0.974.236.0

 AS 2006 3907

Originaltext

Abkommen
zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung Georgiens über die technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit

Abgeschlossen am 17. Januar 2005

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 10. Mai 2006

(Stand am 10. Mai 2006)

Die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
(nachstehend «Schweiz» genannt)
und
die Regierung (Exekutive) Georgiens
(nachstehend «Georgien» genannt),

im Folgenden «Vertragsparteien» genannt,

im Bestreben, die zwischen den zwei Ländern bestehenden Freundschaftsbande enger zu knüpfen,

vom Wunsche geleitet, diese Beziehungen zu stärken und eine fruchtbare technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu entwickeln,

in Anerkennung der Tatsache, dass diese technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit dazu beitragen wird, den laufenden Reformprozess in Georgien zur Erreichung einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu unterstützen und die Kosten der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anpassung zu mindern sowie Demokratie und Menschenrechte zu fördern,

im Bewusstsein, dass die Regierung Georgiens sich zur Fortführung der Reformen verpflichtet mit dem Ziel, eine Marktwirtschaft unter demokratischen Bedingungen zu errichten,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Basis der Zusammenarbeit

Die Achtung der demokratischen Grundsätze und der grundlegenden Menschen­rechte, wie sie insbesondere in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind, bestimmt die Innen- und Aussenpolitik der Vertragsparteien und bildet einen wesentlichen Bestandteil des vorliegenden Abkommens, der gleichzusetzen ist mit dessen Zielen.

Art. 2 Zielsetzungen

Das vorliegende Abkommen bestimmt die allgemeinen Bedingungen für alle Formen der Entwicklungszusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien.

Diese Bedingungen sind anwendbar auf von den Vertragsparteien gemäss Artikel 5 vereinbarte Projekte oder Programme im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.

Die Vertragsparteien fördern im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung die Verwirklichung von Zusammenarbeitsprojekten oder -programmen in Georgien. Solche Projekte oder Programme bilden eine Ergänzung zu den von Georgien eigenständig unternommenen Entwicklungsanstrengungen.

Georgien wendet die vorliegenden Bestimmungen auch auf nationale Tätigkeiten an, die entweder aus regionalen Entwicklungszusammenarbeitsprojekten oder ‑pro­grammen, die von der Schweiz mitfinanziert werden, oder aus Projekten oder Programmen, die von der Schweiz über multilaterale Institutionen mitfinanziert werden, erwachsen, vorausgesetzt, dass ein ausdrücklicher Verweis auf das vorliegende Abkommen besteht.

Ziel dieses Abkommens ist es, einen Rahmen von Vorschriften und Verfahren für die Planung und Durchführung dieser Projekte oder Programme zu schaffen.

Um Doppelspurigkeiten und Überschneidungen mit Projekten oder Programmen, die von anderen Gebern finanziert werden, zu vermeiden und um eine grösstmögliche Wirkung der Projekte oder Programme zu sichern, stellen die Vertragsparteien einander sämtliche für eine effiziente Zusammenarbeit erforderlichen Informationen zur Verfügung.

Art. 3 Definitionen

Konkrete Projekte oder Programme und andere gemeinsame Tätigkeiten im Rahmen dieses Abkommens werden im Folgenden «Projekte» genannt.

Mit Wirkung für dieses Abkommen bezeichnet der Ausdruck «ausführende Organe» alle öffentlichen Behörden, öffentlichen oder privaten Körperschaften und öffent­lichen oder privaten Organisationen, welche von beiden Vertragsparteien anerkannt und von der Schweiz mit der Durchführung von einzelnen Projekten gemäss Artikel 8.1 beauftragt sind.

Ihre georgischen Partner werden als «Projektpartner» bezeichnet.

Experten und Berater, die kurz- oder langfristig von der Schweiz oder von den ausführenden Organen mit der Durchführung von Projekten betraut sind, werden im Folgenden «Experten» genannt. Zur «Familie» derselben zählen der/die Ehepartner/in oder der/die Lebenspartner/in und ihre Kinder.

Mit Wirkung für dieses Abkommen bezeichnet der Begriff «Güter» Waren, Mate­rial, Fahrzeuge, Maschinen, Ausrüstungsgegenstände und andere Güter, die von der Schweiz oder den ausführenden Organen für Projekte im Rahmen dieses Abkommens Georgien zur Verfügung gestellt werden, sowie alle anderen Güter, die im Rahmen der spezifischen Projektabkommen gemäss Artikel 5.1 an Georgien geliefert werden.

Art. 4 Formen der Zusammenarbeit

Formen

4.1. Die Zusammenarbeit erfolgt in Form von technischer, finanzieller und wirtschaftlicher Zusammenarbeit sowie von humanitärer Hilfe und Katastrophenhilfe, wobei eine oder mehrere dieser Formen gleichzeitig zur Anwendung gelangen können.

4.2. Die Zusammenarbeit wird umgesetzt durch die Gewährung von Zuwendungen (in Form von Naturalien, Dienstleistungen oder Geldmittel) oder von Vorzugskrediten oder durch Kapitalbeteiligung.

4.3. Die Zusammenarbeit findet auf bilateraler Grundlage oder zusammen mit anderen Gebern oder multilateralen Organisationen statt.

4.4. Die Zusammenarbeit kann über private oder öffentliche nationale, internatio­nale oder multilaterale Organisationen und Institutionen geleitet werden.

Technische Zusammenarbeit

4.5. Die technische Zusammenarbeit setzt sich zusammen aus Wissens-Transfer, d.h. Ausbildung und Beratung, aus Dienstleistungen oder der Lieferung von Materialien und Ausrüstungsgegenständen, die für die Projektdurchführung notwendig sind.

4.6. Die technische Zusammenarbeit kann folgende Formen annehmen:

a)
Beiträge in Form von Zuwendungen;
b)
Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen;
c)
Bereitstellung von lokalem oder ausländischem Personal;
d)
Gewährung von Stipendien für Studien oder Berufspraktika in Georgien, in der Schweiz oder in einem Drittland; oder
e)
jede andere von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen vereinbarte Form.

4.7. Projekte der technischen Zusammenarbeit sind in erster Linie auf folgende Schwerpunkte ausgerichtet:

i)
Unterstützung einer umweltverträglichen und nachhaltigen Entwicklung; und
ii)
Unterstützung der strukturellen Reformprozesse, die auf eine offene Marktwirtschaft abzielen.

4.8. Projekte im Rahmen der technischen Zusammenarbeit werden im Allgemeinen auf nicht rückzahlbarer Basis gewährt; davon ausgenommen sind Projekte, die mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden sind.

Finanzielle Hilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit

4.9. Finanzielle Hilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit umfassen die Finanzierung von Gütern und Dienstleistungen schweizerischer Herkunft für vorrangige Entwicklungsprojekte oder Beiträge an das Kapital von Finanzvermittlern. Alternative Formen werden von Fall zu Fall in Erwägung gezogen.

4.10. Finanzielle Hilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit erfolgen je nach Fall in Form von Zuwendungen, von Darlehen oder einer Kombination beider Formen, gemäss gemeinsamer Vereinbarung beider Vertragsparteien.

4.11. Besonderer Nachdruck wird auf Projekte gelegt, welche die Entwicklung des aufstrebenden privaten Sektors der Wirtschaft begünstigen.

Humanitäre Hilfe und Katastrophenhilfe

4.12. Die humanitäre Hilfe, welche die Schweiz Georgien gewährt, erfolgt in Form von Gütern, Dienstleistungen, Experten und finanziellen Beiträgen.

4.13. Die Projekte der humanitären Hilfe richten sich an die bedürftigsten Schichten der georgischen Gesellschaft und tragen gleichzeitig zur institutionellen Stärkung der lokalen und nationalen humanitären Organisationen bei.

Art. 5 Anwendungsbereich

5.1. Die Bestimmungen dieses Abkommens sind anwendbar auf:

a)
Projekte, die das beidseitige Einverständnis der zwei Vertragsparteien erhalten haben;
b)
Projekte mit Körperschaften des öffentlichen oder privaten Rechts beider Länder, für welche die Vertragsparteien oder ihre Bevollmächtigten mutatis mutandis die Anwendung der Bestimmungen von Artikel 6 vereinbart haben;
c)
Laufende Projekte oder solche, die vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens in Vorbereitung waren.

5.2. Der schweizerischen Vertragspartei steht es offen, die Durchführung ihrer Verpflichtungen einem ausführenden Organ zu übertragen.

5.3. Die Bestimmungen dieses Abkommens sind ebenfalls anwendbar auf Einsätze der schweizerischen humanitären Hilfe, der Katastrophen- und Not­hilfe, welche in Georgien aufgrund menschlicher Notsituationen geleistet werden.

Art. 6 Verpflichtungen

6.1. Um die Umsetzung der Projekte im Rahmen der Zusammenarbeit zu erleichtern, befreit Georgien sämtliche als Zuwendungen von der schweizerischen Vertragspartei finanzierten Ausrüstungsgegenstände, Dienstleistungen, Fahr­zeuge und Materialien sowie alle zur Durchführung von Projekten im Rahmen des vorliegenden Abkommens vorübergehend eingeführten Ausrüstungsgegenstände von Steuern, Zollgebühren, Beiträgen, anderen obligatori­schen Abgaben und genehmigt ihre Wiederausfuhr zu denselben Bedin­gungen.

6.2. Georgien erteilt alle erforderlichen Bewilligungen für die vorübergehende Einfuhr von Ausrüstungsgegenständen, die für die Umsetzung der Projekte im Rahmen dieses Abkommens nötig sind.

6.3. Georgien befreit die mit der Durchführung von Projekten betrauten ausführenden Organe von sämtlichen Einkommens-, Gewinn- und Vermögenssteuern und/oder von Abgaben auf Entschädigungen und Erwerbungen, welche aufgrund des Projektabkommens entstehen.

6.4. Georgien stimmt damit überein, dass für Zahlungsabwicklungen in Zusammenhang mit Finanzhilfeprojekten die einzelnen Projektverantwortlichen gemeinsam Finanzagenten bestimmen können, die im Namen der jeweiligen georgischen Projektpartner handeln. Für Zahlungen in lokaler Währung und/oder Gegenwertfonds können mit diesen Finanzagenten in Übereinstimmung mit der georgischen Gesetzgebung spezielle Konten eröffnet werden. Die Projektpartner entscheiden gemeinsam über die Verwendung dieser hinterlegten Mittel.

6.5. Experten, die zur Durchführung von Projekten im Rahmen des vorliegenden Abkommens angestellt sind, und ihre Familienangehörigen, die nicht Bürger Georgiens sind und die in Georgien leben, werden von:

a)
jeglichen Steuern auf Einkommen, die sie im Rahmen der Projektdurchführung erwirtschaften und die gemäss georgischer Gesetzgebung erhoben werden, befreit;
b)
jeglichen gemäss georgischer Gesetzgebung erhobenen Steuern, Zollgebühren und sonstigen Abgaben für die Einfuhr und Ausfuhr ihrer persönlichen Habe (Hausrat, einem Personenwagen pro Familie sowie berufliche und persönliche Ausrüstung) befreit. Die Steuerbefreiung gilt ebenfalls für die Wiederausfuhr von Gütern, die sie nach Georgien eingeführt haben.

Georgien gewährt den Experten und ihren Familienangehörigen alle gesetzlich erforderlichen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen unentgeltlich.

6.6. Georgien gewährt den Experten und ihren Familien den gleichen Status, den das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 19611 dem administrativen und technischen Personal gewährt.

6.7. Georgien erteilt im Rahmen der nationalen Gesetzgebung die Einreisevisa für Experten und ihre Familienangehörigen unentgeltlich und ohne Aufschub.

6.8. Georgien unterstützt die Experten bei der Ausführung ihrer Aufgaben und stellt ihnen sämtliche notwendige Dokumentation und Information zur Verfügung.

Art. 7 Anti-Korruptionsklausel

Die Vertragsparteien verfolgen ein gemeinsames Anliegen im Kampf gegen die Korruption, welche die gute Regierungsführung und die gezielte Nutzung der für die Entwicklung benötigten Ressourcen gefährdet und einen fairen und offenen, auf Preis und Qualität gründenden Wettbewerb bedroht. Sie äussern deshalb ihre Absicht, ihre Bemühungen in der Bekämpfung der Korruption zusammenzulegen und erklären namentlich, weder im Hinblick auf den Abschluss noch im Rahmen der Ausführung des vorliegenden Abkommens, weder direkt noch indirekt Angebote irgendwelcher Art, seien es Geschenke, Zahlungen, Belohnungen oder sonstige Vorteile, angeboten zu haben noch in Zukunft anzubieten, welche als widerrecht­liche Handlung oder als Korruptionspraxis eingestuft werden. Jeder Akt dieser Art ist ein ausreichender Grund, um die Aufhebung des vorliegenden Abkommens, der Ausschreibung oder der erfolgten Vergabe oder das Ergreifen jeder anderen vom anwendbaren Recht vorgesehenen Korrekturmassnahme zu rechtfertigen.

Art. 8 Koordination und Verfahren

8.1. Jedes einzelne Projekt wird gemäss diesem Abkommen einem speziellen Projektabkommen, das zwischen den Projektpartnern vereinbart wird, unterstellt. Dieses bestimmt und definiert im Detail die Rechte und Pflichten eines jeden Projektpartners. Die Projektpartner informieren sich während der Umsetzungsphase regelmässig über die technischen Fortschritte und den Stand der Arbeiten der im Rahmen dieses Abkommens finanzierten Pro­jekte.

8.2. Die Vertragsparteien halten einander vollumfänglich auf dem Laufenden über alle Projekte, die im Rahmen dieses Abkommens durchgeführt werden.

8.3. Auf georgischer Seite stellt das Aussenministerium im Namen der Regierung Georgiens die allgemeine Koordination der Entwicklungszusammen­arbeit und der Projekte sicher.

8.4. Für die Umsetzung dieses Abkommens wird die Schweiz vertreten durch:

a)
die Schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten;
b)
das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) des Eidgenössischen Volkswirt­schaftsdepartements.

8.5. Für die Koordination, Durchführung und Überwachung der Projekte wirkt das Kooperationsbüro der DEZA in Tiflis als Verbindungsstelle zu den georgischen Behörden.

Art. 9 Schlussbestimmungen

9.1. Das Abkommen tritt in Kraft, wenn sich die Parteien gegenseitig darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass sie die verfassungsmässigen Bedingungen in Zusammenhang mit dem Abschluss und dem Inkrafttreten internationaler Abkommen erfüllt haben. Das Abkommen bleibt nach seiner Unterzeichnung für fünf Jahre in Kraft. Danach wird es stillschweigend von Jahr zu Jahr erneuert, sofern es nicht von einer der beiden Parteien schriftlich mindestens sechs Monate vor Ablauf gekündigt wird.

Im Falle seiner Beendigung bleiben die Bestimmungen dieses Abkommens für alle Projekte, die vor der Kündigung vereinbart wurden, in Kraft.

9.2 Die Vertragsparteien kommen überein, allfällige Rechtsstreitigkeiten, die aus der Anwendung dieses Abkommens erwachsen könnten, auf diplomatischem Wege gütlich zu regeln.

9.3 Das vorliegende Abkommen kann nur schriftlich und in gegenseitigem Einverständnis der beiden Parteien gemäss ihrer nationalen Gesetzgebung geändert oder ergänzt werden.

Geschehen in Tiflis am 17. Januar 2005 in zwei Originalen, in Englisch, Georgisch und Deutsch. Im Fall von Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten ist der englische Text massgebend.

Für die Regierung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft:

Stefan Speck

Für die
Regierung Georgiens

Salome Zourabishvili