0.142.392

 AS 2004 667

Originaltext

Vereinbarung
über die Gestattung der Durchreise
ausreisepflichtiger jugoslawischer Staatsangehöriger

Abgeschlossen in Berlin am 21. März 2000

In Kraft getreten für die Schweiz am 20. April 2000

(Stand am 20. April 2000)

Die Regierung der Republik Albanien,
der Ministerrat von Bosnien und Herzegowina,
die Regierung der Bundesrepublik Deutschland,
die Regierung der Italienischen Republik,
die Regierung der Republik Kroatien,
die Österreichische Bundesregierung,
der Schweizerische Bundesrat,
die Regierung der Republik Slowenien,
die Regierung der Republik Ungarn,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Durchreise zum Zwecke der Rückkehr

(1)  Die Vertragsparteien gestatten die freiwillige, einmalige Durchreise von in dem Staatsgebiet einer Vertragspartei aufhältigen jugoslawischen1 Staatsangehörigen, die dort die geltenden Voraussetzungen für den weiteren Aufenthalt nicht erfüllen, durch ihr Hoheitsgebiet zum Zwecke der Rückkehr. Dies gilt nicht für Fälle, in denen ein Transitstaat die betreffende Person mit einem Einreiseverbot belegt hat.

(2)  Voraussetzung für die Durchreise ist der Besitz eines gemäss dem geltenden jugoslawischen Passrecht gültigen Passes oder Passersatzpapiers der Bundesrepublik Jugoslawien2. Für die Rückkehr aus einem Ausgangsstaat durch das Hoheitsgebiet einer Vertragspartei in das Kosovo kann, soweit erforderlich, für die Rückreise entweder ein nationales Passersatzpapier der Vertragsparteien oder ein internationales Passersatzpapier (EU-Laissez-Passer) ausgestellt werden. Muster der genannten nationalen bzw. internationalen Passersatzpapiere sind der Vereinbarung als Anlage 13 beigefügt. Die Prüfung, ob die jeweiligen Reisepapiere für die Rückkehr geeignet sind, erfolgt durch den Ausgangsstaat. In dem Reisepapier ist ein Vermerk (Vignette) über die Eigenschaft als Rückkehrer nach Jugoslawien mit einer Gültigkeitsdauer von drei Monaten angebracht. Muster des Vermerks (Vignetten) sind der Verein­barung als Anlage 2 beigefügt.

(3)  Der Ausgangsstaat verpflichtet sich zur Rückübernahme der Person, bei der die freiwillige Weiterreise durch mögliche Durchgangsstaaten oder die Einreise in den Zielstaat nicht gesichert ist. In diesem Falle gestatten die Transitstaaten die erneute Durchreise. Soweit erforderlich können die zuständigen Behörden des jeweiligen Transitstaates ein Ersatzreisedokument für die Rückreise der betreffenden Person in den Ausgangsstaat ausstellen. Muster dieser Ersatzreisedokumente sind dieser Vereinbarung als Anlage 3 beigefügt.

(4)  Die Vertragsparteien sollen darauf hinwirken, dass die Durchreise der jugoslawischen Staatsangehörigen auf möglichst direktem Wege erfolgt. Die zuständigen Behörden des Ausgangsstaates vermerken die für die Durchreise vorgesehenen Transitstaaten in dem Reisedokument für die betreffende Person.

(5)  Ein Transit-Visum der Vertragsparteien ist nicht erforderlich.

(6)  Die zollrechtlichen Bestimmungen der Vertragsparteien bleiben unberührt.

(7)  Die Transitstaaten können Aufzeichnungen über die Personalien (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Art und Nummer der Reisepapiere) sowie über Ort und Zeit der Ein- und Ausreise der betreffenden Personen führen.

1 Heute: Staatsangehörige von Serbien und Montenegro.

2 Heute: Serbien und Montenegro.

3 Die Anlagen 1, 2 und 3 werden in der AS nicht veröffentlicht.

Art. 2 Rückübernahme

(1)  Zur Erfüllung der Pflicht zur Rückübernahme gemäss Artikel 1 Absatz 3 führen die Ausgangsstaaten Aufzeichnungen über die Personalien (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort) und über die Art und Nummer der in Artikel 1 Absatz 2 genannten Reisepapiere sowie über weitere im Fall des Verlusts der Reisepapiere zur Identifizierung erforderliche Angaben (zum Beispiel Kopie des Reisepapiers einschliesslich Foto).

(2)  Die Kosten, die einer Vertragspartei aus der Rückübernahme nach Artikel 1 Absatz 3 für Transport, erforderliche Begleitung, Unterbringung und Verpflegung und so weiter erwachsen, trägt der Ausgangsstaat. Die Kostenerstattung erfolgt innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der Rechnung.

Art. 3 Datenschutzklausel

(1)  Soweit für die Durchführung dieser Vereinbarung personenbezogene Daten aufgezeichnet werden oder zu übermitteln sind, dürfen diese Informationen ausschliesslich betreffen

1.
die Personalien der Durchreisenden (Name, Vorname, gegebenenfalls früherer Name, Beinamen oder Pseudonyme, Geburtsdatum und ‑ort, Geschlecht, derzeitige und frühere Staatsangehörigkeit),
2.
Angaben zu den Reisepapieren (Art, Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort und so weiter),
3.
sonstige zur Identifizierung der Person erforderliche Angaben auf Ersuchen einer der Vertragsparteien.

(2)  Soweit aufgrund dieser Vereinbarung nach Massgabe des innerstaatlichen Rechts personenbezogene Daten übermittelt werden, gelten ergänzend die nachfolgenden Bestimmungen unter Beachtung der für jede Vertragspartei geltenden Rechtsvorschriften:

1.
Die Verwendung der Daten durch den Empfänger ist nur zu dem angegebenen Zweck und nur zu den durch die übermittelnde Behörde vorgeschriebenen Bedingungen zulässig.
2.
Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Behörde auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
3.
Personenbezogene Daten dürfen nur an die zuständigen Stellen übermittelt werden. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle erfolgen.
4.
Die übermittelnde Stelle ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismässigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Erweist sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt worden sind, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen.
5.
Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen.
6.
Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
7.
Dem Betroffenen ist auf Antrag über die zu seiner Person übermittelten Informationen sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nicht, soweit eine Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse, die Auskunft nicht zu erteilen, das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung überwiegt. Im Übrigen richtet sich das Recht des Betroffenen, über die zu seiner Person vorhandenen Daten Auskunft zu erhalten, nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Auskunft beantragt wird.
8.
Soweit das für die übermittelnde Stelle geltende nationale Recht in Bezug auf die übermittelten personenbezogenen Daten besondere Löschungsfristen vorsieht, weist die übermittelnde Stelle den Empfänger darauf hin. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten personenbezogenen Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt worden sind, nicht mehr erforderlich sind.
Art. 4 Zuständige Stellen

(1)  Die zuständigen Stellen für die Entgegennahme von Nachfragen, die Nachprüfung und die Durchführung der Rückübernahme nach Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 2 sind für

1.
die Regierung der Republik Albanien
Ministerium für Öffentliche Ordnung
Abteilung Grenzpolizei
Sheshi Skenderbej 3
Tirana
Tel.:+355 42 28098 (Lagezentrum)
+355 42 26801 (Zentrale)
Fax:+355 42 63607
2.
den Ministerrat von Bosnien und Herzegowina
Ministerium für Zivile Angelegenheiten und Kommunikation
Sektor für Flüchtlinge
Ulica Musala Br. 9
Sarajevo, 71000
Tel/Fax.:+387 71 442 870 und 650 068
3.
die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
Grenzschutzdirektion
Roonstrasse 13
D-56068 Koblenz
Tel.:+49261/399-0 (Vermittlung)
Fax:+49261/399-218
4.
die Regierung der Italienischen Republik
Ministerium des Innern
Abteilung Strassenpolizei
Generaldirektion für Strassenpolizei, Eisenbahn, Grenze und Post
Unterabteilung für Immigration und Grenzpolizei
Via Cavour 6
I-00184 Roma
Tel.:+39 06 465 39625 oder +39 06 465 39669
Fax:+39 06 465 39993 oder +39 06 465 39994
5.
die Regierung der Republik Kroatien
Innenministerium der Republik Kroatien
Sektor Schutzpolizei
Abteilung Grenzpolizei
Savska cesta 39
HR – 10 000 Zagreb
Tel.:+ 385 1 61 22479
Fax:+ 385 1 61 22 836
6.
die Österreichische Bundesregierung
Bundesministerium für Inneres
Abteilung III/16
Am Hof 4
A-1014 Wien
Tel.:+431/53126 Nebenstelle: 4621
Fax:+431/53126 Nebenstelle: 4648
7.
den Schweizerischen Bundesrat
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
Bundesamt für Flüchtlinge (BFF)4
Quellenstrasse 6
CH-3003 Bern-Wabern
Tel.:+41/31 325 94 14
Fax:+41/31 325 91 15
8.
die Regierung der Republik Slowenien
Ministerium für Inneres der Republik Slowenien
Generaldirektion der Polizei
Sektor Staatsgrenze und Ausländer
Stefanova 2
SL-1501 Ljubljana
Tel.:+386 61 217 580
Fax:+386 61 217 450
9.
die Regierung der Republik Ungarn
Innenministerium der Republik Ungarn
Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft
Budafoki út 60
Pf.: 314
H-1903 Budapest
Tel.:+36 1 463 9152
Fax.:+36 1 463 9153

(2)  Die zuständigen Stellen beantworten Nachfragen im Rahmen dieser Verein­barung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang.

4 Heute: Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, CH-3003 Bern-Wabern, Tel.: 0041/58 46 51111, Fax: 0041/58 46 59379 (siehe AS 2014 4451).

Art. 5 Konsultationspflicht

Die Vertragsparteien verpflichten sich, Probleme, die bei der Anwendung dieser Vereinbarung entstehen, einvernehmlich zu lösen und alle hierzu notwendigen Informationen zu übermitteln. Jede Vertragspartei kann bei Bedarf unverzüglich zu Gesprächen über die Lösung anstehender Probleme bei der Umsetzung dieser Vereinbarung einladen.

Art. 7 Geltungsdauer, Inkrafttreten, Verwahrer

(1)  Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(2)  Für Vertragsparteien, die diese Vereinbarung unterzeichnet haben und die keine weiteren innerstaatlichen Voraussetzungen erfüllen müssen, tritt diese Vereinbarung am 30. Tag nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.

(3)  Für jene Vertragsparteien, die weitere innerstaatliche Voraussetzungen erfüllen müssen, tritt diese Vereinbarung am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag in Kraft, an dem die letzte Vertragspartei dem Verwahrer nach Absatz 5 dieses Artikels notifiziert hat, dass ihrerseits die erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

(4)  Die Vertragsparteien nach Absatz 3 wenden diese Vereinbarung ab dem 30. Tag nach ihrer Unterzeichnung gemäss ihrer beigefügten Erklärung vorläufig an. Die Erklärung ist als Anhang fester Bestandteil dieser Vereinbarung.

(5)  Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ist Verwahrer dieser Verein­barung.

Art. 8 Beitritt anderer Staaten

(1)  Die Vertragsparteien kommen überein, dass auch andere Staaten dieser Vereinbarung beitreten können.

(2)  Nach Eingang der Mitteilung des Beitrittswunsches unterrichtet der Verwahrer auf diplomatischem Wege unverzüglich die anderen Vertragsparteien. Die Vertragsparteien äussern sich zu dem Beitrittswunsch innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Benachrichtigung durch den Verwahrer.

(3)  Für den beitretenden Staat tritt die Vereinbarung 30 Tage nach Eingang der letzten Zustimmung der anderen Vertragsparteien beim Verwahrer in Kraft. Der Verwahrer unterrichtet alle Vertragsparteien über das Inkrafttreten.

Art. 9 Suspendierung, Kündigung

(1)  Jede Vertragspartei kann diese Vereinbarung aus wichtigem Grund, insbesondere bei einer Störung oder Gefahr der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit, nach Konsultation mit den anderen Vertragsparteien durch eine an den Verwahrer gerichtete Notifikation suspendieren oder kündigen.

(2)  Die Suspendierung tritt am Tag nach Eingang der Notifikation über die Suspendierung, die Kündigung am ersten Tag des Monats nach Eingang der Notifikation über die Kündigung beim Verwahrer in Kraft.

Geschehen zu Berlin am 21. März 2000 in einer Urschrift in albanischer, bosnischer, deutscher, italienischer, kroatischer, slowenischer und ungarischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

(Es folgen die Unterschriften)

Anhang

Erklärung gemäss Artikel 7 Absatz 4 der Vereinbarung


Die Regierungen von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Slowenien und Ungarn erklären, diese Vereinbarung bis zur Erfüllung der erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen vorläufig anzuwenden.

Geltungsbereich der Vereinbarung am 26. August 2003

Vertragsstaaten

Ratifikation
Unterzeichnet ohne Ratifikationsvorbehalt (U)

In-Kraft-Treten

Deutschland

21. März

2000 U

20. April

2000

Italien

21. März

2000 U

20. April

2000

Österreich

21. März

2000 U

20. April

2000

Schweiz

21. März

2000 U

20. April

2000