0.632.317.581

 AS 2005 5387; BBl 2006 1783

Übersetzung1

Freihandelsabkommen
zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Tunesien

Abgeschlossen in Genf am 17. Dezember 2004
Schweizerische Erklärung über die provisorische Anwendung hinterlegt am 6. April 2005
Von der Schweiz provisorisch angewendet ab 1. Juni 20052

(Stand am 1. Juni 2005)

1 Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der entsprechenden Ausgabe dieser Sammlung.

2 Der Geltungsbereich für dieses Abk. wird anlässlich seines Inkrafttretens veröffentlicht.

Die Republik Island, das Fürstentum Liechtenstein, das Königreich Norwegen
und die Schweizerische Eidgenossenschaft als Mitglieder der Europäischen
Freihandelsassoziation (im Folgenden die EFTA-Staaten genannt) einerseits,
und
die Republik Tunesien (im Folgenden Tunesien genannt) andererseits,
im Folgenden gemeinsam Parteien genannt:

in Erwägung der Bedeutung der zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien bestehenden Bande, insbesondere der im Dezember 1995 in Zermatt unterzeichneten Zusammenarbeitserklärung, und des gemeinsamen Wunsches, diese Bande zu festigen und enge und dauerhafte Beziehungen herzustellen,

eingedenk ihrer Absicht, sich am Prozess der wirtschaftlichen Integration innerhalb der Region Europa-Mittelmeer und der Gründung einer erweiterten und harmonischen Freihandelszone zwischen den Staaten Europas und des Mittelmeerraumes aktiv zu beteiligen, und im Bewusstsein der Integrationsziele der Staaten des Maghreb,

in Anbetracht der Wichtigkeit, die die Parteien den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen3 beimessen, insbesondere der Beachtung der Menschenrechte und der politischen und wirtschaftlichen Freiheiten, welche die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien bilden,

in der Absicht, günstige Voraussetzungen zur Ausweitung und Diversifizierung des gegenseitigen Handels zu schaffen sowie die handels- und wirtschaftspolitische Zusammenarbeit in Bereichen von gemeinsamem Interesse auf der Grundlage der Gleichberechtigung, des beiderseitigen Nutzens, der Nichtdiskriminierung und des Völkerrechts zu fördern,

aufbauend auf ihren gegenseitigen Rechten und Pflichten gemäss dem Abkommen von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation4 (im Folgenden WTO genannt) sowie anderer multilateraler und bilateraler Instrumente der Zusammen­arbeit,

entschlossen, dieses Abkommen mit dem Ziel zu verwirklichen, die Umwelt zu erhalten und zu schützen und eine optimale Nutzung der natürlichen Ressourcen in Übereinstimmung mit den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung sicherzustellen,

in Kenntnis der Absicht der EFTA-Staaten, die Bemühungen zur Liberalisierung der tunesischen Wirtschaft zu unterstützen, um so zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in Tunesien beizutragen,

ihre Bereitschaft bekundend, die Möglichkeiten zur Entwicklung und Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zu prüfen, um sie auf Bereiche auszudehnen, die nicht unter dieses Abkommen fallen,

überzeugt, dass dieses Abkommen Voraussetzungen für die Förderung der gegenseitigen Beziehungen in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Investitionen schaffen wird,

überzeugt, dass dieses Abkommen günstige Voraussetzungen für die Stärkung so­wohl bilateraler als auch multilateraler Beziehungen der Parteien in wirtschaft­lichen, finanziellen, wissenschaftlichen, technischen, sozialen und kulturellen Bereichen schaffen wird,

haben zur Erreichung dieser Ziele folgendes Abkommen (im Folgenden «dieses
Abkommen» genannt) abgeschlossen:

I Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zielsetzungen

1.  Die EFTA-Staaten und Tunesien errichten eine Freihandelszone im Einklang mit den Bestimmungen dieses Abkommens, um die wirtschaftlichen Tätigkeiten in ihren Hoheitsgebieten zu fördern, dadurch die Lebens- und Beschäftigungsbedingungen zu verbessern und zur wirtschaftlichen Integration Europa-Mittelmeer beizutragen.

2.  Die Ziele dieses Abkommens, das auf den Handelsbeziehungen zwischen marktwirtschaftlich orientierten Ländern fusst, sind:

(a)
den Warenhandel in Übereinstimmung mit Artikel XXIV des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (im Folgenden «GATT 19945» genannt) zu liberalisieren;
(b)
schrittweise einen für die Zunahme von Investitionen und Handel mit Dienstleistungen förderlichen Rahmen zu schaffen;
(c)
für faire Wettbewerbsbedingungen im Handel unter den Parteien dieses Abkommens zu sorgen sowie einen angemessenen und wirksamen Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen; und
(d)
die harmonische Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Parteien durch die Ausweitung des Handels, durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit und durch technische Unterstützung zu fördern.

5 SR 0.632.20 Anhang 1A.1

Art. 2 Diesem Abkommen unterliegende Handelsbeziehungen

Dieses Abkommen ist auf Handelsbeziehungen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten einerseits und Tunesien andererseits anwendbar, nicht jedoch auf die Handelsbeziehungen zwischen einzelnen EFTA-Staaten, sofern in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist.

II Warenverkehr

Art. 4 Geltungsbereich

1.  Dieses Kapitel gilt für die folgenden Erzeugnisse mit Ursprung in einem EFTA-Staat oder in Tunesien:

(a)
für alle Erzeugnisse, die unter die Kapitel 25 bis 97 des Harmonisierten Systems (HS) zur Bezeichnung und Codierung der Waren6 fallen, mit Ausnahme der in Anhang II aufgezählten Erzeugnisse;
(b)
für im Protokoll A aufgeführte verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, unter gebührender Beachtung der in diesem Protokoll enthaltenen Bestimmungen;
(c)
für Fische und andere Meeresprodukte, die in Anhang III aufgeführt sind.

2.  Die zwischen Tunesien und jedem einzelnen EFTA-Staat abgeschlossenen bilateralen Vereinbarungen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind Bestandteil der Instrumente zur Errichtung einer Freihandelszone zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien.

Art. 6 Einfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung

1.  Im Handel zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien werden keine neuen Einfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung eingeführt.

2.  Mit Inkrafttreten dieses Abkommens beseitigen die EFTA-Staaten alle Einfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung.

3.  Tunesien beseitigt schrittweise seine Einfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung; Anhang IV bleibt vorbehalten.

Art. 7 Ausgangszollsätze

1.  Die zwischen den Parteien anwendbaren Zollsätze entsprechen den WTO-gebundenen Zöllen oder, wenn diese tiefer sind, den seit dem 1. Januar 2004 angewandten Zollsätzen. Wenn bei, vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens eine Zollreduktion erga omnes vorgenommen wird, gilt dieser reduzierte Zollsatz.

2.  Die Parteien unterrichten sich gegenseitig über die Zollsätze, die am Tage des Inkrafttretens dieses Abkommens zur Anwendung kommen.

Art. 10 Mengenmässige Einfuhrbeschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung

1.  Unbeschadet der Bestimmungen des GATT 1994 gilt Folgendes:

(a)
im Handel zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien werden keine neuen mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen oder Massnahmen gleicher Wirkung eingeführt;
(b)
mit Inkrafttreten dieses Abkommens werden die mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen sowie jegliche Massnahmen gleicher Wirkung im Handel zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien beseitigt.

2.  Absatz 1 Buchstabe b findet auf die Erzeugnisse der Kategorie D in Anhang IV keine Anwendung. Die auf diese Erzeugnisse anwendbaren Massnahmen sollen vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Abkommens vom Gemischten Ausschuss überprüft werden.

Art. 11 Interne Steuern und Regelungen

1.  Die Parteien verpflichten sich, alle internen Steuern und anderen Gebühren und Regelungen in Übereinstimmung mit Artikel III des GATT 1994 sowie anderen massgebenden WTO-Übereinkommen anzuwenden.

2.  Für Erzeugnisse, die ins Hoheitsgebiet einer der Parteien ausgeführt werden, darf keine Erstattung für inländische Abgaben gewährt werden, die höher ist als die auf diesen Erzeugnissen unmittelbar oder mittelbar erhobenen Abgaben.

Art. 12 Technische Vorschriften

1.  Die Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf technische Vorschriften, Normen und Konformitätsbewertung werden durch das WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse7 geregelt.

2.  Die Parteien verstärken ihre Zusammenarbeit in den Bereichen der technischen Vorschriften, der Normen und der Konformitätsbewertung mit dem Ziel, das gegenseitige Verständnis der jeweiligen Systeme zu vertiefen und den Zugang zu ihren jeweiligen Märkten zu erleichtern und somit eine Grundlage für den Abschluss von Abkommen über die gegenseitige Anerkennung vorzubereiten. Die Parteien konsultieren einander im Gemischten Ausschuss, um diese Ziele umzusetzen.

3.  Unbeschadet von Absatz 1 stimmen die Parteien überein, im Rahmen des Gemischten Ausschusses unverzüglich Konsultationen durchzuführen, wenn Tunesien oder eine EFTA-Partei der Meinung sind, eine oder mehrere EFTA-Parteien oder Tunesien hätten Massnahmen ergriffen, die ein Handelshemmnis bilden oder zu bilden drohen, um in Übereinstimmung mit dem WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse eine angemessene Lösung zu finden.

7 SR 0.632.20 Anhang 1A.6

Art. 14 Staatsmonopole

1.  Unbeschadet der Rechte und Pflichten gemäss dem GATT 1994 sorgen die EFTA-Staaten und Tunesien für eine Anpassung aller staatlichen Monopole kommerzieller Natur, so dass nach Inkrafttreten dieses Abkommens sichergestellt ist, dass keine Diskriminierungen zwischen Staatsangehörigen der EFTA-Staaten und Tunesiens bestehen.

2.  Dieser Artikel gilt für jede Institution, durch welche die zuständigen Behörden der Parteien Ein- oder Ausfuhren zwischen den Parteien rechtlich oder tatsächlich, mittelbar oder unmittelbar überwachen, lenken oder wirksam beeinflussen. Er gilt auch für Monopole, die der Staat Dritten überträgt.

Art. 15 Subventionen

1.  Die Rechte und Pflichten der Parteien bezüglich Subventionen richten sich nach den Artikeln VI und XVI des GATT 1994, nach dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen9 sowie nach dem WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft10.

2.  Ist eine Partei der Auffassung, dass sich gewährte Subventionen auf den Handel mit einer andern Partei auswirken, so kann die betroffene Partei in Übereinstimmung mit den oben genannten Übereinkommen und mit den relevanten internen Umsetzungsbestimmungen angemessene Massnahmen ergreifen.

3.  Bevor ein EFTA-Staat oder Tunesien, je nach Fall, entsprechend Artikel 11 des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen eine Untersuchung mit dem Ziel einleitet, das Vorliegen, die Höhe und die Auswirkungen einer angeblichen Subvention in Tunesien oder in einem EFTA-Staat zu ermitteln, muss die Partei, die eine Untersuchung einleiten will, diejenige Partei, deren Waren untersucht werden sollen, schriftlich benachrichtigen und ihr eine Frist von dreissig Tagen gewähren, um eine beiderseits annehmbare Lösung zu finden. Die Konsultationen finden im Rahmen des Gemischten Ausschusses statt, falls eine der Parteien dies innerhalb von zehn Tagen nach Empfang der Notifikation verlangt.

9 SR 0.632.20 Anhang 1A.13

10 SR 0.632.20 Anhang 1A.3

Art. 16 Antidumping

1.  Die Rechte und Pflichten der Parteien bezüglich der Anwendung von Antidumpingmassnahmen werden durch Artikel VI des GATT 1994 und durch das Abkommen über die Durchführung von Artikel VI des GATT 199411 geregelt.

2.  Nachdem ein EFTA-Staat oder Tunesien, je nach Fall, einen gut dokumentierten Antrag erhalten hat und bevor eine Untersuchung nach dem in Absatz 1 genannten Abkommen eingeleitet wird, unterrichtet die betroffene Partei die andere Partei, deren Güter angeblich gedumpt werden, schriftlich über den Antrag und ermöglicht Konsultationen, um eine beiderseits annehmbare Lösung zu finden. Die Ergebnisse der Konsultationen werden den anderen Parteien bekannt gegeben.

3.  Auf Antrag einer Partei überprüfen die Parteien den Inhalt dieses Artikels im Rahmen des Gemischten Ausschuss.

11 SR 0.632.20 Anhang 1A.8

Art. 17 Wettbewerbsregeln betreffend Unternehmen

1.  Soweit sie geeignet sind, den Handel zwischen einem EFTA-Staat und Tunesien zu beeinträchtigen, sind mit dem guten Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar:

(a)
alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken;
(b)
das missbräuchliche Ausnutzen einer beherrschenden Stellung im gesamten Hoheitsgebiet einer Partei oder in einem wesentlichen Teil davon durch ein oder mehrere Unternehmen.

2.  Absatz 1 soll auch auf öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder exklusiven Rechten Anwendung finden, sofern die Anwendung dieses Absatzes die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, die den Unternehmen zugewiesen wurden, weder de jure noch de facto vereitelt.

3.  Die Absätze 1 und 2 sind nicht so auszulegen, als entstünden den Unternehmen daraus unmittelbare Verpflichtungen.

4.  Ist eine Partei der Auffassung, dass eine Verhaltensweise mit den Absätzen 1 und 2 unvereinbar ist, so unterstützen die betroffenen Parteien den Gemischten Ausschuss mit allen Mitteln, die für die Untersuchung des Falls notwendig sind, und unterbinden gegebenenfalls die beanstandete Verhaltensweise. Hat die betreffende Partei innerhalb des vom Gemischten Ausschuss festgesetzten Zeitraums die beanstandete Verhaltensweise nicht unterbunden oder ist der Gemischte Ausschuss nicht in der Lage, nach Abschluss der Konsultationen oder dreissig Tage, nachdem um diese Konsultationen nachgesucht wurde, zu einer Einigung zu gelangen, so kann die betroffene Partei geeignete Massnahmen treffen, um den sich aus den beanstandeten Verhaltensweisen ergebenden Schwierigkeiten abzuhelfen. Die Anwendung und die Aufhebung solcher Massnahmen richten sich nach Artikel 37.

Art. 18 Schutzmassnahmen bei der Einfuhr bestimmter Waren

1.  Wird ein Erzeugnis mit Ursprung in einer Partei infolge der Anwendung dieses Abkommens in derart erhöhten Mengen und unter derartigen Bedingungen in das Hoheitsgebiet einer anderen Partei eingeführt, dass den inländischen Erzeugern gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Erzeugnisse im Hoheitsgebiet der einführenden Partei erheblicher Schaden zugefügt wird oder zugefügt zu werden droht oder dass ernste Störungen in einem Wirtschaftzweig oder Schwierigkeiten, die regional zu einer ernsthaften Verschlechterung der Wirtschaftslage führen können, bewirkt werden oder bewirkt zu werden drohen, so kann die einführende Partei Schutzmassnahmen in Übereinstimmung mit Artikel XIX des GATT 1994 und dem WTO-Übereinkommen über Schutzmassnahmen12 treffen.

2.  Bevor Schutzmassnahmen nach Artikel XIX des GATT 1994 und dem WTO-Übereinkommen über Schutzmassnahmen angewendet werden, lässt die Partei, die Schutzmassnahmen zu ergreifen beabsichtigt, dem Gemischten Ausschuss alle relevanten Informationen zukommen, die für eine eingehende Prüfung im Hinblick auf eine für die Parteien akzeptable Lösung notwendig sind.

3.  Um eine Lösung zu finden, halten die Parteien unverzüglich Konsultationen im Gemischten Ausschuss ab. Gelangen die Parteien, als Ergebnis dieser Konsultationen, innerhalb von 30 Tagen nach deren Beginn zu keiner Einigung zur Vermeidung der Anwendung von Schutzmassnahmen, so kann die Partei, die Schutzmassnahmen zu ergreifen beabsichtigt, solche in Übereinstimmung mit Artikel XIX des GATT 1994 und dem WTO-Übereinkommen über Schutzmassnahmen erlassen.

4.  Unterwirft ein EFTA-Staat oder Tunesien die Einfuhr von Erzeugnissen, die angeblich zu den in diesem Artikel genannten Schwierigkeiten führen, einem Verwaltungsverfahren, das der raschen Informationsgewinnung bezüglich der Entwicklung der Handelsströme dient, so unterrichtet die betreffende Partei die andere Partei darüber.

5.  Liegen kritische Umstände vor, unter denen ein Aufschub einen schwer wiedergutzumachenden Schaden verursachen würde, so können die in Absatz 1 genannten Massnahmen ohne vorgängige Konsultationen ergriffen werden, sofern solche Konsultationen unmittelbar nach dem Erlass solcher Massnahmen durchgeführt werden.

6.  Bei der Wahl der Schutzmassnahmen nach diesem Artikel ist solchen Massnahmen Vorrang einzuräumen, die das Erreichen der Ziele dieses Abkommens am wenigsten behindern.

7.  Schutzmassnahmen sind unverzüglich dem Gemischten Ausschuss zu notifizieren und sind Gegenstand regelmässiger Konsultationen im Ausschuss, insbesondere im Hinblick auf die Festlegung eines Zeitplans für ihre Aufhebung, sobald es die Umstände zulassen.

12 SR 0.632.20 Anhang 1A.14

Art. 19 Strukturelle Anpassungen

1.  Tunesien kann befristete Ausnahmemassnahmen in Form von Zollerhöhungen ergreifen, die von Artikel 6 abweichen.

2.  Diese Massnahmen können nur zu Gunsten neu entstehender oder in Restrukturierung begriffener Wirtschaftszweige ergriffen werden oder zu Gunsten von Sektoren, die mit ernsthaften Schwierigkeiten kämpfen, insbesondere wenn diese erheb­liche soziale Probleme zur Folge haben.

3.  Nach Ergreifung der Ausnahmemassnahmen dürfen die in Tunesien auf aus den EFTA-Staaten eingeführte Ursprungserzeugnisse angewendeten Zollansätze, die durch solche Ausnahmemassnahmen eingeführt werden, 25 % ad valorem nicht übersteigen und müssen eine Präferenzmarge für Ursprungserzeugnisse aus den EFTA-Staaten beinhalten. Der Gesamtwert der eingeführten Erzeugnisse, die diesen Massnahmen unterliegen, darf nicht mehr als 15 % des Gesamtwerts der Industrieerzeugnisse aus den EFTA-Staaten nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a, die innerhalb des letzten Jahres eingeführt wurden und für die statistische Angaben vorliegen, betragen.

4.  Tunesien unterrichtet den Gemischten Ausschuss über alle Ausnahmemassnahmen, die es zu ergreifen beabsichtigt, und vor deren Umsetzung sind auf Gesuch der EFTA-Staaten im Gemischten Ausschuss Konsultationen über solche Massnahmen und über die betroffenen Wirtschaftszweige abzuhalten. Bei der Ergreifung solcher Massnahmen unterbreitet Tunesien dem Gemischten Ausschuss einen Zeitplan für die Aufhebung der gestützt auf diesen Artikel erhobenen Zölle. Dieser Zeitplan muss einen schrittweisen Abbau dieser Zölle, der nicht später als zwei Jahre nach der Einführung der Massnahmen beginnt, in gleichen jährlichen Raten vorsehen, ausser der Gemischte Ausschuss legt einen anderen Zeitplan fest.

5.  Die Anwendungsfrist der in diesem Artikel genannten Ausnahmemassnahmen darf den Zeitraum von fünf Jahren nicht überschreiten. Alle Ausnahmemassnahmen, die strukturelle Anpassungen betreffen, müssen drei Jahre nach der in Anhang IV genannten Übergangsfrist aufgehoben werden. Der Gemischte Ausschuss kann Fristen festlegen, die von den in diesem Absatz genannten abweichen.

Art. 20 Wiederausfuhr und ernster Versorgungsengpass

1.  Wenn auf Grund der Anwendung von Artikel 9:

(a)
eine Wiederausfuhr in ein Drittland erfolgt, dem gegenüber die ausführende Partei für das jeweilige Erzeugnis mengenmässige Ausfuhrbeschränkungen, Ausfuhrzölle oder Massnahmen und Abgaben gleicher Wirkung aufrechterhält; oder
(b)
im Zusammenhang mit einem für die ausführende Partei wichtigen Erzeugnis ein ernster Versorgungsengpass entsteht oder zu entstehen droht;

und wenn der ausführenden Partei in den vorgenannten Situationen ernste Schwierigkeiten entstehen oder zu entstehen drohen, kann diese Partei geeignete Massnahmen ergreifen.

2.  Die Partei, die Massnahmen nach diesem Artikel zu ergreifen beabsichtigt, benachrichtigt unverzüglich die anderen Parteien und den Gemischten Ausschuss hiervon. Der Gemischte Ausschuss prüft die Lage und kann alle zu deren Beendigung notwendigen Entscheidungen treffen. Trifft der Gemischte Ausschuss innerhalb von dreissig Tagen nach der Notifikation keinen Entscheid, so kann die betroffene Partei geeignete Massnahmen ergreifen, um das Problem zu beheben. Der Gemischte Ausschuss ist unverzüglich darüber zu unterrichten. Bei der Wahl der Massnahmen ist denjenigen Vorrang einzuräumen, die das Funktionieren dieses Abkommens am wenigsten beeinträchtigen.

3.  Verunmöglichen aussergewöhnliche und schwerwiegende Umstände, die ein sofortiges Handeln erfordern, je nach Fall eine vorhergehende Unterrichtung oder Prüfung, so kann die betroffene Partei unverzüglich vorläufige Massnahmen ergreifen, die notwendig sind, um der Lage zu begegnen. Sie unterrichtet unverzüglich die anderen Parteien und den Gemischten Ausschuss darüber.

4.  Die ergriffenen Massnahmen sind Gegenstand regelmässiger Konsultationen im Gemischten Ausschuss im Hinblick auf die Festlegung eines Zeitplans für ihrer Aufhebung, sobald es die Umstände zulassen.

Art. 21 Allgemeine Ausnahmen

Dieses Abkommen steht Verboten oder Beschränkungen der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Waren nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, zum Schutze des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert, zum Schutz des geistigen Eigentums, der Regelungen betreffend Gold oder Silber oder von Massnahmen zur Bewahrung nicht erneuerbarer natürlicher Ressourcen gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Parteien darstellen.

Art. 22 Ausnahmen aus Gründen der Sicherheit

Dieses Abkommen hindert eine Partei nicht daran, Massnahmen zu ergreifen, die sie als erforderlich erachtet:

(a)
um Auskünfte zu verweigern, deren Preisgabe ihren wesentlichen Sicherheitsinteressen zuwiderläuft;
(b)
zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen, zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen oder zur Befolgung nationaler Politiken
(i)
betreffend den Handel mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial, sofern derartige Massnahmen die Wettbewerbsbedingungen für nicht für spezifisch militärische Zwecke bestimmte Erzeugnisse nicht verfälschen, sowie mit anderen Waren, Materialien und Dienstleistungen, die unmittelbar oder mittelbar für eine militärische Einrichtung bestimmt sind; oder
(ii)
betreffend die Nichtweiterverbreitung von biologischen und chemischen Waffen, Atomwaffen oder anderen Kernsprengstoffen; oder
(iii)
die in Kriegszeiten oder in Zeiten anderer ernsthafter internationaler Spannungen getroffen werden.

III Schutz des geistigen Eigentums

Art. 23 Schutz des geistigen Eigentums

1.  In Übereinstimmung mit den diesem Artikel, mit Anhang V dieses Abkommens und mit den darin erwähnten internationalen Abkommen gewähren und gewährleisten die Parteien einen angemessenen, wirksamen und nicht diskriminierenden Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, der den Erlass von Massnahmen einschliesst, welche die Beachtung dieser Rechte im Falle von Verletzung, Fälschung und Nachahmung vorsehen.

2.  Die Parteien gewähren den Staatsangehörigen der anderen Parteien eine Behandlung, die nicht ungünstiger ist als diejenige, die sie ihren eigenen Staatsangehörigen gewähren. Ausnahmen von dieser Verpflichtung müssen in Übereinstimmung stehen mit den materiellen Bestimmungen von Artikel 3 des WTO-Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum13 (im Folgenden TRIPS-Abkommen genannt).

3.  Die Parteien gewähren den Staatsangehörigen der anderen Parteien eine Behandlung, die nicht ungünstiger ist als diejenige, die sie den Angehörigen eines jeden anderen Staates gewähren. Ausnahmen von dieser Verpflichtung müssen in Übereinstimmung mit den materiellen Bestimmungen des TRIPS-Abkommens, insbesondere mit dessen Artikeln 4 und 5, stehen.

4.  Die Parteien vereinbaren, auf Antrag einer Partei und in Übereinstimmung mit allen Parteien, die in diesem Artikel und in Anhang V enthaltenen Bestimmungen über den Schutz des geistigen Eigentums mit dem Ziel zu überprüfen, das Schutz­niveau zu verbessern und die Entwicklung des Handels zwischen den Parteien zu fördern.

13 SR 0.632.20 Anhang 1C

IV Investitionen

Art. 24 Voraussetzungen für Investitionen

1.  Die Parteien schaffen beständige, günstige und transparente Bedingungen für Unternehmen der andern Parteien, die in ihrem Hoheitsgebiet Investitionen vornehmen oder vorzunehmen beabsichtigen.

2.  Die Investitionen von Investoren einer Partei geniessen im Hoheitsgebiet der anderen Parteien umfassenden Schutz und Sicherheit, und in Übereinstimmung mit dem massgeblichen internationalen Recht wird ihnen jederzeit eine gerechte und billige Behandlung gewährt.

Art. 25 Förderung der Investitionen

Die Parteien anerkennen die Wichtigkeit der Förderung von gegenseitigen Investi­tions- und Technologieflüssen für das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung. Zu diesem Zweck beinhaltet die Zusammenarbeit Folgendes:

(a)
angemessene Massnahmen für die Identifizierung von Investitionsmöglichkeiten sowie Informationskanäle bezüglich investitionsrelevanter Regelungen;
(b)
die Zurverfügungstellung von Informationen über Massnahmen der Parteien bezüglich Investitionsförderung im Ausland (technische Unterstützung, finanzieller Beistand, Investitionsversicherung usw.);
(c)
die Schaffung eines für Investitionen günstigen rechtlichen Umfelds, einschliesslich des Abschlusses internationaler Abkommen; und
(d)
die Konzipierung und Umsetzung von Entwicklungsprojekten, auch im Hinblick auf die Beteiligung ausländischer Investoren.

V Dienstleistungen

Art. 26 Dienstleistungshandel

1.  Die Parteien streben eine schrittweise Liberalisierung und gegenseitige Öffnung ihrer Märkte für den Dienstleistungshandel an, in Übereinstimmung mit dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen14 (im Folgenden GATS genannt) und unter Berücksichtigung der laufenden Arbeiten im Rahmen der WTO. Zu diesem Zweck überprüfen die Parteien gemeinsam Entwicklungen im Dienstleistungssektor und prüfen die Verwirklichung von Liberalisierungsmassnahmen, unter Berücksichtigung von Artikel V des GATS.

2.  Gewährt eine Partei einer Nicht-Partei nach Inkrafttreten dieses Abkommens zusätzliche Vorteile für den Zugang zu ihren Dienstleistungsmärkten, so erklärt sie sich bereit, im Gemischten Ausschuss Konsultationen aufzunehmen, um die Angelegenheit im Lichte der in Absatz 1 aufgeführten Ziele zu behandeln.

14 SR 0.632.20 Anhang 1B

VI Laufende Zahlungen und Kapitalverkehr

Art. 28 Kapitalverkehr

Was die Transaktionen bezüglich des Kapitalverkehrs in der Zahlungsbilanz anbelangt, so sorgen die EFTA-Staaten und Tunesien ab Inkrafttreten dieses Abkommens dafür, dass sich das Kapital von Direktinvestitionen in Tunesien in Unternehmen, die in Übereinstimmung mit dem massgeblichen Recht gegründet worden sind, frei bewegen kann und dass der erzielte Investitionsertrag und die daraus stammenden Gewinne gewechselt und repatriiert werden können.

Art. 29 Zahlungsbilanzschwierigkeiten

Bei bereits eingetretenen oder bei unmittelbar drohenden Zahlungsbilanzschwierigkeiten eines EFTA-Staates oder Tunesiens können die EFTA-Staaten oder Tunesien, je nach Fall, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des GATT 1994 und mit den Artikeln VIII und XIV des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds15 Beschränkungen für laufende Zahlungen erlassen, die zeitlich begrenzt sind und das zur Behebung der Zahlungsbilanzschwierigkeiten unbedingt notwendige Mass nicht überschreiten. Die EFTA-Staaten oder Tunesien unterrichten die anderen Parteien unverzüglich hiervon und unterbreiten ihnen so schnell wie möglich einen Zeitplan für die Beseitigung der entsprechenden Massnahmen.

VII Öffentliches Beschaffungswesen

Art. 30 Öffentliches Beschaffungswesen

1.  Die Parteien setzen sich eine gegenseitige und schrittweise Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens zum Ziel.

2.  Gewährt eine Partei einer Nicht-Partei Zugang zu ihren öffentlichen Beschaffungsmärkten, so nimmt sie im Gemischten Ausschuss Konsultationen auf, um die Angelegenheit im Lichte der in Absatz 1 aufgeführten Ziele zu behandeln.

VIII Wirtschaftliche Zusammenarbeit und technische Unterstützung


Art. 31 Ziele und Anwendungsbereich

1.  Die EFTA-Staaten erklären sich bereit, sich für die wirtschaftliche Zusammen­arbeit einzusetzen und Tunesien im Einklang mit den Zielen ihrer jeweiligen Politik technische Unterstützung zu gewähren im Hinblick auf:

(a)
die Erleichterung der Umsetzung der allgemeinen Ziele dieses Abkommens, insbesondere hinsichtlich der Förderung der Handels- und Investitionsmöglichkeiten, die aus diesem Abkommen erwachsen;
(b)
die Unterstützung der Bemühungen Tunesiens, eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu erreichen.

2.  Die Zusammenarbeit und die Unterstützung konzentrieren sich auf Sektoren, die unter internen Schwierigkeiten leiden oder die vom Liberalisierungsprozess der tunesischen Wirtschaft betroffen sind sowie auf Sektoren, welche die jeweilige Wirtschaft der EFTA-Staaten und Tunesien näher zusammenführen, insbesondere solche, die Wachstum und Arbeitsplätze schaffen.

Art. 32 Methoden und Instrumente

1.  Die Zusammenarbeit und die Unterstützung werden bilateral, mittels EFTA‑Programmen oder einer Kombination beider ausgeführt.

2.  Die Parteien arbeiten mit dem Ziel zusammen, die wirksamsten Methoden und Instrumente zur Umsetzung dieses Kapitels zu bestimmen und anzuwenden. Um dies zu erreichen, können sie ihre Anstrengungen mit den zuständigen internationalen Organisationen koordinieren.

3.  Dem Schutz der Umwelt wird bei der Umsetzung der Unterstützung in den verschiedenen betroffenen Sektoren Rechnung getragen.

4.  Die Zusammenarbeit und die Unterstützung können folgende Instrumente umfassen:

(a)
Informationsaustausch, Technologietransfer und Ausbildung;
(b)
die Durchführung gemeinsamer Tätigkeiten wie Seminare und Workshops;
(c)
die technische und administrative Unterstützung;
(d)
die finanzielle Zusammenarbeit wie Darlehen zu Vorzugsbedingungen und Entwicklungsfonds.
Art. 33 Bereiche der Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit und Unterstützung kann alle von den Parteien gemeinsam identifizierten Bereiche betreffen, welche die Fähigkeit Tunesiens, aus verstärktem internationalem Handel und Investitionen Nutzen zu ziehen, erhöht, insbesondere:

(a)
die Förderung und Erleichterung des Handels sowie die Entwicklung der Märkte;
(b)
Zoll- und Ursprungsfragen, einschliesslich der beruflichen Weiterbildung im Zollbereich;
(c)
die Modernisierung wirtschaftlicher Sektoren wie Fischfang und Fischzucht, Industrie und Gewerbe, Nahrungsmittelindustrie, Finanzdienstleistungen, Tourismus;
(d)
technische Vorschriften sowie gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen, einschliesslich der Standardisierung und Zertifizierung;
(e)
die regulatorische Unterstützung und Unterstützung bei der Umsetzung von Gesetzen in Bereichen wie geistiges Eigentum und öffentliches Beschaffungswesen.

IX Institutionelle und verfahrensrechtliche Bestimmungen

Art. 34 Der Gemischte Ausschuss

1.  Die Durchführung dieses Abkommens obliegt einem Gemischten Ausschuss. Jede Partei ist im Gemischten Ausschuss vertreten.

2.  Zur ordnungsgemässen Durchführung dieses Abkommens tauschen die Parteien Informationen aus und halten auf Antrag einer jeden Partei im Gemischten Ausschuss Konsultationen ab. Der Gemischte Ausschuss prüft laufend die Möglichkeit eines weiteren Abbaus der Handelsschranken zwischen den EFTA-Staaten und Tunesien.

3.  Der Gemischte Ausschuss kann in den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen Beschlüsse fassen. In den übrigen Fällen kann er Empfehlungen aussprechen.

Art. 35 Verfahren des Gemischten Ausschusses

1.  Zur ordnungsgemässen Durchführung dieses Abkommens tritt der Gemischte Ausschuss auf Antrag einer Partei so oft als erforderlich zusammen, in der Regel aber alle zwei Jahre.

2.  Der Gemischte Ausschuss handelt im gegenseitigen Einvernehmen.

3.  Hat ein Vertreter einer Partei im Gemischten Ausschuss einen Beschluss unter Vorbehalt der Erfüllung verfassungsrechtlicher Vorschriften angenommen, so tritt der Beschluss, sofern er keinen späteren Zeitpunkt vorsieht, an dem Tag in Kraft, an dem die Aufhebung des Vorbehaltes notifiziert worden ist.

4.  Der Gemischte Ausschuss gibt sich für die Zwecke dieses Abkommens eine Geschäftsordnung, die unter anderem Bestimmungen über die Einberufung von Sitzungen und über die Ernennung und die Amtsdauer der oder des Vorsitzenden enthält.

5.  Der Gemischte Ausschuss kann bei Bedarf die Einsetzung von Unterausschüssen und Arbeitsgruppen beschliessen, die ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben zur Seite stehen.

Art. 36 Erfüllung von Verpflichtungen und Konsultationen

1.  Die Parteien ergreifen alle erforderlichen Massnahmen, um die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Abkommen sicherzustellen. In Streitfällen über Aus­legung und Anwendung dieses Abkommens tun die Parteien ihr Möglichstes, um durch Zusammenarbeit und Konsultationen zu beiderseits annehmbaren Lösungen zu gelangen.

2.  Jede Partei kann schriftlich Konsultationen mit jeder anderen Partei bezüglich einer bestehenden oder vorgesehenen Massnahme oder jeder anderen Angelegenheit verlangen, die ihrer Einschätzung nach die Durchführung dieses Abkommens beeinträchtigen könnte. Die Partei, welche die Konsultation verlangt, benachrichtigt gleichzeitig schriftlich die anderen Parteien, unter Angabe aller zweckdienlichen Informationen.

3.  Auf Antrag einer Partei innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingang der in Absatz 2 erwähnten Notifikation finden die Konsultationen im Rahmen des Gemischten Ausschusses statt, um eine gegenseitig annehmbare Lösung zu finden.

Art. 37 Vorläufige Massnahmen

Ist ein EFTA-Staat der Auffassung, dass Tunesien, oder ist Tunesien der Auffassung, dass ein EFTA-Staat seinen Verpflichtungen nach diesem Abkommen nicht nachgekommen ist, und hat der Gemischte Ausschuss innerhalb von drei Monaten keine einvernehmliche Lösung gefunden, so kann die betroffene Partei diejenigen vorläufigen Ausgleichsmassnahmen ergreifen, die zur Wiederherstellung des Gleichgewichts angemessen und unbedingt erforderlich sind. Es ist denjenigen Massnahmen Vorrang zu geben, die das Funktionieren dieses Abkommens am wenigsten beeinträchtigen. Die ergriffenen Massnahmen sind den Parteien und dem Gemischten Ausschuss unverzüglich mitzuteilen. Dieser hält im Hinblick auf deren Aufhebung regelmässige Konsultationen ab. Die Massnahmen sind aufzuheben, sobald die Umstände deren Aufrechterhaltung nicht mehr rechtfertigen oder, falls die Streitigkeit dem Schiedsverfahren zugeleitet worden ist, sobald ein Schiedsgerichtsentscheid vorliegt und diesem nachgekommen wurde.

Art. 38 Schiedsgerichtsverfahren

1.  In Bezug auf Streitigkeiten zwischen den Parteien über die Auslegung der Rechte und Pflichten der Parteien nach diesem Abkommen, die nicht innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des schriftlichen Gesuchs um Konsultationen durch direkte Konsultationen oder im Gemischten Ausschuss gelöst werden konnten, kann durch jede Streitpartei mittels schriftlicher Notifikation an die andere Streitpartei das Schiedsgerichtsverfahren eröffnet werden. Eine Kopie dieser Notifikation ist allen anderen Parteien zuzustellen. Verlangen mehrere Parteien, dass eine Streitsache, die eine und dieselbe Partei und Streitfrage betrifft, einem Schiedsgericht vorgelegt wird, so soll nach Möglichkeit ein einziges Schiedsgericht eingesetzt werden.

2.  Die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Schiedsgerichts werden in Anhang VI geregelt. Der Schiedsspruch des Gerichts ist endgültig und für die Streitparteien bindend.

X Schlussbestimmungen

Art. 39 Evolutivklausel

1.  Die Parteien überprüfen dieses Abkommen im Lichte der weiteren Entwicklungen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere im Rahmen der WTO, und prüfen in diesem Zusammenhang im Lichte aller massgeblichen Faktoren die Möglichkeit, die durch dieses Abkommen errichtete Zusammenarbeit weiter auszubauen, zu vertiefen und sie auf neue, von diesem Abkommen nicht abgedeckte Bereiche auszudehnen. Die Parteien können den Gemischten Ausschuss mit der Prüfung dieser Möglichkeit und, wo angemessen, mit der Ausarbeitung von Empfehlungen beauftragen, insbesondere im Hinblick auf die Aufnahme von Verhandlungen.

2.  Vereinbarungen, die aus dem in Absatz 1 genannten Verfahren hervorgehen, bedürfen der Ratifizierung oder Genehmigung durch die Parteien nach deren eigenen Verfahren.

Art. 40 Anhänge und Protokolle

Die Anhänge und Protokolle zu diesem Abkommen sind Bestandteile dieses Abkommens. Der Gemischte Ausschuss kann Änderungen der Anhänge und Protokolle beschliessen.

Art. 41 Änderungen

1.  Änderungen dieses Abkommens werden, nach Gutheissung durch den Gemischten Ausschuss, den Parteien zur Ratifizierung, Annahme oder Genehmigung unterbreitet.

2.  Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, treten die Änderungen am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der letzten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.

3.  Der Änderungstext sowie die Annahmeurkunden werden beim Depositar hinterlegt.

Art. 42 Beziehung zu anderen internationalen Abkommen

1.  Dieses Abkommen steht der Beibehaltung oder dem Abschluss von Zollunionen, Freihandelszonen, Grenzverkehrsregelungen und anderen präferenziellen Abkommen nicht entgegen, soweit sie keine negativen Auswirkungen auf das in diesem Abkommen vorgesehene Handelsregime haben.

2.  Die Parteien bekräftigen die Rechte und Pflichten, die ihnen aus der WTO und anderen in deren Rahmen verhandelter Abkommen, deren Parteien sie sind, sowie aus allen anderen internationalen Abkommen, deren Parteien sie sind, erwachsen.

3.  Tritt eine Partei einer Zollunion oder einem Freihandelsabkommen mit einer Drittpartei bei, so ist sie auf Anfrage jeder andern Partei zu Konsultationen mit dieser bereit.

Art. 43 Beitritt

1.  Jeder neue Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation kann auf Beschluss des Gemischten Ausschusses und zu den in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen, die zwischen dem beitretenden Staat und den betroffenen Parteien auszuhandeln sind, diesem Abkommen beitreten. Die Beitrittsurkunde wird beim Depositar hinterlegt.

2.  Für einen beitretenden Staat tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats nach der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde oder der Zustimmung der bestehenden Parteien zu den Beitrittsbestimmungen und -bedingungen in Kraft.

Art. 44 Rücktritt und Beendigung

1.  Jede Partei kann mittels einer schriftlichen Notifikation, die dem Depositar zugestellt wird, von diesem Abkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird sechs Monate nach dem Datum, an dem der Depositar die Notifikation erhalten hat, wirksam.

2.  Jeder EFTA-Staat, der vom Übereinkommen über die Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation zurücktritt, hört am Tag, an dem der Rücktritt Wirkung erlangt, ipso facto auf, Partei dieses Abkommen zu sein.

Art. 45 Inkrafttreten

1.  Dieses Abkommen unterliegt der Ratifizierung, Annahme oder Genehmigung. Die entsprechenden Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Depositar hinterlegt.

2.  Dieses Abkommen tritt am 1. Juni 2005 für die Unterzeichnerstaaten in Kraft, die bis dahin die Ratifikations- oder Annahmeurkunde beim Depositar hinterlegt haben, vorausgesetzt, Tunesien gehöre zu den Staaten, welche die Ratifikations- oder Annahmeurkunde hinterlegt haben.

3.  Tritt dieses Abkommen nicht am 1. Juni 2005 in Kraft, so tritt es am ersten Tag des zweiten Monats nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden durch Tunesien und mindestens einen EFTA-Staat in Kraft.

4.  Für einen EFTA-Staat, der seine Ratifikationsurkunde nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens hinterlegt, tritt dieses Abkommen am ersten Tag des zweiten Monats nach der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

5.  Falls seine verfassungsmässigen Bestimmungen dies erlauben, kann jeder EFTA-Staat dieses Abkommen vorläufig anwenden. Die vorläufige Anwendung des Abkommens nach diesem Absatz wird dem Depositar notifiziert.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hierzu gebührend befugten Unterzeichner dieses Abkommen unterschrieben.

Geschehen zu Genf, am 17. Dezember 2004, in je zwei Urschriften in englischer und in französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist. Im Konfliktfall geht der englische Wortlaut vor. Eine Urschrift in jeder Sprache wird bei der Regierung Norwegens hinterlegt.

(Es folgen die Unterschriften)

Inhaltsverzeichnis

Liste der Anhänge16

16 Diese Dokumente werden weder in der AS noch der SR ver­öffentlicht. Sie sind nur in englischer und französischer Originalsprache ver­fügbar und können eingesehen werden auf der Internetseite der EFTA unter folgender Adresse: http://www.efta.int/free-trade/free-trade-agreements/tunisia/

Record of understanding

Annex I

Referred to in Article 3 – Territorial application

Annex II

Referred to in paragraph 1(a) of Article 4 – Products not covered by the Agreement

Annex III

Referred to in paragraph 1(c) of Article 4 – Fish and other marine products

Annex IV

Referred to in paragraph 3 of Article 6 – Customs duties on imports and charges having equivalent effect

Annex V

Referred to in Article 23 – Protection of intellectual property

Annex VI

Referred to in Article 38 – Constitution and functioning of the arbitral tribunal

Appendix to Annex IV

Protocol A

Referred to in paragraph 1(b) of Article 4 – Processed agricultural products

Table I to Protocol A

Table II to Protocol A – Iceland

Table III to Protocol A – Liechtenstein, Switzerland

Table IV to Protocol A – Norway

Table V to Protocol A – Tunisia

Protocol B

Referred to in Article 5 – Concerning the definition of the concept of
«originating products» and methods of administrative co-operation

Annex I to Protocol B – Introductory notes to the list in Annex II

Annex II to Protocol B – List of working or processing required to be carried out on non-originating materials in order that the product manufactured can obtain originating status

Annex III A to Protocol B – Specimens of movement certificate EUR 1 and application for a movement certificate EUR 1

Annex III B to Protocol B – Specimens of movement certificate EUR-MED and application for a movement certificate EUR-MED

Annex IV A to Protocol B – Text of the invoice declaration

Annex IV B to Protocol B – Text of the invoice declaration EUR-MED

Annex V to Protocol B – List of countries or territories participating in the Euro-Mediterranean partnership

Annex VI to Protocol B – Supplier’s declaration

Annex VII to Protocol B – Long-term supplier’s declaration