172.061.1
Verordnung
über das Vernehmlassungsverfahren
(Vernehmlassungsverordnung, VlV)
vom 17. August 2005 (Stand am 1. August 2022)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 11 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20051 (VlG),
verordnet:
1 Diese Verordnung gilt für die Vernehmlassungsverfahren, die vom Bundesrat, von einem Departement, der Bundeskanzlei oder einer Einheit der Bundesverwaltung eröffnet werden (eröffnende Behörde).
2 Soweit ein Gesetz oder eine Verordnung nichts anderes bestimmt, gelten die Bestimmungen dieser Verordnung sinngemäss auch für die parlamentarischen Kommissionen.
Die für die Durchführung von Vernehmlassungen zuständigen Behörden (federführende Behörden) erstellen eine Planung ihrer Vernehmlassungen und aktualisieren sie laufend.
(Art. 5 Abs. 3 VlG)
1 Die federführenden Behörden orientieren die Bundeskanzlei über die Planung ihrer Vernehmlassungen; sie nennen ihr zu jedem Vorhaben den Titel in den drei Amtssprachen und die Frist zur Einreichung der Stellungnahmen.
2 …7
1 Die federführende Behörde unterbreitet der Bundeskanzlei rechtzeitig vor der Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens die Vernehmlassungsunterlagen zur Konsultation.
2 Sie konsultiert die Bundeskanzlei auch dann, wenn sie nach Artikel 3a VlG auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichten will.
Die Bundeskanzlei führt in elektronischer Form eine öffentlich zugängliche, laufend aktualisierte Liste der geplanten Vernehmlassungen.
Im Antrag an die eröffnende Behörde ist insbesondere zu begründen:
- a.
- weshalb das Vernehmlassungsverfahren gestützt auf Artikel 3 Absatz 1 VlG durchgeführt werden muss oder gestützt auf Artikel 3 Absatz 2 VlG durchgeführt werden soll;
- b.
- weshalb gegebenenfalls von der Frist nach Artikel 7 Absatz 3 VlG ausnahmsweise abgewichen werden soll.
1 Die Vernehmlassungsunterlagen umfassen:
- a.
- die Vernehmlassungsvorlage;
- b.
- bei einer Erlassänderung: eine übersichtliche Darstellung der geplanten Änderungen im Vergleich zum geltenden Recht;
- c.
- den erläuternden Bericht;
- d.
- die Orientierungsschreiben an die Adressaten;
- e.
- die Adressatenliste.12
2 Sie sind in den drei Amtssprachen zu erstellen.
3 Vernehmlassungsvorlage und erläuternder Bericht können in den folgenden Fällen in nur einer oder zwei Amtssprachen erstellt werden:
- a.
- bei völkerrechtlichen Verträgen: wenn das Vorhaben dringlich ist;
- b.
- bei Vernehmlassungen nach Artikel 3 Absatz 2 VlG: wenn das Vorhaben ausschliesslich von lokaler oder regionaler Bedeutung ist.
1 Der erläuternde Bericht gibt einen Überblick über die Vorlage und legt ihre Grundzüge und ihre Ziele dar.
2 Er erläutert bei Erlassentwürfen die einzelnen Bestimmungen.
3 Er enthält Ausführungen und wo nötig Fragen an die Adressaten, insbesondere:
- a.
- zu den personellen, organisatorischen und finanziellen Auswirkungen auf Bund, Kantone, Gemeinden und allfällige weitere Vollzugsträger;
- b.
- zur Notwendigkeit, die Umsetzung mit den Vollzugsträgern koordiniert zu planen;
- c.
- zum Zeitbedarf für die Umsetzung in den Kantonen und den Gemeinden;
- d.
- zu den wirtschaftlichen Auswirkungen.
4 Er enthält bei Erlassentwürfen, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Vollzugsträger und die weiteren Normadressaten zu rechnen ist, Ausführungen zum voraussichtlichen Inhalt der darauf gestützt zu erlassenden Verordnungen.
4bis Er stellt die wichtigsten verwendeten quantitativen Angaben übersichtlich dar und enthält:
- a.
- Informationen über deren Quellen;
- b.
- Informationen über deren Berechnungen oder Schätzungen;
- c.
- eine Einschätzung deren Verlässlichkeit.14
5 Im Übrigen gelten die Vorgaben für Inhalt und Gliederung von Botschaften des Bundesrates sinngemäss.
1 Das Orientierungsschreiben an die Adressaten der Vernehmlassung enthält:
- a.
- einen Hinweis auf den Entscheid zur Eröffnung der Vernehmlassung;
- b.
- die Angabe der Vernehmlassungsfrist und gegebenenfalls die Begründung für die Verkürzung der Frist;
- c.
- die elektronische Bezugsquelle für die Vernehmlassungsunterlagen.
2 Die Kantone sowie allfällige weitere Vollzugsträger werden im Orientierungsschreiben ausdrücklich eingeladen, zu den Ausführungen im erläuternden Bericht und zu allfälligen darin gestellten Fragen Stellung zu nehmen.
3 Das Orientierungsschreiben an die Kantone wird an die Regierungen adressiert.
(Art. 4 Abs. 2 und 3 VlG)
1 Die Adressatenliste enthält die ständigen Adressaten gemäss Artikel 4 Absatz 3 VlG sowie die von der federführenden Behörde bestimmten weiteren interessierten Kreise.
2 Sie enthält keine Verwaltungseinheiten der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung sowie der kantonalen Verwaltungen; ausgenommen sind die im Einzelfall interessierten ausserparlamentarischen Kommissionen nach Anhang 2 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199817.
1 Betrifft eine Vorlage das Verfahren vor dem Bundesgericht oder vor einer anderen richterlichen Behörde des Bundes, werden das Bundesgericht und die andere betroffene richterliche Behörde des Bundes zur Stellungnahme eingeladen.
2 Betrifft eine Vorlage die Stellung, Organisation oder Verwaltung des Bundesgerichtes oder einer anderen richterlichen Behörde des Bundes, werden das Bundesgericht und die andere betroffene richterliche Behörde des Bundes vor der Eröffnung der Vernehmlassung zu einer Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung eingeladen. Sie werden in der Vernehmlassung wiederum zur Stellungnahme eingeladen.
(Art. 5 VlG)
1 Die federführende Behörde informiert die Medien unmittelbar nach dem Beschluss über die Eröffnung.
2 Die Bundeskanzlei informiert die Büros der eidgenössischen Räte unmittelbar nach dem Beschluss des Bundesrates über die Eröffnung einer Vernehmlassung zu einer Verordnung.
(Art. 9 Abs. 1 Bst. a VlG)
1 Die Bundeskanzlei gibt die Eröffnung jeder Vernehmlassung nach Artikel 3 Absatz 1 VlG im Bundesblatt bekannt.
2 Sie führt in elektronischer Form eine öffentlich zugängliche, laufend aktualisierte Liste der laufenden Vernehmlassungen.
(Art. 9 Abs. 1 Bst. a VlG)
Die Bundeskanzlei macht die Vernehmlassungsunterlagen unmittelbar nach dem Beschluss über die Eröffnung in elektronischer Form öffentlich zugänglich.
(Art. 7 Abs. 1 VlG)
Die Stellungnahmen sind in Papierform oder in elektronischer Form einzureichen.
(Art. 9 Abs. 1 Bst. b VlG)
Die Bundeskanzlei macht nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist die Stellungnahmen sowie die Protokolle nach Artikel 7 Absatz 2 VlG öffentlich zugänglich.
(Art. 8 VlG)
1 Im Antrag an die für die Verabschiedung des Vorhabens zuständige Behörde sind die Vernehmlassungsergebnisse zusammenfassend zu gewichten und zu bewerten. Wo es um Fragen der Umsetzung oder des Vollzugs von Bundesrecht geht, werden die Stellungnahmen der Kantone besonders berücksichtigt.
2 Hat der Bundesrat die Vernehmlassung eröffnet und besteht aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse in wesentlichen Punkten der Vorlage Unklarheit über das weitere Vorgehen, so ist dem Bundesrat zuerst Antrag über das weitere Vorgehen zu stellen.
1 Dem Antrag liegen bei:
- a.
- der Ergebnisbericht;
- b.
- der Entwurf der Vorlage sowie bei Vorlagen des Bundesrates an die Bundesversammlung der Entwurf der Botschaft, sofern nicht zuerst dem Bundesrat ein Antrag über das weitere Vorgehen gestellt wird;
- c.
- der Entwurf der Medienmitteilungen.
2 Die Beilagen werden in den drei Amtssprachen erstellt.
3 Auf Verlangen des Bundesgerichtes wird seine Stellungnahme im Botschaftsentwurf vollständig aufgenommen.
(Art. 8 VlG)
1 Der Ergebnisbericht informiert über die eingereichten Stellungnahmen und fasst deren Inhalte übersichtlich und wertungsfrei zusammen.
2 Die Stellungnahmen zur Frage der Umsetzung durch die Kantone oder andere Vollzugsträger werden in einem eigenen Kapitel dargestellt.
3 Die Protokolle zu Sitzungen nach Artikel 7 Absatz 2 VlG sind Bestandteil des Ergebnisberichts.
1 Die Bundeskanzlei macht den Ergebnisbericht unmittelbar nach der Kenntnisnahme durch die eröffnende Behörde in elektronischer Form zugänglich.
2 Die federführende Behörde informiert die Vernehmlassungsteilnehmer und die Medien unmittelbar nach dem Beschluss über die Veröffentlichung des Ergebnisberichts.
3 Die Bundeskanzlei führt in elektronischer Form eine öffentlich zugängliche, laufend aktualisierte Liste der abgeschlossenen Vernehmlassungen.
Wurde gestützt auf Artikel 3a VlG auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet, so muss dies begründet werden:
- a.
- im Antrag auf Verabschiedung des betreffenden Vorhabens;
- b.
- in den Erläuterungen zum Vorhaben, insbesondere in der Botschaft.
Die Verordnung vom 17. Juni 199127 über das Vernehmlassungsverfahren wird aufgehoben.
Diese Verordnung tritt am 1. September 2005 in Kraft.