0.142.393.141

 AS 2008 5621

Originaltext

Protokoll

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags

Abgeschlossen am 28. Februar 2008

Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 28. Oktober 2008

In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Dezember 2008

(Stand am 1. Dezember 2008)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft (nachstehend «Schweiz» genannt)
und
das Fürstentum Liechtenstein (nachstehend «Liechtenstein» genannt)
einerseits
und
die Europäische Gemeinschaft (nachstehend «Gemeinschaft» genannt)
andererseits,

nachstehend «Vertragsparteien» genannt,

in dem Bewusstsein, dass nach dem dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokoll über die Position Dänemarks die gemäss Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft getroffenen Massnahmen für Dänemark nicht verbindlich und diesem Staat gegenüber nicht anwendbar sind,

unter Bezugnahme auf die Bestimmung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags1 (nachstehend «Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz» genannt), wonach das Königreich Dänemark (nachstehend «Dänemark» genannt) die Teilnahme an diesem Abkommen beantragen kann,

in der Erwägung, dass gemäss Artikel 15 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz ein Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu diesem Abkommen besteht,

in Kenntnis der Tatsache, dass Dänemark mit Schreiben vom 8. November 2004 die Teilnahme an dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz beantragt hat,

unter Hinweis darauf, dass die Bedingungen für die Teilnahme des Königreichs Dänemark gemäss dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz, dem Liechtenstein beigetreten ist, von den Vertragsparteien im Benehmen mit Dänemark in einem Protokoll zu dem Abkommen festgelegt werden,

in der Erwägung, dass es angebracht war, dass zunächst Dänemark und die Gemeinschaft ein Abkommen schlossen, um insbesondere Fragen im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs und mit der Koordinierung zwischen der Gemeinschaft und Dänemark in Bezug auf internationale Übereinkommen zu regeln,

in der Erwägung, dass ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Staates, der für die Prüfung eines in Dänemark oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gestellten Asylantrags zuständig ist, sowie über «Eurodac» für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens2 besteht,

in der Erwägung, dass daher die Bedingungen festgelegt werden müssen, unter denen Dänemark an dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz, dem das Fürstentum Liechtenstein beigetreten ist, teilnimmt und ins­besondere Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz, Liechtenstein und Dänemark begründet werden müssen,

in dem Bewusstsein, dass das Inkrafttreten des Protokolls von der Zustimmung Dänemarks gemäss seinen verfassungsmässigen Anforderungen abhängt,

sind wie folgt übereingekommen:

1 SR 0.142.392.68

2 ABl. L 66 vom 8.3.2006, S. 38

Art. 1

Das Königreich Dänemark nimmt unter den Bedingungen, die in dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Staates, der für die Prüfung eines in Dänemark oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gestellten Asylantrags zuständig ist, sowie über «Eurodac» für den Vergleich von Finger­abdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (nachstehend «Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark» genannt) und im vorliegenden Protokoll festgelegt sind, an dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (nachstehend «Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz» genannt), dem das Fürstentum Liechtenstein gemäss Artikel 15 des genannten Abkommens im Wege eines Protokolls zu dem Abkommen (nachstehend «Liechtenstein-Protokoll» genannt) beigetreten ist, teil.

Art. 2

1.  Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist3 (nachstehend «Dublin-Verordnung» genannt), die diesem Protokoll beigefügt und Teil des Protokolls ist, und die gemäss Artikel 27 Absatz 2 der Dublin-Verordnung angenommenen Durchführungsbestimmungen finden nach internationalem Recht Anwendung auf die Beziehungen zwischen Dänemark einerseits und der Schweiz und Liechtenstein andererseits.

2.  Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von «Eurodac» für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (nachstehend «Eurodac-Verordnung» genannt), die diesem Protokoll beigefügt und Teil des Protokolls ist, und die gemäss Artikel 22 oder Artikel 23 Absatz 2 der Eurodac-Verordnung angenommenen Durchführungsbestimmungen finden nach internationalem Recht Anwendung auf die Beziehungen zwischen Dänemark einerseits und der Schweiz und Liechtenstein andererseits.

3.  Änderungen zu den in den Absätzen 1 und 2 genannten Rechtsakten, die Dänemark der Kommission gemäss Artikel 3 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark notifiziert und die die Schweiz und Liechtenstein der Kommission gemäss Artikel 4 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz beziehungsweise gemäss Artikel 5 des Liechtenstein-Protokolls notifizieren, finden nach internationalem Recht Anwendung auf die Beziehungen zwischen Dänemark einerseits und der Schweiz und Liechtenstein andererseits.

4.  Die gemäss Artikel 27 Absatz 2 der «Dublin-Verordnung» und gemäss Artikel 22 oder Artikel 23 Absatz 2 der «Eurodac-Verordnung» angenommenen Durchführungsbestimmungen, die Dänemark der Kommission gemäss Artikel 4 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark notifiziert und die die Schweiz und Liechtenstein der Kommission gemäss Artikel 4 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz beziehungsweise Arti­kel 5 des Liechtenstein-Protokolls notifizieren, finden nach internationalem Recht Anwendung auf die Beziehungen zwischen Dänemark einerseits und der Schweiz und Liechtenstein andererseits.

3 ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1

Art. 3

Die Schweiz und Liechtenstein sind berechtigt, in Fällen, in denen ein dänisches Gericht dem Gerichtshof gemäss Artikel 6 Absatz 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, beim Gerichtshof Schriftsätze einzureichen oder schriftliche Stellungnahmen abzugeben.

Art. 4

1.  Im Falle einer Beschwerde der Schweiz oder Liechtensteins hinsichtlich der Anwendung oder Auslegung des Protokolls durch Dänemark können die Schweiz oder Liechtenstein beantragen, dass die Angelegenheit offiziell als Streitigkeit auf die Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt wird.

2.  Im Falle einer Beschwerde Dänemarks hinsichtlich der Anwendung oder Aus­legung des Protokolls durch die Schweiz oder Liechtenstein kann Dänemark beantragen, dass die Angelegenheit offiziell als Streitigkeit auf die Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt wird. Die Angelegenheit wird von der Kommission auf die Tagesordnung gesetzt.

3.  Der Gemischte Ausschuss verfügt nach dem Datum der Annahme der Tagesordnung, auf die die Streitigkeit gesetzt wurde, über 90 Tage für deren Schlichtung. In diesem Zusammenhang kann Dänemark dem Gemischten Ausschuss seine Bemerkungen vorlegen.

4.  Wird die Streitigkeit vom Gemischten Ausschuss in einer Weise geschlichtet, die Durchführungsmassnahmen in Dänemark erfordert, so unterrichtet Dänemark die Parteien innerhalb der in Absatz 3 genannten Frist darüber, ob es der Schlichtungsentscheidung nachkommt oder nicht.

Teilt Dänemark seinen Beschluss mit, der Schlichtungsentscheidung nicht nachzukommen, so findet Absatz 5 Anwendung.

5.  Kann der Streit vom Gemischten Ausschuss innerhalb der in Absatz 3 genannten Frist nicht geschlichtet werden, so wird diese zwecks endgültiger Beilegung um weitere 90 Tage verlängert. Hat der Gemischte Ausschuss bis zum Ablauf dieser Frist keine Entscheidung getroffen, so wird das Protokoll am Ende des letzten Tages dieser Frist als beendet angesehen.

Art. 5

Dieses Protokoll unterliegt der Ratifizierung oder Genehmigung durch die Vertragsparteien.

Die Ratifizierungs- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretariat des Rates hinterlegt, der als Verwahrer fungiert.

Im Falle Liechtensteins tritt das Protokoll am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag in Kraft, an dem die Gemeinschaft und Liechtenstein einander den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren notifiziert haben.

Im Falle der Schweiz tritt das Protokoll am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag in Kraft, an dem die Gemeinschaft und die Schweiz einander den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren notifiziert haben.

Das Inkrafttreten des Protokolls für die Gemeinschaft und Liechtenstein einerseits und für die Gemeinschaft und die Schweiz andererseits unterliegt darüber hinaus dem Eingang einer Note Dänemarks beim Verwahrer, in der erklärt wird, dass Dänemark den Bestimmungen dieses Protokolls zustimmt und die in Artikel 2 genannten Vorschriften in seinen Beziehungen zur Schweiz und zu Liechtenstein anwenden wird.

Art. 6

Jede Vertragspartei kann das Protokoll durch schriftliche Erklärung an den Verwahrer kündigen. Diese Erklärung tritt sechs Monate nach ihrer Hinterlegung in Kraft.

Dieses Protokoll tritt ausser Kraft, wenn das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark beendet wird.

Dieses Protokoll tritt ausser Kraft, wenn es entweder von der Gemeinschaft oder sowohl von der Schweiz als auch von Liechtenstein gekündigt wird.

Geschehen zu Brüssel am achtundzwanzigsten Februar zweitausendacht.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Europäische Gemeinschaft:

Jacques de Watteville

Maté Dragutin
Franco Frattini

Für das
Fürstentum Liechtenstein:

Otmar Hasler

Anhang

Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1)

Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von «Eurodac» für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1)