510.624
Verordnung
über die Landesgeologie
(Landesgeologieverordnung, LGeolV)
vom 21. Mai 2008 (Stand am 1. Januar 2018)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 5, 6, 9 Absatz 2, 12 Absatz 2, 15 Absatz 3, 19 Absatz 1,
26 und 27 Absatz 3 des Geoinformationsgesetzes vom 5. Oktober 20071 (GeoIG),
Artikel 13 Absatz 3 des Bundesgesetz vom 21. Juni 19912 über den Wasserbau,
Artikel 101 Absatz 1 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 20033,
Artikel 52 Absatz 2 Ziffer 1 des Rohrleitungsgesetzes vom 4. Oktober 19634
und Artikel 57 Absatz 4 des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 19915,
verordnet:
1 Diese Verordnung regelt die Aufgaben und Tätigkeiten des Bundes auf dem Gebiet der Landesgeologie.
2 Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen des Bundesrechts über den Wasserbau, den Gewässerschutz und die Kernenergie.
3 Soweit diese Verordnung keine besonderen Vorschriften enthält, gilt die Geoinformationsverordnung vom 21. Mai 20086 (GeoIV).
In dieser Verordnung bedeuten:
- a.
- geologische Informationen: Daten und Informationen über den geologischen Untergrund, insbesondere über den Aufbau, die Beschaffenheit und die Eigenschaften, die frühere und aktuelle Nutzung, den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Wert sowie über frühere, aktuelle und potenzielle geologische Prozesse;
- b.
- geologischer Untergrund: Teil der Erde und ihrer Inhaltsstoffe (insbesondere Steine und Erden, Erze, Mineralien, Erdöl, Erdgas, Grundwasser, Erdwärme), der sich durch die Erdoberfläche von der Atmosphäre und den Oberflächengewässern abgrenzt;
- c.
- geologische Prozesse: Veränderungen des geologischen Untergrunds, ins-besondere Verwitterung, Erosion, Sedimentation, Massenbewegungen oder Erdbeben;
- d.
- Nutzung des geologischen Untergrunds: Eingriffe in den geologischen Untergrund, insbesondere Bauten jeglicher Art, Untertagebauwerke, Sondierbohrungen, Abbau von mineralischen Rohstoffen, Umlagerungen, Lagerung von Stoffen, Veränderungen von Grundwasserspiegel, ‑fliessweg, ‑durchfluss und -temperatur sowie Beeinflussungen des Erdwärmefeldes;
- e.7
- primäre geologische Daten: Daten im Sinne von Messungen oder direkten Beschreibungen, Aufnahmen, Dokumentationen geologischer Eigenschaften, namentlich unprozessierte Signale und Messwerte, lithologische und geotechnische Beschreibungen von Bohrkernen und Bohrklein, Aufschlusskartierungen, Laboranalysen;
- f.8
- prozessierte primäre geologische Daten: primäre geologische Daten, die im Hinblick auf eine Interpretation aufbereitet wurden, namentlich prozessierte geophysikalische Daten, Bohrprofile;
- g.9
- sekundäre geologische Daten und Informationen: geologische Daten und Informationen, welche durch die Interpretation von primären oder prozessierten primären geologischen Daten entstehen, namentlich Interpretationen von geophysikalischen Daten, geologische Karten, geologische Profilschnitte, geologische Modelle.
1 Die Fachstellen für Landesgeologie stellen den übrigen Stellen des Bundes, den kantonalen Fachstellen sowie Dritten geologische Informationen zur Verfügung im Hinblick auf:
- a.
- die nachhaltige Nutzung des geologischen Untergrunds;
- b.
- die Berücksichtigung der geologischen Gegebenheiten in Planungs-, Konzessionierungs- und Bewilligungsverfahren;
- c.
- die Prävention vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen geologischer Prozesse auf Personen und Sachen.
2 Die Fachstellen für Landesgeologie orientieren die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeiten und Aufgaben.
1 Die geologische Landesaufnahme umfasst:
- a.
- das Erheben von geologischen Informationen durch eigene Aufnahmen und durch Verwertung von Aufnahmen Dritter;
- b.
- das Sichten und Ordnen von geologischen Informationen;
- c.
- die wissenschaftliche Auswertung von geologischen Informationen.
2 Die Erfassung, Nachführung und Verwaltung der Informationen erfolgt nach einheitlichen Grundsätzen.
Die Landesgeologie stellt folgende geologische Daten und Informationen von nationalem Interesse bereit:
- a.
- Grundlagendaten für die nachhaltige Nutzung des geologischen Untergrunds und für die Raumentwicklung der Schweiz;
- b.
- Vorkommen und Beschaffenheit von Grundwassergebieten;
- c.
- geologische Verhältnisse im Bereich bestehender und geplanter Infrastrukturen von nationalem Interesse (beispielsweise Hauptverbindungen für den Bahn- und Strassenverkehr, erdverlegte Kabel, Transitleitungen für Erdöl und Gas, grosse Kraftwerkanlagen, Agglomerationszentren);
- d.
- Vorkommen und Beschaffenheit von geeigneten Gesteinsformationen zur Lagerung von Stoffen und Abfällen;
- e.
- Lagerstätten mineralischer Rohstoffe (insbesondere Steine und Erden, Erze, Erdöl und Erdgas);
- f.
- Grundlagen für die geothermische Energiegewinnung;
- g.
- Grundlagen für die Ermittlung der Gefahren und Risiken für Personen, Sachen, die Umwelt und den Raum, die von geologischen Prozessen oder der Nutzung des geologischen Untergrunds ausgehen.
1 Die Fachstellen für Landesgeologie beraten und unterstützen die Bundesverwaltung sowie Dritte, denen Aufgaben des Bundes übertragen sind, in geologischen Fragen.
2 Sie begleiten die geologischen Untersuchungen bei Projekten der Bundesverwaltung.
3 Sie beraten auf Anfrage die Organe der Bundesversammlung und die eidgenössischen Gerichte.
1 Die Fachstellen für Landesgeologie können sich an nationalen und internationalen Forschungsvorhaben beteiligen.
2 Die zuständige Fachstelle für Landesgeologie leitet und betreibt das Felslabor Mont Terri.10
1 Die Fachstellen für Landesgeologie archivieren insbesondere:
- a.
- Daten und Informationen, die auf der Grundlage des Bundesrechts erhoben oder ausgewertet werden;
- b.
- Daten und Informationen, die ihnen auf der Grundlage des Bundesrechts mitgeteilt werden;
- c.
- Daten von nur zeitweilig zugänglichem geologischem Untergrund (Aufschlüsse) von nationalem oder hohem wissenschaftlichem Interesse;
- d.
- Gesteinsproben und Bohrkerne.
2 Die Kantone können die Archivierung ihrer geologischen Informationen mit öffentlich-rechtlichem Vertrag der zuständigen Fachstelle für Landesgeologie übertragen.
1 Das Bundesamt für Landestopografie führt die geologische Informationsstelle des Bundes.
2 Es macht geologische Daten und Informationen mit Geodiensten zugänglich.
1 Die amtlichen Leistungen der Fachstellen für Landesgeologie sind:
- a.
- die nationalen Atlanten und Kartenwerke nach Artikel 23 der Landesvermessungsverordnung vom 21. Mai 200811;
- b.
- geologische, geophysikalische, geochemische, geotechnische und hydrogeologische Übersichts- und Spezialkarten;
- c.
- Rohstoffkarten (Rohstoffsituation und Rohstoffflüsse);
- d.
- Karten zum geothermischen Potenzial der Schweiz;
- e.
- thematische Übersichts- und Spezialkarten zu geologischen und geomorphologischen Prozessen;
- f.
- Eignungskarten bezüglich der Lagerung von Stoffen und Abfällen;
- g.
- Erläuterungen zu den thematischen Kartenwerken;
- h.
- geologische Berichte.
2 Die Leistungen werden entsprechend den technischen und finanziellen Möglichkeiten und angepasst an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer in digitaler oder analoger Form bereitgestellt.
1 Die Fachstellen für Landesgeologie können folgende gewerbliche Leistungen erbringen:
- a.
- im Gebiet der Geologie und Hydrogeologie Aufträge von anderen Stellen der Bundesverwaltung und von Dritten ausführen;
- b.
- im Gebiet der Geologie und Hydrogeologie Arbeiten der Entwicklungszusammenarbeit ausführen;
- c.
- geologische Daten und Informationen der Landesgeologie in besonderer Form anbieten.
2 Sie können bei der Erbringung dieser Leistungen mit Dritten zusammenarbeiten.
Das Bundesamt für Landestopografie berechnet seine eigenen gewerblichen Leistungen aufgrund der Ansätze, die es auf die gewerbliche Nutzung durch private Anbieter anwendet.
1 Für den Zugang zu geologischen Daten und Informationen des Bundes und für deren Nutzung gelten die Artikel 20–33 GeoIV12 sinngemäss.
2 Die geologischen Informationen werden wie folgt den Zugangsberechtigungsstufen nach Artikel 21 GeoIV zugewiesen:
- a.
- geologische Daten und Informationen, die von Dritten erhoben und der Fachstelle für Landesgeologie aufgrund bundesrechtlicher Verpflichtungen mitgeteilt werden: Zugangsberechtigungsstufe B;
- abis.13
- primäre geologische Daten, prozessierte primäre geologische Daten sowie unmittelbar zugehörige technische Daten und Metadaten, die von Dritten erhoben und der Fachstelle für Landesgeologie aufgrund der Regelungen über Geothermie-Erkundungsbeiträge und Geothermie-Garantien der Energieverordnung vom 1. November 201714 oder aufgrund der Regelungen über die direkte Nutzung der Geothermie für die Wärmebereitstellung der CO2-Verordnung vom 30. November 201215 mitgeteilt werden: Zugangsberechtigungsstufe A;
- b.
- alle übrigen geologischen Daten und Informationen: Zugangsberechtigungsstufe A.
3 Über Zugang und Nutzung entscheiden die zuständigen Fachstellen des Bundes für die Landesgeologie.
1 Der Bundesrat setzt auf gemeinsamen Antrag des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport und des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation die Eidgenössische geologische Fachkommission (EGK) ein. Sie ist eine Verwaltungskommission nach Artikel 8a Absatz 2 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199817.
2 Die EGK berät Bundesrat und Bundesverwaltung in geologischen Fragen.
3 Der Bundesrat legt ihre Aufgaben in der Einsetzungsverfügung im Einzelnen fest.
1 Für die Koordination im Bereich der Landesgeologie wird ein Koordinationsorgan nach Artikel 55 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199718 (RVOG) eingesetzt.
2 Dieses hat folgende Aufgaben:
- a.
- Koordination der geologischen Landesuntersuchungen zwischen den Fachstellen für Landesgeologie, den übrigen Stellen des Bundes, den kantonalen Fachstellen, den Hochschulen und den Fachverbänden;
- b.
- Koordination der geologischen Untersuchungen des Bundes und seiner Aktivitäten zum Monitoring des geologischen Untergrunds;
- c.
- Entwicklung von Strategien des Bundes;
- d.
- Mitwirkung bei der Entwicklung technischer Normen und der Geoinformation;
- e.
- Planung und Koordination der Forschung des Bundes.
3 Es ist gegenüber den Stellen des Bundes weisungsberechtigt.
4 Es setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamts für Landestopografie, des Bundesamts für Energie, des Bundesamts für Umwelt, des Bundesamts für Verkehr, des Bundesamts für Strassen und des Bundesamts für Landwirtschaft.
5 Es ist administrativ dem Bundesamt für Landestopografie zugeordnet.
1 Zuständige Fachstelle für Landesgeologie ist das Bundesamt für Landestopografie.
2 Das Bundesamt für Umwelt ist zuständige Fachstelle für die hydrogeologischen Aufgaben der Landesgeologie.
Betrifft ein Vorhaben einer Stelle des Bundes den geologischen Untergrund, so holt diese im konzentrierten Entscheidverfahren nach Artikel 62a RVOG19 die Stellungnahme der zuständigen Fachstelle für Landesgeologie ein.
1 Die zuständige Fachstelle für Landesgeologie stellt die Mitwirkung der Kantone auf dem Gebiet der Landesgeologie sicher.
2 Sie kann in interkantonalen Fachkonferenzen mitwirken oder eigene Fachkonferenzen einberufen.
Die zuständige Fachstelle für Landesgeologie vertritt die Schweiz in internationalen Fachgremien und internationalen Fachkonferenzen.
Die Gebühren für Leistungen der Landesgeologie bestimmen sich bis zum Inkrafttreten einer neuen Gebührenregelung für Geoinformationen, längstens aber bis zum 31. Dezember 2009, nach der Verordnung vom 3. Juli 200120 über die Gebühren des Bundesamtes für Wasser und Geologie und nach den gestützt darauf vom Bundesamt für Landestopografie erlassenen, beim Inkrafttreten dieser Verordnung bestehenden Preislisten.
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2008 in Kraft.