0.351.964.5

 AS 2006 767; BBl 2004 4867

Originaltext

Vertrag
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Republik der Philippinen über Rechtshilfe
in Strafsachen

Abgeschlossen am 9. Juli 2002
Von der Bundesversammlung genehmigt am 17. Juni 20051
In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Dezember 2005

(Stand am 28. Februar 2006)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft
und
die Republik der Philippinen,

nachfolgend: die Vertragsstaaten,

haben im Bestreben, durch den Abschluss eines Vertrags über Rechtshilfe in Strafsachen die Wirksamkeit der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten bei der Aufdeckung, Verfolgung und Ahndung strafbarer Handlungen zu verbessern,

Folgendes vereinbart:

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Verpflichtung zur Rechtshilfe

1.  Die Vertragsstaaten verpflichten sich, einander nach den Bestimmungen dieses Vertrags weitestgehende Rechtshilfe zu leisten in allen Verfahren wegen strafbarer Handlungen, deren Ahndung in die Zuständigkeit der Justizbehörden des ersuchenden Staates fällt.

2.  Die Rechtshilfe umfasst alle im Hinblick auf ein Strafverfahren im ersuchenden Staat getroffenen Massnahmen:

a)
die Entgegennahme von Zeugenaussagen oder anderen Aussagen;
b)
die Herausgabe von Gegenständen, Schriftstücken, Akten oder Beweismitteln;
c)
die Herausgabe von Gegenständen und Vermögenswerten zur Einziehung oder Rückerstattung;
d)
den Informationsaustausch;
e)
die Durchsuchung und Beschlagnahme sowie das Aufspüren, Einfrieren und Einziehen von Erträgen aus strafbaren Handlungen;
f)
die Zustellung von Schriftstücken;
g)
die Überführung inhaftierter Personen zum Zweck der Einvernahme oder der Gegenüberstellung; und
h)
andere Rechtshilfe, die mit den Zielen dieses Vertrags vereinbar und für die Vertragsstaaten annehmbar ist.
Art. 2 Unanwendbarkeit

Dieser Vertrag ist nicht anwendbar auf:

a)
die Auslieferung, die Verhaftung strafrechtlich verfolgter oder verurteilter Personen oder die Fahndung nach ihnen;
b)
die Vollstreckung von Strafurteilen.
Art. 3 Gründe für die Ablehnung oder den Aufschub der Rechtshilfe

1.  Die Rechtshilfe in Strafsachen kann abgelehnt werden, wenn:

a)
sich das Ersuchen auf eine strafbare Handlung bezieht, die vom ersuchten Staat als politische, als mit einer solchen zusammenhängende oder als fiskalische strafbare Handlung angesehen wird;
b)
sich das Ersuchen auf eine nach der Militärgesetzgebung strafbare Handlung bezieht, die nach gemeinem Recht keine strafbare Handlung darstellt;
c)
der ersuchte Staat der Ansicht ist, dass die Ausführung des Ersuchens geeignet ist, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen seines Landes zu beeinträchtigen;
d)
das Ersuchen Handlungen betrifft, auf Grund deren eine Person im ersuchten Staat wegen einer im Wesentlichen entsprechenden strafbaren Handlung rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, und sofern eine allfällig verhängte Sanktion noch vollzogen wird oder bereits vollzogen ist;
e)
ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, dass das Ersuchen dazu führt, dass eine Person wegen ihrer Rasse, ihres Geschlechts, ihrer Religion, Staatsangehörigkeit oder ihrer politischen Anschauungen benachteiligt wird; oder
f)
ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, dass das Verfahren gegen die strafrechtlich verfolgte Person nicht in Übereinstimmung steht mit den im Internationalen Pakt vom 16. Dezember 19662 über bürgerliche und politische Rechte enthaltenen Garantien.

2.  Der ersuchte Staat kann die Rechtshilfe aufschieben, wenn die Ausführung des Ersuchens sich nachteilig auf ein hängiges Strafverfahren in diesem Staat auswirken würde.

3.  Bevor der ersuchte Staat die Rechtshilfe nach diesem Artikel ablehnt oder aufschiebt:

a)
teilt er dem ersuchenden Staat umgehend die Gründe mit, die dazu führen, dass die Ablehnung oder der Aufschub der Rechtshilfe in Betracht gezogen wird; und
b)
prüft er, ob die Rechtshilfe unter den ihm erforderlich scheinenden Bedingungen gewährt werden kann. Trifft dies zu, so müssen diese Bedingungen im ersuchenden Staat eingehalten werden.

Kapitel II: Beschaffung von Beweismitteln

Art. 4 Anwendbares Recht

1.  Das Ersuchen wird nach dem Recht des ersuchten Staates ausgeführt.

2.  Wünscht der ersuchende Staat, dass bei der Ausführung eines Rechtshilfeersuchens ein besonderes Verfahren angewendet wird, so hat er ausdrücklich darum zu ersuchen; der ersuchte Staat gibt diesem Ersuchen statt, sofern sein Recht dem nicht entgegensteht.

Art. 5 Zwangsmassnahmen

Ein Ersuchen, dessen Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert, wird bewilligt. Die Rechtshilfe kann jedoch abgelehnt werden, wenn die im Ersuchen beschriebenen Handlungen nicht die objektiven Tatbestandsmerkmale einer nach dem Recht des ersuchten Staates strafbaren Handlung aufweisen, sofern sie in diesem Staat verübt worden wären.

Art. 6 Vorläufige oder dringliche Massnahmen

1.  Auf ausdrückliches Verlangen des ersuchenden Staates ordnet die zuständige Behörde des ersuchten Staates zur Erhaltung des bestehenden Zustandes, zur Wahrung bedrohter rechtlicher Interessen oder zur Sicherung gefährdeter Beweismittel vorläufige Massnahmen wie das Aufspüren, die Durchsuchung und Beschlagnahme und das Einfrieren an, wenn das Verfahren, auf welches sich das Ersuchen bezieht, nach dem Recht des ersuchten Staates nicht offensichtlich unzulässig oder unzweck­mässig erscheint.

2.  Ist Gefahr im Verzug und liegen ausreichende Informationen zur Beurteilung der Voraussetzungen vor, so können diese Massnahmen vom ersuchten Staat auch angeordnet werden, sobald ein Ersuchen angekündigt ist. Diese Massnahmen werden aufgehoben, wenn der ersuchende Staat nicht innert der gesetzten Frist das Ersuchen einreicht.

Art. 7 Beschränkte Verwendung

1.  Die durch Rechtshilfe nach diesem Vertrag erlangten Auskünfte, Schriftstücke oder Gegenstände dürfen im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bezüglich deren Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden.

2.  Jede weitere Verwendung bedarf der Zustimmung des ersuchten Staates. Diese ist nicht erforderlich, wenn:

a)
die Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, einen anderen Straftatbestand darstellt, für den Rechtshilfe zulässig wäre; oder
b)
das ausländische Strafverfahren sich gegen andere Personen richtet, die an der strafbaren Handlung teilgenommen haben.
Art. 8 Anwesenheit von Personen, die am Verfahren teilnehmen

Auf ausdrückliches Verlangen des ersuchenden Staates unterrichtet ihn die Zentralbehörde des ersuchten Staates über Zeit und Ort der Ausführung des Ersuchens. Die beteiligten Behörden und Personen des ersuchenden Staates können bei der Ausführung anwesend sein, wenn der ersuchte Staat zustimmt.

Art. 9 Zeugenaussagen im ersuchten Staat

1.  Die Zeugen werden nach dem Recht des ersuchten Staates einvernommen. Sie können jedoch auch die Aussage verweigern, wenn das Recht des ersuchenden Staates dies zulässt.

2.  Sofern sich die Zeugnisverweigerung auf das Recht des ersuchenden Staates stützt, übermittelt der ersuchte Staat diesem die Akten zum Entscheid. Dieser Entscheid muss begründet werden.

3.  Macht der Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend, so darf er deswegen im ersuchenden Staat keinerlei gesetzlich vorgeschriebener Sanktion ausgesetzt werden.

Art. 10 Herausgabe von Gegenständen, Schriftstücken, Akten oder Beweismitteln

1.  Der ersuchte Staat gibt dem ersuchenden Staat auf dessen Verlangen Gegenstände, Schriftstücke, Akten oder Beweismittel heraus.

2.  Der ersuchte Staat braucht nur bescheinigte Kopien der verlangten Schriftstücke, Akten oder Beweismittel zu übermitteln. Verlangt der ersuchende Staat ausdrücklich die Herausgabe der Originale, so gibt der ersuchte Staat dem Begehren so weit wie irgend möglich statt.

3.  Von Dritten im ersuchten Staat geltend gemachte Rechte an Gegenständen, Schriftstücken, Akten oder Beweismitteln hindern deren Herausgabe an den ersuchenden Staat nicht.

4.  Der ersuchende Staat gibt das Herausgegebene so rasch als möglich oder spätestens nach Abschluss des Verfahrens zurück, es sei denn, der ersuchte Staat verzichtet ausdrücklich auf dessen Rückgabe.

Art. 12 Gerichts- oder Untersuchungsakten

Der ersuchte Staat stellt den Behörden des ersuchenden Staates seine Gerichts- oder Untersuchungsakten, einschliesslich Urteile und Entscheide, unter den gleichen Bedingungen und im selben Umfang zur Verfügung wie seinen eigenen Behörden.

Art. 13 Strafregister und Austausch von Strafnachrichten

1.  Der ersuchte Staat übermittelt Auszüge von Informationen aus dem Strafregister, die von den Justizbehörden des ersuchenden Staates für eine Strafsache erbeten wurden, in dem Umfang, in dem seine eigenen Justizbehörden sie in ähnlichen Fällen selbst erhalten könnten.

2.  In anderen als den in Absatz 1 erwähnten Fällen wird einem solchen Ersuchen unter den Voraussetzungen stattgegeben, die in den gesetzlichen oder sonstigen Vorschriften oder in der Praxis des ersuchten Staates vorgesehen sind.

3.  Jeder Vertragsstaat benachrichtigt den anderen Vertragsstaat mindestens einmal jährlich über alle strafrechtlichen Verurteilungen und Folgemassnahmen, die dessen Staatsangehörige betreffen und die im Strafregister eingetragen worden sind.

Art. 14 Anzeigen zum Zweck der Strafverfolgung oder Einziehung

1.  Anzeigen eines Vertragsstaates zum Zweck der Strafverfolgung durch die Gerichte des anderen Vertragsstaates oder zum Zweck der Einziehung von Deliktsgut sind Gegenstand des Schriftverkehrs zwischen den Zentralbehörden.

2.  Die Zentralbehörde des ersuchten Staates teilt dem ersuchenden Staat alle auf Grund dieser Anzeige getroffenen Massnahmen mit und übermittelt ihm Kopien aller ergangenen Entscheidungen.

3.  Die Bestimmungen von Artikel 28 sind auf die in Absatz 1 erwähnten Anzeigen anwendbar.

Art. 15 Unaufgeforderte Übermittlung von Informationen

1.  Im Rahmen seines innerstaatlichen Rechts und unbeschadet seiner eigenen Ermittlungen oder Verfahren kann ein Vertragsstaat ohne vorheriges Ersuchen dem anderen Vertragsstaat im Rahmen seiner eigenen Ermittlungen erlangte Informationen oder Beweismittel übermitteln, wenn er der Ansicht ist, dass die Offenlegung dieser Informationen dem empfangenden Staat helfen könnte, Ermittlungen oder Verfahren einzuleiten oder durchzuführen, oder dass diese Informationen zu einem Ersuchen nach diesem Vertrag führen könnten.

2.  Der übermittelnde Staat kann nach Massgabe seines innerstaatlichen Rechts Bedingungen für die Verwendung dieser Informationen durch den empfangenden Staat festlegen.

Kapitel III: Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen – Erscheinen von Zeugen, Sachverständigen und strafrechtlich verfolgten Personen


Art. 16 Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen

1.  Der ersuchte Staat bewirkt die Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen, die ihm zu diesem Zweck vom ersuchenden Staat übermittelt werden.

2.  Die Zustellung kann durch einfache Übergabe der Urkunde oder der Entscheidung an den Empfänger erfolgen. Auf ausdrückliches Verlangen des ersuchenden Staates bewirkt der ersuchte Staat die Zustellung in einer der Formen, die in seinen Rechtsvorschriften für die Zustellung gleichartiger Schriftstücke vorgesehen sind, oder in einer besonderen Form, die mit diesen Rechtsvorschriften vereinbar ist.

3.  Die Zustellung wird durch eine datierte und vom Empfänger unterschriebene Empfangsbestätigung nachgewiesen oder durch eine Erklärung des ersuchten Staates, welche die Tatsache, die Form und das Datum der Zustellung beurkundet. Die eine oder die andere dieser Urkunden wird dem ersuchenden Staat unverzüglich übermittelt. Auf Verlangen des ersuchenden Staates gibt der ersuchte Staat an, ob die Zustellung nach seinen Rechtsvorschriften erfolgt ist. Kann die Zustellung nicht vorgenommen werden, so teilt der ersuchte Staat dem ersuchenden Staat die Gründe unverzüglich schriftlich mit.

4.  Ersuchen um Zustellung einer Vorladung an eine strafrechtlich verfolgte Person, die sich im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates befindet, müssen der Zentralbehörde dieses Staates spätestens 30 Tage vor dem für das Erscheinen festgesetzten Zeitpunkt übermittelt werden.

Art. 17 Erscheinen von Zeugen oder Sachverständigen im ersuchenden Staat

1.  Hält der ersuchende Staat das persönliche Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen vor seinen Justizbehörden für besonders notwendig, so erwähnt er dies im Ersuchen um Zustellung der Vorladung, und der ersuchte Staat fordert den Zeugen oder Sachverständigen zum Erscheinen auf.

2.  Der ersuchte Staat teilt dem ersuchenden Staat die Antwort des Zeugen oder Sachverständigen unverzüglich schriftlich mit.

3.  Der Zeuge oder Sachverständige, der zum Erscheinen im ersuchenden Staat bereit ist, kann von diesem Staat einen Vorschuss für seine Reise- und Aufenthaltskosten verlangen.

Art. 18 Nichterscheinen und Entschädigungen für das Erscheinen

1.  Der Zeuge oder Sachverständige, der einer Vorladung, um deren Zustellung ersucht worden ist, nicht Folge leistet, darf selbst dann, wenn die Vorladung Zwangsandrohungen enthält, nicht bestraft oder einer Zwangsmassnahme unterworfen werden, sofern er sich nicht später freiwillig in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates begibt und dort erneut ordnungsgemäss vorgeladen wird.

2.  Die dem Zeugen oder Sachverständigen vom ersuchenden Staat zu zahlenden Entschädigungen und zu erstattenden Reise- und Aufenthaltskosten werden vom Aufenthaltsort des Zeugen oder Sachverständigen an berechnet und ihm nach Sätzen gewährt, die zumindest denjenigen entsprechen, die in den geltenden Tarifen und Bestimmungen des Vertragsstaates vorgesehen sind, in dem die Einvernahme stattfinden soll.

Art. 19 Freies Geleit

1.  Ein Zeuge oder Sachverständiger, gleich welcher Staatsangehörigkeit, der auf Vorladung vor den Justizbehörden des ersuchenden Staates erscheint, darf in dessen Hoheitsgebiet wegen Handlungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor seiner Abreise aus dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates weder verfolgt noch in Haft gehalten noch einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden.

2.  Eine Person, gleich welcher Staatsangehörigkeit, die vor die Justizbehörden des ersuchenden Staates vorgeladen worden ist, um sich wegen einer ihr zur Last gelegten Handlung strafrechtlich zu verantworten, darf dort wegen nicht in der Vorladung angeführter Handlungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor ihrer Abreise aus dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates weder verfolgt noch in Haft gehalten noch einer sonstigen Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit unterworfen werden.

3.  Der in diesem Artikel vorgesehene Schutz endet, wenn der Zeuge, Sachverständige oder strafrechtlich Verfolgte während 30 aufeinander folgenden Tagen, nachdem seine Anwesenheit von den Justizbehörden nicht mehr verlangt wurde, die Möglichkeit gehabt hat, das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates zu verlassen, und trotzdem dort bleibt, oder wenn er nach Verlassen dieses Gebietes dorthin zurückgekehrt ist.

Art. 20 Umfang der Zeugenaussage im ersuchenden Staat

1.  Eine Person, die auf Grund einer Vorladung im ersuchenden Staat erscheint, kann zu einer Zeugenaussage oder zur Herausgabe von Beweismitteln gezwungen werden, ausser es stehe ihr nach dem Recht eines der beiden Vertragsstaaten ein Verweigerungsrecht zu.

2.  Artikel 7 und Artikel 9 Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss.

Art. 21 Überführung inhaftierter Personen

1.  Verlangt der ersuchende Staat das persönliche Erscheinen einer inhaftierten Person als Zeuge oder zur Gegenüberstellung, so wird sie unter der Bedingung, dass sie innerhalb der vom ersuchten Staat bestimmten Frist rücküberführt wird, zeitweilig in das Hoheitsgebiet überführt, in dem die Einvernahme stattfinden soll; vorbehalten bleiben die Bestimmungen von Artikel 19, soweit anwendbar.

2.  Die Überführung kann abgelehnt werden, wenn:

a)
die inhaftierte Person ihr nicht zustimmt;
b)
ihre Anwesenheit in einem im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates hängigen Strafverfahren notwendig ist;
c)
die Überführung geeignet ist, ihre Haft zu verlängern; oder
d)
andere überwiegende Gründe ihrer Überführung ins Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates entgegenstehen.

3.  Die überführte Person muss im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates in Haft bleiben, sofern nicht der ersuchte Staat ihre Freilassung verlangt.

4.  Im Sinne dieses Artikels wird der überführten Person die im ersuchenden Staat verbüsste Haft an die Verbüssung der im ersuchten Staat ausgesprochenen Strafe angerechnet.

Art. 22 Einvernahme per Videokonferenz

1.  Befindet sich eine Person im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates und soll diese Person als Zeuge oder Sachverständiger von den Justizbehörden des anderen Vertragsstaates einvernommen werden, so kann Letzterer, sofern das persönliche Erscheinen der einzuvernehmenden Person in seinem Hoheitsgebiet nicht zweckmässig oder möglich ist, darum ersuchen, dass die Einvernahme nach Massgabe der Absätze 2–7 per Videokonferenz erfolgt.

2.  Der ersuchte Staat bewilligt die Einvernahme per Videokonferenz, wenn der Rückgriff auf Videokonferenzen seinen Grundprinzipien nicht zuwiderläuft. Verfügt der ersuchte Staat nicht über die technischen Vorrichtungen für eine Videokonferenz, so können ihm diese vom ersuchenden Staat in gegenseitigem Einvernehmen zur Verfügung gestellt werden.

3.  Die Justizbehörde des ersuchten Staates lädt die betroffene Person in der in seinem innerstaatlichen Recht vorgeschriebenen Form vor.

4.   Für die Einvernahme per Videokonferenz gelten folgende Regeln:

a)
Bei der Einvernahme ist ein Vertreter der Justizbehörde des ersuchten Staates, bei Bedarf unterstützt durch einen Dolmetscher, anwesend. Dieser Vertreter ist auch für die Identifizierung der einzuvernehmenden Person und für die Einhaltung der Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staates verantwortlich. Werden nach Ansicht des Vertreters der Justizbehörde des ersuchten Staates bei der Einvernahme die Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staates verletzt, so trifft sie unverzüglich die Massnahmen, die erforderlich sind, um die Einvernahme nach diesen Prinzipien fortführen zu können.
b)
Die Zentralbehörden können Massnahmen zum Schutz der einzuvernehmenden Person vereinbaren.
c)
Die Einvernahme wird unmittelbar von oder unter Leitung der Justizbehörde des ersuchenden Staates nach dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften durchgeführt.
d)
Auf Verlangen des ersuchenden Staates trägt der ersuchte Staat dafür Sorge, dass die einzuvernehmende Person bei Bedarf von einem Dolmetscher unterstützt wird.
e)
Die einzuvernehmende Person kann sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach Artikel 9 berufen.

5.  Unbeschadet allfälliger zum Schutz von Personen vereinbarter Massnahmen erstellt die Justizbehörde des ersuchten Staates nach der Einvernahme ein Protokoll unter Angabe des Datums und Ortes der Einvernahme, der Identität der einvernommenen Person, der Identität und der Funktion der übrigen Personen, die an der Einvernahme teilgenommen haben, aller allfälligen Vereidigungen und der technischen Bedingungen, unter denen die Einvernahme stattgefunden hat. Dieses Dokument wird von der Zentralbehörde des ersuchten Staates der Zentralbehörde des ersuchenden Staates übermittelt.

6.  Jeder Vertragsstaat ergreift die erforderlichen Massnahmen, um sicherzustellen, dass in Fällen, in denen Zeugen oder Sachverständige nach diesem Artikel in seinem Hoheitsgebiet einvernommen werden und trotz Aussagepflicht die Aussage verweigern oder falsch aussagen, sein innerstaatliches Recht genauso gilt, als ob die Einvernahme im Rahmen eines innerstaatlichen Verfahrens erfolgen würde.

7.  Die Vertragsstaaten können nach freiem Ermessen in Fällen, in denen dies angebracht erscheint, und mit Zustimmung ihrer zuständigen Justizbehörden die Bestim­mungen dieses Artikels auch auf Einvernahmen per Videokonferenz anwenden, an denen eine strafrechtlich verfolgte Person oder ein Verdächtiger teilnimmt. In diesem Fall ist die Entscheidung, ob und in welcher Form eine Videokonferenz durchgeführt werden soll, Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den betroffenen Zentralbehörden, die diese Entscheidung im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und den einschlägigen internationalen Übereinkünften, einschliesslich des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte3, treffen. Einvernahmen von strafrechtlich verfolgten Personen oder Verdächtigen dürfen nur mit deren Einwilligung stattfinden.

Kapitel IV: Verfahren

Art. 23 Zentralbehörde

1.  Im Sinne dieses Vertrags ist in der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Bundesamt für Justiz des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und in der Republik der Philippinen das Justizdepartement Zentralbehörde.

2.  Die Zentralbehörde des ersuchenden Staates übermittelt die auf Grund dieses Vertrags gestellten Rechtshilfeersuchen in Strafsachen seiner Gerichte oder Behörden.

3.  Die Zentralbehörden der Vertragsstaaten verkehren direkt miteinander oder, falls erforderlich, auf diplomatischem Weg.

Art. 24 Inhalt der Ersuchen

1.  Ein Ersuchen muss angeben:

a)
die Behörde, von der es ausgeht, und gegebenenfalls die im ersuchenden Staat für das Strafverfahren zuständige Behörde;
b)
den Gegenstand und den Grund des Ersuchens;
c)
soweit möglich, den vollständigen Namen, Geburtsort und -datum, Staats­angehörigkeit und Adresse der Person, gegen die sich das Strafverfahren im Zeitpunkt des Ersuchens richtet; und
d)
den Hauptgrund, warum die Beweismittel oder Auskünfte verlangt werden, sowie eine kurze Darstellung des wesentlichen Sachverhalts (Zeitpunkt, Ort und Umstände der Tatbegehung), der im ersuchenden Staat Anlass zum Verfahren gibt, ausgenommen bei Zustellungsersuchen nach Artikel 16.

2.  Zusätzlich muss ein Ersuchen enthalten:

a)
bei der Anwendung ausländischen Rechts im Hinblick auf die Ausführung (Art. 4 Abs. 2) den Text der im ersuchenden Staat anwendbaren Gesetzes­bestimmungen und den Grund für deren Anwendung;
b)
bei der Teilnahme von Verfahrensbeteiligten (Art. 8) die Bezeichnung der Person, die bei der Ausführung des Ersuchens anwesend ist, und den Grund für ihre Anwesenheit;
c)
bei der Zustellung von Verfahrensurkunden, Gerichtsentscheidungen und Vorladungen (Art. 16 und 17) den Namen und die Adresse des Empfängers;
d)
bei einer Vorladung von Zeugen oder Sachverständigen (Art. 17) eine Erklärung, aus der hervorgeht, dass der ersuchende Staat für Kosten und Entschädigungen aufkommt und auf Verlangen einen Kostenvorschuss leistet;
e)
bei der Überführung inhaftierter Personen (Art. 21) deren Namen;
f)
bei Einvernahmen per Videokonferenz (Art. 22) den Grund, warum eine Teilnahme des Zeugen oder Sachverständigen nicht zweckmässig oder möglich ist, den Namen der Justizbehörde sowie der Personen, welche die Einvernahme durchführen werden.
Art. 25 Ausführung des Ersuchens

1.  Entspricht das Ersuchen nicht den Bestimmungen dieses Vertrags, so teilt die Zentralbehörde des ersuchten Staates dies der Zentralbehörde des ersuchenden Staates unverzüglich mit und verlangt eine Abänderung oder Ergänzung des Ersuchens; vorbehalten bleibt die Anordnung vorläufiger oder dringlicher Massnahmen nach Artikel 6.

2.  Erscheint das Ersuchen vertragskonform, so leitet es die Zentralbehörde des ersuchten Staates unmittelbar an die zuständige Behörde weiter.

3.  Nach Ausführung des Ersuchens übermittelt die zuständige Behörde das Ersuchen sowie die gesammelten Informationen und Beweismittel der Zentralbehörde des ersuchten Staates. Die Zentralbehörde vergewissert sich, dass das Ersuchen vollständig und ordnungsgemäss ausgeführt ist, und teilt die Ergebnisse der Zentralbehörde des ersuchenden Staates mit.

Art. 27 Formerfordernisse

1.  Schriftstücke, Abschriften, Akten, Aussagen und anderes Beweismaterial bedürfen nicht der Beglaubigung oder entsprechender Formerfordernisse.

2.  Schriftstücke, Abschriften, Akten, Aussagen und anderes Beweismaterial, die dem ersuchenden Staat übermittelt werden sollen, werden nur bescheinigt, wenn der ersuchende Staat dies verlangt. Für diesen Zweck genügt die Bescheinigung durch die Zentralbehörde des ersuchten Staates.

3.  Es darf nicht verlangt werden, dass Schriftstücke, Abschriften, Akten, Aussagen und anderes Beweismaterial durch konsularische oder diplomatische Beamte bescheinigt oder beglaubigt werden müssen.

4.  Von der Zentralbehörde des ersuchten Staates übermittelte Beweismittel oder Schriftstücke werden ohne zusätzliche Erklärung oder Beglaubigungsnachweis zum Beweis zugelassen.

Art. 28 Sprache

1.  Ein nach diesem Vertrag von der Schweizerischen Eidgenossenschaft gestelltes Rechtshilfeersuchen und die beigefügten Schriftstücke werden auf Englisch abgefasst oder in diese Sprache übersetzt. Ein nach diesem Vertrag von der Republik der Philippinen gestelltes Rechtshilfeersuchen und die beigefügten Schriftstücke werden in einer schweizerischen Amtssprache, die im Einzelfall von der schweizerischen Zentralbehörde bezeichnet wird, abgefasst oder in diese Sprache übersetzt.

2.  Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Fälle der formlosen Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen nach Artikel 16 Absatz 2 erster Satz.

3.  Die Übersetzung der Schriftstücke, die bei der Ausführung des Ersuchens erstellt oder erhoben werden, obliegt dem ersuchenden Staat.

Art. 29 Ausführungskosten

1.  Der ersuchende Staat vergütet auf Verlangen des ersuchten Staates nur folgende durch die Ausführung eines Ersuchens entstandenen Kosten und Auslagen:

a)
Entschädigungen, Reisekosten und angemessene Auslagen für Zeugen und deren allfällige Rechtsbeistände;
b)
Auslagen im Zusammenhang mit der Überführung inhaftierter Personen;
c)
Honorare, Reisekosten und angemessene Auslagen für Sachverständige;
d)
Kosten im Zusammenhang mit Einvernahmen per Videokonferenz nach Artikel 22: die Kosten für die Herstellung und für den Betrieb der Videoverbindung im ersuchten Staat, die Vergütung der von diesem bereitgestellten Dolmetscher und die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen sowie deren Reisekosten im ersuchten Staat.

2.  Stellt sich heraus, dass die Ausführung des Ersuchens mit ausserordentlichen Kosten verbunden ist, so benachrichtigt der ersuchte Staat den ersuchenden Staat, um die Bedingungen festzusetzen, unter denen die Rechtshilfe geleistet werden kann.

Kapitel V: Schlussbestimmungen

Art. 31 Meinungsaustausch

Wann immer dies angebracht erscheint, tauschen die Zentralbehörden ihre Meinungen über Anwendung oder Umsetzung dieses Vertrags im Allgemeinen oder in Bezug auf einen Einzelfall mündlich oder schriftlich aus.

Art. 32 Beilegung von Streitigkeiten

Streitigkeiten in Bezug auf Auslegung, Anwendung oder Umsetzung dieses Vertrags werden auf diplomatischem Weg gelöst, falls die Zentralbehörden sie nicht selber beilegen können.

Art. 33 Inkrafttreten und Kündigung

1.  Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem sich die Vertragsstaaten auf diplomatischem Weg mitgeteilt haben, dass ihre jeweiligen Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Vertrags erfüllt sind.

2.  Jeder der beiden Vertragsstaaten kann diesen Vertrag jederzeit durch schriftliche Mitteilung an den anderen Vertragsstaat kündigen. In diesem Fall tritt der Vertrag sechs Monate nach Erhalt dieser Mitteilung ausser Kraft.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet.

So geschehen in Manila, am 9. Juli 2002, in deutscher und in englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut in gleicher Weise verbindlich ist.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Republik der Philippinen:

Ruth Metzler-Arnold

Hernando B. Perez