Verwendung zur Kostendeckung oder über seine Einziehung im Endentscheid zu befinden.
4 Erheben mehrere Personen Anspruch auf Gegenstände oder Vermögenswerte, deren Beschlagnahme aufzuheben ist, so kann das Gericht darüber entscheiden.
5 Die Strafbehörde kann die Gegenstände oder Vermögenswerte einer Person zusprechen und den übrigen Ansprecherinnen oder Ansprechern Frist zur Anhebung von Zivilklagen setzen.
6 Sind im Zeitpunkt der Aufhebung der Beschlagnahme die Berechtigten nicht bekannt, so schreibt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht die Gegenstände oder Vermögenswerte zur Anmeldung von Ansprüchen öffentlich aus. Erhebt innert fünf Jahren seit der Ausschreibung niemand Anspruch, so fallen die beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte an den Kanton oder den Bund.
1 Vom Vermögen der beschuldigten Person kann so viel beschlagnahmt werden, als voraussichtlich nötig ist zur Deckung:
2 Die Strafbehörde nimmt bei der Beschlagnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der beschuldigten Person und ihrer Familie Rücksicht.
3 Von der Beschlagnahme ausgenommen sind Vermögenswerte, die nach den Artikeln 92–94 SchKG98 nicht pfändbar sind.
1 Die Staatsanwaltschaft kann den Post- und den Fernmeldeverkehr überwachen lassen, wenn:
2 Eine Überwachung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten angeordnet werden:
3 Wird die Beurteilung einer der militärischen Gerichtsbarkeit unterstehenden Straftat der zivilen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs auch angeordnet werden zur Verfolgung der in Artikel 70 Absatz 2 des Militärstrafprozesses vom 23. März 1979123 aufgeführten Straftaten.
99 Fassung gemäss Ziff. I 12 des BG vom 17. Dez. 2021 über die Harmonisierung der Strafrahmen, in Kraft seit 1. Juli 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827).
100 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
101 Der Titel wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) auf den 1. Jan. 2019 angepasst. Diese Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen.
104 Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 (AS 2013 295; BBl 2011 5905).
107 Berichtigung der RedK der BVers vom 19. Sept. 2011, veröffentlicht am 4. Okt. 2011 (AS 2011 4487).
111 Eingefügt durch Art. 34 Ziff. 2 des Sportförderungsgesetzes vom 17. Juni 2011 (AS 2012 3953; BBl 2009 8189). Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des Geldspielgesetzes vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 5103; BBl 2015 8387).
113 Eingefügt durch Ziff. II 4 des BG vom 28. Sept. 2012 (AS 2013 1103; BBl 2011 6873). Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5339; BBl 2014 7483).
115 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
117 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BB vom 29. Sept. 2017 (Medicrime-Konvention), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 4771; BBl 2017 3135).
119 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 2 des Geldspielgesetzes vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 5103; BBl 2015 8387).
121 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 3 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).
1 Die Staatsanwaltschaft kann den Einsatz besonderer technischer Geräte zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs anordnen, um Gespräche mitzuhören oder aufzunehmen oder eine Person oder Sache zu identifizieren oder deren Standort zu ermitteln, wenn:
2 Die Staatsanwaltschaft führt eine Statistik über diese Überwachungen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
124 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Die Staatsanwaltschaft kann das Einschleusen von besonderen Informatikprogrammen in ein Datenverarbeitungssystem anordnen, um den Inhalt der Kommunikation und die Randdaten des Fernmeldeverkehrs in unverschlüsselter Form abzufangen und auszuleiten, wenn:
2 Die Staatsanwaltschaft bezeichnet in der Überwachungsanordnung:
3 Durch Absatz 1 nicht gedeckte Daten, die beim Einsatz solcher Informatikprogramme gesammelt werden, sind sofort zu vernichten. Durch solche Daten erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.
4 Die Staatsanwaltschaft führt eine Statistik über diese Überwachungen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
125 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Es dürfen nur besondere Informatikprogramme eingesetzt werden, welche die Überwachung lückenlos und unveränderbar protokollieren. Das Protokoll gehört zu den Verfahrensakten.
2 Die Ausleitung aus dem überwachten Datenverarbeitungssystem bis zur zuständigen Strafverfolgungsbehörde erfolgt gesichert.
3 Die Strafverfolgungsbehörde stellt sicher, dass der Quellcode überprüft werden kann zwecks Prüfung, dass das Programm nur über gesetzlich zulässige Funktionen verfügt.
126 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
Es dürfen Post- und Fernmeldeverkehr folgender Personen überwacht werden:127
127 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
128 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Bei der Überwachung einer Person, die einer in den Artikeln 170–173 genannten Berufsgruppe angehört, sind Informationen, die mit dem Gegenstand der Ermittlungen und dem Grund, aus dem diese Person überwacht wird, nicht in Zusammenhang stehen, unter der Leitung eines Gerichtes auszusondern. Dabei dürfen der Strafverfolgungsbehörde keine Berufsgeheimnisse zur Kenntnis gelangen. Die ausgesonderten Daten sind sofort zu vernichten; sie dürfen nicht ausgewertet werden.
2 Informationen nach Absatz 1 müssen nicht vorgängig ausgesondert werden, wenn:
3 Bei der Überwachung anderer Personen sind, sobald feststeht, dass diese mit einer in den Artikeln 170–173 genannten Person Verbindung haben, Informationen zur Kommunikation mit dieser Person gemäss Absatz 1 auszusondern. Informationen, über welche eine in den Artikeln 170–173 genannte Person das Zeugnis verweigern kann, sind aus den Verfahrensakten auszusondern und sofort zu vernichten; sie dürfen nicht ausgewertet werden.
129 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Die Überwachung des Post- und des Fernmeldeverkehrs bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
2 Ergeben die Ermittlungen, dass die zu überwachende Person in rascher Folge den Fernmeldedienst wechselt, so kann das Zwangsmassnahmengericht ausnahmsweise die Überwachung aller identifizierten Dienste bewilligen, über welche die zu überwachende Person ihren Fernmeldeverkehr abwickelt, ohne dass jedes Mal eine Genehmigung im Einzelfall nötig ist (Rahmenbewilligung).130 Die Staatsanwaltschaft unterbreitet dem Zwangsmassnahmengericht monatlich und nach Abschluss der Überwachung einen Bericht zur Genehmigung.
3 Erfordert die Überwachung eines Dienstes im Rahmen einer Rahmenbewilligung Vorkehren zum Schutz von Berufsgeheimnissen und sind die Vorkehren in der Rahmenbewilligung nicht enthalten, so ist diese einzelne Überwachung dem Zwangsmassnahmengericht zur Genehmigung zu unterbreiten.131
130 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
131 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Besteht der dringende Verdacht, ein Verbrechen oder ein Vergehen sei begangen worden, und sind die Voraussetzungen nach Artikel 269 Absatz 1 Buchstaben b und c dieses Gesetzes erfüllt, so kann die Staatsanwaltschaft die Randdaten des Fernmeldeverkehrs gemäss Artikel 8 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 18. März 2016133 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) und die Randdaten des Postverkehrs gemäss Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b BÜPF der überwachten Person verlangen.134
2 Die Anordnung bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
3 Auskünfte nach Absatz 1 können unabhängig von der Dauer der Überwachung und bis 6 Monate rückwirkend verlangt werden.
132 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
134 Fassung gemäss Ziff. I 12 des BG vom 17. Dez. 2021 über die Harmonisierung der Strafrahmen, in Kraft seit 1. Juli 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827).
1 Die Staatsanwaltschaft reicht dem Zwangsmassnahmengericht innert 24 Stunden seit der Anordnung der Überwachung oder der Auskunftserteilung folgende Unterlagen ein:
2 Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet mit kurzer Begründung innert 5 Tagen seit der Anordnung der Überwachung oder der Auskunftserteilung. Es kann die Genehmigung vorläufig oder mit Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.
3 Das Zwangsmassnahmengericht eröffnet den Entscheid unverzüglich der Staatsanwaltschaft sowie dem Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach Artikel 3 BÜPF135.136
4 Die Genehmigung äussert sich ausdrücklich darüber:
5 Das Zwangsmassnahmengericht erteilt die Genehmigung für höchstens 3 Monate. Die Genehmigung kann ein- oder mehrmals um jeweils höchstens 3 Monate verlängert werden. Ist eine Verlängerung notwendig, so stellt die Staatsanwaltschaft vor Ablauf der bewilligten Dauer einen begründeten Verlängerungsantrag.
136 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
137 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
1 Die Staatsanwaltschaft beendet die Überwachung unverzüglich, wenn:
2 Die Staatsanwaltschaft teilt dem Zwangsmassnahmengericht im Fall von Absatz 1 Buchstabe a die Beendigung der Überwachung mit.
1 Die aus genehmigten Überwachungen stammenden Aufzeichnungen, die für das Strafverfahren nicht notwendig sind, werden von den Verfahrensakten gesondert aufbewahrt und unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens vernichtet.
2 Postsendungen können so lange sichergestellt werden, als dies für das Strafverfahren notwendig ist; sie sind den Adressatinnen und Adressaten herauszugeben, sobald es der Stand des Verfahrens erlaubt.
1 Dokumente und Datenträger aus nicht genehmigten Überwachungen sind sofort zu vernichten. Postsendungen sind sofort den Adressatinnen und Adressaten zuzustellen.
2 Durch die Überwachung gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.
1 Werden durch die Überwachung andere Straftaten als die in der Überwachungsanordnung aufgeführten bekannt, so können die Erkenntnisse gegen die beschuldigte Person verwendet werden, wenn zur Verfolgung dieser Straftaten eine Überwachung hätte angeordnet werden dürfen.
1bis Werden bei einer Überwachung nach den Artikeln 35 und 36 BÜPF138 strafbare Handlungen bekannt, so dürfen die Erkenntnisse unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 verwendet werden. 139
2 Erkenntnisse über Straftaten einer Person, die in der Anordnung keiner strafbaren Handlung beschuldigt wird, können verwendet werden, wenn die Voraussetzungen für eine Überwachung dieser Person erfüllt sind.
3 In Fällen nach den Absätzen 1, 1bis und 2 ordnet die Staatsanwaltschaft unverzüglich die Überwachung an und leitet das Genehmigungsverfahren ein.140
4 Aufzeichnungen, die nicht als Zufallsfunde verwendet werden dürfen, sind von den Verfahrensakten gesondert aufzubewahren und nach Abschluss des Verfahrens zu vernichten.
5 Für die Fahndung nach gesuchten Personen dürfen sämtliche Erkenntnisse einer Überwachung verwendet werden.
139 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125). Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
140 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
1 Die Staatsanwaltschaft teilt der überwachten beschuldigten Person und den nach Artikel 270 Buchstabe b überwachten Drittpersonen spätestens mit Abschluss des Vorverfahrens Grund, Art und Dauer der Überwachung mit.
2 Die Mitteilung kann mit Zustimmung des Zwangsmassnahmengerichts aufgeschoben oder unterlassen werden, wenn:
3 Personen, deren Post- oder Fernmeldeverkehr überwacht wurde oder die die überwachte Postadresse oder den überwachten Fernmeldedienst mitbenutzt haben, können Beschwerde nach den Artikel 393–397 führen.141 Die Beschwerdefrist beginnt mit Erhalt der Mitteilung zu laufen.
141 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
Die Staatsanwaltschaft kann technische Überwachungsgeräte einsetzen, um:
1 Der Einsatz darf nur gegenüber der beschuldigten Person angeordnet werden.
2 Räumlichkeiten oder Fahrzeuge von Drittpersonen dürfen nur überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass die beschuldigte Person sich in diesen Räumlichkeiten aufhält oder dieses Fahrzeug benutzt.
3 Der Einsatz darf nicht angeordnet werden, um:
4 Im Übrigen richtet sich der Einsatz technischer Überwachungsgeräte nach den Artikeln 269–279.
1 Die Staatsanwaltschaft und, im Ermittlungsverfahren, die Polizei können Personen und Sachen an allgemein zugänglichen Orten verdeckt beobachten und dabei Bild- oder Tonaufzeichnungen machen, wenn:
2 Hat eine von der Polizei angeordnete Observation einen Monat gedauert, so bedarf ihre Fortsetzung der Genehmigung durch die Staatsanwaltschaft.
1 Die Staatsanwaltschaft teilt den von einer Observation direkt betroffenen Personen spätestens mit Abschluss des Vorverfahrens Grund, Art und Dauer der Observation mit.
2 Die Mitteilung wird aufgeschoben oder unterlassen, wenn:
Zur Aufklärung von Verbrechen oder Vergehen kann das Zwangsmassnahmengericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Überwachung der Beziehungen zwischen einer beschuldigten Person und einer Bank oder einem bankähnlichen Institut anordnen.
1 Stimmt das Zwangsmassnahmengericht dem Antrag zu, so erteilt es der Bank oder dem bankähnlichen Institut schriftliche Weisungen darüber:
2 Die Bank oder das bankähnliche Institut haben keine Informationen oder Dokumente zu liefern, wenn sie sich durch die Herausgabe selbst derart belasten würden, dass sie:
3 Die Kontoberechtigten werden nach Massgabe von Artikel 279 Absätze 1 und 2 nachträglich über die Massnahme informiert.
4 Personen, deren Bankverkehr überwacht wurde, können Beschwerde nach den Artikeln 393–397 führen. Die Beschwerdefrist beginnt mit Erhalt der Mitteilung zu laufen.
142 Ursprünglich vor Art. 286.
Verdeckte Ermittlung liegt vor, wenn Angehörige der Polizei oder Personen, die vorübergehend für polizeiliche Aufgaben angestellt sind, unter Verwendung einer durch Urkunden abgesicherten falschen Identität (Legende) durch täuschendes Verhalten zu Personen Kontakte knüpfen mit dem Ziel, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und in ein kriminelles Umfeld einzudringen, um besonders schwere Straftaten aufzuklären.
143 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1051; BBl 2012 5591 5609).
1 Die Staatsanwaltschaft kann eine verdeckte Ermittlung anordnen, wenn:
2 Die verdeckte Ermittlung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten eingesetzt werden:
3 Wird die Beurteilung einer der militärischen Gerichtsbarkeit unterstehenden strafbaren Handlung der zivilen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die verdeckte Ermittlung auch zur Verfolgung der in Artikel 70 Absatz 2 des Militärstrafprozesses vom 23. März 1979164 aufgeführten Straftaten angeordnet werden.
144 Fassung gemäss Ziff. I 12 des BG vom 17. Dez. 2021 über die Harmonisierung der Strafrahmen, in Kraft seit 1. Juli 2023 (AS 2023 259; BBl 2018 2827).
145 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
148 Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2013 (AS 2013 295; BBl 2011 5905).
151 Berichtigung der RedK der BVers vom 19. Sept. 2011, veröffentlicht am 4. Okt. 2011 (AS 2011 4487).
154 Eingefügt durch Art. 34 Ziff. 2 des Sportförderungsgesetzes vom 17. Juni 2011 (AS 2012 3953; BBl 2009 8189). Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 des Geldspielgesetzes vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 5103; BBl 2015 8387).
156 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des BG vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. März 2018 (AS 2018 117; BBl 2013 2683).
158 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BB vom 29. Sept. 2017 (Medicrime-Konvention), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 4771; BBl 2017 3135).
160 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 2 des Geldspielgesetzes vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 5103; BBl 2015 8387).
162 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 3 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).
1 Als verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler können eingesetzt werden:
2 Als Führungspersonen dürfen nur Angehörige eines Polizeikorps eingesetzt werden.
3 Werden Angehörige eines Polizeikorps des Auslandes eingesetzt, so werden sie in der Regel von ihrer bisherigen Führungsperson geführt.
1 Die Polizei stattet verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler mit einer Legende aus.165
2 Die Staatsanwaltschaft kann verdeckten Ermittlerinnen oder Ermittlern zusichern, dass ihre wahre Identität auch dann nicht preisgegeben wird, wenn sie in einem Gerichtsverfahren als Auskunftspersonen oder Zeuginnen oder Zeugen auftreten.166
3 Begehen verdeckte Ermittlerinnen oder Ermittler während ihres Einsatzes eine Straftat, so entscheidet das Zwangsmassnahmengericht, unter welcher Identität das Strafverfahren geführt wird.
165 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1051; BBl 2012 5591 5609).
166 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1051; BBl 2012 5591 5609).
1 Der Einsatz einer verdeckten Ermittlerin oder eines verdeckten Ermittlers bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
2 Die Staatsanwaltschaft reicht dem Zwangsmassnahmengericht innert 24 Stunden seit der Anordnung der verdeckten Ermittlung folgende Unterlagen ein:
3 Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet mit kurzer Begründung innert 5 Tagen seit der Anordnung der verdeckten Ermittlung. Es kann die Genehmigung vorläufig oder mit Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.
4 Die Genehmigung äussert sich ausdrücklich darüber, ob es erlaubt ist:
5 Die Genehmigung wird für höchstens 12 Monate erteilt. Sie kann einmal oder mehrmals um jeweils 6 Monate verlängert werden. Ist eine Verlängerung notwendig, so stellt die Staatsanwaltschaft vor Ablauf der bewilligten Dauer einen begründeten Verlängerungsantrag.
6 Wird die Genehmigung nicht erteilt oder wurde keine Genehmigung eingeholt, so beendet die Staatsanwaltschaft den Einsatz unverzüglich. Sämtliche Aufzeichnungen sind sofort zu vernichten. Durch die verdeckte Ermittlung gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden.
Die Staatsanwaltschaft instruiert die Führungsperson sowie die verdeckte Ermittlerin oder den verdeckten Ermittler vor Beginn des Einsatzes.
1 Die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler unterstehen während des Einsatzes der direkten Weisungsbefugnis der Führungsperson. Während des Einsatzes erfolgt der Kontakt zwischen der Staatsanwaltschaft und der verdeckten Ermittlerin oder dem verdeckten Ermittler ausschliesslich über die Führungsperson.
2 Die Führungsperson hat insbesondere folgende Aufgaben:
1 Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler führen ihren Einsatz im Rahmen der Instruktionen pflichtgemäss durch.
2 Sie berichten der Führungsperson laufend und vollständig über ihre Tätigkeit und ihre Feststellungen.
1 Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler dürfen keine allgemeine Tatbereitschaft wecken und die Tatbereitschaft nicht auf schwerere Straftaten lenken. Sie haben sich auf die Konkretisierung eines vorhandenen Tatentschlusses zu beschränken.
2 Ihre Tätigkeit darf für den Entschluss zu einer konkreten Straftat nur von untergeordneter Bedeutung sein.
3 Wenn erforderlich, dürfen sie zur Anbahnung des Hauptgeschäftes Probekäufe tätigen oder ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren.
4 Überschreitet eine verdeckte Ermittlerin oder ein verdeckter Ermittler das Mass der zulässigen Einwirkung, so ist dies bei der Zumessung der Strafe für die beeinflusste Person gebührend zu berücksichtigen, oder es ist von einer Strafe abzusehen.
Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler sind nicht nach den Artikeln 19 sowie 20–22 des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951167 strafbar, soweit sie im Rahmen einer genehmigten verdeckten Ermittlung handeln.
1 Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann der Bund über die Nationalbank die für Scheingeschäfte und die Dokumentation der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigten Geldbeträge in der erforderlichen Menge und Art zur Verfügung stellen.
2 Der Antrag ist mit einer kurzen Sachverhaltsdarstellung an das Bundesamt für Polizei zu richten.
3 Die Staatsanwaltschaft trifft die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze des zur Verfügung gestellten Geldes. Bei Verlust haftet der Bund oder der Kanton, dem die Staatsanwaltschaft zugehört.
1 Ergebnisse aus einer verdeckten Ermittlung, die auf eine andere als die in der Anordnung genannte Straftat hindeuten, dürfen verwertet werden, wenn zur Aufklärung der neu entdeckten Straftat eine verdeckte Ermittlung hätte angeordnet werden dürfen.
2 Die Staatsanwaltschaft ordnet unverzüglich die verdeckte Ermittlung an und leitet das Genehmigungsverfahren ein.
1 Die Staatsanwaltschaft beendet den Einsatz unverzüglich, wenn:
2 Sie teilt in den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und c dem Zwangsmassnahmengericht die Beendigung des Einsatzes mit.
3 Bei der Beendigung ist darauf zu achten, dass weder die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler noch in die Ermittlung einbezogene Dritte einer abwendbaren Gefahr ausgesetzt werden.
1 Die Staatsanwaltschaft teilt der beschuldigten Person spätestens mit Abschluss des Vorverfahrens mit, dass gegen sie verdeckt ermittelt worden ist.
2 Die Mitteilung kann mit Zustimmung des Zwangsmassnahmengerichts aufgeschoben oder unterlassen werden, wenn:
3 Personen, gegen die verdeckt ermittelt wurde, können Beschwerde nach den Artikeln 393–397 führen. Die Beschwerdefrist beginnt mit Erhalt der Mitteilung zu laufen.
168 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2012 über die verdeckte Ermittlung und Fahndung, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1051; BBl 2012 5591 5609).
1 Verdeckte Fahndung liegt vor, wenn Angehörige der Polizei im Rahmen kurzer Einsätze in einer Art und Weise, dass ihre wahre Identität und Funktion nicht erkennbar ist, Verbrechen und Vergehen aufzuklären versuchen und dabei insbesondere Scheingeschäfte abschliessen oder den Willen zum Abschluss vortäuschen.
2 Verdeckte Fahnderinnen und Fahnder werden nicht mit einer Legende im Sinne von Artikel 285a ausgestattet. Ihre wahre Identität und Funktion wird in den Verfahrensakten und bei Einvernahmen offengelegt.
1 Die Staatsanwaltschaft und, im Ermittlungsverfahren, die Polizei können eine verdeckte Fahndung anordnen, wenn:
2 Hat eine von der Polizei angeordnete verdeckte Fahndung einen Monat gedauert, so bedarf ihre Fortsetzung der Genehmigung durch die Staatsanwaltschaft.
1 Für die Anforderungen an die eingesetzten Personen gilt Artikel 287 sinngemäss. Der Einsatz von Personen nach Artikel 287 Absatz 1 Buchstabe b ist ausgeschlossen.
2 Für Stellung, Aufgaben und Pflichten der verdeckten Fahnderinnen und Fahnder sowie der Führungspersonen gelten die Artikel 291–294 sinngemäss.
1 Die anordnende Polizei oder Staatsanwaltschaft beendet die verdeckte Fahndung unverzüglich, wenn:
2 Die Polizei teilt der Staatsanwaltschaft die Beendigung der verdeckten Fahndung mit.
3 Bei der Beendigung ist darauf zu achten, dass die verdeckte Fahnderin oder der verdeckte Fahnder keiner abwendbaren Gefahr ausgesetzt wird.
4 Für die Mitteilung der verdeckten Fahndung gilt Artikel 298 Absätze 1 und 3 sinngemäss.
1 Das Vorverfahren besteht aus dem Ermittlungsverfahren der Polizei und der Untersuchung der Staatsanwaltschaft.
2 Im Vorverfahren werden, ausgehend vom Verdacht, es sei eine Straftat begangen worden, Erhebungen getätigt und Beweise gesammelt, um festzustellen, ob:
1 Das Vorverfahren wird eingeleitet durch:
2 Die Einleitung des Vorverfahrens ist nicht anfechtbar, es sei denn, die beschuldigte Person mache geltend, es liege eine Verletzung des Verbots der doppelten Strafverfolgung vor.
1 Jede Person ist berechtigt, Straftaten bei einer Strafverfolgungsbehörde schriftlich oder mündlich anzuzeigen.
2 Die Strafverfolgungsbehörde teilt der anzeigenden Person auf deren Anfrage mit, ob ein Strafverfahren eingeleitet und wie es erledigt wird.
3 Der anzeigenden Person, die weder geschädigt noch Privatklägerin oder Privatkläger ist, stehen keine weitergehenden Verfahrensrechte zu.
1 Die Strafbehörden sind verpflichtet, alle Straftaten, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit festgestellt haben oder die ihnen gemeldet worden sind, der zuständigen Behörde anzuzeigen, soweit sie für die Verfolgung nicht selber zuständig sind.
2 Bund und Kantone regeln die Anzeigepflicht der Mitglieder anderer Behörden.
3 Die Anzeigepflicht entfällt für Personen, die nach den Artikeln 113 Absatz 1, 168, 169 und 180 Absatz 1 zur Aussage- oder Zeugnisverweigerung berechtigt sind.
1 Bei Straftaten, die nur auf Antrag oder nach Ermächtigung verfolgt werden, wird ein Vorverfahren erst eingeleitet, wenn der Strafantrag gestellt oder die Ermächtigung erteilt wurde.
2 Die zuständige Behörde kann schon vorher die unaufschiebbaren sichernden Massnahmen treffen.
1 Der Strafantrag ist bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder der Übertretungsstrafbehörde schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu geben.
2 Verzicht und Rückzug des Strafantrags bedürfen der gleichen Form.
1 Die Polizei und die Staatsanwaltschaft informieren das Opfer bei der jeweils ersten Einvernahme umfassend über seine Rechte und Pflichten im Strafverfahren.
2 Sie informieren bei gleicher Gelegenheit zudem über:171
3 Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
4 Die Absätze 1–3 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
5 Die Einhaltung der Bestimmungen dieses Artikels ist zu protokollieren.
169 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
170 Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 26. Sept. 2014 über das Informationsrecht des Opfers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1623; BBl 2014 889 913).
171 Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 26. Sept. 2014 über das Informationsrecht des Opfers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1623; BBl 2014 889 913).
172 Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 26. Sept. 2014 über das Informationsrecht des Opfers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1623; BBl 2014 889 913).
1 Die Polizei stellt im Ermittlungsverfahren auf der Grundlage von Anzeigen, Anweisungen der Staatsanwaltschaft oder eigenen Feststellungen den für eine Straftat relevanten Sachverhalt fest.
2 Sie hat namentlich:
3 Sie richtet sich bei ihrer Tätigkeit nach den Vorschriften über die Untersuchung, die Beweismittel und die Zwangsmassnahmen; vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen dieses Gesetzes.
1 Die Polizei informiert die Staatsanwaltschaft unverzüglich über schwere Straftaten sowie über andere schwer wiegende Ereignisse. Die Staatsanwaltschaften von Bund und Kantonen können über diese Informationspflicht nähere Weisungen erlassen.
2 Die Staatsanwaltschaft kann der Polizei jederzeit Weisungen und Aufträge erteilen oder das Verfahren an sich ziehen. In den Fällen von Absatz 1 führt sie die ersten wesentlichen Einvernahmen nach Möglichkeit selber durch.
3 Die Polizei hält ihre Feststellungen und die von ihr getroffenen Massnahmen laufend in schriftlichen Berichten fest und übermittelt diese nach Abschluss ihrer Ermittlungen zusammen mit den Anzeigen, Protokollen, weiteren Akten sowie sichergestellten Gegenständen und Vermögenswerten umgehend der Staatsanwaltschaft.
4 Sie kann von der Berichterstattung absehen, wenn:
1 In der Untersuchung klärt die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt tatsächlich und rechtlich so weit ab, dass sie das Vorverfahren abschliessen kann.
2 Ist eine Anklage oder der Erlass eines Strafbefehls zu erwarten, so klärt sie die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person ab.
3 Soll Anklage erhoben werden, so hat die Untersuchung dem Gericht die für die Beurteilung von Schuld und Strafe wesentlichen Grundlagen zu liefern.
1 Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung, wenn:
2 Sie kann polizeiliche Berichte und Strafanzeigen, aus denen der Tatverdacht nicht deutlich hervorgeht, der Polizei zur Durchführung ergänzender Ermittlungen überweisen.
3 Sie eröffnet die Untersuchung in einer Verfügung; darin bezeichnet sie die beschuldigte Person und die Straftat, die ihr zur Last gelegt wird. Die Verfügung braucht nicht begründet und eröffnet zu werden. Sie ist nicht anfechtbar.
4 Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt.
1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass:
2 Im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung.
1 Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte führen die Beweiserhebungen selber durch. Bund und Kantone bestimmen, in welchem Umfang sie einzelne Untersuchungshandlungen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übertragen können.
2 Die Staatsanwaltschaft kann die Untersuchung auf weitere Personen oder weitere Straftaten ausdehnen. Artikel 309 Absatz 3 ist anwendbar.
1 Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu schriftliche, in dringenden Fällen mündliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken.
2 Bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, haben die Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen.
1 Die Staatsanwaltschaft erhebt die zur Beurteilung der Zivilklage erforderlichen Beweise, sofern das Verfahren dadurch nicht wesentlich erweitert oder verzögert wird.
2 Sie kann die Erhebung von Beweisen, die in erster Linie der Durchsetzung der Zivilklage dienen, von der Leistung eines Kostenvorschusses der Privatklägerschaft abhängig machen.
1 Die Staatsanwaltschaft kann eine Untersuchung sistieren, namentlich wenn:
2 Im Fall von Absatz 1 Buchstabe c ist die Sistierung auf 3 Monate befristet; sie kann einmal um 3 Monate verlängert werden.
3 Vor der Sistierung erhebt die Staatsanwaltschaft die Beweise, deren Verlust zu befürchten ist. Ist die Täterschaft oder ihr Aufenthalt unbekannt, so leitet sie eine Fahndung ein.
4 Die Staatsanwaltschaft teilt die Sistierung der beschuldigten Person, der Privatklägerschaft sowie dem Opfer mit.
5 Im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung.
1 Die Staatsanwaltschaft nimmt von Amtes wegen eine sistierte Untersuchung wieder an die Hand, wenn der Grund der Sistierung weggefallen ist.
2 Die Wiederanhandnahme ist nicht anfechtbar.
1 Soweit Antragsdelikte Gegenstand des Verfahrens sind, kann die Staatsanwaltschaft die antragstellende und die beschuldigte Person zu einer Verhandlung vorladen mit dem Ziel, einen Vergleich zu erzielen. Bleibt die antragstellende Person aus, so gilt der Strafantrag als zurückgezogen.
2 Kommt eine Strafbefreiung wegen Wiedergutmachung nach Artikel 53 StGB173 in Frage, so lädt die Staatsanwaltschaft die geschädigte und die beschuldigte Person zu einer Verhandlung ein mit dem Ziel, eine Wiedergutmachung zu erzielen.
3 Wird eine Einigung erzielt, so ist diese im Protokoll festzuhalten und von den Beteiligten zu unterzeichnen. Die Staatsanwaltschaft stellt alsdann das Verfahren ein.
4 Bleibt bei einer Verhandlung nach Absatz 1 oder 2 die beschuldigte Person aus oder wird keine Einigung erzielt, so nimmt die Staatsanwaltschaft die Untersuchung unverzüglich an die Hand. Sie kann die antragstellende Person in begründeten Fällen verpflichten, innerhalb von zehn Tagen eine Sicherheit für Kosten und Entschädigungen zu leisten.
In umfangreichen und komplizierten Vorverfahren befragt die Staatsanwaltschaft die beschuldigte Person vor Abschluss der Untersuchung nochmals in einer Schlusseinvernahme und fordert sie auf, zu den Ergebnissen Stellung zu nehmen.
1 Erachtet die Staatsanwaltschaft die Untersuchung als vollständig, so erlässt sie einen Strafbefehl oder kündigt den Parteien mit bekanntem Wohnsitz schriftlich den bevorstehenden Abschluss an und teilt ihnen mit, ob sie Anklage erheben oder das Verfahren einstellen will. Gleichzeitig setzt sie den Parteien eine Frist, Beweisanträge zu stellen.
2 Sie kann Beweisanträge nur ablehnen, wenn damit die Beweiserhebung über Tatsachen verlangt wird, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind. Der Entscheid ergeht schriftlich und mit kurzer Begründung. Abgelehnte Beweisanträge können im Hauptverfahren erneut gestellt werden.
3 Mitteilungen nach Absatz 1 und Entscheide nach Absatz 2 sind nicht anfechtbar.
1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
2 Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn:
1 Form und allgemeiner Inhalt der Einstellungsverfügung richten sich nach den Artikeln 80 und 81.
2 Die Staatsanwaltschaft hebt in der Einstellungsverfügung bestehende Zwangsmassnahmen auf. Sie kann die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten anordnen.
3 In der Einstellungsverfügung werden keine Zivilklagen behandelt. Der Privatklägerschaft steht nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung der Zivilweg offen.
4 Eine rechtskräftige Einstellungsverfügung kommt einem freisprechenden Endentscheid gleich.
1 Die Staatsanwaltschaft teilt die Einstellungsverfügung mit:
2 Vorbehalten bleibt der ausdrückliche Verzicht einer oder eines Verfahrensbeteiligten.
3 Im Übrigen sind die Artikel 84–88 sinngemäss anwendbar.
1 Bund und Kantone können bestimmen, dass die Einstellungsverfügung durch die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft zu genehmigen ist.
2 Die Parteien können die Einstellungsverfügung innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz anfechten.
1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die Wiederaufnahme eines durch Einstellungsverfügung rechtskräftig beendeten Verfahrens, wenn ihr neue Beweismittel oder Tatsachen bekannt werden, die:
2 Sie teilt die Wiederaufnahme denjenigen Personen und Behörden mit, denen zuvor die Einstellung mitgeteilt worden ist.
1 Die Staatsanwaltschaft erhebt beim zuständigen Gericht Anklage, wenn sie aufgrund der Untersuchung die Verdachtsgründe als hinreichend erachtet und keinen Strafbefehl erlassen kann.
2 Die Anklageerhebung ist nicht anfechtbar.
1 Die Anklageschrift bezeichnet:
2 Die Staatsanwaltschaft kann eine Alternativanklage oder für den Fall der Verwerfung ihrer Hauptanklage eine Eventualanklage erheben.
1 Die Staatsanwaltschaft macht dem Gericht folgende Angaben und stellt ihm folgende Anträge, soweit diese nicht bereits aus der Anklageschrift hervorgehen:
2 Tritt die Staatsanwaltschaft nicht persönlich vor Gericht auf, so kann sie ihrer Anklage zur Erläuterung des Sachverhalts einen Schlussbericht beifügen, der auch Ausführungen zur Beweiswürdigung enthält.
1 Die Staatsanwaltschaft übermittelt die Anklageschrift sowie einen allfälligen Schlussbericht unverzüglich:
2 Beantragt die Staatsanwaltschaft die Anordnung der Sicherheitshaft, so übermittelt sie mit dem entsprechenden Gesuch auch dem Zwangsmassnahmengericht eine Ausfertigung der Anklageschrift.
1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
2 Mit der Rechtshängigkeit gehen die Befugnisse im Verfahren auf das Gericht über.
1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
2 Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3 Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4 Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5 Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
1 Ist auf die Anklage einzutreten, so trifft die Verfahrensleitung unverzüglich die zur Durchführung der Hauptverhandlung notwendigen Anordnungen.
2 Bei Kollegialgerichten setzt die Verfahrensleitung die Akten in Zirkulation.
3 Die Verfahrensleitung informiert das Opfer über seine Rechte, sofern die Strafverfolgungsbehörden dies noch nicht getan haben; Artikel 305 ist sinngemäss anwendbar.
1 Die Verfahrensleitung bestimmt, welche Beweise in der Hauptverhandlung erhoben werden. Sie teilt den Parteien mit, in welcher Zusammensetzung das Gericht tagen wird und welche Beweise erhoben werden sollen.
2 Sie setzt den Parteien gleichzeitig Frist, um Beweisanträge zu stellen und zu begründen; dabei macht sie die Parteien auf die möglichen Kosten- und Entschädigungsfolgen verspäteter Beweisanträge aufmerksam.
3 Lehnt sie Beweisanträge ab, so teilt sie dies den Parteien mit kurzer Begründung mit. Die Ablehnung ist nicht anfechtbar, doch können abgelehnte Beweisanträge an der Hauptverhandlung erneut gestellt werden.
4 Die Verfahrensleitung setzt Datum, Zeit und Ort der Hauptverhandlung fest und lädt die Parteien sowie die Zeuginnen und Zeugen, Auskunftspersonen und Sachverständigen vor, die einvernommen werden sollen.
5 Sie entscheidet endgültig über Verschiebungsgesuche, die vor Beginn der Hauptverhandlung eingehen.
1 Die Verfahrensleitung kann die Parteien zur Regelung organisatorischer Fragen zu einer Vorverhandlung vorladen.
2 Sie kann die Parteien nach Massgabe von Artikel 316 zu Vergleichsverhandlungen vorladen.
3 Ist die Erhebung eines Beweises in der Hauptverhandlung voraussichtlich nicht möglich, so kann die Verfahrensleitung eine vorgängige Beweiserhebung durchführen, damit eine Delegation des Gerichts, in dringenden Fällen auch die Staatsanwaltschaft betrauen oder die Beweiserhebung rechtshilfeweise vornehmen lassen. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, an solchen Beweiserhebungen teilzunehmen.
1 Das Gericht gibt der Staatsanwaltschaft Gelegenheit, die Anklage zu ändern, wenn nach seiner Auffassung der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt einen andern Straftatbestand erfüllen könnte, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.
2 Werden während des Hauptverfahrens neue Straftaten der beschuldigten Person bekannt, so kann das Gericht der Staatsanwaltschaft gestatten, die Anklage zu erweitern.
3 Eine Erweiterung ist ausgeschlossen, wenn dadurch das Verfahren über Gebühr erschwert oder die Zuständigkeit des Gerichts ändern würde oder wenn ein Fall von Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt. In diesen Fällen leitet die Staatsanwaltschaft ein Vorverfahren ein.
4 Das Gericht darf eine geänderte oder erweiterte Anklage seinem Urteil nur zu Grunde legen, wenn die Parteirechte der beschuldigten Person und der Privatklägerschaft gewahrt worden sind. Es unterbricht dafür nötigenfalls die Hauptverhandlung.
1 Gelangt das Gericht zum Schluss, in einem bei ihm hängigen Verfahren komme eine Strafe oder Massnahme in Frage, die seine Urteilskompetenz überschreitet, so überweist es den Fall spätestens nach Abschluss der Parteivorträge dem zuständigen Gericht. Dieses führt ein eigenes Beweisverfahren durch.
2 Der Überweisungsentscheid ist nicht anfechtbar.
1 Das Gericht tagt während der gesamten Hauptverhandlung in seiner gesetzmässigen Zusammensetzung und im Beisein einer Gerichtsschreiberin oder eines Gerichtsschreibers.
2 Fällt während der Hauptverhandlung eine Richterin oder ein Richter aus, so wird die gesamte Hauptverhandlung wiederholt, es sei denn, die Parteien verzichteten darauf.
3 Die Verfahrensleitung kann anordnen, dass von Anfang an ein Ersatzmitglied des Gerichts an den Verhandlungen teilnimmt, um nötigenfalls ein Mitglied des Gerichts zu ersetzen.
4 Hat das Gericht Straftaten gegen die sexuelle Integrität zu beurteilen, so muss ihm auf Antrag des Opfers wenigstens eine Person des gleichen Geschlechts wie das Opfer angehören. Bei Einzelgerichten kann von dieser Regelung abgewichen werden, wenn Opfer beiderlei Geschlechts beteiligt sind.
1 Die beschuldigte Person hat an der Hauptverhandlung persönlich teilzunehmen, wenn:
2 Die amtliche und die notwendige Verteidigung haben an der Hauptverhandlung persönlich teilzunehmen.
3 Die Verfahrensleitung kann die beschuldigte Person auf ihr Gesuch hin vom persönlichen Erscheinen dispensieren, wenn diese wichtige Gründe geltend macht und wenn ihre Anwesenheit nicht erforderlich ist.
4 Bleibt die beschuldigte Person unentschuldigt aus, so sind die Vorschriften über das Abwesenheitsverfahren anwendbar.
5 Bleibt die amtliche oder die notwendige Verteidigung aus, so wird die Verhandlung verschoben.
1 Die Staatsanwaltschaft kann dem Gericht schriftliche Anträge stellen oder persönlich vor Gericht auftreten.
2 Sie ist weder an die in der Anklageschrift vorgenommene rechtliche Würdigung noch an die darin gestellten Anträge gebunden.
3 Beantragt sie eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende Massnahme, so hat sie die Anklage vor Gericht persönlich zu vertreten.
4 Die Verfahrensleitung kann die Staatsanwaltschaft auch in anderen Fällen zur persönlichen Vertretung der Anklage verpflichten, wenn sie dies für nötig erachtet.
5 Erscheint die Staatsanwaltschaft nicht an der Hauptverhandlung, obwohl sie dazu verpflichtet wäre, so wird die Verhandlung verschoben.
1 Die Verfahrensleitung kann die Privatklägerschaft auf ihr Gesuch hin vom persönlichen Erscheinen dispensieren, wenn ihre Anwesenheit nicht erforderlich ist.
2 Dem von einer beantragten Einziehung betroffenen Dritten ist das persönliche Erscheinen freigestellt.
3 Erscheint die Privatklägerschaft oder der von einer beantragten Einziehung betroffene Dritte nicht persönlich, so kann sie oder er sich vertreten lassen oder schriftliche Anträge stellen.
1 Die Verfahrensleitung eröffnet die Hauptverhandlung, gibt die Zusammensetzung des Gerichts bekannt und stellt die Anwesenheit der vorgeladenen Personen fest.
2 Anschliessend können das Gericht und die Parteien Vorfragen aufwerfen, insbesondere betreffend:
3 Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Vorfragen, nachdem es den anwesenden Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat.
4 Stellen die Parteien während der Hauptverhandlung Zwischenfragen, so behandelt sie das Gericht wie Vorfragen.
5 Bei der Behandlung von Vor- oder Zwischenfragen kann das Gericht die Hauptverhandlung jederzeit vertagen, um die Akten oder die Beweise zu ergänzen oder durch die Staatsanwaltschaft ergänzen zu lassen.
1 Sind allfällige Vorfragen behandelt, so hat dies zur Folge, dass:
2 Nach der Behandlung allfälliger Vorfragen gibt die Verfahrensleitung die Anträge der Staatsanwaltschaft bekannt, falls die Parteien nicht darauf verzichten.
1 Die Verfahrensleitung oder ein von ihr bestimmtes Mitglied des Gerichts führt die Einvernahmen durch.
2 Die anderen Mitglieder des Gerichts und die Parteien können durch die Verfahrensleitung Ergänzungsfragen stellen lassen oder sie mit deren Ermächtigung selber stellen.
3 Die Verfahrensleitung befragt zu Beginn des Beweisverfahrens die beschuldigte Person eingehend zu ihrer Person, zur Anklage und zu den Ergebnissen des Vorverfahrens.
1 Das Gericht kann auf Antrag der beschuldigten Person oder der Staatsanwaltschaft oder von Amtes wegen die Hauptverhandlung zweiteilen; dabei kann es bestimmen, dass:
2 Die Entscheidung über die Zweiteilung der Hauptverhandlung ist nicht anfechtbar.
3 Bei einer Zweiteilung dürfen die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person nur im Falle eines Schuldspruchs zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden, es sei denn, dass sie für die Frage des objektiven oder subjektiven Tatbestandes von Bedeutung sind.
4 Die Entscheide über die Tat- und die Schuldfrage werden nach ihrer Beratung eröffnet, sind jedoch erst mit dem gesamten Urteil anfechtbar.
1 Das Gericht erhebt neue und ergänzt unvollständig erhobene Beweise.
2 Es erhebt im Vorverfahren nicht ordnungsgemäss erhobene Beweise nochmals.
3 Es erhebt im Vorverfahren ordnungsgemäss erhobene Beweise nochmals, sofern die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung notwendig erscheint.
Will das Gericht den Sachverhalt rechtlich anders würdigen als die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, so eröffnet es dies den anwesenden Parteien und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme.
Vor Abschluss des Beweisverfahrens gibt das Gericht den Parteien Gelegenheit, weitere Beweisanträge zu stellen.
1 Nach Abschluss des Beweisverfahrens stellen und begründen die Parteien ihre Anträge. Die Parteivorträge finden in folgender Reihenfolge statt:
2 Die Parteien haben das Recht auf einen zweiten Parteivortrag.
1 Die beschuldigte Person hat nach Abschluss der Parteivorträge das Recht auf das letzte Wort.
2 Anschliessend erklärt die Verfahrensleitung die Parteiverhandlungen für geschlossen.
1 Das Gericht zieht sich nach dem Abschluss der Parteiverhandlungen zur geheimen Urteilsberatung zurück.
2 Die Gerichtsschreiberin oder der Gerichtsschreiber nimmt mit beratender Stimme teil.
Ist der Fall noch nicht spruchreif, so entscheidet das Gericht, die Beweise zu ergänzen und die Parteiverhandlungen wieder aufzunehmen.
1 Das Gericht ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden.
2 Es berücksichtigt die im Vorverfahren und im Hauptverfahren erhobenen Beweise.
1 Kann das Gericht materiell über die Anklage entscheiden, so fällt es ein Urteil über die Schuld, die Sanktionen und die weiteren Folgen.
2 Es fällt sein Urteil in allen Punkten mit einfacher Mehrheit. Jedes Mitglied ist zur Stimmabgabe verpflichtet.
3 Es eröffnet sein Urteil nach den Bestimmungen von Artikel 84.
1 Hat die beschuldigte Person im Vorverfahren den Sachverhalt eingestanden oder ist dieser anderweitig ausreichend geklärt, so erlässt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl, wenn sie, unter Einrechnung einer allfällig zu widerrufenden bedingten Strafe oder bedingten Entlassung, eine der folgenden Strafen für ausreichend hält:
2 Jede dieser Strafen kann mit einer Massnahme nach den Artikeln 66 und 67e–73 StGB176 verbunden werden.177
3 Strafen nach Absatz 1 Buchstaben b–d können miteinander verbunden werden, sofern die insgesamt ausgesprochene Strafe einer Freiheitsstrafe von höchstens 6 Monaten entspricht. Eine Verbindung mit Busse ist immer möglich.
175 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).
177 Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).
1 Der Strafbefehl enthält:
2 Soweit die beschuldigte Person Zivilforderungen der Privatklägerschaft anerkannt hat, wird dies im Strafbefehl vorgemerkt. Nicht anerkannte Forderungen werden auf den Zivilweg verwiesen.
3 Der Strafbefehl wird den Personen und Behörden, die zur Einsprache befugt sind, unverzüglich schriftlich eröffnet.
178 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).
1 Gegen den Strafbefehl können bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben:
2 Die Einsprachen sind zu begründen; ausgenommen ist die Einsprache der beschuldigten Person.
3 Ohne gültige Einsprache wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil.
1 Wird Einsprache erhoben, so nimmt die Staatsanwaltschaft die weiteren Beweise ab, die zur Beurteilung der Einsprache erforderlich sind.
2 Bleibt eine Einsprache erhebende Person trotz Vorladung einer Einvernahme unentschuldigt fern, so gilt ihre Einsprache als zurückgezogen.
3 Nach Abnahme der Beweise entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie:
1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift.
2 Das erstinstanzliche Gericht entscheidet über die Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache.
3 Die Einsprache kann bis zum Abschluss der Parteivorträge zurückgezogen werden.
4 Bleibt die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fern und lässt sie sich auch nicht vertreten, so gilt ihre Einsprache als zurückgezogen.
5 Ist der Strafbefehl ungültig, so hebt das Gericht ihn auf und weist den Fall zur Durchführung eines neuen Vorverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurück.
6 Bezieht sich die Einsprache nur auf die Kosten und Entschädigungen oder weitere Nebenfolgen, so entscheidet das Gericht in einem schriftlichen Verfahren, es sei denn, die Einsprache erhebende Person verlange ausdrücklich eine Verhandlung.
7 Sind gegen mehrere Personen Strafbefehle erlassen worden, die sich auf den gleichen Sachverhalt beziehen, so ist Artikel 392 sinngemäss anwendbar.
1 Die zur Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen eingesetzten Verwaltungsbehörden haben die Befugnisse der Staatsanwaltschaft.
2 Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Vorschriften über das Strafbefehlsverfahren.
3 Ist der Übertretungstatbestand nicht erfüllt, so stellt die Übertretungsstrafbehörde das Verfahren mit einer kurz begründeten Verfügung ein.
4 Ist der zu beurteilende Sachverhalt nach Auffassung der Übertretungsstrafbehörde als Verbrechen oder Vergehen strafbar, so überweist sie den Fall der Staatsanwaltschaft.
1 Die beschuldigte Person kann der Staatsanwaltschaft bis zur Anklageerhebung die Durchführung des abgekürzten Verfahrens beantragen, wenn sie den Sachverhalt, der für die rechtliche Würdigung wesentlich ist, eingesteht und die Zivilansprüche zumindest im Grundsatz anerkennt.
2 Das abgekürzte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verlangt.
1 Die Staatsanwaltschaft entscheidet über die Durchführung des abgekürzten Verfahrens endgültig. Die Verfügung muss nicht begründet werden.
2 Die Staatsanwaltschaft teilt den Parteien die Durchführung des abgekürzten Verfahrens mit und setzt der Privatklägerschaft eine Frist von 10 Tagen, um Zivilansprüche und die Forderung auf Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren anzumelden.
1 Die Anklageschrift enthält:
2 Die Staatsanwaltschaft eröffnet die Anklageschrift den Parteien. Diese haben innert zehn Tagen zu erklären, ob sie der Anklageschrift zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung ist unwiderruflich.
3 Lehnt die Privatklägerschaft die Anklageschrift innert Frist nicht schriftlich ab, so gilt dies als Zustimmung.
4 Stimmen die Parteien zu, so übermittelt die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift mit den Akten dem erstinstanzlichen Gericht.
5 Stimmt eine Partei nicht zu, so führt die Staatsanwaltschaft ein ordentliches Vorverfahren durch.
1 Das erstinstanzliche Gericht führt eine Hauptverhandlung durch.
2 An der Hauptverhandlung befragt das Gericht die beschuldigte Person und stellt fest, ob:
3 Das Gericht befragt wenn nötig auch die übrigen anwesenden Parteien.
4 Ein Beweisverfahren findet nicht statt.
1 Das Gericht befindet frei darüber, ob:
2 Sind die Voraussetzungen für ein Urteil im abgekürzten Verfahren erfüllt, so erhebt das Gericht die Straftatbestände, Sanktionen und Zivilansprüche der Anklageschrift zum Urteil. Die Erfüllung der Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren wird summarisch begründet.
3 Sind die Voraussetzungen für ein Urteil im abgekürzten Verfahren nicht erfüllt, so weist das Gericht die Akten an die Staatsanwaltschaft zur Durchführung eines ordentlichen Vorverfahrens zurück. Das Gericht eröffnet den Parteien seinen ablehnenden Entscheid mündlich sowie schriftlich im Dispositiv. Dieser Entscheid ist nicht anfechtbar.
4 Erklärungen, die von den Parteien im Hinblick auf das abgekürzte Verfahren abgegeben worden sind, sind nach der Ablehnung eines Urteils im abgekürzten Verfahren in einem folgenden ordentlichen Verfahren nicht verwertbar.
5 Mit der Berufung gegen ein Urteil im abgekürzten Verfahren kann eine Partei nur geltend machen, sie habe der Anklageschrift nicht zugestimmt oder das Urteil entspreche der Anklageschrift nicht.
1 Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
2 Hat die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren oder die Übertretungsstrafbehörde im Übertretungsstrafverfahren entschieden, so treffen diese Behörden auch die nachträglichen Entscheide.
3 Für nachträgliche Entscheide, die nicht dem Gericht zustehen, bestimmen Bund und Kantone die zuständigen Behörden.
1 Die zuständige Behörde leitet das Verfahren auf Erlass eines nachträglichen richterlichen Entscheids von Amtes wegen ein, sofern das Bundesrecht nichts anderes bestimmt. Sie reicht dem Gericht die entsprechenden Akten sowie ihren Antrag ein.
2 In den übrigen Fällen können die verurteilte Person oder andere dazu berechtigte Personen mit einem schriftlichen und begründeten Gesuch die Einleitung des Verfahrens beantragen.
3 Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für den nachträglichen richterlichen Entscheid erfüllt sind, und ergänzt wenn nötig die Akten oder lässt weitere Erhebungen durch die Polizei durchführen.
4 Es gibt den betroffenen Personen und Behörden Gelegenheit, sich zum vorgesehenen Entscheid zu äussern und Anträge zu stellen.
1 Die Behörde, die für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids des Gerichts zuständig ist, kann die verurteilte Person festnehmen lassen, wenn ernsthaft zu erwarten ist, dass:
2 Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 222–228.
3 Die zuständige Behörde reicht dem für den selbstständigen nachträglichen Entscheid zuständigen Gericht so rasch als möglich die entsprechenden Akten und ihren Antrag ein.
179 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020 (Sicherheitshaft im selbstständigen nachträglichen Verfahren), in Kraft seit 1. März 2021 (AS 2021 75; BBl 2019 6697)
1 Die Verfahrensleitung kann die verurteilte Person unter den Voraussetzungen von Artikel 364a Absatz 1 festnehmen lassen.
2 Sie führt in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht beziehungsweise der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Anordnung der Sicherheitshaft. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226.
3 Bei vorbestehender Sicherheitshaft richtet sich das Verfahren sinngemäss nach Artikel 227.
4 Im Übrigen gelten die Artikel 222 und 230–233 sinngemäss.
180 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020 (Sicherheitshaft im selbstständigen nachträglichen Verfahren), in Kraft seit 1. März 2021 (AS 2021 75; BBl 2019 6697)
1 Das Gericht entscheidet gestützt auf die Akten. Es kann auch eine Verhandlung anordnen.
2 Es erlässt seinen Entscheid schriftlich und begründet ihn kurz. Hat eine Verhandlung stattgefunden, so eröffnet es seinen Entscheid sofort mündlich.
1 Bleibt eine ordnungsgemäss vorgeladene beschuldigte Person der erstinstanzlichen Hauptverhandlung fern, so setzt das Gericht eine neue Verhandlung an und lädt die Person dazu wiederum vor oder lässt sie vorführen. Es erhebt die Beweise, die keinen Aufschub ertragen.
2 Erscheint die beschuldigte Person zur neu angesetzten Hauptverhandlung nicht oder kann sie nicht vorgeführt werden, so kann die Hauptverhandlung in ihrer Abwesenheit durchgeführt werden. Das Gericht kann das Verfahren auch sistieren.
3 Hat sich die beschuldigte Person selber in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt oder weigert sie sich, aus der Haft zur Hauptverhandlung vorgeführt zu werden, so kann das Gericht sofort ein Abwesenheitsverfahren durchführen.
4 Ein Abwesenheitsverfahren kann nur stattfinden, wenn:
1 Die Parteien und die Verteidigung werden zum Parteivortrag zugelassen.
2 Das Gericht urteilt aufgrund der im Vorverfahren und im Hauptverfahren erhobenen Beweise.
3 Nach Abschluss der Parteivorträge kann das Gericht ein Urteil fällen oder das Verfahren sistieren, bis die beschuldigte Person persönlich vor Gericht erscheint.
4 Im Übrigen richtet sich das Abwesenheitsverfahren nach den Bestimmungen über das erstinstanzliche Hauptverfahren.
1 Kann das Abwesenheitsurteil persönlich zugestellt werden, so wird die verurteilte Person darauf aufmerksam gemacht, dass sie innert 10 Tagen beim Gericht, welches das Urteil gefällt hat, schriftlich oder mündlich eine neue Beurteilung verlangen kann.
2 Im Gesuch hat die verurteilte Person kurz zu begründen, weshalb sie an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen konnte.
3 Das Gericht lehnt das Gesuch ab, wenn die verurteilte Person ordnungsgemäss vorgeladen worden, aber der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist.
1 Sind die Voraussetzungen für eine neue Beurteilung voraussichtlich erfüllt, so setzt die Verfahrensleitung eine neue Hauptverhandlung an. An dieser entscheidet das Gericht über das Gesuch um neue Beurteilung und fällt gegebenenfalls ein neues Urteil.
2 Die Rechtsmittelinstanzen sistieren die von anderen Parteien eingeleiteten Rechtsmittelverfahren.
3 Die Verfahrensleitung entscheidet bis zur Hauptverhandlung über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung sowie über die Sicherheitshaft.
4 Bleibt die verurteilte Person der Hauptverhandlung erneut unentschuldigt fern, so bleibt das Abwesenheitsurteil bestehen.
5 Das Gesuch um neue Beurteilung kann bis zum Schluss der Parteiverhandlungen unter Kosten- und Entschädigungsfolge zurückgezogen werden.
1 Das Gericht fällt ein neues Urteil. Dagegen können die üblichen Rechtsmittel ergriffen werden.
2 Mit der Rechtskraft des neuen Urteils fallen das Abwesenheitsurteil, die dagegen ergriffenen Rechtsmittel und die im Rechtsmittelverfahren bereits ergangenen Entscheide dahin.
1 Solange die Berufungsfrist noch läuft, kann die verurteilte Person neben oder statt dem Gesuch um neue Beurteilung auch die Berufung gegen das Abwesenheitsurteil erklären. Sie ist über diese Möglichkeit im Sinne von Artikel 368 Absatz 1 zu informieren.
2 Auf eine Berufung wird nur eingetreten, wenn das Gesuch um neue Beurteilung abgelehnt wurde.
1 Kann eine Friedensbürgschaft nach Artikel 66 StGB181 nicht im Rahmen des Strafverfahrens gegen die beschuldigte Person angeordnet werden, so findet ein selbstständiges Verfahren statt.
2 Befindet sich die beschuldigte Person wegen Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr in Haft, so wird keine Friedensbürgschaft angeordnet.
3 Das Gesuch um Einleitung des selbstständigen Verfahrens ist bei der Staatsanwaltschaft des Ortes einzureichen, an dem die Drohung ausgesprochen oder die Wiederholungsabsicht geäussert worden ist.
1 Die Staatsanwaltschaft befragt die beteiligten Personen und übermittelt anschliessend die Akten dem Zwangsmassnahmengericht. Dieses ordnet die in Artikel 66 StGB182 genannten Massnahmen an. Gegen die Anordnung von Haft kann die betroffene Person bei der Beschwerdeinstanz Beschwerde führen.
2 Die bedrohte Person hat die gleichen Rechte wie die Privatklägerschaft. Sie kann in begründeten Fällen verpflichtet werden, für die Kosten des Verfahrens und für Entschädigungen Sicherheit zu leisten.
3 Die drohende Person hat die Rechte einer beschuldigten Person.
4 Verfällt die Sicherheitsleistung gemäss Artikel 66 Absatz 3 StGB dem Staat, so wird darüber in Anwendung von Artikel 240 verfügt.
5 Droht von einer Person unmittelbar Gefahr, so kann die Staatsanwaltschaft diese Person vorläufig in Haft setzen oder andere Schutzmassnahmen treffen. Die Staatsanwaltschaft führt die Person unverzüglich dem zuständigen Zwangsmassnahmengericht zu; dieses entscheidet über die Anordnung der Haft.
1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB183 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59–61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.184
2 Das erstinstanzliche Gericht kann mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand oder zum Schutz der Persönlichkeit der beschuldigten Person:
3 Es gibt der Privatklägerschaft Gelegenheit, sich zum Antrag der Staatsanwaltschaft und zu ihrer Zivilklage zu äussern.
4 Im Übrigen gelten die Bestimmungen über das erstinstanzliche Hauptverfahren.
184 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).
1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
2 Die Anordnung der Massnahme und der Entscheid über die Zivilansprüche ergehen in einem Urteil.
3 Erachtet das Gericht die beschuldigte Person als schuldfähig oder als für die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftaten verantwortlich, so weist es den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Mit der Rechtskraft dieses Entscheids wird das Vorverfahren gegen die beschuldigte Person weitergeführt.
Ein selbstständiges Einziehungsverfahren wird durchgeführt, wenn ausserhalb eines Strafverfahrens über die Einziehung von Gegenständen oder Vermögenswerten zu entscheiden ist.
1 Gegenstände oder Vermögenswerte, die voraussichtlich in einem selbstständigen Verfahren einzuziehen sind, werden beschlagnahmt.
2 Sind die Voraussetzungen für die Einziehung erfüllt, so ordnet die Staatsanwaltschaft die Einziehung in einem Einziehungsbefehl an; sie gibt der betroffenen Person Gelegenheit zur Stellungnahme.
3 Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, so verfügt sie die Einstellung des Verfahrens und gibt die Gegenstände oder Vermögenswerte der berechtigten Person zurück.
4 Das Einspracheverfahren richtet sich nach den Bestimmungen über den Strafbefehl. Ein allfälliger Entscheid des Gerichts ergeht in Form eines Beschlusses oder einer Verfügung.
Die Staatsanwaltschaft oder das Gericht entscheidet auch über die Anträge der geschädigten Person auf Verwendung der eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte zu ihren Gunsten. Artikel 267 Absätze 3–6 ist sinngemäss anwendbar.
Das Rechtsmittelverfahren richtet sich sinngemäss nach den allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit dieser Titel keine besonderen Bestimmungen enthält.
Bezeichnet dieses Gesetz einen Entscheid als endgültig oder nicht anfechtbar, so ist dagegen kein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig.
1 Die Staatsanwaltschaft kann ein Rechtsmittel zugunsten oder zuungunsten der beschuldigten oder verurteilten Person ergreifen.
2 Sehen Bund oder Kantone eine Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft vor, so bestimmen sie, welche Staatsanwaltschaft berechtigt ist, Rechtsmittel zu ergreifen.
3 Sie regeln, welche Behörden im Übertretungsstrafverfahren Rechtsmittel ergreifen können.
4 Die Staatsanwaltschaft des Bundes kann gegen kantonale Entscheide Rechtsmittel ergreifen, wenn:
1 Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen.
2 Die Privatklägerschaft kann einen Entscheid hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion nicht anfechten.
3 Nach dem Tode der beschuldigten oder verurteilten Person oder der Privatklägerschaft können die Angehörigen im Sinne von Artikel 110 Absatz 1 StGB185 in der Reihenfolge der Erbberechtigung ein Rechtsmittel ergreifen oder das Rechtsmittelverfahren weiterführen, soweit sie in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind.
1 Die Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz kann die Privatklägerschaft verpflichten, innert einer Frist für allfällige Kosten und Entschädigungen Sicherheit zu leisten. Artikel 136 bleibt vorbehalten.
2 Wird die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet, so tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein.
Die Rechtsmittelfrist beginnt:
1 Verlangt dieses Gesetz, dass das Rechtsmittel begründet wird, so hat die Person oder die Behörde, die das Rechtsmittel ergreift, genau anzugeben:
2 Erfüllt die Eingabe diese Anforderungen nicht, so weist die Rechtsmittelinstanz sie zur Verbesserung innerhalb einer kurzen Nachfrist zurück. Genügt die Eingabe auch nach Ablauf der Nachfrist den Anforderungen nicht, so tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein.
3 Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels beeinträchtigt seine Gültigkeit nicht.
1 Wer berechtigt ist, ein Rechtsmittel zu ergreifen, kann nach Eröffnung des anfechtbaren Entscheids durch schriftliche oder mündliche Erklärung gegenüber der entscheidenden Behörde auf die Ausübung dieses Rechts verzichten.
2 Wer ein Rechtsmittel ergriffen hat, kann dieses zurückziehen:
3 Verzicht und Rückzug sind endgültig, es sei denn, die Partei sei durch Täuschung, eine Straftat oder eine unrichtige behördliche Auskunft zu ihrer Erklärung veranlasst worden.
Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
Die Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz trifft die notwendigen und unaufschiebbaren verfahrensleitenden und vorsorglichen Massnahmen. Sie kann namentlich:
1 Das Rechtsmittelverfahren beruht auf den Beweisen, die im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind.
2 Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts werden nur wiederholt, wenn:
3 Die Rechtsmittelinstanz erhebt von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei die erforderlichen zusätzlichen Beweise.
1 Wer ein Rechtsmittel ergreifen will, für welches dieses Gesetz das schriftliche Verfahren vorschreibt, hat eine Rechtsmittelschrift einzureichen.
2 Ist das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so stellt die Verfahrensleitung den anderen Parteien und der Vorinstanz die Rechtsmittelschrift zur Stellungnahme zu. Kann die Rechtsmittelschrift nicht zugestellt werden oder bleibt eine Stellungnahme aus, so wird das Verfahren gleichwohl weitergeführt.
3 Die Rechtsmittelinstanz ordnet wenn nötig einen zweiten Schriftenwechsel an.
4 Sie fällt ihren Entscheid auf dem Zirkularweg oder in einer nicht öffentlichen Beratung aufgrund der Akten und der zusätzlichen Beweisabnahmen.
5 Sie kann von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine Verhandlung anordnen.
1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
2 Sie darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorbehalten bleibt eine strengere Bestrafung aufgrund von Tatsachen, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten.
3 Sie darf Entscheide im Zivilpunkt nicht zum Nachteil der Privatklägerschaft abändern, wenn nur von dieser ein Rechtsmittel ergriffen worden ist.
1 Haben nur einzelne der im gleichen Verfahren beschuldigten oder verurteilten Personen ein Rechtsmittel ergriffen und wird dieses gutgeheissen, so wird der angefochtene Entscheid auch zugunsten jener aufgehoben oder abgeändert, die das Rechtsmittel nicht ergriffen haben, wenn:
2 Die Rechtsmittelinstanz hört vor ihrem Entscheid wenn nötig die beschuldigten oder verurteilten Personen, die kein Rechtsmittel ergriffen haben, die Staatsanwaltschaft und die Privatklägerschaft an.
1 Die Beschwerde ist zulässig gegen:
2 Mit der Beschwerde können gerügt werden:
Die Beschwerde ist nicht zulässig:
Ist die Beschwerdeinstanz ein Kollegialgericht, so beurteilt deren Verfahrensleitung die Beschwerde allein, wenn diese zum Gegenstand hat:
1 Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen.
2 Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung sind an keine Frist gebunden.
1 Die Beschwerde wird in einem schriftlichen Verfahren behandelt.
2 Heisst die Behörde die Beschwerde gut, so fällt sie einen neuen Entscheid oder hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist ihn zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
3 Heisst sie die Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung gut, so kann sie der Staatsanwaltschaft oder der Übertretungsstrafbehörde für den weiteren Gang des Verfahrens Weisungen erteilen.
4 Stellt sie eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung fest, so kann sie der betreffenden Behörde Weisungen erteilen und für deren Einhaltung Fristen setzen.
1 Die Berufung ist zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist.
2 Das Berufungsgericht kann das Urteil in allen angefochtenen Punkten umfassend überprüfen.
3 Mit der Berufung können gerügt werden:
4 Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden.
5 Beschränkt sich die Berufung auf den Zivilpunkt, so wird das erstinstanzliche Urteil nur so weit überprüft, als es das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht vorsehen würde.
1 Die Berufung ist dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden.
2 Das erstinstanzliche Gericht übermittelt die Anmeldung nach Ausfertigung des begründeten Urteils zusammen mit den Akten dem Berufungsgericht.
3 Die Partei, die Berufung angemeldet hat, reicht dem Berufungsgericht innert 20 Tagen seit der Zustellung des begründeten Urteils eine schriftliche Berufungserklärung ein. Sie hat darin anzugeben:
4 Wer nur Teile des Urteils anficht, hat in der Berufungserklärung verbindlich anzugeben, auf welche der folgenden Teile sich die Berufung beschränkt:
1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist.
2 Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung.
3 Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich:
1 Die Anschlussberufung richtet sich sinngemäss nach Artikel 399 Absätze 3 und 4.
2 Sie ist nicht auf den Umfang der Hauptberufung beschränkt, es sei denn, diese beziehe sich ausschliesslich auf den Zivilpunkt des Urteils.
3 Wird die Berufung zurückgezogen oder wird auf sie nicht eingetreten, so fällt auch die Anschlussberufung dahin.
Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung aufschiebende Wirkung.
1 Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht:
2 Es gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme.
3 Tritt es auf die Berufung nicht ein, so eröffnet es den Parteien den begründeten Nichteintretensentscheid.
4 Andernfalls trifft die Verfahrensleitung ohne Weiteres die notwendigen Anordnungen zur Durchführung des weiteren Berufungsverfahrens.
1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
2 Es kann zugunsten der beschuldigten Person auch nicht angefochtene Punkte überprüfen, um gesetzwidrige oder unbillige Entscheidungen zu verhindern.
1 Die mündliche Berufungsverhandlung richtet sich nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche Hauptverhandlung.
2 Hat die beschuldigte Person oder die Privatklägerschaft die Berufung oder Anschlussberufung erklärt, so lädt die Verfahrensleitung sie zur Berufungsverhandlung vor. In einfachen Fällen kann sie sie auf ihr Gesuch hin von der Teilnahme dispensieren und ihr gestatten, ihre Anträge schriftlich einzureichen und zu begründen.
3 Die Verfahrensleitung lädt die Staatsanwaltschaft zur Verhandlung vor:
4 Ist die Staatsanwaltschaft nicht vorgeladen, so kann sie schriftliche Anträge stellen und eine schriftliche Begründung einreichen oder persönlich vor Gericht auftreten.
1 Das Berufungsgericht kann die Berufung in einem schriftlichen Verfahren behandeln, wenn ausschliesslich:
2 Mit dem Einverständnis der Parteien kann die Verfahrensleitung das schriftliche Verfahren zudem anordnen, wenn:
3 Die Verfahrensleitung setzt der Partei, welche die Berufung erklärt hat, Frist zur schriftlichen Begründung.
4 Das anschliessende Verfahren richtet sich nach Artikel 390 Absätze 2–4.
1 Die Berufung oder Anschlussberufung gilt als zurückgezogen, wenn die Partei, die sie erklärt hat:
2 Hat die Staatsanwaltschaft oder die Privatklägerschaft die Berufung im Schuld- oder Strafpunkt erklärt und bleibt die beschuldigte Person der Verhandlung unentschuldigt fern, so findet ein Abwesenheitsverfahren statt.
3 Hat die Privatklägerschaft ihre Berufung auf den Zivilpunkt beschränkt und bleibt die beschuldigte Person der Verhandlung unentschuldigt fern, so entscheidet das Berufungsgericht aufgrund der Ergebnisse der erstinstanzlichen Hauptverhandlung und der übrigen Akten.
Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt.
1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück.
2 Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind.
3 Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden.
1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
2 Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950187 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
3 Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4 Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
188 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2022 289; BBl 2021 300, 889).
1 Revisionsgesuche sind schriftlich und begründet beim Berufungsgericht einzureichen. Im Gesuch sind die angerufenen Revisionsgründe zu bezeichnen und zu belegen.
2 Gesuche nach Artikel 410 Absatz 1 Buchstabe b und 2 sind innert 90 Tagen nach Kenntnisnahme des betreffenden Entscheids zu stellen. In den übrigen Fällen sind Revisionsgesuche an keine Frist gebunden.
1 Das Berufungsgericht nimmt in einem schriftlichen Verfahren eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuchs vor.
2 Ist das Gesuch offensichtlich unzulässig oder unbegründet oder wurde es mit den gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt, so tritt das Gericht nicht darauf ein.
3 Andernfalls lädt es die anderen Parteien und die Vorinstanz zur schriftlichen Stellungnahme ein.
4 Es beschliesst die erforderlichen Beweis- und Aktenergänzungen sowie vorsorglichen Massnahmen, soweit sie nicht nach Artikel 388 der Verfahrensleitung obliegen.
1 Erachtet das Berufungsgericht die geltend gemachten Revisionsgründe als nicht gegeben, so weist es das Revisionsgesuch ab und hebt allfällige vorsorgliche Massnahmen auf.
2 Erachtet das Berufungsgericht die geltend gemachten Revisionsgründe als gegeben, so hebt es den angefochtenen Entscheid ganz oder teilweise auf und:
3 Im Falle einer Rückweisung bestimmt es, in welchem Umfang die festgestellten Revisionsgründe die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheides beseitigen und in welchem Stadium das Verfahren wieder aufzunehmen ist.
4 Es kann die beschuldigte Person vorläufig in Sicherheitshaft setzen oder darin belassen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
1 Hat das Berufungsgericht die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, so entscheidet diese, ob eine neue Anklage zu erheben, ein Strafbefehl zu erlassen oder das Verfahren einzustellen ist.
2 Hat es die Sache an ein Gericht zurückgewiesen, so nimmt dieses die notwendigen Beweisergänzungen vor und fällt nach einer Hauptverhandlung ein neues Urteil.
1 Wird die beschuldigte Person im neuen Entscheid zu einer höheren Strafe verurteilt, so werden ihr bereits verbüsste Strafen angerechnet.
2 Wird sie freigesprochen oder milder bestraft oder wird das Verfahren eingestellt, so werden ihr die zu viel bezahlten Bussen oder Geldstrafen zurückerstattet. Ansprüche der beschuldigten Person auf Entschädigung oder Genugtuung richten sich nach Artikel 436 Absatz 4.
3 Ersetzt der Freispruch eine Verurteilung, so können die beschuldigte Person oder nach ihrem Tod ihre Angehörigen die Veröffentlichung des neuen Entscheids verlangen.
Die Bestimmungen dieses Titels gelten für alle Verfahren nach diesem Gesetz.
Bei Säumnis und anderen fehlerhaften Verfahrenshandlungen kann die Strafbehörde Verfahrenskosten und Entschädigungen ungeachtet des Verfahrensausgangs der verfahrensbeteiligten Person auferlegen, die sie verursacht hat.
1 Sind mehrere beteiligte Personen kostenpflichtig, so werden die Kosten anteilsmässig auferlegt.
2 Die Strafbehörde kann für gemeinsam verursachte Kosten eine solidarische Haftung der kostenpflichtigen Personen anordnen.
3 Sie kann Dritte nach Massgabe der Haftungsgrundsätze des Zivilrechts verpflichten, die Kosten solidarisch mit der beschuldigten Person zu tragen.
Wurde das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit der beschuldigten Person eingestellt oder wurde diese aus diesem Grund freigesprochen, so können ihr die Kosten auferlegt werden, wenn dies nach den gesamten Umständen billig erscheint.
Der Bund oder der Kanton kann für die von ihm getragenen Kosten auf Personen Rückgriff nehmen, die vorsätzlich oder grobfahrlässig:
1 Die Strafbehörde legt im Endentscheid die Kostenfolgen fest.
2 Sie kann diese Festlegung vorwegnehmen in:
1 Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall.
2 Auslagen sind namentlich:
1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.
2 und 3 …189
189 Aufgehoben durch Anhang Ziff. II 7 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).
1 Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die Gebühren fest.
2 Sie können für einfache Fälle Pauschalgebühren festlegen, die auch die Auslagen abgelten.
Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden.
1 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Ausgenommen sind die Kosten für die amtliche Verteidigung; vorbehalten bleibt Artikel 135 Absatz 4.
2 Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat.
3 Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten nicht, die:
4 Die Kosten für die unentgeltliche Verbeiständung der Privatklägerschaft trägt die beschuldigte Person nur, wenn sie sich in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befindet.
5 Die Bestimmungen dieses Artikels gelten sinngemäss für die Partei im selbstständigen Massnahmeverfahren, wenn der Entscheid zu ihrem Nachteil ausfällt.
1 Der Privatklägerschaft können die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn:
2 Bei Antragsdelikten können die Verfahrenskosten der antragstellenden Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder der Privatklägerschaft auferlegt werden:
3 Zieht die antragstellende Person im Rahmen eines durch die Staatsanwaltschaft vermittelten Vergleichs den Strafantrag zurück, so trägt in der Regel der Bund oder der Kanton die Verfahrenskosten.
4 Eine Vereinbarung zwischen der antragstellenden und der beschuldigten Person über die Kostentragung beim Rückzug des Strafantrags bedarf der Genehmigung der Behörde, welche die Einstellung verfügt. Die Vereinbarung darf sich nicht zum Nachteil des Bundes oder des Kantons auswirken.
1 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht.
2 Erwirkt eine Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen hat, einen für sie günstigeren Entscheid, so können ihr die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn:
3 Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung.
4 Hebt sie einen Entscheid auf und weist sie die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück, so trägt der Bund oder der Kanton die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und, nach Ermessen der Rechtsmittelinstanz, jene der Vorinstanz.
5 Wird ein Revisionsgesuch gutgeheissen, so entscheidet die Strafbehörde, die anschliessend über die Erledigung der Strafsache zu befinden hat, nach ihrem Ermessen über die Kosten des ersten Verfahrens.
1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
2 Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
1 Die Strafbehörde kann die Entschädigung oder Genugtuung herabsetzen oder verweigern, wenn:
2 Im Rechtsmittelverfahren können Entschädigung und Genugtuung zudem herabgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen von Artikel 428 Absatz 2 erfüllt sind.
1 Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu.
2 Im Fall von Untersuchungs- und Sicherheitshaft besteht der Anspruch, wenn die zulässige Haftdauer überschritten ist und der übermässige Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann.
3 Der Anspruch nach Absatz 2 entfällt, wenn die beschuldigte Person:
1 Die obsiegende beschuldigte Person hat gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen.
2 Obsiegt die beschuldigte Person bei Antragsdelikten im Schuldpunkt, so können die antragstellende Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder die Privatklägerschaft verpflichtet werden, der beschuldigten Person die Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte zu ersetzen.
1 Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren, wenn:
2 Die Privatklägerschaft hat ihre Entschädigungsforderung bei der Strafbehörde zu beantragen, zu beziffern und zu belegen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, so tritt die Strafbehörde auf den Antrag nicht ein.
1 Dritte haben Anspruch auf angemessenen Ersatz ihres nicht auf andere Weise gedeckten Schadens sowie auf Genugtuung, wenn sie durch Verfahrenshandlungen oder bei der Unterstützung von Strafbehörden Schaden erlitten haben. Artikel 433 Absatz 2 ist sinngemäss anwendbar.
2 Über die Ansprüche ist im Rahmen des Endentscheids zu befinden. In klaren Fällen kann die Staatsanwaltschaft schon im Vorverfahren darüber entscheiden.
Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen gegenüber dem Bund oder dem Kanton verjähren nach 10 Jahren seit Eintritt der Rechtskraft des Entscheides.
1 Ansprüche auf Entschädigung und Genugtuung im Rechtsmittelverfahren richten sich nach den Artikeln 429–434.
2 Erfolgt weder ein vollständiger oder teilweiser Freispruch noch eine Einstellung des Verfahrens, obsiegt die beschuldigte Person aber in andern Punkten, so hat sie Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für ihre Aufwendungen.
3 Hebt die Rechtsmittelinstanz einen Entscheid nach Artikel 409 auf, so haben die Parteien Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für ihre Aufwendungen im Rechtsmittelverfahren und im aufgehobenen Teil des erstinstanzlichen Verfahrens.
4 Die nach einer Revision freigesprochene oder milder bestrafte beschuldigte Person hat Anspruch auf angemessene Entschädigung für ihre Aufwendungen im Revisionsverfahren. Sie hat zudem Anspruch auf Genugtuung und Entschädigung für ausgestandenen Freiheitsentzug, sofern dieser Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann.
1 Urteile und andere verfahrenserledigende Entscheide, gegen die ein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig ist, werden rechtskräftig, wenn:
2 Die Rechtskraft tritt rückwirkend auf den Tag ein, an dem der Entscheid gefällt worden ist.
3 Entscheide, gegen die kein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig ist, werden mit ihrer Ausfällung rechtskräftig.
1 Die Strafbehörde, die einen Entscheid gefällt hat, vermerkt den Eintritt der Rechtskraft in den Akten oder im Urteil.
2 Wurde den Parteien mitgeteilt, dass ein Rechtsmittel ergriffen worden ist, so wird ihnen auch der Eintritt der Rechtskraft des Urteils mitgeteilt.
3 Ist der Eintritt der Rechtskraft strittig, so entscheidet darüber die Behörde, die den Entscheid gefällt hat.
4 Gegen den Entscheid über die Rechtskraft ist die Beschwerde zulässig.
1 Bund und Kantone bestimmen die für den Vollzug von Strafen und Massnahmen zuständigen Behörden sowie das entsprechende Verfahren; besondere Regelungen in diesem Gesetz und im StGB190 bleiben vorbehalten.
2 Die Vollzugsbehörde erlässt einen Vollzugsbefehl.
3 Rechtskräftige Freiheitsstrafen und freiheitsentziehende Massnahmen sind sofort zu vollziehen:
4 Zur Durchsetzung des Vollzugsbefehls kann die Vollzugsbehörde die verurteilte Person verhaften oder ausschreiben lassen oder ihre Auslieferung verlangen.
1 In dringenden Fällen kann die Vollzugsbehörde die verurteilte Person zur Sicherung des Vollzugs der Strafe oder der Massnahme in Sicherheitshaft setzen.
2 Sie unterbreitet den Fall innert 5 Tagen seit der Inhaftierung:
3 Das Gericht entscheidet endgültig, ob die verurteilte Person bis zum Antritt der Strafe oder Massnahme in Haft bleibt.
1 Verjährte Strafen dürfen nicht vollstreckt werden.
2 Die Vollzugsbehörde prüft von Amtes wegen, ob die Strafe verjährt ist.
3 Die verurteilte Person kann den drohenden Vollzug einer verjährten Strafe oder Massnahme bei der Beschwerdeinstanz des Vollzugskantons anfechten. Diese entscheidet auch über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde.
4 Hat die verurteilte Person eine verjährte freiheitsentziehende Sanktion verbüsst, so steht ihr in sinngemässer Anwendung von Artikel 431 eine Entschädigung und Genugtuung zu.
1 Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen und weitere im Zusammenhang mit einem Strafverfahren zu erbringende finanzielle Leistungen werden nach den Bestimmungen des SchKG191 eingetrieben.
2 Forderungen aus Verfahrenskosten verjähren in 10 Jahren seit Eintritt der Rechtskraft des Kostenentscheides. Der Verzugszins beträgt 5 Prozent.
3 Bund und Kantone bestimmen, welche Behörden die finanziellen Leistungen eintreiben.
4 Die Strafbehörden können ihre Forderungen aus Verfahrenskosten mit Entschädigungsansprüchen der zahlungspflichtigen Partei aus dem gleichen Strafverfahren sowie mit beschlagnahmten Vermögenswerten verrechnen.
Bund und Kantone bestimmen die Behörden, welche amtliche Bekanntmachungen vorzunehmen haben.
Der Bundesrat und, soweit sie dafür zuständig sind, die Kantone erlassen die zum Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Ausführungsbestimmungen.
1 Die Aufhebung und die Änderung bisherigen Rechts werden im Anhang 1 geregelt.
2 Die Bundesversammlung kann diesem Gesetz widersprechende, aber formell nicht geänderte Bestimmungen in Bundesgesetzen durch eine Verordnung anpassen.
Die Koordination von Bestimmungen anderer Erlasse mit diesem Gesetz ist im Anhang 2 geregelt.
1 Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, werden nach neuem Recht fortgeführt, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen.
2 Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt worden sind, behalten ihre Gültigkeit.
1 Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, werden von den nach neuem Recht zuständigen Behörden weitergeführt, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen.
2 Konflikte über die Zuständigkeit zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz des jeweiligen Kantons, solche zwischen Behörden verschiedener Kantone oder zwischen kantonalen und eidgenössischen Behörden das Bundesstrafgericht.
Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die Hauptverhandlung bereits eröffnet, so wird sie nach bisherigem Recht, vom bisher zuständigen erstinstanzlichen Gericht, fortgeführt.
Selbstständige nachträgliche Entscheide des Gerichts werden nach Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Strafbehörde gefällt, die nach diesem Gesetz für das erstinstanzliche Urteil zuständig gewesen wäre.
1 Gesuche um neue Beurteilung nach einem Abwesenheitsurteil, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, werden nach bisherigem Recht beurteilt.
2 Gesuche um neue Beurteilung nach einem Abwesenheitsurteil nach bisherigem Recht, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt werden, werden nach dem Recht beurteilt, das für die gesuchstellende Person günstiger ist.
3 Für die neue Beurteilung gilt neues Recht. Zuständig ist das Gericht, das nach diesem Gesetz für das Abwesenheitsurteil zuständig gewesen wäre.
1 Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt.
2 Wird ein Verfahren von der Rechtsmittelinstanz oder vom Bundesgericht zur neuen Beurteilung zurückgewiesen, so ist neues Recht anwendbar. Die neue Beurteilung erfolgt durch die Behörde, die nach diesem Gesetz für den aufgehobenen Entscheid zuständig gewesen wäre.
1 Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt werden, gilt neues Recht.
2 Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide höherer Gerichtsinstanzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht gefällt werden, gilt das bisherige Recht.
Für Einsprachen gegen Strafbefehle gilt Artikel 453 sinngemäss.
Privatstrafklageverfahren nach bisherigem kantonalem Recht, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einem erstinstanzlichen Gericht hängig sind, werden bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nach bisherigem Recht, vom bisher zuständigen Gericht, fortgeführt.
193 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 28. Sept. 2012 (Protokollierungsvorschriften), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 5707 5719).
In Verfahren, die bei Inkrafttreten der Änderung vom 28. September 2012 dieses Gesetzes rechtshängig sind, gilt für Einvernahmen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens das neue Recht.
(Art. 446 Abs. 1)
I
Die nachstehenden Bundesgesetze werden aufgehoben:
II
Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:
…197
195 [BS 3 303; AS 1971 777 Ziff. III 4; 1974 1857 Anhang Ziff. 2; 1978 688 Art. 88 Ziff. 4; 1979 1170; 1992 288 Anhang Ziff. 15, 2465 Anhang Ziff. 2; 1993 1993; 1997 2465 Anhang Ziff. 7; 2000 505 Ziff. I 3, 2719 Ziff. II 3, 2725 Ziff. II; 2001 118 Ziff. I 3, 3071 Ziff. II 1, 3096 Anhang Ziff. 2, 3308; 2003 2133 Anhang Ziff. 9; 2004 1633 Ziff. I 4; 2005 5685 Anhang Ziff. 19; 2006 1205 Anhang Ziff. 10; 2007 6087; 2008 1607 Anhang Ziff. 1, 4989 Anhang 1 Ziff. 6, 5463 Anhang Ziff. 3; 2009 6605 Anhang Ziff. II 3]
196 [AS 2004 1409; 2006 2197 Anhang Ziff. 29; 2007 5437 Anhang Ziff. II 6; 2006 5437 Art. 2 Ziff. 2. AS 2010 1881 Anhang 1 Ziff. I 2]
197 Die Änderungen können unter AS 2010 1881 konsultiert werden.
(Art. 447)
198 Das neue OHG trat am 1. Jan. 2009 in Kraft.
Unabhängig davon, ob das neue Opferhilfegesetz vom 23. März 2007199 (neues OHG) oder die Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO) zuerst in Kraft tritt, wird mit Inkrafttreten des später in Kraft tretenden Gesetzes sowie bei gleichzeitigem Inkrafttreten Artikel 305 Absatz 2 Buchstabe b StPO wie folgt geändert:
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Unabhängig davon, ob das neue OHG oder die StPO zuerst in Kraft tritt, wird mit Inkrafttreten des später in Kraft tretenden Gesetzes sowie bei gleichzeitigem Inkrafttreten Ziffer 9 des Anhangs 1 der StPO gegenstandslos und das neue OHG wird gemäss Ziffer 10 des Anhangs 1 der StPO geändert.
Unabhängig davon, ob das neue OHG oder die StPO zuerst in Kraft tritt, werden mit Inkrafttreten des später in Kraft tretenden Gesetzes sowie bei gleichzeitigem Inkrafttreten die Artikel 84a, 104 Absatz 3 und 118 Absatz 2 von Ziffer 12 des Anhangs 1 der StPO wie folgt geändert:
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Unabhängig davon, ob zuerst die vorliegende Änderung der Strafprozessordnung oder die Änderung vom 18. Dezember 2015201 in Kraft tritt, lautet mit Inkrafttreten des später in Kraft tretenden Gesetzes sowie bei gleichzeitigem Inkrafttreten die nachfolgende Bestimmung wie folgt:
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