0.741.319.514

 AS 2004 425

Notenaustausch vom 3. November 2003

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und dem Fürstentum Liechtenstein über die
Schadendeckung bei Strassenverkehrsunfällen

In Kraft getreten am 3. November 2003

(Stand am 1. Oktober 2019)

Originaltext

Botschaft
des Fürstentums Liechtenstein

Bern, den 3. November 2003

An das

Eidgenössische Departement

für auswärtige Angelegenheiten

Bern

Die Botschaft des Fürstentums Liechtenstein beehrt sich, dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten den Empfang seiner Note vom 3. November 2003 zu bestätigen, welche wie folgt lautet:

«Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten entbietet der Botschaft des Fürstentums Liechtenstein seine Hochachtung und beehrt sich, ihr die folgende Angelegenheit zu unterbreiten:

Aufgrund des Bestrebens der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein, für die Deckung der Haftung für Schäden, die durch ausländische, unbekannte oder nichtversicherte Fahrzeuge entstehen, sowie im Bereich des Verkehrsopferschutzes gemeinsame Einrichtungen zu betreiben, schlägt der Schweizerische Bundesrat der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vor, den Notenaustausch vom 30. Dezem­ber 19811 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Schadendeckung bei Verkehrsunfällen aufzuheben und durch die nachfolgende Vereinbarung zum Nationalen Versicherungsbüro und zum Nationalen Garantiefonds zu ersetzen:

Art. 1 Nationales Versicherungsbüro und Nationaler Garantiefonds

1 Die Aufgaben des liechtensteinischen Nationalen Versicherungsbüros und des liechtensteinischen Nationalen Garantiefonds werden durch das schweizerische Nationale Versicherungsbüro (NVB) und den schweizerischen Nationalen Garantiefonds (NGF) wahrgenommen.

2 Die im Fürstentum Liechtenstein zum Betrieb der Motorfahrzeug-Haft­pflicht­versicherung zugelassenen Versicherungsunternehmen treten dem NVB und dem NGF als gleichberechtigte Mitglieder bei.

3 Das NVB und der NGF führen für liechtensteinische Fälle keine eigene Rechnung.

4 Soweit Personen mit Wohnsitz im Fürstentum Liechtenstein ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem NVB und dem NGF haben, sind für Klagen dieser Personen gegen das NVB oder den NGF neben dem Gericht am Unfallort auch die Gerichte am liechtensteinischen Wohnsitz der klagenden Partei sowie am Sitz oder am Ort einer Zweigniederlassung des NVB oder des NGF zuständig.

5 Änderungen der Statuten des NVB und des NGF bedürfen der Genehmigung des schweizerischen Bundesamtes für Strassen und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein.

6 Streitigkeiten zwischen dem NVB und dem NGF oder zwischen diesen und ihren Mitgliedern entscheiden die nach schweizerischem Recht dafür zuständigen Behörden. Sind im Fürstentum Liechtenstein zugelassene Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) betroffen, so hört die verfügende schweizerische Behörde vorgängig die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht an.2

7 Vom NVB und vom NGF abgeschlossene Abkommen mit anderen Institutionen, die im Bereich der Deckung der Haftung von Schäden, die durch ausländische, unbekannte oder nichtversicherte Fahrzeuge verursacht worden sind, oder im Bereich des Verkehrsopferschutzes tätig sind, gelten auch für das Fürstentum Liechtenstein. Die Ermächtigung an das NVB und den NGF zum Abschluss solcher Abkommen schliesst die Ermächtigung seitens des Fürstentums Liechtenstein ein.

2 Fassung gemäss Notenaustausch vom 22. Dez. 2004/14. Jan. 2005 (AS 2005 1161).

Art. 2 Aufgaben des NVB und des NGF

1 Das NVB und der NGF erfüllen die ihnen zugewiesenen Aufgaben nach Massgabe der Bestimmungen des schweizerischen Rechts. Die liechtensteinische Gesetz­gebung kann dem NVB oder dem NGF zusätzliche Aufgaben zuweisen.

2 Personen mit Wohnsitz im Fürstentum Liechtenstein werden dabei den Personen mit Wohnsitz in der Schweiz gleichgestellt. Dies gilt analog auch für Besucher des Fürstentums Liechtenstein sowie für dort zugelassene Motorfahrzeuge.

Art. 3 Beiträge

1 Liechtensteinische Motorfahrzeughalter bezahlen die gleichen Beiträge an das NVB und den NGF wie schweizerische. Die vom NVB und vom NGF errechneten Beiträge bedürfen der Genehmigung des schweizerischen Bundesamtes für Privatversicherungen3 und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein. Die Erhebung der Beiträge der liechtensteinischen Motorfahrzeughalter erfolgt in gleicher Weise wie in der Schweiz über deren Motorfahrzeug-Haftpflicht­versicherungs­unternehmen.

2 Das NVB und der NGF können der Regierung des Fürstentums Liechtenstein beantragen, dass die Motorfahrzeughalter des Fürstentums Liechtenstein einen zusätzlichen Beitrag leisten für den Aufwand, der dem NVB und dem NGF nur nach liechtensteinischem Recht oder aufgrund von nur für das Fürstentum Liechtenstein geltenden Vereinbarungen mit Dritten erwächst. Ein allfälliger zusätzlicher Beitrag wird zusammen mit den Motorfahrzeugsteuern durch die zuständigen Behörden erhoben.

3 Heute: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht.

Art. 4 Eidgenössische Fahrzeugkontrolle

1 Das Amt für Strassenverkehr4 des Fürstentums Liechtenstein meldet der Eidgenössischen Fahrzeugkontrolle die in Liechtenstein zugelassenen Motor­fahrzeuge und ihre Anhänger sowie deren Halter und Versicherungsunternehmen nach Massgabe der für die kantonalen Zulassungsbehörden der Schweiz geltenden Bestimmungen.

2 Die Eidgenössische Fahrzeugkontrolle gibt davon nach Massgabe der Bestimmungen des schweizerischen Rechts dem NVB und dem NGF die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten bekannt oder ermöglicht ein elektronisches Abfragen derselben.

4 Ausdruck gemäss Mitteilung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein (Umbenennung der «Motorfahrzeugkontrolle» in «Amt für Strassenverkehr») vom 13. Dez. 2019, in Kraft seit 1. Okt. 2019 (AS 2020 143).

Art. 5 Meldepflicht der Versicherungsunternehmen

Die im Fürstentum Liechtenstein zum Betrieb der Motorfahrzeug-Haftpflicht­ver­sicherung zugelassenen Versicherungsunternehmen melden dem NVB und dem NGF nach Artikel 60b der liechtensteinischen Verkehrsversicherungsverordnung vom 1. August 1978 die Fahrzeuge mit Tages- oder provisorischen Schildern und die Händlerschilder.

Art. 7 Schlussbestimmungen

1 Die mit Notenaustausch vom 30. Dezember 19815 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Schadendeckung bei Verkehrsunfällen abgeschlossene Vereinbarung wird aufgehoben.

2 Die Vereinbarung kann von jeder Vertragspartei jederzeit unter Wahrung einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.

3 Diese Vereinbarung tritt am 3. November 2003 in Kraft.

Falls die Regierung des Fürstentums Liechtenstein dem Vorstehenden zustimmt, bilden die vorliegende Note und die liechtensteinische Antwort­note eine Verein­barung zwischen den beiden Regierungen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten benützt auch diesen Anlass, um die Botschaft des Fürstentums Liechtenstein seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.»

Die Botschaft beehrt sich, dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten das Einverständnis der Fürstlichen Regierung mit der vorstehenden Note bekannt zu geben. Die Note des Departements und die vorliegende Note bilden eine Vereinbarung zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, welche am 3. November 2003 in Kraft tritt. Sie kann jederzeit durch eine der beiden Regierungen unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.

Gerne ergreift die Botschaft auch diesen Anlass, um das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten ihrer ausgezeichneten Hochachtung zu ver­sichern.