Allgemeines
1. Die Zulässigkeit des Einbringens unter bestimmten Umständen entbindet nicht von den Verpflichtungen nach dieser Anlage, auch weiterhin Anstrengungen zu unternehmen, um die Notwendigkeit des Einbringens zu verringern.
Prüfung hinsichtlich der Einschränkung des Abfallaufkommens
2. Die ersten Stufen bei der Bewertung von Alternativen zum Einbringen sollten gegebenenfalls eine Beurteilung folgender Aspekte beinhalten:
- 1.
- Typen, Mengen und relative Gefährlichkeit der erzeugten Abfälle;
- 2.
- Einzelheiten des Produktionsprozesses und der Abfallquellen innerhalb dieses Prozesses;
- 3.
- Durchführbarkeit der nachstehend aufgeführten Techniken zur Verringerung/Vermeidung von Abfällen:
- 1.
- Neuformulierung des Produkts;
- 2.
- umweltverträgliche Produktionstechniken;
- 3.
- Änderungen am Produktionsprozess;
- 4.
- Substitution des Einspeisematerials; und
- 5.
- Verwertung vor Ort in geschlossenem Kreislauf.
3. Wenn sich bei der vorgeschriebenen Prüfung ergibt, dass es Möglichkeiten zur Vermeidung von Abfällen an der Quelle gibt, so wird von einem Antragsteller grundsätzlich erwartet, dass er in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen auf lokaler und staatlicher Ebene eine Strategie der Abfallvermeidung formuliert und durchführt, die konkrete Abfallverringerungsziele sowie die Durchführung weiterer Prüfungen in Bezug auf die Vermeidung von Abfällen vorsieht, um diese Ziele zu erreichen. Durch Entscheidungen über die Erteilung und Erneuerung von Erlaubnissen ist sicherzustellen, dass sich daraus ergebende Anforderungen an die Abfallverringerung und ‑vermeidung eingehalten werden.
4. In Bezug auf Baggergut und Klärschlamm sollte es das Ziel der Abfallwirtschaft sein, die Quellen der Umweltverschmutzung zu bestimmen und zu bekämpfen. Dies sollte durch die Umsetzung von Strategien der Abfallvermeidung erreicht werden und erfordert eine Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen auf lokaler und staatlicher Ebene, die mit der Bekämpfung punktueller und diffuser Verschmutzungsquellen befasst sind. Bis zur Erreichung dieses Zieles können die mit kontaminiertem Baggergut verbundenen Probleme durch den Einsatz von Techniken zur Beseitigung auf See oder an Land angegangen werden.
Prüfung der verschiedenen Möglichkeiten in der Abfallwirtschaft
5. Bei Anträgen auf das Einbringen von Abfällen oder sonstigen Stoffen ist der Nachweis zu erbringen, dass die nachstehende hierarchische Rangfolge der Möglichkeiten der Abfallwirtschaft gebührend berücksichtigt wurde; diese Rangfolge spiegelt das zunehmende Ausmass der Auswirkungen auf die Umwelt wieder:
- 1.
- Wiederverwertung;
- 2.
- Verwertung ausserhalb des Standortes;
- 3.
- Vernichtung gefährlicher Bestandteile;
- 4.
- Behandlung zwecks Verringerung oder Entfernung gefährlicher Bestandteile;
- 5.
- Beseitigung an Land, in die Luft oder im Wasser.
6. Eine Erlaubnis zum Einbringen von Abfällen oder sonstigen Stoffen ist zu verwehren, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass geeignete Möglichkeiten vorhanden sind, den Abfall wieder zu verwenden, zu verwerten oder zu behandeln, ohne dass dies unzulässige Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringt oder unangemessen hohe Kosten verursacht. Die praktische Verfügbarkeit anderer Möglichkeiten der Beseitigung ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer vergleichenden Risikobewertung, in die sowohl das Einbringen als auch Alternativen einbezogen werden, zu prüfen.
Chemische, physikalische und biologische Eigenschaften
7. Eine ausführliche Beschreibung und Kennzeichnung der Abfälle ist eine wesentliche Voraussetzung für die Prüfung von Alternativen und bildet die Grundlage für eine Entscheidung darüber, ob bestimmte Abfälle eingebracht werden dürfen. Wenn ein bestimmter Abfall so unzureichend gekennzeichnet ist, dass eine ordnungsgemässe Bewertung seiner möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht vorgenommen werden kann, darf dieser Abfall nicht eingebracht werden.
8. Bei der Kennzeichnung der Abfälle und ihrer Bestandteile ist folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
- Herkunft, Gesamtmenge, Form und durchschnittliche Zusammensetzung;
- 2.
- physikalische, chemische, biochemische und biologische Eigenschaften;
- 3.
- Toxizität;
- 4.
- physikalische, chemische und biologische Beständigkeit;
- 5.
- Ansammlung und biologische Umwandlung in biologische Materialien oder Ablagerungen.
Massnahmenkatalog
9. Jede Vertragspartei erarbeitet auf nationaler Ebene einen Massnahmenkatalog zur Schaffung eines Verfahrens für die Überwachung in Frage kommender Abfälle und ihrer Bestandteile auf der Grundlage ihrer möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Meeresumwelt. Bei der Auswahl von in einem Massnahmenkatalog zu berücksichtigenden Stoffen ist giftigen, beständigen und bioakkumulativen Stoffen aus anthropogenen Quellen Priorität einzuräumen (z. B. Cadmium, Quecksilber, organische Halogenverbindungen, Erdölkohlenwasserstoffe und gegebenenfalls Arsen, Blei, Kupfer, Zink, Beryllium, Chrom, Nickel und Vanadium, organische Siliciumverbindungen, Cyanide, Fluoride und Pestizide sowie deren Nebenprodukte, die nicht organische Halogenverbindungen sind). Ein Massnahmenkatalog kann auch als Mechanismus zur Einleitung weiterer Überlegungen hinsichtlich der Vermeidung von Abfällen dienen.
10. Ein Massnahmenkatalog gibt einen oberen Grenzwert vor und kann auch einen unteren Grenzwert vorgeben. Der obere Grenzwert soll so festgelegt werden, dass akute oder chronische Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf empfindliche Meereslebewesen, die repräsentativ für das Ökosystem Meer sind, vermieden werden. Aus der Anwendung eines Massnahmenkatalogs ergeben sich drei mögliche Kategorien von Abfällen:
- 1.
- Abfälle, die bestimmte Stoffe enthalten oder die biologische Reaktionen hervorrufen und deren Stoffkonzentrationen den massgeblichen oberen Grenzwert überschreiten, dürfen nicht eingebracht werden, es sei denn, sie werden mittels abfallwirtschaftlicher Verfahren für die Einbringung aufbereitet;
- 2.
- Abfälle, die bestimmte Stoffe enthalten oder biologische Reaktionen hervorrufen und deren Stoffkonzentrationen unterhalb der massgeblichen unteren Grenzwerte liegen, können im Hinblick auf das Einbringen als ökologisch unbedenklich angesehen werden;
- 3.
- Abfälle, die bestimmte Stoffe enthalten oder biologische Reaktionen hervorrufen und deren Stoffkonzentrationen unterhalb des oberen Grenzwertes, jedoch oberhalb des unteren Grenzwertes liegen, sind ausführlicher zu bewerten, bevor ihre Eignung für das Einbringen ermittelt werden kann.
Wahl des Einbringungsortes
11. Für die Wahl des Einbringungsortes sind Angaben zu folgenden Punkten erforderlich:
- 1.
- physikalische, chemische und biologische Eigenschaften der Wassersäule und des Meeresbodens;
- 2.
- Lage von Annehmlichkeiten, wertvollen Bestandteilen der Umwelt und anderen Nutzungen des Meeres in dem zu untersuchenden Gebiet;
- 3.
- Bewertung des beim Einbringen entstehenden Stromes der Bestandteile im Verhältnis zu den in der Meeresumwelt bestehenden Strömen von Stoffen;
- 4.
- wirtschaftliche und betriebstechnische Durchführbarkeit.
Bewertung möglicher Auswirkungen
12. Bei der Bewertung der möglichen Auswirkungen ist eine prägnante Darstellung der zu erwartenden Folgen der verschiedenen Möglichkeiten einer Beseitigung auf See oder an Land anzustreben, d. h. es ist eine «Auswirkungshypothese» zu erstellen. Sie bildet die Grundlage für eine Entscheidung, ob die vorgeschlagene Beseitigungsmöglichkeit genehmigt oder abgelehnt wird, sowie für die Festlegung der Vorschriften für die Umweltüberwachung.
13. In die Bewertung hinsichtlich des Einbringens sollen Informationen über die Eigenschaften der Abfälle, über die Bedingungen am geplanten Einbringungsort oder an den geplanten Einbringungsorten, über Stoffströme sowie über geplante Beseitigungstechniken einfliessen und die möglichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sowie auf lebende Ressourcen, Annehmlichkeiten und andere rechtmässige Nutzungen des Meeres genannt werden. Dabei sind auch die Art, der zeitliche und räumliche Rahmen sowie die Dauer der zu erwartenden Auswirkungen auf der Grundlage angemessener und vorsichtiger Annahmen zu bestimmen.
14. Eine Analyse der einzelnen Beseitigungsmöglichkeiten ist vor dem Hintergrund einer vergleichenden Bewertung der folgenden Aspekte durchzuführen: Risiken für die menschliche Gesundheit, Umweltkosten, Gefahren (einschliesslich Unfälle), Wirtschaftlichkeit sowie Ausschluss künftiger Nutzungen. Wenn sich aus einer solchen Bewertung ergibt, dass für die Bestimmung der möglichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Beseitigungsart keine ausreichenden Informationen vorliegen, so soll diese Möglichkeit nicht weiter erwogen werden. Darüber hinaus soll keine Erlaubnis zum Einbringen erteilt werden, wenn aus der Vergleichsbewertung zu schliessen ist, dass diese Beseitigungsart weniger geeignet ist.
15. Jede Bewertung soll mit einer Stellungnahme enden, ob eine Erlaubnis zum Einbringen erteilt oder verweigert werden sollte.
Überwachung
16. Durch Überwachung soll überprüft werden, ob die Genehmigungsbedingungen eingehalten werden (Einhaltungsüberwachung) und ob die Annahmen, die während der Überprüfung der Erlaubnis und während der Auswahl des Ortes zugrunde gelegt wurden, zutrafen und ausreichen, die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu schützen (Feldüberwachung). Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass solche Überwachungsprogramme eindeutig festgelegte Ziele haben.
Erlaubnis und Genehmigungsbedingungen
17. Eine Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis soll nur dann getroffen werden, wenn alle Beurteilungen in Bezug auf die Umweltauswirkungen abgeschlossen und die Überwachungsbedingungen festgelegt sind. Die Erlaubnis soll so weit wie möglich sicherstellen, dass die Beeinträchtigung und Schädigung der Umwelt auf ein Mindestmass beschränkt und grösstmöglicher Nutzen erzielt wird. Jede erteilte Erlaubnis enthält Daten und Informationen, aus denen folgendes hervorgeht:
- 1.
- Typ und Herkunft der einzubringenden Stoffe;
- 2.
- Einbringungsort(e);
- 3.
- Einbringungsmethode;
- 4.
- Vorschriften in Bezug auf Überwachung und Berichterstattung.
18. Erlaubnisse sind in regelmässigen Abständen zu überprüfen, wobei besonderes Augenmerk auf die Ergebnisse der Überwachung und die Ziele der Überwachungsprogramme zu richten ist. Die Überprüfung der Überwachungsergebnisse gibt Aufschluss darüber, ob die Programme vor Ort fortgesetzt, abgeändert oder abgeschlossen werden müssen, und ermöglicht fundierte Entscheidungen in Bezug auf eine Fortsetzung, Änderung oder Aufhebung von Erlaubnissen. Dies stellt einen wichtigen Rückmeldungsmechanismus für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Meeresumwelt dar.