916.020
Verordnung
über die Primärproduktion
(VPrP)
vom 23. November 2005 (Stand am 1. Januar 2025)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe a und 44 des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 20141,
gestützt auf die Artikel 159a, 177 und 181 Absatz 3 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 19982,3
verordnet:
1 Diese Verordnung gilt für Betriebe, welche die Primärproduktion betreiben.
2 Sie gilt auch für:
- a.
- das Lagern von Primärprodukten am Erzeugungsort;
- b.
- das Behandeln von zu vermarktenden Primärprodukten am Erzeugungsort, soweit dabei die Beschaffenheit nicht wesentlich verändert wird;
- c.
- das Behandeln von Primärprodukten, die zur Verwendung als Futtermittel auf dem Erzeugerbetrieb bestimmt sind;
- d.
- die Beförderung von Primärprodukten zum Erstabnehmer.
3 Sie gilt nicht für:
- a.
- das Jagen;
- b.
- das Fischen;
- c.
- das Ernten wild wachsender Erzeugnisse.4
1 In dieser Verordnung gelten die folgenden Begriffe:
- a.
- Primärproduktion: die Erzeugung, die Aufzucht und der Anbau von Primärprodukten einschliesslich das Ernten, das Melken und die Aufzucht und Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere vor dem Schlachten.
- b.5
- Primärprodukte: Pflanzen, Algen und Mikroalgen, Pilze und Tiere sowie daraus gewonnene Erzeugnisse der Primärproduktion, die zur Verwendung als Lebensmittel oder Futtermittel bestimmt sind.
2 Für Mikroalgen und Pilze gelten die gestützt auf diese Verordnung erlassenen Ausführungsbestimmungen zur Pflanzenproduktion.6
1 Betriebe, die in der Primärproduktion tätig sind, müssen ihre Aktivität der zuständigen Stelle des Kantons melden, soweit sie nicht bereits aufgrund der Verordnung vom 23. Oktober 20137 über Informationssysteme im Bereich der Landwirtschaft registriert sind. Die zuständigen Stellen der Kantone leiten die Meldung dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) weiter.8
2 Die Meldepflicht nach Absatz 1 gilt nicht für Betriebe, die die folgenden Kriterien erfüllen:
- a.
- die Betriebsfläche umfasst weniger als 1 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, 30 Aren an Spezialkulturen nach Artikel 15 der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 19989 (LBV) und 10 Aren an geschützten Kulturen nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe e LBV;
- b.
- der Betrieb muss nicht nach Artikel 7, 18a oder 21 der Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 199510 registriert werden; und
- c.
- der Betrieb gibt seine Primärprodukte in kleinen Mengen nur direkt oder über lokale Einzelhandelsbetriebe an Konsumentinnen und Konsumenten ab.11
3 Das BLW12 führt ein Register der gemeldeten Betriebe. Es erlässt zuhanden der Kantone Richtlinien über die Art der Erhebung der Daten.
1 Betriebe der Primärproduktion haben alles Erforderliche für die Sicherheit der Lebensmittel und der Futtermittel vorzukehren.
2 Sie sind für die Sicherheit der Primärprodukte verantwortlich.
3 Sie müssen dafür sorgen, dass:
- a.
- das Personal nicht akut an einer durch Lebensmittel übertragbaren Krankheit leidet;
- b.
- das Personal in Bezug auf die Gesundheitsmassnahmen unterrichtet wird;
- c.13
- Kontaminationen durch Tiere, Schädlinge, Abfälle, schädliche Bestandteile der Luft, des Wassers und des Bodens, durch Rückstände von chemischen Stoffen, durch Dünger sowie durch Futtermittel und deren Verpackungsmaterial vermieden werden;
- d.
- Primärprodukte so produziert, gelagert, behandelt und befördert werden, dass diese in ihrer hygienischen Qualität und Sauberkeit nicht beeinträchtigt werden;
- e.
- Ergebnisse von Untersuchungen von Proben von pflanzlichem, tierischem und sonstigem Material, die für die Gesundheit von Mensch und Tier von Belang sind, berücksichtigt werden;
- f.
- beim Einbringen neuer Tiere in einen Bestand besondere Sicherheitsvorkehrungen gegen Ansteckungen mit Krankheiten vorgesehen werden.
4 Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)14 legt Anforderungen fest an:
- a.
- die Produktion von einzelnen Primärprodukten;
- b.
- die Rückverfolgbarkeit.
5 Es kann vorschreiben, dass die Betriebe über ihre Produktion Buch führen.
1 Betriebe der Primärproduktion müssen anhand von schriftlichen Dokumenten jederzeit den Kontrollorganen darüber Auskunft geben können, an wen sie ihre Primärprodukte geliefert haben sowie von wem sie die verwendeten Produktionsmittel bezogen haben. Das WBF bestimmt diese Produktionsmittel.
2 Die Rückverfolgbarkeit gilt nicht für direkte Lieferungen an die Konsumentinnen und Konsumenten oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte.
3 Die in Absatz 1 erwähnten Dokumente sowie die Berichte über Analysen und Untersuchungen von Tieren und Primärprodukten sind während drei Jahren aufzubewahren.
Wer feststellt oder Grund zur Annahme hat, dass er Primärprodukte abgegeben hat, welche die menschliche Gesundheit gefährden oder gefährden können, muss:
- a.
- unverzüglich die erforderlichen Massnahmen treffen, um die betreffenden Erzeugnisse vom Markt zu nehmen;
- b.
- die Vollzugsbehörden unverzüglich informieren;
- c.
- mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um die von den Primärprodukten ausgehende Gefahr für die Gesundheit der Menschen möglichst schnell zu beseitigen.
1 Die Kantone kontrollieren die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung.
2 Sie sorgen dafür, dass die Kontrollen der Primärproduktion nach dieser Verordnung in die Kontrollen nach der Landwirtschafts-, Tierseuchen- und Heilmittelgesetzgebung integriert werden.
3 und 4 …15
1 Die Kontrollen richten sich nach der Verordnung vom 27. Mai 202017 über den mehrjährigen nationalen Kontrollplan für die Lebensmittelkette und die Gebrauchsgegenstände.18
1bis …19
2 Die Kontrolleurinnen und Kontrolleure müssen von den Betrieben, die sie kontrollieren, unabhängig sein. In den Fällen nach Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196820 über was Verwaltungsstrafverfahren müssen sie in den Ausstand treten.
3 Die zuständigen kantonalen Stellen ordnen angemessene Massnahmen an, wenn die Bestimmungen dieser Verordnung nicht beachtet werden.
1 Das BLW beaufsichtigt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) den Vollzug der Vorschriften über die Primärproduktion in den Kantonen. Das BLW und das BLV können nach Anhörung der zuständigen kantonalen Behörden Weisungen betreffend die Kontrolle erlassen. Vorbehalten bleibt Artikel 16 der Milchprüfungsverordnung vom 20. Oktober 201022.23
2 Das BLW erstellt gemeinsam mit dem BLV24 und nach Anhörung der zuständigen kantonalen Behörden einen mehrjährigen nationalen Kontrollplan.
1 Das BLW erstellt gemeinsam mit dem BLV und nach Anhörung der zuständigen kantonalen Behörden sowie der Oberzolldirektion Notfallpläne für das Krisenmanagement. Diese enthalten insbesondere Informationen über:25
- a.
- die Amtsstellen und Organisationen, die zu beteiligen sind;
- b.
- ihre Aufgaben im Krisenfall;
- c.
- die Verfahren des Informationsaustauschs zwischen den beteiligten Amtsstellen und Organisationen.
2 Die Notfallpläne werden im Bedarfsfall überarbeitet, insbesondere bei organisatorischen Änderungen in der zuständigen Behörde und anhand von Erkenntnissen, die unter anderem aus Übungen für den Krisenfall gewonnen werden.
1 Die Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen der Primärproduktion können für die Betriebe Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis ausarbeiten.
2 Das BLW genehmigt im Einvernehmen mit dem BLV die Leitlinien, wenn sie:
- a.
- nach Absprache mit den betroffenen Kreisen ausgearbeitet worden sind;
- b.
- die einschlägigen Verfahrensregeln des Codex Alimentarius27 einhalten;
- c.
- in den genannten Sektoren durchführbar sind; und
- d.
- im Rahmen der Bestimmungen nach den Artikeln 4−6 angewendet werden können.
3 Das BLW kann im Einvernehmen mit dem BLV auf Gesuch der Vertreterinnen und Vertreter hin die Anwendung von Leitlinien genehmigen, die von den Behörden der EU herausgegeben worden sind.
4 Die Anwendung der Leitlinien ist für die Betriebe freiwillig.
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.