0.910.6

 AS 2005 1789; BBl 2003 7295

Übersetzung

Internationaler Vertrag
über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung
und Landwirtschaft

Abgeschlossen in Rom am 3. November 2001

Von der Bundesversammlung genehmigt am 18. Juni 20041
Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 22. November 2004
In Kraft getreten für die Schweiz am 20. Februar 2005

(Stand am 5. Juli 2019)

Präambel

Die Vertragsparteien,

überzeugt vom besonderen Charakter pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und von ihren typischen Merkmalen und Problemen, die individuelle Lösungen erfordern;

beunruhigt über den fortschreitenden Schwund dieser Ressourcen;

in Kenntnis der Tatsache, dass pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ein gemeinsames Anliegen aller Länder sind, da alle Länder in hohem Masse von pflanzen­genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die aus anderen Ländern stammen, abhängen;

in Anerkennung dessen, dass die Erhaltung, Erforschung, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft für die Erreichung der Ziele der Erklärung von Rom zur Welternährungssicherheit, des Aktionsplans des Welternährungsgipfels und für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung dieser und künftiger Generationen entscheidend sind und die Fähigkeit der Entwicklungsländer und der Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen zur Erfüllung dieser Aufgaben dringend gestärkt werden muss;

in Anbetracht dessen, dass der Globale Aktionsplan für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft einen international vereinbarten Rahmen für diese Tätigkeiten darstellt;

ferner in Anerkennung dessen, dass pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft unentbehrliche Rohstoffe für eine genetische Verbesserung der Nutzpflanzen darstellen – ob durch Auswahl der Bauern, klassische Pflanzenzüchtung oder moderne Biotechnologien – und für die Anpassung an unvorhersehbare Umweltveränderungen und künftige menschliche Bedürfnisse wesentlich sind;

in Bekräftigung dessen, dass die früheren, heutigen und künftigen Beiträge der Bauern aller Regionen der Welt, insbesondere in den Ursprungs- und Diversitätszentren, zur Erhaltung, Verbesserung und Bereitstellung dieser Ressourcen die Grundlage für die Rechte der Bauern darstellen;

sowie in Bekräftigung dessen, dass die in diesem Vertrag anerkannten Rechte zur Zurückbehaltung und Nutzung sowie zum Austausch und Verkauf von auf dem Betrieb gewonnenem Saatgut und anderem Vermehrungsmaterial, zur Beteiligung am Entscheidungsprozess über die Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie zur Teilhabe an der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile für die Verwirk­lichung der Rechte der Bauern und für die Förderung der Rechte der Bauern auf nationaler und internationaler Ebene grundlegend sind;

in der Erkenntnis dessen, dass sich dieser Vertrag und andere völkerrechtliche Übereinkünfte, die für diesen Vertrag von Belang sind, im Hinblick auf nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherheit wechselseitig stützen sollen;

in Bekräftigung dessen, dass dieser Vertrag nicht so auszulegen ist, als bedeute er eine Änderung der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aufgrund anderer völkerrechtlicher Übereinkünfte;

in dem Verständnis, dass vorstehender Beweggrund nicht darauf abzielt, eine Hierarchie zwischen diesem Vertrag und anderen völkerrechtlichen Übereinkünften zu schaffen;

in Anbetracht dessen, dass sich Fragen der Bewirtschaftung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft an einer Schnittstelle zwischen Landwirtschaft, Umwelt und Handel ergeben, und überzeugt davon, dass es eine Synergie zwischen diesen Bereichen geben soll;

im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber früheren und künftigen Generationen, die Vielfalt der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in der Welt zu erhalten;

in der Erkenntnis, dass die Staaten bei der Wahrnehmung ihrer souveränen Rechte an ihren pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft aus der Schaffung eines wirkungsvollen multilateralen Systems des erleichterten Zugangs zu einer vereinbarten Auswahl dieser Ressourcen und der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile wechselseitig Nutzen ziehen können;

in dem Wunsch, ein völkerrechtliches Übereinkommen im Rahmen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (im Folgenden als «FAO» bezeichnet) nach Artikel XIV der FAO-Satzung2 zu schliessen,

sind wie:

Teil I: Einleitung

Art. 1 Ziele

1.1  Ziele dieses Vertrags sind im Einklang mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt3 die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zur Erreichung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit.

1.2  Diese Ziele werden durch eine enge Verbindung dieses Vertrags mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen sowie mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt erreicht.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Vertrags gelten für die nachstehenden Begriffe die folgenden Begriffsbestimmungen. Diese Begriffsbestimmungen sollen sich nicht auf den Warenhandel erstrecken.

«In-situ-Erhaltung» bedeutet die Erhaltung von Ökosystemen und natürlichen Lebens­räumen sowie die Bewahrung und Wiederherstellung lebensfähiger Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung und – im Fall domestizierter oder gezüchteter Pflanzenarten – in der Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben.

«Ex-situ-Erhaltung» bedeutet die Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ausserhalb ihres natürlichen Lebensraums.

«Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft» bedeutet jedes genetische Material pflanzlichen Ursprungs, das einen tatsächlichen oder potentiellen Wert für Ernährung und Landwirtschaft hat.

«Genetisches Material» bedeutet jedes Material pflanzlichen Ursprungs, einschliesslich generativen und vegetativen Vermehrungsmaterials, das funktionale Erbeinheiten enthält.

«Sorte» bedeutet eine pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe, die durch die reproduzierbare Aus­prägung ihrer unterscheidenden und sonstigen genetischen Merkmale definiert werden kann.

«Ex-situ-Sammlung» bedeutet eine Sammlung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die ausserhalb ihres natürlichen Lebensraums aufbewahrt werden.

«Ursprungszentrum» bedeutet ein geographisches Gebiet, in dem eine Pflanzenart, ob domestiziert oder in Wildform, zuerst ihre besonderen Eigenschaften entwickelt hat.

«Zentrum der Nutzpflanzenvielfalt» bedeutet ein geographisches Gebiet mit einem hohen Mass an genetischer Vielfalt für Pflanzenarten unter In-situ-Bedingungen.

Art. 3 Geltungsbereich

Dieser Vertrag bezieht sich auf pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Teil II: Allgemeine Bestimmungen

Art. 4 Allgemeine Pflichten

Jede Vertragspartei stellt sicher, dass ihre Gesetze, Vorschriften und Verfahren mit ihren in diesem Vertrag vorgesehenen Pflichten übereinstimmen.

Art. 5 Erhaltung, Erforschung, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

5.1  Nach Massgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und gegebenenfalls in Zusammen­arbeit mit anderen Vertragsparteien fördert jede Vertragspartei einen integrierten Ansatz zur Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und wird insbesondere, sofern angebracht,

a)
pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft erfassen und inventarisieren, wobei Art und Ausmass der genetischen Variation bestehender Populationen – einschliesslich solcher mit potentiellem Nutzen – zu berücksichtigen sind und, soweit möglich, alle sie bedrohenden Gefahren bewerten;
b)
das Sammeln pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und damit verbundener einschlägiger Informationen über bedrohte oder potentiell nutzbare pflanzengenetische Ressourcen fördern;
c)
die Bemühungen von Bauern und ortsansässigen Gemeinschaften um On‑farm-Bewirtschaftung und -Erhaltung ihrer pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft gegebenenfalls fördern oder unterstützen;
d)
die In-situ-Erhaltung von verwandten Wildarten der Nutzpflanzen und von Wildpflanzen für die Nahrungsmittelerzeugung – auch in Schutzgebieten – fördern und zwar durch Unterstützung unter anderem der Bemühungen eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften;
e)
zusammenarbeiten, um die Entwicklung eines effizienten und nachhaltigen Systems der Ex-situ-Erhaltung zu fördern, wobei sie die Notwendigkeit einer geeigneten Dokumen­tation, Charakterisierung, Regeneration und Evaluierung gebührend berücksichtigen sowie zu diesem Zweck die Entwicklung und Weitergabe geeigneter Technologien fördern, um die nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu verbessern;
f)
die Erhaltung der Keimfähigkeit, des Umfangs der genetischen Variation und der genetischen Integrität der Sammlungen pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft überwachen.

5.2  Die Vertragsparteien ergreifen, sofern angebracht, Massnahmen, um Gefahren für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft auf ein Mindestmass zu beschränken oder nach Möglichkeit zu beseitigen.

Art. 6 Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen

6.1  Die Vertragsparteien erarbeiten geeignete politische und rechtliche Massnahmen zur Förderung der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und erhalten diese Massnahmen aufrecht.

6.2  Die nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft kann zum Beispiel folgende Massnahmen umfassen:

a)
die Verfolgung einer gerechten Landwirtschaftspolitik, die gegebenenfalls die Entwicklung und Erhaltung vielfältiger landwirtschaftlicher Betriebs­systeme fördert, welche die nachhaltige Nutzung der landwirtschaftlichen biologischen Vielfalt und anderer natürlicher Ressourcen verbessern;
b)
die Intensivierung der Forschung zur Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt durch Maximierung der intra- und interspezifischen Variation zugunsten der Bauern, insbesondere solcher Bauern, die ihre eigenen Sorten erzeugen und nutzen und ökologische Grundsätze bei der Erhaltung der Fruchtbarkeit des Bodens und der Bekämpfung von Krankheiten, Unkraut und Schädlingen anwenden;
c)
gegebenenfalls die Förderung von pflanzenzüchterischen Bemühungen, durch die unter Beteiligung der Bauern insbesondere in Entwicklungsländern die Kapazitäten zur Entwicklung von Sorten ausgebaut werden, die besonders an soziale, ökonomische und ökologische Bedingungen, auch an marginalen Standorten, angepasst sind;
d)
die Erweiterung der genetischen Basis von Nutzpflanzen und die Ausweitung der Variationsbreite genetischer Vielfalt, die den Bauern zur Verfügung steht;
e)
gegebenenfalls die Förderung der erweiterten Nutzung lokaler und lokal angepasster Nutzpflanzen, Sorten und unzureichend genutzter Arten;
f)
gegebenenfalls die Unterstützung der breiteren Nutzung der Vielfalt an Sorten und Arten bei der On-farm-Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von Nutzpflanzen und die Schaffung enger Verbindungen mit der Pflanzenzüchtung und der landwirtschaftlichen Entwicklung, um die Anfälligkeit der Nutzpflanzen und die Generosion zu verringern und eine höhere Weltnahrungsmittelproduktion zu fördern, die mit einer nachhaltigen Entwicklung im Einklang steht;
g)
die Prüfung und gegebenenfalls die Anpassung der Züchtungsstrategien und der Vorschriften zur Sortenzulassung und Saatgutverteilung.
Art. 7 Nationale Verpflichtungen und internationale Zusammenarbeit

7.1  Jede Vertragspartei nimmt, sofern angebracht, die in den Artikeln 5 und 6 genannten Tätigkeiten in ihre Politiken und Programme für die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung auf und arbeitet unmittelbar oder über die FAO und andere einschlägige internationale Organisationen mit anderen Vertragsparteien bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zusammen.

7.2  Die internationale Zusammenarbeit ist insbesondere ausgerichtet auf

a)
die Schaffung oder den Ausbau der Kapazitäten von Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen in Bezug auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft;
b)
die Verstärkung internationaler Tätigkeiten zur Förderung der Erhaltung, Evaluierung, Dokumentation, genetischen Verbesserung, Pflanzenzüchtung und Saatgutvermehrung sowie nach Teil IV die Teilhabe an, die Gewährung von Zugang zu und den Austausch von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und geeigneten Informationen und Technologien;
c)
die Beibehaltung und Stärkung der in Teil V vorgesehenen institutionellen Vereinbarungen;
d)
die Durchführung der in Artikel 18 genannten Finanzierungsstrategie.
Art. 8 Technische Unterstützung

Die Vertragsparteien kommen überein, die Bereitstellung technischer Unterstützung für Vertragsparteien – insbesondere für die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer oder Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen sind – entweder zweiseitig oder durch die zuständigen internationalen Organisationen zu fördern, um die Durchführung dieses Vertrags zu erleichtern.

Teil III: Rechte der Bauern

Art. 9 Rechte der Bauern

9.1  Die Vertragsparteien erkennen den ausserordentlich grossen Beitrag an, den die ortsansässigen und eingeborenen Gemeinschaften und Bauern aller Regionen der Welt, insbesondere in den Ursprungszentren und Zentren der Nutzpflanzenvielfalt, zur Erhaltung und Entwicklung pflanzengenetischer Ressourcen, welche die Grundlage der Nahrungsmittel- und Agrarproduktion in der ganzen Welt darstellen, geleistet haben und weiterhin leisten.

9.2  Die Vertragsparteien vereinbaren, dass die nationalen Regierungen für die Ver­wirklichung der Rechte der Bauern im Zusammenhang mit pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft verantwortlich sind. Entsprechend ihren Bedürfnissen und Prioritäten soll jede Vertragspartei, sofern angebracht und nach Massgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Massnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Bauern ergreifen; hierzu gehören

a)
der Schutz des traditionellen Wissens, das für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft von Belang ist;
b)
das Recht auf gerechte Teilhabe an den Vorteilen, die sich aus der Nutzung pflanzen­genetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ergeben;
c)
das Recht auf Mitwirkung an Entscheidungen auf nationaler Ebene über Fragen im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

9.3  Dieser Artikel ist nicht so auszulegen, als schränke er irgendwelche Rechte der Bauern ein, auf dem Betrieb gewonnenes Saatgut/Vermehrungsmaterial vorbehaltlich des innerstaatlichen Rechts und sofern angemessen zurückzubehalten, zu nutzen, auszutauschen und zu verkaufen.

Teil IV: Das multilaterale System des Zugangs und der Aufteilung der Vorteile


Art. 10 Das multilaterale System des Zugangs und der Aufteilung der Vorteile

10.1  In ihren Beziehungen zu anderen Staaten erkennen die Vertragsparteien die souveränen Rechte der Staaten an ihren eigenen pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft an; hierzu gehört auch, dass die Befugnis, den Zugang zu diesen Ressourcen zu bestimmen, bei den nationalen Regierungen liegt und den innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterliegt.

10.2  Bei der Ausübung ihrer souveränen Rechte vereinbaren die Vertragsparteien die Einrichtung eines effizienten, wirkungsvollen und transparenten multilateralen Systems, um sowohl den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu erleichtern als auch eine ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung dieser Ressourcen ergebenden Vorteile auf einer sich ergänzenden und gegenseitig stärkenden Grundlage zu erzielen.

Art. 11 Anwendungsbereich des multilateralen Systems

11.1  Zur Förderung der in Artikel 1 genannten Ziele der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile erstreckt sich das multilaterale System auf die in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die nach den Kriterien der Ernährungssicherheit und der gegenseitigen Abhängigkeit festgelegt wurden.

11.2  Das multilaterale System im Sinne des Absatzes 1 umfasst alle in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die unter der Verwaltung und Kontrolle der Vertragsparteien stehen und öffentlich zugänglich sind. Zur Erreichung des grösstmöglichen Anwendungsbereichs des multilateralen Systems ersuchen die Vertragsparteien alle anderen Besitzer der in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, diese pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in das multilaterale System einzubringen.

11.3  Die Vertragsparteien vereinbaren ferner, geeignete Massnahmen zu treffen, um natürliche und juristische Personen in ihrem Hoheitsbereich, die in Anlage I auf­geführte pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft besitzen, zu ermutigen, diese pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in das multilaterale System einzubringen.

11.4  Innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags bewertet das Lenkungsorgan den Fortschritt, der bei der in Absatz 3 genannten Einbringung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in das multilaterale System erzielt wurde. Im Anschluss an diese Bewertung entscheidet das Lenkungsorgan, ob den in Absatz 3 genannten natürlichen und juristischen Personen, die diese pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft nicht in das multilaterale System eingebracht haben, weiterhin ein erleichterter Zugang gewährt wird, oder es ergreift andere von ihm für geeignet erachtete Massnahmen.

11.5  Das multilaterale System umfasst auch die in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die in den Ex-situ-Sammlungen der Internationalen Agrarforschungszentren der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) aufbewahrt werden, wie in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehen, und nach Artikel 15 Absatz 5 diejenigen, die bei anderen internationalen Institutionen aufbewahrt werden.

Art. 12 Erleichterter Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des multilateralen Systems


12.1  Die Vertragsparteien vereinbaren, dass der erleichterte Zugang zu pflanzen­genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des multi­lateralen Systems im Sinne des Artikels 11 im Einklang mit diesem Vertrag erfolgt.

12.2  Die Vertragsparteien vereinbaren, die erforderlichen rechtlichen oder sonstigen geeigneten Massnahmen zu treffen, um diesen Zugang anderen Vertragsparteien durch das multilaterale System zu gewähren. Zu diesem Zweck wird dieser Zugang vorbehaltlich des Artikels 11 Absatz 4 auch juristischen und natürlichen Personen im Hoheitsbereich einer Vertragspartei gewährt.

12.3  Dieser Zugang wird zu folgenden Bedingungen gewährt:

a)
Der Zugang wird nur zum Zweck der Nutzung und Erhaltung in der Forschung, Züchtung und Ausbildung für Ernährung und Landwirtschaft gewährt, vorausgesetzt, dass dieser Zweck keine chemische, pharmazeutische und/oder sonstige Verwendung in der Nichtnahrungs-/Nichtfutter­mit­tel­wirtschaft einschliesst. Bei Mehrzweck-Nutzpflanzen (Nahrungs- und Nichtnahrungspflanzen) soll ihre Bedeutung für die Ernährungssicherheit entscheidend sein für ihre Einbringung in das multilaterale System und ihre Verfügbarkeit im Rahmen des erleichterten Zugangs;
b)
der Zugang wird zügig gewährt, ohne dass jeder einzelne Zugriff verfolgt werden muss; er ist entweder kostenlos oder die für ihn erhobene Gebühr überschreitet nicht die anfallenden Mindestkosten;
c)
alle verfügbaren Passportdaten und – nach Massgabe des geltenden Rechts – alle sonstigen damit zusammenhängenden verfügbaren und nichtvertrau­lichen beschreibenden Informationen werden zusammen mit den zur Verfügung gestellten pflanzengene­tischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft bereitgestellt;
d)
die Empfänger beanspruchen keine Rechte des geistigen Eigentums oder sonstigen Rechte, die den erleichterten Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft oder zu ihren genetischen Teilen oder Bestandteilen in der Form, in der sie vom multilateralen System entgegengenommen werden, einschränken;
e)
der Zugang zu in Entwicklung befindlichen pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, einschliesslich des von Bauern entwi­ckelten Materials, liegt während der Entwicklungszeit im Ermessen ihres Entwicklers;
f)
der Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die durch Rechte des geistigen Eigentums und sonstige Eigentumsrechte geschützt sind, erfolgt im Einklang mit einschlägigen völkerrechtlichen Übereinkünften und einschlägigen innerstaatlichen Gesetzen;
g)
pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, auf die im Rahmen des multilateralen Systems zugegriffen worden ist und die erhalten worden sind, werden dem multilateralen System von den Empfängern dieser pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft weiterhin nach Massgabe dieses Vertrags zur Verfügung gestellt;
h)
unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Artikels vereinbaren die Vertragsparteien, dass der Zugang zu unter In-situ-Bedingungen vorgefundenen pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder in Ermangelung solcher Rechtsvorschriften im Einklang mit den vom Lenkungsorgan gegebenenfalls fest­gelegten Normen gewährt wird.

12.4  Zu diesem Zweck wird nach den Absätzen 2 und 3 ein erleichterter Zugang aufgrund einer standardisierten Materialübertragungsvereinbarung (MTA) gewährt, die vom Lenkungsorgan angenommen wird und die Bestimmungen des Absatzes 3 Buchstaben a, d und g, die Bestimmungen über die Aufteilung von Vorteilen in Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe d Ziffer ii sowie sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Vertrags enthält; ferner sieht diese Verein­barung vor, dass der Empfänger der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu verlangen hat, dass die Bedingungen der MTA auf die Weitergabe von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft an eine andere Person oder einen anderen Rechtsträger sowie auf alle nachfolgenden Weitergaben dieser pflanzen­genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft Anwendung finden.

12.5  In Anerkennung der Tatsache, dass die sich aus diesen MTAs ergebenden Pflichten ausschliesslich den Vertragsparteien dieser MTAs zufallen, stellen die Vertragsparteien sicher, dass bei sich aus diesen MTAs ergebenden Vertragsstreitigkeiten die Beschreitung eines Rechtswegs entsprechend den in ihrer jeweiligen Rechtsordnung geltenden gerichtlichen Erfordernissen möglich ist.

12.6  In Notstands-/Katastrophensituationen vereinbaren die Vertragsparteien, einen erleichterten Zugang zu geeigneten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im multilateralen System zu gewähren, um in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren der Katastrophenhilfe zur Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Systeme beizutragen.

Art. 13 Aufteilung der Vorteile im multilateralen System

13.1  Die Vertragsparteien erkennen an, dass der erleichterte Zugang zu pflanzen­genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die in das multilaterale System eingebracht sind, an sich einen grossen Vorteil des multilateralen Systems darstellt, und vereinbaren, dass sich daraus ergebende Vorteile ausgewogen und gerecht im Einklang mit diesem Artikel aufgeteilt werden.

13.2  Die Vertragsparteien vereinbaren, dass Vorteile, die sich aus der Nutzung – einschliesslich der kommerziellen Nutzung – pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des multilateralen Systems ergeben, mit Hilfe der folgenden Mechanismen ausgewogen und gerecht aufgeteilt werden: Informationsaustausch, Zugang zu und Weitergabe von Technologie, Kapazitätsaufbau und Aufteilung der Vorteile aus der Vermarktung, und zwar unter Berücksichtigung der Schwerpunktbereiche im fortzuschreibenden Globalen Aktionsplan und unter Anleitung des Lenkungsorgans:

a)
Informationsaustausch
Die Vertragsparteien vereinbaren, Informationen über die pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des multilateralen Systems zur Verfügung zu stellen; diese Informationen umfassen unter anderem Kataloge und Verzeichnisse, Informationen über Technolo­gien, Ergebnisse technischer, wissenschaftlicher und sozioökonomischer Forschung, einschliesslich der Charakterisierung, Evaluierung und Nutzung. Sofern diese Informationen nicht vertraulicher Natur sind, werden sie nach dem geltenden Recht und im Rahmen der innerstaatlichen Möglichkeiten bereitgestellt. Diese Informationen werden allen Vertragsparteien dieses Vertrags mit Hilfe des in Artikel 17 vorgesehenen Informationssystems zur Verfügung gestellt.
b)
Zugang zu und Weitergabe von Technologie
i)
Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Zugang zu Technologien für die Erhaltung, Charakterisierung, Evaluierung und Nutzung der in das multilaterale System eingebrachten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu gewähren und/oder zu erleichtern. Angesichts der Tatsache, dass einige Technologien nur durch genetisches Material weitergegeben werden können, gewähren und/oder erleichtern die Vertragsparteien nach Artikel 12 den Zugang zu diesen Technologien und zu dem in das multilaterale System eingebrachten genetischen Material sowie zu verbesserten Sorten und genetischem Material, das durch die Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des multilateralen Systems entwickelt wurde. Der Zugang zu diesen Technologien, verbesserten Sorten und zu diesem genetischen Material wird gewährt und/oder erleichtert unter Beachtung geltender Eigentumsrechte und Vorschriften über den Zugang und im Rahmen der innerstaatlichen Möglichkeiten.
ii)
Der Zugang zu und die Weitergabe von Technologien an Länder, insbesondere an Entwicklungsländer und Länder mit im Übergang befind­lichen Wirtschaftssystemen, erfolgt durch eine Reihe von Massnahmen, wie zum Beispiel die Einrichtung und Erhaltung von nutzpflanzenspezifischen Themengruppen über die Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie die Teilnahme an ihnen, alle Arten der Partnerschaft in Forschung und Entwicklung und in wirtschaftlich ausgerichteten Gemeinschaftsunternehmen in Bezug auf das erhaltene Material, die Entwicklung des Arbeitskräftepotentials und den wirksamen Zugang zu Forschungseinrichtungen.
iii)
Der Zugang zu und die Weitergabe von Technologie nach den Ziffern i) und ii) – wozu auch die durch Rechte des geistigen Eigentums geschützte Technologie zählt – werden in Bezug auf Entwicklungsländer, die Vertragsparteien sind, insbesondere am wenigsten entwickelte Länder, und in Bezug auf Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen unter ausgewogenen und möglichst günstigen Bedingungen, darunter im beiderseitigen Einvernehmen auch zu Konzes­sions- oder Vorzugsbedingungen, gewährt und/oder erleichtert und zwar unter anderem durch Partnerschaften in Forschung und Entwicklung im Rahmen des multilateralen Systems; dies gilt insbesondere für Technologien, die bei der Erhaltung eingesetzt werden, sowie für Technologien zugunsten der Bauern in Entwicklungsländern, vor allem in den am wenigsten entwickelten Ländern, und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen. Dieser Zugang und diese Weiter­gabe erfolgen zu Bedingungen, die einen angemessenen und wirkungsvollen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums anerkennen und mit ihm vereinbar sind.
c)
Kapazitätsaufbau
Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Entwicklungsländer und der Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen – die sich in der Priorität widerspiegeln, die diese Länder dem Kapazitätsaufbau im Bereich der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in ihren Plänen und Programmen, wenn vorhanden, bei­messen – im Hinblick auf die pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die in das multilaterale System eingebracht sind, vereinbaren die Vertragsparteien, den folgenden Aspekten Vorrang einzuräumen:
i)
der Schaffung und/oder dem Ausbau von Programmen für wissenschaftliche und technische Schulung und Ausbildung zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft,
ii)
der Entwicklung und dem Ausbau von Einrichtungen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, insbesondere in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen, sowie
iii)
der Durchführung wissenschaftlicher Forschung vorzugsweise und soweit möglich in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen in Zusammenarbeit mit den Institutionen dieser Länder sowie der Entwicklung von Kapazitäten für diese Forschung in Bereichen, in denen sie erforderlich sind.
d)
Aufteilung der finanziellen und sonstigen Vorteile der Vermarktung
i)
Im Rahmen des multilateralen Systems vereinbaren die Vertragsparteien, Massnahmen zu ergreifen, um durch die Beteiligung des privaten und staatlichen Sektors an den in diesem Artikel genannten Tätigkeiten, durch Partnerschaften und Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung von Technologien, auch mit dem privaten Sektor in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen, eine Aufteilung der kommerziellen Vorteile zu erreichen.
ii)
Die Vertragsparteien vereinbaren, dass die in Artikel 12 Absatz 4 genannte standardisierte Materialübertragungsvereinbarung eine Auf­lage enthält, nach der ein Empfänger, der ein Erzeugnis vermarktet, das eine pflanzengenetische Ressource für Ernährung und Landwirtschaft darstellt und vom multilateralen System erhaltenes Material enthält, einen gerechten Teil der sich aus der Vermarktung dieses Erzeugnisses ergebenden Vorteile an den in Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe f genannten Mechanismus zahlt; dies gilt nicht, wenn Dritte einschränkungslos über dieses Erzeugnis für die weitere Forschung und Züchtung verfügen können; in diesem Fall wird der vermarktende Empfänger ermutigt, diese Zahlung zu leisten.
Das Lenkungsorgan legt auf seiner ersten Tagung die Höhe, die Form und die Modalitäten der Zahlung in Übereinstimmung mit der üblichen Geschäftspraxis fest. Das Lenkungsorgan kann entscheiden, verschiedene Zahlungsbeträge für unterschiedliche Empfängergruppen festzu­legen, die diese Erzeugnisse vermarkten; es kann auch über die Notwendigkeit entscheiden, Kleinbauern in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen von diesen Zahlungen zu befreien. Das Lenkungsorgan kann von Zeit zu Zeit die Höhe der Zahlungen überprüfen, um eine ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vor­teile zu erreichen; ferner kann es innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags eine Bewertung vornehmen, ob das in der MTA vorgesehene Erfordernis einer obligatorischen Zahlung auch dann Anwendung findet, wenn Dritte über diese vermarkteten Erzeugnisse für die weitere Forschung und Züchtung einschränkungslos verfügen können.

13.3  Die Vertragsparteien vereinbaren, dass Vorteile, die sich aus der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ergeben und im Rahmen des multilateralen Systems aufgeteilt werden, in erster Linie – unmittelbar und mittelbar – den Bauern in allen Ländern, insbesondere in den Entwicklungs­ländern und in den Ländern mit im Übergang befind­lichen Wirtschaftssystemen, zufliessen sollen, die pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft erhalten und nachhaltig nutzen.

13.4  Das Lenkungsorgan prüft auf seiner ersten Tagung einschlägige Massnahmen und Kriterien zur gezielten Unterstützung im Rahmen der vereinbarten, nach Artikel 18 geschaffenen Finanzierungsstrategie für die Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen, die einen wesentlichen Beitrag zur Vielfalt der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im multilateralen System leisten und/oder besondere Bedürfnisse haben.

13.5  Die Vertragsparteien erkennen an, dass die Fähigkeit zur vollständigen Durch­führung des Globalen Aktionsplans, insbesondere der Entwicklungsländer und der Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen, weitgehend von der wirksamen Durchführung dieses Artikels sowie der in Artikel 18 vorgesehenen Finanzierungsstrategie abhängt.

13.6  Die Vertragsparteien prüfen Modalitäten einer Strategie freiwilliger Beiträge zur Aufteilung der Vorteile, nach der Nahrungsmittelverarbeitungsbetriebe, die einen Nutzen aus pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ziehen, einen Beitrag zum multilateralen System leisten.

Teil V: Unterstützende Bestandteile

Art. 14 Globaler Aktionsplan

In Anerkennung der Tatsache, dass der fortzuschreibende Globale Aktionsplan für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft wichtig für diesen Vertrag ist, sollen die Vertragsparteien seine wirksame Durchführung fördern; dies geschieht auch durch innerstaatliche Massnahmen und gegebenenfalls durch internationale Zusammenarbeit, um einen einheitlichen Rahmen unter anderem für den Kapazitätsaufbau, die Weitergabe von Technologie und den Informationsaustausch nach Massgabe des Artikels 13 zu schaffen.

Art. 15 Ex-situ-Sammlungen pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die von den Internationalen Agrarforschungszentren der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung und anderen internationalen Institutionen aufbewahrt werden

15.1  Die Vertragsparteien erkennen die Bedeutung der von den Internationalen Agrarforschungszentren (IARCs) der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) treuhänderisch aufbewahrten Ex-situ-Sammlungen pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft für diesen Vertrag an. Die Ver­tragsparteien fordern die IARCs auf, hinsichtlich dieser Ex-situ-Sammlungen mit dem Lenkungsorgan Vereinbarungen zu den folgenden Bedingungen zu unterzeichnen:

a)
In Anlage I dieses Vertrags aufgeführte pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die von den IARCs aufbewahrt werden, wer­den nach Teil IV dieses Vertrags zur Verfügung gestellt.
b)
Nicht in Anlage I dieses Vertrags aufgeführte und vor seinem Inkrafttreten gesammelte pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die von den IARCs aufbewahrt werden, werden nach einer Materialübertragungsvereinbarung (MTA) bereitgestellt, die derzeit aufgrund von Vereinbarungen zwischen den IARCs und der FAO verwendet wird. Das Lenkungsorgan ändert diese MTA spätestens auf seiner zweiten ordentlichen Tagung in Absprache mit den IARCs, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieses Vertrags, insbesondere den Artikeln 12 und 13, und zu den folgenden Bedingungen:
i)
Die IARCs unterrichten das Lenkungsorgan regelmässig nach einem vom Lenkungsorgan festzulegenden Zeitplan über die geschlossenen MTAs;
ii)
die Vertragsparteien, in deren Hoheitsgebiet pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft unter In-situ-Bedingungen gesammelt wurden, erhalten auf Ersuchen und ohne MTA Proben dieser pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft;
iii)
die sich aus der genannten MTA ergebenden Vorteile, die dem in Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe f genannten Mechanismus zufliessen, dienen insbesondere der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der betreffenden pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, insbesondere für nationale und regionale Programme in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen, vor allem in Diversitätszentren und in den am wenigsten ent­wickelten Ländern;
iv)
die IARCs ergreifen im Rahmen ihrer Möglichkeiten geeignete Massnahmen, um eine wirksame Einhaltung der MTAs sicherzustellen, und informieren das Lenkungsorgan unverzüglich über Fälle der Nichteinhaltung.
c)
Die IARCs erkennen die Befugnis des Lenkungsorgans an, allgemeine Leitlinien für die von ihnen aufbewahrten und unter diesen Vertrag fallenden Ex-situ-Sammlungen zu geben.
d)
Die wissenschaftlichen und technischen Einrichtungen, in denen diese Ex‑situ-Sammlungen aufbewahrt werden, unterstehen weiterhin den IARCs, die sich verpflichten, diese Ex-situ-Sammlungen in Übereinstimmung mit international anerkannten Normen zu bewirtschaften und zu verwalten; hierzu zählen insbesondere die von der Kommission für genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft der FAO gebilligten Normen für Genbanken.
e)
Auf Ersuchen eines IARC bemüht sich der Sekretär, geeignete technische Unterstützung zu leisten.
f)
Der Sekretär hat jederzeit ein Recht auf Zugang zu den Einrichtungen sowie das Recht, alle dortigen Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung und dem Austausch des unter diesen Artikel fallenden Materials stehen, zu überprüfen.
g)
Wird die ordnungsgemässe Erhaltung dieser von den IARCs aufbewahrten Ex-situ-Sammlungen durch irgendein Ereignis, auch durch höhere Gewalt, behindert oder gefährdet, so leistet der Sekretär mit Zustimmung des auf­bewahrenden Landes nach Möglichkeit Hilfe bei deren Evakuierung oder Wei­tergabe.

15.2  Die Vertragsparteien vereinbaren, den IARCs der Beratungsgruppe für Inter­nationale Agrarforschung, die nach diesem Vertrag Vereinbarungen mit dem Lenkungsorgan unterzeichnet haben, im Rahmen des multilateralen Systems einen erleichterten Zugang zu den in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu gewähren. Diese IARCs werden in ein vom Sekretariat geführtes Verzeichnis aufgenommen, das den Vertragsparteien auf Ersuchen zur Verfügung gestellt wird.

15.3  Nicht in Anlage I aufgeführtes Material, das die IARCs nach Inkrafttreten dieses Vertrags erhalten und aufbewahren, ist unter Bedingungen zugänglich, die denjenigen entsprechen, die zwischen den das Material erhaltenden IARCs und dem Ursprungsland dieser Ressourcen oder dem Land, das diese Ressourcen im Einklang mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt4 oder nach anderem geltenden Recht erworben hat, einvernehmlich festgelegt werden.

15.4  Die Vertragsparteien werden ermutigt, den IARCs, die Vereinbarungen mit dem Lenkungsorgan unterzeichnet haben, zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen Zugang zu nicht in Anlage I aufgeführten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu gewähren, die für die Programme und Tätigkeiten der IARCs von Bedeutung sind.

15.5  Das Lenkungsorgan wird ferner bestrebt sein, für die in diesem Artikel genannten Zwecke Vereinbarungen mit anderen einschlägigen internationalen Ins­ti­tutionen zu schliessen.

Art. 16 Internationale Netzwerke für pflanzengenetische Ressourcen

16.1  Die bestehende Zusammenarbeit in internationalen Netzwerken für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft wird auf der Grundlage bestehender Vereinbarungen und im Einklang mit diesem Vertrag gefördert oder entwickelt, um die pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft so vollständig wie möglich zu erfassen.

16.2  Die Vertragsparteien ermutigen gegebenenfalls alle einschlägigen Institutionen, einschliesslich Institutionen aus dem staatlichen, privaten und nichtstaatlichen, aus dem Forschungs- und dem Züchtungsbereich sowie aus anderen Bereichen, an den internationalen Netzwerken mitzuwirken.

Art. 17 Globales Informationssystem für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

17.1  Die Vertragsparteien arbeiten zusammen, um auf der Grundlage bestehender Informationssysteme ein globales Informationssystem zur Erleichterung des Informationsaustauschs über wissenschaftliche, technische und umweltbezogene Themen in Bezug auf pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu entwickeln und auszubauen; dies geschieht in der Erwartung, dass dieser Informa­tionsaustausch durch Bereitstellung von Informationen über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft für alle Vertragsparteien zur Auf­teilung der Vorteile beitragen wird. Bei der Entwicklung des globalen Informationssystems wird eine Zusammenarbeit mit dem Vermittlungsmechanismus des Übereinkommens über die biologische Vielfalt5 angestrebt.

17.2  Durch Mitteilung der Vertragsparteien soll frühzeitig vor Gefahren, welche die effiziente Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft bedrohen, gewarnt werden, um das Material zu schützen.

17.3  Die Vertragsparteien arbeiten mit der Kommission für genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft der FAO bei ihrer regelmässigen Neubewertung des weltweiten Zustands pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zusammen, um eine Aktualisierung des in Artikel 14 genannten fortzuschreibenden Globalen Aktionsplans zu erleichtern.

Teil VI: Finanzierung

Art. 18 Finanzielle Mittel

18.1  Die Vertragsparteien verpflichten sich, eine Finanzierungsstrategie für die Durchführung dieses Vertrags nach diesem Artikel anzuwenden.

18.2  Ziele der Finanzierungsstrategie sind die Verbesserung der Verfügbarkeit, Transparenz, Effizienz und Wirksamkeit der Bereitstellung finanzieller Mittel zur Durchführung von Mass­nahmen im Rahmen dieses Vertrags.

18.3  Um finanzielle Mittel für vorrangige Massnahmen, Pläne und Programme insbesondere in Entwicklungsländern und Ländern mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen verfügbar zu machen und unter Berücksichtigung des Globalen Aktionsplans setzt das Lenkungsorgan in regelmässigen Abständen ein Ziel für diese Finanzierung fest.

18.4  Nach dieser Finanzierungsstrategie

a)
ergreifen die Vertragsparteien die notwendigen und geeigneten Massnahmen in den Lenkungsorganen der einschlägigen internationalen Mechanismen, Fonds und Gremien, um der wirksamen Zuweisung von vorhersehbaren und vereinbarten Mitteln zur Durchführung von Plänen und Programmen im Rahmen dieses Vertrags die gebührende Priorität und Aufmerksamkeit zu sichern;
b)
wird das Ausmass, in dem die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer und Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen sind, ihre Pflichten im Rahmen dieses Vertrags wirksam erfüllen werden, von der wirk­samen Zuweisung der in diesem Artikel genannten finanziellen Mittel, insbesondere durch entwickelte Länder, die Vertragsparteien sind, abhängen. Vertragsparteien, die Entwicklungsländer und Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen sind, werden dem Kapazitätsaufbau im Bereich pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in ihren eigenen Plänen und Programmen gebührenden Vorrang einräumen;
c)
stellen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, auch finanzielle Mittel zur Durchführung dieses Vertrags auf bilateralem, regionalem oder multilateralem Weg zur Verfügung, welche die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, und die Vertragsparteien mit im Übergang befind­lichen Wirtschaftssystemen in Anspruch nehmen. Diese Wege schliessen den in Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe f genannten Mechanismus ein;
d)
erklärt sich jede Vertragspartei bereit, im Rahmen ihrer innerstaatlichen Möglichkeiten und finanziellen Mittel innerstaatliche Tätigkeiten zur Erhal­tung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft durch­zuführen und für diese finanzielle Mittel bereitzustellen. Die bereitgestellten finanziellen Mittel werden nicht für Zwecke verwendet, die mit diesem Vertrag nicht zu vereinbaren sind, ins­besondere für Bereiche, die den internationalen Warenhandel betreffen;
e)
sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass die sich aus Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe d ergebenden finanziellen Vorteile ein Bestandteil der Finanzierungsstrategie sind;
f)
können freiwillige Beiträge auch von Vertragsparteien, dem privaten Sektor nach Massgabe des Artikels 13, nichtstaatlichen Organisationen und anderen Quellen geleistet werden. Die Vertragsparteien vereinbaren, dass das Lenkungsorgan Modalitäten einer Strategie zur Förderung dieser Beiträge prüft.

18.5  Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Durchführung der vereinbarten Pläne und Programme für Bauern in Entwicklungsländern, insbeson­dere in den am wenigsten entwickelten Ländern, und Ländern mit im Übergang befind­lichen Wirtschaftssystemen, die pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft erhalten und nachhaltig nutzen, Vorrang gebührt.

Teil VII: Institutionelle Bestimmungen

Art. 19 Lenkungsorgan

19.1  Hiermit wird ein Lenkungsorgan für diesen Vertrag eingesetzt, das sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammensetzt.

19.2  Alle Entscheidungen des Lenkungsorgans werden durch Konsens getroffen, sofern nicht durch Konsens ein anderes Verfahren der Entscheidungsfindung über bestimmte Massnahmen vereinbart wird; hiervon ausgenommen sind die Artikel 23 und 24, bei denen stets eine Entscheidung durch Konsens erforderlich ist.

19.3  Die Aufgaben des Lenkungsorgans bestehen darin, die vollständige Durch­führung dieses Vertrags unter Berücksichtigung seiner Ziele zu fördern und ins­besondere

a)
politische Leitlinien und Orientierungshilfen zur Überwachung zu geben und die für die Durchführung dieses Vertrags notwendigen Empfehlungen anzunehmen, insbesondere für das Funktionieren des multilateralen Sys­tems;
b)
Pläne und Programme für die Durchführung dieses Vertrags zu beschliessen;
c)
auf seiner ersten Tagung die Finanzierungsstrategie für die Durchführung dieses Vertrags nach Artikel 18 zu beschliessen und in regelmässigen Abständen zu prüfen;
d)
den Haushaltsplan für diesen Vertrag zu verabschieden;
e)
vorbehaltlich der Verfügbarkeit erforderlicher Mittel gegebenenfalls erforderliche Nebenorgane in Erwägung zu ziehen und einzusetzen sowie ihre jeweiligen Mandate und ihre Zusammensetzung zu prüfen und festzulegen;
f)
falls erforderlich, einen geeigneten Mechanismus, wie zum Beispiel ein Treuhandkonto, für den Eingang und die Verwendung bei ihm aufgelaufener finanzieller Mittel zur Durchführung dieses Vertrags einzurichten;
g)
mit anderen einschlägigen internationalen Organisationen und Vertragsorganen, insbesondere der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt6, in Angelegenheiten im Rahmen dieses Vertrags zusammenzuarbeiten; dies schliesst auch deren Mitwirkung an der Finanzierungsstrategie ein;
h)
nach Artikel 23 Änderungen dieses Vertrags zu prüfen und gegebenenfalls zu beschliessen;
i)
nach Artikel 24 Änderungen der Anlagen dieses Vertrags zu prüfen und gegebenenfalls zu beschliessen;
j)
Modalitäten einer Strategie zur Ermutigung zur Leistung freiwilliger Beiträge zu prüfen, insbesondere unter Bezugnahme auf die Artikel 13 und 18;
k)
andere Aufgaben wahrzunehmen, die für die Erfüllung der Ziele dieses Vertrags gegebenenfalls erforderlich sind;
l)
einschlägige Entscheidungen der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und anderer einschlägiger inter­nationaler Organisationen und Vertragsorgane zur Kenntnis zu nehmen;
m)
gegebenenfalls die Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und andere einschlägige internationale Organisationen und Vertragsorgane über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrags zu unterrichten;
n)
nach Artikel 15 die Bestimmungen der Vereinbarungen mit den IARCs und anderen internationalen Institutionen zu genehmigen und die in Artikel 15 genannte MTA zu überprüfen und zu ändern.

19.4  Vorbehaltlich des Absatzes 6 hat jede Vertragspartei eine Stimme und kann auf Tagungen des Lenkungsorgans von einem einzelnen Delegierten, der von einem Stellvertreter begleitet werden kann, sowie von Sachverständigen und Beratern vertreten werden. Die Stellvertreter, Sachverständigen und Berater dürfen an den Beratungen des Lenkungsorgans teilnehmen, aber nicht abstimmen, es sei denn, sie sind ordnungsgemäss bevollmächtigt, den Delegierten zu vertreten.

19.5  Die Vereinten Nationen, ihre Sonderorganisationen und die Internationale Atomenergie-Organisation sowie jeder Staat, der nicht Vertragspartei dieses Vertrags ist, können als Beobachter auf den Tagungen des Lenkungsorgans vertreten sein. Jede andere Stelle, ob staatlich oder nichtstaatlich, die auf Gebieten im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft fachlich befähigt ist und dem Sekretär ihren Wunsch mitgeteilt hat, auf einer Tagung des Lenkungsorgans als Beobachter vertreten zu sein, kann zugelassen werden, sofern nicht mindestens ein Drittel der anwesenden Vertragsparteien widerspricht. Die Zulassung und Teilnahme von Beobachtern unterliegen der vom Lenkungsorgan beschlossenen Geschäftsordnung.

19.6  Die Ausübung der an die Mitgliedschaft geknüpften Rechte und die Erfüllung der an die Mitgliedschaft geknüpften Pflichten durch eine Mitgliedsorganisation der FAO, die eine Vertragspartei ist, sowie durch die Mitgliedstaaten dieser Mitgliedsorganisation, die Vertragsparteien sind, erfolgen entsprechend der Satzung und Geschäftsordnung der FAO.

19.7  Das Lenkungsorgan beschliesst und ändert gegebenenfalls seine eigene Geschäftsordnung und seine Finanzordnung, die nicht im Widerspruch zu diesem Vertrag stehen dürfen.

19.8  Für die Feststellung der Beschlussfähigkeit auf einer Tagung des Lenkungsorgans ist es erforderlich, dass Delegierte anwesend sind, die eine Mehrheit der Vertragsparteien vertreten.

19.9  Das Lenkungsorgan beruft mindestens alle zwei Jahre eine ordentliche Tagung ein. Diese Tagungen sollen nach Möglichkeit unmittelbar im Anschluss an die ordentlichen Tagungen der Kommission für genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft stattfinden.

19.10  Ausserordentliche Tagungen des Lenkungsorgans finden statt, wenn es das Lenkungsorgan für notwendig erachtet oder eine Vertragspartei dies schriftlich beantragt, sofern dieser Antrag von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien unterstützt wird.

19.11  Das Lenkungsorgan wählt seinen Vorsitzenden und seine stellvertretenden Vorsitzenden (zusammen als das «Präsidium» bezeichnet) in Übereinstimmung mit seiner Geschäftsordnung.

Art. 20 Sekretär

20.1  Der Sekretär des Lenkungsorgans wird vom Generaldirektor der FAO mit Genehmigung des Lenkungsorgans ernannt. Der Sekretär wird durch das erforder­liche Personal unterstützt.

20.2  Der Sekretär nimmt die folgenden Aufgaben wahr:

a)
Er veranlasst und leistet verwaltungsmässige Unterstützung für Tagungen des Lenkungsorgans und gegebenenfalls eingesetzter Nebenorgane;
b)
er unterstützt das Lenkungsorgan bei der Erfüllung seiner Aufgaben, einschliesslich der Wahrnehmung von Sonderaufgaben, die ihm das Lenkungsorgan gegebenenfalls überträgt;
c)
er berichtet dem Lenkungsorgan über seine Tätigkeiten.

20.3  Der Sekretär übermittelt allen Vertragsparteien und dem Generaldirektor

a)
Beschlüsse des Lenkungsorgans innerhalb von sechzig Tagen nach ihrer Annahme;
b)
von den Vertragsparteien erhaltene Informationen in Übereinstimmung mit diesem Vertrag.

20.4  Der Sekretär stellt Unterlagen für Tagungen des Lenkungsorgans in den sechs Sprachen der Vereinten Nationen zur Verfügung.

20.5  Der Sekretär arbeitet mit anderen Organisationen und Vertragsorganen, wozu insbesondere das Sekretariat des Übereinkommens über die biologische Vielfalt7 gehört, bei der Erreichung der Ziele dieses Vertrags zusammen.

Art. 21 Einhaltung

Das Lenkungsorgan prüft und genehmigt auf seiner ersten Tagung wirksame Verfahren der Zusammenarbeit und operationelle Mechanismen, um die Einhaltung dieses Vertrags zu fördern und Fragen der Nichteinhaltung zu behandeln. Zu diesen Verfahren und Mechanismen gehören auch die Überwachung und das Anbieten von Rat und Hilfe, bei Bedarf auch Rechtsberatung und Rechtshilfe, insbesondere für Entwicklungsländer und Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen.

Art. 22 Beilegung von Streitigkeiten

22.1  Im Fall einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung und Anwendung dieses Vertrags bemühen sich die betroffenen Vertragsparteien um Lösungen durch Verhandlungen.

22.2  Können die betroffenen Vertragsparteien eine Einigung durch Verhandlungen nicht erreichen, so können sie gemeinsam die guten Dienste einer dritten Partei in Anspruch nehmen oder um deren Vermittlung ersuchen.

22.3  Bei der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung dieses Vertrags oder beim Beitritt zum Vertrag oder jederzeit danach kann eine Vertragspartei gegenüber dem Verwahrer schriftlich erklären, dass sie für eine Streitigkeit, die nicht nach Absatz 1 oder 2 gelöst wird, eines der folgenden Mittel der Streitbeilegung oder beide als obligatorisch anerkennt:

a)
ein Schiedsverfahren nach dem in Anlage II Teil 1 dieses Vertrags fest­gelegten Verfahren;
b)
Vorlage der Streitigkeit beim Internationalen Gerichtshof.

22.4  Haben die Streitparteien nicht nach Absatz 3 demselben oder einem der Verfahren zugestimmt, so wird die Streitigkeit einem Vergleich nach Anlage II Teil 2 dieses Vertrags unterworfen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren.

Art. 23 Änderungen des Vertrags

23.1  Änderungen dieses Vertrags können von jeder Vertragspartei vorgeschlagen werden.

23.2  Änderungen dieses Vertrags werden auf einer Tagung des Lenkungsorgans beschlossen. Der Wortlaut einer vorgeschlagenen Änderung wird den Vertragsparteien mindestens sechs Monate vor der Tagung, auf der die Änderung zur Beschlussfassung vorgeschlagen wird, vom Sekretär übermittelt.

23.3  Alle Änderungen dieses Vertrags werden nur durch Konsens unter den auf der Tagung des Lenkungsorgans anwesenden Vertragsparteien vorgenommen.

23.4  Jede vom Lenkungsorgan beschlossene Änderung tritt zwischen den Vertragsparteien, die sie ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde durch zwei Drittel der Vertragsparteien in Kraft. Danach tritt die Änderung für jede andere Vertragspartei am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem diese Vertragspartei ihre Urkunde über die Ratifikation, Annahme oder Genehmigung der Änderung hinterlegt hat.

23.5  Für die Zwecke dieses Artikels zählt eine von einer Mitgliedsorganisation der FAO hinterlegte Urkunde nicht als zusätzliche Urkunde zu den von den Mitgliedstaaten der betreffenden Organisation hinterlegten Urkunden.

Art. 24 Anlagen

24.1  Die Anlagen dieses Vertrags sind Bestandteil dieses Vertrags; eine Bezugnahme auf den Vertrag stellt gleichzeitig eine Bezugnahme auf die Anlagen dar.

24.2  Artikel 23 über Änderungen des Vertrags findet auch auf die Änderungen der Anlagen Anwendung.

Art. 25 Unterzeichnung

Dieser Vertrag liegt für alle Mitglieder der FAO und für alle Staaten, die nicht Mitglieder der FAO, aber Mitglieder der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder der Internationalen Atomenergie-Organisation sind, vom 3. November 2001 bis zum 4. November 2002 bei der FAO zur Unterzeichnung auf.

Art. 26 Ratifikation, Annahme oder Genehmigung

Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die in Artikel 25 genannten Mitglieder und Nichtmitglieder der FAO. Die Ratifikations‑, Annahme- oder Genehmi­gungsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.

Art. 27 Beitritt

Dieser Vertrag steht von dem Tag an, an dem er nicht mehr zur Unterzeichnung aufliegt, allen Mitgliedern der FAO und allen Staaten, die nicht Mitglieder der FAO, aber Mitglieder der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder der Internationalen Atomenergie-Organisation sind, zum Beitritt offen. Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.

Art. 28 Inkrafttreten

28.1  Vorbehaltlich des Artikels 29 Absatz 2 tritt dieser Vertrag am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der vierzigsten Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft, sofern mindestens zwanzig Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmi­gungs- oder Beitrittsurkunden von Mitgliedern der FAO hinterlegt wurden.

28.2  Für jedes Mitglied der FAO und für jeden Staat, der nicht Mitglied der FAO, aber Mitglied der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder der Internationalen Atomenergie-Organisation ist, das/der nach der nach Absatz 1 erfolgten Hinterlegung der vierzigsten Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde diesen Vertrag ratifiziert, annimmt oder genehmigt oder ihm beitritt, tritt der Vertrag am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Art. 29 Mitgliedsorganisationen der FAO

29.1  Hinterlegt eine Mitgliedsorganisation der FAO eine Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde zu diesem Vertrag, so notifiziert sie nach Artikel II Absatz 7 der FAO-Satzung jede Änderung im Hinblick auf ihre Zuständigkeitsverteilung zu ihrer nach Artikel II Absatz 5 der FAO-Satzung vorgelegten Zuständigkeitserklärung, wenn dies im Hinblick auf ihre Annahme dieses Vertrags notwendig ist. Jede Vertragspartei dieses Vertrags kann jederzeit eine Mitglieds­organisation der FAO, die Vertragspartei dieses Vertrags ist, um Auskunft darüber ersuchen, wer von der Mitgliedsorganisation und ihren Mitgliedstaaten für die Durchführung einer bestimmten Angelegenheit im Rahmen dieses Vertrags zuständig ist. Die Mitgliedsorganisation erteilt diese Auskunft innerhalb eines angemessenen Zeitraums.

29.2  Von einer Mitgliedsorganisation der FAO hinterlegte Ratifikations‑, Annahme‑, Genehmigungs‑, Beitritts- oder Rücktrittsurkunden zählen nicht als zusätzliche Urkunden zu den von ihren Mitgliedstaaten hinterlegten Urkunden.

Art. 31 Nichtvertragsparteien

Die Vertragsparteien ermutigen alle Mitglieder der FAO oder andere Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Vertrags sind, diesen Vertrag anzunehmen.

Art. 32 Rücktritt

32.1  Jede Vertragspartei kann dem Verwahrer jederzeit nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieser Vertrag für sie in Kraft getreten ist, ihren Rücktritt von dem Vertrag schriftlich notifizieren. Der Verwahrer unterrichtet alle Vertragsparteien unverzüglich über diesen Rücktritt.

32.2  Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach Eingang der Notifikation wirksam.

Art. 33 Erlöschen

33.1  Dieser Vertrag erlischt automatisch, wenn die Anzahl der Vertragsparteien aufgrund von Rücktritten unter vierzig fällt, sofern die verbliebenen Vertragspar­teien nicht einstimmig etwas anderes beschliessen.

33.2  Der Verwahrer unterrichtet alle verbliebenen Vertragsparteien, wenn die Zahl der Vertragsparteien auf vierzig gefallen ist.

33.3  Im Falle des Erlöschens richtet sich die Verwendung des Vermögens nach der vom Lenkungsorgan zu beschliessenden Finanzordnung.

Art. 35 Verbindliche Wortlaute

Die Wortlaute dieses Vertrags in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache sind gleichermassen verbindlich.

Unterschriften

(Es folgen die Unterschriften)

Anlage I

Liste der Nutzpflanzen im Rahmen des multilateralen Systems

Nahrungspflanzen

Nutzpflanze

Gattungsname

Anmerkungen

Brotfrucht

Artocarpus

nur Brotfrucht

Spargel

Asparagus

Hafer

Avena

Rübe

Beta

Kohl

Brassica et al.

schliesst folgende Gattungen ein:
Brassica, Armoracia, Barbarea, Camelina, Crambe, Diplotaxis, Eruca, Isatis, Lepidium, Raphanobrassica, Raphanus, Rorippa und Sinapis. Dies umfasst Ölsaaten und Gemüsepflanzen, z. B. Kohl, Raps, Senf, Kresse, Ölrauke, Rettich und Wasserrübe. Die Art Lepidium meyenii (Maca) ist ausgeschlossen.

Straucherbse

Cajanus

Kichererbse

Cicer

Zitrus

Citrus

Die Gattungen Poncirus und Fortunella sind als
Wurzelstock eingeschlossen.

Kokosnuss

Cocos

Wichtige Aronstab-gewächse

Colocasia
Xanthosoma

Wichtige Aronstabgewächse umfassen Taro,
Cocoyams, Wassertaro und Tannia.

Mohrrübe

Daucus

Yams

Dioscorea

Fingerhirse

Eleusine

Erdbeere

Fragaria

Sonnenblume

Helianthus

Gerste

Hordeum

Süsskartoffel

Ipomoea

Saatplatterbse

Lathyrus

Linse

Lens

Apfel

Malus

Cassava

Manihot

nur Manihot esculenta

Banane/Kulturbanane

Musa

ausser Musa textilis

Reis

Oryza

Perlhirse

Pennisetum

Bohnen

Phaseolus

ausser Phaseolus polyanthus

Erbse

Pisum

Roggen

Secale

Kartoffel

Solanum

einschliesslich Sektion tuberosa, ausser Solanum phureja

Eierfrucht

Solanum

einschliesslich Sektion melangena

Sorghum

Sorghum

Triticale

Triticosecale

Weizen

Triticum et al.

einschliesslich Agropyron, Elymus und Secale

Ackerbohne/Wicke

Vicia

Kuhbohne et al.

Vigna

Mais

Zea

ausser Zea perennis, Zea diploperennis und Zea
luxurians

Futterpflanzen

Gattungen

Arten

Leguminosen-Futterpflanzen

Astragalus

chinensis, cicer, arenarius

Canavalia

ensiformis

Coronilla

varia

Hedysarum

coronarium

Lathyrus

cicera, ciliolatus, hirsutus, ochrus, odoratus, sativus

Lespedeza

cuneata, striata, stipulacea

Lotus

corniculatus, subbiflorus, uliginosus

Lupinus

albus, angustifolius, luteus

Medicago

arborea, falcata, sativa, scutellata, rigidula, truncatula

Melilotus

albus, officinalis

Onobrychis

viciifolia

Ornithopus

sativus

Prosopis

affinis, alba, chilensis, nigra, pallida

Pueraria

phaseoloides

Trifolium

alexandrinum, alpestre, ambiguum, angustifolium, arvense,
agrocicerum, hybridum, incarnatum, pratense, repens, resupinatum,
rueppellianum, semipilosum, subterraneum, vesiculosum

Futtergräser

Andropogon

gayanus

Agropyron

cristatum, desertorum

Agrostis

stolonifera, tenuis

Alopecurus

pratensis

Arrhenatherum

elatius

Dactylis

glomerata

Festuca

arundinacea, gigantea, heterophylla, ovina, pratensis, rubra

Lolium

hybridum, multiflorum, perenne, rigidum, temulentum

Phalaris

aquatica, arundinacea

Phleum

pratense

Poa

alpina, annua, pratensis

Tripsacum

laxum

Sonstige Futterpflanzen

Atriplex

halimus, nummularia

Salsola

vermiculata

Anlage II

Teil 1: Schiedsverfahren

Art. 1

Die antragstellende Partei notifiziert dem Sekretär, dass die Streitparteien die Streitigkeit nach Artikel 22 einem Schiedsverfahren unterwerfen. In der Notifikation sind der Gegenstand des Schiedsverfahrens sowie insbesondere die Artikel dieses Vertrags anzugeben, deren Auslegung oder Anwendung strittig ist. Können sich die Streitparteien nicht über den Streitgegenstand einigen, bevor der Präsident des Schiedsgerichts bestellt ist, so legt das Schiedsgericht den Gegenstand fest. Der Sekretär leitet diese Informationen an alle Vertragsparteien dieses Vertrags weiter.

Art. 2

2.1  Bei Streitigkeiten zwischen zwei Streitparteien besteht das Schiedsgericht aus drei Mitgliedern. Jede der Streitparteien bestellt einen Schiedsrichter, und die beiden so bestellten Schiedsrichter ernennen einvernehmlich den dritten Schiedsrichter, der Präsident des Schiedsgerichts wird. Dieser darf nicht Staatsangehöriger einer der Streitparteien sein, nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet einer dieser Streitparteien haben, nicht im Dienst einer von ihnen stehen und sich in kei­ner anderen Eigenschaft mit der Streitigkeit befasst haben.

2.2  Bei Streitigkeiten zwischen mehr als zwei Vertragsparteien bestellen die Streitparteien mit demselben Interesse einvernehmlich einen Schiedsrichter.

2.3  Frei gewordene Sitze werden in der für die erste Bestellung vorgeschriebenen Weise besetzt.

Art. 3

3.1  Ist der Präsident des Schiedsgerichts innerhalb von zwei Monaten nach der Bestellung des zweiten Schiedsrichters nicht ernannt, so ernennt ihn der General­direktor der FAO auf Ersuchen einer der Streitparteien innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten.

3.2  Hat eine der Streitparteien innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags einen Schiedsrichter nicht bestellt, so kann die andere Partei den General­direktor der FAO in Kenntnis setzen, der die Ernennung innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten vornimmt.

Art. 4

Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidungen in Übereinstimmung mit diesem Ver­trag und dem Völkerrecht.

Art. 5

Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, gibt sich das Schiedsgericht eine Verfahrensordnung.

Art. 6

Das Schiedsgericht kann auf Ersuchen einer der Streitparteien unerlässliche einstweilige Schutzmassnahmen empfehlen.

Art. 7

Die Streitparteien erleichtern die Arbeit des Schiedsgerichts und werden insbesondere mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln

a)
ihm alle sachdienlichen Schriftstücke vorlegen, Erleichterungen einräumen und Auskünfte erteilen und
b)
ihm die Möglichkeit geben, soweit nötig Zeugen und Sachverständige zu laden und ihre Aussagen einzuholen.
Art. 8

Die Streitparteien und die Schiedsrichter sind verpflichtet, die Vertraulichkeit aller ihnen während der Verhandlungen des Schiedsgerichts vertraulich erteilten Auskünfte zu wahren.

Art. 9

Sofern das Schiedsgericht nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls etwas anderes beschliesst, werden die Kosten des Gerichts von den Streitparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Gericht führt über alle seine Kosten Buch und legt den Streitparteien eine Schlussabrechnung vor.

Art. 10

Jede Vertragspartei, die an dem Streitgegenstand ein rechtliches Interesse hat, das durch die Entscheidung des Falles berührt werden könnte, kann mit Zustimmung des Gerichts dem Verfahren beitreten.

Art. 11

Das Gericht kann über Widerklagen, die mit dem Streitgegenstand unmittelbar im Zusammenhang stehen, verhandeln und entscheiden.

Art. 12

Das Schiedsgericht entscheidet sowohl in verfahrensrechtlichen als auch in materiellen Fragen mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

Art. 13

Erscheint eine der Streitparteien nicht vor dem Schiedsgericht oder unterlässt sie es, sich zur Sache zu äussern, so kann die andere Partei das Gericht ersuchen, das Verfahren fortzuführen und seinen Schiedsspruch zu fällen. Abwesenheit oder Versäumnis einer Streitpartei, sich zur Sache zu äussern, stellt kein Hindernis für das Verfahren dar. Bevor das Schiedsgericht seine endgültige Entscheidung fällt, muss es sich vergewissern, dass das Begehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet ist.

Art. 14

Das Schiedsgericht fällt seine endgültige Entscheidung innerhalb von fünf Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem es vollständig gebildet wurde; hält es jedoch eine Verlängerung dieser Frist für notwendig, so darf diese weitere fünf Monate nicht überschreiten.

Art. 15

Die endgültige Entscheidung des Schiedsgerichts hat sich auf den Streitgegenstand zu beschränken und ist zu begründen. Sie enthält die Namen der Mitglieder, die teilgenommen haben, sowie das Datum der endgültigen Entscheidung. Jedes Mitglied des Gerichts kann der endgültigen Entscheidung eine Darlegung seiner persönlichen oder abweichenden Meinung beifügen.

Art. 16

Der Schiedsspruch ist für die Streitparteien bindend. Er unterliegt keinem Rechtsmittel, sofern nicht die Streitparteien vorher ein Rechtsmittelverfahren vereinbart haben.

Art. 17

Meinungsverschiedenheiten zwischen den Streitparteien über die Auslegung oder Durchführung der endgültigen Entscheidung können von jeder Streitpartei dem Schiedsgericht, das die Entscheidung gefällt hat, zur Entscheidung vorgelegt werden.

Teil 2: Vergleich

Art. 1

Auf Antrag einer der Streitparteien wird eine Vergleichskommission gebildet. Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, besteht die Kommission aus fünf Mitgliedern, zwei von jeder beteiligten Partei bestellten Mitgliedern und einem von diesen Mitgliedern einvernehmlich gewählten Präsidenten.

Art. 2

Bei Streitigkeiten zwischen mehr als zwei Vertragsparteien bestellen die Streitparteien mit demselben Interesse ihre Mitglieder für die Kommission einvernehmlich. Sind zwei oder mehr Streitparteien mit unterschiedlichen Interessen vorhanden oder besteht Unstimmigkeit darüber, ob sie dasselbe Interesse haben, so bestellen sie ihre Mitglieder getrennt.

Art. 3

Sind innerhalb von zwei Monaten nach dem Antrag auf Bildung einer Vergleichskommission nicht alle Mitglieder der Kommission von den Streitparteien bestellt worden, so nimmt der Generaldirektor der FAO auf Ersuchen der Streitpartei, die den Antrag gestellt hat, diese Bestellungen innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten vor.

Art. 4

Ist der Präsident der Vergleichskommission innerhalb von zwei Monaten nach Bestellung des letzten Mitglieds der Kommission nicht ernannt worden, so ernennt der Generaldirektor der FAO auf Ersuchen einer Streitpartei innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten den Präsidenten.

Art. 5

Die Vergleichskommission entscheidet mit der Mehrheit ihrer Mitglieder. Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, bestimmt die Kommission ihr Verfahren. Sie legt einen Lösungsvorschlag zu der Streitigkeit vor, den die Parteien nach Treu und Glauben prüfen.

Art. 6

Bei Uneinigkeit darüber, ob die Vergleichskommission zuständig ist, entscheidet die Kommission.

Geltungsbereich am 5. Juli 20198

8 AS 2005 1789, 2008 37, 2010 507, 2013 2199, 2014 2289, 2016 2861, 2019 2259. Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Afghanistan

  9. November

2006 B

  7. Februar

2007

Ägypten

31. März

2004

29. Juni

2004

Albanien

12. Mai

2010 B

10. August

2010

Algerien

13. Dezember

2002 B

29. Juni

2004

Angola

14. März

2006

12. Juni

2006

Antigua und Barbuda

28. Februar

2017 B

29. Mai

2017

Argentinien*

17. Mai

2016

15. August

2016

Armenien

20. März

2007 B

18. Juni

2007

Äthiopien

18. Juni

2003

29. Juni

2004

Australien

12. Dezember

2005

14. März

2006

Bangladesch

14. November

2003

29. Juni

2004

Belgien*

  2. Oktober

2007

30. Januar

2008

Benin

24. Februar

2006 B

25. Mai

2006

Bhutan

  2. September

2003

29. Juni

2004

Bolivien*

  5. September

2016 B

  4. Dezember

2016

Brasilien

22. Juni

2006

20. September

2006

Bulgarien

29. Dezember

2004 B

29. März

2005

Burkina Faso

  5. Dezember

2006

  5. März

2006

Burundi

28. April

2006

26. Juli

2006

Chile

14. Januar

2016

13. April

2016

Cook-Inseln

2. Dezember

2004 B

2. März

2005

Costa Rica

14. November

2006

12. Februar

2007

Côte d’Ivoire

25. Juni

2003

29. Juni

2004

Dänemark*

31. März

2004

29. Juni

2004

Deutschland*

31. März

2004

29. Juni

2004

Dschibuti

  8. Mai

2006 B

  6. August

2006

Ecuador

  7. Mai

2004 B

29. Juni

2004

El Salvador

  9. Juli

2003

29. Juni

2004

Eritrea

10. Juni

2002

29. Juni

2004

Estland

31. März

2004 B

29. Juni

2004

Eswatini

23. Oktober

2012

21. Januar

2013

Europäische Union*

31. März

2004

29. Juni

2004

Fidschi

  9. Juli

2008 B

  6. Oktober

2008

Finnland*

31. März

2004

29. Juni

2004

Frankreich

11. Juli

2005

  9. Oktober

2005

Gabun

13. November

2006

11. Februar

2007

Georgien

  9. April

2019 B

  8. Juli

2019

Ghana

28. Oktober

2002

29. Juni

2004

Griechenland*

31. März

2004

29. Juni

2004

Guatemala

  1. Februar

2006

  1. Mai

2006

Guinea

11. Juni

2002

29. Juni

2004

Guinea-Bissau

  1. Februar

2006 B

  1. Mai

2006

Guyana

31. Dezember

2015 B

30. Juni

2016

Honduras

14. Januar

2004 B

29. Juni

2004

Indien

10. Juni

2002

29. Juni

2004

Indonesien

10. März

2006 B

  8. Juni

2006

Irak

29. August

2014 B

27. November

2014

Iran

28. April

2006

27. Juli

2006

Irland*

31. März

2004

29. Juni

2004

Island

  7. August

2007 B

  5. November

2007

Italien*

18. Mai

2004

29. Juni

2004

Jamaika

14. März

2006 B

12. Juni

2006

Japan

30. Juli

2013 B

28. Oktober

2013

Jemen

  1. März

2006 B

30. Mai

2006

Jordanien

30. Mai

2002

29. Juni

2004

Kambodscha

11. Juni

2002

29. Juni

2004

Kamerun

19. Dezember

2005

19. März

2006

Kanada

10. Juni

2002

29. Juni

2004

Katar

  1. Juli

2008 B

28. September

2008

Kenia

27. Mai

2003 B

29. Juni

2004

Kirgisistan

30. August

2009 B

27. November

2009

Kiribati

13. Dezember

2005 B

13. März

2006

Kongo (Brazzaville)

14. September

2004 B

13. Dezember

2004

Kongo (Kinshasa)

  5. Juni

2003 B

29. Juni

2004

Korea (Nord-)

16. Juli

2003 B

29. Juni

2004

Korea (Süd-)

20. Januar

2009 B

19. April

2009

Kroatien

  6. August

2009 B

  3. November

2009

Kuba

16. September

2004

15. Dezember

2004

Kuwait

  2. September

2003 B

29. Juni

2004

Laos

14. März

2006 B

12. Juni

2006

Lesotho

21. November

2005 B

19. Februar

2006

Lettland

27. Mai

2004 B

29. Juni

2004

Libanon

  6. Mai

2004

29. Juni

2004

Liberia

25. November

2005 B

23. Februar

2006

Libyen

12. April

2005 B

11. Juli

2005

Litauen

21. Juni

2005 B

19. September

2005

Luxemburg*

31. März

2004

29. Juni

2004

Madagaskar

13. März

2006

11. Juni

2006

Malawi

  4. Juli

2002

29. Juni

2004

Malaysia

  5. Mai

2003 B

29. Juni

2004

Malediven

  2. März

2006 B

31. Mai

2006

Mali

  5. Mai

2005

  3. August

2006

Malta

22. November

2016

20. Februar

2017

Marokko

14. Juli

2006

12. Oktober

2006

Marshallinseln

15. Juli

2014

13. Oktober

2014

Mauretanien

11. Februar

2003 B

29. Juni

2004

Mauritius

27. März

2003 B

29. Juni

2004

Moldau

  3. August

2015 B

  1. November

2015

Mongolei

  3. September

2018 B

  2. Dezember

2018

Myanmar*

  4. Dezember

2002 B

29. Juni

2004

Namibia

  7. Oktober

2004

29. Juni

2004

Nepal

10. Januar

2010 B

  9. April

2010

Nicaragua

22. November

2002 B

29. Juni

2004

Niederlande

18. November

2005

16. Februar

2006

Niger

27. Oktober

2004

29. Juni

2004

Norwegen

  3. August

2004

  1. November

2004

Oman

14. Juli

2004 B

12. Oktober

2004

Österreich*

  4. November

2005

  2. Februar

2006

Pakistan

  2. September

2003 B

29. Juni

2004

Palau

  5. August

2008 B

  2. November

2008

Panama

13. März

2006 B

11. Juni

2006

Papua-Neuguinea

  5. Februar

2015 B

  6. Mai

2016

Paraguay

  3. Januar

2003

29. Juni

2004

Peru

  5. Juni

2003

29. Juni

2004

Philippinen

28. September

2006 B

27. Dezember

2006

Polen*

  7. Februar

2005 B

  8. Mai

2005

Portugal

  7. November

2006

  5. Februar

2007

Rumänien

31. Mai

2005 B

29. August

2005

Sambia

13. März

2006

11. Juni

2006

Samoa

  9. März

2006 B

  7. Juni

2006

São Tomé und Príncipe

  7. April

2006 B

  6. Juli

2006

Saudi-Arabien

17. Oktober

2005 B

15. Januar

2006

Schweden*

31. März

2004

29. Juni

2004

Schweiz

22. November

2004

20. Februar

2005

Senegal

25. Oktober

2006

23. Januar

2006

Serbien

  3. April

2013

  2. Juli

2013

Seychellen

30. Mai

2006 B

28. August

2006

Sierra Leone

20. November

2002 B

29. Juni

2004

Simbabwe

  5. Juli

2005

  3. Oktober

2005

Slowakei

  8. Juni

2010 B

  6. September

2010

Slowenien

11. Januar

2006 B

11. April

2006

Spanien*

31. März

2004

29. Juni

2004

Sri Lanka

17. September

2013 B

16. Dezember

2013

St. Lucia

16. Juli

2003 B

29. Juni

2004

Sudan

10. Juni

2002

29. Juni

2004

Syrien

26. August

2003

29. Juni

2004

Tansania

30. April

2004 B

29. Juni

2004

Togo

23. Oktober

2007

21. Januar

2008

Tonga

16. Dezember

2014 B

16. März

2015

Trinidad und Tobago

27. Oktober

2004 B

25. Januar

2005

Tschad

14. März

2006

12. Juni

2006

Tschechische Republik

31. März

2004 B

29. Juni

2004

Tunesien

  8. Juni

2004

29. Juni

2004

Türkei

  7. Juni

2007

  5. September

2007

Tuvalu

  7. März

2016 B

  6. Juni

2016

Uganda

25. März

2003 B

29. Juni

2004

Ungarn

  4. März

2004 B

29. Juni

2004

Uruguay

  1. März

2006

30. Mai

2006

Venezuela

17. Mai

2005

15. August

2005

Vereinigte Arabische Emirate

16. Februar

2004 B

29. Juni

2004

Vereinigtes Königreich*

31. März

2004

29. Juni

2004

Vereinigte Staaten*

13. Dezember

2016

13. März

2017

Zentralafrikanische Republik

  4. August

2003

29. Juni

2004

Zypern

15. September

2003

29. Juni

2004

*
Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der UNO Organisation für Ernährung und Landwirtschaft www.fao.org/legal/traites/traites-en-vertu-de-larticle-xiv/fr/ eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge 3003 Bern, bezogen werden.