961.011

Verordnung
über die Beaufsichtigung von privaten
Versicherungsunternehmen

(Aufsichtsverordnung, AVO)

vom 9. November 2005 (Stand am 23. Januar 2023)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf das Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 20041 (VAG),
Artikel 15 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 20002
sowie in Anwendung des Abkommens vom 10. Oktober 19893 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der EWG betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung und
des Abkommens vom 19. Dezember 19964 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die
Direktversicherung,

verordnet:

1. Titel: Geltungsbereich

Art. 1 Versicherungstätigkeit in der Schweiz

1 Eine Versicherungstätigkeit in der Schweiz liegt, unabhängig von der Art und vom Ort des Vertragsschlusses vor, wenn:

a.
eine in der Schweiz domizilierte natürliche oder juristische Person zu den Versicherungsnehmern oder Versicherungsnehmerinnen oder zu den Versicher­ten gehört; oder
b.
in der Schweiz gelegene Sachen versichert werden.

2 Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland ohne Niederlassung in der Schweiz unterstehen nicht der Versicherungsaufsicht, wenn sie in der Schweiz ausschliesslich fol­gende Versicherungsgeschäfte tätigen:

a.
Deckung von Versicherungsrisiken im Zusammenhang mit Hochseeschiff­fahrt, Luftfahrt und grenzüberschreitenden Transporten;
b.
Deckung für im Ausland gelegene Risiken;
c.
Deckung von Kriegsrisiken.

3 Die Absätze 1 und 2 gelten für die Versicherungsvermittlung sinngemäss.

2. Titel: Aufnahme der Versicherungstätigkeit

1. Kapitel: Allgemeines

Art. 3 Umfang der Bewilligung

1 Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) erteilt die Bewilligung zum Geschäftsbetrieb für einen oder mehrere Versicherungszweige nach Anhang 1.6

2 Die Bewilligung zum Betrieb eines Schadenversicherungszweigs ermächtigt auch zum Betrieb der Versicherungszweige B1–B13, B16 und B18, sofern die zugerechne­ten Risiken:

a.
im Zusammenhang mit dem Hauptrisiko stehen oder den Gegenstand betref­fen, der gegen das Hauptrisiko versichert ist; und
b.
durch den gleichen Vertrag gedeckt werden, der das Hauptrisiko deckt.

3 Das dem Versicherungszweig B17 zugerechnete Risiko darf unter den Bedin­gungen von Absatz 2 ohne besondere Bewilligung gedeckt werden, sofern dieses Risiko:

a.
im Zusammenhang mit den dem Versicherungszweig B18 zugerechneten Risiken steht; oder
b.
sich auf Streitigkeiten oder Ansprüche bezieht, die aus dem Einsatz von Schif­fen auf See entstehen oder mit diesem Einsatz verbunden sind.

4 Die Bewilligung zum Betrieb der Versicherungszweige A1, A3, A4 und A5 sowie B1 und B2 ermächtigt auch zum Betrieb der Invaliditätsversicherung.

5 Die Bewilligung zum Betrieb der Direktversicherung ermächtigt auch zum Betrieb der Rückversicherung in den bewilligten Versicherungszweigen.

6 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 4 Bewilligung von Fusionen, Spaltungen und Umwandlungen

1 Die FINMA7 erteilt die Bewilligung nach Artikel 3 Absatz 2 VAG, wenn der Schutz der Versicherten, insbesondere der Schutz vor Insolvenzrisiken des übernehmenden Versicherungsunternehmens und vor Missbräuchen, gewährleistet ist.

2 Bei Fusionen, Spaltungen und Umwandlungen haben die betroffenen Unternehmen si­cherzustellen, dass bestehende Versicherungsverhältnisse unverändert fortgeführt werden.

3 Fusionen, Spaltungen und Umwandlungen dürfen erst beim Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden, wenn die Bewilligung vorliegt.

4 Wurden Fusionen, Spaltungen oder Umwandlungen nach Artikel 3 Absatz 2 VAG ohne Bewilligung der FINMA im Handelsregister eingetragen, veranlasst diese die zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes erforderlichen Massnah­men auf Kosten der beteiligten Gesellschaften.

7 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berücksichtigt.

Art. 5a8 Zusatzversicherungen von Krankenkassen

Krankenkassen nach Artikel 2 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 20149 (KVAG) dürfen Zusatzversicherungen nach Artikel 2 Absatz 2 KVAG betreiben, sobald ihnen die FINMA die Bewilligung nach Artikel 3 VAG dafür erteilt hat.

8 Eingefügt durch Anhang Ziff. 6 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165).

9 SR 832.12

2. Kapitel: Bewilligungsvoraussetzungen

1. Abschnitt: Mindestkapital

Art. 6 Grundsatz

1 Umfasst die Tätigkeit eines Versicherungsunternehmens mehrere Zweige oder mehrere Risiken, so ist für die Festsetzung des Mindestkapitals der Zweig oder das Risiko mit dem höchsten Betrag massgebend.

2 …10

10 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 18. Okt. 2006, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4425).

Art. 7 Lebensversicherung

Das Mindestkapital beträgt für Versicherungsunternehmen, welche die Lebensver­sicherung betreiben:

a.
5 Millionen Franken für die Versicherungszweige A2.1, A2.4 und A7 sowie für die Versicherungszweige A3.3, A3.4 und A6, sofern lediglich Todesfall­schutz oder Prämienbefreiung versichert wird;
b.
8 Millionen Franken für die Versicherungszweige A2.2, A2.3, A2.5, A2.6, A3.1, A3.2, A4 und A5 sowie für die Versicherungszweige A3.3, A3.4 und A6, sofern über Todesfallschutz und Prämienbefreiung hinaus Kapitalschutz mit Zinsgarantie oder weitere Garantien abgegeben werden;
c.
10 Millionen Franken für den Versicherungszweig A1;
d.
12 Millionen Franken für den Versicherungszweig A1, sofern Vollschutz gewährt wird (Führung Sparprozess in der beruflichen Vorsorge, mit Kapital­schutz, Mindestzinssatz- und Rentenumwandlungssatzgarantie).
Art. 8 Schadenversicherung

Das Mindestkapital beträgt für Versicherungsunternehmen, welche die Schadenversiche­rung betreiben:

a.
8 Millionen Franken für die Versicherungszweige B1–B8 und B10–B15;
b.
3 Millionen Franken für die Versicherungszweige B9, B16, B17 und B18.
Art. 9 Rückversicherung

Das Mindestkapital beträgt für Versicherungsunternehmen, welche die Rückversiche­rung betreiben:

a.
10 Millionen Franken für die Versicherungszweige C1 und C2;
b.
3 Millionen Franken für den Versicherungszweig C3.
Art. 10 Abweichung vom Mindestkapital

Unter besonderen Verhältnissen, namentlich wenn die Risikoexposition des Versiche­rungsunternehmens und der geplante Geschäftsumfang dies rechtfertigen, kann die FINMA innerhalb der gesetzlichen Limiten nach Artikel 8 Absatz 1 VAG von den Beträgen nach den Artikeln 7–9 abweichen.

2. Abschnitt: Organisationsfonds

Art. 11

1 Der Organisationsfonds beträgt in der Regel 20 Prozent des Mindestkapitals. Er darf frühestens drei Jahre nach seiner Bestellung und nur mit Zustimmung der FINMA für an­dere als die in Artikel 10 Absatz 1 VAG genannten Zwecke verwendet werden.

2 Für Versicherungsunternehmen, die zum Betrieb des Versicherungszweigs C3 ermächtigt sind, beträgt der Organisationsfonds mindestens 300 000 Franken.

3 Die FINMA kann die Erhöhung oder die Wiederbestellung des Organisa­tionsfonds verlangen, wenn sich in der Jahresrechnung ein Verlust abzeichnet oder das Versiche­rungsunternehmen eine aussergewöhnliche Geschäftsausweitung plant.

3. Kapitel: Gewährsvorschriften

Art. 1211 Verwaltungsrat

1 Der Verwaltungsrat muss so zusammengesetzt sein, dass er die Beaufsichtigung und Oberleitung des Versicherungsunternehmens einwandfrei wahrnehmen kann. Im Verwaltungsrat muss insbesondere ausreichendes Versicherungswissen vorhanden sein.

2 Jedes Verwaltungsratsmitglied muss über das für seine Aufgabe notwendige Fach­wissen und über ausreichend Zeit für deren Erfüllung verfügen.

3 Für jedes neue Mitglied ist der FINMA innert 14 Tagen nach seiner Ernennung das Curriculum Vitae zuzustellen.

11 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 1312 Doppelfunktionen

1 Mitglieder des Verwaltungsrates dürfen nicht zugleich Mitglieder der Geschäfts­leitung sein.

2 Die Funktion des internen Revisors oder der internen Revisorin ist mit derjenigen des verantwortlichen Aktuars oder der verantwortlichen Aktuarin unvereinbar.

3 Die FINMA kann dem Versicherungsunternehmen in begründeten Einzelfällen Ausnahmen bewilligen und diese an Bedingungen knüpfen.

12 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 14 Geschäftsführung

1 Die für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen müssen über die für die Leitung der ihnen unterstellten Bereiche des Versicherungsunternehmens erforder­lichen Kenntnisse verfügen.

2 Für jedes neue Mitglied der Geschäftsleitung ist der FINMA innert vierzehn Tagen nach seiner Ernennung das Curriculum Vitae zuzustellen.13

13 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 11 der Revisionsaufsichtsverordnung vom 22. Aug. 2007, in Kraft seit 1. Sept. 2007 (AS 2007 3989).

4. Kapitel: Ergänzende Vorschriften für ausländische Versicherungsunternehmen


1. Abschnitt:

2. Abschnitt: Generalbevollmächtigter oder Generalbevollmächtigte

Art. 16 Anforderungen

1 Der oder die Generalbevollmächtigte des ausländischen Versicherungsunterneh­mens ist in der Schweiz wohnhaft und hat die tatsächliche Leitung der Geschäfts­stelle für das gesamte schweizerische Geschäft inne.

2 Er oder sie muss über die erforderlichen Kenntnisse zum Betrieb des Versicherungsge­schäftes verfügen.

3 Vor der Einsetzung eines oder einer neuen Generalbevollmächtigten sind der FINMA das Curriculum Vitae und die Vollmacht der Geschäftsleitung zuzustellen.

Art. 17 Pflichten und Befugnisse

1 Der oder die Generalbevollmächtigte vertritt das ausländische Versicherungsunterneh­men gegenüber der FINMA und gegenüber Dritten in allen Angelegenheiten, welche die Ausführung der Versicherungsaufsichtsgesetz- ge­bung betreffen. Insbesondere hat er oder sie folgende Pflichten und Befugnisse:

a.
Erwerb oder Veräusserung von Vermögenswerten auf Rechnung des Versiche­rungsunternehmens zum Zwecke der Bestellung oder Veränderung der Kaution oder des gebundenen Vermögens nach den Weisungen des Versiche­rungsunternehmens oder nach den Verfügungen der FINMA;
b.
Aufbewahrung der Akten an der Geschäftsstelle für das gesamte schweizeri­sche Geschäft und die Führung der Bücher und Register (Art. 19);
c.
Abgabe von bindenden Erklärungen zu den Registern und Grundbüchern zur Durchführung der Rechtshandlungen nach Buchstabe a;
d.
Abgabe von Erklärungen über die in der Schweiz zu verwendenden Tarife und übrigen Versicherungsmaterialien.

2 Er oder sie vertritt das Versicherungsunternehmen vor den schweizerischen Gerichten und Betreibungs- und Konkursbehörden und nimmt Zustellungen und Mitteilungen zuhanden des Versicherungsunternehmens verbindlich entgegen.

3 Nicht in seine oder ihre Kompetenzen fallen Erklärungen über:

a.
die Erweiterung der Bewilligung;
b.
den Verzicht auf die Bewilligung;
c.
Änderungen des Geschäftsplanes des Versicherungsunternehmens, unter Vorbe­halt von Absatz 1 Buchstabe d;
d.
die Jahresrechnung für das Gesamtgeschäft des Versicherungsunternehmens;
e.
die freiwillige Übertragung des schweizerischen Versicherungsbestandes.
Art. 18 Vollmacht

1 In der Vollmacht sind die Rechte und Pflichten nach Artikel 17 zu umschreiben.

2 Die Ernennung des oder der Generalbevollmächtigten und das Erlöschen der Vollmacht werden im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht.

Art. 19 Aufbewahrung der Akten

1 Der oder die Generalbevollmächtigte bewahrt die Unterlagen des schweizerischen Versicherungsbestandes an der Geschäftsstelle für das gesamte schweizerische Geschäft auf und führt die entsprechenden Bücher und Register.

2 Auf begründetes Begehren kann die FINMA die Aufbewahrung bestimmter Akten an einem anderen Ort gestatten.

Art. 20 Auslandgeschäft

1 Ausländische Versicherungsunternehmen, die von der Schweiz aus nur das Auslandge­schäft betreiben, müssen den Nachweis erbringen, dass sie im Sitzstaat zur Ausübung der Versicherungstätigkeit befugt sind und die Sitzstaatsaufsichtsbehörde mit der Errichtung der Niederlassung in der Schweiz einverstanden ist.15

2 Die Bestimmungen über den Generalbevollmächtigten oder die Generalbevollmäch­tigte gelten sinngemäss.

15 Fassung gemäss Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

3. Titel: Solvabilität

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen16

16 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 2217 Methoden zur Bestimmung der Solvabilität

1 Die Solvabilität der Versicherungsunternehmen wird nach dem Schweizer Solvenztest (Swiss Solvency Test, SST) beurteilt. Wo staatsvertragliche Bestimmungen es verlangen, wird sie zusätzlich nach Solvabilität I beurteilt.

2 Mit dem SST werden die erforderlichen Eigenmittel nach Massgabe der Risiken festgelegt, denen das Versicherungsunternehmen ausgesetzt ist (Zielkapital), und der anrechenbaren Eigenmittel (risikotragendes Kapital).

3 Mit der Solvabilität I werden die erforderlichen Eigenmittel nach Massgabe des Geschäftsumfangs (geforderte Solvabilitätsspanne) und der anrechenbaren Eigenmittel (verfügbare Solvabilitätsspanne) festgelegt.

17 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 22a18 Risikoabsorbierende Kapitalinstrumente

1 Risikoabsorbierende Kapitalinstrumente, insbesondere Hybridkapital, können unter folgenden Voraussetzungen und nach Genehmigung durch die FINMA in der verfügbaren Solvabilitätsspanne nach Solvabilität I angerechnet und entweder im risikotragenden Kapital oder im Zielkapital nach SST berücksichtigt werden:

a.
Sie sind tatsächlich einbezahlt und nicht mit Vermögenswerten des Versicherungsunternehmens sichergestellt.
b.
Sie können nicht mit Forderungen des Versicherungsunternehmens verrech­net werden.
c.
Es ist unwiderruflich festgelegt, dass sie gegenüber den Forderungen aller übrigen Gläubiger und Gläubigerinnen im Fall der Liquidation, des Konkurses oder Nachlassvertrages des Versicherungsunternehmens nachgehen oder nach dem Eintreten von Bedingungen in statutarisches Eigenkapital gewandelt werden.
d.
Im Vertrag ist festgelegt, dass das Versicherungsunternehmen berechtigt oder unter gewissen Bedingungen verpflichtet ist, die Zahlung fälliger Schuldzinsen aufzuschieben oder ausfallen zu lassen.
e.
Im Vertrag ist festgelegt, dass die Schuld und die unbezahlten Zinsen einen Verlust mittragen, ohne dass das Versicherungsunternehmen zur Einstellung der Geschäftstätigkeit gezwungen ist.
f.
Der Vertrag enthält keine Klauseln, wonach die Schuld unter anderen Umständen als im Falle der Liquidation des Versicherungsunternehmens vor dem vereinbarten Rückzahlungstermin zurückzuzahlen ist.
g.
Sie können nicht auf Initiative des Inhabers oder der Inhaberin und nur mit vorheriger Genehmigung der FINMA vorzeitig zurückbezahlt werden. Die Genehmigung wird erteilt, wenn das Versicherungsunternehmen nachweist, dass die Rückzahlung nicht zu einer Gefährdung der Solvenz führt.

2 Die FINMA kann die Kriterien für die Anrechnung von risikoabsorbierenden Kapitalinstrumenten ausführen, namentlich zur Beurteilung der Qualität der Instrumente, zu deren rechtlicher Durchsetzbarkeit, zur Fungibilität des Kapitals sowie zum Ausfallrisiko des Leistungserbringers.

18 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 22b19 Beschränkung der Anrechenbarkeit unter SST

1 Risikoabsorbierende Kapitalinstrumente können höchstens so weit berücksichtigt werden, als die Summe der sich ergebenden betragsmässigen Auswirkungen im Zielkapital und im risikotragenden Kapital nicht mehr als das Kernkapital beträgt.

2 Für die Berücksichtigung der risikoabsorbierenden Kapitalinstrumente im risikotragenden Kapital oder im Zielkapital gelten des Weiteren die Beschränkungen nach den Artikeln 47 und 49.

19 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 22c20 Beschränkung der Anrechenbarkeit unter Solvabilität I

1 Für die Anrechnung der risikoabsorbierenden Kapitalinstrumente unter Solvabilität I gelten folgende Beschränkungen:

a.
Verbindlichkeiten können gesamthaft bis zu einer Höchstgrenze von 50 Pro­zent der verfügbaren oder der geforderten Solvabilitätsspanne angerechnet werden, wobei der niedrigere der beiden Beträge massgebend ist.
b.
Verbindlichkeiten mit fester Laufzeit können bis zu einer Höchstgrenze von 25 Prozent der verfügbaren oder der geforderten Solvabilitätsspanne angerechnet werden, wobei der niedrigere der beiden Beträge massgebend ist.

2 Die Anrechnung von Verbindlichkeiten mit fester Laufzeit wird in den letzten fünf Jahren der Laufzeit um jährlich 20 Prozent des ursprünglichen Nominalbetrages reduziert.

3 Wird dem Gläubiger oder der Gläubigerin ein Kündigungsrecht eingeräumt, so gilt die frühestmögliche Rückzahlung als massgebliches Ende der Laufzeit. Die FINMA kann in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen.

20 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Kapitel: Solvabilität I

1. Abschnitt:

2. Abschnitt: Geforderte Solvabilitätsspanne für Versicherungsunternehmen, welche die Schadenversicherung betreiben



Art. 27 Berechnung

1 Die geforderte Solvabilitätsspanne berechnet sich entweder nach den jährlichen Bruttoprämien (Art. 28) oder nach der mittleren Schadenbelastung für die drei letzten Ge­schäftsjahre (Art. 29). Das höhere der beiden Rechnungsergebnisse ist mass­gebend.

2 Bei einem Versicherungsunternehmen, das im Wesentlichen nur Kredit-, Sturm-, Hagel- oder Frostrisiken übernimmt, berechnet sich die mittlere Schadenbelastung nach den letzten sieben Geschäftsjahren.

Art. 28 Prämienindex

1 Der Prämienindex errechnet sich anhand der verbuchten oder der verdienten Bruttoprä­mien. Es ist vom höheren Betrag auszugehen.

2 Lassen sich die Prämien der Versicherungszweige B11, B12 und B13 nicht genau bestimmen, so kann ihre Zuweisung mit Zustimmung der FINMA anhand statisti­scher Verfahren erfolgen. Die Beträge der Prämien dieser Versicherungs­zweige werden in jedem Fall um 50 Prozent erhöht.

3 Der Prämienindex wird wie folgt ermittelt:

a.
Von der Summe der im Direktversicherungsgeschäft und im Rückversicherungsgeschäft im Laufe des letzten Geschäftsjahres eingenommenen Bruttoprä­mien, einschliesslich Nebeneinnahmen, werden zuerst der Prämienstorno und die direkt mit den Prämien überwälzten Steuern und Gebühren abge­zo­gen;
b.
Von den ersten 80 Millionen Franken des Betrags nach Buchstabe a werden 18 Prozent und vom darüber hinausgehenden Betrag 16 Prozent gerechnet und addiert;
c.
Das Zwischenergebnis nach Buchstabe b wird multipliziert mit dem Quotien­ten der drei letzten Geschäftsjahre, der sich aus dem Betrag der Schä­den, die nach Abzug der rückversicherten Schäden zu Lasten des Versiche­rungsunternehmens gehen, und dem Bruttoschadenbetrag ergibt, min­destens aber mit 0,5.
Art. 29 Schadenindex

1 Der Schadenindex berechnet sich aufgrund der Schadenzahlungen, die während der Zeiträume nach Artikel 27 im Direkt- und im Rückversicherungsgeschäft ausgerichtet wurden, zuzüglich der Rückstellungen für schwebende Schäden, die am Ende des letzten Geschäftsjahres in den beiden Geschäftsbereichen gebildet wurden.

2 Lassen sich die Schäden, Rückstellungen oder Rückgriffe der Versicherungs­zweige B11, B12 und B13 nicht genau bestimmen, so kann ihre Zuweisung mit Zustimmung der FINMA anhand statistischer Verfahren erfolgen. Die Beträge für Schäden, Rückstellungen oder Rückgriffe dieser Versicherungszweige werden in jedem Fall um 50 Prozent erhöht.

3 Der Schadenindex wird wie folgt ermittelt:

a.
Vom Betrag nach Absatz 1 werden die Einnahmen aus Rückgriffen der Zeit­räume nach Artikel 27 sowie die Rückstellungen für schwebende Schäden im Di­rekt- und im Rückversicherungsgeschäft abgezogen, die zu Beginn des Ge­schäftsjahres, das dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr um zwei Jahre vorangeht, gebildet wurden. Beträgt der Zeitraum sieben Jahre, so ent­spricht der abzuziehende Betrag den Rückstellungen, die zu Beginn des Geschäfts­jahres gebildet wurden, das dem letzten abgeschlossenen Geschäfts­jahr um sechs Jahre vorangeht;
b.
Vom Jahresdurchschnitt des sich ergebenden Betrages werden von den ersten 56 Millionen Franken 26 Prozent und vom darüber hinausgehenden Betrag 23 Prozent gerechnet und addiert. Daraus resultiert das Zwischen­ergebnis;
c.
Das Zwischenergebnis wird mit dem Quotienten der drei letzten Geschäfts­jahre multipliziert, der sich aus dem Betrag der Schäden, die nach Abzug der rückversicherten Schäden zu Lasten des Versicherungsunternehmens gehen, und dem Bruttoschadenbetrag ergibt, mindestens aber mit 0,5.
Art. 30 Rückgang der geforderten Solvabilitätsspanne

1 Ist die geforderte Solvabilitätsspanne, die sich aus den Berechnungen nach den Artikeln 27–29 ergibt, niedriger als die geforderte Solvabilitätsspanne des Vorjahres, so entspricht die neue geforderte Solvabilitätsspanne mindestens derjenigen des Vorjahres, multipliziert mit dem Quotienten aus dem Betrag der Rückstellungen für schwebende Schäden am Ende des letzten Geschäftsjahres und dem Betrag der Rückstellungen für schwebende Schäden zu Beginn des letzten Geschäftsjahres, höchstens aber mit 1.

2 Bei der Berechnung der Rückstellungen wird die Rückversicherung ausser Betracht ge­lassen.

Art. 31 Krankenversicherung

Die Prozentsätze nach den Artikeln 28 Absatz 3 Buchstabe b und 29 Absatz 3 Buch­stabe b werden für Krankenversicherungen, die nach Art der Lebensversicherung betrieben werden, auf einen Drittel gekürzt, wenn:

a.
auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitstafeln nach versicherungs­mathemati­schen Grundsätzen berechnete Prämien erhoben werden;
b.
eine Altersrückstellung gebildet wird;
c.
ein angemessener Sicherheitszuschlag erhoben wird; und
d.
das Versicherungsunternehmen spätestens nach Ablauf des dritten Versiche­rungsjahres den Vertrag nicht mehr kündigen kann.
Art. 32 Touristische Beistandsleistung

Beim Versicherungszweig B18 entspricht die Summe der Schadenszahlungen, welche in die Berechnung des Schadenindexes eingeht, den Kosten, die dem Unterneh­men aus der erbrachten Beistandsleistung erwachsen.

3. Abschnitt: …

4. Abschnitt: Verfügbare Solvabilitätsspanne

Art. 37 Anrechenbare Eigenmittel

1 Als Eigenmittel anrechenbar sind:23

a.
das einbezahlte Kapital;
b.
das Agio;
c.
ein allfälliges Partizipationsscheinkapital;
d.
die gesetzlichen, statutarischen und freien Reserven;
e.
der Organisationsfonds;
f.
der Gewinnvortrag des Vorjahres;
g.
der Gewinn des abgeschlossenen Geschäftsjahres;
h.24

2 Auf begründeten Antrag des Versicherungsunternehmens kann die FINMA die Anrechnung weiterer Elemente als Eigenmittel zulassen, insbesondere:

a.25
b.
Rückstellungen für künftige Verpflichtungen und Verluste, die nicht eindeu­tig einem bestimmten Geschäftsfall zuzuordnen sind;
c.
Bewertungsreserven als Differenz zwischen den bilanzierten Buchwerten und den entsprechenden Marktwerten für alle Werte mit Ausnahme der versiche­rungstechnischen Rückstellungen und der festverzinslichen Wertpapiere nach Ar­tikel 110 Absatz 1, wobei mindestens 50 Prozent der geforderten Solvabili­tätsspanne mit anderen Eigenmitteln gedeckt sein müssen;
d.26
risikoabsorbierende Kapitalinstrumente, sofern die Voraussetzungen nach den Artikeln 22a–22c erfüllt sind.

3 Von den anrechenbaren Eigenmitteln abzuziehen sind:

a.27
b.
immaterielle Vermögenswerte;
c.
der Verlustvortrag des Vorjahres;
d.
der Verlust des abgeschlossenen Geschäftsjahres; und
e.
die vorgesehenen Dividenden und Kapitalrückzahlungen.

23 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

24 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

25 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

26 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

27 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 38 Besondere Fälle

Für Versicherungsunternehmen, welche die Schadenversicherung oder die Schadenrück­versicherung betreiben und ihre versicherungstechnischen Rückstellun­gen abzinsen oder reduzieren, wird die verfügbare Solvabilitätsspanne um die Diffe­renz zwischen den nicht abgezinsten oder nicht reduzierten versicherungstechnischen Rückstellungen und den abgezinsten oder reduzierten versicherungstechnischen Rückstellungen ermässigt. Eine Anpassung für die Abzinsung der in den versicherungs­technischen Rückstellungen enthaltenen Renten ist nicht notwendig.

Art. 40 Kontrolle und Berichterstattung

1 Das Versicherungsunternehmen beauftragt eine interne Stelle mit der Kontrolle der ver­fügbaren Solvabilitätsspanne. Diese erstellt jeweils am Ende des Geschäftsjahres einen Bericht und unterbreitet ihn der Geschäftsleitung und der FINMA innert drei Monaten.

2 In besonderen Situationen kann die FINMA eine unterjährige Berichterstat­tung anordnen.

3. Kapitel: Schweizer Solvenztest (SST)

1. Abschnitt: Zielkapital

Art. 4129 Begriff

1 Das Zielkapital entspricht dem risikotragenden Kapital (Art. 47–49), das zu Beginn des Jahres vorhanden sein muss, damit der Durchschnitt der möglichen Werte des risikotragenden Kapitals, die unter einem bestimmten Schwellenwert (Value at Risk) liegen (Expected Shortfall nach Anhang 2), Ende des Jahres grösser oder gleich dem Mindestbetrag nach Absatz 3 ist.

2 Der Schwellenwert des risikotragenden Kapitals ist derjenige Wert, der vom risikotragenden Kapital höchstens mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit unterschritten wird. Die FINMA setzt den Wert dieser Wahrscheinlichkeit fest und kündigt Änderungen spätestens zwölf Monate vor dem Stichtag an, auf den sich die erste SST-Ermittlung bezieht, die von dieser Änderung betroffen ist.

3 Der Mindestbetrag ist der Kapitalaufwand für das risikotragende Kapital, das während der Dauer der Abwicklungen der versicherungstechnischen Verpflichtungen zu stellen ist.

29 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 42 Ermittlung

1 Die Ermittlung des Zielkapitals beruht auf:

a.
einem Modell zur Quantifizierung der relevanten Risiken;
b.
der Auswertung einer Reihe von Szenarien, und
c.
einem Aggregationsverfahren, welches die Resultate des Modells und der Szenarioauswertung vereinigt.

2 Die FINMA legt die relevanten Risiken fest; dazu gehören auf jeden Fall Markt-, Kredit- und Versicherungsrisiken.30

3 5 …31

30 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

31 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 44 Szenarien

1 Die FINMA definiert hypothetische Ereignisse oder die Kombination von Ereignissen (Szenarien), mit deren Eintritt innert Jahresfrist mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist und die sich in bestimmtem Ausmass ungünstig auf das Versicherungsunternehmen auswirken.33

2 Das Versicherungsunternehmen definiert eigene Szenarien, die seiner individuellen Ri­sikosituation Rechnung tragen.

3 Bei besonderen Risikosituationen stellt das Versicherungsunternehmen der FINMA Antrag auf Modifikation der vorgegebenen Szenarien.

33 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 45 Aggregation

Die FINMA legt fest, wie die Ergebnisse der Auswertung der Modelle zur Quantifizie­rung der Risiken und die Ergebnisse der Auswertung der Szenarien aggregiert werden. Für interne Modelle kann sie auf Antrag andere Aggregationsverfah­ren genehmigen.

Art. 4634 Verfahren zur Ermittlung

1 Bei der Ermittlung des Zielkapitals sind, sofern sie wesentlich sind, zu berücksichtigen:

a.
in Versicherungsverträgen eingebettete Optionen und Garantien;
b.
weitere Garantien sowie Eventualverpflichtungen.

2 Bei der Ermittlung des Zielkapitals werden die Rückversicherung und die Retrozession von Risiken im Rahmen des quantifizierten Risikotransfers vollumfänglich anerkannt. Das Ausfallrisiko von Rückversicherungen ist bei der Zielkapitalberechnung zu berücksichtigen.

3 Weitere Kapital- und Risikotransferinstrumente, insbesondere empfangene Garantien oder risikoabsorbierende Kapitalinstrumente gemäss den Artikeln 22a und 22b, können unter folgenden Voraussetzungen zielkapitalmindernd berücksichtigt werden:

a.
Die Kapital- und Risikotransferinstrumente werden im Einklang mit den Bewertungs- und Risikoquantifizierungsgrundsätzen dieses Abschnitts modelliert.
b.
Sofern Leistungsempfänger und Leistungserbringer Einheiten einer unter FINMA-Aufsicht stehenden Versicherungsgruppe sind, werden die Kapital- und Risikotransferinstrumente konsistent mit dem Modell für den Gruppen-SST nach den Artikeln 198a–198c modelliert.

4 Nach Absatz 3 zielkapitalmindernd berücksichtigte Instrumente können nicht gleichzeitig an das ergänzende Kapital angerechnet werden.

5 Instrumente, welche nicht unter die Bestimmungen der Artikel 22a–22c fallen, können gesamthaft bis zu einer Höchstgrenze von 50 Prozent des Kernkapitals zu Beginn des Jahres berücksichtigt werden.

34 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Abschnitt: Risikotragendes Kapital

Art. 4735 Begriff und Anrechenbarkeit

1 Das risikotragende Kapital dient der Bedeckung des Zielkapitals. Es ist gleich der Summe aus Kernkapital und ergänzendem Kapital.

2 Ergänzendes Kapital kann im risikotragenden Kapital bis höchstens 100 Prozent des Kernkapitals angerechnet werden. Unteres ergänzendes Kapital nach Artikel 49 Absatz 2 kann jedoch nur bis höchstens 50 Prozent des Kernkapitals angerechnet werden.

3 Die FINMA kann auf Antrag Ausnahmen von diesen Begrenzungen zulassen. Das Versicherungsunternehmen muss insbesondere darlegen, wie die Risiken, die Sicherheit und die Verfügbarkeit der Bestandteile des risikotragenden Kapitals abgebildet werden.

35 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 4836 Kernkapital

1 Für die Berechnung des Kernkapitals wird die Differenz zwischen dem markt­nahen Wert der Aktiven und dem marktnahen Wert des Fremdkapitals (Anhang 3) zum Mindestbetrag nach Artikel 41 Absatz 3 addiert. Davon abgezogen werden:

a.
vorgesehene Dividenden und Kapitalrückzahlungen;
b.
die im unmittelbaren Besitz des Versicherungsunternehmens befindlichen eigenen Aktien, die auf eigenes Risiko gehalten werden;
c.
immaterielle Vermögenswerte;
d.
latente Liegenschaftssteuern, in dem Umfang, in dem keine Verrechnung möglich ist.

2 Das Kernkapital wird auf der Grundlage einer Marktwertbilanz ermittelt, die sämtliche ökonomisch relevanten Positionen berücksichtigt (Gesamtbilanzansatz). Die FINMA erlässt Vorschriften über die Erstellung der Marktwertbilanz.

36 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 4937 Ergänzendes Kapital

1 Als oberes ergänzendes Kapital gelten risikoabsorbierende Kapitalinstrumente nach Artikel 22a Absatz 1 ohne festen Rückzahlungstermin.

2 Als unteres ergänzendes Kapital gelten risikoabsorbierende Kapitalinstrumente nach Artikel 22a Absatz 1 mit einer ursprünglichen Laufzeit von mindestens fünf Jahren.

3 Für die Anrechnung der risikoabsorbierenden Kapitalinstrumente nach Absatz 2 gelten folgende Beschränkungen:

a.
In den letzten fünf Jahren der Laufzeit reduziert sich der anrechenbare Betrag um jährlich 20 Prozent des ursprünglichen Nominalbetrags.
b.
Wird der Gläubigerin oder dem Gläubiger ein Kündigungsrecht eingeräumt, so gilt die frühestmögliche Rückzahlung als massgebliches Ende der Laufzeit. Die FINMA kann in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen.

37 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

3. Abschnitt:39 Modelle

39 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 50a Grundsatz

1 Das Versicherungsunternehmen bestimmt seine Solvabilität nach einem Standardmodell der FINMA.

2 Das Versicherungsunternehmen kann seine Solvabilität teilweise oder ganz nach einem eigenen Modell (internes Modell) bestimmen, wenn dieses von der FINMA genehmigt ist.

Art. 50b Standardmodelle

1 Die FINMA erarbeitet oder bezeichnet Standardmodelle, welche die Risikoprofile der meisten Versicherungsunternehmen abbilden.

2 Sie entscheidet, welches Standardmodell ein Versicherungsunternehmen zu verwenden hat.

3 Sie kann verlangen, dass das Standardmodell anzupassen oder ein anderes Standardmodell oder ein internes Modell nach Artikel 50c zu verwenden ist, falls das verwendete Standardmodell der spezifischen Risikosituation eines Versicherungs­unternehmens nicht entspricht.

Art. 50c Interne Modelle

Die FINMA genehmigt einem Versicherungsunternehmen die Verwendung eines internen Modells, wenn:

a.
die Standardmodelle die spezifische Risikosituation nicht genügend widerspiegeln würden; und
b.
die qualitativen, quantitativen und organisatorischen Anforderungen der FINMA erfüllt sind.
Art. 50d Genehmigung, Wechsel und Anpassung des Modells

1 Wahl, Wechsel und wesentliche Änderungen des Modells sind von der FINMA genehmigen zu lassen. Die FINMA kann bis zur Genehmigung die Verwendung eines angepassten internen Modells oder eines Standardmodells anordnen.

2 Sie gewährt im Einzelfall angemessene Übergangsmodalitäten und -fristen für den Wechsel von einem internen Modell zu einem Standardmodell und berücksichtigt dabei die kostenmässige Belastung des Versicherungsunternehmens, insbesondere die Belastung durch Kapitalkosten.

3 Das Modell ist regelmässig durch das Versicherungsunternehmen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

4. Abschnitt: Weitere Bestimmungen40

40 Ursprünglich 3. Abschn. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 50e41 Vereinfachungen

Die FINMA kann für Versicherungsunternehmen Vereinfachungen bei der Durchführung des SST verfügen, wenn besondere Umstände, namentlich der kleine Geschäftsumfang, die geringfügige Komplexität oder die unproblematische Risikosituation, dies rechtfertigen.

41 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 5143 Häufigkeit der Ermittlung

1 Das Zielkapital und das risikotragende Kapital sind jährlich zu ermitteln.

2 Sofern die Risikosituation eines Versicherungsunternehmens dies erfordert, kann die FINMA die Frequenz der Ermittlung erhöhen. Sie kann in diesem Fall auch eine näherungsweise Bestimmung des risikotragenden Kapitals oder des Zielkapitals zulassen.

43 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 5244 Datenerhebung

Das Versicherungsunternehmen erhebt und erfasst die relevanten Daten so, dass das Zielkapital, das risikotragende Kapital sowie der marktnahe Wert der Versicherungsverpflichtungen berechnet werden können.

44 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 53 SST-Bericht

1 Das Versicherungsunternehmen verfasst über die Berechnung des Zielkapitals und des risikotragenden Kapitals jährlich einen Bericht. Dieser ist von der Geschäfts­leitung zu unterzeichnen und der FINMA einzureichen. Die FINMA kann häufigere Informationen einfordern, sofern die Risikosituation dies gebietet.45

2 Der SST-Bericht enthält alle relevanten Informationen, die zum Verständnis der Berechnung des Zielkapitals und des risikotragenden Kapitals sowie zur Risiko­situation des Versicherungsunternehmens notwendig sind.

3 Die FINMA legt den Termin für die Einreichung jährlich unter Ansetzung ei­ner angemessenen Frist fest.

45 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 53a46 Stresstests

Die FINMA kann zusätzlich zum SST-Bericht namentlich für Marktvergleiche SST-Berechnungen sowie standardisierte Stresstests verlangen.

46 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

4. Titel: Versicherungstechnische Rückstellungen und gebundenes Vermögen


1. Kapitel: Versicherungstechnische Rückstellungen

1. Abschnitt:47 Grundsätze

47 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 54

1 Das Versicherungsunternehmen verfügt über ausreichende versicherungstechnische Rückstellungen.

2 Es löst nicht mehr benötigte versicherungstechnische Rückstellungen auf.

3 Es nennt im Geschäftsplan die Bedingungen der Bildung und der Auflösung der versicherungstechnischen Rückstellungen. Es dokumentiert die verwendeten Rückstellungsmethoden und die Bewertung der versicherungstechnischen Verbindlich­keiten.

4 Die FINMA regelt die Einzelheiten bezüglich Art und Umfang der versicherungstechnischen Rückstellungen.

2. Abschnitt: Lebensversicherung

Art. 5548 Arten versicherungstechnischer Rückstellungen

Versicherungstechnische Rückstellungen sind:

a.
Rückstellungen, die nach den Tarifgrundlagen der laufenden Versicherungsverträge oder nach vorsichtigeren Grundlagen berechnet werden;
b.
Rückstellungen, die zur Bildung ausreichender Rückstellungen erforderlich sind;
c.
Rückstellungen, die nach aktuariellen und im Geschäftsplan festgehaltenen Methoden gebildet werden, um die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen weiter zu erhöhen.

48 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 5649 Sollbetrag des gebundenen Vermögens

1 Der Sollbetrag des gebundenen Vermögens setzt sich zusammen aus:

a.
den versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 55 Buchstaben a und b;
b
den Verbindlichkeiten aus Versicherungstätigkeit gegenüber Versicherungsnehmerinnen und -nehmern;
c.
dem Zuschlag nach Artikel 18 VAG.

2 Von den versicherungstechnischen Rückstellungen gemäss Absatz 1 Buchstabe a können in Abzug gebracht werden:

a.
Policendarlehen;
b.
vorausbezahlte Versicherungsleistungen;
c.
ausstehende Prämien, soweit diese mit Versicherungsleistungen verrechnet werden können.

49 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 57 Sollbetrag für die Kranken- und Unfallversicherung

1 Betreibt ein Versicherungsunternehmen neben der Lebensversicherung auch die Kranken- und Unfallversicherung, so berechnet sich die Höhe des Sollbetrages für diese beiden Zweige nach den Regeln des Sollbetrages für die Kranken- und Unfallversicherung.

2 …50

50 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 5851 Grundsatz der Einzelberechnung

1 Das Versicherungsunternehmen berechnet die versicherungstechnischen Rück­stellungen gemäss Artikel 55 Buchstabe a für jeden einzelnen Vertrag.

2 Nicht individualisiert, sondern unter Berücksichtigung aller Verträge zu berechnen sind die versicherungstechnischen Rückstellungen gemäss Artikel 55 Buchstaben b und c.

51 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 59 Bruttoprinzip

Das Versicherungsunternehmen bildet alle versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Berücksichtigung einer allfälligen Rückversicherung. Die FINMA kann in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.

Art. 6253 Verstärkung versicherungstechnischer Rückstellungen

1 Die FINMA kann dem Versicherungsunternehmen die Bewilligung zur planmäs­sigen Verstärkung der versicherungstechnischen Rückstellungen über einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren erteilen.

2 Die Verstärkungen der versicherungstechnischen Rückstellungen sind individuell pro versicherte Person zu führen, sofern sie dieser bei ihrem Ausscheiden aus dem Kollektiv mitgegeben werden müssen.

3 Die FINMA kann in begründeten Fällen zusätzliche Verstärkungen der versicherungstechnischen Rückstellungen anordnen.

53 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 6354 Deckung der Abfindungswerte

Die versicherungstechnischen Rückstellungen abzüglich der Beträge allfälliger aktivierter Abschlusskosten müssen die Abfindungswerte jederzeit decken.

54 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 6556 Zillmerung versicherungstechnischer Rückstellungen und Aktivierung nicht getilgter Abschlusskosten

1 Die Zillmerung der versicherungstechnischen Rückstellungen ist nicht zulässig. Davon ausgenommen sind die versicherungstechnischen Rückstellungen der Niederlassungen schweizerischer Versicherungsunternehmen in Staaten, in denen die Zillmerung aufsichtsrechtlich zugelassen ist.

2 Die Aktivierung noch nicht getilgter Abschlusskosten ist grundsätzlich zulässig. Die FINMA erlässt Richtlinien betreffend den Umfang und die Modalitäten der Aktivierung. Sie kann in begründeten Fällen die Aktivierung verbieten.

56 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

3. Abschnitt: Schadenversicherung

Art. 6858 Sollbetrag des gebundenen Vermögens

1 Der Sollbetrag des gebundenen Vermögens setzt sich zusammen aus:

a.
den versicherungstechnischen Rückstellungen nach Artikel 69;
b.
den Verbindlichkeiten aus der Versicherungstätigkeit gegenüber Versicherungsnehmerinnen und -nehmern;
c.
dem Zuschlag nach Artikel 18 VAG.

2 Die versicherungstechnischen Rückstellungen werden ohne Berücksichtigung der Rückversicherung gebildet. Die FINMA kann auf Antrag die rückversicherten Anteile der versicherungstechnischen Rückstellungen ganz oder teilweise zur Bestellung des gebundenen Vermögens zulassen.

3 Ausstehende Prämien können von den versicherungstechnischen Rückstellungen in Abzug gebracht werden, soweit keine Versicherungsdeckung besteht oder soweit die ausstehenden Prämien mit Versicherungsleistungen verrechnet werden können.

58 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 6959 Arten versicherungstechnischer Rückstellungen

1 Versicherungstechnische Rückstellungen sind:

a.
die Prämienüberträge;
b.
die Schadenrückstellungen;
c.
die Sicherheits- und Schwankungsrückstellungen;
d.
die Alterungsrückstellungen;
e.
die Rückstellungen für vertragliche Überschussbeteiligungen;
f.
die versicherungstechnischen Rückstellungen für Renten;
g.
alle übrigen Rückstellungen, die zur Bildung ausreichender Rückstellungen erforderlich sind.

2 Schwankungsrückstellungen in der Kreditversicherung werden nach der Methode Nr. 2 des Anhangs Nr. 5 zum Abkommen vom 10. Oktober 1989 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der EWG betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung gebildet.

3 Versicherungsunternehmen, welche die Kreditversicherung betreiben, sind von der Bildung von Schwankungsrückstellungen befreit, sofern ihre zum Soll gestellten Prämieneinnahmen in diesem Versicherungszweig weniger als 4 Prozent der Ge­samtsumme der zum Soll gestellten Prämieneinnahmen ausmachen und weniger als 4 Millionen Franken betragen.

59 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Kapitel: Gebundenes Vermögen

1. Abschnitt: Allgemeines

Art. 70 Mindestbetrag

Das gebundene Vermögen beträgt bei seiner Bestellung mindestens:

a.
750 000 Franken für Versicherungsunternehmen, welche die Lebens- versiche­rung betreiben;
b.
100 000 Franken für Versicherungsunternehmen, welche die Schaden- versiche­rung betreiben.
Art. 7160 Ermittlung des Sollbetrags des gebundenen Vermögens

1 Das Versicherungsunternehmen berechnet den Sollbetrag für jedes gebundene Vermögen gesondert aufgrund der jeweils aktuellen versicherungstechnischen Rück­stellungen.

2 Die FINMA kann in begründeten Fällen unterjährig fundierte Schätzungen der aktuellen versicherungstechnischen Rückstellungen zulassen.

60 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 72 Berichterstattung

1 Innert drei Monaten nach Abschluss des Rechnungsjahres teilt das Versicherungsunternehmen der Prüfgesellschaft den per Ende des Rechnungsjahres berechneten Sollbetrag für jedes gebundene Vermögen zusammen mit dem Verzeichnis der Deckungswerte mit. Innert vier Monaten nach Abschluss des Rechnungsjahres erstattet das Versicherungsunternehmen der FINMA Bericht.61

2 Die Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz müssen zudem Bericht erstatten über jeden ausländischen Versicherungsbestand, für den sie im Ausland Sicherheit leisten müssen.

61 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 73 Ausländischer Versicherungsbestand

Als ausländischer Versicherungsbestand nach Artikel 17 Absatz 2 VAG gilt die Gesamtheit der Versicherungsverträge mit im Ausland domizilierten Versicherungsneh­merinnen und Versicherungsnehmern.

Art. 74 Deckung

1 Der Sollbetrag muss jederzeit durch Aktiven (Art. 79) gedeckt sein.

2 Stellt das Versicherungsunternehmen eine Unterdeckung fest, so hat es das gebun­dene Vermögen unverzüglich zu ergänzen. Die FINMA kann in besonderen Fällen eine Frist zur Ergänzung einräumen.

Art. 7562 Effektenleihe und Pensionsgeschäft

Die FINMA erlässt Vorschriften über die Effektenleihe (Securities Lending) und das Pensionsgeschäft (Repo, Reverse Repo) durch Versicherungsunternehmen, insbesondere über:

a.
die Modalitäten der Sicherstellung;
b.
die Ausgestaltung der Verträge;
c.
deren Umfang.

62 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Abschnitt: Bestellung

Art. 76 Allgemeine Grundsätze

1 Das Versicherungsunternehmen bestellt das gebundene Vermögen durch Zuwei­sung von Vermögenswerten. Es erfasst und kennzeichnet diese Werte so, dass es jederzeit ohne Verzug nachweisen kann, welche Werte zum gebundenen Vermögen gehören und dass der Sollbetrag des gebundenen Vermögens gedeckt ist.

2 Die Werte des gebundenen Vermögens sind in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit, der tatsächlichen finanziellen Lage sowie der Struktur und der zu erwartenden Entwicklung des Versicherungsbestandes auszuwählen.

3 Im Übrigen ist ein marktgerechter Ertrag bei zweckmässiger Diversifikation anzustre­ben und der voraussehbare Bedarf an flüssigen Mitteln jederzeit sicher- zustel­len.

Art. 7763 Separate gebundene Vermögen

1 Je ein separates gebundenes Vermögen ist insbesondere zu bestellen für:

a.
die Versicherungen der beruflichen Vorsorge;
b.
die Versichertenansprüche aus Versicherungsverträgen in den Versicherungszweigen A2.1, A2.2, A2.3 und A6.1;
c.
die Versichertenansprüche aus Versicherungsverträgen in den Versicherungszweigen A2.4, A2.5, A2.6 und A6.2.

2 Das Versicherungsunternehmen kann für weitere spezielle Solidargemeinschaften weitere separate gebundene Vermögen bestellen, namentlich für:

a.
Verträge des schweizerischen Versicherungsbestandes, die in fremden Währungen ausgestellt sind;
b.
Verträge eines ausländischen Versicherungsbestandes, für die im Ausland keine gleichwertige Sicherheit gestellt werden muss.

3 Die FINMA kann die Bildung separater gebundener Vermögen für weitere spezielle Solidargemeinschaften anordnen, wenn dies für die Sicherstellung der Ansprüche aus den betreffenden Versicherungsverträgen nötig ist.

63 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 78 Verwaltung der Kapitalanlagen

1 Das Versicherungsunternehmen verfügt über:

a.
eine Anlagestrategie;
b.
ein Anlagereglement, welches die Einhaltung der Grundsätze für Kapital­anla­gen nach Artikel 76 gewährleistet;
c.
eine Organisation, die sicherstellt, dass die mit der Verwaltung und Kontrolle betrauten Personen über die dazu erforderlichen Kenntnisse verfügen;
d.
ein Risikomanagement, das dem Geschäftsumfang und der Komplexität der Anlagetätigkeit angepasst ist.

2 Die Geschäftsleitung legt die Anlagestrategie fest und unterbreitet sie dem Verwaltungs­rat zur Genehmigung.

Art. 79 Zulässige Werte

1 Dem gebundenen Vermögen können folgende Vermögenswerte zugewiesen wer­den:

a.64
Bareinlagen, namentlich Bankguthaben, sowie Festgelder und sonstige Geld­marktanlagen;
b.
Forderungen, die auf einen festen Geldbetrag lauten, namentlich Anleihensobli­gationen und Optionsanleihen sowie Wandelanleihen mit Obligati­onencharakter;
c.
strukturierte Anlageprodukte, verbriefte Forderungen und Kreditderivate;
d.
andere Schuldanerkennungen;
e.
Aktien, Genussscheine, Partizipationsscheine, Wandelanleihen mit Aktien- cha­rakter, Anteilscheine von Genossenschaften und ähnliche Wertschrif­ten, wenn die Werte an einem regulierten Markt gehandelt werden und kurzfristig ver­äusserbar sind;
f.
inländische Wohn- und Geschäftshäuser, die sich im Eigentum des Versiche­rungsunternehmens befinden, sowie Beteiligungen an Gesellschaf­ten, deren Geschäftszweck einzig der Erwerb und Verkauf sowie die Vermie­tung und die Verpachtung eigener Wohn- und Geschäftshäuser ist (Immo­biliengesellschaften), sofern diese Beteiligungen mehr als 50 Prozent betragen;
g.
Forderungen, die durch ein in der Schweiz gelegenes Grundstück pfand­gesi­chert sind;
h.
alternative Finanzanlagen wie Hedge-Funds und Private Equity;
i.
derivative Finanzinstrumente, die der Absicherung dienen und keine Hebel- wir­kung auf das gebundene Vermögen haben, falls die Basiswerte im gebun- denen Vermögen vorhanden sind und deren Anrechnung die Schwankun­gen des Marktes nachvollzieht;
j.
Anteilscheine an kollektiven Kapitalanlagen und Einanlegerfonds.

2 Unter bestimmten Voraussetzungen und in einem bestimmten Umfang können dem gebundenen Vermögen auch derivative Finanzinstrumente, die zum Zwecke der Erwerbsvorbereitung, Ertragsvermehrung und der Absicherung von Zahlungsströmen aus versicherungstechnischen Verpflichtungen, gehalten werden, zugewiesen werden. Die FINMA legt Umfang und Voraussetzungen fest.65

3 Die FINMA kann auf Antrag zulassen, dass weitere Vermögenswerte dem gebundenen Vermögen zugewiesen werden, sofern dadurch die Sicherheit nicht beeinträchtigt wird.66

64 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

65 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

66 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 8168 Zulässige Werte für anteilgebundene Lebensversicherungen

1 Das gebundene Vermögen für die Versichertenansprüche aus Versicherungsver­trägen in den Versicherungszweigen A2.1, A2.2, A2.3 und A6.1 muss durch die den Versicherungsverträgen zugrunde liegenden Vermögenswerte bestellt werden.

2 Das gebundene Vermögen für die Versichertenansprüche aus Versicherungsver­trägen in den Versicherungszweigen A2.4, A2.5 A2.6 und A6.2 darf unter folgenden Voraussetzungen mit den Werten nach Artikel 79 bestellt werden:

a.
Sind die Leistungen direkt an den Wert eines internen Anlagebestandes gebunden, so muss das gebundene Vermögen durch die entsprechenden Anteile oder, soweit keine Anteile gebildet werden, durch die zugrunde liegenden Vermögenswerte bestellt werden.
b.
Sind die Leistungen an einen Index oder an einen anderen Bezugswert gebunden, so muss das gebundene Vermögen durch Vermögenswerte bestellt werden, die den Werten entsprechen, auf denen der spezifische Bezugswert beruht.

68 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 82 Kollektive Kapitalanlagen und Einanlegerfonds

1 Das Versicherungsunternehmen kann Anteilscheine an kollektiven Kapitalanlagen an das gebundene Vermögen anrechnen, sofern:

a.
diese einer wirksamen Aufsicht zum Schutz der Anleger unterstehen; und
b.
die Anteilsscheine in einem geregelten, liquiden Markt gehandelt werden oder jederzeit veräusserbar sind.

2 Anteilscheine an Einanlegerfonds können an das gebundene Vermögen angerechnet werden, sofern diese Einanlegerfonds:

a.
einer wirksamen Aufsicht unterstehen;
b.
zu 100 Prozent vom Versicherungsunternehmen gehalten werden;
c.
den Durchgriff auf die Einzelanlage der Fonds jederzeit gewährleisten;
d.
Anlagen nach Artikel 79 vornehmen; und
e.
die Anforderungen nach Artikel 87 erfüllen.

3 Die Organisationsform der kollektiven Kapitalanlagen und der Einanlegerfonds muss bezüglich Festlegung der Anlagerichtlinien, Kompetenzregelung, Anteils­ermittlung sowie Kauf und Rücknahme der Anteile so geregelt sein, dass die Interes­sen der beteiligten Versicherungsunternehmen gewahrt sind.

4 Beteiligungen an Investmentgesellschaften, welche nicht kotiert sind, können ans gebundene Vermögen angerechnet werden, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 1 oder 2 erfüllen.

3. Abschnitt: Zulassung und Kontrolle

Art. 84 Zulassung der Werte

1 Die FINMA entscheidet über die Eignung der Werte des gebundenen Vermögens. Für den Ersatz von Werten, die sie als ungeeignet beurteilt, setzt sie eine an­gemessene Frist.

2 Die Werte des gebundenen Vermögens müssen unbelastet sein. Verbindlichkeiten des Versicherungsunternehmens dürfen nicht mit Forderungen, die zum gebundenen Vermögen gehören, verrechnet werden. Vorbehalten bleibt Artikel 91 Absatz 3 (derivative Finanzinstrumente).69

2bis Die FINMA kann Ausnahmen zulassen, sofern dadurch die Sicherheit des gebundenen Vermögens nicht beeinträchtigt wird.70

69 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

70 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 85 Prüfungen durch die FINMA

1 Die FINMA prüft jährlich wenigstens einmal, ob:

a.
der Sollbetrag richtig berechnet ist;
b.
die dem gebundenen Vermögen zugewiesenen Werte:
1.
vorhanden sind,
2.
vorschriftsgemäss zugewiesen und verwahrt werden,
3.
mindestens dem Sollbetrag entsprechen,
4.
den aufsichtsrechtlichen Anlagevorschriften genügen.

2 Sie kann die Kontrolle auf Stichproben beschränken.

3 Sie kann bei der Kontrolle auch die Ergebnisse einer Kontrolle durch interne Organe des Versicherungsunternehmens oder durch beauftragte Dritte berücksich­tigen. Für die Kontrolle fremdverwahrter Werte kann sie sich auf das Verzeichnis des Verwahrers stützen.

4 Sie kann mit der Kontrolle teilweise oder vollständig Dritte beauftragen.

Art. 86 Verwahrung der Werte

1 Die dem gebundenen Vermögen zugewiesenen beweglichen Vermögenswerte können am Sitz in der Schweiz des Versicherungsunternehmens beziehungsweise am Ort der Geschäftsstelle für das gesamte schweizerische Geschäft verwahrt (Eigen­verwahrung) oder in Fremdverwahrung gegeben werden.

2 Die Werte in Eigenverwahrung sind gesondert von den übrigen Vermögenswerten des Versicherungsunternehmens zu verwahren und als solche zu kennzeichnen. Bei Verwahrung im Tresor genügt eine Lagerung in gesonderten Schliessfächern.

3 Wer Werte in Fremdverwahrung aufbewahrt, führt ein Verzeichnis dieser Werte und kennzeichnet sie als zum gebundenen Vermögen gehörend.

4 Die FINMA kann aus wichtigen Gründen jederzeit einen Wechsel des Verwahrungsor­tes, der Hinterlegungsstelle oder der Verwahrungsart verfügen.

Art. 87 Meldung und Haftung des Verwahrers

1 Das Versicherungsunternehmen meldet der FINMA Verwahrungsort, Hinter­legungs­stelle und Verwahrungsart sowie deren Änderungen.

2 Die Fremdverwahrung ist nur zulässig, wenn der Verwahrer in der Schweiz gegen­über dem Versicherungsunternehmen für die Erfüllung der Verwahrerpflichten haftet.

3 Die Fremdverwahrung im Ausland ist zulässig, sofern das Vorrangprivileg des gebundenen Vermögens entsprechend dem Schweizer Recht gewährleistet bleibt.71

4 Die FINMA kann bei Vorliegen geeigneter Sicherstellungen weitere Ausnahmen zulassen.72

71 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

72 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

4. Abschnitt: Bewertung der Werte

Art. 88 Festverzinsliche Wertpapiere

1 Für festverzinsliche Wertpapiere, die auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückbezahlt oder amortisiert werden müssen und auf eine feste Währung lauten, ausgenommen Grundpfandtitel, bestimmt das Versicherungsunternehmen den maximal anrechenbaren Wert nach der wissenschaftlichen oder der linearen Kostenamortisations­methode.

2 Liegt der Marktwert einer Wandelanleihe deutlich über dem Nominalwert, so kann die FINMA eine Bewertung höchstens zum Marktwert zulassen. Anleihen, welche zwingend in Aktien gewandelt werden, dürfen höchstens zum Marktwert angerechnet werden.

3 Mit festverzinslichen Wertpapieren vergleichbare strukturierte Produkte oder Kombinationen von Finanzinstrumenten können höchstens zum Wert nach der wissenschaftlichen oder linearen Kostenamortisationsmethode angerechnet werden. Die FINMA regelt Umfang und Rahmenbedingungen für die Anrechnung.73

73 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 88a74 Marchzinsen

Bei der Bewertung der Kapitalanlagen werden auch die Marchzinsen berücksichtigt.

74 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 89 Kostenamortisationsmethode

1 Bei der wissenschaftlichen Kostenamortisationsmethode ist die Differenz zwischen An­schaffungswert und Rückzahlungswert während der Restlaufzeit des Titels jeweils am Bilanzstichtag so weit abzuschreiben oder aufzuwerten, dass der anfängliche interne Zinssatz (Verfallsrendite) beibehalten werden kann.

2 Bei der linearen Kostenamortisationsmethode ist die Differenz zwischen Anschaf­fungswert und Rückzahlungswert jeweils auf den Bilanzstichtag in gleich- mässigen Beträgen als Abschreibung oder als Aufwertung über die Restlaufzeit zu verteilen.

Art. 90 Wohn- und Geschäftshäuser sowie Immobiliengesellschaften

1 Das Versicherungsunternehmen rechnet Wohn- und Geschäftshäuser, die ihr Eigentum sind, höchstens zum Marktwert an. Die FINMA legt das Verfahren für die Be­stimmung des Marktwerts fest.

2 Für Immobiliengesellschaften, an denen das Versicherungsunternehmen zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist, legt die FINMA den Anrechnungswert fest. Sie geht da­bei vom Schatzungswert der vorhandenen Liegenschaften aus und berücksichtigt allfäl­lige Verpflichtungen.

Art. 91 Derivative Finanzinstrumente

1 Derivative Finanzinstrumente nach Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe i dürfen höchs­tens zum Marktwert angerechnet werden. Sind sie nicht börsenkotiert, so wird eine marktübliche Bewertungsmethode angewendet.

2 Bei derivativen Finanzinstrumenten nach Artikel 79 Absatz 2 legt die FINMA den Anrechnungswert fest.

3 Die Verrechnung (Netting) aller unter einem Rahmenvertrag abgeschlossener Derivatgeschäfte ist nur dann zulässig, wenn für jedes einzelne gebundene Vermögen ein solcher Rahmenvertrag separat abgeschlossen wird. Negativposten, die aus solchen Verträgen entstehen, sind vom gebundenen Vermögen in Abzug zu bringen. Bezüglich der Ausgestaltung der Rahmenverträge kann die FINMA Auf­lagen machen.

Art. 91a75 Bestellung von Sicherheiten

1 Beim Abschluss von Derivatgeschäften ist es zulässig, die Sicherheiten mit Vermögenswerten aus dem gebundenen Vermögen zu bestellen. Dies gilt sowohl für Ersteinschusszahlungen als auch für Nachschusszahlungen.

2 Die Sicherheiten können bestellt werden in Form eines regulären Pfandrechts oder eines irregulären Pfandrechts nach Schweizer Recht oder einem dem schweizerischen Recht vergleichbaren Recht, sofern:

a.
die Ersteinschusszahlung unter vollständiger Segregation bei einem unabhängigen Drittverwahrer deponiert ist; und
b.
vertraglich sichergestellt ist, dass die Ersteinschusszahlung im Konkursfall jeder der Vertragsparteien nur zu ihrer Verrechnung mit offenen Forderungen gegenüber dem Versicherer aus von diesem abgeschlossenen über die zentrale Gegenpartei oder den Clearing Broker abgewickelten Derivatgeschäften dient.

3 Die FINMA regelt die Einzelheiten über die Zuweisung und Anrechnung solcher Vermögenswerte. Sie kann die Bestellung von Sicherheiten begrenzen oder in begründeten Fällen Ausnahmen davon zulassen.

75 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 92 Kollektive Kapitalanlagen

1 Kollektive Kapitalanlagen nach Artikel 82 Absatz 1 dürfen höchstens zum Markt­wert oder, wenn die Anteilscheine nicht kotiert sind, zum Nettoinventarwert angerech­net werden.

2 Bei Einanlegerfonds nach Artikel 82 Absatz 2 müssen die einzelnen Titel des Fondsvermögens im gebundenen Vermögen aufgeführt werden und analog den direkten Anlagen nach den Vorschriften dieses Abschnittes bewertet werden.

Art. 93 Übrige Werte

1 Anlagen nach Artikel 79 Absatz 1 Buchstaben c, e und h sowie Geldmarktbuchforderungen und die Wertpapiere mit variablem Zinssatz ohne festen Verfall werden höchstens zum Marktwert angerechnet. Sind sie nicht börsenkotiert, so wird eine marktübliche Bewertungsmethode angewendet.

2 Alle anderen Werte, einschliesslich der Grundpfandforderungen und der Festgelder werden unter Berücksichtigung der Sicherheit und des Ertrages höchstens zum Nennwert bewertet.

Art. 95 Entscheid über die Bewertung

1 Die FINMA entscheidet über die Bewertung der Werte des gebundenen Vermögens.

2 Sie kann für einzelne Anlagewerte und -kategorien tiefere Anrechnungswerte festsetzen, wenn dies aus Gründen des Versichertenschutzes geboten erscheint.

3 Sie kann jederzeit eine Bewertung der Werte des gebundenen Vermögens anordnen.

5. Titel: Übrige Vorschriften zur Ausübung der Versicherungstätigkeit

1. Kapitel: Risikomanagement

Art. 96 Ziel und Inhalt

1 Das Versicherungsunternehmen stellt durch ein seinen Geschäftsverhältnissen ange­messenes Risikomanagement und durch interne Kontrollmechanismen sicher, dass frühzeitig:

a.
Risikopotenziale erkannt und beurteilt werden, und
b.
Massnahmen zur Verhinderung oder Absicherung erheblicher Risiken und Risikokumulationen eingeleitet werden.

2 Das Risikomanagement umfasst insbesondere:

a.
die Festlegung und regelmässige Überprüfung der Strategien und Massnah­men hinsichtlich aller eingegangenen Risiken durch die Leitungsgremien;
b.
eine Absicherungspolitik, welche den Auswirkungen der Geschäftsstrategie Rechnung trägt und eine angemessene Kapitalausstattung beinhaltet;
c.
geeignete Verfahren, die sicherstellen, dass die Risikoüberwachung in die Geschäftsorganisation integriert sind;
d.77
die Identifikation, die Überwachung, die Quantifizierung und die Steuerung aller wesentlichen Risiken;
e.
ein internes Berichtssystem zur Ermittlung, Beurteilung und Kontrolle der Risiken und Risikokonzentrationen wie auch der damit verbundenen Geschäfts­prozesse.

3 Die internen Kontrollmechanismen umfassen eine wirksame Compliance-Funktion und wirksame Compliance-Prozesse. Sie stellen in ihrer Gesamtheit sicher, dass die Rechtsnormen und die internen Vorschriften eingehalten werden.78

4 Die Risikomanagement-Funktion und die Compliance-Funktion müssen unabhängig sein. Sie sind nach Massgabe der Grösse, der Geschäfts- und Organisations­komplexität und der Risiken des Versicherungsunternehmens auszustatten.79

77 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

78 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

79 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 96a80 Selbstbeurteilung der Risikosituation und des Kapitalbedarfs

1 Das Versicherungsunternehmen nimmt mindestens jährlich vorausschauend eine Beurteilung vor:

a.
der Risiken, denen es ausgesetzt ist, einschliesslich der signifikanten Risikokonzentrationen und gruppenweiten Risiken (Gesamtrisikoprofil);
b.
des gesamten Kapitalbedarfs;
c.
der Einhaltung der Anforderungen an die versicherungstechnischen Rückstellungen und an das gebundene Vermögen;
d.
der Angemessenheit und Wirksamkeit des Risikomanagements.

2 Diese Selbstbeurteilung der Risikosituation und des Kapitalbedarfs sind in der Geschäftsstrategie und der Geschäftsplanung zu berücksichtigen.

3 Das Versicherungsunternehmen erstattet der FINMA jährlich Bericht über die Ergebnisse der Selbstbeurteilung.

4 Die FINMA kann eine Berichterstattung in kürzeren Abständen anordnen, wenn dies aufgrund der Risikosituation angezeigt ist. Sie kann in begründeten Fällen Ausnahmen von der Berichterstattungspflicht zulassen.

80 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 97 Dokumentation

1 Das Versicherungsunternehmen hält sein Risikomanagement in einer Dokumentation fest. Diese ist laufend zu aktualisieren.

2 Die Dokumentation umfasst insbesondere folgende Punkte:

a.
Beschrieb der Organisation des unternehmensweiten Risikomanagements sowie der diesbezüglichen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten;
b.
Anforderungen an das Risikomanagement;
c.
Risikopolitik einschliesslich Risikotoleranz;
d.
Verfahren zur Identifikation der wesentlichen Risiken sowie Darstellung der Methode, Instrumente und Prozesse zu deren Messung, Überwachung und Steue­rung;
e.
Darstellung der geltenden Limiten-Systeme für Risikoexpositionen sowie der Kontrollmechanismen;
f.
unternehmensinterne Richtlinien zum Risikomanagement und der damit verbun­denen Prozesse.
Art. 98 Operationelle Risiken

1 Das Versicherungsunternehmen erfasst und beurteilt die operationellen Risiken in eigener Verantwortung.

2 Die FINMA bespricht die Ergebnisse dieser Beurteilung periodisch mit dem Versiche­rungsunternehmen.

3 Sie kann zur Unterstützung der Selbstbeurteilung Fragebögen abgeben. Diese sind ihr innert drei Monaten nach Jahresabschluss, versehen mit der Unterschrift der Geschäftsleitung, ausgefüllt zurückzusenden.

4 Zeigen sich bei der Selbstbeurteilung Risiken, die zu einer ungenügenden Solva­bilität führen könnten, so kann die FINMA insbesondere die Kontrolltätigkeit beim Versicherungsunternehmen intensivieren.81

5 Das Versicherungsunternehmen sammelt und analysiert die Daten zu Schäden aus operationellen Risiken.

81 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 98a82 Liquiditätsanforderungen

1 Das Versicherungsunternehmen muss jederzeit über so viel Liquidität verfügen, dass es seinen Zahlungsverpflichtungen auch in Stresssituationen nachkommen kann (quantitative Liquiditätsanforderungen).

2 Es muss zudem folgende qualitative Liquiditätsanforderungen erfüllen:

a.
Es verfügt über adverse Szenarien und führt entsprechende Stresstests zur Ermittlung seiner Liquiditätsposition durch. Es berücksichtigt dabei insbesondere Liquiditätsflüsse aus ausserbilanziellen Geschäftsvorgängen und anderen Eventualverbindlichkeiten.
b.
Es verfügt über ein Notfallkonzept mit wirksamen Strategien im Umgang mit Liquiditätsengpässen. Es legt die Zuständigkeiten, Kommunikations­wege und die in Betracht gezogenen Massnahmen fest.

82 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Kapitel: Verantwortlicher Aktuar oder verantwortliche Aktuarin

Art. 99

1 Der verantwortliche Aktuar oder die verantwortliche Aktuarin müssen über den Titel «Aktuar SAV» oder einen gleichwertigen Titel verfügen.

2 Die FINMA kann auf Antrag auch eine entsprechende fachliche Ausbil­dung verbun­den mit einer mindestens fünfjährigen Berufserfahrung als Aktuar oder Aktuarin als Nachweis der beruflichen Fähigkeiten anerkennen.

3 Der verantwortliche Aktuar oder die verantwortliche Aktuarin muss mit den schwei­zeri­schen Gegebenheiten (Gesetzgebung, Aufsichtsrichtlinien, Versicherungs­markt) vertraut sein.

3. Kapitel: Einsatz derivativer Finanzinstrumente

Art. 100 Grundsatz

1 Die Versicherungsunternehmen dürfen derivative Finanzinstrumente nur einsetzen, um die Risiken auf den Kapitalanlagen oder auf ihren Verpflichtungen gegenüber den Versicherten zu vermindern oder um die Kapitalanlagen effizient zu bewirtschaften.

2 Sämtliche Verpflichtungen, welche sich aus derivativen Finanztransaktionen ergeben können, müssen gedeckt sein.

Art. 101 Anlagestrategie

Die Versicherungsunternehmen, die derivative Finanzinstrumente einsetzen, müssen eine Anlagestrategie für diese Instrumente festlegen. Die Geschäftsleitung des Versicherungsunternehmens erarbeitet die Anlagestrategie, unterbreitet sie dem Verwaltungsrat zur Genehmigung und überwacht deren Umsetzung.

Art. 102 Inhalt der Anlagestrategie

1 In der Anlagestrategie müssen die Rahmenbedingungen für den Einsatz derivativer Fi­nanzinstrumente festgelegt werden, insbesondere die Grenzen der Risikoexposi­tion und die Grundsätze der Risikoanalyse.

2 Die Anlagestrategie muss ausserdem die üblichen Grundsätze für Kapitalanlagen befolgen, insbesondere in Bezug auf Sicherheit, Liquidität, Rentabilität, Mischung und Streuung.

Art. 103 Limitensystem

Die Grenzen der Risikoexposition sind entsprechend der finanziellen und organisatori­schen Kapazitäten des Versicherungsunternehmens festzulegen.

Art. 104 Risikoanalyse

1 Die Gegenparteirisiken müssen vor dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente berücksichtigt werden.

2 Die Risiken müssen analysiert werden, so oft es die Situation erfordert, mindestens aber einmal pro Woche für Marktrisiken und einmal pro Monat für Kreditrisiken.

3 Die Analyse der Markt- und Kreditrisiken besteht unter anderem darin, die offenen Po­sitionen zu bewerten und sie mit den festgelegten Grenzen der Risikoexposition zu vergleichen.

4 Das Resultat der Risikoanalyse ist der Geschäftsleitung vorzulegen, so oft es die Situation erfordert, mindestens aber einmal pro Monat für Marktrisiken und mindes­tens einmal alle drei Monate für Kreditrisiken.

Art. 105 Organisation

Das Versicherungsunternehmen, welches derivative Finanzinstrumente einsetzt, ver­fügt über eine dafür geeignete Organisation; es beachtet insbesondere die Arti­kel 106–108.

Art. 106 Verwaltung und Kontrolle

1 Das Versicherungsunternehmen muss den mit der Verwaltung beauftragten Perso­nen detaillierte Richtlinien erteilen, insbesondere zur Risikoanalyse.

2 Es verfügt über ein Kontrollsystem, das dem Geschäftsumfang und der Komplexität der derivativen Finanzinstrumente angepasst ist.

3 Die Verwaltung der derivativen Finanzinstrumente und die Kontrolle müssen jeweils durch voneinander unabhängige Personen ausgeführt werden.

Art. 108 Tätigkeitsbericht

Dem Verwaltungsrat muss mindestens alle sechs Monate ein Tätigkeitsbericht über den Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten unterbreitet werden.

Art. 109 Aufsicht

Das Versicherungsunternehmen stellt der FINMA jährlich einen Bericht über die Geschäfte mit derivativen Finanzinstrumenten zu.

4. Kapitel: Rechnungslegung

Art. 110 Wertpapiere und derivative Finanzinstrumente

1 Die inländischen Versicherungsunternehmen dürfen die festverzinslichen Wert­papiere, die auf eine feste Währung lauten und zu einem zum Voraus bestimmten Zeitpunkt rückzahlbar sind oder amortisiert werden können, höchstens zum Wert nach der wissenschaftlichen oder linearen Kostenamortisationsmethode nach Arti­kel 89 in die Bilanz einstellen. Mit festverzinslichen Wertpapieren vergleichbare strukturierte Produkte oder Kombinationen von Finanzinstrumenten sind höchstens zum Wert nach der wissenschaftlichen oder linearen Kostenamortisationsmethode zu bi­lanzieren.

2 Bei Anteilscheinen an Einanlegerfonds nach Artikel 82 Absatz 2 werden die Direkt­­an­lagen des Fondsvermögens nach den Bestimmungen dieses Artikels bilanziert.

3 …83

4 Die Versicherungsunternehmen können mit Genehmigung der FINMA die zu ausländischen Geschäftsgebieten gehörenden Wertpapiere nach den aufsichtsrechtlichen Bewertungsvorschriften in den einzelnen Ländern bewerten.

5 Anlagen, die der Sicherstellung von Versicherungsverträgen in den Versicherungszweigen A2, A6.1 und A6.2 dienen, sind zum Marktwert zu bilanzieren.84

6 Die am Bilanzstichtag offenen derivativen Finanzinstrumenten dürfen:

a.
unter vorsichtigen Annahmen für die Bewertung der Basiswerte berücksich­tigt werden, oder
b.
in der Bilanz selbständig aufgeführt werden. In diesem Fall müssen sie unter vorsichtigen Annahmen bewertet werden, höchstens aber zum Marktwert. Für die derivativen Finanzinstrumente, die keinen Marktwert haben, darf die Bewertung den auf der Grundlage anerkannter Bewertungsmodelle ermittelten Wert nicht übersteigen.

83 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

84 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 111 Risiken bei der Bewertung von Wertpapieren

1 Ist die Werthaltigkeit eines Wertpapiers gefährdet, so muss dies bei seiner Bewer­tung mitberücksichtigt werden.

2 Bei der Bewertung von Wertpapieren, die von im Ausland domizilierten Schuldnern ausgegeben werden, ist den Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die bei der Überwei­sung von Kapital oder Zinsen entstehen können.

3 Die nach Artikel 110 Absatz 6 ermittelten Werte sind entsprechend dem Risiko, insbesondere bezüglich Handelbarkeit, Annullations- und Erfüllungskosten, Kreditrisiko oder Umfang der eigenen Positionen im Verhältnis zum Marktvolumen, ange­mes­sen zu korrigieren.

Art. 111a85 Bericht über die Finanzlage

1 Die Versicherungsunternehmen veröffentlichen im Rahmen der Aufsichtsberichterstattung mindestens jährlich einen Bericht über ihre Finanzlage.

2 Der Bericht über die Finanzlage enthält quantitative und qualitative Informationen und beschreibt insbesondere:

a.
die Geschäftstätigkeit;
b.
den Unternehmenserfolg;
c.
das Risikomanagement und dessen Angemessenheit;
d.
das Risikoprofil;
e.
die Grundlagen und Methoden, auf denen die Bewertung insbesondere der Rückstellungen beruht;
f.
das Kapitalmanagement;
g.
die Solvabilität.

3 Die Versicherungsunternehmen veröffentlichen den Bericht über die Finanzlage jeweils spätestens am 30. April auf ihrer Internetseite.

4 Die Versicherungsunternehmen, die über keine eigene Internetseite verfügen, stellen auf Anfrage den Bericht unentgeltlich zur Verfügung.

5 Die FINMA regelt die Einzelheiten. Sie kann insbesondere Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht vorsehen.

85 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 111b86 Mindestgliederung der Jahresrechnung

1 Die FINMA erlässt Ausführungsbestimmungen zur Mindestgliederung der Jahresrechnung.

2 Sie kann Abweichungen von den Artikeln 959a Absätze 1 und 2, 959b Absätze 2 und 3 sowie 959c Absätze 1 und 2 des Obligationenrechts87 vorsehen, soweit sich dies aus den Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts ergibt. Die Mindestgliederung muss insbesondere:

a.
eine standardisierte Darstellung von Bilanz und Erfolgsrechnung aufweisen;
b.
einen Vergleich der Kapitalanlagen mit den entsprechenden versicherungstechnischen Rückstellungen ermöglichen.

86 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

87 SR 220

5. Kapitel: …

6. Kapitel: Weitere Grundsätze zur Ausübung der Versicherungstätigkeit


Art. 117 Missbrauch

1 Als Missbrauch im Sinn von Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe f VAG gelten Benachteiligungen von Versicherten oder Anspruchsberechtigten, wenn sie sich wieder­holen oder einen breiten Personenkreis betreffen könnten, namentlich:

a.
ein Verhalten des Versicherungsunternehmens beziehungsweise des Versicherungsvermittlers oder der Versicherungsvermittlerin, das geeignet ist, Versi­cherte oder Anspruchsberechtigte erheblich zu schädigen;
b.
die Verwendung von Vertragsbestimmungen, die gegen zwingende Normen des Versicherungsvertragsgesetzes oder gegen zwingende Normen anderer Er­lasse, die auf den Vertrag anwendbar sind, verstossen;
c.
die Verwendung von Vertragsbestimmungen, welche eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vorsehen.

2 Als Missbrauch gilt auch die Benachteiligung einer versicherten oder anspruchsberechtigten Person durch eine juristisch oder versicherungstechnisch nicht begründ­bare erhebliche Ungleichbehandlung.

Art. 118 Versicherungsleistungen mit Wartefrist

1 Bei Versicherungsleistungen mit Wartefrist erhebt das Versicherungsunternehmen keine Prämien mehr, sobald der Versicherte keine Versicherungsleistungen mehr erwarten kann.

2 Diese Bestimmung gilt nicht für die Prämienbefreiung und für Versicherungsleistun­gen aus Kollektivversicherungsverträgen.

Art. 119 Einlagen in Prämiendepots

Der Totalbetrag der vom Versicherungsunternehmen pro Versicherungsnehmerin oder Versicherungsnehmer geführten Prämiendepots darf die Summe der künftigen Prämien nicht übersteigen.

6. Titel: Bestimmungen für einzelne Versicherungszweige

1. Kapitel: Lebensversicherung

1. Abschnitt: Tarifierung

Art. 120 Grundsätze

1 Das Versicherungsunternehmen, das die Lebensversicherung betreibt, ist ver­pflichtet, für die Tarifierung seiner Verträge risikogerechte biometrische und kapital­marktbedingte Grundlagen und Berechnungsmethoden zu verwenden. Im Geschäftsplan sind für die verwendeten Grundlagen und Berechnungsmethoden verbindliche Gültigkeitsperioden auszuweisen.

2 Das Versicherungsunternehmen überprüft die Tarifierungsgrundlagen jährlich anhand statistischer Auswertungen auf ihre Zulänglichkeit hin. Erweisen sich die Tarifierungsgrundlagen als ungenügend, so dürfen sie für neue Verträge nicht mehr verwendet werden.

Art. 121 Kapitalmarktbedingte Grundlagen für die Tarifierung ausserhalb der beruflichen Vorsorge

1 Enthalten Lebensversicherungsverträge eine Zinsgarantie, so darf der technische Zinssatz, der für die Tarifierung ausserhalb der beruflichen Vorsorge verwendet wird, 60 Prozent des rollenden Zehnjahresmittels des Referenzzinssatzes nicht überschreiten. Die FINMA bezeichnet den Referenzzinssatz.

2 In begründeten Fällen kann die FINMA diese Limite ändern.89

3 Werden Garantien abgegeben, deren Tarifierung sich auf andere kapitalmarkt­bedingte Grundlagen als auf technische Zinssätze stützt, so sind diese Grundlagen nach Massgabe der Garantien vorsichtig festzulegen.

89 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 122 Sterbetafeln und weitere statistische Grundlagen

1 Für die Tarifierung der Lebensversicherungsverträge verwendet das Versicherungsun­ternehmen von der FINMA anerkannte Sterbetafeln und andere ebenfalls anerkannte statistische Grundlagen. Es darf die aus dem eigenen Versicherten­bestand ermittelten statistischen Daten mit einem geeigneten, von der FINMA anerkannten Verfahren einbeziehen.

2 Das Versicherungsunternehmen überarbeitet die eigenen für die Tarifierung verwende­ten statistischen Grundlagen regelmässig und passt sie mindestens alle zehn Jahre den neuesten Erkenntnissen an.

Art. 123 Tarifklassen und Erfahrungstarifierung

1 Das Versicherungsunternehmen darf die Einteilung der versicherten Risiken in Tarifklassen sowie die Tarifierung nach der vertragsindividuellen Schadenerfahrung (Erfahrungstarifierung) nur anwenden, wenn dies mit dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin vereinbart ist.

2 Prämienänderungen, die sich aus der Einteilung in eine andere Tarifklasse oder aus der Erfahrungstarifierung ergeben, sind nur zulässig, wenn mit dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin vereinbart ist, unter welchen Voraussetzungen die Herauf- oder Herabstufung erfolgt.

3 Wendet das Versicherungsunternehmen Tarifklassen oder Erfahrungstarifierung an, so muss für die Prämienbestimmung neben der individuellen Schadenerfahrung auch die kollektive Schadenerfahrung angemessen berücksichtigt werden.

4 Die Tarifierung muss nach anerkannten versicherungsmathematischen Methoden erfolgen.

Art. 124 Tarifierung in der Restschuldversicherung

Das Versicherungsunternehmen darf für die Tarifierung von Restschuld- versicherun­gen Prämienberechnungsmethoden, die nicht nach Alter und Geschlecht differenzieren (Durchschnittsprämienmethoden), verwenden, sofern die nachfolgen- den Voraussetzungen erfüllt sind:

a.
Es handelt sich um einen Kollektivvertrag, in dem pro versicherte Person eine einheitliche Höchstversicherungssumme vorgesehen wird;
b.
Das Eintrittsalter der Versicherten ist auf höchstens 65 Jahre begrenzt;
c.
Die Durchschnittsprämiensätze werden mindestens alle drei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Art. 125 Invaliditätsversicherung

Betreibt ein Versicherungsunternehmen die Invaliditätsversicherung im Rahmen der Lebensversicherung, so gelten die Vorschriften der Lebensversicherung auch für die Invaliditätsversicherung.

Art. 126 Nachversicherungsgarantie

1 Das Versicherungsunternehmen kann dem Versicherungsnehmer oder der Versiche­rungsnehmerin das Recht einräumen, die Versicherungsdeckung während der Laufzeit des Vertrages ohne neue Gesundheitsprüfung zu erhöhen (Nachversiche­rungsgarantie).

2 Falls das Versicherungsunternehmen eine Nachversicherungsgarantie einräumt, so hat es die Erhöhungen der Versicherungsdeckung zu beschränken und dabei folgende Fragen vertraglich zu regeln:

a.
die Beschränkung der einzelnen Erhöhung;
b.
die Beschränkung der Gesamtheit der möglichen Erhöhungen;
c.
das Alter, bis zu welchem Erhöhungen möglich sind;
d.
die zeitlichen Intervalle, während derer eine Erhöhung geltend gemacht wer­den kann, oder die Ereignisse, welche das Anrecht auf eine Erhöhung begrün­den.

3 Die Voraussetzungen der Nachversicherungsgarantie müssen im Geschäftsplan enthalten sein.

2. Abschnitt: Abfindung und Rückkauf

Art. 127 Abfindungswerte

1 Abfindungswerte sind der FINMA vor ihrer Verwendung zur Genehmi­gung vorzule­gen. Ausgenommen sind Abfindungswerte, die das Versicherungs­unterneh­men freiwillig gewährt.

2 Die Abfindungswerte werden unter folgenden Voraussetzungen genehmigt:

a.
Sie sind angemessen;
b.92
Sie richten sich nach den Inventardeckungsrückstellungen, die mit den technischen Grundlagen des entsprechenden Versicherungsvertrages berechnet wurden.
c.93
Abzüge von den Inventardeckungsrückstellungen sind nur zulässig für das Zinsrisiko und für nicht amortisierte Abschlusskosten.
d.
Die umgewandelte Versicherung muss gleicher Art sein wie die ursprüng­liche Lebensversicherung; weicht das Versicherungsunternehmen hiervon ab, so hat es dies zu begründen;
e.
Der Zillmersatz, der dem Abzug für nicht amortisierte Abschlusskosten zugrunde liegt, darf die von der FINMA bestimmten Prozentsätze nicht über­schreiten. Diese Prozentsätze tragen der Unterschiedlichkeit der ver­tragli­chen Deckungen Rechnung;
f.
Die FINMA gibt die Prozentsätze nach Buchstabe e und die Basis, auf der sie berechnet werden, in geeigneter Weise bekannt;
g.94
Der gesamte Abzug für Zinsrisiko und nicht amortisierte Abschlusskosten darf einen Drittel der Inventardeckungsrückstellungen nicht überschreiten, sofern der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin die Prämien für drei Jahre bezahlt hat.

3 Die FINMA kann sich für die Genehmigung auf einen Bericht des verantwort­lichen Aktuars oder der verantwortlichen Aktuarin stützen.

92 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

93 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

94 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 128 Kapitaloption

Gewährt das Versicherungsunternehmen eine Kapitaloption, so ist die Kapitalleistung in den Vertragsgrundlagen festzuhalten. Dabei darf das Versicherungsunternehmen keine Rückkaufsabzüge vornehmen.

Art. 129 Beschränkung von Policendarlehen

1 Das Versicherungsunternehmen darf Darlehen nur auf rückkaufsfähigen Versiche­rungsverträgen gewähren (Policendarlehen).

2 Die Summe der Policendarlehen, welche das Versicherungsunternehmen einem Versicherungsnehmer oder einer Versicherungsnehmerin gewährt, darf den aktuellen Rückkaufswert des Versicherungsvertrages nicht übersteigen.

3. Abschnitt: Anforderungen an Lebensversicherungsverträge

Art. 130 Überschussbeteiligung

Wird ein Anrecht auf Überschussbeteiligung vorgesehen, so weist das Versicherungsun­ternehmen in den Vertragsgrundlagen insbesondere hin:

a.
auf die Modalitäten der Überschusszuteilung, insbesondere auf den Anteil, der jährlich und der erst bei Vertragsablauf zugewiesen wird;
b.
auf den Zeitpunkt, in dem die erste Überschusszuteilung erfolgt;
c.
darauf, ob die Überschusszuteilung vor- oder nachschüssig erfolgt;
d.
auf die Verwendung des jährlich zugeteilten Anteils;
e.
auf die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehme­rin jährlich über die Zuteilung und den Stand der ihm oder ihr zuge­teilten Überschussanteile orientiert wird;
f.
auf die Modalitäten einer Änderung des bestehenden Überschusssystems wäh­rend der Vertragslaufzeit und die Pflicht, eine solche Änderung vorgän­gig der FINMA mitzuteilen.
Art. 131 Versicherung von Kindern

1 Stirbt ein im Rahmen einer Todesfallversicherung oder Unfalltodzusatzversicherung versichertes Kind, bevor es zwei Jahre und sechs Monate alt ist, so darf das Versicherungsunternehmen ein Todesfallkapital von höchstens 2500 Franken ausbezahlen. Stirbt das Kind, bevor es das zwölfte Lebensjahr vollendet hat, so darf das Versicherungsunternehmen aus sämtlichen bei ihm bestehenden Versicherungen auf das Leben des Kindes ein Todesfallkapital von höchstens 20 000 Franken ausbezahlen.

2 Ist die Summe der Prämien, aufgezinst um 5 Prozent, die für das Kind geleistet wurden, höher als die Todesfallsumme nach Absatz 1, so ist die aufgezinste Prämiensumme zurückzuerstatten.

Art. 132 Prämienanpassungsklauseln

1 Das Versicherungsunternehmen darf die Prämien eines laufenden Versicherungsvertrages nur dann an neue Gegebenheiten anpassen, wenn dies in den Vertragsgrundlagen ausdrücklich vorgesehen ist.

2 Es darf keine Prämienanpassungsklausel vorsehen, die Tarifgarantien aufhebt.

3 Es darf keine Anpassungen bei laufender Rente vorsehen.

4 Prämienanpassungen können nur vorgenommen werden, wenn sich die der Prämienbe­rechnung zugrunde liegenden Verhältnisse erheblich geändert haben.

4. Abschnitt: Restschuldversicherungsverträge

Art. 133 Begriff

Als Restschuldversicherungen gelten temporäre Versicherungen auf den Todesfall zur Sicherstellung periodischer Raten im Zusammenhang mit Kauf-, Kredit-, Miet-, Leasing- oder Investmentverträgen (Einzelverträge). Das Risiko der Erwerbs­unfähig­keit kann mitversichert werden.

Art. 134 Vertragsinhalt

1 Der Kollektivversicherungsvertrag und die damit zusammenhängenden Einzelver­träge enthalten alle für die Versicherten relevanten Bestimmungen bezüglich ihrer Rechte und Pflichten. Sie regeln insbesondere, welche Auswirkungen der Ablauf, die vorzeitige Beendigung oder eine Suspension des Kollektivvertrages sowie die vorzei­tige Rückzahlung der Restschuld und eine Handänderung auf das einzelne Vertragsverhältnis haben.

2 Im Kollektivversicherungsvertrag und in den damit zusammenhängenden Einzelverträ­gen ist ausserdem festzuhalten, dass:

a.
der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin den Versicherten höchstens die ihm oder ihr vom Versicherungsunternehmen berechneten Prä­mienbeträge inklusive Stempel überwälzt;
b.
der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin sich den Anspruch des Versicherten oder der Versicherten auf Versicherungsleistungen höchstens im Umfange der jeweiligen Restschuld abtreten lassen kann;
c.
nicht verbrauchte Prämienanteile nach Artikel 135 an den Versicherten oder die Versicherte zurückvergütet werden, soweit dieser oder diese an die nicht- ver­brauchte Prämie Beiträge geleistet hat;
d.
die Restschuld des Versicherten oder der Versicherten im Umfang der Leistungen des Versicherungsunternehmens an den Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin als getilgt gilt.
Art. 135 Rückerstattung nicht verbrauchter Prämienanteile

1 Bei vorzeitiger Beendigung des Einzelvertrages erstattet das Versicherungs- unterneh­men dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin die nicht verbrauchten Prämienanteile zurück.

2 Die Rückerstattung erfolgt direkt an den Versicherten oder die Versicherte, sofern sich das Versicherungsunternehmen im Kollektivvertrag dazu verpflichtet hat.

2. Kapitel: Vorschriften betreffend die Überschüsse in der Lebensversicherung ausserhalb der beruflichen Vorsorge


Art. 136 Überschussfonds

1 Die Versicherungsunternehmen bilden für den Teil ausserhalb der beruflichen Vorsorge einen Überschussfonds. Der Überschussfonds ist eine versicherungstech- nische Bilanzposition zur Bereitstellung der den Versicherungsnehmern und Versiche­rungsnehmerinnen zustehenden Überschussanteile.

2 Im Überschussfonds wird der dem Versichertenkollektiv zugewiesene Teil des erwirtschafteten Jahresüberschusses thesauriert.

3 Überschussanteile an die Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen dürfen nur dem Überschussfonds entnommen werden.

4 Jährlich sind dem Überschussfond mindestens 20 Prozent der darin angesammelten Überschüsse zu entnehmen und den Versicherungsnehmern und Versicherungsnehmerinnen zuzuteilen.

5 Fehlbeträge dürfen dem Überschussfonds nur entnommen werden, wenn die Erträge des Versicherungsunternehmens für die geschäftsplanmässige Bestellung der technischen Rückstellungen nicht ausreichen.

Art. 137 Zuteilung der Überschussanteile

1 Die Überschusszuteilung ist nach anerkannten versicherungsmathematischen Methoden und unter Vermeidung missbräuchlicher Ungleichbehandlungen vorzu- nehmen.

2 Sobald die Überschussanteile den einzelnen Versicherungsnehmern und Versicherungsnehmerinnen zugeteilt sind, gelten sie als geschuldet. Sie sind den Anspruchsberechtigten entsprechend den vertraglichen Regelungen auszuschütten oder, falls die verzinsliche Ansammlung der Überschussanteile vereinbart wurde, in einer eigens dafür geschaffenen versicherungstechnischen Bilanzposition auszuweisen.

3 Das System der Überschussbeteiligung darf während der Laufzeit eines Vertrages nicht zu Ungunsten des Versicherungsnehmers oder der Versicherungsnehmerin geändert werden.

Art. 138 Schlussüberschuss

1 Sieht der Lebensversicherungsvertrag einen Schlussüberschussanteil vor, so ist dafür eine gesonderte, vertragsindividuelle Rückstellung zu bilden und jährlich zu alimentieren. Der Schlussüberschussanteil darf nicht nur aus der Ertragssituation beim Ablauf des Vertrags abgeleitet werden.

2 Der Anteil der Rückstellungen für den Schlussüberschussanteil, der bei vollständi­ger oder teilweiser Auflösung des Lebensversicherungsvertrages vor Vertragsablauf infolge Tod oder Rückkauf frei wird, ist dem Überschussfonds gutzuschreiben, sofern er nicht dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin ausbezahlt wird.

3 Ist der Schlussüberschussanteil die wichtigste Überschusskomponente des Vertra­ges, so muss das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin bei Tod oder Rückkauf einen angemessenen Teil des angesam­melten Schlussüberschussanteils vertraglich zusichern.

3. Kapitel: Besondere Bestimmungen für die Versicherungen der beruflichen Vorsorge


1. Abschnitt: Jährliche Betriebsrechnung und Informationspflichten

Art. 139 Jährliche Betriebsrechnung

1 Für die Versicherungen der beruflichen Vorsorge ist eine gesonderte Betriebsrechnung zu führen. Werte des gebundenen Vermögens für die Versicherungen der beruflichen Vorsorge sind als Bestandteil in der Betriebsrechnung aufzuführen.

2 Vermögenswerte können nur zum Buchwert von der Betriebsrechnung für die berufliche Vorsorge zu derjenigen für das übrige Geschäft übertragen werden und umgekehrt. Die Differenz zwischen Buchwert und Marktwert wird in der Betriebsrech­nung für die berufliche Vorsorge als Gewinn beziehungsweise als Verlust verbucht. Fehlt ein Marktwert, so bestimmt das Versicherungsunternehmen die marktnahe Bewertung. Die FINMA muss die Bewertungsmethode genehmi­gen.

Art. 140 Informationspflichten

Das Versicherungsunternehmen übergibt den Versicherungsnehmern und Versicherungsnehmerinnen innerhalb von fünf Monaten nach dem Bilanzstichtag:

a.
die Betriebsrechnung für die Versicherungen der beruflichen Vorsorge;
b.
die Angaben zur Ermittlung der Überschusszuweisung und -zuteilung, und
c.
alle weiteren Informationen, welche die Versicherungsnehmerinnen und Versi­cherungsnehmer zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Informationspflichten be­nötigen.

2. Abschnitt: Überschussbeteiligung

Art. 141 Anspruch auf Überschussanteile

1 Die Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen haben Anspruch auf Überschussanteile gemäss diesem Abschnitt.

2 Die Überschussanteile sind unter Vorbehalt von Artikel 152 Absatz 3 erstmals nach Ablauf des ersten Versicherungsjahrs zuzuteilen.

Art. 142 Grundsätze zur Ermittlung

1 Die Überschusszuweisung ist auf der Grundlage der Betriebsrechnung zu ermitteln. Da­bei sind die Erfolgspositionen nach Spar-, Risiko- und Kostenprozess auf­zuteilen.

2 Die Überschusszuweisung ist mindestens einmal jährlich zu ermitteln.

Art. 143 Sparprozess und Sparkomponente

1 Der Sparprozess beinhaltet:

a.
die Äufnung des Altersguthabens;
b.
die Umwandlung des Altersguthabens in Altersrenten;
c.
die Abwicklung laufender Altersrenten und damit verbundener Pensioniertenkin­derrenten.

2 Der Ertrag im Sparprozess (Sparkomponente) entspricht den Kapitalerträgen in der Be­triebsrechnung abzüglich der Kapitalanlage- und Kapitalverwaltungskosten (Netto­­kapitalertrag).

3 Der Aufwand im Sparprozess entspricht den Aufwendungen für die technische Verzinsung zum garantierten Zinssatz und für die Abwicklung laufender Altersrenten und Pensioniertenkinderrenten sowie für die Abwicklung von Freizügigkeits­policen.

Art. 144 Risikoprozess und Risikokomponente

1 Der Risikoprozess beinhaltet:

a.
die Auszahlung von Todesfallleistungen und deren Abwicklung in Form von Kapitalleistungen, Witwen-, Witwer- und Waisenrenten;
b.
die Auszahlung von Invaliditätsleistungen und deren Abwicklung in Form von Invaliditätskapital, Invaliditätsrenten, Invalidenkinderrenten und Prämien­befreiung, und
c.
die Abwicklung der mit laufenden Altersrenten verbundenen Anwartschaften und der sich daraus ergebenden Hinterbliebenenrenten.

2 Der Ertrag im Risikoprozess (Risikokomponente) entspricht den angefallenen Risikoprämien.

3 Der Aufwand im Risikoprozess entspricht den Aufwendungen im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen und Schadenbearbeitung, insbesondere den Aufwendungen für die Bildung des Deckungskapitals von neuen Invaliden- und Hinterbliebenenrenten, für die Abwicklung laufender Invaliden- und Hinterbliebenenrenten sowie für den Einbezug des Rückversicherungsergebnisses.

Art. 145 Kostenprozess und Kostenkomponente

1 Der Kostenprozess beinhaltet die Aufwendungen für Verwaltung und Vertrieb von Versicherungslösungen der beruflichen Vorsorge. Die Abwicklung laufender Alters‑, Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten wird nicht im Kostenprozess geführt.

2 Der Ertrag im Kostenprozess (Kostenkomponente) entspricht den angefallenen Kostenprämien ohne Einbezug der Kapitalanlage- und Kapitalverwaltungskosten sowie ohne Einbezug der Rentenexkasso- und Abwicklungskosten für laufende Renten.

3 Der Aufwand im Kostenprozess entspricht den Verwaltungs- und Betriebskosten der Versicherungen der beruflichen Vorsorge.

Art. 146 Besondere Fälle

1 Versicherungsverträge oder Teile davon, für welche gesonderte Einnahmen- und Ausgabenrechnungen vereinbart worden sind, werden für die Ermittlung der Komponen­ten nach den Artikeln 143–145 nicht berücksichtigt.

2 Versicherungsverträge oder Teile davon, für welche die Übertragung des Kapital- anlagerisikos auf den Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin verein­bart worden ist, werden für die Ermittlung der Sparkomponente nach Artikel 143 nicht berücksichtigt.

3 Reine Stop Loss-Verträge werden für die Ermittlung der Risiko- und der Kostenkompo­nente nach den Artikeln 144 und 145 nicht berücksichtigt.

4 Die Versicherungsverträge nach den Absätzen 1–3 sind in der Betriebsrechnung für die entsprechenden Prozesse separat auszuweisen.

5 Für diese Verträge gelten die Artikel 152 Absatz 3 und 153 Absatz 1 zweiter Teil­satz nicht.

Art. 147 Mindestquote und Ausschüttungsquote

1 Ein Teil der Komponenten nach den Artikeln 143–145 muss zu Gunsten der Versiche­rungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen verwendet werden (Ausschüt- tungs­quote). Die Ausschüttungsquote muss mindestens 90 Prozent der Komponenten um­fassen (Mindestquote).

2 Entsprechen die Sparkomponente 6 Prozent oder mehr des Deckungskapitals und der nach Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198295 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) festgelegte BVG-Mindest­zinssatz zwei Drittel oder weniger dieses Satzes in Prozenten, so sind die Überschüsse wie folgt zu verteilen:

a.
der Nettokapitalertrag auf der Solvabilitätsspanne zu Gunsten des Versicherungs­unternehmens;
b.
90 Prozent des Ergebnisses zu Gunsten der Versicherungsnehmer und Ver­sicherungsnehmerinnen und 10 Prozent zu Gunsten des Versicherungs­unterneh­mens. Unter Ergebnis ist der positive Gesamtsaldo nach Artikel 149 Ab­sätze 1 und 3 abzüglich der geschäftsplanmässig vorgesehenen Bildung von Rückstellungen nach Artikel 149 Absatz 1 Buchstabe a zu verstehen.

3 Braucht ein Versicherungsunternehmen zur Erfüllung der Solvenzanforderungen zusätzliche Eigenmittel oder steht der Anteil an der Differenz zwischen der Summe der Komponenten und der Ausschüttungsquote, der dem Eigenkapital zugewiesen wird, in einem Missverhältnis zur Zuweisung an den Überschussfonds, so hat es dies der FINMA zu melden. Diese kann auf Antrag oder von Amtes wegen eine von den Absätzen 1 und 2 abweichende Regelung verfügen.

4 Die Ausschüttungsquote ist zusammen mit dem Nachweis der Verwendung zur Genehmigung zu unterbreiten.

Art. 148 Verwendung der Ausschüttungsquote

1 Die Ausschüttungsquote wird zuerst für die Aufwände im Spar-, Risiko- und Kostenprozess verwendet.

2 Der Gesamtsaldo entspricht der Ausschüttungsquote abzüglich der Aufwände im Spar-, Risiko- und Kostenprozess.

Art. 149 Verfahren bei positivem Gesamtsaldo

1 Ein positiver Gesamtsaldo wird nach Massgabe des Geschäftsplans des Versicherungsunternehmens herangezogen zur:

a.
Bildung von Rückstellungen für:
1.
das Langlebigkeitsrisiko,
2.
künftige Deckungslücken bei Rentenumwandlung,
3.
gemeldete, aber noch nicht erledigte Versicherungsfälle einschliesslich De­ckungskapitalverstärkungen für Invaliden- und Hinterbliebenenren­ten,
4.
eingetretene, aber noch nicht gemeldete Versicherungsfälle,
5.
Schadenschwankungen,
6.
Wertschwankungen der Kapitalanlagen,
7.
Zinsgarantien,
8.
Tarifumstellungen und -sanierungen;
b.
Deckung der Kosten für zusätzliches, mit Zustimmung der FINMA aufgenomme­nes Risikokapital;
c.
Speisung des Überschussfonds.

2 Nicht mehr benötigte Rückstellungen, die nach Absatz 1 Buchstabe a gebildet worden sind, sind dem Überschussfonds zuzuweisen.

3 Risikokapital nach Absatz 1 Buchstabe b darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbe­hörde aufgenommen werden; es kann zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Vor- schriften oder, im Interesse der Versicherten, zur Verbesserung des Kapitalanlage­ertrags eingesetzt werden.

Art. 150 Verfahren bei negativem Gesamtsaldo

Bei negativem Gesamtsaldo sind nacheinander folgende Massnahmen zu treffen, bis der Fehlbetrag gedeckt ist:

a.
Nicht mehr benötigte Rückstellungen sind aufzulösen;
b.
Die Ausschüttungsquote muss erhöht werden;
c.
Der restliche Fehlbetrag wird höchstens im Umfang des vorhandenen Überschussfonds vorgetragen und im Folgejahr mit dem Überschussfonds verrech­net;
d.
Der restliche Fehlbetrag wird aus den freien Eigenmitteln gedeckt.
Art. 151 Überschussfonds

1 Der Überschussfonds ist eine versicherungstechnische Bilanzposition zur Bereit- stellung der den Versicherungsnehmern und Versicherungsnehmerinnen zustehenden Überschussanteile.

2 Die dem Überschussfonds gutgeschriebenen Beträge dürfen unter Vorbehalt von Artikel 150 Buchstabe c ausschliesslich zur Zuteilung von Überschussanteilen an die Ver­sicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen verwendet werden.

Art. 152 Bedingungen für die Zuteilung der Überschussanteile

1 Die Überschussanteile für die Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerin­nen sind ausschliesslich dem Überschussfonds zu entnehmen.

2 Mittel, die dem Überschussfonds zugewiesen werden, sind spätestens innert fünf Jahren den Versicherungsnehmern und Versicherungsnehmerinnen zuzuteilen.

3 Bei einem negativen Gesamtsaldo dürfen für das betreffende Jahr keine Überschuss- anteile zugeteilt werden.

Art. 153 Grundsätze für die Zuteilung der Überschussanteile

1 Die im Überschussfonds angesammelten Überschussanteile sind nach anerkannten versicherungstechnischen Methoden zuzuteilen, jedoch pro Jahr im Umfang von höchstens zwei Dritteln des Überschussfonds.

2 Die Zuteilung der Überschussanteile an die Vorsorgeeinrichtungen erfolgt entspre- chend dem anteiligen Deckungskapital, dem Schadenverlauf der versicherten Risiken und dem verursachten Verwaltungsaufwand sowie unter Berücksichtigung von Artikel 68a BVG96.

3 Die FINMA kann aus besonderen Gründen Abweichungen von der Zwei-Drittel­Regel in Absatz 1 verfügen.

4. Kapitel: Kranken- und Unfallversicherung

Art. 155 Mitgabe von Alterungsrückstellungen

1 Bildet ein Versicherungsunternehmen Alterungsrückstellungen und behält es sich die Kündigung nach Eintritt des versicherten Ereignisses vor oder verpflichtet es sich nicht zur Weiterführung des Vertrages nach Ablauf, so hat es einen angemessenen Teil der Alterungsrückstellungen der versicherten Person zurückzuerstatten, sofern eine der Vertragsparteien den Versicherungsvertrag auflöst oder das Versiche- rungsunternehmen den Versicherungsvertrag nach Ablauf nicht weiterführt.

2 Es legt der FINMA einen Plan zur Rückerstattung des Anteils an den Alterungsrück­stellungen zur Genehmigung vor. Dieser Plan enthält insbesondere die Be­rechnungs­grundlagen und die Höhe des zurückzuerstattenden Anteils. Diese Angaben sind in den Vertragsgrundlagen festzuhalten.

Art. 156 Geschlossene Bestände

1 Führt das Versicherungsunternehmen einem Versicherungsbestand keine Versiche­rungsverträge mehr zu (geschlossener Bestand), so haben die Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen dieses Bestandes das Recht, anstelle ihres bisherigen Versicherungsvertrages einen möglichst gleichwertigen Versicherungsvertrag aus einem offenen Bestand des Versicherungsunternehmens oder eines zur gleichen Versicherungsgruppe gehörenden Versicherungsunternehmens abzuschliessen, sofern das Versicherungsunternehmen beziehungsweise das Gruppenunternehmen einen entsprechenden offenen Bestand führt.

2 Das Versicherungsunternehmen hat die betroffenen Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen unverzüglich über dieses Recht sowie über die Versiche­rungsdeckungen zu informieren, die der offene Bestand aufweist.

3 Massgebend für den Wechsel vom bisherigen zum neuen Versicherungsvertrag sind Alter und Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers oder der Versicherungsnehmerin beim Abschluss des bisherigen Versicherungsvertrages.

Art. 160 Invaliditätsversicherung

Betreibt ein Versicherungsunternehmen die Invaliditätsversicherung im Rahmen der Kranken- und Unfallversicherung, so gelten die Vorschriften der Kranken- und Unfallversicherung auch für die Invaliditätsversicherung.

Art. 160a98 Koordination zwischen den Aufsichtsbehörden

1 Die FINMA und die Aufsichtsbehörde im Sinne des KVAG99 koordinieren ihre Aufsichtstätigkeiten, wenn die Durchführung einer Versicherung nach Artikel 2 Absatz 2 KVAG einen Einfluss auf die soziale Krankenversicherung hat oder haben kann. Einen Einfluss auf die soziale Krankenversicherung haben namentlich:

a.
ungenügende Eigenmittel;
b.
ungenügende Rückstellungen;
c.
eine Verletzung der Bestimmungen zum gebundenen Vermögen;
d.
die Übertragung des Versicherungsbestandes nach den Artikeln 51 Absatz 2 Buchstabe d und 62 VAG;
e.
eine Änderung der rechtlichen Struktur der Gesellschaft oder der Versicherungsgruppe oder eine Beteiligung nach Artikel 21 VAG;
f.
jede strafbare Handlung, die einen Einfluss auf die Durchführung der sozialen Krankenversicherung haben kann;
g.
eine Verletzung der Bestimmungen über Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit, über das Risikomanagement und über die Revision;
h.
eine gefährdete finanzielle Situation;
i.
sichernde Massnahmen nach Artikel 51 VAG;
j.
eine Verletzung von aufsichtsrechtlichen Bestimmungen.

2 Die FINMA und die Aufsichtsbehörde nach Absatz 1 können ihre Aufsichtstätigkeiten auch im Rahmen eines regelmässigen Informationsaustauschs über die ihrer Aufsicht unterstellten Rechtsträger koordinieren.

98 Eingefügt durch Anhang Ziff. 6 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165).

99 SR 832.12

5. Kapitel: Rechtsschutzversicherung

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 161 Gegenstand

Durch den Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet sich das Versicherungs­unternehmen gegen Bezahlung einer Prämie, durch rechtliche Angelegenheiten verursachte Kosten zu vergüten oder in solchen Angelegenheiten Dienste zu erbrin­gen.

Art. 162 Ausnahmen vom Geltungsbereich

Die Artikel 163–170 dieser Verordnung und Artikel 32 Absatz 1 VAG sind nicht anwendbar:

a.
auf die Tätigkeit des Haftpflichtversicherungsunternehmens zur Verteidigung oder Vertretung der bei ihm gegen Haftpflichtansprüche versicherten Person im Rahmen eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens, wenn diese Tätig­keit aufgrund dieser Versicherung auch im eigenen Interesse des Haftpflichtversi­cherungsunternehmens liegt;
b.
auf Streitigkeiten oder Ansprüche im Zusammenhang mit dem Einsatz von Schiffen auf See.
Art. 163 Informationspflicht

Das leistungspflichtige Versicherungsunternehmen, welches die Rechtsschutzversiche­rung gleichzeitig mit anderen Versicherungszweigen betreibt (Kompositversicherungsunternehmen) und die Erledigung von Schadenfällen nicht einem rechtlich selbständigen Unternehmen übertragen hat, informiert nach Eingang ei­ner Schadenanzeige die versicherte Person mittels Brief mit Zustellnachweis unverzüglich über das Wahlrecht nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b VAG.

2. Abschnitt: Schadenregelungsunternehmen

Art. 164 Organisation

1 Als Schadenregelungsunternehmen im Sinne von Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a VAG zulässig sind nur Versicherungsunternehmen, die ausschliesslich die Rechtsschutz­versicherung betreiben, sowie Aktiengesellschaften oder Genossenschaf­ten, die keine Dienste im Zusammenhang mit der Schadenerledigung in anderen Versicherungszweigen ausser der Rechtsschutzversicherung leisten.

2 Das Schadenregelungsunternehmen muss seinen Sitz oder eine Zweigniederlassung in der Schweiz haben.

3 Die mit der Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle sowie die mit der Geschäftsführung und der Vertretung des Schadenregelungsunternehmens betrauten Personen dürfen keine Tätigkeit für ein Kompositversicherungsunternehmen ausüben.

4 Die mit der Schadenbehandlung betrauten Beschäftigten des Schadenregelungs­unternehmens dürfen keine vergleichbare Tätigkeit für ein Kompositversicherungs­unternehmen ausüben.

Art. 165 Verhältnis zwischen Kompositversicherungsunternehmen und Schadenregelungsunternehmen

1 Der Vertrag zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Schadenregelungs­unternehmen muss insbesondere:

a.
eine Klausel enthalten, die der FINMA das Recht einräumt, die Be­handlung der Dossiers beim Schadenregelungsunternehmen zu überprüfen;
b.
vorsehen, dass die versicherte Person die Ansprüche aus dem Rechtsschutzversi­cherungsvertrag nur gegenüber dem Schadenregelungs- unter­nehmen geltend machen kann.

2 Das Versicherungsunternehmen darf dem Schadenregelungsunternehmen im Falle von Interessenkonflikten keine Weisungen für die Behandlung der Versicherungsfälle er­teilen, die zu Nachteilen für die versicherte Person führen können.

3 Das Schadenregelungsunternehmen darf dem Versicherungsunternehmen im Falle von Interessenkonflikten keine Angaben über die behandelten Versicherungsfälle machen, die zu Nachteilen für die versicherte Person führen können.

4 Das Versicherungsunternehmen ist durch einen gegen das Schadenregelungs­unternehmen ergangenen Entscheid gebunden.

3. Abschnitt: Form und Inhalt des Rechtsschutzversicherungsvertrages


Art. 166 Allgemeine Bestimmungen

1 Die Rechtsschutzgarantie muss Gegenstand eines von den anderen Versiche­rungszwei­gen gesonderten Vertrages oder eines gesonderten Kapitels einer Police mit Angabe des Inhalts der Rechtsschutzgarantie und der entsprechenden Prämie sein.

2 Wird die Schadenerledigung entsprechend Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a VAG einem Schadenregelungsunternehmen übertragen, so muss dieses Unternehmen im gesonderten Vertrag oder im gesonderten Kapitel mit Angabe seiner Firmen­bezeich­nung und der Adresse seines Sitzes erwähnt werden.

3 Räumt das Versicherungsunternehmen der versicherten Person das Recht ein, sich nach Massgabe von Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b VAG an einen unabhängigen Rechtsanwalt oder an eine unabhängige Rechtsanwältin oder an eine andere Person zu wenden, so muss dieses Recht in den Anträgen, Policen, allgemeinen Versicherungsbedingungen und Schadenanzeigeformularen erwähnt und jeweils besonders kenntlich gemacht werden.

Art. 167 Wahl eines Rechtsvertreters oder einer Rechtsvertreterin

1 Im Rechtsschutzversicherungsvertrag muss der versicherten Person die freie Wahl einer rechtlichen Vertretung, welche die Qualifikation des auf das Verfahren anwendbaren Rechts erfüllt, eingeräumt werden:

a.
falls im Hinblick auf ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren ein Rechtsvertreter oder eine Rechtsvertreterin eingesetzt werden muss;
b.
bei Interessenkollisionen.

2 Der Vertrag kann vorsehen, dass bei Ablehnung der gewählten Vertretung durch das Versicherungsunternehmen oder das Schadenregelungsunternehmen die versicherte Person das Recht hat, drei andere Personen für die rechtliche Vertretung vorzuschla­gen, von denen eine akzeptiert werden muss.

3 Tritt eine Interessenkollision ein, so muss das Versicherungsunternehmen oder das Schadenregelungsunternehmen die versicherte Person auf sein Recht hinweisen.

Art. 168 Entbindung vom Berufsgeheimnis

Die Klausel im Versicherungsvertrag, mit der sich die versicherte Person verpflichtet, ih­ren Rechtsvertreter oder ihre Rechtsvertreterin gegenüber dem Versicherungs­unternehmen vom Berufsgeheimnis zu entbinden, ist nicht anwendbar, wenn ein Interessenkonflikt besteht und die Weitergabe der verlangten Information an das Versicherungsunternehmen für die versicherte Person nachteilig sein kann.

Art. 169 Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten

1 Für den Entscheid von Meinungsverschiedenheiten zwischen der versicherten Person und dem Versicherungsunternehmen oder dem Schadenregelungs- unterneh­men hinsichtlich der Massnahmen zur Schadenerledigung sieht der Versicherungsver­trag ein Verfahren vor, das vergleichbare Garantien für die Objektivi­tät wie ein Schiedsgerichtsverfahren bietet.

2 Lehnt das Versicherungsunternehmen oder das Schadenregelungsunternehmen eine Leistung für eine Massnahme wegen Aussichtslosigkeit ab, so sind die vorgeschlagene Lösung unverzüglich schriftlich zu begründen und die versicherte Person auf die Möglichkeit des Verfahrens nach Absatz 1 hinzuweisen.

3 Sieht der Versicherungsvertrag kein Verfahren nach Absatz 1 vor oder unterlässt es das Versicherungsunternehmen oder das Schadenregelungsunternehmen, die versicherte Person im Zeitpunkt der Ablehnung der Leistungspflicht darüber zu informie­ren, so gilt das Rechtsschutzbedürfnis der versicherten Person im entsprechenden Fall als anerkannt.

4 Leitet die versicherte Person bei Ablehnung der Leistungspflicht auf eigene Kosten ei­nen Prozess ein und erlangt sie ein Urteil, das für sie günstiger ausfällt als die ihr vom Versicherungsunternehmen oder dem Schadenregelungsunternehmen schriftlich be­gründete Lösung oder als das Ergebnis des Verfahrens nach Absatz 1, so über­nimmt das Versicherungsunternehmen die dadurch entstandenen Kosten bis zum Höchstbetrag der Versicherungssumme.

Art. 170 Erfolgshonorar

Das Versicherungsunternehmen und das Schadenregelungsunternehmen dürfen sich keinen Anteil an einem allfälligen Erfolg der versicherten Person versprechen lassen.

6. Kapitel: Elementarschadenversicherung

1. Abschnitt: Versicherte Schäden und Deckungsumfang

Art. 171 Kombinierte Feuer- und Elementarschadenversicherung

1 Versicherungsunternehmen, die in der Schweiz gelegene Sachen (Fahrhabe und Gebäude) im Rahmen des Versicherungszweiges B8 gegen Feuer versichern, müssen diese auch zum Vollwert gegen Elementarschäden versichern.

2 Die Versicherung ersetzt die in der Zerstörung, Beschädigung oder im Abhandenkom­men versicherter Sachen bestehenden Elementarschäden.

Art. 172 Ausnahmen von der Versicherungspflicht

1 Nicht Gegenstand der kombinierten Feuer- und Elementarschadenversicherung sind Schäden an:

a.
leicht versetzbaren Bauten (wie Ausstellungs- und Festhütten, Grosszelte, Karusselle, Schau- und Messebuden, Tragluft- und Rautenhallen) sowie an de­ren Inhalt;
b.
Wohnwagen, Mobilheimen, Booten und Luftfahrzeugen samt Zubehör;
c.
Motorfahrzeugen als Warenlager im Freien oder unter einem Schirmdach;
d.
Bergbahnen, Seilbahnen, Skiliften, elektrischen Freileitungen und Masten (ausgenommen Ortsnetze);
e.
Sachen, die sich auf Baustellen befinden;
f.
Treibhäusern, Treibbeetfenstern und -pflanzen;
g.
Atomanlagen im Sinne von Artikel 3 Buchstabe d des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003100.

2 Als Baustelle gilt das ganze Areal, auf dem Sachwerte vorhanden sind, die sich dort im Zusammenhang mit einem Bauwerk befinden, selbst vor dessen Beginn und nach des­sen Beendigung

Art. 173 Versicherte Elementarschäden

1 Elementarschäden sind Schäden, die entstehen durch Hochwasser, Überschwem­mung, Sturm, Hagel, Lawinen, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag oder Erdrutsch.

2 Als Sturm gilt ein Wind von mindestens 75 km/h, der in der Umgebung der versicher­ten Sachen Bäume umwirft oder Gebäude abdeckt.

3 Keine Elementarschäden sind:

a.
Schäden, verursacht durch Bodensenkungen, schlechten Baugrund, fehler­hafte bauliche Konstruktion, mangelhaften Gebäudeunterhalt, Unterlassung von Abwehrmassnahmen, künstliche Erdbewegungen, Schneerutsch von Dächern, Grundwasser, Ansteigen und Überborden von Gewässern, das sich erfah­rungsgemäss in kürzeren oder längeren Zwischenräumen wiederholt;
b.
ohne Rücksicht auf ihre Ursache Schäden, die entstehen durch Wasser aus Stauseen oder sonstigen künstlichen Wasseranlagen, Rückstau von Wasser aus der Kanalisation oder Veränderungen der Atomstruktur;
c.
Betriebs- und Bewirtschaftungsschäden, mit denen erfahrungsgemäss gerechnet werden muss, wie Schäden bei Hoch- und Tiefbauten, Stollenbau­ten, bei Gewinnung von Steinen, Kies, Sand oder Lehm;
d.
Schäden durch Erschütterungen, welche ihre Ursache im Einsturz künstlich geschaffener Hohlräume haben;
e.
Erschütterungen, welche durch tektonische Vorgänge in der Erdkruste ausge­löst werden (Erdbeben) und vulkanische Eruptionen.
Art. 174 Deckungsausschlüsse

Von der Elementarschadenversicherung ausgeschlossen sind:

a.
Schneedruckschäden, die nur Ziegel oder andere Bedachungsmaterialien, Kamine, Dachrinnen oder Ablaufrohre treffen;
b.
Sturm- und Wasserschäden an Schiffen und Booten auf dem Wasser.
Art. 175101 Selbstbehalt

1 Der Anspruchsberechtigte trägt folgenden Selbstbehalt:

a.
bei der Versicherung von Hausrat: pro Ereignis 500 Franken;
b.
bei der Versicherung von landwirtschaftlichem Inventar: pro Ereignis 10 Prozent der Entschädigung, mindestens aber 1000 Franken und höchstens 10 000 Franken;
c.
bei der Versicherung von übriger Fahrhabe: pro Ereignis 10 Prozent der Entschä­digung, mindestens aber 2500 Franken und höchstens 50 000 Fran­ken;
d.
bei der Versicherung von Gebäuden:
1.
die ausschliesslich Wohn- und Landwirtschaftszwecken dienen: 10 Pro­zent der Entschädigung, mindestens aber 1000 Franken und höchstens 10 000 Franken,
2.
die allen übrigen Zwecken dienen: 10 Prozent der Entschädigung, mindes­tens aber 2500 Franken und höchstens 50 000 Franken.

2 Der Selbstbehalt wird pro Ereignis für Fahrhabe- und für Gebäudeversicherungen je einmal abgezogen. Betrifft ein Ereignis mehrere Gebäude eines Versicherungsnehmers, für die je ein unterschiedlicher Selbstbehalt vorgesehen ist, so beträgt der Selbstbehalt mindestens 2500 Franken und höchstens 50 000 Franken.

101 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Okt. 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4425).

Art. 176 Leistungsbegrenzungen

1 Übersteigen die von allen Versicherungsunternehmen, die eine Versicherungs­tätigkeit in der Schweiz betreiben dürfen, aus einem versicherten Ereignis für einen einzelnen Versicherungsnehmer ermittelten Entschädigungen 25 Millionen Franken, so werden sie auf diese Summe gekürzt. Vorbehalten bleibt eine weitergehende Kürzung nach Absatz 2.

2 Übersteigen die von allen Versicherungsunternehmen, die eine Versicherungs­tätigkeit in der Schweiz betreiben dürfen, für ein versichertes Ereignis in der Schweiz er­mittelten Entschädigungen 1 Milliarde Franken, so werden die auf die einzelnen Anspruchsberechtigten entfallenden Entschädigungen derart gekürzt, dass sie zusammen nicht mehr als diese Summe betragen.102

3 Entschädigungen für Fahrhabe- und Gebäudeschäden dürfen nicht zusammen­gerechnet werden.

4 Zeitlich und räumlich getrennte Schäden bilden ein Ereignis, wenn sie auf die gleiche atmosphärische oder tektonische Ursache zurückzuführen sind.

5 Voraussetzung für die Deckung eines Ereignisses ist, dass der Versicherungsvertrag bei dessen Beginn in Kraft war.

102 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Okt. 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4425).

2. Abschnitt: Prämien und Statistiken

Art. 177 Berechnungsgrundlagen

1 Die Versicherungsunternehmen erarbeiten ein Prämienkalkulationsschema.

2 Sie berechnen den Prämientarif aufgrund des Kalkulationsschemas; dabei tragen sie ei­ner voraussichtlichen Änderung des Schadenbedarfs Rechnung.

Art. 178 Genehmigung der Einheitsprämie und Bekanntgabe in der Police

1 Die Versicherungsunternehmen legen den Prämientarif einschliesslich des Kalkulations­schemas gemeinsam der FINMA zur Genehmigung vor.

2 Die massgebende Prämie ist dem Versicherungsnehmer und der Versicherungsnehmerin gegenüber in der Police gesondert und betragsmässig nach den versicherten Ri­siken Feuer und Elementarschäden getrennt auszuweisen.

Art. 179 Statistiken

1 Die Versicherungsunternehmen übermitteln dem von der FINMA bestimmten Statistikbüro jährlich die Daten über die Elementarschadenversicherung.

2 Das Statistikbüro verarbeitet die Daten nach den Weisungen der FINMA zu einer aussagefähigen Statistik, welche Aufschluss gibt über den Verlauf der Elementarschaden­versicherung, insbesondere über die Prämien, den Schadenauf­wand (Zahlungen und Bedarfsschadenrückstellungen, getrennt nach Statistikjahren), die Versicherungssumme und die Schäden, die zu einer Leistungsbegrenzung nach Artikel 176 geführt haben.

3 Die mit der Bearbeitung der Elementarschadenstatistik betrauten Personen unterste­hen der Pflicht zur Verschwiegenheit. Sie dürfen insbesondere nicht die statis­ti­schen Angaben der einzelnen Versicherungsunternehmen anderen Personen zur Kenntnis bringen.

Art. 180 Ausnahmen

1 Elementarschäden, die nicht unter die Versicherungspflicht nach Artikel 172 fallen, ge­hen nicht in die Statistik ein.

2 Die FINMA kann ein Versicherungsunternehmen auf begründetes Gesuch von der Pflicht zur Ablieferung der Daten an das Statistikbüro befreien oder die Daten ei­nes Versicherungsunternehmens auf begründeten Antrag des Statistik­büros vom Ein­bezug in die Statistiken ausschliessen.

3 Befreiung und Ausschluss von der Mitwirkung an der Statistik nach Absatz 2 entbinden nicht von der Pflicht zur Beteiligung an den Kosten nach Artikel 181.

Art. 181 Kosten

1 Die Versicherungsunternehmen tragen die Kosten der Ausarbeitung der Prämien­tarife und der Statistiken.

2 Sie erarbeiten einen Plan für die Kostenverteilung und legen ihn der FINMA zur Genehmigung vor.

3 Die Genehmigung wird erteilt, wenn der Plan eine ausgewogene Kostenverteilung vorsieht.

7. Titel: Versicherungsvermittler und Versicherungvermittlerinnen

Art. 182 Ausnahme vom Geltungsbereich

Die Versicherungsvermittlungstätigkeit im Ausland eines Versicherungsvermittlers oder einer Versicherungsvermittlerin mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz untersteht nicht der Aufsicht in der Schweiz.

Art. 183 Eintragungspflicht

1 Keine Eintragungspflicht nach Artikel 43 Absatz 1 VAG besteht für Versicherungsver­mittler und Versicherungsvermittlerinnen, wenn sie:

a.
während eines Kalenderjahres Provisionseinnahmen mehrheitlich mit einem oder zwei Versicherungsunternehmen realisieren;
b.
vom Versicherungsunternehmen Entschädigungen oder andere geldwerte Vorteile erhalten, die nicht der geschäftsüblichen Entschädigung für die Versiche­rungsvermittlung entsprechen und deshalb ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten;
c.
mit einem Versicherungsunternehmen Zusammenarbeits- oder andere Vereinba­rungen eingegangen sind, die ihre Freiheit, auch für andere Versiche­rungsunternehmen tätig zu werden, beeinträchtigen;
d.
am Gesellschaftskapital eines Versicherungsunternehmens direkt oder indi­rekt mit mehr als 10 Prozent beteiligt sind; oder
e.
eine leitende Funktion in einem Versicherungsunternehmen innehaben oder auf andere Weise auf den Geschäftsgang eines Versicherungsunternehmens Ein­fluss ausüben können.

2 Keine Eintragungspflicht nach Artikel 43 Absatz 1 VAG besteht auch, wenn ein Versicherungsunternehmen:

a.
am Gesellschaftskapital des Versicherungsvermittlers oder der Versicherungs­vermittlerin direkt oder indirekt mit mehr als 10 Prozent beteiligt ist;
b.
eine leitende Funktion bei einem Versicherungsvermittlungsunternehmen innehat oder auf andere Weise auf den Geschäftsgang des Versicherungsver­mitt­lers oder der Versicherungsvermittlerin Einfluss ausüben kann.

3 Die FINMA kann über die Eintragungspflicht in Abweichung von den Absätzen 1 und 2 verfügen, sofern besondere Umstände dies rechtfertigen.

Art. 184 Fachliche Voraussetzungen

1 Der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin weist die fachliche Qualifikation durch den erfolgreichen Abschluss einer Prüfung oder durch einen gleichwertigen anderen Ausweis nach.

2 Die FINMA regelt den Inhalt der Prüfung. Sie kann für den Ablauf der Prüfung sowie die Dispensationsgründe Vorschriften erlassen.

3 Die FINMA entscheidet über die Gleichwertigkeit anderer fachlicher Ausweise.

Art. 185 Persönliche Voraussetzungen

Die Versicherungsvermittler und Versicherungsvermittlerinnen erfüllen folgende persönliche Voraussetzungen:

a.
Sie sind handlungsfähig.
b.103
Es liegt keine strafrechtliche Verurteilung vor wegen Handlungen, die mit der Versicherungsvermittlungstätigkeit nicht zu vereinbaren sind und die im Privatauszug des Strafregister-Informationssystems VOSTRA oder in einer entsprechenden ausländischen Bestätigung für Personen mit Wohnsitz im Ausland erscheinen.
c.104
Es bestehen gegen sie keine Verlustscheine, die mit einem Verhalten im Zusammenhang stehen, das mit der Versicherungsvermittlungstätigkeit nicht vereinbar ist.

103 Fassung gemäss Anhang 10 Ziff. II 31 der Strafregisterverordnung vom 19. Okt. 2022, in Kraft seit 23. Jan. 2023 (AS 2022 698).

104 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 186 Finanzielle Sicherheiten

1 Der Versicherungsvermittler und die Versicherungsvermittlerin verfügen zur Deckung ihrer Haftpflicht aus der Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflicht über eine Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensschäden. Die Versicherungssumme für alle Schadenfälle eines Jahres muss mindestens 2 Millionen Franken betragen.

2 Diese Pflicht besteht nicht, wenn ein Dritter eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, in deren Deckung der Versicherungsvermittler oder die Versiche­rungsvermittlerin eingeschlossen ist.

3 Anstelle einer Berufshaftpflichtversicherung kann der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin eine gleichwertige finanzielle Sicherheit leisten. Die FINMA entscheidet im Einzelfall, welche anderweitigen finanziellen Sicherheiten als gleichwertig anzusehen sind.

4 Wer sich sowohl nach Artikel 43 Absatz 1 als auch nach Artikel 43 Absatz 2 VAG eintragen lassen will, hat für beide Formen der Versicherungsvermittlungstätigkeit die erforderliche finanzielle Sicherheit nachzuweisen.

Art. 187 Register

1 Das Register enthält folgende Angaben über den Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin:

a.
Name und Adresse;
b.
Rechtsnatur;
c.
die Versicherungsunternehmen, welche durch den Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin im Sinne von Artikel 43 Absatz 2 VAG ver­treten werden;
d.
die Versicherungszweige, in denen der Versicherungsvermittler oder die Ver­sicherungsvermittlerin tätig ist mit Angabe der Bindung an die Versicherung­sunternehmen;
e.
den Arbeitgeber, falls der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsver­mittlerin in einem Arbeitsverhältnis steht;
f.
das Datum des erstmaligen Registereintrages;
g.
die Registernummer.

2 Der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin kann sowohl nach Ar­tikel 43 Absatz 1 als auch nach Artikel 43 Absatz 2 VAG ins Register eingetragen werden, nicht aber für denselben Versicherungszweig.

3 Juristische Personen, die eine Versicherungsvermittlungstätigkeit im Sinne von Artikel 43 Absatz 1 VAG ausüben, lassen sich in ihrer Funktion als Versicherungsver­mittler oder Versicherungsvermittlerin in das Register eintragen. Sie haben nachzuweisen, dass sie über genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen, welche die geforderten Qualifikationen besitzen und ihrerseits im Register ein­getragen sind.

Art. 189 Änderung wesentlicher Tatsachen

1 Der registrierte Versicherungsvermittler und die registrierte Versicherungsvermittle­rin sind verpflichtet, der FINMA innert 14 Tagen nach Kenntnis folgende Änderungen bekannt zu geben:

a.
Namensänderung;
b.
Erlöschen der finanziellen Sicherheit oder Unterschreiten der Mindestgaran­tie nach Artikel 186;
c.
Ersatz einer Haftpflichtversicherung durch eine gleichwertige finanzielle Sicher­heit oder umgekehrt;
d.
Beendigung der Versicherungsvermittlertätigkeit;
e.
Wechsel von der Versicherungsvermittlungstätigkeit nach Artikel 43 Absatz 1 VAG zur Versicherungsvermittlungstätigkeit nach Artikel 43 Absatz 2 VAG oder umgekehrt;
f.
Wechsel des Versicherungsunternehmens, dessen Versicherungsverträge der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin nach Artikel 43 Ab­satz 2 VAG vermittelt;
g.
Wechsel des Versicherungsvermittlerunternehmens, für das der Versicherungs­vermittler oder die Versicherungsvermittlerin tätig ist;
h.
Wechsel der Adresse;
i.105
Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen das Vermögen nach den Artikeln 137–172ter des Strafgesetzbuches106, die im Strafregister-Informationssystem VOSTRA eingetragen werden;
k.107
Vorliegen eines Verlustscheins.

2 Das Versicherungsunternehmen, mit welchem der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin eine Berufshaftpflichtversicherung nach Artikel 186 Absatz 1 abgeschlossen hat, muss die FINMA über das Aussetzen oder das Aufhören dieser Versicherung unverzüglich in Kenntnis setzen. Gleiches gilt, falls die Deckung das vorgeschriebene Minimum unterschreitet.

3 Dieselbe Pflicht trifft die Person, welche zugunsten des Versicherungsvermittlers oder der Versicherungsvermittlerin eine gleichwertige Form der finanziellen Sicherheit leistet.

105 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015 (AS 2015 1147). Fassung gemäss Anhang 10 Ziff. II 31 der Strafregisterverordnung vom 19. Okt. 2022, in Kraft seit 23. Jan. 2023 (AS 2022 698).

106 SR 311.0

107 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 190 Informationspflichten

Sofern sich bei den Informationen nach Artikel 45 Absatz 1 VAG Änderungen ergeben, muss der Versicherungsvermittler oder die Versicherungsvermittlerin die Kunden beim nächsten Kundenkontakt hierüber informieren.

8. Titel: Versicherungsgruppen und Versicherungskonglomerate

1. Kapitel: Versicherungsgruppen

1. Abschnitt: Organisation, Gruppenstruktur und gruppeninterne Vorgänge


Art. 191 Organisation

1 Die Versicherungsgruppe verfügt über eine der Geschäftstätigkeit der Versicherungs­gruppe entsprechende und den Risiken angemessene Organisation.

2 Sie reicht der FINMA eine Darstellung der Organisations-, Kontroll- und Geschäftsfüh­rungsstruktur auf Gruppenleitungsebene ein und meldet ihr deren Änderungen innert 14 Tagen nach Inkrafttreten.

3 Die FINMA bezeichnet das Unternehmen, das ihr gegenüber als Ansprechpartner für die aufsichtsrechtlichen Pflichten der Versicherungsgruppe verantwortlich ist.

4 Sie kann von der Versicherungsgruppe die Vorlage der Statuten des als Ansprechpart­ner bezeichneten Unternehmens verlangen.

Art. 192 Gruppenstruktur

1 Die Versicherungsgruppe reicht der FINMA jährlich innert drei Monaten nach Jahresabschluss ein vollständiges Gruppenorganigramm ein, in dem alle Unternehmen der Versicherungsgruppe verzeichnet sind. Die FINMA kann die­ses in kür­zeren Abständen verlangen.

2 Die Versicherungsgruppe meldet der FINMA bei Vorliegen einer entsprechenden Absicht die Schaffung, den Erwerb oder die Veräusserung einer wesentlichen Beteiligung durch eines der Gruppenunternehmen.108

3 Die FINMA legt im Einzelfall nach Massgabe der Grösse und der Komplexi­tät der Versicherungsgruppe fest, was als wesentliche Beteiligung zu verstehen ist.

108 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 193 Gruppeninterne Vorgänge

1 Gruppeninterne Vorgänge sind Geschäfte und Transaktionen, bei denen beaufsich­tigte Unternehmen sich zur Erfüllung einer Verpflichtung direkt oder indirekt auf andere Unternehmen innerhalb derselben Versicherungsgruppe stützen; insbeson­dere be­trifft dies:

a.
Darlehen;
b.
Garantien und ausserbilanzmässige Geschäfte;
c.
Geschäfte und Transaktionen, die anrechenbare Eigenmittel nach Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe d sind;
d.
Kapitalanlagen;
e.
Rückversicherungsgeschäfte;
f.
Kostenteilungsvereinbarungen; und
g.
sonstige Risikotransfer-Geschäfte.

2 Als wichtig gelten gruppeninterne Vorgänge, welche die finanzielle Situation eines ein­zelnen Unternehmens oder der Versicherungsgruppe insgesamt wesentlich verän­dern oder noch verändern werden und welche die von der FINMA vor­gegebenen Mindestwerte überschreiten.

Art. 194 Überwachung gruppeninterner Vorgänge

1 Die Versicherungsgruppe hat der FINMA vor Eintritt der recht­lichen Wirksamkeit über alle wichtigen gruppeninternen Vorgänge Bericht zu erstat­ten. Zudem ist der FINMA jährlich innert drei Monaten nach Jahresab­schluss über den Bestand der Vorgänge zu berichten. Sie kann eine Berichterstattung in kürzeren Abständen verlangen.109

2 Werden Vorgänge zur Unterstützung von Gruppenunternehmen über natürliche oder juristische Personen getätigt, die ausserhalb der Versicherungsgruppe stehen, so ist auch über diese Transaktionen und Geschäfte Bericht zu erstatten.

3 Die FINMA regelt Art und Inhalt der Berichte und legt die Mindestwerte unter Berücksichtigung der Grösse und der Komplexität der Versicherungsgruppe fest.

109 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

2. Abschnitt: Risikomanagement

Art. 195110 Ziel und Inhalt

1 Für Ziel und Inhalt des Risikomanagements gelten die Artikel 96, 96a, 98 und 98a sinngemäss.

2 Versicherungsgruppen unterhalten auf Gruppenebene getrennte Risikomanagement- und Compliance-Funktionen mit jeweils gruppenweiter Verantwortung.

110 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 196 Dokumentation

1 Die Versicherungsgruppe reicht der FINMA die Dokumentation zum Risikomanage­ment innert drei Monaten nach Jahresabschluss ein. Wesentliche Änderungen meldet sie ihr innert Monatsfrist.

2 Im Übrigen findet Artikel 97 sinngemäss Anwendung.

3. Abschnitt: Solvabilität

Art. 198112 Bestimmung und Berichterstattung

Die Bestimmung der Solvabilität und die entsprechende Berichterstattung richten sich für Versicherungsgruppen sinngemäss nach den Artikeln 41–53a zum Schweizer Solvenztest (Gruppen-SST).

112 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 198a113 Konsolidierter Gruppen-SST

1 Die Versicherungsgruppe bestimmt ihre Solvabilität durch einen konsolidierten Gruppen-SST. Dabei werden das massgebende risikotragende Kapital und das Zielkapital auf der Basis einer konsolidierten marktnahen Bilanz bestimmt.

2 Die FINMA kann:

a.
Bestimmungen erlassen, welche der Verfügbarkeit und Übertragbarkeit von Kapital innerhalb der Versicherungsgruppe Rechnung tragen;
b.
Aufschläge zum Zielkapital oder Abschläge vom risikotragenden Kapital anordnen, falls die Fungibilität stark eingeschränkt ist und dies im Modell nicht genügend berücksichtigt wird.

113 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 198b114 Granularer Gruppen-SST

1 Die Versicherungsgruppe kann ihre Solvabilität mit Genehmigung der FINMA durch einen granularen Gruppen-SST bestimmen.

2 In begründeten Fällen kann die FINMA zusätzlich zum konsolidierten den granu­laren Gruppen-SST anordnen.

3 Im granularen Gruppen-SST wird das risikotragende Kapital und das Zielkapital für jede einzelne juristische Einheit der Versicherungsgruppe ermittelt. Es werden sämtliche Kapital- und Risikotransferinstrumente zwischen den juristischen Ein­heiten erfasst.

4 Die FINMA kann einer Versicherungsgruppe Vereinfachungen beim granularen Gruppen-SST zugestehen. Dazu gehört namentlich die Zusammenfassung mehrerer juristischer Einheiten zu einer virtuellen Einheit (Cluster).

114 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 198c115 Erfüllung

Eine Versicherungsgruppe erfüllt die Solvenzanforderungen, wenn sie:

a.
den konsolidierten Gruppen-SST erfüllt; oder
b.
den von der FINMA genehmigten granularen Gruppen-SST erfüllt.

115 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 203 Externe Überprüfung

1 Die Versicherungsgruppe beauftragt eine Prüfgesellschaft117. Diese überprüft jähr­lich, ob die Versicherungsgruppe die Pflichten nach dieser Verordnung einhält und die in der Dokumentation nach Artikel 196 beschriebenen Risikokontrollprozesse umsetzt. Sie verfasst darüber zu Handen der FINMA einen Bericht.

2 Die FINMA erteilt Weisungen für die Überprüfung. Sie kann die Überprü­fung durch eine andere qualifizierte, unabhängige Drittperson zulassen.

117 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

Art. 203a118 Bericht über die Finanzlage

Für Versicherungsgruppen gilt Artikel 111a sinngemäss. Für die Beschreibung der Solvabilität kann der konsolidierte Gruppen-SST verwendet werden.

118 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

4. Abschnitt:119 Konkurs

119 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 14 der Finanzmarktinfrastrukturverordnung vom 25. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5413).

Art. 203b

Die Funktionen einer Gruppengesellschaft sind für die bewilligungspflichtigen Tätigkeiten wesentlich, wenn sie notwendig sind für die Weiterführung wichtiger Geschäftsprozesse, namentlich in den Bereichen Zeichnung von Risiken, Bestandesverwaltung, Schadenregulierung, Rechnungswesen, Personal, Informationstechnologie und Vermögensanlage.

2. Kapitel: Versicherungskonglomerate

Art. 205 Zuteilung der Unternehmen zum Versicherungs- und Finanzbereich

1 Massgebend für die Zuteilung der Unternehmen zum Versicherungsbeziehungs­weise Finanzbereich ist die Haupttätigkeit des jeweiligen Unternehmens und der Bereich, für den das Unternehmen Dienstleistungen erbringt. Unternehmen, die nicht ein­deutig zugeordnet werden können, werden dem Versicherungsbereich zugeordnet.

2 …121

121 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, mit Wirkung seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 206a123 Konkurs

Die Funktionen einer Konglomeratsgesellschaft sind für die bewilligungspflichtigen Tätigkeiten wesentlich, wenn sie notwendig sind für die Weiterführung wichtiger Geschäftsprozesse, namentlich in den Bereichen Zeichnung von Risiken, Bestandesverwaltung, Schadenregulierung, Rechnungswesen, Personal, Informationstechnologie und Vermögensanlage.

123 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 14 der Finanzmarktinfrastrukturverordnung vom 25. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5413).

9. Titel: …

10. Titel: …

Art. 215126

126 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

11. Titel: Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 216 Übergangsbestimmungen

1 und 2 …127

3 Ein allfälliger Bestand an Bewertungsreserven nach Artikel 37 Absatz 2 Buch­stabe c auf festverzinslichen Wertpapieren darf mit folgender Einschränkung wäh­rend höchstens fünf Jahren nach Inkrafttreten weiterhin angerechnet werden: Anrechen­bar während der Übergangsfrist ist der niedrigste Wert aus dem Bestand der Bewertungsreserven am letzten Bilanzstichtag vor Inkrafttreten und aus den Bestän­den aus den Folgebewertungen jeweils am Jahresende.

4 In Bezug auf das Zielkapital (Art. 41–46) und das risikotragende Kapital (Art. 47–50) gelten folgende Vorschriften:

a.–c. …128
d.
Sie bauen das zur Bedeckung des Zielkapitals erforderliche risikotragende Kapital innert fünf Jahren nach Inkrafttreten auf.
e.–h. …129

5 …130

6 Das Versicherungsunternehmen dokumentiert die Versicherungsnehmer und die Versicherungsnehmerinnen spätestens bei der ersten nach Inkrafttreten gebotenen Information nach Artikel 130 Buchstabe e durch einen Nachtrag zum Vertrag über die Einzelheiten der Überschussausschüttung nach Artikel 130. Der Nachtrag muss mit den Angaben im Geschäftsplan übereinstimmen.

7–9131

8 Das Übertrittsrecht nach Artikel 156 muss den Versicherten der bei Inkrafttreten bereits geschlossenen Bestände spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten gewährt werden.

9 Versicherungsunternehmen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits über eine Bewilligung zum Geschäftsbetrieb verfügen, haben der FINMA innert zwei Jah­ren nach Inkrafttreten einen neuen Geschäftsplan zur Genehmigung einzureichen. Änderungen des bestehenden Geschäftsplans nach Artikel 5 VAG sind erst nach Einrei­chung des neuen Geschäftsplanes bekannt zu geben.

10 Die nicht zum Betrieb der Lebensversicherung ermächtigten Versicherungs- unternehmen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens über Versicherungen mit beschränk- ten Leistungen bei Unfall, Krankheit und Invalidität wie namentlich die Abonnenten- ver­sicherung verfügen, in denen die Ausrichtung eines Sterbegeldes eingeschlossen ist, dürfen diese Sterbegeldvereinbarung nur noch bis zum Ablauf des Vertrages oder bis zum Eintritt des Versicherungsfalles weiterführen. Für die anerkannten Krankenkas­sen bleibt Artikel 14 der Verordnung vom 27. Juni 1995132 über die Krankenversicherung vorbehalten.

11–15 …133

16 Die Artikel 175 und 176 Absatz 2 sind ab Inkrafttreten der Änderung vom 18. Oktober 2006 auf alle neuen und alle laufenden Versicherungsverträge anwend­bar.134

127 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

128 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

129 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

130 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

131 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

132 SR 832.102

133 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

134 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Okt. 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4425).

Art. 216a135

135 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 11 der Revisionsaufsichtsverordnung vom 22. Aug. 2007 (AS 2007 3989). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 11 der Finanzmarktprüfverordnung vom 15. Okt. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5363).

Art. 216b136 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 25. März 2015

1 Bestehende Doppelfunktionen im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 sind innert drei Jahren ab Inkrafttreten dieser Änderung zu beseitigen. Unter bisherigem Recht bewilligte Ausnahmen im Sinne von Artikel 13 Absatz 3 behalten ihre Gültigkeit.

2 Risikoabsorbierende Kapitalinstrumente, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung von der FINMA genehmigt wurden, stehen für ihre jeweilige Restlaufzeit unter Bestandesschutz.

3 Die FINMA bestimmt, wann der Bericht über die Finanzlage gemäss Artikel 111a erstmals zu veröffentlichen ist und die Mindestgliederung nach Artikel 111b erstmals anzuwenden ist.

136 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

Art. 217 Aufhebung bisherigen Rechts

Folgende Erlasse werden aufgehoben:

1.
Bundesratsbeschluss vom 22. November 1978137 über die Inkraftsetzung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und die Weitergeltung von Bundesrecht;
2.
Verordnung vom 19. November 1997138 über den Einsatz von derivativen Finanz­instrumenten durch die Versicherungseinrichtungen;
3.
Verordnung vom 11. September 1931139 über die Beaufsichtigung von priva­ten Versicherungseinrichtungen;
4.
Verordnung vom 11. Februar 1976140 über die Abgrenzung der Versicherung­sauf­sichtspflicht;
5.
Verordnung vom 3. Dezember 1979141 über den Betrieb versicherungsfremder Geschäfte durch die privaten Versicherungseinrichtungen;
6.
Bundesratsbeschluss vom 22. November 1955142 über die Abonnenten- und die Käufer- und Kundenversicherung;
7.
Verordnung vom 18. November 1992143 über die Rechtsschutzversicherung;
8.
Verordnung vom 18. November 1992144 über die Elementarschadenversiche­rung;
9.
Verordnung vom 29. November 1993145 über die direkte Lebensversicherung;
10.
Verordnung vom 8. September 1993146 über die Direktversicherung mit Aus­nahme der Lebensversicherung;
11.
Verordnung vom 18. November 1992147 über die Schwankungsrückstellung in der Kreditversicherung.

Anhang 1148

148 Bereinigt gemäss Ziff. II Abs. 1 der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

(Art. 3 Abs. 1)

Versicherungszweige

A. Lebensversicherung

A1
Kollektivlebensversicherung im Rahmen der beruflichen Vorsorge
A2
Anteilgebundene Lebensversicherung
A2.1 Fondsanteilgebundene Kapitalversicherung mit Todesfall- oder
Invaliditätsschutz
A2.2 Fondsanteilgebundene Kapitalversicherung mit Todesfall- oder Invaliditätsschutz sowie Erlebensfallgarantie
A2.3 Fondsanteilgebundene Rentenversicherung
A2.4 An interne Anlagebestände oder andere Bezugswerte gebundene Lebensversicherung mit Todesfall- oder Invaliditätsschutz
A2.5 An interne Anlagebestände oder andere Bezugswerte gebundene Lebensversicherung mit Todesfall- oder Invaliditätsschutz sowie Erlebensfallgarantie
A2.6 An interne Anlagebestände oder andere Bezugswerte gebundene Rentenversicherung
A3
Sonstige Lebensversicherung
A3.1 Einzelkapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall
A3.2 Einzelrentenversicherung
A3.3 Sonstige Einzellebensversicherung
A3.4 Kollektivlebensversicherung ausserhalb der beruflichen Vorsorge
A4
Unfallversicherung
A5
Krankenversicherung
A6
Kapitalisationsgeschäfte
A6.1 Fondsanteilgebundene Kapitalisationsgeschäfte
A6.2 An interne Anlagebestände gebundene Kapitalisationsgeschäfte
A6.3 Sonstige Kapitalisationsgeschäfte
A7
Tontinengeschäfte

B. Schadenversicherung

B1
Unfall (einschliesslich Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten)
einmalige Leistungen
wiederkehrende Leistungen
kombinierte Leistungen
Personenbeförderung
B2
Krankheit
einmalige Leistungen
wiederkehrende Leistungen
kombinierte Leistungen
B3
Landfahrzeug-Kasko (ohne Schienenfahrzeuge)
Sämtliche Schäden an:
Motorfahrzeugen
Landfahrzeugen ohne eigenen Antrieb
B4
Schienenfahrzeug-Kasko
Sämtliche Schäden an Schienenfahrzeugen
B5
Luftfahrzeug-Kasko
Sämtliche Schäden an Luftfahrzeugen
B6
See-, Binnensee- und Flussschifffahrts-Kasko
Sämtliche Schäden an:
Flussschiffen
Binnenseeschiffen
Seeschiffen
B7
Transportgüter (einschliesslich Waren, Gepäckstücke und alle sonstigen Güter)
Sämtliche Schäden an transportierten Gütern, unabhängig von dem jeweils verwendeten Transportmittel
B8
Feuer und Elementarschäden
Sämtliche Sachschäden (soweit sie nicht unter die Zweige B3, B4, B5, B6 oder B7 fallen), die verursacht werden durch:
Feuer
Explosion
Sturm
andere Elementarschäden ausser Sturm
Kernenergie
Bodensenkungen und Erdrutsch
B9
Sonstige Sachschäden
Sämtliche Sachschäden (soweit sie nicht unter die Zweige B3, B4, B5, B6 und B7 fallen), die durch Hagel oder Frost sowie durch Ursachen aller Art (wie bei­spielsweise Diebstahl) hervorgerufen werden, soweit diese Ursachen nicht un­ter Nummer 8 erfasst sind
B10
Haftpflicht für Landfahrzeuge mit eigenem Antrieb
Haftpflicht aller Art (einschliesslich derjenigen des Frachtführers), die sich aus der Verwendung von Landfahrzeugen mit eigenem Antrieb ergibt
B11
Luftfahrzeughaftpflicht
Haftpflicht aller Art (einschliesslich derjenigen des Frachtführers), die sich aus der Verwendung von Luftfahrzeugen ergibt
B12
See-, Binnensee- und Flussschifffahrtshaftpflicht
Haftpflicht aller Art (einschliesslich derjenigen des Frachtführers), die sich aus der Verwendung von Flussschiffen, Binnenseeschiffen und Seeschiffen er­gibt
B13
Allgemeine Haftpflicht
Alle sonstigen Haftpflichtfälle, die nicht unter die Zweige B10, B11 und B12 fal­len
B14
Kredit
allgemeine Zahlungsunfähigkeit
Ausfuhrkredit
Abzahlungsgeschäfte
Hypothekardarlehen
landwirtschaftliche Darlehen
B15
Kaution
direkte Kaution
indirekte Kaution
B16
Verschiedene finanzielle Verluste
Berufsrisiken
ungenügende Einkommen (allgemein)
Schlechtwetter
Gewinnausfall
laufende Unkosten allgemeiner Art
unvorhergesehene Geschäftsunkosten
Wertverluste
Miet- oder Einkommensausfall
indirekte kommerzielle Verluste ausser den bereits erwähnten
nichtkommerzielle Geldverluste
sonstige finanzielle Verluste
B17
Rechtsschutz
Rechtsschutz
B18
Touristische Beistandsleistung
Beistandsleistungen zugunsten von Personen, die auf Reisen oder während der Abwesenheit von ihrem Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort in Schwie­rigkeiten geraten

C. Rückversicherung

C1
Rückversicherung durch Versicherungsunternehmen, welche ausschliesslich die Rückversicherung betreiben
C2
Rückversicherung in allen Versicherungszweigen durch Versicherungs­unternehmen, welche die Schadenversicherung betreiben
C3
Rückversicherung durch Captives

Anhang 2149

149 Fassung gemäss Ziff. II Abs. 2 der V vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

(Art. 41 Abs. 1)

Expected Shortfall

1. Begriffe

ES
Expected Shortfall
E
Erwartungswert
X
Stochastische Variable für die Modellierung des Verlustes in der jeweiligen Berechnung (Verluste mit positivem Vorzeichen)
P
Wahrscheinlichkeitsmass
α
Eintrittswahrscheinlichkeit (wobei α ≪ 1)
qα
Schwellenwert zur Eintrittswahrscheinlichkeit α

2. Schwellenwert qα

Der Schwellenwert qα zur Eintrittswahrscheinlichkeit α ist die grösste untere Schranke von allen reellen Zahlen x, für welche gilt:

P[X > x] ≤ α.

(1)

3. Expected Shortfall im Spezialfall einer stetigen Verteilungsfunktion von X


Der Expected Shortfall von X mit der Eintrittswahrscheinlichkeit α ist der erwartete Wert von X unter der Bedingung, dass X grösser ist als qα:

ES[X] = E[X | X > qα].

(2)

4. Expected Shortfall im allgemeinen Fall

Der Expected Shortfall von X mit der Eintrittswahrscheinlichkeit α ist gegeben durch:

(3)

Der Fall mit stetiger Verteilung ist im allgemeinen Fall enthalten. Im Fall mit stetiger Verteilung fallen die Ausdrücke (2) und (3) zusammen.

Anhang 3150

150 Bereinigt gemäss Ziff. I der V vom 30. Nov. 2012 (AS 2012 7263) und Ziff. II Abs. 1 vom 25. März 2015, in Kraft seit 1. Juli 2015 (AS 2015 1147).

(Art. 48 Abs. 1)

Marktnahe Bewertung

1. Begriff

1 Unter einem marktnahen Wert versteht man den Marktwert, falls dieser existiert (Marking-to-Market).

2 Ist kein Marktwert verfügbar, so wird der marktnahe Wert aufgrund eines entsprechen­den Modells bestimmt (Marking-to-Model).

2. Aktiven

1 Bei Aktiven, für welche ein sicherer Marktwert vorhanden ist, gilt dieser als Bewertungsgrundlage. Unter diese Kategorie fallen insbesondere Barmittel, Staatsanlei­hen und kotierte Aktien.

2 Bei Aktiven, für welche der Marktwert nur schwer bestimmbar ist, regelt die FINMA die Bewertung. Der marktnahe Wert wird allenfalls mittels Modellen aus den Kreisen ähnlicher, aber kotierter Finanzinstrumente abgeleitet (Mix von Mar­king-to-Market und Marking-to-Model).

3 Modelle zur Bestimmung des marktnahen Wertes dürfen nur verwendet werden, wenn sie:

a.
finanzmathematisch anerkannt sind;
b.
sich soweit möglich an beobachtbaren Marktgrössen orientieren; und
c.
in die internen Abläufe des Versicherungsunternehmens eingebunden sind.

3. Fremdkapital

1 Der marktnahe Wert des Fremdkapitals ist gleich der Summe aus dem marktnahen Wert der Versicherungsverpflichtungen und dem marktnahen Wert der übrigen Verbindlichkeiten. Hierbei ist der marktnahe Wert der übrigen Verbindlichkeiten für Instrumente, die nicht als ergänzendes Kapital zum risikotragenden Kapital angerechnet werden, um den Effekt der eigenen Bonität zu bereinigen.

2 Der marktnahe Wert der Versicherungsverpflichtungen setzt sich zusammen aus dem bestmöglichen Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen und dem Mindestbetrag nach Artikel 41 Absatz 3. Der bestmögliche Schätzwert der Versicherungsverpflichtungen ist der Erwartungswert der künftigen mit einer risikolosen Zinskurve diskontierten, vertraglich zugesicherten Zahlungsflüsse unter Berücksichtigung folgender Grundsätze:

a.
Vollständigkeit: Alle Verpflichtungen werden bewertet, insbesondere wesentliche in Versicherungsverträgen eingebettete Optionen und Garantien; dabei gilt:
1.
Finanzielle Optionen sind nach anerkannten finanzmathematischen Metho­den zu bewerten, wobei den Eigenheiten der Optionen wie Lauf­zeit oder Versichertenverhalten Rechnung zu tragen ist.
2.
Für die Bewertung von eingebetteten Optionen wie Storni, Rückkaufsoptio­nen, garantierte Deckungserhöhungen und Vertragsum­wandlungen mit garantiertem Tarif muss nicht ausschliesslich von rationa­len Versiche­rungsnehmern ausgegangen werden, sondern es können auch empirische Daten (wie beobachtete Ausübungswahrscheinlich­keiten) für die Mo­dellierung der Optionsausübun­gen herangezogen werden. In jedem Fall ist jedoch die Ab­hängigkeit des Versichertenverhaltens vom Finanz­­markt zu berücksichtigen.
3.
Zugewiesene Bonus- und Überschussrenten, Schlussbonusanteile im Erle­bensfall oder aus günstiger Schadenerfahrung sollen marktnah rück­ge­stellt werden mit angemessener Beachtung ihrer mehr oder weniger ver­bindlichen Garantie.
4.
Zukünftige, nicht garantierte Überschussleistungen sowie Unternehmens­steuern werden nicht berücksichtigt.
5.
Rückversicherungsoptionen, wie Gewinnbeteiligungsklauseln, sind ange- messen zu berücksichtigen.
Für Schadenfälle, deren Schadenhöhe noch nicht bekannt ist, ist eine Rückstel­lung in der Höhe des Erwartungswertes der Schadenhöhe zu bilden. Für eingetretene aber noch nicht gemeldete Schäden (IBNyR) ist eine angemes­sene Rückstellung zu bilden.
b.
Prinzip des bestmöglichen Schätzwerts: Die Bewertung enthält keine impli- zi­ten oder expliziten Sicherheits-, Schwankungs- oder sonstigen Zu­schläge für das Versicherungsrisiko, sondern bezieht sich ausschliesslich auf den Erwartungswert der Verpflichtungen. Versicherungsrisikozuschläge flies­sen aus­schliesslich in das Zielkapital ein. Beispielsweise ist mit biometri­schen Grundlagen zweiter Ordnung zu rechnen oder bei Schadenrück­stellungen ist die Schadenteuerung einzubeziehen.
c.
Aktualität: Die Bewertung erfolgt auf der Basis der aktuellsten verfügbaren Informationen.
d.
Transparenz: Die Modelle, Parameter und Abweichungen von anerkannten Grundlagen sind explizit zu erläutern und der FINMA vorzulegen.

3 Während einer ausserordentlichen Tiefzinsphase kann die FINMA bei der Diskontierung bestehender Verpflichtungen unter Berücksichtigung der Grundsätze nach Absatz 2 auch risikobehaftete Zinskurven zulassen.