Allgemeiner Grundsatz
1. Eine im Hoheitsgebiet einer der beiden Staaten («überstellender Staat») verurteilte Person kann zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion in das Hoheitsgebiet des anderen Staates («übernehmender Staat») überstellt werden. Zu diesem Zweck muss die verurteilte Person dem überstellenden oder dem übernehmenden Staat schriftlich den Wunsch auf Überstellung äussern.
Begriffsbestimmungen
2. Der Ausdruck
«Überstellender Staat» bezeichnet den Staat, in dem die Sanktion gegen die Person, die überstellt werden kann, verhängt worden ist.
«Übernehmender Staat» bezeichnet den Staat, in den die verurteilte Person zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion überstellt werden kann.
«Verurteilte Person» bezeichnet jede Person, gegen die ein Urteil von einem im Hoheitsgebiet einer der beiden Staaten zuständigen Gericht ausgesprochen wurde, und die in diesem Staat inhaftiert ist.
«Staatsangehöriger» bezeichnet
- a.
- im Verhältnis zur Schweiz ein Staatsangehöriger der Schweiz
- b.
- im Verhältnis zu Barbados ein Staatsangehöriger von Barbados oder eine Person, die aufgrund der barbadischen Gesetzgebung Anspruch auf die barbadische Staatsangehörigkeit hat.
Voraussetzungen für die Überstellung
3. Eine Überstellung kann nur erfolgen, wenn:
- a.
- das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar ist;
- b.
- die verurteilte Person Staatsangehörige des übernehmenden Staates ist;
- c.
- die Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Sanktion verhängt worden ist, nach dem Recht des übernehmenden Staates eine Straftat darstellen oder, falls sie in seinem Hoheitsgebiet begangen worden wären, darstellen würden;
- d.
- im Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens um Überstellung noch mindestens sechs Monate der gegen die verurteilte Person verhängten Sanktion zu vollziehen sind.
Informationspflicht
4. Eine verurteilte Person, auf die vorliegende Gegenrechtsvereinbarung Anwendung finden kann, wird durch den überstellenden Staat vom wesentlichen Inhalt der Gegenrechtsvereinbarung unterrichtet.
Ermessen
5. Es steht im freien Ermessen beider Staaten, die Überstellung einer verurteilten Person abzulehnen.
Ersuchen und Antworten
6. Das Ersuchen um Überstellung kann von jedem der beiden Staaten über die bezeichneten Behörden gestellt werden. In beiden Fällen muss die verurteilte Person das Ersuchen schriftlich veranlasst haben oder dem Ersuchen schriftlich zugestimmt haben. Das Ersuchen um Überstellung und die Antwort bedürfen der Schriftform. Der Urteilsstaat übermittelt dem anderen Staat eine kurze Zusammenfassung des wesentlichen Sachverhalts, eine beglaubigte Abschrift des Urteils und der angewendeten Rechtsvorschriften, die Dauer der Sanktion sowie den Beginn ihres Vollzuges, eine Erklärung, aus der hervorgeht, welcher Teil der Sanktion bereits verbüsst wurde und eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Urteils. Schriftstücken, die den Schweizer Behörden übermittelt werden, wird – soweit möglich – eine Übersetzung in deutscher, französischer oder italienischer Sprache beigelegt. Schriftstücke, die den Behörden von Barbados übermittelt werden, müssen auf Englisch übersetzt werden.
Beim Entscheid über die Überstellung einer verurteilten Person berücksichtigen beide Staaten die Schwere der Straftat, den Gesundheitszustand sowie die gesellschaftlichen Bindungen, welche die verurteilte Person in beiden Staaten hat. Der Entscheid, ob dem Ersuchen um Überstellung stattgegeben wird oder ob es abgelehnt wird, wird dem anderen Staat unverzüglich mitgeteilt. Die verurteilte Person wird schriftlich über jede von den beiden Staaten auf Grund des Ersuchens getroffene Massnahme oder Entscheidung unterrichtet.
Zustimmung und Nachprüfung
7. Der überstellende Staat gewährleistet, dass die Zustimmung der verurteilten Person gemäss Artikel 6 dieser Vereinbarung freiwillig und im vollen Bewusstsein der rechtlichen Folgen der Überstellung abgegeben wird.
Zu diesem Zweck wird die Zustimmung der verurteilten Person oder der Person, die – falls die verurteilte Person dazu nicht in der Lage ist – ermächtigt ist, in deren Namen die Zustimmung zu geben, durch eine Person nachgeprüft, die als dazu zuständig bezeichnet wurde.
Der überstellende Staat gibt dem übernehmenden Staat Gelegenheit – falls er dies wünscht –, sich zu vergewissern, dass die Zustimmung entsprechend den im vorhergehenden Absatz dargelegten Bedingungen gegeben worden ist.
Vollzug der Sanktion
8. a. Eine verurteilte Person, die zum Vollzug einer Sanktion überstellt wird, darf im übernehmenden Staat für dieselbe Straftat nicht erneut verhaftet, vor Gericht gestellt oder verurteilt werden.
- b.
- Der Vollzug der Sanktion einer überstellten Person wird nach den Rechtsvorschriften des übernehmenden Staates durchgeführt.
- c.
- Der überstellende Staat hat hinsichtlich der Urteile seiner Gerichte, der von diesen verhängten Sanktionen und der Verfahren zur Überprüfung, Abänderung oder Aufhebung dieser Urteile und Sanktionen die ausschliessliche Gerichtsbarkeit.
- d.
- Der übernehmende Staat ist an die rechtliche Art und die Dauer der Sanktion, wie sie vom überstellenden Staat festgelegt worden sind, gebunden. Ist die Sanktion jedoch nach Art oder Dauer mit dem Recht des übernehmenden Staates nicht vereinbar, so kann dieser, mit dem – vorgängig zur Überstellung vorliegenden – Einverständnis des überstellenden Staates, die Sanktion an die nach seinem eigenen Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Strafe oder Massnahme anpassen. Diese Strafe oder Massnahme darf nach Art oder Dauer die im überstellenden Staat verhängte Sanktion nicht verschärfen.
- e.
- Falls der überstellende Staat das Urteil oder die Sanktion überprüft, abändert oder aufhebt oder die Sanktion auf andere Weise verkürzt, gnadenweise abändert oder beendet, gibt der übernehmende Staat dem Entscheid Folge, sobald er davon in Kenntnis gesetzt worden ist.
Unterrichtung über den Vollzug
9. Der übernehmende Staat unterrichtet den überstellenden Staat in folgenden Fällen über den Vollzug der Sanktion:
- a.
- wenn er den Vollzug der Sanktion für abgeschlossen erachtet;
- b.
- wenn die verurteilte Person vor Abschluss des Vollzugs der Sanktion aus der Haft flieht oder stirbt; oder
- c.
- wenn der überstellende Staat um einen Bericht über die Bedingungen des Vollzugs ersucht.
Kosten
10. Der übernehmende Staat trägt alle Kosten im Zusammenhang mit der Überstellung, ausgenommen die Kosten, die ausschliesslich im Hoheitsgebiet des überstellenden Staates entstehen.
Bewachung und Transport
11. Der übernehmende Staat ist verantwortlich für die Bewachung und den Transport der verurteilten Person.
Durchlieferung
12. Wenn eine der beiden Vertragsparteien mit Drittstaaten Vereinbarungen über die Überstellung verurteilter Personen trifft, so wirkt die andere Vertragspartei bei der Durchlieferung von verurteilten Personen, die in Anwendung solcher Vereinbarungen überstellt werden, durch ihr Hoheitsgebiet mit. Letztere Vertragspartei kann aber die Durchlieferung von verurteilten Personen verweigern, wenn es sich um eigene Staatsangehörige handelt. Die Vertragspartei, die eine solche Durchlieferung vorzunehmen beabsichtigt, teilt dies der anderen Vertragspartei vorgängig mit.
Zuständige Behörden
13. In der Schweiz ist die zuständige Behörde für die Stellung von Ersuchen um Überstellung das Bundesamt für Justiz des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.
In Barbados ist die zuständige Behörde das Innenministerium («Ministry of Home Affairs»).
Inkrafttreten
14. Diese Gegenrechtsvereinbarung bildet die Grundlage für die künftige gegenseitige Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Barbados auf dem Gebiet der Überstellung verurteilter Personen.
Kündigung
15. Jede der beiden Vertragsparteien kann diese Gegenrechtsvereinbarung mittels diplomatischer Note kündigen. Sieben (7) Tage nach dem in der Note vermerkten Datum gilt diese als von der anderen Vertragspartei empfangen. Die Kündigung wird ein (1) Jahr nach dem Tag, an dem die diplomatischen Note als empfangen gilt, wirksam.
Diese Gegenrechtsvereinbarung bleibt jedoch für den Vollzug von Sanktionen gegen Personen, die in Übereinstimmung mit dieser Gegenrechtsvereinbarung vor dem Tag, an dem die Kündigung wirksam wird, überstellt worden sind, weiterhin anwendbar.»
Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Aussenhandel von Barbados hat zudem die Ehre bekannt zu geben, dass die Vereinbarung gemäss Übereinkunft zwischen den beiden Regierungen am 23. Februar 2004, dem Datum der vorliegenden Antwortnote auf die oben erwähnte Note, in Kraft tritt und dass die beiden Noten eine Vereinbarung bilden.
Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Aussenhandel von Barbados benützt auch diese Gelegenheit, der Schweizerischen Botschaft seine ausgezeichnete Hochachtung zu versichern.