0.235.11

 AS 2008 731; BBl 2003 2101

Übersetzung

Zusatzprotokoll
zum Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei
der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten
bezüglich Aufsichtsbehörden und grenzüberschreitende
Datenübermittlung

Abgeschlossen in Strassburg am 8. November 2001

Von der Bundesversammlung genehmigt am 24. März 20061

Ratifikationsurkunde von der Schweiz hinterlegt am 20. Dezember 2007

Inkrafttreten für die Schweiz am 1. April 2008

(Stand am 12. Juli 2023)

Präambel

Die Vertragsparteien dieses Zusatzprotokolls zum Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, das am 28. Januar 19812 in Strassburg zur Unterzeichnung aufgelegt wurde (im Folgenden «das Übereinkommen»),

in der Überzeugung, dass Aufsichtsbehörden, die Ihre Aufgaben in vollständiger Unabhängigkeit wahrnehmen, ein Bestandteil eines wirksamen Schutzes des Menschen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind;

in Anbetracht der Bedeutung, die der Informationsübermittlung zwischen den Völkern zukommt;

in der Erwägung, dass es angesichts des zunehmenden grenzüberschreitenden Austausches personenbezogener Daten erforderlich ist, im Zusammenhang mit einem solchen Austausch personenbezogener Daten den wirksamen Schutz der Menschenrechte und grundlegenden Freiheiten und insbesondere des Rechtes auf Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten,

sind wie folgt übereingekommen:

Art. 1 Aufsichtsbehörden

1.  Jede Vertragspartei sieht mindestens eine Behörde vor, die dafür zuständig ist, die Einhaltung jener innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu gewährleisten, durch die die in Kapitel II und III des Übereinkommens bzw. in diesem Protokoll festgelegten Grundsätze umgesetzt werden.

2.
a. Zu diesem Zweck sind die besagten Behörden insbesondere befugt, Ermittlungen durchzuführen und einzuschreiten sowie Klagen anzustrengen bzw. den zuständigen Justizbehörden Verstösse gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften, die der Umsetzung der Grundsätze gemäss Absatz 1 Artikel 1 dieses Protokolls dienen, zur Kenntnis zu bringen.
b.
Jede Aufsichtsbehörde hört innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches die Beschwerden von Personen in Bezug auf den Schutz ihrer Rechte und grundlegenden Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten an.

3.  Die Aufsichtsbehörden sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben völlig unabhängig.

4.  Entscheidungen der Aufsichtsbehörden, die zu Beschwerden Anlass geben, können vor Gericht angefochten werden.

5.  In Übereinstimmung mit den Bestimmungen gemäss Kapitel IV und vorbehältlich der Bestimmungen gemäss Artikel 13 des Übereinkommens arbeiten die Aufsichtsbehörden in dem zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Masse zusammen, indem sie insbesondere alle sachdienlichen Informationen miteinander austauschen.

Art. 2 Grenzüberschreitende Übermittlung personenbezogener Daten an Empfänger, die nicht der Rechtshoheit einer Vertragspartei unterliegen


1.  Jede Vertragspartei stellt sicher, dass personenbezogene Daten nur dann an Empfänger, die der Rechtshoheit eines Staates, bzw. einer Organisation unterliegen, der bzw. die nicht Vertragspartei des Übereinkommens ist, übermittelt werden, wenn dieser Staat bzw. diese Organisation einen angemessenen Schutz für die beabsichtigte Datenübermittlung gewährleistet.

2.  Abweichend von den Bestimmungen gemäss Absatz 1 des Artikels 2 dieses Protokolls kann jede Vertragspartei die Übermittlung personenbezogener Daten zulassen:

a.
sofern dies im innerstaatlichen Recht vorgesehen ist:
um bestimmten Interessen des Betroffenen, bzw.
legitimen überwiegenden Interessen, insbesondere wichtigen öffentlichen Interessen, Rechnung zu tragen; oder
b.
sofern Sicherheitsvorkehrungen, die sich insbesondere aus vertraglichen Klauseln ergeben können, von dem für die Übermittlung Verantwortlichen getroffen werden und diese nach Auffassung der zuständigen Behörde und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht angemessen sind.
Art. 3 Schlussbestimmungen

1.  Die Vertragsparteien betrachten die Bestimmungen gemäss Artikel 1 und 2 dieses Protokolls als Zusatzartikel des Übereinkommens, und sämtliche Bestimmungen des Übereinkommens gelten entsprechend.

2.  Dieses Protokoll liegt für alle Signatarstaaten des Übereinkommens zur Unterzeichnung auf. Nachdem die Europäischen Gemeinschaften dem Übereinkommen unter den darin vorgesehenen Bedingungen beigetreten sind, können sie dieses Protokoll unterzeichnen. Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Kein Unterzeichner dieses Protokolls darf es ratifizieren, annehmen oder genehmigen, sofern er nicht zuvor oder gleichzeitig das Übereinkommen ratifiziert, angenommen oder genehmigt hat bzw. ihm beigetreten ist. Ratifikations-, Annahme- bzw. Genehmigungsurkunden zu diesem Protokoll werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

3.
a. Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf eine Frist von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf der Unterzeichner sich gemäss den Bestimmungen des Absatzes 2 des Artikels 3 als an das Protokoll gebunden erklärt haben.
b.
Für jeden Unterzeichner dieses Protokolls, der sich zu einem späteren Zeitpunkt als an das Protokoll gebunden erklärt, tritt das Protokoll am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf eine Frist von drei Monaten, gerechnet vom Tag der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- bzw. Genehmigungsurkunde folgt.
4.
a. Nach Inkrafttreten dieses Protokolls kann jeder Staat, der dem Übereinkommen beigetreten ist, auch dem Protokoll beitreten.
b.
Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats, wobei die Beitrittsurkunde am ersten Tag des Monats wirksam wird, der auf eine Frist von drei Monaten, gerechnet vom Tag ihrer Hinterlegung, folgt.
5.
a. Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
b.
Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf den Ablauf einer Frist von drei Monaten, gerechnet vom Tag des Eingangs der Notifikation beim Generalsekretär, folgt.

6.  Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, den Europäischen Gemeinschaften und jedem anderen Staat, der diesem Protokoll beigetreten ist:

a.
jede Unterzeichnung;
b.
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde;
c.
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls gemäss Artikel 3;
d.
jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Protokoll.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichner dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Strassburg am 8. November 2001, in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Europäischen Gemeinschaften und allen zum Beitritt zum Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 12. Juli. 20233

3 AS 2008 731; 2010 597; 2012 619; 2016 2219; 2019 945; 2023 381. Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs ist auf der Publikationsplattform des Bundesrechts «Fedlex» unter folgender Adresse veröffentlicht www.fedlex.admin.ch/de/treaty.

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Albanien

14. Februar

2005

  1. Juni

2005

Andorra

  6. Mai

2008

  1. September

2008

Argentinien

25. Februar

2019

  1. Juni

2019

Armenien

  9. Mai

2012

  1. September

2012

Bosnien und Herzegowina

31. März

2006

  1. Juli

2006

Bulgarien

  8. Juli

2010

  1. November

2010

Dänemark a

16. März

2015

  1. Juli

2015

Deutschland*

12. März

2003

  1. Juli

2004

Estland

28. Juli

2009

  1. November

2009

Finnland

11. Juli

2012

  1. November

2012

Frankreich

22. Mai

2007

  1. September

2007

Georgien

10. Januar

2014

10. Mai

2014

Irland

  5. Mai

2009

  1. September

2009

Kap Verde*

19. Juni

2018 B

  1. Oktober

2018

Kroatien

21. Juni

2005

  1. Oktober

2005

Lettland

21. November

2007

  1. März

2008

Liechtenstein

28. Januar

2010

  1. Mai

2010

Litauen

  2. März

2004

  1. Juli

2004

Luxemburg

23. Januar

2007

  1. Mai

2007

Marokko

24. Mai

2019 B

1. September

2019

Mauritius*

17. Juni

2016 B

  1. Oktober

2016

Mexiko

29. Juni

2018 B

  1. Oktober

2018

Moldau

28. September

2011

  1. Januar

2012

Monaco

24. Dezember

2008

  1. April

2009

Montenegro

  3. März

2010

  1. Juli

2010

Niederlande b

  8. September

2004

  1. Januar

2005

    Karibische Gebiete (Bonaire,
    Sint Eustatius und Saba)

10. Oktober

2010

10. Oktober

2010

Nordmazedonien

26. September

2008

  1. Januar

2009

Österreich

  4. April

2008

  1. August

2008

Polen

12. Juli

2005

  1. November

2005

Portugal

11. Januar

2007

  1. Mai

2007

Rumänien

15. Februar

2006

  1. Juni

2006

Schweden

  8. November

2001

  1. Juli

2004

Schweiz

20. Dezember

2007

  1. April

2008

Senegal

25. August

2016 B

  1. Dezember

2016

Serbien

  8. Dezember

2008

  1. April

2009

Slowakei

24. Juli

2002

  1. Juli

2004

Spanien*

  3. Juni

2010

  1. Oktober

2010

Tschechische Republik

24. September

2003

  1. Juli

2004

Tunesien

18. Juli

2017 B

  1. November

2017

Türkei*

11. Juli

2016

  1. November

2016

Ukraine

30. September

2010

  1. Januar

2011

Ungarn

  4. Mai

2005

  1. September

2005

Uruguay

10. April

2013 B

  1. August

2013

Zypern

17. März

2004

  1. Juli

2004

*
Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: www.coe.int > Deutsch > Mehr > Vertragsbüro > Gesamtverzeichnis eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.
a
Das Zusatzprotokoll findet keine Anwendung auf die Färöer und Grönland.
b
Für das Königreich in Europa.