0.142.111.692

 AS 2010 1513

Notenaustausch vom 18. März 2010

zwischen der Schweiz und der Republik Belarus
betreffend die Bedingungen von Erholungsaufenthalten
für minderjährige Bürgerinnen und Bürger der Republik Belarus
in der Schweizerischen Eidgenossenschaft

In Kraft getreten am 18. März 2010

(Stand am 18. März 2010)

Originaltext

Eidgenössisches Departement für
auswärtige Angelegenheiten EDA

Minsk, den 18. März 2010

Ministerium für
Auswärtige Angelegenheiten
der Republik Belarus

Minsk

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten entbietet dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus seine Hochachtung und beehrt sich, ihr den Empfang ihrer Note vom 18. März 2010 anzuzeigen, welche folgenden Wortlaut hat:

«Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus bezeugt dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten seine Hochachtung und beehrt sich, im Auftrag der Regierung der Republik Belarus Folgendes mitzuteilen:

Die Regierung der Republik Belarus, im Bewusstsein der langfristigen negativen Folgen der Tschernobyl-Katastrophe für die Gesundheit der Bevölkerung der Republik Belarus, insbesondere für die auf dem mit Radionukliden verseuchten Gebiet weiterhin lebenden minderjährigen Bürger der Republik Belarus, begrüsst die Absicht des Schweizerischen Bundesrats, der schweizerischen Nichtregierungsorganisationen und der Gastfamilien, bei Erholungsaufenthalten minderjähriger Bürgerinnen und Bürger der Republik Belarus in der Schweizerischen Eidgenossenschaft Unterstützung zu bieten.

Auf der Grundlage des Dargelegten beehrt sich das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Belarus (nachfolgend: «belarussische Vertragspartei») und dem Schweizerischen Bundesrat (nachfolgend: «schweizerische Vertragspartei») über die Bedingungen der Erholungsaufenthalte für minderjährige Bürgerinnen und Bürger der Republik Belarus in der Schweizerischen Eidgenossenschaft vorzuschlagen, die folgenden Wortlaut haben soll:

1.  Die belarussische Vertragspartei gewährleistet, gemäss der Gesetzgebung der Republik Belarus, über belarussische Partnerorganisationen der schweizerischen Nichtregierungsorganisationen (nachfolgend: «Gastorganisationen») die Entsendung von minderjährigen (von 7 bis unter 18 Jahren) Bürgerinnen und Bürger der Republik Belarus (nachfolgend: «Kinder») in die Schweizerische Eidgenossenschaft für den vorübergehenden Erholungsaufenthalt gemäss einem zwischen diesen Gastorganisationen geschlossenen Vertrag.

2.  Die schweizerische Vertragspartei ist bereit, gemäss der Gesetzgebung der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Einreise und Aufenthalt, für Kinder und Begleitpersonen einen Erholungsaufenthalt von höchstens 90 Tagen pro Halbjahr zu ermöglichen, unter Vorbehalt der in Ziffer 7 dieser Vereinbarung vorgesehenen Fälle.

3.  Die Auslagen und Kosten der Hin- und Rückfahrt in die und aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft sowie die Versicherungs- und Aufenthaltskosten für Kinder und Begleitpersonen in der Schweizerischen Eidgenossenschaft tragen die Gastorganisationen und die Gastfamilien gemäss den von diesen übernommenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren belarussischen Partnerorganisationen (nachfolgend: vertragliche Verpflichtungen). Die Schweizerische Eidgenossenschaft bewilligt gemäss ihrer Gesetzgebung und ihrer diesbezüglichen Politik die Einreise nur, wenn die Einreise- und die besonderen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erfüllt sind. Sie stellt allfällige erforderliche Einreisevisa für Kinder und Begleitpersonen ohne von den Behörden erhobene Kosten aus.

4.  Die Programme für vorübergehende Erholungsaufenthalte der Kinder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft stehen in keinem Zusammenhang mit den internationalen Adoptionsverfahren, die durch das jeweilige nationale Recht der Vertragsparteien geregelt sind.

5.  Die belarussische und schweizerische Vertragspartei nehmen zur Kenntnis, dass alle Waisenkinder und Kinder ohne Elternfürsorge, die im Rahmen der Programme für vorübergehende Erholungsaufenthalte in die Schweizerische Eidgenossenschaft einreisen, einen durch die belarussischen Behörden eingesetzten Vormund oder Pfleger zwecks Vollziehung des Vormundschafts- oder Sorgerechts haben und daher nicht als Personen ohne Vormundschaft durch gesetzliche Vertreter oder als verwahrloste Personen betrachtet werden können.

6.  Die Schweizerische Eidgenossenschaft:

ergreift, gemäss ihrer nationalen Gesetzgebung und ihrer diesbezüglichen Politik, alle notwendigen Massnahmen, um den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Kinder während ihres vorübergehenden Erholungsaufenthalts in der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu gewährleisten;
garantiert, dass die schweizerischen Behörden gemäss ihrer Gesetzgebung alle notwendigen Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Kinder und ihre Begleitpersonen unter Vorbehalt von Ziffer 7 dieser Verein­barung nach dem vorübergehenden Aufenthalt die Ausreise antreten;
informiert schnellstmöglich über die Gastorganisationen oder selber die diplomatische Vertretung der Republik Belarus in der Schweiz über ausserordentliche Situationen, welche die Kinder beziehungsweise die Begleitpersonen während ihres Aufenthalts in der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffen;
bekräftigt, dass die Gastorganisationen rechtlich verpflichtet sind, die vertraglichen Verpflichtungen betreffend günstige Bedingungen für den Aufenthalt und die Ernährung der Kinder und der Begleitpersonen einzuhalten;
ermöglicht, gemäss ihrer nationalen Gesetzgebung, auf Anmeldung hin und vorbehaltlich einer allfälligen Visumspflicht, den zuständigen Behörden und den Begleitpersonen einen Besuch der Kinder in ihren Gastfamilien und den gemeinschaftlichen Einrichtungen.
Der Besuch der belarussischen Behörden steht unter dem Vorbehalt einer Bewilligung durch die Schweizerische Eidgenossenschaft, falls damit eine Vornahme von Handlungen für einen fremden Staat auf schweizerischem Staatsgebiet verbunden ist.

Unter den gemeinschaftlichen Einrichtungen im Sinne dieser Vereinbarung sind die Einrichtungen zu verstehen, die für die Aufnahme von Kindergruppen zwecks vorübergehender Erholungsaufenthalte in der Schweizerischen Eidgenossenschaft bestimmt sind.

7.  Im Rahmen der geltenden Rechtslage und der vertraglichen Verpflichtungen der Gastorganisationen erhalten die Kinder während eines vorübergehenden Erholungsaufenthalts in der Schweizerischen Eidgenossenschaft nach der schriftlichen Zustimmung der bevollmächtigten Kindesvertreter, falls nichts anderes in Punkt 7 Ab­satz 2 definiert ist, dringende medizinische Hilfe bei plötzlich eintretenden lebens- oder gesundheitsbedrohlichen Krankheiten und Zuständen (insbesondere neu aufgetretene Verletzungen, Vergiftungen und andere akute Gesundheitsstörungen oder eine plötzliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei chronischen Erkrankungen, die für das Kind lebensbedrohlich sind).

Ist dringende medizinische Hilfe für ein Kind erforderlich und sind bevollmächtigte Kindesvertreter nicht erreichbar, wird medizinische Hilfe anhand des Beschlusses eines Ärztekonsiliums gewährt, bei Fehlen einer solchen Möglichkeit durch den behandelnden Arzt mit der schriftlichen Eintragung in die medizinische Dokumentation und unter obligatorischer Benachrichtigung der Gastorganisation.

Diese informiert, gemäss ihren vertraglichen Verpflichtungen, sobald wie möglich die Begleitpersonen und die bevollmächtigten Kindesvertreter über die belarussischen entsendenden Organisationen und diplomatische oder konsularische Vertretungen der Republik Belarus in der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Entstehung von lebens- oder gesundheitsbedrohlichen Krankheiten und Zuständen bei einem Kind und dessen dringende medizinische Behandlung.

Dringende medizinische Hilfe für ein Kind und der Aufenthalt der Begleitperson in der Schweizerischen Eidgenossenschaft werden gemäss den vertraglichen Verpflichtungen für die Dauer der medizinischen Behandlung gewährt.

Die angemessene Dauer wird vom behandelnden Arzt nach seinen ärztlichen Berufs- und Sorgfaltspflichten bestimmt und erstreckt sich mindestens bis zur Transport­fähigkeit des betroffenen Kindes.

Die Gastorganisationen beantragen, gemäss ihren vertraglichen Verpflichtungen, beim zuständigen Kanton eine allfällige Visumsverlängerung oder die Regelung des verlängerten Aufenthalts der betroffenen Personen. Der Entscheid über eine entsprechende Verlängerung obliegt dabei den kantonalen Behörden.

Die Gastorganisationen treffen gegebenenfalls erforderliche Massnahmen für eine möglichst schnelle Rückkehr des Kindes in die Republik Belarus.

8.  Die belarussische Vertragspartei bestimmt zum Koordinator der Tätigkeit betreffend die Aufrechterhaltung der Beziehungen, die in dieser Vereinbarung zusammengefasst sind, das Departement für humanitäre Tätigkeit der Verwaltung des Präsidenten der Republik Belarus.

Die schweizerische Vertragspartei ihrerseits bestimmt zum Koordinator die Politische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten.

9.  Sollten Kinder rechtswidrig auf dem Territorium der Schweizerischen Eidgenossenschaft zurückgehalten werden, ergreifen die belarussische und schweizerische Vertragspartei alle für deren schnellstmögliche Rückkehr in die Republik Belarus notwendigen Massnahmen, in Übereinstimmung mit dem jeweiligen nationalen Recht der Vertragsparteien und den internationalen Übereinkommen, deren Vertragsstaaten die Republik Belarus und die Schweizerische Eidgenossenschaft sind.

10.  Diese Vereinbarung gilt für unbeschränkte Zeit. Sie kann von jeder Vertrags­partei schriftlich auf diplomatischem Weg unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden.

11.  Diese Vereinbarung ist in russischer und deutscher Sprache verfasst, wobei beide Texte in gleicher Weise massgebend sind.

Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus schlägt vor, falls sich der Schweizerische Bundesrat mit dem Vorschlag der Regierung der Republik Belarus einverstanden erklärt, dass diese Note und die das Einverständnis des Schweizerischen Bundesrats zum Ausdruck bringende Antwortnote eine Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Belarus und dem Schweizerischen Bundesrat über die Bedingungen der vorübergehenden Erholungsaufenthalte für die minderjährigen Bürger der Republik Belarus in der Schweizerischen Eidgenossenschaft bilden werden, die mit dem Datum der Antwortnote in Kraft tritt.

Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus benutzt diesen Anlass, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten erneut seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.»

Das Departement beehrt sich, dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus mitzuteilen, dass sich der Schweizerische Bundesrat mit den Vorschlägen der Regierung der Republik Belarus einverstanden erklärt. Die Note des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus und die Antwortnote des Departements bilden eine Vereinbarung zwischen den beiden Regierungen, die am 18. März 2010 in Kraft tritt.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten benützt auch diesen Anlass, um das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Republik Belarus seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.