0.974.216.4

 AS 2006 3899

Übersetzung1

Abkommen

zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Republik Aserbaidschan über die technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit

Abgeschlossen am 23. Februar 2006

Provisorisch angewendet ab 23. Februar 2006

In Kraft getreten am 1. Juni 20072

(Stand am 1. Juni 2007)

1 Übersetzung des englischen Originaltextes.

2 AS 2007 3627

Die Schweizerische Eidgenossenschaft
(nachstehend «Schweiz» genannt)
und
die Regierung der Republik Aserbaidschan
(nachstehend «Aserbaidschan» genannt),

im Folgenden «Vertragsparteien» genannt,

im Bestreben, die zwischen den beiden Ländern bestehenden Freundschaftsbande enger zu knüpfen,

vom Wunsche geleitet, diese Beziehungen zu stärken und eine fruchtbare technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu entwickeln,

in Anerkennung der Tatsache, dass solche technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit dazu beitragen wird, den laufenden Reformprozess in Aser­baidschan zur Erreichung einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu unterstützen und die Kosten der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anpassung zu mindern sowie Demokratie und Menschenrechte zu fördern,

im Bewusstsein, dass die Regierung der Republik Aserbaidschan sich zur Fortführung der Reformen verpflichtet mit dem Ziel, eine Marktwirtschaft unter demokratischen Bedingungen zu errichten,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Grundlage der Zusammenarbeit

Die Achtung der demokratischen Grundsätze und der grundlegenden Menschen­rechte, wie sie insbesondere in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nie­dergelegt sind, bestimmt die Innen- und Aussenpolitik der Vertragsparteien und bildet einen wesentlichen Bestandteil des vorliegenden Abkommens, der gleichzusetzen ist mit dessen Zielen.

Art. 2 Zielsetzungen des Abkommens

Das vorliegende Abkommen bestimmt die allgemeinen Bedingungen für alle For­men der Entwicklungszusammenarbeit zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Aserbaidschan.

Diese Bedingungen sind anwendbar auf von den Vertragsparteien gemäss Art. 5 ver­einbarte Projekte oder Programme im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.

Die Vertragsparteien fördern im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung die Ver­wirklichung von Zusammenarbeitsprojekten oder -programmen in Aserbaidschan. Solche Projekte oder Programme bilden eine Ergänzung zu den von Aserbaidschan eigenständig unternommenen Entwicklungsanstrengungen.

Aserbaidschan wendet die vorliegenden Bestimmungen auch auf nationale Tätigkeiten an, die entweder aus regionalen Entwicklungszusammenarbeitsprojekten oder ‑programmen, die von der Schweiz mitfinanziert werden, oder aus Projekten oder Programmen, die von der Schweiz über multilaterale Institutionen mitfinanziert werden, erwachsen, vorausgesetzt, dass ein ausdrücklicher Verweis auf das vorliegende Abkommen besteht.

Ziel dieses Abkommens ist es, einen Rahmen von Vorschriften und Verfahren für die Planung und Durchführung dieser Projekte oder Programme zu schaffen.

Um Doppelspurigkeiten und Überschneidungen mit Projekten oder Programmen, die von anderen Gebern finanziert werden, zu vermeiden und um eine grösstmögliche Wirkung der Projekte oder Programme zu sichern, stellen die Vertragsparteien ein­ander sämtliche für eine effiziente Zusammenarbeit erforderlichen Informationen zur Verfügung.

Art. 3 Definitionen

Konkrete Projekte oder Programme und andere gemeinsame Tätigkeiten im Rahmen dieses Abkommens werden im Folgenden «Projekte» genannt.

Mit Wirkung für dieses Abkommen bezeichnet der Ausdruck «Ausführende Agenturen» alle staatlichen Behörden, öffentlichen oder privaten Körperschaften sowie öffentlichen oder privaten Organisationen, welche von beiden Vertragsparteien anerkannt und von der Schweiz mit der Durchführung von einzelnen Projekten gemäss Art. 8.1 beauftragt sind.

Experten und Konsulenten, die kurz- oder langfristig von der Schweiz oder von den ausführenden Agenturen mit der Durchführung von Projekten betraut sind, werden im Folgenden «Experten» genannt.

Mit Wirkung für dieses Abkommen bezeichnet der Begriff «Waren» Güter, Mate­rial, Fahrzeuge, Maschinen, Ausrüstungsgegenstände und andere Waren, die von der Schweiz oder den ausführenden Agenturen für Projekte im Rahmen dieses Abkommens an Aserbaidschan geliefert werden, sowie alle anderen Waren, die im Rahmen der spezifischen Projektabkommen gemäss Art. 5.1 an Aserbaidschan geliefert werden.

Art. 4 Formen der Zusammenarbeit

Formen

4.1.  Die Zusammenarbeit erfolgt in Form von technischer, finanzieller und wirt­schaftlicher Zusammenarbeit sowie von humanitärer Hilfe und Katastrophenhilfe, wobei eine oder mehrere dieser Formen gleichzeitig zur Anwendung gelangen können.

4.2.  Die Zusammenarbeit wird umgesetzt durch die Gewährung von Beiträgen (in Form von Naturalien, Dienstleistungen oder Geldmittel) oder von Vorzugskrediten oder durch Kapitalbeteiligung.

4.3.  Die Zusammenarbeit findet auf bilateraler Grundlage oder zusammen mit anderen Gebern oder multilateralen Organisationen statt.

4.4.  Die Unterstützung kann über private oder öffentliche nationale, internatio­nale oder multilaterale Organisationen und Institutionen geleitet werden.

Technische Zusammenarbeit

4.5.  Die technische Zusammenarbeit setzt sich aus Wissens-Transfer, d. h. Ausbildung und Beratung oder in der Form von Dienstleistungen oder der Lieferung von Materialien und Ausrüstungsgegenständen, die für die Projektdurchführung notwendig sind, zusammen.

4.6.  Die technische Zusammenarbeit kann folgende Formen annehmen:

a)
Unterstützung in Form von Beiträgen;
b)
Zurverfügungstellung von Waren und Dienstleistungen;
c)
Zurverfügungstellung von lokalem oder ausländischem Personal;
d)
Gewährung von Stipendien für Studien oder Berufspraktika in Aserbaidschan, in der Schweiz oder in einem Drittland; oder
e)
jede andere von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen vereinbarte Form.

4.7.  Projekte der technischen Zusammenarbeit sind in erster Linie auf folgende Schwerpunkte ausgerichtet:

i)
Unterstützung einer umweltverträglichen und nachhaltigen Entwicklung; und
ii)
Unterstützung des strukturellen Reformprozesses, der auf eine freie Marktwirtschaft abzielt.

4.8.  Projekte im Rahmen der technischen Zusammenarbeit werden im Allgemei­nen auf nicht rückzahlbarer Basis gewährt; davon ausgenommen sind Projekte, die mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden sind.

Finanzielle Hilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit

4.9.  Finanzielle Hilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit umfassen die Fi­nan­zierung von Gütern und Dienstleistungen schweizerischer Herkunft für vorrangige Entwicklungsprojekte oder Beiträge an das Kapital von Finanzvermittlern. Alternative Formen werden von Fall zu Fall in Erwägung gezogen.

4.10.  Finanz- und Wirtschaftshilfe erfolgen je nach Fall in Form von Beiträgen, von Darlehen oder einer Kombination beider Formen, gemäss gemeinsamer Vereinbarung beider Vertragsparteien.

4.11.  Besonderer Nachdruck wird auf Projekte gelegt, welche die Entwicklung des aufstrebenden privaten Sektors der Wirtschaft begünstigen.

Art. 5 Anwendungsbereich

5.1.  Die Bestimmungen dieses Abkommens sind anwendbar:

a)
auf Projekte, die das beidseitige Einverständnis der zwei Vertragspar­teien erhalten haben;
b)
auf Projekte mit Körperschaften oder Institutionen des öffentlichen oder privaten Rechts beider Länder, für welche die Vertragsparteien oder ihre Bevollmächtigten mutatis mutandis die Anwendung der Bestimmungen von Art. 6 vereinbart haben;
c)
auf laufende Projekte oder solche, die vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens in Vorbereitung waren.

5.2.  Der schweizerischen Vertragspartei steht es offen, die Durchführung ihrer Verpflichtungen einer ausführenden Agentur zu übertragen.

5.3.  Die Bestimmungen dieses Abkommens sind ebenfalls anwendbar auf Einsätze der schweizerischen Katastrophen- und Humanitären Hilfe, welche in Not- und Katastrophenfällen geleistet werden.

Art. 6 Verpflichtungen

6.1.  Um die Umsetzung der Projekte im Rahmen der Zusammenarbeit zu erleichtern, befreit Aserbaidschan sämtliche als Beiträge von der schweizerischen Vertragspartei finanzierten Ausrüstungsgegenstände, Dienstleistungen, Fahr­zeuge und Materialien sowie alle zur Durchführung von Projekten im Rahmen des vorliegenden Abkommens vorübergehend eingeführten Ausrüstungsgegenstände von Steuern, Zollabgaben, Gebühren, anderen obligato­ri­schen Abgaben und genehmigt ihre Wiederausfuhr zu denselben Bedingun­gen.

6.2.  Aserbaidschan erteilt alle erforderlichen Bewilligungen für die vorüber­gehende Einfuhr von Ausrüstungsgegenständen, die für die Umsetzung der Projekte im Rahmen dieses Abkommens nötig sind.

6.3.  Aserbaidschan befreit die mit der Durchführung von Projekten betrauten ausführenden Agenturen von sämtlichen Einkommens-, Gewinn- und Vermögenssteuern und/oder von Abgaben auf Entschädigungen und Erwerbungen, welche aufgrund des Projektabkommens entstehen.

6.4.  Aserbaidschan stimmt damit überein, dass für Zahlungsabwicklungen in Zusammenhang mit Finanzhilfeprojekten die jeweiligen Projektpartner gemeinsam Finanzagenten bestimmen können, die im Namen der entsprechenden aserbaidschanischen Projektpartner handeln. Für Zahlungen in lokaler Währung und/oder Gegenwertfonds können mit diesen Finanzagenten in Übereinstimmung mit der aserbaidschanischen Gesetzgebung spezi­elle Konten eröffnet werden. Die Projektpartner entscheiden gemeinsam über die Verwendung dieser hinterlegten Mittel.

6.5.  Aserbaidschan erleichtert Verfahren des internationalen Transfers von Fremdwährung, welche im Rahmen von Projekten oder von ausländischen Experten eingeleitet werden.

6.6.  Experten, die zur Durchführung von Projekten im Rahmen des vorliegenden Abkommens angestellt sind, und ihre Familienangehörigen werden von jeg­licher Einkommens- und Vermögenssteuer sowie von allen weiteren Steu­ern, Zollabgaben, Gebühren und sonstigen Abgaben auf der persönlichen Habe befreit. Sie erhalten das Recht, ihre persönliche Habe (Hausrat, Perso­nenwagen sowie berufliche und persönliche Ausrüstung) ein- und am Ende ihres Arbeitsverhältnisses wieder auszuführen. Aserbaidschan gewährt den Experten und ihren Familienangehörigen alle gesetzlich erforderlichen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen.

6.7.  Aserbaidschan ist für die Sicherheit der Experten und ihrer Familienangehörigen verantwortlich und gewährt ihnen Erleichterungen mit Bezug auf die Heimkehr.

6.8.  Aserbaidschan erteilt im Rahmen der nationalen Gesetzgebung die Einreisevisa für Experten und ihre Familienangehörigen unentgeltlich und ohne Auf­schub.

6.9.  Aserbaidschan unterstützt die Experten bei der Ausführung ihrer Aufgaben und stellt ihnen sämtliche notwendige Dokumentation und Information zur Verfügung.

Art. 7 Anti-Korruptionsklausel

Die Vertragsparteien verfolgen ein gemeinsames Anliegen im Kampf gegen die Kor­ruption, welche die gute Regierungsführung und die gezielte Nutzung der für die Entwicklung benötigten Ressourcen gefährdet und zudem einen fairen und offenen, auf Preis und Qualität gründenden Wettbewerb bedroht. Sie äussern deshalb ihre Absicht, ihre Bemühungen in der Bekämpfung der Korruption zusammenzulegen und erklären namentlich, an niemanden weder im Hinblick auf den Abschluss noch im Rahmen der Ausführung des vorliegenden Abkommens, weder direkt noch indirekt Angebote irgendwelcher Art, seien es Geschenke, Zahlungen, Belohnungen oder sonstige Vorteile, gemacht zu haben noch in Zukunft zu machen, welche als widerrechtliche Handlung oder als Korruptionspraxis eingestuft werden. Jeder Akt dieser Art ist ein ausreichender Grund, um die Aufhebung des vorliegenden Abkom­mens, der Ausschreibung oder der erfolgten Vergabe oder das Ergreifen jeder ande­ren vom anwendbaren Recht vorgesehenen Korrekturmassnahme zu rechtfertigen.

Art. 8 Verfahren und Koordination

8.1.  Jedes einzelne Projekt wird gemäss diesem Abkommen einem speziellen Projektabkommen, das zwischen den Projektpartnern vereinbart wird, unterstellt. Dieses bestimmt und definiert im Detail die Rechte und Pflichten eines jeden Projektpartners. Die Projektpartner tauschen während der Umsetzungsphase regelmässig auf technischer Ebene ihre Meinungen über den Stand der Arbeiten der im Rahmen dieses Abkommens finanzierten Projekte aus.

8.2.  Die Vertragsparteien halten einander vollumfänglich auf dem Laufenden über alle Projekte, die im Rahmen dieses Abkommens durchgeführt werden.

8.3.  Auf aserbaidschanischer Seite garantiert das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung im Namen der Regierung der Republik Aserbaidschan die allgemeine Koordination.

8.4.  Für die Umsetzung dieses Abkommens wird die Schweiz vertreten durch:

a)
die Schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegen­heiten;
b)
das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.

8.5.  Das Schweizer Kooperationsbüro in Tiflis (Georgien) und sein Zweigbüro in Baku dient als Verbindung zu den Behörden der Republik Aserbaidschan für die Koordination, Durchführung und Überwachung der Projekte.

Art. 9 Schlussbestimmungen

9.1.  Das Abkommen tritt in Kraft, wenn sich die Parteien gegenseitig darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass sie die verfassungsmässigen Bedingungen zu seiner Inkrafttretung in ihren Ländern erfüllt haben. Das Abkommen wird nach Unterschrift gemäss nationaler Gesetzgebung der beiden Länder vorläufig angewendet. Das Abkommen bleibt nach seiner Unterzeichnung für fünf Jahre in Kraft. Danach wird es stillschweigend von Jahr zu Jahr erneuert. Es kann jederzeit von einer der beiden Parteien schriftlich mit sechsmonatiger Kündigungsfrist beendet werden.

Im Falle seiner Beendigung bleiben die Bestimmungen dieses Abkommens für alle Projekte, die vor der Kündigung vereinbart wurden, in Kraft.

9.2  Im Falle der Nichtbeachtung der Grundsätze in Artikel 1 ist jede Partei zum Ergreifen angemessener Massnahmen ermächtigt. Ausser im Falle höchster Dringlichkeit liefert jene Partei, die das Ergreifen von Massnahmen beabsichtigt, der anderen zuvor alle Informationen, die eine eingehende Prüfung der Situation ermöglichen und zum Ausarbeiten einer Lösung notwendig sind.

Bei den zu treffenden Massnahmen sollte die Wahl vorwiegend auf solche fallen, welche die Anwendung des vorliegenden Abkommens am wenigsten beeinträchtigen. Die andere Partei wird über diese Massnahmen umgehend in Kenntnis gesetzt.

Zum Zwecke der richtigen Interpretation und praktischen Anwendung des vorliegenden Abkommens kommen die Vertragsparteien überein, dass «ausserordentliche Dringlichkeit» im Sinne von Art. 9.2 Ziffer 1 besteht, wenn eine der Vertragsparteien eine schwere Verletzung eines wesentlichen Elements oder Ziels des Abkommens, wie sie in Art. 1 beschrieben sind, begangen hat.

9.3  Die Vertragsparteien kommen überein, allfällige Rechtsstreitigkeiten, die aus der Anwendung dieses Abkommens erwachsen könnten, auf diplomati­schem Wege gütlich zu regeln.

9.4  Das vorliegende Abkommen kann nur schriftlich und in gegenseitigem Einverständnis der beiden Parteien geändert oder ergänzt werden.

Geschehen in Baku am 23. Februar 2006, in zwei Originalen in englischer und aserbaidschanischer Sprache, welche beide gleichermassen authentisch sind. Im Fall von Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten ist der englische Text mass­gebend.

Für den
Schweizerischen Bundesrat

Micheline Calmy-Rey

Für die Regierung
der Republik Aserbaidschan:

Heydar Babayev