0.360.349.1

 AS 2009 3663, BBl 2008 247

Übersetzung

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat
und der Regierung der Französischen Republik
über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
in Justiz-, Polizei- und Zollsachen

Abgeschlossen am 9. Oktober 2007

Von der Bundesversammlung genehmigt am 19. Dezember 20081

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Juli 2009

(Stand am 1. Juli 2009)

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Französischen Republik,

(nachfolgend die Vertragsparteien genannt),

in der Absicht, die in den letzten Jahren in ihrem Grenzgebiet zwischen den mit Polizei- und Zollaufgaben betrauten Dienststellen aufgenommene Zusammenarbeit auszubauen und zu intensivieren,

im Wunsch, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien weiterzuent­wickeln, um eine bessere Anwendung der Bestimmungen über den Personenverkehr sicherzustellen, ohne indessen die Sicherheit zu gefährden,

im Wunsch, mittels eines auf Zusammenarbeit basierenden Sicherheitssystems effizient gegen die grenzüberschreitenden Gefahren sowie gegen die internationale Kriminalität vorzugehen,

im Bestreben nach einer weiteren Erleichterung der Zusammenarbeit in Justiz-, Polizei- und Zollsachen,

in Anbetracht des Abkommens vom 1. August 19462 zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend den Grenzverkehr,

in Anbetracht der Vereinbarung vom 15. April 19583 zwischen der Schweiz und Frankreich über die Arbeitskräfte im kleinen Grenzverkehr,

in Anbetracht des Abkommens vom 28. September 19604 zwischen der Schweiz und Frankreich über die nebeneinander liegenden Grenzabfertigungsstellen und die Grenzabfertigung während der Fahrt,

in Anbetracht des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19. Juni 1990 und seiner Umsetzungstexte,

in Anbetracht des Abkommens vom 28. Oktober 19985 zwischen dem Schweizeri­schen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik über die Rücküber­nahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt,

in Anbetracht des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 20026 über die Einrichtung von Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit sowie über den Austausch oder die Zurverfügungstellung von regionalen Verbindungsbeamten im Grenzgebiet,

haben folgende Bestimmungen vereinbart:

Titel I Begriffe und Zielsetzungen der Zusammenarbeit


Art. 1 Zuständige Dienststellen

1.  Die in der Regel zuständigen Dienststellen für die Anwendung dieses Abkom­mens und die Umsetzung der Zusammenarbeit sind, soweit betroffen:

für die schweizerische Vertragspartei:
die Polizei-, Fremdenpolizei- und Zollbehörden sowie das Grenzwacht­korps des Bundes;
die Kantonspolizeien;
die Justizbehörden des Bundes und der Kantone;
das Bundesamt für Strassen betreffend die Umsetzung von Titel VIII die­ses Abkommens;
für die französische Vertragspartei:
la police nationale;
la gendarmerie nationale;
la douane;
die Justizbehörden, betreffend die Anwendung von Titel VIII dieses Ab­kommens.

2.  Die nationalen Zentralorgane im Sinne dieses Abkommens sind für die Schwei­zerische Eidgenossenschaft das Bundesamt für Polizei und für die Französische Republik die Direction centrale de la police judiciaire.

3.  Die nationalen Zentralstellen im Sinne dieses Abkommens sind:

für die schweizerische Vertragspartei:
das Bundesamt für Polizei;
für die französische Vertragspartei:
die Direction générale de la police nationale;
die Direction générale de la gendarmerie nationale;
die Direction générale des douanes et droits indirects.

4.  In Abstimmung mit den Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit (gemein­same Zentren) können die zuständigen Dienststellen ausserdem auf regionaler Ebene mit den Departements und Kantonen einer bestimmten Region mittels ad hoc geschaffener Strukturen (Gruppen oder Zellen) zusammenarbeiten.

Art. 2 Grenzgebiet

Grenzgebiete im Sinne dieses Abkommens im Hinblick auf die Ausübung der darin bestimmten Formen der Zusammenarbeit sind:

in der Schweiz:
die Kantone Wallis, Genf, Waadt, Neuenburg, Jura, Basel-Land­schaft, Solothurn und Basel-Stadt;
in der Französischen Republik:
die Departements Haute-Savoie, Ain, Jura, Doubs und Haut-Rhin sowie das Territoire de Belfort.
Art. 3 Begriffe

Im Sinne dieses Abkommens bedeutet:

a.
«Zentrum für Polizei- und Zollzusammenarbeit» oder »gemeinsames Zent­rum»: ein Zentrum, das in der Nähe der gemeinsamen Grenze auf dem Gebiet einer der beiden Vertragsparteien errichtet worden ist und in dem zwischen den dorthin entsandten Mitgliedern der zuständigen Dienststellen beider Vertragsparteien vor allem auf dem Gebiet des Informationsaus­tauschs Formen der Zusammenarbeit umgesetzt werden;
b.
«Beamte»: Angehörige der zuständigen Dienststellen der beiden Vertragspar­teien, die in welcher Funktion auch immer in den gemeinsamen Zentren oder den im Grenzgebiet befindlichen örtlich zuständigen Einheiten tätig sind;
c.
«Überwachung»: die Anwendung aller Gesetzes-, Verordnungs- und Verwal­tungsbestimmungen der beiden Vertragsparteien, welche die Wah­rung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, den Kampf gegen den uner­laubten Handel und die illegale Einwanderung betreffen.
Art. 4 Zielsetzungen der Zusammenarbeit

1.  Die Vertragsparteien führen unter Wahrung ihrer Souveränität und der Aufgabe der örtlich zuständigen Verwaltungs- und Justizbehörden eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der mit Polizei- und Zollaufgaben betrauten Dienststellen. Dies geschieht durch das Festlegen von neuen Formen der Polizei- und Zollzusammenar­beit, durch die Errichtung von Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit und mittels einer direkten Zusammenarbeit zwischen den sich entsprechenden Dienst­stellen.

2.  Diese Zusammenarbeit wird im Rahmen des innerstaatlichen Rechts und der bestehenden Strukturen und Zuständigkeiten ausgeübt.

Art. 5 Gemeinsame Sicherheitsinteressen

1.  Die Vertragsparteien informieren einander über die grundlegenden Aspekte ihrer Strategien zur Kriminalitätsbekämpfung und über bedeutsame Vorhaben im polizei­lichen Bereich, die Auswirkungen auf die Interessen der anderen Vertragspartei haben.

2.  Bei der Erarbeitung polizeilicher Strategien und der Durchführung polizeilicher Massnahmen nehmen die Vertragsparteien gebührend Rücksicht auf ihre gemeinsa­men Sicherheitsinteressen.

3.  Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass die andere Vertragspartei gewisse Massnahmen zur Gewährleistung der gemeinsamen Sicherheit ergreifen muss, so kann sie ihr einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Art. 6 Gemeinsame Sicherheitsanalyse

1.  Die Vertragsparteien streben einen möglichst einheitlichen Informationsstand über die polizeiliche Sicherheitslage an.

2.  Zu diesem Zweck tauschen sie periodisch und jedes Mal, wenn es die Umstände erfordern, nach festgelegten Kriterien erstellte Lagebilder aus und analysieren gemeinsam die Schwerpunkte der Sicherheitslage.

Art. 7 Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung

1.  Die Vertragsparteien verstärken die Zusammenarbeit bei der Abwehr von Gefah­ren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie zur Kriminalitätsbekämpfung und handeln dabei unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der anderen Vertragspartei.

2.  Die Regelungen über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung durch nationale Zentralorgane, insbesondere im Rahmen der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-Interpol), werden durch die nachfolgenden Bestimmungen ergänzt.

Titel II Allgemeine Bestimmungen zur Justiz-, Polizei- und Zollzusammenarbeit


Art. 8 Zusammenarbeit

Die Vertragsparteien verpflichten sich dazu, dass ihre Dienststellen einander nach Massgabe des nationalen Rechts und im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit bei der Abwehr von Gefahren und bei der Bekämpfung strafbarer Handlungen unter­stützen, sofern ein Ersuchen nach nationalem Recht nicht den Justizbehörden vorbe­halten ist. Sind die ersuchten Dienststellen für die Erledigung eines Ersuchens nicht zuständig, so leiten sie dieses direkt und unverzüglich an die zuständige Behörde weiter und unterrichten die ersuchende Behörde darüber.

Art. 9 Zusammenarbeit auf Ersuchen

1.  Ersuchen um Zusammenarbeit und ihre Antworten werden zwischen den zustän­digen Dienststellen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 mittels der zu diesem Zweck geschaffenen Instrumente ausgetauscht. Dasselbe gilt für Ersuchen um Zusammen­arbeit zum Zweck der Abwehr unmittelbar drohender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie für die Antworten auf diese Ersuchen.

2.  Die Unterstützungsersuchen betreffen insbesondere folgende Bereiche:

Halterfeststellungen und Fahrerermittlungen bei Strassen-, Wasser- und Luft­fahrzeugen;
Anfragen bezüglich Führerscheinen, Schifffahrtspatenten und vergleich­ba­ren Berechtigungen;
Aufenthalts- und Wohnsitznachforschungen;
Feststellung von Telefonanschlussinhabern;
Identitätsfeststellungen;
Informationen über die Herkunft von Gegenständen, beispielsweise von Waf­fen, Motor- oder Wasserfahrzeugen (Verkaufsweganfragen);
Informationen bei grenzüberschreitender Observation und grenzüberschreiten­der Nacheile;
Planung und Abstimmung von Fahndungsmassnahmen sowie Einleitung von Sofortfahndungen;
Feststellung der Aussagebereitschaft eines Zeugen im Hinblick auf ein Rechts­hilfeersuchen;
Übermittlung und Vergleichung von Erkennungsdaten wie Spuren, die an einem Tatort aufgefunden wurden, Fotografien, Signalemente, Finger- und Handabdrücke, DNA-Profile, sofern das innerstaatliche Recht die Mitteilung erlaubt;
Informationen aus Polizei- oder Zolluntersuchungen, Dokumenten oder automatisierten Datenbanken, sofern das innerstaatliche Recht die Mittei­lung erlaubt.

3.  In besonders schwerwiegenden Fällen oder in Fällen von überregionaler Bedeu­tung werden die nationalen Zentralorgane über die direkt ausgetauschten Ersuchen unverzüglich unterrichtet; dies gilt auch für die Auslösung von Sofortfahndungen und die Übermittlung ihrer Ergebnisse.

Art. 10 Zusammenarbeit in dringlichen Fällen

1.  Wenn es nicht möglich ist, Ersuchen um folgende Massnahmen durch Vermitt­lung der zuständigen Justizbehörden zu unterbreiten, ohne den Erfolg der Mass­nahme zu gefährden, können diese auch direkt den zuständigen Dienststellen der anderen Vertragspartei unterbreitet werden, die sie unter den im nationalen Recht vorgesehenen Bedingungen ausführen:

Spuren- und Beweissicherung;
medizinische Untersuchungen und körperliche Durchsuchungen;
Hausdurchsuchungen;
Sicherstellung von Beweisen;
vorläufige Festnahme durch die zuständigen Behörden.

2.  Die zuständigen Justizbehörden der ersuchenden und der ersuchten Vertragspar­tei sind über einen solchen direkten Verkehr unverzüglich unter Angabe der Gründe für die Dringlichkeit zu unterrichten.

3.  Die Übermittlung der Ergebnisse der durchgeführten Massnahme an die ersu­chende Vertragspartei bedarf eines formellen Rechtshilfeersuchens der Justizbehör­den. Ist die Übermittlung der Ergebnisse der durchgeführten Massnahme dringlich im Sinne von Absatz 1, so kann die ersuchte Dienststelle die Ergebnisse mit Einwil­ligung der zuständigen Justizbehörde direkt der zuständigen Dienststelle der ersu­chenden Vertragspartei übermitteln.

Art. 11 Unaufgeforderte Zusammenarbeit

Die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien können einander im Einzelfall nach Massgabe ihres nationalen Rechts ohne Ersuchen der anderen Vertragspartei Informationen unaufgefordert übermitteln, die dieser bei der Abwehr konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder der Bekämpfung strafba­rer Handlungen dienen könnten. Der Empfänger ist verpflichtet, die Nützlichkeit der übermittelten Informationen zu überprüfen und diese, falls sie nicht notwendig sind, entweder zu vernichten oder an den Absender zurückzusenden.

Titel III Besondere Formen der Justiz-, Polizei- und Zollzusammenarbeit


Art. 12 Grenzüberschreitende Observation

1.  Beamte einer Vertragspartei, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eine Person observieren, die der Beteiligung an einer Straftat verdächtigt wird, welche im ersuchten Staat mit Freiheitsentzug von mindestens einem Jahr bestraft wird, oder wenn ernsthafte Gründe für die Vermutung bestehen, diese Person könnte im Rah­men eines Ermittlungsverfahrens bei der Identifizierung oder Lokalisierung einer solchen Person behilflich sein, sind befugt, die Observation im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei fortzusetzen, wenn diese der grenzüberschreitenden Obser­vation auf der Grundlage eines vorgängig gestellten Rechtshilfeersuchens zuge­stimmt hat.

Auf Verlangen wird die Observation den Beamten derjenigen Vertragspartei über­tragen, in deren Hoheitsgebiet diese stattfindet.

2.  Kann wegen der besonderen Dringlichkeit der Angelegenheit die vorgängige Zustimmung der anderen Vertragspartei nicht eingeholt werden, so dürfen die Beamten die Observation unter folgenden Bedingungen über die Grenze hinweg fortsetzen:

a.
die Handlungen, wegen deren die Ermittlungen eingeleitet worden sind, gehören einer der Straftaten oder Kategorien von Straftaten an, die in Anhang 1 aufgeführt sind;
b.
der Grenzübertritt wird noch während der Observation der Behörde der anderen Vertragspartei mitgeteilt, die in Absatz 4 benannt wird;
c.
ein Rechtshilfeersuchen nach Absatz 1, in dem auch die Gründe für den Grenz­übertritt ohne vorherige Zustimmung aufgeführt sind, wird unverzüg­lich nachgereicht.

Die Observation ist einzustellen, sobald die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sie stattfindet, aufgrund der Mitteilung nach Buchstabe b oder c dies verlangt, oder wenn die Zustimmung zwölf Stunden nach dem Grenzübertritt nicht vorliegt.

3.  Die Zustimmung gilt für das gesamte Hoheitsgebiet und kann mit Auflagen verbunden werden.

4.  Das Rechtshilfeersuchen muss an die Behörde gerichtet werden, die befugt ist, die erbetene Zustimmung zu erteilen oder zu übermitteln:

für die Schweiz: die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen;
für die Französische Republik: die «direction centrale de la police judici­aire» oder die gemeinsamen Zentren, die das nationale Zentralorgan unver­züglich unterrichten.

Eine Kopie des Ersuchens muss auch den gemeinsamen Zentren übermittelt werden.

5.  Die observierenden Beamten sind:

für die Schweiz: die Polizeibeamten des Bundes und der Kantone sowie die Beamten des Grenzwachtkorps;
für die Französische Republik: die «officiers et agents de police judiciaire de la police nationale et de la gendarmerie nationale» und, in Bezug auf ihre Befugnisse im Bereich des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sowie mit Waffen und Sprengstoffen und des uner­laubten Verkehrs mit giftigen oder schädlichen Abfällen, die «agents des douanes».

6.  Die Observation ist nur unter den folgenden allgemeinen Voraussetzungen zuläs­sig:

a.
die observierenden Beamten sind an die Bestimmungen dieses Artikels und das Recht der Vertragspartei gebunden, in deren Hoheitsgebiet sie tätig wer­den; sie haben die Anordnungen der örtlich zuständigen Behörden zu befol­gen;
b.
die observierenden Beamten unterstehen im Bereich des Verkehrs denselben gesetzlichen Bestimmungen wie die Polizei- und Zollbeamten der Vertrags­partei, in deren Hoheitsgebiet die Observation stattfindet;
c.
vorbehaltlich der Fälle nach Absatz 2 führen die Beamten während der Observation ein Dokument mit sich, aus dem hervorgeht, dass die Zustim­mung erteilt worden ist;
d.
die observierenden Beamten müssen jederzeit in der Lage sein, ihre amtliche Funktion nachzuweisen;
e.
die observierenden Beamten dürfen während der Observation entsprechend den Bedingungen nach Artikel 40 ihre Dienstwaffe mit sich führen;
f.
die observierenden Beamten dürfen keine Wohnräume und keine nicht öffentlich zugänglichen Grundstücke betreten; das Betreten von Arbeitsstät­ten, Unternehmen und öffentlich zugänglichen Geschäftsräumen ist nur wäh­rend der Öffnungszeiten erlaubt;
g.
über jede Observation wird den Behörden der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Operation stattgefunden hat, Bericht erstattet; dabei kann das persönliche Erscheinen der observierenden Beamten verlangt werden;
h.
die Dienststellen der Vertragspartei, der die observierenden Beamten angehö­ren, unterstützen auf Ersuchen der Dienststellen der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Observation stattgefunden hat, die polizeilichen Ermittlungen und gerichtlichen Verfahren, die auf die Operation folgen, an der sie teilgenommen haben.
i.
die notwendigen technischen Hilfsmittel, um die Observation zu erleichtern, werden entsprechend der Gesetzgebung der Vertragspartei verwendet, in deren Hoheitsgebiet die Observation fortgeführt wird; die zur optischen oder akustischen Überwachung verwendeten Hilfsmittel sind im Rechts­­hilfeersuchen zu erwähnen.
Art. 13 Grenzüberschreitende Nacheile

1.  Beamte einer Vertragspartei, die in ihrem Land eine Person verfolgen,

a.
die auf frischer Tat bei der Begehung einer Straftat oder der Teilnahme an einer Handlung, die unter eine der in Anhang 2 aufgezählten Kategorien von Straftaten fällt, angetroffen wird, sind befugt, die Nacheile im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ohne deren vorgängige Zustimmung fortzusetzen, wenn die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei wegen der besonderen Dringlichkeit der Angelegenheit nicht vor dem Grenzübertritt über eines der zwischen den beiden Vertragsparteien vereinbarten Kommu­nikationsmittel unterrichtet werden konnten oder nicht rechtzeitig zur Stelle sind, um die Verfolgung zu übernehmen;
b.
die aus der Untersuchungshaft entflohen ist oder sich der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Sicherheitsmassnahme entzogen hat.

2.  Spätestens bei Grenzübertritt nehmen die nacheilenden Beamten Kontakt auf mit den zuständigen Dienststellen der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Nach­eile stattfindet. Die Nacheile ist einzustellen, sobald die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Nacheile stattfinden soll, dies verlangt. Auf Ersuchen der nach­eilen­den Beamten ergreifen die örtlich zuständigen Dienststellen die verfolgte Person, um ihre Identität festzustellen oder die Verhaftung vorzunehmen.

3.  Die nacheilenden Beamten haben kein Festhalterecht.

4.  Die Nacheile muss spätestens beim Grenzübertritt den gemeinsamen Zentren mitgeteilt werden, die ihrerseits folgende Stellen benachrichtigen:

für die Schweiz: den zuständigen Kommandanten der Kantonspolizei und den zuständigen Kommandanten des Grenzwachtkorps;
für die Französische Republik: den örtlich zuständigen Staatsanwalt.

Die gemeinsamen Zentren informieren die nationalen Zentralstellen über die grenz­überschreitende Nacheile.

5.  Die Nacheile kann ohne räumliche oder zeitliche Begrenzung ausgeübt werden.

6.  Die nacheilenden Beamten sind:

für die Schweiz: die Polizeibeamten des Bundes und der Kantone sowie die Beamten des Grenzwachtkorps;
für die Französische Republik: die «officiers et agents de police judiciaire de la police nationale et de la gendarmerie nationale» und, in Bezug auf ihre Befugnisse im Bereich des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sowie mit Waffen und Sprengstoffen und des uner­laubten Verkehrs mit giftigen oder schädlichen Abfällen, die «agents des douanes».

7.  Die Nacheile ist nur unter den folgenden allgemeinen Voraussetzungen zulässig:

a.
die nacheilenden Beamten sind einfach zu identifizieren, entweder durch das Tragen einer Uniform, einer Armbinde oder durch zusätzliche Kennzeich­nungen, die am Fahrzeug angebracht sind; das Tragen von Zivilkleidung unter gleichzeitiger Benutzung von Standardfahrzeugen ohne die oben genannten Kennzeichnungen ist verboten;
b.
die nacheilenden Beamten melden sich nach Beendigung der Nacheile bei den örtlich zuständigen Dienststellen der Vertragspartei, in deren Hoheits­ge­biet sie gehandelt haben, und erstatten Bericht; auf Ersuchen dieser Dienst­stellen sind sie verpflichtet, sich bis zur Klärung des Sachverhalts bereitzuhalten; dies gilt auch, wenn die verfolgte Person nicht festgenom­men werden konnte;
c.
bei grenzüberschreitender Nacheile, die durch dieses Abkommen geregelt wird, ist die Benutzung von Luft- und Wasserfahrzeugen entsprechend dem Recht der jeweiligen Vertragspartei erlaubt; eine technische Vereinbarung regelt die Modalitäten.

Im Übrigen gilt Artikel 12 Absatz 6 mit Ausnahme von Buchstabe c sinngemäss.

8.  Eine Person, die nach Beendigung einer Nacheile von den örtlich zuständigen Dienststellen festgenommen wird, kann ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit zum Zweck der Einvernahme festgehalten werden; es gelten diesbezüglich die Rechts­bestimmungen der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Festnahme stattgefunden hat. Hat diese Person nicht die Staatsangehörigkeit der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sie festgenommen wurde, so wird sie spätestens sechs Stunden nach ihrer Festnahme freigelassen, wobei die Stunden zwischen Mitternacht und neun Uhr nicht mitzählen, es sei denn, die örtlich zuständigen Dienststellen erhalten eine Mitteilung, die – gleich in welcher Form – ein Ersuchen um vorläufige Festnahme zum Zweck der Auslieferung ankündigt.

9.  Diese Bestimmung gilt auch bei Missachtung eines Haltebefehls eines gekenn­zeichneten Beamten nach Artikel 1 und bei gewaltsamer Durchfahrt im Grenzgebiet nach Artikel 2.

Art. 14 Gemeinsame Einsatzformen

1.  Zur Verstärkung der Zusammenarbeit bilden die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien bei Bedarf gemischt besetzte Analyse- und Arbeitsgruppen wie auch gemischt besetzte Kontroll-, Observations- und Ermittlungsgruppen, in denen Beamte der einen Vertragspartei bei Einsätzen im Hoheitsgebiet der anderen Ver­tragspartei – vorbehaltlich eines Anwendungsfalls von Artikel 39 – ohne hoheitliche Befugnisse Unterstützungs- und Beratungsfunktionen übernehmen.

2.  Die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien in den Grenzgebieten im Sinne von Artikel 2 beteiligen sich nach Massgabe festgelegter Pläne an grenzüber­schreitenden Fahndungsaktionen, insbesondere um flüchtige Straftäter festzunehmen oder um verschwundene Personen zu finden. Die nationalen Zentralorgane und die gemeinsamen Zentren müssen über Einsätze, die mehrere Kantone oder Departe­ments betreffen, unterrichtet werden.

Art. 15 Entsendung von Verbindungsbeamten

1.  Die nationalen Zentralstellen der Vertragsparteien können für eine befristete oder unbefristete Dauer Verbindungsbeamten zu den Dienststellen der anderen Vertrags­partei entsenden. Diese Entsendungen werden von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien in besonderen Abkommen geregelt.

2.  Die Entsendung von Verbindungsbeamten hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu fördern und zu beschleunigen, insbesondere durch:

a.
Unterstützung des Informationsaustauschs zur präventiven und repressiven Verbrechensbekämpfung;
b.
Unterstützung bei der Ausführung von Ersuchen um Polizei- oder Zoll­zusam­menarbeit.

3.  Die Verbindungsbeamten sind beratend und unterstützend tätig; sie sind nicht zur selbstständigen Durchführung von Massnahmen im Polizei- und Zollbereich befugt. Sie erteilen Informationen und erledigen ihre Aufträge im Rahmen der ihnen von der Vertragspartei, die sie entsandt hat, erteilten Weisungen. Sie erstatten dem Leiter der Dienststelle, zu der sie entsandt worden sind, regelmässig Bericht.

4.  Ein Verbindungsbeamter, der von einer Vertragspartei in einen Drittstaat entsandt worden ist, kann mit der gegenseitigen Zustimmung der nationalen Zentralstellen auch die Interessen der anderen Vertragspartei vertreten.

5.  Diese Bestimmung ist auf die Entsendung von Beamten im Bereich der Immig­ration sinngemäss anwendbar.

Art. 16 Hilfeleistung bei Grossereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen

1.  Die zuständigen Dienststellen der beiden Vertragsparteien unterstützen einander im Rahmen ihres nationalen Rechts bei Massenveranstaltungen und ähnlichen Grossereignissen sowie bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen, indem sie:

a.
einander so rasch wie möglich über entsprechende Ereignisse und Situatio­nen mit möglichen grenzüberschreitenden Auswirkungen sowie über die Feststellungen unterrichten, die sich darauf beziehen;
b.
bei Situationen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen die in ihrem Hoheitsgebiet erforderlichen polizeilichen Massnahmen vornehmen und koordinieren;
c.
auf Ersuchen der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet das Ereignis oder die Situation eintritt, soweit möglich, durch Entsendung von Spezialein­hei­ten, Ordnungseinheiten, Spezialisten und Beratern sowie durch Zurver­fü­gungstellung von Ausrüstungsgegenständen Hilfe leisten.

Die Bestimmungen dieses Artikels lassen die zwischen den beiden Vertragsparteien vereinbarte Regelung der Rechtshilfe unberührt.

2.  Ersuchen um Zusammenarbeit im Sinne von Absatz 1 werden schriftlich gestellt und von den nationalen Zentralstellen der Vertragsparteien bearbeitet. Die anderen zuständigen Dienststellen im Sinne von Artikel 1 können ebenfalls die notwendigen Sofortmassnahmen ergreifen.

3.  Im Rahmen der Massnahmen, die bei Massenveranstaltungen und Grossereignis­sen im Hoheitsgebiet eines Staates getroffen werden, regeln Vereinbarungen zwi­schen den zuständigen Behörden sowohl die Art, den Zeitpunkt und die Dauer des Ereignisses, für das Einheiten des anderen Staates aufgeboten werden sollen, als auch die Arbeitsbedingungen und die Formen der Entgeltung für die bereitgestellten Einheiten.

4.  Bei schweren Unglücksfällen, die Personen oder Sachen in Mitleidenschaft ziehen und deshalb ein rasches Eingreifen der Polizei erfordern, ist der Einsatz der Streife erlaubt, die sich am nächsten beim Unglücksort befindet, unabhängig davon, welcher Vertragspartei sie angehört, um erste Hilfe zu leisten und den Ort zu sichern, bevor die örtlich zuständigen Einheiten eintreffen. In diesem Fall üben die Beamten einer Vertragspartei, wenn sie sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertrags­partei befinden, nicht ihre polizeilichen Befugnisse aus, beachten die geltenden Strassenverkehrsregeln und befolgen Artikel 40.

5.  Das Abkommen vom 14. Januar 19877 zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und der Französischen Republik über die gegenseitige Hilfeleis­tung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen bleibt unberührt.

Art. 17 Einsatz von Luft- und Wasserfahrzeugen

1.  Im Rahmen der in diesem Abkommen vorgesehenen Einsätze dürfen auch Was­serfahrzeuge und nach Absprache zwischen den zuständigen Dienststellen auch Luftfahrzeuge eingesetzt werden; die Regelung der militärischen Zusammenarbeit der Lufttruppen im Bereich der Luftpolizei bleibt anwendbar.

2.  Bei grenzüberschreitenden Einsätzen unterliegen die Beamten denselben luft- und wasserverkehrsrechtlichen Bestimmungen wie die Beamten der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz fortgesetzt wird.

Art. 18 Geleitschutz

1.  Die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien dürfen sich im Zuge des Geleitschutzes für exponierte Personen ins Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei begeben.

2.  Vor dem Grenzübertritt müssen grenzüberschreitende Eskorten den gemeinsamen Zentren gemeldet werden; diese informieren umgehend die nationalen Zentralstel­len.

3.  Ab dem Grenzübertritt werden die eskortierenden Beamten von Beamten der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sie handeln, begleitet und stehen unter deren Kontrolle.

4.  Die eskortierenden Beamten dürfen unter den Bedingungen nach Artikel 40 ihre Dienstwaffe mit sich tragen.

5.  Die geleitenden Beamten und die benutzten Fahrzeuge unterstehen auf ihrer Fahrtroute den Verkehrsregeln des Staates, auf dessen Strassen sie sich bewegen.

6.  Rückführungen, Ausschaffungen und Auslieferungen fallen nicht unter diesen Artikel.

Art. 19 Transit

1.  Um die Sicherheit der Beamten im Einsatz zu gewährleisten oder um operative Einsätze im Grenzgebiet zu erleichtern, können die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien nötigenfalls das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei passie­ren.

2.  Der Transit muss vor dem Grenzübertritt den gemeinsamen Zentren gemeldet werden.

3.  Wenn sich die Beamten im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei befinden, üben sie nicht ihre polizeilichen Befugnisse aus; sie beachten die geltenden Stras­senverkehrsregeln.

Titel IV Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit


Art. 20 Organisation

1.  Gemeinsame Zentren werden in der Nähe der gemeinsamen Grenze der Ver­tragsparteien errichtet und sind dazu bestimmt, Beamte beider Vertragsparteien aufzunehmen.

2.  Die zuständigen Dienststellen der Vertragsparteien bestimmen einvernehmlich die für den Betrieb der gemeinsamen Zentren notwendigen Einrichtungen.

3.  Die Bau- und Unterhaltskosten der Zentren werden zu gleichen Teilen von den Vertragsparteien getragen.

4.  Die gemeinsamen Zentren werden durch offizielle Aufschriften gekennzeichnet.

5.  Innerhalb der zu ihrem ausschliesslichen Gebrauch zugeteilten Räume in den gemeinsamen Zentren unterstehen die Beamten der Disziplinargewalt und der Hie­rarchie ihrer jeweiligen Dienststelle. Bei Bedarf können sie zu diesem Zweck auch die Hilfe der Beamten der anderen Vertragspartei in Anspruch nehmen.

6.  Die Vertragsparteien gewähren einander zu Dienstzwecken, im Rahmen ihrer Gesetze und Verordnungen, sämtliche Erleichterungen bezüglich des Gebrauchs von Telekommunikationsmitteln.

7.  Die Vertragsparteien führen die Listen der den gemeinsamen Zentren zugeteilten Beamten nach und übermitteln diese einander.

8.  Die dienstlichen Briefe und Pakete, die an die gemeinsamen Zentren adressiert sind oder von dort aus gesandt werden, können – ohne Zuhilfenahme des Post­dienstes – von den gemeinsamen Zentren zugeteilten Beamten transportiert werden.

Art. 21 Errichtung

1.  Die Errichtung der gemeinsamen Zentren wird in einem Zusatzprotokoll fest­gehalten.

2.  Durch Notenaustausch können Anzahl und Sitz der gemeinsamen Zentren nach­träglich abgeändert werden.

Art. 22 Aufgabenbereich

1.  Unter Vorbehalt der Zuständigkeit der nationalen Zentralorgane stehen die gemeinsamen Zentren im gesamten Hoheitsgebiet der Vertragsparteien den zustän­digen Dienststellen zur Verfügung, um Informationen auszutauschen, diese bei der reibungslosen Durchführung der grenzüberschreitenden Polizei- und Zollzusam­menarbeit zu unterstützen, insbesondere bei der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, und um den unerlaubten Handel, die illegale Einwanderung und die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.

2.  Die Beamten in den gemeinsamen Zentren dürfen selbstständig keine operativen Tätigkeiten durchführen; sie sind nicht dazu befugt, selbstständige operative Ein­sätze im Feld durchzuführen.

Art. 23 Besondere Aufgaben

1.  Die zuständigen Dienststellen tragen in den gemeinsamen Zentren im Rahmen der in Artikel 22 genannten Bereiche bei:

zur Koordination der gemeinsamen Such- und Überwachungsmassnahmen im Grenzgebiet;
zur Vorbereitung und Durchführung der Übergabe von Ausländern mit unbefugtem Aufenthalt nach Massgabe der geltenden Abkommen;
zur Vorbereitung und Unterstützung der grenzüberschreitenden Observation und Nacheile, wie sie in Titel III festgehalten sind.

2.  Die gemeinsamen Zentren informieren die Einsatzeinheiten im Grenzgebiet über getroffene oder zu treffende Massnahmen, die für die Einheiten von Interesse sein können.

3.  Die gemeinsamen Zentren informieren die Einsatzeinheiten im Grenzgebiet über die von ihnen organisierten Treffen, die für die Einheiten von Interesse sein können, damit diese gegebenenfalls daran teilnehmen können.

Art. 24 Zusammenarbeit

1.  Die in den gemeinsamen Zentren tätigen Beamten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zusammen und unterstützen einander. Sie sammeln und tauschen Informationen bezüglich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aus, analysieren sie und leiten sie – unbeschadet des Informa­tionsaustauschs über die nationalen Zentralorgane und der direkten Zusammenarbeit – weiter. Sie können den zustän­digen Dienststellen beider Vertragsparteien, unter Einhaltung der Bedingun­gen in Titel II, Auskünfte erteilen; ausserdem sind die Bestimmungen von Titel VI in Sachen Datenschutz anzuwenden.

2.  Die gemeinsamen Zentren sind berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen dieses Abkommens eine gemeinsame Datenbank einzurichten, in der mit­tels eines Einsatzjournals alle Ersuchen der beiden Vertragspar­teien verzeichnet sind (Betriebskontrollsystem genannt «Main courante»). Nur die Beamten der gemein­samen Zentren haben direkten Zugang zu diesem Kontrollsystem. Die Vertragspar­teien regeln unter Berücksichtigung ihrer nationalen Gesetzgebung in einem Zusatz­protokoll die Ausführungsmodalitäten für diese Bestimmung, insbesondere die Art der gespeicherten Daten, die Dauer ihrer Aufbewahrung, das Zugriffs- und Mittei­lungsrecht und das Kontrollsystem der gemeinsamen Datenbank.

3.  Die zuständigen Dienststellen jeder Vertragspartei bestimmen einen Beamten, der für die Organisation der gemeinsamen Arbeit verantwortlich ist.

Titel V Direkte Zusammenarbeit im Grenzgebiet


Art. 25 Gegenseitige Entsprechung der Einsatzeinheiten

1.  Jeder im Grenzbereich zuständigen Einsatzeinheit einer in Artikel 1 bezeichneten Dienststelle entsprechen eine oder mehrere Einsatzeinheiten der Dienststellen der anderen Vertragspartei. Zwischen den sich entsprechenden Einsatzeinheiten findet ein bevorzugter Informations- und Personenaustausch nach den Bestimmungen dieses Titels statt.

2.  Jede Einsatzeinheit sorgt für einen regelmässigen Kontakt mit den ihr entspre­chenden Einheiten.

Art. 26 Zusammenarbeit zwischen den sich entsprechenden Einheiten

Die sich nach Artikel 25 entsprechenden Einheiten beider Vertragsparteien nehmen eine direkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Polizei- und Zollsachen auf. In diesem Rahmen und vorbehaltlich der Bestimmungen von Artikel 23 haben diese Einheiten insbesondere als gemeinsamen Auftrag:

ihre gemeinsamen Tätigkeiten zu koordinieren, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu wahren und den unerlaubten Handel, die illegale Einwande­rung und die Kriminalität im Grenzgebiet zu bekämpfen; die gemeinsamen Zentren werden über diese Tätigkeiten informiert;
Informationen in Polizei- und Zollsachen zu sammeln und auszutauschen.

Zu diesem Zweck können die entsprechenden Einheiten sich auch Material leihen sowie Erfahrungen und Wissen austauschen.

Art. 27 Entsendung von Beamten

1.  Jede zuständige Dienststelle einer Vertragspartei kann Beamte in die entspre­chenden Einheiten der anderen Vertragspartei entsenden; sie üben keine hoheitlichen Befugnisse aus. Sie werden nach Möglichkeit unter den Beamten ausgewählt, die in den Einheiten Dienst leisten oder geleistet haben, die denjenigen entsprechen, in die sie entsandt werden.

2.  Die Beamten arbeiten mit den Einheiten zusammen, die der Einheit entsprechen, zu der sie entsandt worden sind. Sie müssen mit den Dossiers vertraut sein, die einen grenzüberschreitenden Charakter aufweisen oder aufweisen könnten. Die Wahl dieser Dossiers wird von den Verantwortlichen der sich entsprechenden Einheiten einvernehmlich getroffen.

3.  Die Entsendung dieser Beamten wird in einem Zusatzprotokoll geregelt. Artikel 15 Absätze 2 und 3 gilt sinngemäss.

Art. 28 Gemischter Streifendienst im Grenzgebiet

1.  Die Beamten der zuständigen Dienststellen im Sinne von Artikel 1 können an gemeinsamen oder gemischten Streifen in dem in Artikel 2 bezeichneten Grenz­gebiet teilnehmen.

2.  Aufgabe der gemischten Streifen ist es, eine direkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu führen, um Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, den unerlaubten Handel, die illegale Einwanderung und die Kriminalität im Grenzgebiet zu bekämpfen und die Grenze zu überwachen.

3.  Die Beamten des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die gemischte Streife unter­wegs ist, sind zu Kontrollen und Festnahmen befugt.

4.  Die Beamten des Partnerstaates sind in beobachtender, unterstützender und beratender Funktion tätig. Sie sind nicht befugt, selbstständig Polizei- oder Zoll­massnahmen auszuführen. Sie dürfen allerdings die Identität von Personen feststel­len und diese, falls sie sich der Kontrolle zu entziehen versuchen, entsprechend dem nationalen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Streife unterwegs ist, anhalten. Es obliegt den Beamten der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Streife unterwegs ist, weitere Zwangsmassnahmen zu ergreifen. Würde der Erfolg einer Amtshandlung ohne das Einschreiten der Beamten der anderen Vertragspartei gefährdet oder erheblich erschwert, so können diese unter der Aufsicht der Beamten der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Streife unterwegs ist, die notwendigen Massnahmen ergreifen.

5.  Die Rechte und Pflichten der Beamten sowie die Voraussetzungen, unter denen geplante Einsätze durchgeführt werden, richten sich nach den Gesetzen und Verord­nungen des Landes, in denen sie ausgeführt werden.

6.  Für diese Beamten gelten im Übrigen die Bestimmungen von Titel VII.

7.  Die gemeinsamen Zentren werden über die Schaffung von gemischten Streifen sowie über die Ergebnisse ihrer Einsätze informiert.

Art. 29 Regelmässige Treffen zwischen den Verantwortlichen

1.  Die Verantwortlichen der sich entsprechenden Einheiten treffen sich regelmässig und unter Berücksichtigung der operationellen Bedürfnisse, die dem Verantwor­tungsbereich der betroffenen Einheiten entsprechen. Bei dieser Gelegenheit:

erstellen sie die Bilanz der Zusammenarbeit ihrer Einheiten;
tauschen sie ihre statistischen Daten über die verschiedenen Formen der Krimi­nalität in ihrem Zuständigkeitsbereich aus;
erarbeiten und aktualisieren sie die gemeinsamen Interventionspläne für Situationen, die eine Koordination ihrer Einheiten beidseits der Grenze erfordern;
erarbeiten sie gemeinsam Fahndungspläne;
organisieren sie Streifen im Sinne von Artikel 28, in denen eine Einheit einer Vertragspartei durch einen oder mehrere Beamte einer Einheit der anderen Vertragspartei unterstützt werden kann;
planen sie gemeinsame Übungen im Grenzgebiet;
stimmen sie, entsprechend den vorgesehenen Veranstaltungen oder der Ent­wicklung der verschiedenen Formen der Kriminalität, die voraussehbaren Bedürfnisse der Zusammenarbeit ab.

2.  Von jedem Treffen wird ein Protokoll erstellt.

3.  Die Verantwortlichen der gemeinsamen Zentren werden über diese Treffen informiert und können daran teilnehmen oder sich vertreten lassen.

Titel VI Datenschutz


Art. 30 Grundsätze

1.  Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, richtet sich die Bearbeitung von Personendaten, die aufgrund dieses Abkommens übermittelt werden, nach den angegebenen Zwecken, den von der übermittelnden Dienststelle allenfalls festge­legten Bedingungen sowie den im Empfängerstaat anwendbaren Vorschriften für die Bearbeitung von Personendaten.

2.  Als Bearbeitung im Sinne dieses Abkommens gilt jede Verwendung von Daten, einschliesslich des Speicherns, des Veränderns, des Übermittelns, des Sperrens und des Löschens sowie jeder sonstige Nutzung.

3.  Für das Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft gelten die ein­schlägigen Bestimmungen des Bundesrechts, soweit die Kantone nicht über eigene datenschutzrechtliche Regelungen verfügen.

Art. 31 Zweckbindung

1.  Personendaten, die aufgrund dieses Abkommens übermittelt worden sind, dürfen vom Empfänger nur mit Zustimmung der übermittelnden Dienststelle zu anderen als den der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecken bearbeitet werden. Die Zuläs­sigkeit der Erteilung einer Zustimmung richtet sich nach dem nationalen Recht der übermittelnden Dienststelle.

2.  Personendaten, die zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten übermittelt worden sind, dürfen mit Zustimmung der übermittelnden Dienststelle zur Verfolgung schwerer Straf­taten bearbeitet werden. Ebenso dürfen Personendaten, die für Zwecke der Strafverfol­gung übermittelt worden sind, mit Zustimmung der übermittelnden Dienststelle zur Verhütung von schweren Straftaten und zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bearbeitet werden.

Art. 32 Pflicht zur Berichtigung und Vernichtung

1.  Personendaten, die aufgrund dieses Abkommens übermittelt worden sind, sind zu vernichten, wenn:

a.
sich die übermittelten Daten als unrichtig erweisen;
b.
die übermittelnde Sicherheitsbehörde dem Empfänger mitteilt, die Beschaf­fung oder Übermittlung der Daten sei rechtswidrig erfolgt;
c.
sich herausstellt, dass die Daten nicht oder nicht mehr zur Erfüllung der für die Übermittlung massgeblichen Aufgabe benötigt werden, es sei denn, es liege eine ausdrückliche Ermächtigung zur Datenbearbeitung für andere Zwecke vor.

2.  Die übermittelnde Dienststelle teilt dem Empfänger allfällige besondere Aufbe­wahrungsfristen mit, die dieser zu beachten hat.

Art. 33 Verständigung

1.  Auf Ersuchen der übermittelnden Dienststelle erteilt der Empfänger Auskunft über jegliche Bearbeitung der übermittelten Personendaten.

2.  Stellt die zuständige Dienststelle einer Vertragspartei, die Personendaten auf­grund dieses Abkommens übermittelt hat, fest, dass die übermittelten Daten unrich­tig oder infolge unrechtmässiger Bearbeitung zu berichtigen oder zu vernichten sind, so muss sie den Empfänger unverzüglich darauf hinweisen.

3.  Stellt der Empfänger eine unrechtmässige Bearbeitung übermittelter Daten fest, so muss er die übermittelnde Stelle ebenfalls unverzüglich darauf hinweisen.

Art. 34 Protokollierung

1.  Die übermittelnde zuständige Dienststelle und der Empfänger der Daten sind verpflichtet, in einem Protokoll Anlass, Zweck, Inhalt, Empfänger und Zeitpunkt der Datenübermittlung festzuhalten. Übermittlungen im Online-Verfahren sind elektro­nisch zu protokollieren.

2.  Die Protokollaufzeichnungen sind mindestens drei Jahre aufzubewahren.

3.  Die Protokolldaten dürfen ausschliesslich zur Kontrolle, ob die massgeblichen Datenschutzvorschriften eingehalten worden sind, verwendet werden.

Art. 35 Verfahren bei Auskunftserteilung

1.  Das Recht der betroffenen Person, Auskunft bezüglich der über sie bearbeiteten Daten zu erhalten, richtet sich nach dem nationalen Recht der Vertragspartei, in der die Auskunft beantragt wird.

2.  Vor der Entscheidung über die Auskunftserteilung muss der Empfänger der übermittelnden Dienststelle die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.

Art. 36 Datenbearbeitung in fremdem Hoheitsgebiet

1.  Die Vertragsparteien sind verpflichtet, übermittelte Personendaten gegen unbe­fugten Zugriff, unbefugte Änderung und widerrechtliche Bekanntgabe zu schützen.

2.  Die Kontrolle der Bearbeitung von Personendaten, die während eines grenzüber­schreitenden Einsatzes im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei beschafft wor­den sind, obliegt den zuständigen Dienststellen derjenigen Vertragspartei, für deren Zwecke sie beschafft worden sind, und richtet sich nach deren nationalem Recht. Dabei sind mit der Kontrolle verbundenen Bedingungen sowie allfällige besondere Auflagen, die von der Kontrollbehörde festgelegt werden, zu beachten.

3.  Beamten, die im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei einen Auftrag erfüllen, darf kein direkter Zugriff auf Personendaten gewährt werden, die in dieser anderen Vertragspartei elektronisch bearbeitet werden.

Art. 37 Übernahme des Schengen-Besitzstands durch die Schweiz

Die Datenschutzbestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens werden für dieses Abkommen gelten, sobald die Schweiz die Bestimmungen des am 26. Oktober 20048 unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eid­genossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung der Schweiz bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands vollständig umsetzt.

Titel VII Anwendbares Recht bei Amtshandlungen einer Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei


Art. 38 Ausschluss von ausländerrechtlichen Vorschriften

Beamte, die ihren Dienst im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ausüben, und die Familienmitglieder, für die sie aufkommen, unterliegen weder den Bestimmun­gen, welche die Einwanderung begrenzen, noch den Registrierungsvorschriften für Aus­länder.

Art. 39 Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch Beamte einer Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei

1.  Beamte einer Vertragspartei, die zur Zusammenarbeit im Sinne von Artikel 16 in eine Einheit entsandt worden sind und in einer gemischten Streife im Sinne von Artikel 28 ihren Dienst versehen oder in einer anderen gemeinsamen Gruppe im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei tätig sind, können unter der Aufsicht und operativen Führung der zuständigen Dienststelle der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz stattfindet, hoheitliche Befugnisse ausüben, falls dring­liche Massnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder zur Bekämpfung von Straftaten es erfordern.

2.  In Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens dürfen Beamte eines Staates, die im Hoheitsgebiet des anderen Staates im Einsatz stehen, nach Massgabe des nationalen Rechts des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz stattfindet, eine Person festnehmen, die bei der Begehung einer Straftat oder der Teilnahme an einer Straftat, auf die Gefängnis steht, ertappt wird, und sie den örtlich zuständigen Behörden übergeben.

Art. 40 Uniformen und Dienstwaffen

1.  Beamte einer Vertragspartei, die gestützt auf dieses Abkommen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei im Einsatz stehen, sind ermächtigt, ihre Uniform zu tragen und ihre Dienstwaffe oder sonstige von der nationalen Gesetzgebung zugelas­sene Zwangsmittel mitzuführen, es sei denn, die andere Vertragspartei teilt mit, dass sie dies nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zulässt.

2.  Diese Beamten dürfen ihre Schusswaffen nur in Notwehr benutzen.

3.  Die zuständigen Dienststellen tauschen entsprechende Informationen über Dienst­­waffen und die verwendeten Zwangsmittel aus.

Art. 41 Fürsorge und Dienstverhältnisse

1.  Die Vertragsparteien sind gegenüber den entsandten Beamten, die in ihrem Hoheitsgebiet im Einsatz stehen, zu gleichem Schutz und Beistand verpflichtet wie gegenüber den eigenen Beamten.

2.  Jeder Beamte muss die internen Vorschriften der Einheit oder des gemeinsamen Zentrums beachten, in das er entsandt wird, bleibt aber bezüglich seines Dienstver­hältnisses, seiner Einsatzbedingungen und seines disziplinarischen Status der Wei­sungsgewalt seiner nationalen Behörde und den Vorschriften des nationalen Rechts seiner Vertragspartei unterstellt.

3.  Das Abkommen vom 9. September 19669 zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen gilt auch für die entsandten oder einem gemeinsamen Zentrum zugeteilten Beamten.

Art. 42 Zivilrechtliche Verantwortung

1.  Die Vertragsparteien verzichten wechselseitig auf sämtliche Entschädigungsan­sprüche bei Sachschäden oder bei Verletzungen ihres Personals, die beim Einsatz im Rahmen der Zusammenarbeit, wie sie dieses Abkommen regelt, verursacht werden können, es sei denn, die Beamten haben vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt.

2.  Jede Vertragspartei haftet für Schäden, die ihre Beamten bei einem Einsatz im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Dritten verursachen, entsprechend dem Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz stattfindet.

3.  Die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet Schäden nach Absatz 2 verursacht worden sind, leistet Schadenersatz nach Massgabe der Bedingungen, die im Fall eines durch einen eigenen Beamten verursachten Schadens Anwendung fänden.

4.  Die Vertragspartei, deren Beamte Schäden nach Absatz 2 im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei verursacht haben, erstattet dieser den Gesamtbetrag des Schadenersatzes, den diese an die Geschädigten oder ihre Rechtsnachfolger geleistet hat.

5.  Die Bestimmungen dieses Artikels gelten unter der Bedingung, dass die Ver­tragsparteien nicht anderweitig übereingekommen sind.

Art. 43 Strafrechtliche Verantwortung

Die Beamten der zuständigen Dienststellen nach Artikel 1, die nach diesem Abkommen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei im Einsatz sind, sind in Bezug auf Straftaten, die sie begangen haben oder die ihnen gegenüber begangen wurden, den Beamten der Vertragspartei gleichgestellt, in deren Hoheitsgebiet der Einsatz stattfindet.

Titel VIII Zuwiderhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften


Art. 44 Begriffsbestimmung

Als Zuwiderhandlung gegen Strassenverkehrsvorschriften im Sinne dieses Titels gelten:

für die Schweiz: Zuwiderhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz des Bundes und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen;
für die Französische Republik: Zuwiderhandlungen, wie sie im «code de la  route» definiert werden, und Verstösse gegen die Vorschriften bezüglich Lenk- und Ruhezeiten der Berufschauffeure und bezüglich der Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse.
Art. 45 Mitteilungen aus dem Fahrzeugregister, Nachermittlungen

1.  Daten aus den nationalen Fahrzeugregistern über die tatsächlichen und recht­lichen Verhältnisse an Fahrzeugen (Fahrzeugdaten) sowie Personendaten über im Fahrzeugregister registrierte Personen (Halter- oder Eigentümer­daten) dürfen von den Vertragsparteien auf Ersuchen übermittelt werden, soweit dies zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften notwendig ist.

2.  Die übermittelten Daten dürfen von der empfangenden Dienststelle nur für den Zweck einer Strafverfolgung im Bereich des Strassenverkehrs verwendet werden. Das Ersuchen darf sich nur auf ein bestimmtes Fahrzeug oder einen bestimmten Halter beziehen.

3.  Die zentralen Fahrzeugregisterbehörden halten für die Erledigung von Ersuchen, die unter Angabe von Fahrzeugkennzeichen – auch im Wege eines automatisierten Verfahrens – gestellt werden, mindestens folgende bei ihnen gespeicherte Daten bereit:

a.
Halterdaten:
bei natürlichen Personen: Familienname, Vornamen und Adresse;
bei juristischen Personen und Behörden: Name oder Bezeichnung und Ad­resse;
b.
Fahrzeugdaten:
Kennzeichen und Fahrgestellnummer (Fahrzeugidentifizierungsnum­mer – VIN);
Fahrzeugtyp, Marke und Modell.

4.  Die Einzelheiten über Art und Umfang des Ersuchens und über die Übermittlung der Informationen im Sinne dieses Artikels werden von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien in einer technischen Vereinbarung geregelt.

5.  Wenn die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der ersuchenden Vertragspartei für die in Absatz 1 genannten Zwecke weitere Informationen benötigen, können sie sich direkt an die zuständige Dienststelle der ersuchten Vertragspartei wenden.

Art. 46 Inhalt der zugestellten Unterlagen

Unterlagen, die zugestellt werden und aufgrund deren der beschuldigten Person die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird, müssen insbesondere folgende Informationen enthalten:

a.
Art, Ort, Datum und Zeitpunkt der Zuwiderhandlung sowie die Art ihrer Fest­stellung (Beweismittel);
b.
Kennzeichen und – wenn möglich – Typ, Marke und Modell des Motorfahr­zeugs, mit dem die Zuwiderhandlung begangen wurde, oder, in Ermange­lung dieser Informationen, jede andere Information, die zur Identifizierung des Fahrzeugs beitragen könnte;
c.
Höhe der Geldbusse oder -strafe, die verhängt werden kann, oder tatsächlich verhängte Geldbusse oder -strafe unter Angabe der Zahlungsfrist bezie­hungsweise der Zahlungsmodalitäten;
d.
Rechtsmittel, die eingelegt werden können.
Art. 47 Vollstreckungshilfeersuchen, Voraussetzungen

1.  Auf Ersuchen leisten die Vertragsparteien einander Vollstreckungshilfe bei Entscheiden, mit denen das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbe­hörde einer Vertragspartei eine Zuwiderhandlung gegen Strassenverkehrsvorschrif­ten feststellt und deswegen eine Sanktion verhängt. Folgende Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein:

a.
Die verhängte Sanktion beträgt mindestens 70 Euro oder 100 Schweizerfranken;
b.
das Ersuchen beschränkt sich auf die Einforderung eines Geldbetrags;
c.
der Entscheid ist nach dem geltenden Recht der ersuchenden Vertragspartei vollstreckbar und nicht verjährt;
d.
der Entscheid betrifft eine natürliche Person, die nach dem Recht des vollstre­ckenden Staates aufgrund ihres Alters und der Vorfälle, wegen deren der Entscheid getroffen wurde, strafrechtlich belangt werden kann.

2.  Als Folge eines Ersuchens um Vollstreckungshilfe kann die ersuchende Ver­tragspartei das Vollstreckungsverfahren erst wieder aufnehmen, wenn die ersuchte Vertragspartei ihr mitgeteilt hat, dass das Ersuchen abgelehnt worden oder es ihr nicht möglich ist, die Vollstreckung vorzunehmen.

3.  Die für die Vollstreckung zuständigen Behörden der Vertragsparteien übermitteln einander Ersuchen und alle sich daraus ergebenden Mitteilungen direkt auf schriftli­chem Weg. Das gilt auch, wenn es sich um den Entscheid eines Gerichts handelt. Zulässig ist jedes geeignete Kommunikationsmittel, das eine schriftliche Aufzeich­nung hinterlässt. Dem Ersuchen werden eine Kopie des Entscheids sowie eine Erklärung der ersuchenden Behörde beigelegt, die bestätigt, dass die Voraussetzun­gen nach Absatz 1 Buchstaben b und c erfüllt sind. Die ersuchende Vertragspartei kann weitere Mitteilungen beilegen, die im Hinblick auf die Übernahme der Voll­streckung dienlich sind, insbesondere Informationen zu besonderen Umständen der Zuwiderhandlung, wie die Begehungsart, die bei der Festsetzung der Geldbusse berücksichtigt wurde, sowie den Wortlaut der angewandten Rechtsvorschriften.

4.  Vollstreckungshilfe wird nicht gewährt bei:

a.
einem Entscheid, der eine Freiheitsstrafe als Hauptstrafe vorsieht;
b.
Zuwiderhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften, die mit Straftaten zusammentreffen, die sich nicht nur auf den Bereich des Strassenverkehrs beziehen, es sei denn, die Zuwiderhandlungen gegen die Strassenverkehrs­vorschriften werden gesondert oder ausschliesslich verfolgt.
Art. 48 Ablehnungsgründe, Mitteilungspflicht, Umfang und Beendigung der Vollstreckung

1.  Die Erledigung des Ersuchens um Vollstreckung kann verweigert werden, wenn:

a.
die dem Entscheid zugrunde liegende Zuwiderhandlung nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei nicht als Zuwiderhandlung geahndet werden kann;
b.
die Erledigung des Ersuchens gegen den Grundsatz «ne bis in idem» ver­stösst;
c.
das Recht des Vollstreckungsstaates eine Immunität vorsieht, welche die Voll­streckung unmöglich macht.

2.  Wird einem Ersuchen nicht entsprochen, so muss die ersuchende Vertragspartei unterrichtet und müssen die Gründe der Ablehnung bekannt gegeben werden.

Art. 49 Unmittelbarkeit der Vollstreckung, Umrechnung, Zwangsmittel

1.  Entscheide werden von den zuständigen Behörden der ersuchten Vertragspartei unmittelbar und in deren Währung vollstreckt. Für die Umrechnung massgebend ist der zum Zeitpunkt des Entscheids geltende amtliche Devisenkurs. Falls sich bei der Umrechnung herausstellt, dass die verhängte Geldbusse das Höchstmass der nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei für eine Zuwiderhandlung derselben Art gegen Strassenverkehrsvorschriften angedrohten Sanktion überschreitet, wird die Vollstreckung des Entscheids auf dieses Höchstmass beschränkt.

2.  Die Vollstreckung eines Entscheids richtet sich nach dem geltenden Recht der ersuchten Vertragspartei.

Art. 50 Ertrag der Vollstreckung und Kosten

Die Kosten von Massnahmen nach diesem Titel werden der ersuchenden Vertrags­partei nicht in Rechnung gestellt; der Erlös aus der Vollstreckung und der Betrag der im Entscheid festgesetzten Kosten gehen an die ersuchte Vertragspartei.

Titel IX Durchführungs- und Schlussbestimmungen


Art. 51 Ausnahmeregelung

Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass die Vollstreckung eines Ersuchens oder die Durchführung einer Kooperationsmassnahme geeignet ist, die eigenen Hoheits­rechte zu beeinträchtigen oder die eigene Sicherheit oder andere wesentliche Interes­sen zu gefährden, so teilt sie der anderen Vertragspartei mit, dass sie die Zusammen­arbeit ganz oder teilweise ablehne oder von bestimmten Bedingungen abhängig mache.

Art. 52 Gemischter Ausschuss

1.  Ein gemischter Ausschuss, in dem Vertreter der nationalen Zentralstellen, der Einsatzeinheiten und der gemeinsamen Zentren vertreten sind, überprüft periodisch – wenigstens einmal jährlich – die Umsetzung dieses Abkommens und:

a.
bewertet die in diesem Abkommen vereinbarte Zusammenarbeit;
b.
löst Probleme im Zusammenhang mit der Durchführung oder Auslegung des Abkommens;
c.
bestimmt allfällige notwendige Ergänzungen oder Aktualisierungen;
d.
erarbeitet gemeinsame Arbeitsprogramme und koordinierte Strategien.

2.  Die Sitzungen des gemischten Ausschusses werden protokolliert.

Art. 53 Verbreitung von Informationen

1.  Die Vertragsparteien:

tauschen Organigramme und Kontaktdaten der zuständigen Dienststellen aus sowie jegliche diesbezügliche Änderung;
erarbeiten einen vereinfachten Code zur Bezeichnung der Einsatzorte;
tauschen ihre Fachpublikationen aus und organisieren im Zusammenhang mit deren Abfassung eine regelmässige Zusammenarbeit;
verbreiten die ausgetauschten Informationen in den gemeinsamen Zentren und den sich entsprechenden Einheiten.

2.  Die für die Durchführung dieses Abkommens zuständigen Dienststellen kommu­nizieren in französischer Sprache, unter Vorbehalt der deutsch- oder italienischspra­chigen Schweizer Kantone, die berechtigt sind, Ersuchen auch in deutscher oder italienischer Sprache zu beantworten.

Art. 54 Aus- und Fortbildung

Die zuständigen Dienststellen arbeiten im Bereich der Aus- und Fortbildung zusammen, indem sie insbesondere:

a.
nötigenfalls gemeinsam Lehrpläne für die Aus- und Fortbildung austau­schen, entwickeln und umsetzen;
b.
Aus- und Fortbildungsseminare und grenzüberschreitende Übungen organisie­ren;
c.
Vertreter der anderen Vertragspartei als Beobachter zu Übungsveranstaltun­gen und besonderen Einsätzen einladen;
d.
gegenseitige Besuche der sich entsprechenden Einheiten im Grenzgebiet organisieren;
e.
Vertretern der anderen Vertragspartei die Teilnahme an Ausbildungssemina­ren und Fortbildungskursen ermöglichen;
f.
Stagiaires austauschen, um ihre Beamten mit den Strukturen und den Usanzen der Dienststellen der anderen Vertragspartei vertraut zu machen;
g.
sich gegenseitig auf dem Laufenden halten über das in ihrem Hoheitsgebiet geltende innerstaatliche Recht, insbesondere über die Strassenverkehrsvor­schriften im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Observation oder Nacheile;
h.
eine geeignete sprachliche Ausbildung ihrer Beamten fördern, die in den ge­meinsamen Zentren oder den sich entsprechenden Einheiten Dienst leisten könnten.
Art. 55 Finanzielle Bestimmungen

1.  Die Bestimmungen dieses Abkommens gelten im Rahmen der Grenzen der budgetierten Finanzmittel jeder Vertragspartei.

2.  Jede Vertragspartei trägt die Kosten, die ihren Dienststellen aus der Anwendung dieses Abkommens erwachsen, selbst; die Artikel 16, 20 Absatz 3 und 50 bleiben vorbehalten.

Art. 57 Durchführungsvereinbarungen

Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sind ermächtigt, auf der Grundlage und im Rahmen dieses Abkommens weitere Abkommen oder Vereinbarungen zu schliessen, um die Durchführung dieses Abkommens auf administrativer und techni­scher Ebene zu regeln und um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu verstär­ken.

Art. 58 Inkrafttreten, Dauer und Kündigung

1.  Jede Vertragspartei notifiziert der anderen die Erfüllung der jeweiligen verfas­sungsrechtlichen Verfahren für das Inkrafttreten dieses Abkommens; dieses tritt am ersten Tag des auf den Eingang der zweiten Notifikation folgenden Monats in Kraft.

2.  Dieses Abkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen. Jede Vertragspartei kann es jederzeit, unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten, kündigen. Die Kündigung hat keinen Einfluss auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, die sich aus der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens ergeben haben.

3.  Die Registrierung dieses Abkommens beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen11 wird von der Schweiz wahrgenommen.

4.  Dieses Abkommen annulliert und ersetzt das Abkommen vom 11. Mai 199812 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Justiz-, Polizei- und Zollsachen; annulliert wird auch der Briefwechsel vom 26. April/28. Mai 200413 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Franzö­sischen Republik im Rahmen der Verstärkung der französisch-schweizerischen Polizei­kooperation mittels gemischt besetzten Streifen im Grenzgebiet.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.

So geschehen in Paris, am 9. Oktober 2007, in zwei Urschriften in französischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Christoph Blocher

Für die
Regierung der Französischen Republik:

Michèle Alliot-Marie

Anhang 1

Kategorien von Straftaten und Straftaten, die zu einer dringlichen grenzüberschreitenden Observation berechtigen:


vorsätzliche Tötung, schwere Schläge und Verletzungen,
schwere sexuelle Übergriffe,
vorsätzliche Brandstiftung,
Fälschung oder Verfälschung von Zahlungsmitteln,
schwerer Diebstahl und schwere Hehlerei,
Erpressung und Schutzgelderpressung,
Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,
Menschenhandel,
unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen,
unerlaubter Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,
Vernichtung durch Sprengstoffe,
unerlaubter Handel mit giftigen, schädlichen, nuklearen und radioaktiven Stoffen,
terroristische Handlungen,
sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,
Korruption,
betrügerischer Konkurs/ Pfändungsbetrug,
Waschen der Erträge aus Straftaten,
Computerkriminalität,
Umweltkriminalität, einschliesslich des unerlaubten Handels mit bedrohten Tierarten und des unerlaubten Handels mit bedrohten Pflanzensorten und ‑arten,
Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,
unerlaubter Handel mit menschlichen Organen und Geweben,
Rassismus und Xenophobie,
unerlaubter Handel mit Kulturgütern, einschliesslich Antiquitäten und Kunst­werken,
Betrug,
Produktefälschung und -piraterie,
Verfälschung amtlicher Dokumente und Handel mit Fälschungen,
unerlaubter Handel mit hormonellen Substanzen und anderen Wachstumsförde­rern,
Entführung von Transportmitteln,
Sabotage,
Teilnahme an einer kriminellen Organisation.

Diese Straftaten gelten für die vollendete Handlung, den einfachen Versuch oder für strafbare Vorbereitungshandlungen. Sie werden immer nach dem Recht der ersuch­ten Vertragspartei bewertet.

Anhang 2

Kategorien von Straftaten und Straftaten, die zu einer grenzüberschreitenden Nacheile berechtigen:


vorsätzliche Tötung, schwere Schläge und Verletzungen,
schwere sexuelle Übergriffe,
vorsätzliche Brandstiftung,
Fälschung oder Verfälschung von Zahlungsmitteln,
schwerer Diebstahl und schwere Hehlerei,
Erpressung und Schutzgelderpressung,
Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,
Menschenhandel,
unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen,
unerlaubter Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,
Vernichtung durch Sprengstoffe,
unerlaubter Handel mit giftigen, schädlichen, nuklearen und radioaktiven Stoffen,
Fluchtdelikte nach einem Unfall, der zu Tod oder schweren Verletzungen geführt hat
terroristische Handlungen,
sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,
Korruption,
betrügerischer Konkurs/ Pfändungsbetrug,
Waschen der Erträge aus Straftaten,
Computerkriminalität,
Umweltkriminalität, einschliesslich des unerlaubten Handels mit bedrohten Tierarten und des unerlaubten Handels mit bedrohten Pflanzensorten und ‑arten,
Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,
unerlaubter Handel mit menschlichen Organen und Geweben,
Rassismus und Xenophobie,
unerlaubter Handel mit Kulturgütern, einschliesslich Antiquitäten und Kunst­werken,
Betrug,
Produktefälschung und -piraterie,
Verfälschung amtlicher Dokumente und Handel mit Fälschungen,
unerlaubter Handel mit hormonellen Substanzen und anderen Wachstumsförde­rern,
Entführung von Transportmitteln,
Sabotage,
Teilnahme an einer kriminellen Organisation.

Diese Straftaten gelten für die vollendete Handlung, den einfachen Versuch oder für strafbare Vorbereitungshandlungen. Sie werden immer nach dem Recht der ersuch­ten Vertragspartei bewertet.