0.142.36
AS 2005 757; BBl 2003 3723, 2004 3179
Originaltext
Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Republik Österreich über die Einrichtung und den Betrieb
des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung
(ICMPD) in Wien
Abgeschlossen in Wien am 1. Juni 1993
Von der Bundesversammlung genehmigt am 18. Juni 20041
Rückwirkend in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Mai 1993
(Stand am 30. April 2004)
Zu den in den letzten Jahren durch eine Zunahme gekennzeichneten illegalen und stärker auf Asyl ausgerichteten Süd-Nord-Wanderungsströmen kommen in jüngster Zeit noch wachsende Ost-West-Ströme hinzu. Obwohl absolut notwendig, reichen die nationalen Einreisekontrollmassnahmen nicht aus, um das Ausmass und die Zusammensetzung der Zuwanderungsströme auf Niveaus zu halten, die den Wünschen der Parteien entsprechen. Infolgedessen werden der Erarbeitung und Umsetzung langfristiger Strategien zur Beherrschung des Migrationsphänomens Priorität eingeräumt. Diese Strategien zielen auf Erleichterung der Frühwarnung, Bekämpfung der Ursachen des Problems, Harmonisierung der Einreisekontrollmassnahmen und Koordinierung der Fremden-, Asyl- und Flüchtlingspolitiken ab.
Das Abkommen ist darauf ausgerichtet, die internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik sowie die Forschung in diesem Bereich zu fördern.
(1) Die Vertragsparteien gründen das Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD), mit Sitz in Wien, als eine internationale Organisation. Das ICMPD analysiert aktuelle und potenzielle Migrationsströme in europäische Aufnahmeländer, verfolgt und prüft die Lage in den wichtigsten Herkunftsländern der Migranten und entwickelt Massnahmen zur besseren Erkennung und Kontrolle von Migrationsbewegungen.
(2) Die oben genannte internationale Organisation ist eine Rechtspersönlichkeit.
(3) Die Rechtspersönlichkeit, Vorrechte und Befreiungen des ICMPD in der Republik Österreich werden von der Republik Österreich geregelt.
Vertreter der Vertragsparteien setzen einen Lenkungsausschuss ein. Jede Vertragspartei ist in diesem Lenkungsausschuss mit einem Sitz vertreten.
Den Vorsitz des Lenkungsausschusses haben die Vertragsparteien in turnusmässigem Wechsel inne.
Der Lenkungsausschuss tritt so oft wie nötig, jedoch mindestens dreimal pro Jahr, zusammen.
Der Lenkungsausschuss
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- übt die allgemeine Aufsicht über das ICMPD aus,
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- ernennt den ICMPD-Direktor,
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- genehmigt den Jahresbericht des ICMPD-Direktors,
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- genehmigt und finanziert das ordentliche ICMPD-Jahresbudget,
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- genehmigt den ICMPD-Jahresabschluss,
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- genehmigt das ICMPD-Arbeitsprogramm,
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- genehmigt das ICMPD-Tagungsprogramm,
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- genehmigt ICMPD-Abkommen,
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- genehmigt durch das oder dem ICMPD vorgeschlagene Programme,
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- unterstützt das ICMPD in seinen politischen Kontakten,
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- nimmt die ICMPD-Fortschrittsberichte zur Kenntnis,
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- berät den ICMPD-Direktor bezüglich wesentlicher Angelegenheiten,
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- ernennt die Mitglieder des Advisory Body,
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- berät und beschliesst über die Aufnahme weiterer Parteien.
Der ICMPD-Direktor arbeitet eng mit internationalen und nationalen Organisationen und Institutionen zusammen, die im Bereich der Migrationspolik tätig sind. Er kann auf Ersuchen internationaler Organisationen, Konferenzen, Mechanismen und Prozesse – wie Wien-, Berlin- und Budapest-Prozess oder andere relevante Foren – Aufgaben übernehmen. Er verfolgt nationale Migrationspolitiken und -praktiken von industrialisierten und anderen relevanten Ländern sowie Forschungsergebnisse in diesem Bereich und führt diesbezüglich eine Dokumentations-Datenbank. Er analysiert Politiken und Trends und entwickelt Strategien zur Lösung relevanter Probleme.
Die im Rahmen der «Informellen Konsultationen» angenommene Strategie-Plattform bildet eine wichtige Grundlage für diese Arbeit. Diesbezüglich berücksichtigt der ICMPD-Direktor insbesondere die Aufnahmekapazitäten der Parteien unter demographischen, wirtschaftlichen, sozialen, politischen, kulturellen und ökologischen Gesichtspunkten. Ausserdem überwacht und entwickelt er vorhandene Anstrengungen zur Bekämpfung der Migrationsursachen im Hinblick auf eine bessere Kontrolle der Migrationsbewegungen. Schliesslich erarbeitet er Vorschläge für die internationale Harmonisierung der Migrationspolitiken und ‑praktiken.
Der ICMPD-Direktor ist dem Lenkungsausschuss unmittelbar unterstellt. Gemäss der Zuweisung von Mitteln stellt er Personal ein und überwacht dieses. Die Pflichten des ICMPD-Direktors werden in einem separaten Pflichtenheft geregelt.
Den Vertragsparteien steht das Recht zu, sämtliche Ergebnisse der ICMPD-Aktivitäten für ihre eigenen Zwecke im Bereich der Formulierung ihrer Migrationspolitiken sowie für ihre Bemühungen im Bereich internationaler Migrationspolitik zu nutzen.
Die Vertragsparteien können diese Ergebnisse interessierten Institutionen zur Verfügung stellen, wenn sie dies für angebracht halten.
Innerhalb der Grenzen der verfügbaren Kapazität stehen die ICMPD-Dienste den Vertragsparteien vollständig zur Verfügung.
Die Vertragsparteien übernehmen die volle finanzielle Verantwortung für die laufenden Kosten des ICMPD.
Jedes Jahr erhält der Lenkungsausschuss vom ICMPD-Direktor einen Budgetentwurf für das folgende Jahr, der die Ausgaben für Personal, Reisen, Räumlichkeiten, Verwaltung, Repräsentation sowie andere Kosten deckt. Der Lenkungsausschuss genehmigt das Budget und entscheidet über die Kostenverteilung unter den Vertragsparteien. Vorzugsweise sind die Kosten in gleichen Teilen unter den Vertragsparteien aufzuteilen.
Das ICMPD kann Zuschüsse, Spenden, Schenkungen und andere Zuwendungen annehmen.
Änderungen in den Budgetplänen, einschliesslich jedwede notwendigen Erhöhungen in den Beiträgen der Vertragsparteien, erfordern die Genehmigung des Lenkungsausschusses.
Der Lenkungsausschuss kann Staaten oder internationale Organisationen dazu einladen, diesem Abkommen beizutreten.
Eine Bedingung für den Beitritt weiterer Mitglieder zu diesem Abkommen ist gegenseitiges Vertrauen und gemeinsames Interesse.4
Der ICMPD-Direktor wird von einem Advisory Body unterstützt, der aus Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft und aus verschiedenen Ländern und internationalen Organisationen gebildet werden kann. Der Advisory Body darf dem ICMPD-Direktor keine Anweisungen erteilen. Er kann jedoch Projekte vorschlagen und dazu beitragen, deren Finanzierung zu sichern.
Die Republik Österreich verpflichtet sich, Funktion und Aktivitäten des ICMPD und seines Personals in der Umsetzung des vorliegenden Abkommens so weit wie möglich zu unterstützen.
Jede Vertragspartei kann seine Mitgliedschaft mit einer Frist von drei Monaten kündigen.
Das vorliegende Abkommen tritt rückwirkend zum 1. Mai 1993 in Kraft.
Wien, den 1. Juni 1993.
Für die Schweizerische Eidgenossenschaft: P. Arbenz | Für die Republik Österreich: M. Matzka |
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Vertragsstaaten | Ratifikation | | Inkrafttreten | |
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Bulgarien | 29. April | 2004 | 30. April | 2004 |
Kroatien | 14. September | 2004 | 30. April | 2004 |
Österreich | 30. März | 2004 | 30. April | 2004 |
Polen | 6. Dezember | 2004 | 30. April | 2004 |
Schweden | 1. Oktober | 2003 | 30. April | 2004 |
Schweiz | 12. November | 2004 | 30. April | 2004 |
Slowenien | 7. Dezember | 2004 | 30. April | 2004 |
Tschechische Republik | 21. April | 2004 | 30. April | 2004 |
Ungarn | 24. Juni | 2004 | 30. April | 2004 |
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