173.110.132

Reglement des Bundesgerichts
betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundespatentgericht1

(Aufsichtsreglement des Bundesgerichts, AufRBGer)

vom 11. September 2006 (Stand am 1. Januar 2012)

1 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 6. Okt. 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 2239).

Das Schweizerische Bundesgericht,

gestützt auf die Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a und 17 Absatz 4 Buchstabe g des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 20052 (BGG),

beschliesst:

Art. 1 Zuständigkeit

1 Die administrative Aufsicht obliegt der Verwaltungskommission des Bundes­gerichts. Diese wird durch das Generalsekretariat des Bundesgerichts unterstützt.

2 Die Verwaltungskommission kann für die Ausübung der Aufsicht notwendige Vorarbeiten und Untersuchungen einem Gerichtsmitglied übertragen, das ihr nicht angehört.

3 Die parlamentarische Oberaufsicht bleibt vorbehalten.

Art. 2 Gegenstand und Zweck der Aufsicht

1 Der Aufsicht unterstehen alle Bereiche der Geschäftsführung, insbeson­dere die Gerichtsleitung, die Organisation, die Fallerledigung sowie das Personal- und Finanzwe­sen.

2 Ausgenommen von der Aufsicht ist die Rechtsprechung.

3 Die Aufsicht bezweckt die gesetzmässige, zweckmässige und haushälterische Aufgabenerfüllung der beaufsichtigten Gerichte.

Art. 3 Aufsichtsinstrumente

Die Verwaltungskommission übt ihre Aufsicht insbesondere durch folgende Instru­mente aus:

a.
Prüfung des Geschäftsberichts;
b.
Aussprachen mit den Gerichtsleitungen und Kontrollen des Geschäftsgangs;
c.
Finanzaufsicht;
d.
Untersuchungen;
e.
Mitteilungen an die Oberaufsicht;
f.
Erledigung von Aufsichtseingaben.
Art. 4 Geschäftsbericht

1 Das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundespatentge­richt reichen dem Bundesgericht ihren Geschäftsbericht ein.3

2 Der Bericht gibt Auskunft über die Bildung der Spruchkörper, Art und Um­fang der Fallerledigungen sowie über weitere aufsichtsrelevante Themen.

3 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 6. Okt. 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 2239).

Art. 5 Aussprachen und Kontrollen

1 Die Verwaltungskommission führt mit dem Bundesstrafgericht, dem Bundesverwal­tungsgericht und dem Bundespatentgericht periodisch Aussprachen und Kontrollen über den Gang der Geschäfte und gemeinsam interessierende Fragen durch.4

2 Die Gerichte haben die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

3 Sie teilen der Verwaltungskommission aufsichtsrelevante Vorgänge mit.

4 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 6. Okt. 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 2239).

Art. 6 Finanzaufsicht

Die Finanzaufsicht erfolgt durch:

a.
eine mehrjährige gemeinsame Finanzplanung;
b.
Prüfung und Besprechung der Entwürfe des Voranschlags und der Jahresrech­nung;
c.
technische Vorgaben zur Gestaltung von Budget und Rechnung.
Art. 7 Untersuchungen

1 Zur Abklärung eines Sachverhaltes kann die Verwaltungskommission eine Untersu­chung anordnen.

2 Die Mitglieder und Angestellten des betroffenen Gerichts sind zur Auskunft verpflich­tet.

3 Das Ergebnis der Untersuchung wird in einem Bericht festgehalten; das betroffene Gericht und gegebenenfalls die betroffenen Personen können zum Bericht Stellung nehmen.

Art. 8 Mitteilungen an die Oberaufsicht

1 Fällt die Amtsenthebung eines Gerichtsmitglieds in Betracht, so kann die Verwaltungs­kommission eine Voruntersuchung anordnen.

2 Erscheint aufgrund von Feststellungen im Rahmen der Aufsichtstätigkeit oder des Ergebnisses einer Vor­unter­suchung die Einleitung eines Verfahrens auf Amtsenthe­bung als geboten, so gelangt die Verwaltungskommission an die zuständige Parlaments­kommission.

Art. 9 Aufsichtseingaben

1 Die Verwaltungskommission erledigt Eingaben, mit denen der Geschäftsgang des Bundesstrafgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundespatentgerichts gerügt wird.5

2 Das Einreichen von Aufsichtseingaben begründet keine Parteirechte.

3 Vorbehalten bleibt das Verfahren bei Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung gegen anfechtbare Entscheide gemäss Artikel 94 BGG.

5 Fassung gemäss Ziff. I der V des BGer vom 6. Okt. 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 2239).

Art. 10 Weisungen

1 Die Verwaltungskommission erlässt die zur ordnungsgemässen Durchführung der Aufsicht notwendigen Weisungen.

2 Die Weisungen betreffen insbesondere folgende Bereiche:

a.
Statistik;
b.
Personalwesen;
c.
Geschäftsbericht;
d.
Voranschlag und Jahresrechnung;
e.
Vorgaben für die Geschäftserledigung.

3 Vor dem Erlass von Weisungen werden die Gerichte angehört.

Art. 11 Zusammenarbeit der Dienste

1 Die Verwaltungskommission kontrolliert, dass die Dienste der eidgenössischen Gerichte in administrativen Belangen, na­mentlich in den Bereichen Informatik, Statistik, Benchmarking, Gerichtsverwaltung und Personalmanagement, in geeigneter Weise zusammenarbeiten und Synergien nutzen.

2 Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin des Bundesgerichts erstattet jährlich über diese Zusammenarbeit Bericht.

3 Das Bundesgericht vertritt die eidgenössischen Gerichte in der Human-Resources- Konferenz des Bundes.

Art. 13 Verfahren

Soweit dieses Reglement nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren sinn­gemäss nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 19686 über das Verwaltungsverfah­ren.